S 58 AS 5645/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
58
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 58 AS 5645/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 01.01.2017 bis 31.10.2017.

Der am XX.XX.XXXX geborene Kläger bezieht vom Beklagten laufend Leistungen nach dem SGB II. Er wohnt allein in einer Wohnung in I und erzielt aktuell kein Erwerbseinkommen. Aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für einen Nachbarschaftsverein erhält er unregelmäßig eine Aufwandsentschädigung für die ihm entstehenden Fahrtkosten, die der Beklagte aufgrund der Geringfügigkeit nicht anrechnet. Seit November 2016 zahlt der Kläger für die Stromkosten monatlich einen Abschlag i.H.v. 25,00 EUR. Der Kläger hat aufgrund eines seelischen Leidens einen Grad der Behinderung von 40.

Nachdem der Kläger beim Beklagten am 04.10.2016 einen Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II gestellt hatte, bewilligte der Beklagte ihm diese mit Bescheid vom 18.10.2016 für den Zeitraum November 2016 bis Oktober 2017 unter Berücksichtigung des Regelbedarfes für einen alleinstehenden Leistungsberechtigten i.H.v. monatlich 404,00 EUR sowie dem Bedarf für die Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe. Einkommen rechnete er nicht an.

Dagegen erhob der Kläger am 26.10.2016 Widerspruch, den er im Wesentlichen damit begründete, dass die Regelbedarfe entgegen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu niedrig bemessen worden seien, insbesondere im Bereich der Stromkosten und der Mobilität. So seien etwa die ihm für seinen PKW anfallenden Kosten höher als der im Regelbedarf enthaltene Anteil.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2016 als unbegründet zurück und führte aus, dass Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung nicht erkennbar seien. Der Bescheid entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.

Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2016 änderte der Beklagte den Bescheid vom 18.10.2016 hinsichtlich des bewilligten Regelbedarfes für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 ab und bewilligte nunmehr einen Betrag i.H.v. monatlich 409,00 EUR.

Am 28.11.2016 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, dass der ab Januar 2017 bewilligte Regelbedarf zu niedrig und damit verfassungswidrig bemessen sei. Er habe in den vergangenen Monaten seine Tank- und Lebenshaltungskosten nachgehalten, mit den bewilligten Bedarfen verglichen und dabei festgestellt, dass sich gegenüber seinen realen Ausgaben eine erhebliche Differenz ergebe. Insbesondere hinsichtlich des von ihm krankheitsbedingt benötigten PKW könne er mit den im Regelbedarf enthaltenen Beträgen die tatsächlich entstehenden Kosten nicht decken.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2016 zu verurteilen, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfes für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017 i.H.v. monatlich 146,65 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Entscheidung fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 18.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2016 nicht beschwert, weil dieser rechtmäßig ergangen ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Streitgegenstand ist allein der Regelbedarf des Klägers für den Zeitraum Januar bis Oktober 2017. Insoweit hat der Kläger mit seinem Antrag ausdrücklich den Streitgegenstand gemäß § 123 SGG beschränkt. Dies ist zulässig, weil es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R; LSG NRW, Urteil vom 20.12.2012, Az. L 6 AS 2272/11).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfes im Zeitraum 01.01.2017 bis 31.10.2017. Der Beklagte hat dem alleinstehenden Kläger seit Januar 2017 zu Recht gemäß § 20 Abs. 1a und 2 Satz 1 SGB II in der seit dem 01.01.2017 gültigen Fassung (n.F.) monatlich Leistungen nach dem SGB II unter Zugrundelegung des Regelbedarfes nach der Regelbedarfsstufe 1 i.H.v. 409,00 EUR bewilligt. Gemäß § 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II n.F. wird der Regelbedarf in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) i.V.m. dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) anerkannt. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II wird als Regelbedarf u.a. bei Personen, die alleinstehend sind, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Der Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 beträgt seit dem 01.01.2017 monatlich 409,00 Euro (§ 28 SGB XII n.F. i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBEG und der Anlage zu § 28 SGB XII n.F.).

Die Höhe des Regelbedarfes seit 01.01.2017 ist zur Überzeugung des Gerichts durch den Gesetzgeber nicht zu niedrig und damit nicht verfassungswidrig niedrig festgelegt worden. Das Gericht hat sich daher nicht veranlasst gesehen, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG zur Vereinbarkeit des § 20 Abs. 1a und 2 Satz 1 SGB II n.F. i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) einzuholen.

Die neu festgeschriebenen Regelbedarfsstufen wurden gemäß § 28 SGB XII n.F. in nicht zu beanstandender Weise aufgrund der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 (EVS 2013) ermittelt. Nach dieser Regelung wird die Höhe der Regelbedarfe in einem Bundesgesetz neu ermittelt, sobald die Ergebnisse einer bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorliegen. Bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen (nach § 27a Abs. 2 SGB XII) sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen. Für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen beauftragt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales das Statistische Bundesamt mit Sonderauswertungen, die auf der Grundlage einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorzunehmen sind. Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen sind zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte). Dabei ist festzulegen, welche Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII und SGB II beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten. Die in diesen Sonderauswertungen ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach dem SGB XII oder SGB II bestreiten. Nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen sind Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach dem SGB XII oder SGB II durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 SGB XII oder § 11 SGB II darstellen oder nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten. Die Summen der sich danach ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Die danach für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen zugrunde zu legenden Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben aus den Sonderauswertungen sind jeweils mit der sich ergebenden Veränderungsrate (nach § 28a Abs. 2 SGB XII) entsprechend fortzuschreiben. Die sich durch die Fortschreibung ergebenden Summenbeträge sind jeweils bis unter 0,50 Euro abzurunden sowie von 0,50 Euro an aufzurunden und ergeben die Regelbedarfsstufen (siehe hierzu die Anlage zu § 28 SGB XII n.F.).

Ausweislich der Entscheidung des BVerfG vom 23.07.2014 zur Frage der Vereinbarkeit der Regelbedarfe, die zum 01.01.2011 ermittelt wurden mit dem Grundgesetz (Az. 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13), verstößt dieses Verfahren nicht gegen die Verfassung. In dieser Entscheidung hat das BVerfG ausgeführt, dass die Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf durch den Gesetzgeber im Rahmen des SGB II den Anforderungen an eine hinreichend transparente, jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigende Bemessung der Leistungshöhe genüge. Der Gesetzgeber habe die relevanten Bedarfsarten berücksichtigt, die für einzelne Bedarfspositionen aufzuwendenden Kosten mit einer von ihm gewählten, im Grundsatz tauglichen und im Einzelfall mit hinreichender sachlicher Begründung angepassten Methode sachgerecht, also im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und auf dieser Grundlage die Höhe des Gesamtbedarfes bestimmt. Es sei nicht erkennbar, dass er für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert habe. Selbst wenn die Leistungshöhe für den Regelbedarf in der Summe einer politischen Zielvorstellung entsprochen habe, sei sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie sich mit Hilfe verlässlicher Daten tragfähig begründen lasse. Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf habe sich der Gesetzgeber mit dem Statistikmodell auf eine Methode gestützt, die grundsätzlich geeignet sei, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen bedarfsgerecht zu bemessen. Er stütze sich im Ausgangspunkt mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) auch auf geeignete empirische Daten. Soweit von der Orientierung an den so ermittelten Daten durch die Herausnahme und durch Kürzungen einzelner Positionen abgewichen werde, bestehen im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, a.a.O., Rn. 89).

Die zum 01.01.2017 neu ermittelten Regelbedarfe wurden in derselben Art und Weise ermittelt wie die zum 01.01.2011. Die Regelung in § 28 SGB XII n.F. wurde durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zwar geringfügig geändert. Allerdings ist diese Änderung – mittels derer aus den Sätzen 3 bis 5 des alten Absatzes 4 der neue Absatz 5 gebildet wurde – lediglich redaktioneller Art und erfolgte nicht inhaltlich. Damit gilt das vom BVerfG in seinem Urteil vom 23.07.2014 Gesagte auch weiterhin: Gegen die Methode zur Festsetzung der Höhe des Regelbedarfes bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Auch das Herausnehmen oder Kürzen einzelner Positionen, wie etwa die für alkoholische Getränke und Tabakwaren, ist nicht verfassungswidrig. Hinsichtlich der gebildeten Referenzgruppen hält sich dies im Rahmen des gesetzgeberischen Einschätzungs- und Wertungsspielraum (BVerfG, a.a.O., Rn. 98, 104, 113).

Das BVerfG wies den Gesetzgeber in seiner Entscheidung jedoch auch darauf hin, dass er, soweit erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Deckung existentieller Bedarfe bestehen, bei der Neuermittlung der Regelbedarfe auf der Grundlage der EVS 2013 sicherzustellen habe, dass die Höhe des Pauschalbetrags für den Regelbedarf tragfähig bemessen werde. Es liege in seinem Gestaltungsspielraum, erforderlichenfalls geeignete Nacherhebungen vorzunehmen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Indexes zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen. Ergebe sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, müsse der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So müsse die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden. Sei eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, dürfe der Gesetzgeber nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten. Er müsse zudem sicherstellen, dass der existenznotwendige Mobilitätsbedarf tatsächlich gedeckt werden könne. Weiter müsse der Gesetzgeber die Verteilungsschlüssel anpassen, wenn sich bei einer Bedarfsposition erhebliche Veränderungen zeigten, die eine Zuordnung von ermittelten Verbrauchsausgaben der Familienhaushalte mit dem bisherigen Verteilungsschlüssel an einzelne Mitglieder des Haushalts offensichtlich unrealistisch werden ließen. Der Gesetzgeber habe schließlich in dem von ihm gewählten Modell sicherzustellen, dass Unterdeckungen, die aufgrund des statistisch ermittelten, durch nachträgliche Kürzungen modifizierten monatlichen Pauschalbetrags entstehen, im Wege internen Ausgleichs oder Ansparens auch tatsächlich gedeckt werden können. Es liege im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, dazu einen hinreichend großen finanziellen Spielraum zu schaffen, einen eigenen Leistungsanspruch auf einen Zuschuss neben dem Regelbedarf für aus dem Pauschalbetrag offensichtlich nicht zu deckende existentielle Bedarfe vorzusehen oder, soweit es sich um öffentliche Dienstleistungen handele, die Kosten für diese zu erlassen oder zu stunden (BVerfG, a.a.O., Rn. 143ff.).

Soweit das BVerfG den Gesetzgeber damit aufgefordert hat, ein besonderes Augenmerk auf etwaige spezifische Risiken der Bedarfsunterdeckung zu richten, so ist das Gericht der Überzeugung, dass dies durch den Gesetzgeber erfolgt ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber diese Pflicht für sich erkannt und geprüft (vgl. BT-Drs. 18/9984, S. 23 ff.). Er hat die Notwendigkeit ergänzender Regelungen zur Vermeidung von Bedarfsunterdeckungen im Einzelfall verneint, weil es insoweit bereits Regelungen zur Behebung von kurzfristig eintretenden Notlagen im SGB II und SGB XII gebe. Außergewöhnliche Preisentwicklungen und deren Auswirkungen auf das regelbedarfsrelevante Preisniveau beobachte er. Hierzu erhalte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales jährlich vom Statistischen Bundesamt die Veränderungsrate des Mischindexes zur Regelbedarfsfortschreibung (vgl. § 28a SGB XII) sowie monatlich den aktuellen Indexwertewert für diesen Preisindex. Dabei habe in den vergangen Jahren aufgrund der verhaltenen Preisdynamik keine Veranlassung bestanden, die jährliche Fortschreibung zu ergänzen. Aktuell liege der Anstieg des regelbedarfsrelevanten Preisniveaus bei rund einem Prozent.

Diese Wertung des Gesetzgebers ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Dabei gilt es nach Auffassung des Gerichts zu beachten, dass die Hilfebedürftigen nach dem SGB II neben dem Regelbedarf auch weitergehende Möglichkeiten haben, insbesondere kurzfristige Bedarfe oder auch spezifische Sonderbedarfe decken zu können. Der Gesetzgeber hat etwa für individuell bestehende spezielle Mehrbedarfe, z.B. für Alleinerziehende, die Regelung in § 21 SGB II vorgesehen. In dessen Absatz 6 findet sich auch eine Regelung zur Deckung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes. Aber auch die Möglichkeit der Aufnahme eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II bei einem im Einzelfall vom Regelbedarf umfassten und nach den Umständen unabweisbarem Bedarf oder der Gewährung eines Zuschusses im Rahmen der Erstausstattung gemäß § 24 Abs. 3 SGB II finden sich im Gesetz. Ebenso besteht nach Auffassung des Gerichts nicht die Notwendigkeit, den Regelbedarf um solche Positionen zu erhöhen, die über diese Regelungen erfasst werden. Soweit das BVerfG eine mögliche Gefahr der Unterdeckung durch die nachträgliche Herausnahme einzelner Positionen wie aus einem Warenkorb sieht und insoweit den Gesetzgeber auffordert, sicherzustellen, dass der Bedarf dennoch gedeckt ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 115ff.), gilt es zur Überzeugung des Gerichts jedoch auch zu beachten, dass die Leistungen nach dem SGB II nicht für einen dauerhaften Bezug angelegt sind. Die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sollen diese Leistungen übergangsweise erhalten, bis sie ihren Lebensunterhalt durch eigenes Erwerbseinkommen (wieder) selbständig sicher stellen können. Vor diesem Hintergrund bestehen zur Überzeugung des Gerichts genügend Instrumente im SGB II, um den existenzsichernden Bedarf für diese Zeit sicherzustellen.

Soweit unter Bezugnahme auf die Vorgaben des BVerfG die Kosten für Strom bemängelt werden, wird darauf hingewiesen, dass der im Regelbedarf enthaltene Anteil für einen alleistehenden erwachsenen Leistungsberechtigten für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung (Abteilung 04) bei monatlich 35,01 EUR liegt, wobei ein Betrag von 33,31 EUR auf die Stromkosten entfällt. Nach Auffassung des Gerichts ist nicht erkennbar, dass dieser Betrag für einen alleinstehenden Leistungsberechtigten nach dem SGB II nicht ausreichend sein soll. Eine außergewöhnliche Preissteigerung bzgl. der Stromkosten, wie sie das BVerfG in seiner Entscheidung als Voraussetzung für eine Anpassung außerhalb des Indexes für die jährliche Fortschreibung fordert, ist nicht erkennbar. Die Leistungen der Abteilung 04 für Strom wurden durch den Gesetzgeber durch eine Sonderauswertung zu denjenigen Haushalten, die nicht mit Strom heizen, ermittelt. Dies wurde vom BVerfG als zulässig anerkannt. Im Übrigen zahlt der Kläger ausweislich seiner beigebrachten Übersicht der Lebenshaltungskosten seit November 2016 monatlich einen Abschlag i.H.v. 25,00 EUR für Strom. Damit verbleibt ihm sogar ein Betrag aus der Abteilung 04, der im Wege des internen Ausgleichs für andere Bedarfe verwendet werden kann.

Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf die Vorgaben des BVerfG die Kosten für Mobilität als unzureichend berücksichtigt bemängelt, so teilt das Gericht diese Bedenken nicht. Der im Regelbedarf enthaltene Anteil für Verkehr (Abteilung 07) liegt bei monatlich 32,90 EUR. Dieser Betrag wurde durch den Gesetzgeber anhand einer Sonderauswertung ermittelt. Als nicht regelbedarfsrelevant blieben die Ausgaben für PKW / Motorrad sowie Urlaubsreiseverkehr unberücksichtigt, was ausweislich der Entscheidung des BVerfG grundsätzlich zulässig ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 113). Um den Vorgaben des BVerfG hinsichtlich der höheren Bedarfe bei der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs durch steigende Aufwendungen gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber zudem die Berechnung gegenüber der Regelbedarfsermittlung 2011 angepasst und insbesondere nunmehr rechnerisch die Haushalte mit Kraftstoffausgaben zusätzlich zu den Haushalten mit Ausgaben für öffentliche Verkehrsmittel in der allgemeinen Referenzgruppe bei den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel berücksichtigt (vgl. BT-Drs. 18/9984, S. 43).

Soweit der Gesetzgeber bei hilfebedürftigen Personen davon ausgeht, dass diese Fahrräder und den öffentlichen Nah- und Schienenverkehr nutzen, ist dies zur Überzeugung des Gerichts nicht zu beanstanden und führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe. Der Betrag von 32,90 EUR ist nicht offensichtlich zu niedrig bemessen. Neben der zusätzlichen Möglichkeit der kostenarmen Nutzung eines Fahrrads ist das Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft nicht beeinträchtigt. Auch Besorgungen des täglichen Lebens, Besuche von Arztpraxen und Behördengänge können gemacht werden. Der Gesetzgeber weist zudem zu Recht darauf hin, dass bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II, die einen PKW für die Erwerbsarbeit benötigen, diese Kosten als Werbungskosten vom anzurechnenden Einkommen abgezogen werden. So etwa geschieht es auch im Fall des Klägers, bei dem der Aufwendungsersatz, den er im Rahmen seiner Tätigkeit für den Nachbarschaftsverein erhält, um den Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II bereinigt wird und nur, wenn dieser überstiegen wird, eine Anrechnung erfolgt (was im Fall des Klägers bisher nicht erfolgte). Bei vorhandenem Erwerbseinkommen kann es in diesen Monaten sogar zu einem Überschuss aus der Abteilung 07 insoweit kommen, dass ggf. geringere Aufwendungen für Verkehr anfallen, da die wesentlichen Kosten (Haftpflichtversicherung und Tankkosten über die Kilometerpauschale) bereits über die Werbungskosten abgegolten sind. Soweit der Kläger vorträgt, krankheitsbedingt einen PKW zu benötigen, so ist dies zum einen bisher nicht belegt worden. Zum anderen käme anstelle der Annahme, dass der Regelbedarf evident unzureichend sei und höher ausgestaltet sein müsse, vielmehr ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht. Ein solcher ist gegenüber dem Beklagten und dem Gericht jedoch nicht geltend gemacht worden und war daher mangels eingereichter Belege über die Notwendigkeit nicht weiter zu prüfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers Rechnung.

Gegen diese Entscheidung ist die Berufung zulässig, weil die Berufungssumme i.H.v. 750,00 EUR überschritten wird (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Kläger begehrt für zehn Monate monatlich 146,65 EUR mehr, also insgesamt 1466,50 EUR.
Rechtskraft
Aus
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