L 7 AY 2217/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AY 267/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 2217/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Falsche Angaben über die Identität und Staatsangehörigkeit stehen auch dann als rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer der Gewährung von sog. Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG entgegen, wenn die falschen Angaben mittlerweile berichtigt worden sind und sich der Betroffene über einen längeren Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland aufhält.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Mai 2013 aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung von sogenannten Analogleistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) i.V.m. dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) an Stelle von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG für August und September 2012.

Der Kläger zu 1 ist 1970, die Klägerin zu 2 1977, der Kläger zu 3 2000, die Klägerin zu 4 2003 und der Kläger zu 5 2005 geboren. Die Kläger zu 3 bis 5 sind die gemeinsamen Kinder der Kläger zu 1 und 2. Alle Kläger sind Staatsangehörige der Libanesischen Republik. Die Kläger zu 1 bis 3 reisten am 2. September 2002 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten hier am 12. September 2002 unter Angabe falscher Personalien und unter der Behauptung, irakische Staatsangehörige zu sein, Asyl. Sie gaben an, über keine Pässe zu verfügen; diese hätten sie bei der Einreise den Schleusern übergeben. Die Asylanträge wurden vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 7. März 2003 abgelehnt; zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) sowie Abschiebungshindernisse nicht vorliegen. Die Kläger zu 4 und 5 sind in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Die Kläger bezogen seit ihrer Einreise bzw. – die Kläger zu 4 und 5 – seit ihrer Geburt Leistungen nach § 3 AsylbLG, zeitweilig auch Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG. Die Kläger zu 1 und 2 haben weitere, in den Jahren 1994, 1995 und 1996 geborene Kinder, die im streitgegenständlichen Zeitraum über Duldungen nach § 25a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) verfügten, Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen und nicht am vorliegenden Verfahren beteiligt sind. Die Kläger lebten zunächst in Bad Wurzach (Landkreis Ravensburg) und zogen im August 2012 nach Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis). Mit Wirkung zum 14. März 2013 sind den Klägern Duldungen nach § 25a AufenthG erteilt worden.

Am 14. September 2007 legten die Kläger zu 1 und 2 Auszüge des libanesischen Familienregisters, am 21. Juli 2009 bereits im Jahr 2002 ausgestellte Nationalpässe bei der zuständigen Ausländerbehörde vor.

Das beklagte Land (im Folgenden: der Beklagte) bewilligte den Klägern auf ihren Antrag vom 27. Juli 2012 mit Bescheid vom 24. September 2012 Grundleistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG für August 2012 in Höhe von 2.210,98 EUR und für September 2012 in Höhe von 815,36 EUR. Die Kläger zu 1 und 2 hätten die Dauer ihres Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Über die Leistungen ab Oktober 2012 könne erst nach Vorlage der Nettoverdienstbescheinigung des Klägers zu 1 für September 2012 entschieden werden.

Hiergegen erhoben die Kläger am 24. September 2012 Widerspruch. Sie hätten die Dauer ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise beeinflusst, denn mittlerweile lägen libanesische Originaldokumente vor. Zudem hätten sie bei der zuständigen Botschaft die Erteilung von Heimreisedokumenten beantragt. Auch die zuständige Ausländerbehörde habe die notwendigen Heimreisedokumente bislang nicht erhalten. Diese könne nicht zu ihren Lasten gehen.

Der Beklagte wies den Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2012 zurück. Die Kläger hätten bei ihrer Einreise gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (richtig: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge) falsche Identitäten (Name und Herkunft bzw. Staatsangehörigkeit) angegeben und diese Täuschung mindestens bis ins Jahr 2007 aufrechterhalten. Erst im Jahr 2007 seien Auszüge aus libanesischen Geburtsregistern vorgelegt worden. Der Kläger zu 1 habe hierdurch die Dauer seines Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Dass zwischenzeitlich die Identität zweifelsfrei habe geklärt werden können, führe nicht dazu, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit jetzt verneint werden könne.

Am 21. Januar 2013 haben die Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Die Dauer des Aufenthaltes sei nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden. Seit 2007 lägen der Ausländerbehörde libanesische Originaldokumente vor. Das Regierungspräsidium sei trotz Vorlage dieser Originalpassdokumente sowie Familienregisterauszüge nicht in der Lage gewesen, Heimreisedokumente für die Familie zu erhalten, obwohl von ihnen bei der Botschaft solche Heimreisedokumente beantragt worden seien. Sie seien auch persönlich bei der Botschaft vorstellig gewesen. Auch bei Angabe der richtigen Personalien zum Zeitpunkt der Einreise hätte ihre Ausreisepflicht zu keinem Zeitpunkt vollstreckt werden können. Das für die Ausreisevollstreckung erforderliche Dokument wäre zu keinem Zeitpunkt von den libanesischen Behörden ausgestellt worden. Selbst bei Besitz eines Passes wäre eine Abschiebung in den Libanon nicht möglich gewesen. Es liege daher im Ergebnis keine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer vor.

Der Beklagte ist den Klagen entgegengetreten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei hinsichtlich des Tatbestandsbestandsmerkmals "Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes" auf den gesamten Zeitraum des Leistungsberechtigten in Deutschland abzustellen. Es sei nicht entscheidend, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauere oder die Annahme rechtfertige, er sei noch kausal für den derzeitigen Aufenthalt des Ausländers. Auch sei nach Sinn und Zweck des § 2 AsylbLG ohne Bedeutung, ob die Ausreise aktuell zumutbar sei. Maßgebend sei allein der Zusammenhang zwischen der gesamten Dauer des Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und dem Fehlverhalten des Ausländers, gleichgültig, ob dieses Fehlverhalten einmalig oder auf Dauer angelegt sei bzw. war oder ob es sich wiederholt habe. Ein Ausländer, der seine Aufenthaltsdauer selbst missbräuchlich beeinflusst habe, sei nicht schutzbedürftig, solange ihm das Aufenthaltsrecht keinen gefestigten Aufenthaltsstatus zugestehe. Einem Ausländer, der die Dauer seines Aufenthaltes auf Grund eines ehemaligen Fehlverhaltens rechtsmissbräuchlich beeinflusst habe, könnten keine Leistungen gemäß § 2 AsylbLG gewährt werden, auch wenn das Fehlverhalten zwischenzeitlich beendet worden sei. Die Kläger zu 1 und 2 hätten bei ihrer Einreise gegenüber dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge falsche Identitäten hinsichtlich Name, Herkunft und Staatsangehörigkeit angegeben und diese Täuschung mindestens bis in das Jahr 2007 aufrecht erhalten. Erst 2007 seien Auszüge aus libanesischen Geburtsregistern vorgelegt worden. Die Identität habe jedoch erst im Jahr 2009 zweifelsfrei festgestellt werden können, als schließlich libanesische Pässe vorgelegt worden seien. Die Kläger zu 1 und 2 hätten hierdurch die Dauer ihres Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Auch der Umstand, dass zwischenzeitlich durch Offenlegung durch die Familie deren Identität zweifelsfrei habe geklärt werden können, führe nicht dazu, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit jetzt verneint werden könnte. Denn das rechtsmissbräuchliche Verhalten über Jahre hinweg habe die gesamte Dauer des Aufenthaltes beeinflusst. Ebenso wenig führe der Umstand, dass die Familie auf Grund der Tatsache, dass die drei in den Jahren 1994, 1995 und 1996 geborenen Kinder inzwischen im Besitz von Aufenthaltserlaubnissen gemäß § 25a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) seien, derzeit wohl nicht abgeschoben werden könnten, zu einem Wegfall des Rechtsmissbrauchs. Es komme nicht darauf an, ob der Missbrauchstatbestand aktuell noch andauere und aktuell kausal für die Dauer des Aufenthaltes sei, sondern allein darauf, ob er generell die Dauer des Aufenthaltes beeinflusst habe. Dies sei vorliegend der Fall. Da die Kläger zu 1 und 2 keine Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG erhalten könnten, seien auch die Kläger zu 3 bis 5 von der Gewährung von Analogleistungen ausgeschlossen.

Der Beklagte hat den Klägern mit Bescheid vom 19. März 2013 für die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. März 2013 zusätzlich zu den bisher erbrachten Leistungen nach § 3 AsylbLG ab dem 1. August 2012 Unterkunftskosten in vollem Umfang bewilligt.

Das SG hat mit Urteil vom 7. Mai 2013 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 24. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2012 sowie des "Ausführungsbescheides" vom 19. März 2013 verurteilt, den Klägern für die Monate August und September 2012 Analogleistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren und den Differenzbetrag unter Berücksichtigung der bereits bezogenen Grundleistungen nachzuzahlen und vorsorglich die Berufung zugelassen. Im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung sei es unerlässlich, bei der Anwendung von § 2 Abs. 1 AsylbLG und der Prüfung, ob eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer vorliege, das verfassungsrechtliche Übermaßverbot strikt zu beachten. Eine belastende Sanktion dürfe dann eintreten, wenn hierfür unter besonderer Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Belange des Betroffenen ein besonderer Grund vorliege und zwischen dem inkriminierten Verhalten und der Sanktion ein angemessenes Verhältnis bestehe. Daher verbiete sich ein Automatismus, der bei einem abgeschlossenen und später sogar korrigierten rechtsmissbräuchlichen Verhalten in der Vergangenheit den Zugang zu den höheren Analogleistungen schematisch auf "immer und ewig" ausschließe. Vielmehr sei es zur Vermeidung eines verfassungswidrigen Ergebnisses geboten, im Rahmen einer Einzelfallprüfung begrenzend bzw. korrigierend die Schwere und die konkrete Bedeutung des angeschuldigten Verhaltens für die weitere Fortdauer des aktuellen Aufenthaltes im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Die Verweigerung von Analogleistungen könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn das rechtsmissbräuchliche Verhalten in der Vergangenheit außergewöhnlich schwerwiegend gewesen sei und es auf der Hand liege, dass bei einem ordnungsgemäßen Verhalten des Ausländers in der Vergangenheit die Ausreisepflicht ohne besondere Schwierigkeiten hätte vollzogen werden können. Hiervon könne vorliegend nicht ausgegangen werden, denn die Kläger hätten ihr rechtmissbräuchliches Verhalten schon 2007, spätestens aber wohl 2009 aufgegeben und die Identität der Familie klar gestellt. Gleichwohl sei es der zuständigen Ausländerbehörde über einen mehrjährigen Zeitraum nicht möglich gewesen, die Ausreisepflicht durchzusetzen. Dies beruhe offenkundig darauf, dass die zuständigen Behörden des Libanon im Hinblick auf die Ausstellung der notwendigen Reisedokumente nicht kooperativ gewesen seien. Weiter müsse berücksichtigt werden, dass zumindest drei der Kinder schon seit einiger Zeit über Aufenthaltserlaubnisse verfügten und daher einen gesicherten Aufenthalt im Bundesgebiet hätten. Vor diesem Hintergrund hätte einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreise für die übrigen Familienmitglieder ohnehin das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) entgegen gestanden. Außerdem müsse gewürdigt werden, dass mittlerweile die gesamte Familie seit dem 1. April 2013 über Aufenthaltserlaubnisse verfüge, so dass nunmehr von einem langfristigen Aufenthalt der Familie im Bundesgebiet auszugehen sei. Vor diesem Hintergrund wäre es unbillig, den Klägern für den hier streitigen Zeitraum den Zugang zu den Analogleistungen zu verwehren. Dies gelte umso mehr, als ihnen von den zuständigen Behörden vor ihrem Umzug in die hiesige Region offenkundig schon seit Oktober 2009 entsprechende Leistungen gewährt worden seien.

Gegen das ihm am 13. Mai 2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24. Mai 2013 Berufung eingelegt. Das SG verkenne, dass die Nichtgewährung von Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG nicht zu einer Unterschreitung des sozialstaatlich begründeten Existenzminimums führe. Seit Anpassung der Leistung gemäß § 3 AsylbLG an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Urteil vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11BVerfGE 132, 134 ff.) erfüllten diese das vom BVerfG festgelegte Existenzminimum. Mit § 2 AsylbLG würden auch keine spezifischen migrationspolitischen Zwecke verfolgt, sondern Maßnahmen gegen Sozialleistungsmissbrauch. Soweit das SG ausgeführt habe, dass es den Klägern nicht möglich gewesen sei, Reisedokumente zu erhalten, da die Behörden des Libanon insoweit nicht kooperativ gewesen seien, sei darauf hinzuweisen, dass drei der Kinder der Kläger zu 1 und 2 bereits seit einiger Zeit über Aufenthaltserlaubnisse verfügten. Die Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei jedoch in der Regel der Besitz eines Passes. Deswegen müssten die Kinder der Kläger zu 1 und 2 im Besitz von Pässen gewesen sein, um eine Aufenthaltserlaubnis erteilt zu bekommen. Weshalb es aber den Kindern möglich gewesen sein solle, Reisedokumente zu erhalten, den Klägern zu 1 und 2 jedoch nicht, sei schwer bzw. gar nicht nachvollziehbar. Vielmehr sei von einer mangelnden Mitwirkung bei der Passbeschaffung auszugehen, so dass auf Grund fehlender Reisedokumente eine Abschiebung nicht habe vollzogen werden können. Selbst unter Zugrundelegung der teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, wonach ein Anspruch auf Analogleistungen trotz früherer Identitätstäuschung nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestehe, wenn von einem zukünftigen Daueraufenthalt auszugehen sei, stünde den Klägern vorliegend für August und September 2012 keine Analogleistungen zu, da sie sich zu diesem Zeitpunkt noch in Besitz von Duldungen befunden hätten und ihnen Aufenthaltserlaubnisse erst am 14. März 2013 erteilt worden seien. Von einer Unverhältnismäßigkeit der Nichtgewährung von Analogleistungen könne im Fall der Kläger, unabhängig von der Frage, ob rechtsmissbräuchliches Verhalten die Gewährung von Leistungen gemäß § 2 AsylbLG auf Dauer ausschließe, nicht ausgegangen werden. Diese hätten jahrelang ihre Identität verschleiert und anschließend offensichtlich nicht bei der Passbeschaffung mitgewirkt, obwohl es ihnen möglich gewesen sein müsste, Pässe zu beschaffen, was sich ja auch daran zeige, dass sie mittlerweile in Besitz von Aufenthaltserlaubnissen und demzufolge wohl auch von Pässen seien.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 7. Mai 2013 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger tragen vor, ihre Ausreisepflicht hätte auch in der Vergangenheit bei ordnungsgemäßem Verhalten nicht durchgesetzt werden können. Dies bezeugten die tausende hier geduldeten Libanesen, die trotz richtiger Personalangaben nicht hätten abgeschoben werden können, sowie die Tatsache, dass der Beklagte in dem Zeitraum von 2007 bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnisse trotz Aufgabe des inkriminierten Verhaltens und Vorlage weiterer Identitätsnachweise und Mitwirkungshandlungen sowie intensiver Bemühungen des Regierungspräsidiums bzw. der Zentralen Ausländerbehörde nicht hätten abgeschoben werden können. Der Kooperation der libanesischen Behörden und eine entsprechende Rückführung erfolge lediglich bei Straftätern. Hervorragend dürfte allerdings die Tatsache sein, dass ihnen seit Oktober 2009 Analogleistungen gewährt worden seien und den (volljährigen) Kindern seit November 2011 Aufenthalt nach § 25a AufenthG gewährt werde. Auf Grund dessen sei eine zwangsweise Durchsetzung der Ausreise kraft Gesetzes nicht mehr möglich. Im Übrigen sei § 2 Abs. 3 AsylbLG verfassungswidrig. Ein Nationalpass bei der libanesischen Botschaft habe nur erlangt werden können, weil die Ausländerbehörde ihnen die Zusicherung erteilt habe, dass nach Vorlage eines libanesischen Nationalpasses eine Aufenthaltserlaubnis erteilt würde.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Senat gemäß § 144 Abs. 3 SGG an die Zulassung der Berufung durch das SG gebunden. Der Senat konnte über die Berufung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

2. Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Das SG hat den Beklagten zu Unrecht unter Abänderung des Bescheides vom 24. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2012 sowie des "Ausführungsbescheides" vom 19. März 2013 verurteilt, den Klägern für die Monate August und September 2012 Analogleistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG zu gewähren und den Differenzbetrag unter Berücksichtigung der bereits bezogenen Grundleistungen nachzuzahlen. Die Kläger haben für August und September 2012 keinen Anspruch auf Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG.

a) Der Beklagte ist für die streitige Entscheidung zuständig (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2013 – B 7 AY 3/12 R – juris Rdnr. 11). Er ist der für die Entscheidung über Leistungen nach dem AsylbLG sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger gewesen. Die sachliche Zuständigkeit für die Durchführung des AsylbLG ergibt sich für die streitbefangene Zeit aus § 10 AsylbLG i.V.m. § 1 Nr. 2 und § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes des Landes Baden-Württemberg (FlüAG) vom 11. März 2004 (GBl. S. 99) sowie § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Landesverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg (in der Fassung des Gesetz zur Weiterentwicklung der Verwaltungsstrukturreform vom 14. Oktober 2008 [GBl. S. 313]). Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich aus der Zuweisungsentscheidung (§ 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des AsylbLG vom 26. Mai 1997, BGBl. I S. 1130).

b) Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in der vom 28. August 2007 bis zum 28. Februar 2015 geltenden, hier anzuwendenden Fassung (a.F.) ist abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten gemäß § 2 Abs. 3 AsylbLG Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. erhält.

c) Die Kläger zu 1 und 2 haben die Dauer ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst und sind daher von Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ausgeschlossen. Entsprechend haben aufgrund des § 2 Abs. 3 AsylbLG auch die Kläger zu 3 bis 5, die im streitgegenständlichen Zeitraum minderjährig waren und in Haushaltsgemeinschaft mit den Klägern zu 1 und 2 lebten, keinen Anspruch auf Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG.

aa) (1) Der Begriff des Rechtsmissbrauchs als vorwerfbares Fehlverhalten beinhaltet eine objektive (den Missbrauchstatbestand) und eine subjektive Komponente (das Verschulden; BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 32). In objektiver Hinsicht setzt der Rechtsmissbrauch ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus. Der Ausländer soll danach von Analogleistungen ausgeschlossen sein, wenn die von § 2 Abs. 1 AsylbLG vorgesehene Vergünstigung andernfalls auf gesetzwidrige oder sittenwidrige Weise erworben wäre. Der Ausländer darf sich also nicht auf einen Umstand (Aufenthaltsdauer von 48 Monaten mit Leistungsbezug nach § 3 AsylbLG) berufen, den er selbst treuwidrig herbeigeführt hat (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 33). Die Begründung des einschlägigen Gesetzentwurfes führt beispielhaft die Vernichtung des Passes und die Angabe einer falschen Identität als typische Fallgestaltungen eines Rechtsmissbrauchs an (Bundestags-Drucksache 15/420, S. 121; dies aufgreifend etwa BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 34).

(2) Im vorliegenden Fall haben die Kläger zu 1 und 2, die stets nur die Staatsangehörigkeit der libanesischen Republik besessen haben, bei ihrer Einreise und der Asylantragstellung im Jahr 2002 eine falsche Identität und falsche (irakische) Staatsangehörigkeit angegeben. Zudem haben sie behauptet, über keine Pässe zu verfügen. Die Behauptung, über keine Pässe zu verfügen, hat sich als wahrheitswidrig erwiesen, nachdem die Kläger zu 1 und 2 ihre libanesischen Pässe im Jahr 2009 bei der zuständigen Ausländerbehörde vorgelegt haben. Die Darstellung der Kläger zu 1 und 2 im von ihnen beim Senat geführten Parallelverfahren L 7 AY 3293/13 (dazu Urteil des Senats vom 29. Juni 2017), sie hätten die Pässe bei ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2002 an ihre Schleuser übergeben, die Pässe seien dann aber später im Libanon wieder aufgetaucht, was Verwandte im Libanon erfahren hätten; diese Pässe seien von diesen im Jahr 2009 in die Bundesrepublik Deutschland gebracht und nach einiger Zeit an sie übergeben worden, ist nicht glaubhaft; die Kläger selbst sind aufgrund ihrer zahlreichen falschen Angaben (vgl. auch den ihnen gegenüber ergangenen Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 7. März 2003) zudem unglaubwürdig.

Die Kläger haben die falschen Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit mindestens bis in das Jahr 2007 und die falschen Angaben zum Besitz ihrer Pässe bis ins Jahr 2009 aufrechterhalten. Sie haben damit subjektiv und objektiv rechtsmissbräuchlich gehandelt (so bereits Beschluss des Senats vom 6. Mai 2013 – L 7 AY 822/12 B – im Verfahren bezüglich des Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 3 AY 2816/10). Auf die Frage, ob bereits die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich war, kommt es damit nicht an.

bb) (1) Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts" ist auf den gesamten Zeitraum des Leistungsberechtigten in Deutschland abzustellen (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 40 – auch zum Folgenden). Ob das rechtsmissbräuchliche Verhalten selbst in diesen Zeitraum fällt, ist hingegen nicht entscheidend. Auch ein Verhalten vor der Einreise in das Bundesgebiet, das der Beeinflussung der (gesamten Dauer) des Aufenthalts dient, kann sich als rechtsmissbräuchlich erweisen. Der Zeitraum beginnt bereits mit dem Zeitpunkt, in dem der Ausländer sich rechtsmissbräuchlich verhält.

Ebenso wenig ist entscheidend, ob der Missbrauchstatbestand aktuell andauert oder die Annahme rechtfertigt, er sei noch kausal für den derzeitigen Aufenthalt des Ausländers (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 41 – auch zum Folgenden). Ob die Ausreise aktuell zumutbar ist, ist nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift des § 2 AsylbLG ohne Bedeutung. Maßgebend ist allein der Zusammenhang zwischen der gesamten Dauer des Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und dem Fehlverhalten des Ausländers, gleichgültig, ob dieses Fehlverhalten einmalig oder auf Dauer angelegt ist bzw. war oder ob es sich wiederholt hat. Nach der bereits erwähnten Begründung des einschlägigen Gesetzentwurfes sollen von dem Anspruch auf Analogleistungen Fälle ausgenommen werden, in denen der Ausländer rechtsmissbräuchlich die Dauer seines Aufenthaltes selbst beeinflusst hat; beispielhaft werden, wie bereits erwähnt, die Vernichtung des Passes und die Angabe einer falschen Identität aufgeführt (Bundestags-Drucksache 15/420, S. 121). Diese Begründung zeigt, dass gerade ein einmaliges Verhalten bereits bei oder vor der Einreise nach Deutschland zum Anlass genommen wurde, dem Ausländer nach Ablauf von drei bzw vier Jahren einen Anspruch auf Analogleistungen vorzuenthalten.

Zwischen dem Verhalten des Ausländers und der Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes bedarf es nach dem Gesetzeswortlaut zwar einer kausalen Verknüpfung (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 43 – auch zum Folgenden). Allerdings zeigen bereits Gesetzeswortlaut ("Beeinflussung", nicht Verlängerung) und Begründung des Gesetzesentwurfes, die unter anderem in ihrer beispielhaften Aufzählung die Vernichtung eines Passes nennt, dass eine typisierende, also generell-abstrakte Betrachtungsweise hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und der Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes ausreicht, also kein Kausalzusammenhang im eigentlichen Sinn erforderlich ist. Dies bedeutet, dass jedes von der Rechtsordnung missbilligte Verhalten, das – typisierend – der vom Gesetzgeber missbilligten Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes dienen kann, ausreichend ist, um die kausale Verbindung zu bejahen. Ob etwa das Asylverfahren tatsächlich verzögert wurde und eine frühere Abschiebung des Betroffenen erfolgt und deshalb in einem ggf. "kleineren Zeitfenster" möglich gewesen wäre, bedarf im Hinblick auf die typisierende Betrachtung keiner Entscheidung. Eine solche wäre in aller Regel auch nicht möglich, weil keine sichere Aussage über einen hypothetischen Kausalverlauf getroffen werden könnte.

Eine Ausnahme von der typisierenden Betrachtungsweise muss allerdings dann gemacht werden, wenn eine etwaige Ausreisepflicht des betroffenen Ausländers unabhängig von seinem Verhalten ohnehin in dem gesamten Zeitraum ab dem Zeitpunkt des Rechtsmissbrauchs nicht hätte vollzogen werden können, etwa weil die Erlasslage des zuständigen Innenministeriums eine Abschiebung ohnehin nicht zugelassen hätte (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 44 – auch zum Folgenden). In diesen Fällen ist eine typisierende Betrachtungsweise nicht mehr zulässig; sie entspräche nicht der oben geschilderten Typik. Lässt es sich nicht feststellen, ob eine solche Ausnahme vorliegt, geht dies zu Lasten des Ausländers.

(2) Nach diesen Maßstäben ist jedenfalls aufgrund typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die Kläger zu 1 und 2 durch ihr rechtsmissbräuchliches Verhalten ihre Aufenthaltsdauer selbst beeinflusst haben. Dass im gesamten Zeitraum ab dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten, also seit 2002 bis zum hier streitgegenständlichen Zeitraum (August und September 2012) eine Beendigung des Aufenthaltes der Kläger zu 1 und 2 ausgeschlossen ist, lässt sich nicht feststellen (so bereits Beschluss des Senats vom 6. Mai 2013 – L 7 AY 822/12 B – im Verfahren bezüglich des Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 3 AY 2816/10). Unerheblich ist insbesondere, ob – worauf die Kläger zuletzt abgestellt haben – eine Durchsetzung ihrer Ausreisepflicht auch nach dem Jahr 2007 nicht erfolgt ist.

Im Übrigen wurden die für eine freiwillige Ausreise genügenden Dokumente von der libanesischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland auf Antrag libanesischen Staatsangehörigen erteilt, ohne dass ein deutscher Aufenthaltstitel vorliegen oder in Aussicht gestellt werden musste (Auskunft der Libanesischen Botschaft gegenüber dem LSG Berlin-Brandenburg im Verfahren – L 15 AY 1006/05 AY ER –, zitiert nach LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Januar 2012 – L 15 AY 23/11 B PKH – juris Rdnr. 9).

Die Behauptungen der Kläger im gerichtlichen Verfahren zur Frage der Rückkehrmöglichkeiten in den Libanon stehen im Übrigen auch im Widerspruch zu ihren Einlassungen gegenüber der Ausländerbehörde. Dort hatten sie am 21. Juli 2009 vorgebracht, sie hätten sich auf Anraten der Schleuser als Iraker ausgegeben, weil ihnen von dort erklärt worden sei, dass Iraker in kurzer Zeit in Europa ein Aufenthaltsrecht bekämen, während sie als Libanesen mit der Rückführung in den Libanon zu rechnen hätten (vgl. Beschluss des Senats vom 6. Mai 2013 – L 7 AY 822/12 B – im Verfahren bezüglich des Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 3 AY 2816/10).

d) Entgegen der Auffassung des SG ist ein Anspruch aus § 2 Abs. 1 AsylbLG auch nicht mit verfassungsrechtlichen Argumenten begründbar.

Solange eine Norm vom BVerfG nicht für verfassungswidrig erklärt worden ist, ist sie von den Fachgerichten aufgrund deren Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) anzuwenden. Dies darf nicht durch eine vermeintlich verfassungskonforme Auslegung, die den Regelungsgehalt der Norm in unzulässiger Weise reduziert, unterlaufen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 1 BvR 2142/11 – juris Rdnr. 76). Das SG hat zudem übersehen, dass das Existenzminimum, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG grundrechtlich geschützt ist, bereits durch die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG gewährleistet ist; selbst diese Leistungen dürfen nach Maßgabe des § 1a AsylbLG noch reduziert werden (BSG, Urteil vom 12. Mai 2017 – B 7 AY 1/16 R – Terminbericht Nr. 18/17; Urteil des Senats vom 27. April 2017 – L 7 AY 4898/15 – juris Rdnr. 36). Schließlich geht das SG zudem zu Unrecht davon aus, dass es sich bei § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. um eine am Maßstab der Verhältnismäßigkeit zu prüfende Sanktion handele. § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. entzieht dem Betroffenen keine Leistungen oder greift gar im Sinne eines Grundrechtseingriffs in dessen abwehrrechtlich geschützte Rechte ein, sondern gestaltet das Leistungsrecht aus (vgl. allgemein zur dogmatischen Einordnung BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 2013 – 1 BvR 1083/09 – juris Rdnr. 10; Berlit, info also 2013, 195 [198 f.]). § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. macht die Gewährung von höheren Leistungen – eine "Vergünstigung" (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 – B 8/9b AY 1/07 R – juris Rdnr. 33) – vom Vorliegen verschiedener Voraussetzungen abhängig. Dass zu diesen Voraussetzungen auch gehört, dass der Betroffene seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst hat, ist nicht zu beanstanden. Zwar das BVerfG in einem Obiter dictum postuliert, dass das "Grundrecht auf menschenwürdiges Existenzminimum" nicht migrationspolitisch relativiert werden dürfe (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 – 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 – juris Rdnr. 95). Zum einen gehen Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG über das menschenwürdige Existenzminimum aber hinaus, so dass das "Grundrecht auf menschenwürdiges Existenzminimum" hierdurch gar nicht berührt wird. Zum anderen dient § 2 Abs. 1 AsylbLG nicht der Steuerung der Migration als solcher, sondern soll das rechtmäßige Verhalten der in den Anwendungsbereich des AsylbLG fallenden Personen und hierdurch eine rechtmäßige Durchführung des Ausländerrechts insgesamt sicherstellen.

Auch lässt es sich nicht rechtfertigen, der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes dann – entgegen § 2 Abs. 1 AsylbLG – keine anspruchsausschließende Wirkung mehr beizumessen, wenn der Betroffene sich inzwischen über einen längeren Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und das rechtsmissbräuchliche Verhalten inzwischen aufgegeben hat. Denn es ist gerade Zweck des § 2 Abs. 1 AsylbLG, einen längeren oder gar dauerhaften Aufenthalten von Personen, die hierzu nicht berechtigt sind, zu verhindern. Bei der – siehe oben – notwendigen typisierenden Betrachtungsweise wäre bei nicht rechtsmissbräuchlichem Verhalten der Aufenthalt des Betroffenen bereits beendet, so dass ein längerer oder gar dauerhafte Aufenthalt verhindert worden wäre. Die Kläger können deswegen auch nicht mit Erfolg darauf verwiesen, dass sie seit dem 14. März 2013 über Duldungen nach § 25a AufenthG verfügen. Denn bei rechtmäßigem Verhalten der Kläger hätten sie zum Zeitpunkt der Erteilung der Duldungen bei typisierender Betrachtung bereits keinen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland mehr gehabt. Abgesehen davon, erfolgte die Erteilung der Duldungen erst nach Abschluss des hier streitigen Zeitraums.

Auch mit ihrem Vorbringen, eine zwangsweise Rückführung von Libanesen in ihre Heimat nach erfolglos abgeschlossenem Asylverfahren sei erst möglich, wenn eine Freiwilligkeitserklärung abgegeben werde, und die Nichtabgabe der Freiwilligkeitserklärung begründe kein rechtsmissbräuchliches Verhalten, dringen die Kläger nicht durch; denn der Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens knüpft im vorliegenden Fall nicht hieran, sondern an die falschen Angaben zur Identität, Staatsangehörigkeit und zum Passbesitz an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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