S 14 AS 189/17 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 AS 189/17 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 301/17 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eingliederungsverwaltungsakte sind im Eilverfahren nur summarisch zu prüfen. Eilrechtsschutz ist nur dann zu gewähren, wenn die summarische Prüfung nicht nur Zweifel, sondern erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit ergibt. Hier: Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Eingliederungsverwaltungsakt, da keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsverwaltungsakte vom 12.01.2017 und 02.02.2017 wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilverfahrens gegen die Eingliederungsverwaltungsakte des Antragsgegners vom 12.01.2017 und 02.02.2017.

Der Antragsteller steht beim Antragsgegner im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Nachdem im Rahmen einer persönlichen Vorsprache des Antragstellers beim Antragsgegner am 12.01.2017 der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung gescheitert war, erließ der Antragsgegner noch am selben Tag einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 12.01.2017 bis auf weiteres.

Nachdem der Antragsteller per E-Mail vom 29.01.2017 die ihm im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 12.01.2017 nahegelegte Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung kategorisch abgelehnt hatte, erließ der Antragsgegner am 02.02.2017 einen weiteren Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 02.02.2017 bis auf weiteres.

Als Förderungsleistungen waren in dem Eingliederungsverwaltungsakt u.a. vorgesehen: - Teilnahme an der Maßnahme "Bewerbungscenter" bei der bfz gGmbH, - Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen, - Übernahme von Bewerbungs- und Fahrtkosten.

Im Gegenzug erlegte der Eingliederungsverwaltungsakt dem Antragsteller u.a. folgende Pflichten auf: - Teilnahme an der Maßnahme "Bewerbungscenter" bei der bfz gGmbH, - Nachweis von monatlich vier Bewerbungsbemühungen, - Bewerbung auf Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners spätestens nach drei Werk- tagen.

Am 09.02.2017 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die "Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und 02.02.2017", über den der Antragsgegner bislang noch nicht entschieden hat.

Am 16.02.2017 wandte sich der Antragsteller an das Sozialgericht Augsburg und beantragte, "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 09.02.2017 gegen die Eingliederungsvereinbarungen per Verwaltungsakt vom 12.01.2017 und vom 02.02.2017 anzuordnen."

Zugleich beantragte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Der Antragsgegner erwiderte mit Schriftsatz vom 23.02.2017 und beantragte, den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 ist mangels Rechtsschutzinteresse des Antragstellers bereits unzulässig. Die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist nicht geeignet, dem Antragsteller einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen, denn der Eingliederungsverwaltungsakt vom 12.01.2017 wurde durch den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 konkludent aufgehoben (§ 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X) und hat damit gemäß § 39 Abs. 2 SGB X seine Wirksamkeit und folglich auch seine Vollziehbarkeit verloren.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 ist zulässig. Er ist statthaft, weil der Widerspruch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat. Auch ist ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers zu bejahen, da dieser vorliegend nicht nur eine mögliche drohende Sanktion abwenden, sondern sich auch im Übrigen gegen den Eingliederungsverwaltungsakt insgesamt wenden möchte (vgl. Bayerisches Landessozialgericht - BayLSG -, Beschluss vom 01.08.2016, Az.: L 7 AS 415/16 B ER, juris-Rdnr. 29 unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 09.11.2015, Az.: 1 BvR 3460/13).

In der Sache ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 jedoch unbegründet.

Denn im Eilverfahren sind Eingliederungsverwaltungsakte nur summarisch zu prüfen. Eilrechtsschutz ist nur dann zu gewähren, wenn die summarische Prüfung nicht nur Zweifel, sondern erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit ergibt. Dieser Prüfungsmaßstab ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 86b SGG, 39 SGB II (BayLSG, Beschluss vom 12.01.2017, Az.: L 7 AS 913/16 B ER, juris-Rdnr. 38).

Im Rahmen eines Eilverfahrens gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt ist daher nur summarisch zu prüfen, dass eine Eingliederungsvereinbarung gescheitert ist, und dann im Eingliederungsverwaltungsakt entsprechend der Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.06.2016, Az.: B 16 AS 30/15 R und B 14 AS 42/15 R ein ausgewogenes Verhältnis der wechselseitigen Verpflichtungen erkennbar und die Eignung der Lebenssituation des Leistungsberechtigten berücksichtigt worden ist.

Für den Fall, dass ein solches ausgewogenes Verhältnis erkennbar ist, muss der Eingliederungsverwaltungsakt nicht einmal eine Ermessensausübung enthalten (BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 39).

Gemessen hieran ist der Inhalt des Eingliederungsverwaltungsakts vom 02.02.2017 jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig.

Die Eingliederungsvereinbarung ist nicht zustande gekommen.

Im Rahmen der summarischen Prüfung lässt sich keine Unausgewogenheit der wechselseitigen Verpflichtungen erkennen, wie sich anhand des Inhalts des Eingliederungsverwaltungsaktes und der diesem zugrundeliegenden Akten des Antragsgegners ergibt.

Die angebotene Maßnahme erscheint im Hinblick auf das sich aus den Akten ergebende Profil des Antragsstellers angemessen. Ein Bewerbungstraining erscheint angesichts bisheriger erfolgloser Bewerbungen des Antragstellers zielführend. Soweit der Antragsteller gesundheitliche Einschränkungen geltend macht, ist nicht ersichtlich, dass diese einer Teilnahme an der angebotenen Maßnahme entgegenstehen könnten. So hat der Internist Prof. Dr. med. J. in einem im Auftrag des Sozialgerichts Augsburg (Az.: S 15 AS 470/16) erstellten Gutachten vom 27.07.2016 festgestellt, dass der Antragsteller physisch ohne Einschränkung in der Lage ist, an einem vergleichbaren Bewerbertraining teilzunehmen. Eine seither eingetretene relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers wird weder vorgetragen noch ist sie anderweitig ersichtlich.

Die Maßnahme ist hinreichend bestimmt (vgl. hierzu BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 44), nachdem der Antragsgegner beschrieben hat, um welche Maßnahme es sich handelt und Einzelheiten mit dem zuständigen Träger vom Antragsteller ohne Weiteres hätten geklärt werden können.

Anhaltspunkte dafür, dass die angeforderte Anzahl der Bewerbungen vorliegend unzumutbar sein könnte, finden sich nicht (vgl. hierzu BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 45). Gleiches gilt für die Verpflichtung, sich auf Vermittlungsvorschläge spätestens nach drei Werktagen zu bewerben. Die vom Antragsgegner hierfür zugesagte Kostenerstattung lässt keine Unausgewogenheit der wechselseitigen Verpflichtung erkennen (vgl. BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 45).

Nachdem die gegenseitigen Verpflichtungen im Eingliederungsverwaltungsakt vom 02.02.2017 schon ausgewogen erscheinen, bedurfte es auch keiner weiteren Ermessensausübung des Antragsgegners im Eingliederungsverwaltungsakt (BayLSG a.a.O., juris-Rdnr. 46).

Insgesamt ergibt die summarische Prüfung keine erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 02.02.2017, so dass der Antrag auf Eilrechtsschutz abzulehnen ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

III.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist abzulehnen, weil der Antrag aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
Rechtskraft
Aus
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