L 8 R 850/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 1206/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 850/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19.8.2014 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 8.2.2017 wird abgewiesen. Die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4), die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, tragen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) gesamtschuldnerisch zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Der Streitwert wird auf 4.132,50 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Anästhesist für die Klägerin in den Zeiträumen vom 15.11.2010 bis zum 4.12.2010, vom 20.12.2010 bis zum 23.12.2010, vom 18.4. bis 12.6.2011, vom 18.7. bis 5.8.2011, vom 2. bis 9.9.2011 und vom 5. bis 28.10.2011 in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Klägerin betreibt Kliniken an vier Standorten (Bad E, C, I, T). Ihre Rechtsvorgängerin war die L Krankenhäuser Bad E gGmbH, deren Rechtsnachfolgerin die St. B und St. S-Kliniken gGmbH in C wurde, die wiederum in die L X gGmbH, die Klägerin, umfirmierte.

Auf Veranlassung des Hauptzollamtes führte die Beklagte bei der L. Krankenhäuser Bad E gGmbH eine Betriebsprüfung gem. § 28p SGB IV für den Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.12.2010 durch, bei der es um die Tätigkeit von namentlich nicht benannten Honorarärzten ging. Abgeschlossen wurde diese Prüfung mit einem Vergleichsvertrag gem. § 54 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vom 22.2.2011, in dem sich die Vertragsparteien darauf verständigten, dass Beiträge in Höhe von 39.570,85 Euro einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 9.527,00 Euro nachgezahlt werden. Auf den weiteren Inhalt dieses Vertrages wird verwiesen.

Der Beigeladene zu 1) war für die Klägerin in den oben genannten Zeiträumen mit Ausnahme des Zeitraums vom 23.5. bis 10.6.2011 als Anästhesist an ihrem Klinikstandort in Bad E (St. K-Hospital) tätig. Chefarzt der Anästhesie war der Zeuge Dr. H. Im Zeitraum vom 23.5. bis 10.6.2011 arbeitete der Beigeladene zu 1) am Klinikstandort in C (St. X-Hospital) als Anästhesist. Als niedergelassener Arzt mit eigener Praxis war der Beigeladene zu 1) nicht tätig.

Grundlage der Zusammenarbeit der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und des Beigeladenen zu 1) war die "Rahmenvereinbarung" (RV) vom 20./22.10.2010, die auszugsweise wie folgt lautete:

"Präambel

Mit der nachfolgenden Vereinbarung werden die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit als Honorararzt festgelegt. Sie regeln die Schnittstellen zwischen den pflegenden und ärztlichen in den Organisationsablauf eingegliederten und dem Direktionsrecht unterliegenden Mitarbeitern und den freitätigen Honorarärzten.

I. Geltungsbereich

Die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für sämtliche Dienstleistungsverträge, die mit freiberuflichen Ärztinnen/Ärzten abgeschlossen werden. Sie sind Bestandteil des Honorararztvertrages.

II. Erbringung von Dienstleistungen

Das Krankenhaus und die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt vereinbaren die Leistung eigenständiger und eigenverantwortlicher ärztlicher Tätigkeit in dem vereinbarten Zeitraum. Den Ärzten ist bekannt, dass sie hierbei auch an Schnittstellen zu angestellten Mitarbeitern tätig werden. Die Abgrenzung der Tätigkeit wird die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt eigenverantwortlich besprechen, um die jeweilige ärztliche Tätigkeit, deren Durchführung und Dokumentation optimal zu gewährleisten sowie Reibungsverluste an den Schnittstellen zu vermeiden, um so Diagnostik und Therapie optimal sicherzustellen.

III. Weisungsbefugnis

Weder das Krankenhaus noch deren Ärzte, gleichgültig in welcher Funktion, sind während der vereinbarten Dienstleistungen weisungsbefugt.

IV. Arbeitszeit

Eine Weisungsbefugnis besteht insbesondere auch nicht hinsichtlich der Lage und Verteilung der Dienstzeiten und des Beginns und des Endes von Pausen.

V. Qualifizierungsnachweis und Identitätsprüfung

...

VI. Freiberuflichkeit der Ärztin/des Arztes

Die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt erklärt, sämtliche Einkünfte dem zuständigen Finanzamt gemeldet zu haben und keinen Forderungen aus Steuerrückständen ausgesetzt zu sein.

Die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt erklärt weitergehend, im Arztregister eingetragen zu sein und über ausreichende Erfahrung in freiberuflicher, weisungsfreier Tätigkeit zu verfügen, da er regelmäßig für andere Krankenhäuser und Auftraggeber tätig ist.

VII. Hilfsmittel, Werkzeuge, Materialien

Die zur Erbringung der Dienstleistung erforderlichen Hilfsmittel, Werkzeuge und Materialien werden vom Krankenhaus gestellt. Die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt wird vor Aufnahme der Tätigkeit die überlassenen Hilfsmittel in Augenschein nehmen und Bedenken gegen die Nutzbarkeit mitteilen. Erfolgt binnen Wochenfrist nach Aufnahme der Tätigkeit kein Hinweis, gelten die Arbeitsmaterialien als ausreichend. Eventuelle Defekte und Schäden werden dem Krankenhaus mitgeteilt.

VIII. Dienstkleidung

Die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt erklärt, über eigene angemessene Dienstkleidung zu verfügen und sich durch Tragen als Ärztin/Arzt für die Patienten erkennbar zu zeigen.

IX. Honorar

Der freiberuflichen Ärztin/dem freiberuflichen Arzt ist bekannt, dass neben dem vereinbarten Honorar keine Ansprüche über weitere Vergütungen wie Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder anderweitige Zuschläge bestehen.

X. Haftpflichtabsicherung

Die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt ist für die Tätigkeit als Honorararzt haftpflichtversichert.

XI. Sorgfaltspflicht

Die freiberufliche Ärztin/der freiberufliche Arzt handelt über ihre/seine ärztliche Freiheit hinaus in allen Fragen nach bestem Wissen und Gewissen.

XII. Schweigepflicht

...

XIII. Verhinderung

Es ist der freiberuflichen Ärztin/dem freiberuflichen Arzt gestattet, in allen Fällen der Verhinderung aus wichtigem Grund, die Aufgaben durch eine/einen andere/anderen von ihr/ihm benannten freiberuflichen Ärztin/freiberuflichen Arzt erledigen zu lassen. Der Anspruch auf Honorarzahlung wird dadurch nicht berührt.

Wird eine Vertretung nicht gestellt, entfällt in allen Fällen fehlender Leistungserbringung eine Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Honorars.

XIV. Kündigung

...

XV. Gerichtsstand

...

XVI. Schlussbestimmung

...

Weitere Vereinbarungen bestehen nicht. Spätere Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform unter Bezugnahme auf diese Rahmenvereinbarung."

Unter dem 20./22.10.2010 schlossen die Parteien der RV folgende "Dienstleistungsvereinbarung" (DV):

"§ 1 Vertragskonditionen

Folgende Honorare werden vereinbart:
680,00 EUR pro Tag (8 Std.)
70,00 EUR pro Bereitschaftsdienststunde
Nach 8 Stunden wird pro angefangene halbe Stunde die Summe von 42,50 Euro gezahlt.

Sonstige Leistungen des Auftraggebers (z.B. Wohnen, Essen)
Freie Wohnung außerhalb des Krankenhausbereiches wird gestellt. Freies Essen im üblichen Umfang wird für eine Person gestellt. Der Bereitschaftsdienst wird von der Unterkunft aus gemacht.

§ 2 Vereinbarungszeitraum

Von 15.11.2010 bis 4.12.2010

Mindesteinsatzzeit pro Tag 8,00 Stunden.

Einsatzbereich: Anästhesie

§ 3 Allgemeine Geschäftsbedingungen

Es gelten die Regelungen der Rahmenvereinbarung vom 20.10.2010.

§ 4 Honorarauszahlung

Das Honorar ist innerhalb von 5 Tagen nach Rechnungsstellung ohne Abzug zahlbar. Der Rechnung ist der Meldebogen für Honorarärzte vollständig ausgefüllt beizufügen."

Für die übrigen Tätigkeitszeiträume schlossen die Vertragsparteien identische DV, wobei ab dem Zeitraum vom 18.4 bis 12.6.2011 ein Tageshonorar von 720,00 EUR und pro angefangene Stunde nach 8 Stunden 45,00 EUR vereinbart wurden (DV vom 24.2.2011).

Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen erhielt der Beigeladene zu 1) nach Rechnungstellung von der Klägerin seine Leistungserbringung wie folgt vergütet:

Zeitraum - Vergütung für Tagdienste (EUR) - Vergütung für Bereitschaftsdienste (EUR) - Summe (EUR)

15.11.-3.12.2010 - 9.562,50 - 8.960,00 - 18.522,50
20.-23.12.2010 - 2.720,00 - 1.120,00 - 3.840,00
18.-29.4.2011 - 6.480,00 - 5.600,00 - 12.080,00
2.-20.5.2011 - 10.170,00 - 8.960,00 - 19.130,00
23.5.-10.6.2011 - 10.395,00 - 0 - 10.395,00
18.-26.7.2011 - 4.905,00 - 5.600,00 - 10.505,00
27.7.-5.8.2011 - 5.294,70 - 4.340,00 - 9.634,70
2.-9.9.2011 - 4.275,00 - 6.696,67 - 10.971,67
5.-14.10.2011 - 5.805,00 - 6.685,00 - 12.490,00
17.-28.10.2011 - 7.305,00 - 6.638,33 - 13.943,33

Daneben erstattete die Klägerin dem Beigeladenen zu 1) Aufwendungen für Logis.

Am 26.10.2011 beantragte die Klägerin die Feststellung des sozialversicherungs-rechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit für sie als Anästhesist mit dem Begehren festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Sie brachte Darstellungen seiner Tätigkeit, die mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossene RV vom 20./22.10.2010, die mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen DV vom 20.10.2010 (für die Zeit vom 15.11. bis 4.12.2010), vom 2.12.2010 (für die Zeit vom 20. bis 23.12.2010), vom 24.2.2011 (für die Zeit vom 18.4. bis 12.6.2011), vom 3.5.2011 (für die Zeit vom 18.7. bis 5.8.2011), vom 26.7.2011 (für die Zeit vom 2. bis 9.9.2011) und vom 25./28.8.2011 (für die Zeit vom 4. bis 28.10.2011), eine Übersicht über die oben genannten Tätigkeitszeiträume sowie Rechnungen und Tätigkeitsnachweise des Beigeladenen zu 1) bei. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.

Auf schriftliches Befragen durch die Beklagte machte der Beigeladene zu 1) ebenfalls Angaben zu seiner Tätigkeit und brachte eine Bescheinigung der (damaligen) Bundesknappschaft über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der knappschaftlichen Rentenversicherung vom 18.12.1989 bei. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.

Nach Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1), jeweils mit Schreiben vom 21.2.2012, stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 29.3.2012 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Anästhesist bei der Klägerin in den einzelnen Tätigkeitszeiträumen im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und seit dem 15.11.2010 Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, aber nicht in der Rentenversicherung besteht.

Folgende Merkmale sprächen für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis: Der Beigeladene zu 1) ersetze ausgefallene Anästhesisten der Klägerin und übernehme Bereitschaftsdienste. Die Abrechnung erfolge über die Klägerin. Gegenüber Privatpatienten rechne der Beigeladene zu 1) nicht ab. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit sei mit acht Stunden täglich festgelegt. Die Honorierung erfolge pro Tag und für Bereitschaftsdienste pro Stunde. Eigenes Kapital oder eigene Arbeitsmittel setze der Beigeladene zu 1) nicht ein. Die notwendigen Arbeitsmittel stelle die Klägerin.

Folgende Merkmale sprächen für eine selbständige Tätigkeit: Die Tätigkeit als Anästhesist betreffe nur einen abgeschlossenen Bereich, der kaum mit dem übrigen Krankenhausbetrieb verzahnt sei. Eine Einbindung in die kontinuierliche Patientenversorgung erfolge nicht. Es bestehe kein Weisungsrecht gegenüber dem Krankenhauspersonal. Eine Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der Klinik im Bereich der OP erfolge nicht. In der Annahme der Aufträge sei der Beigeladene zu 1) frei.

Nach Gesamtwürdigung aller Umstände überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale. Zwar könne die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden, bei Annahme erfolge aber eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Die Arbeitszeit richte sich nach den Dienstplänen der Klägerin. Der Beigeladene zu 1) könne nur innerhalb dieses Rahmens entscheiden, ob er bestimmte Dienste übernehme. Tätigkeitsort sei der Betriebssitz der Klägerin. Da eigenes Kapital nicht eingesetzt werde, liege kein unternehmerisches Risiko vor. Dass die Tätigkeit lediglich in einzelnen Zeiträumen ausgeübt werde, sei kein Merkmal einer selbständigen Tätigkeit. Weiter könnten auch abhängig Beschäftigte mehrere Arbeitsverhältnisse haben. Allein die Möglichkeit, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, sei kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Zudem sei der Einsatz Dritter auf Verhinderungen aus wichtigem Grund begrenzt. Bis auf eine Ausnahme habe der Kläger auch alle Dienste persönlich erbracht.

Gegen die Bescheide vom 29.3.2012 erhoben der Beigeladene zu 1) und die Klägerin jeweils am 16.4.2012 Widerspruch. Die Klägerin führte zur Begründung aus, aufgrund gesetzlicher Vorgaben sei es nicht zulässig, dass der Beigeladene zu 1) eigene Geräte einsetze. Um mit Privatpatienten abrechnen zu können, müsste dies mit den Patienten vereinbart werden und der Beigeladene zu 1) müsste als ständiger Vertreter des Chefarztes benannt werden; dies würde weder von den privaten Krankenkassen akzeptiert, noch wäre es mit den Verträgen der Chefärzte in Einklang zu bringen. Der Beigeladene zu 1) sei nicht in alle Arbeitsabläufe des Krankenhauses eingebunden gewesen, sondern habe die anästhesiologische Versorgung in festgelegten Zeitfenstern übernommen. Er trage das unternehmerische Risiko, keine Folgeaufträge zu erhalten. Die administrative Abwicklung der Vertretung sei allein aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten von ihr und nicht vom Beigeladenen zu 1) durchgeführt worden. Der Beigeladene zu 1) führte aus, er habe sich selbst sozial abgesichert und benötige keine rückwirkende Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 31.10.2012 wies die Beklagte die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus, der Beigeladene zu 1) sei zur Erfüllung der von der Klägerin angebotenen ärztlichen Leistungen eingesetzt. Seine Tätigkeit unterscheide sich von der Tätigkeit angestellter Ärzte nur hinsichtlich der begrenzten Dauer der Tätigkeit. Er sei in den alltäglichen Klinikdienst eingebunden, sodass keine wesentlichen Spielräume verblieben. Dem Umstand, dass der Beigeladene zu 1) die Arbeit in fachlicher Hinsicht weitgehend eigenständig erbringe, sei kein entscheidendes Gewicht beizumessen. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten und so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance eines Unternehmers; sie habe auch jeder Beschäftigte. Ein Einsatz eigenen Kapitals mit der Gefahr des Verlustes liege hingegen nicht vor.

Mit ihrer hiergegen am 26.11.2012 zum Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat zur Begründung ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie vorgetragen, der Beigeladene zu 1) sei anders als die abhängig beschäftigten Anästhesisten ausschließlich im OP tätig, führe keine Aufklärungsgespräche und unterliege nicht dem Weisungsrecht des Chefarztes. Die Notwendigkeit koordinierten Zusammenwirkens der Beteiligten bestehe beispielsweise auch bei selbständigen Handwerksleistungen. Ebenso stellten Selbständige ihren Kunden Leistungen regelmäßig auf der Basis der geleisteten Stunden in Rechnung.

Mit Schriftsatz vom 16.9.2013 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide für die Zeit ab 1.1.2012 hinsichtlich der Regelung zur Kranken- und Pflegeversicherung aufgehoben und festgestellt, dass insoweit Versicherungsfreiheit bestehe. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 19.8.2014 angenommen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 31.102012 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 16.9.2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht als abhängig Beschäftigter versicherungspflichtig zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung ist und in der Zeit vom 15.11.2010 bis zum 31.12.2011 nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung gewesen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen.

Das Sozialgericht (SG) Detmold hat mit Urteil vom 19.8.2014 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das ihr am 29.8.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.9.2014 Berufung eingelegt. Sie führt aus, dass die besondere Vertragsgestaltung zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1) für die Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als nicht abhängig ein hohes Gewicht zukomme. Sie und der Beigeladene zu 1) hätten lediglich einen Rahmenvertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage für jeweils einzelne Einsatzzeiträume gesonderte Dienstleistungsvereinbarungen (DV) hätten getroffen werden müssen. Der Beigeladene zu 1) habe mit Abschluss jeder gesonderten DV erneut darüber entscheiden können, ob er überhaupt für die Klägerin Leistungen habe erbringen wollen. Zudem sei die Höhe des Honorars für jeden Leistungszeitraum gesondert zu verhandeln und vereinbaren gewesen.

Für Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) spreche, worauf das SG zutreffend hingewiesen habe, die Möglichkeit, die Übernahme von Diensten abzulehnen sowie die Tatsache, dass dem Beigeladenen zu 1) keine Ansprüche auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub zustünden.

Fehlerhaft habe das SG dagegen als weiteres Indiz für Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) unberücksichtigt gelassen, dass ihm mit Ziff. XIII der RV vom 20.10.2010 gestattet gewesen sei, die von ihm im Rahmen einer DV geschuldete Leistung durch einen anderen, von ihm zu benennenden Arzt erledigen zu lassen. Kennzeichnend für abhängig Beschäftigte sei demgegenüber, dass sie die von ihnen geschuldete Arbeitsleistung stets in Person zu erbringen hätten.

Es habe nicht nur an einem Weisungsrecht der Geschäftsführung bzw. kaufmännischen Ebene oder der Personalleitung bei der Klägerin gefehlt, sondern es habe auch kein Weisungsrecht des Chefarztes Dr. H in medizinischer Hinsicht bestanden.

Eine vertragliche Verpflichtung des Beigeladenen zu 1), seine Arbeitsleistung im Klinikum der Klägerin zu erbringen, habe nicht bestanden. Es habe sich insoweit lediglich um eine faktische Notwendigkeit gehandelt, weil die Anästhesieleistungen des Beigeladenen zu 1) an Patienten, die im Krankenhaus der Klägerin zu operieren waren, schlichtweg nur vor Ort bei der Klägerin hätten erbracht werden können.

Entgegen der Auffassung des SG habe auch kein fester zeitlicher Rahmen bestanden, der von der Klägerin vorgegeben worden wäre. Der Beigeladene zu 1) sei gerade nicht im Wege eines Dienstplanes o. ä. eingeteilt worden. Vielmehr sei ihm die Einschätzung und Entscheidung verblieben, wann er etwa mit vorbereitenden Tätigkeiten für die Anästhesie eines Patienten der Klägerin zu beginnen habe und welche Maßnahmen mit welcher Dauer im Anschluss an eine Operation von ihm noch durchzuführen seien. Naturgemäß habe er seine Leistungen im Zusammenhang mit Operationen bei der Klägerin zu erbringen gehabt. Dies habe seine Ursache jedoch nicht in einer Weisungsbefugnis der Klägerin, sondern lediglich in der Notwendigkeit, ein koordiniertes Zusammenwirken verschiedener Tätigkeiten zu bewirken.

Zu Unrecht gehe das SG von einer fehlenden Betriebsstätte des Beigeladenen zu 1) aus. Eine solche habe an seinem Wohnsitz in B bestanden, von wo aus er zu Tätigkeiten zu der Klägerin oder zu anderen Krankenhäusern aufgebrochen sei und er seine Dienstleistungsverhältnisse verwaltet, etwa Honorarrechnungen geschrieben habe.

Der Beigeladene zu 1) habe auch ein unternehmerisches Risiko getragen. Denn er habe im Verhältnis zu der Klägerin für mögliche Behandlungsfehler gehaftet, ohne dass er die arbeitsrechtlichen Haftungsprivilegien eines Arbeitnehmers für sich habe in Anspruch nehmen können. Er habe eigene Betriebsmittel gestellt, indem er neben der Nutzung seines eigenen Fahrzeugs eigene Berufskleidung vorgehalten habe, die von ihm beschafft und unterhalten worden sei. Schließlich habe er unternehmerische Chancen gehabt, da ihm eine größere Unabhängigkeit eingeräumt worden sei, seine Dienstleistung nicht in Person zu erbringen, sondern durch einen von ihm zu benennenden Arzt erbringen zu lassen. Der Beigeladene zu 1) habe am 4.10.2011 nicht selbst die Verpflichtungen aus der Dienstleistungsvereinbarung vom 28.8.2011 erfüllt, sondern der von ihm benannte Arzt E N.

In der Gesamtschau überwögen die Gesichtspunkte für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1), während die vom SG für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung herangezogenen Indizien allenfalls als neutral, also ohne Indizwirkung für die Einordnung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin anzusehen seien.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8.2.2017 hat die Beklagte den Bescheid vom 29.3.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2012 dahin präzisiert, dass für den Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Anästhesist für die Klägerin in den Zeiträumen vom 15.11.2010 bis zum 4.12.2010, vom 20.12.2010 bis zum 23.12.2010, vom 18.4. bis 12.6.2011, vom 18.7. bis 5.8.2011, vom 2. bis 9.9.2011 und vom 5. bis 28.10.2011 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19.8.2014 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 29.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 31.10.2012 und des Bescheides vom 8.2.2017 festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Anästhesist für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit vom 15.11.2010 bis 4.12.2010, vom 20. bis 23.12.2010, vom 18.4. bis 12.6.2011, vom 18.7. bis 5.8.2011, vom 2. bis 9.9.2011 und vom 5. bis 28.10.2011 unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Beigeladene zu 1) sei funktionsgerecht dienend in der von der Klägerin vorgegebenen Arbeitsorganisation auf der Grundlage der jeweiligen DV in Verbindung mit der RV vom 20.10.2010 tätig gewesen. Er habe sich nicht von den angestellten Krankenhausärzten unterschieden, deren Aufgaben er vertretungsweise übernommen habe. Er sei für die ihm zugewiesenen im Krankenhaus behandelten Patienten verantwortlich gewesen. Als Arzt sei er im Rahmen eines zwischen dem Krankenhausträger und dessen Patienten jeweils geschlossenen Behandlungsvertrages im Sinne von § 2 Abs. 1 Bundespflegesatzverordnung (BPflV) als Erfüllungsgehilfe (§ 278 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) des Krankenhausträgers tätig gewesen. Hieraus folge eine Haftung des Krankenhausträgers für schuldhafte Fehler des Beigeladenen zu 1). Allein im Hinblick auf ein mögliches Organisationsverschulden habe es sich der Krankenhausträger gar nicht leisten können, dem Beigeladenen zu 1) bei der Patientenbehandlung das Letztentscheidungsrecht einzuräumen. Welche Patienten während seiner Dienste zu behandeln gewesen seien, habe sich dem Einfluss des Beigeladenen zu 1) entzogen.

Die Änderung des § 2 Abs. 1 Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (idF vom 17.7.2003, BGBl. I 1461; KHEntgG) zum 1.1.2013 führe nicht zur Zulässigkeit von selbständig tätigen Honorarärzten in Krankenhäusern (Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.4.2013, L 5 R 3755/11, juris).

Der Tätigkeit des Arztes E N am 4.10.2011 liege die Dienstleistungsvereinbarung vom 29.9.2011 mit der Klägerin zugrunde, wonach am 4.10.2011 Vertretung für den Beigeladenen zu 1) zu leisten gewesen sei. Da der Vertrag zwischen Herrn N und der Klägerin geschlossen worden sei, bestünden auch lediglich in diesem Verhältnis Leistungsansprüche. Eine Vertretung im Sinne von Ziff. XIII der Rahmenvereinbarung vom 20.10.2010 zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) liege damit nicht vor.

Nach den von der Klägerin eingereichten Unterlagen sei der Beigeladene zu 1) den einzelnen Operationen zugeteilt worden. Sein Dienst sei im Dienstplan eingetragen worden. Er sei dann an die vorgegebene Dienstzeit gebunden gewesen. Er habe mit den Anästhesiepflegekräften der Klägerin in den entsprechenden Schichten zusammengearbeitet.

Der Beigeladene zu 1) schließt sich den klägerischen Ausführungen vollumfänglich an. Bereits die äußere Gestaltung des Vertragsverhältnisses als sog. Honorarvereinbarung lege klar dar, dass die Parteien das Vertragsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis hätten sehen wollen, sondern als freie Tätigkeit eines Honorararztes. Er habe das Recht gehabt, Aufträge abzulehnen. Er sei keinesfalls ausschließlich für die Krankenhauseinrichtung der Klägerin tätig gewesen. Er arbeite deutschlandweit für wechselnde Auftraggeber in unterschiedlichen Zeiträumen. Nach entsprechenden Präferenzen und Verdiensterwartungen sei er frei in seiner Entscheidung, ob, wann und wo er entsprechende Tätigkeiten aufnehme.

Eine Eingliederung und Einbindung in den Klinikorganisationsablauf sei nicht erfolgt, da naturgemäß auch Operationseingriffe unter Anästhesie stattfänden, wenn er nicht vor Ort gewesen sei. Außerdem habe er nicht die persönliche Leistungserbringung geschuldet. Für den Fall, dass er einen vertraglich übernommenen Auftrag nicht abwickeln könne oder wolle, sei er verpflichtet und berechtigt, einen entsprechenden Ersatz in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung zu stellen. Es müsse lediglich die entsprechende ärztliche Qualifikation selbstverständlich vorliegen. Er müsse den von ihm gestellten Ersatzmediziner auch selbst bezahlen.

Er trage für die Zeiträume, in welchen er wegen Krankheit nicht arbeitsfähig sei, auch das alleinige wirtschaftliche Risiko. Er erhalte dann keine Fortzahlungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz oder sonstige Ausfallleistungen.

Nicht haltbar sei die Begründung des SG, dass er seine Leistungen nur in den Räumlichkeiten der Klägerin erbringe und dies jeweils innerhalb eines festen zeitlichen Zusammenhangs geschehe. Diese örtliche und zeitliche Vernetzung sei der Eigenart der Tätigkeit geschuldet und immanent.

Er stelle neben seinem Arbeitszimmer in B auch weitere eigene Betriebsmittel zur Verfügung. Er trage seine eigene Berufskleidung, welche von ihm selbst beschafft und unterhalten werde. Lediglich während des OP-Betriebes müsse er aufgrund der Anforderungen an die medizinische Hygiene und Sterilität vor Ort bereitgestellte OP-Kleidung tragen. Auch die Narkosegeräte würden ihm von der Klinik zur Verfügung gestellt. Der Grund hierfür liege lediglich darin, dass die modernen Anästhesiegeräte computertechnisch mit den verschiedenen Operationsgeräten und den stationär eingebauten Apparaturen vernetzt seien. Ebenso verhalte es sich mit den Anästhesiepräparaten. Da diese Medikamente auf ein spezielles, am OP-Standort zugelassenes Narkosesystem abgestimmt seien, sei es nicht möglich, dass er eigene von ihm vorgehaltene Präparate einsetze. Allerdings sei er frei in der Entscheidung, welches konkrete Narkosemittel er bei welchem Patienten verwende, dass er dann selbst bei der Krankenhausapotheke ordere. Er habe ebenfalls die zur Verfügung gestellten Gerätschaften eigenverantwortlich und alleinverantwortlich zu überprüfen und hafte für die ordnungsgemäße Funktion während der Operation. Für diese Nutzung werde ihm im Übrigen auch ein Abschlag in der Vergütung berechnet bzw. sei dies in der Vergütung eingepreist.

Er habe am 4.10.2011 den von ihm übernommen Dienst nicht ableisten können, da er anderweitige Termine zu erfüllen gehabt habe, und aus diesem Grund mit dem Kollegen E N Kontakt aufgenommen und diesen gebeten, für ihn diesen Dienst zu übernehmen. Der Vertreter sei nicht von ihm, sondern von der Klägerin bezahlt worden.

Der Senat hat von der Klägerin Dienstpläne, eine Übersicht der Operationen, Urlaubspläne, Dienstleistungsvereinbarungen, Stundennachweise, Rechnungen und weitere das Vertragsverhältnis mit dem Beigeladenen zu 1) betreffende Unterlagen beigezogen, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung den Chefarzt der Anästhesie der Klinik der Klägerin in Bad E, Dr. H, als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezuge genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er in den ordnungsgemäß zugestellten Terminmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die am 18.9.2014 bei dem erkennenden Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 29.8.2014 zugestellte Urteil des SG Detmold ist zulässig, insbesondere gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1 Abs. 2, 63 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid vom 8.2.2017 ist gem. §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Insoweit entscheidet der Senat auf Klage.

Die gegen die streitgegenständlichen Bescheide gerichtete Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Altern. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG).

Die Klage ist jedoch unbegründet, da die angefochtenen Bescheide in den nunmehr gültigen Fassungen rechtmäßig sind und die Klägerin damit nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschweren. Denn die Beklagte hat im Rahmen des § 7a Abs. 1 SGB IV formell (hierzu 1.) und materiell (hierzu 2.) rechtmäßig festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit für die Klägerin als Anästhesist in den Zeiträumen vom 15.11. bis 4.12.2010, vom 20. bis 23.12.2010, vom 18.4. bis 12.6.2011, vom 8.7. bis 5.8.2011, vom 2. bis 9.9.2011 und vom 4. bis 28.10.2011 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

1. Der Statusentscheidung der Beklagten gem. § 7a SGB IV lag hinsichtlich der vorgenannten Zeiträume ein Antrag der Klägerin zugrunde (§ 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Antragstellung der Klägerin am 26.10.2011 bezog sich zwar ursprünglich nur auf den Zeitraum vom 4. bis 28.10.2011. Zwar hat die Beklagte Feststellungen auch zu den Zeiträumen davor getroffen. Dies ist jedoch deshalb unschädlich, weil die Klägerin spätestens mit der Klageerhebung auch eine Statusfeststellung für die übrigen Zeiträume ab dem 15.11.2010 begehrt hat. Hierin ist die Nachholung des Antrags nach § 7a SGB IV für die weiteren Zeiträume zu sehen.

§ 41 Abs. 2 SGB X steht dem nicht entgegen, da dessen Abs. 2 entgegen seinem Wortlaut eine nachträgliche Antragstellung in den gerichtlichen Verfahren vor den Tatsachengerichten nicht ausschließen sollte (vgl. Steinwedel in: Kass. Komm., 91. EL September 2016, § 41 SGB X, Rdnr. 23a; Schneider-Danwitz in: jurisPK-SGB X, § 41 Rdnr. 42).

2. Die mit dem Vergleichsvertrag vom § 54 SGB X abgeschlossene Betriebsprüfung steht für den Zeitraum bis zum 31.12.2010 einem Verfahren nach § 7a SGB IV nicht entgegen, da Feststellungen nach § 28p SGB IV konkret zum Rechtsverhältnis der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) nicht getroffen wurden.

3. Die Feststellung der Beklagten, der Beigeladene zu 1) habe in den vorgenannten Zeiträumen in der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Anästhesist der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung, ist nicht zu beanstanden.

a) Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung in diesem Sinne ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Beigeladene zu 1) in den streitbefangenen Zeiträumen für die Klägerin im Rahmen von abhängigen Beschäftigungsverhältnissen tätig war.

aa) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist das praktizierte Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt bzw. aus der gelebten Beziehung erschließen lässt.

Der Beigeladene zu 1) war auf der Grundlage der RV vom 20/22.10.2010 und der DV vom 20.10.2010 (für die Zeit vom 15.11. bis 4.12.2010), vom 2.12.2010 (für die Zeit vom 20. bis 23.12.2010), vom 24.2.2011 (für die Zeit vom 18.4. bis 12.6.2011), vom 3.5.2011 (für die Zeit vom 18.7. bis 5.8.2011), vom 26.7.2011 (für die Zeit vom 2. bis 9.9.2011) und vom 25./28.8.2011 (für die Zeit vom 4. bis 28.10.2011) tätig.

Danach ist kein durchgehendes unbefristetes Dauerrechtsverhältnis vereinbart worden, sondern aufgrund gesonderter Verträge mehrere befristete Vertragsverhältnisse. Die Regelungen der RV sind jeweils in die DV einbezogen worden (s. § 3 DV).

Der Statusbeurteilung zugrunde zu legen sind damit die einzelnen Tätigkeitszeiträume nach Abschluss der einzelnen DV. Die Freiheit des Beigeladenen zu 1), derartige Vereinbarungen zu schließen oder nicht zu schließen, ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein für Selbständigkeit sprechender Gesichtspunkt, sondern lediglich Ausdruck der jedem Arbeitnehmer zustehenden Entschließungsfreiheit, befristete Arbeitsverträge zu schließen.

bb) Bei der Ausübung seiner Tätigkeit als Anästhesist unterlag der Beigeladene zu 1) in der praktizierten Rechtsbeziehung einem weitgehenden arbeitgeberseitigen Weisungsrecht der Klägerin, das sich auf Zeit, Ort und Inhalt der Arbeit bezog.

(1) Der Senat verkennt bei dieser Beurteilung nicht, dass der RV insbesondere in Ziff. II. ("Leistung eigenständiger und eigenverantwortlicher ärztlicher Tätigkeit"), III. (Freistellung von Weisungsbefugnis) und IV. (keine Weisungsbefugnis bezüglich Dienstzeiten) bemüht ist, eine weitgehende Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) darzustellen.

(2) Die Beweisaufnahme hat demgegenüber jedoch ergeben, dass die vertraglichen Regelungen so nicht praktiziert worden sind und im Interesse der Gewährleistung eines funktionsfähigen Krankenhausbetriebes ebenso wie der vom Beigeladenen zu 1) übernommenen Verpflichtung zu optimaler Gewährleistung seiner ärztlichen Tätigkeit (Ziff. II. Satz 3 RV) auch nicht praktiziert werden konnten.

(a) Bereits die in der DV getroffenen Vereinbarungen schränken die vermeintliche Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1) in zeitlicher Hinsicht maßgeblich ein. Aus § 1 Satz 1 DV, in dem ein Tageshonorar für einen 8-Stunden-Dienst vereinbart wurde, ergibt sich, dass der Beigeladene zu 1) im Tagdienst mindestens acht Stunden täglich für die Klägerin tätig werden musste. Hinzu kam eine "Überstundenvereinbarung", der zufolge pro angefangene halbe Stunde 42,50 EUR gezahlt wurden (§ 1 Satz 2 DV). Zwar regelt diese Vertragsbestimmung nicht unmittelbar die Verpflichtung, "Überstunden" tatsächlich zu leisten; sie muss insoweit jedoch im Zusammenhang mit Ziff. II. Satz 3 RV gelesen werden, der den Beigeladenen zu 1) zur optimalen Leistungserbringung verpflichtete. Die Kombination beider vertraglicher Regelungen kann nach Treu und Glauben (§ 157 Bürgerliches Gesetzbuch) nicht anders verstanden werden, als dass der Beigeladene zu 1) verpflichtet war, auch über acht Stunden täglich hinaus tätig zu sein, wenn dies für eine optimale medizinische Versorgung der (zumeist frisch operierten) Patientinnen und Patienten erforderlich war. Hinzu kam schließlich die Leistung von Bereitschaftsdiensten. In der Gesamtschau war der Beigeladene zu 1) damit in einem zeitlichen Umfang zur Leistungserbringung für die Klägerin verpflichtet, dass die vereinbarte zeitliche Weisungsfreiheit weitgehend leer laufen lässt.

(b) Hinzu kommt, dass im Anschluss an die glaubhaften Aussagen des Zeugen Dr. H, des Chefarztes der Anästhesieabteilung davon auszugehen ist, dass dieser - wenn auch unter Berücksichtigung der Dienstplanwünsche (auch der angestellten Ärzte) - über die Diensteinteilung der Anästhesisten entschieden hat. Die Diensteinteilung erfolgte danach durch Dienstplan. Dabei hatte der Zeuge Dr. H zu entscheiden, welcher Anästhesist in welchem Operationssaal zum Einsatz kam. Maßgeblich war, welche Anforderungen an Können und Erfahrungen in dem jeweiligen Operationssaal verlangt waren, wobei anspruchsvollere Aufgaben von dem Zeugen und dem weiteren festangestellten Anästhesisten wahrgenommen und weniger anspruchsvollere Operationen Ärzten gegeben wurden, die wie der Beigeladene zu 1) von außen kamen. Durch diese Diensteinteilungen der Klägerin waren dem Beigeladenen zu 1) Ort, Zeit, Dauer und Inhalt sehr weitgehend vorgegeben. Nennenswerte eigene Gestaltungsfreiheiten bestanden daher nicht. Der Beigeladene zu 1) hatte nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen Dr. H nicht die Möglichkeit, sich gegen einen bestimmten Operationssaal oder Operateur zu entscheiden. Entsprechende Wünsche hat er auch nicht geäußert.

(c) Eigenständige Entscheidungsbefugnisse verblieben dem Beigeladenen zu 1) danach nur in dem Umfang, wie sie auch einem unzweifelhaft angestellten Anästhesisten zustehen, nämlich hinsichtlich der Auswahl der im Einzelfall anzuwendenden ärztlichen Maßnahmen, sowie damit "Durchführung und Dokumentation optimal" gewährleistet wurden. Soweit die Klägerin im Einzelfall ein vertragswidriges, weil gegen die diesbezügliche Pflicht zur optimalen Leistungserbringung und/oder gegen anerkannte Standards verstoßendes Verhalten des Beigeladenen zu 1) - wie das Tragen von Schmuckstücken wie einer goldenen Uhr und einer goldenen Kette während der Operationen und die Weigerung zur Einarbeitung in die EDV der Klägerin - geduldet hat, möglicherweise weil sie Schwierigkeiten hatte, geeignetes Vertretungspersonal zu finden, oder weil sie der irrigen Auffassung war, sie schulde ihren Patienten bei Einsatz eines "Honorararztes" einen geringeren medizinischen Qualitätsstandard als bei Behandlung durch festangestellte Krankenhausärzte, ist dies kein Indiz für Selbständigkeit.

In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, ohne dass es sich um seine Entscheidung tragende Erwägungen handelt, dass das Tragen von Schmuckstücken oder Uhren an Händen und Unterarmen in Operationssälen gegen hygienische Mindeststandards verstößt (vgl. Ziffer 4.1.2.6 der Technischen Regel Biologische Arbeitsstoffe [TRBA] 250 in der Fassung von 2006 i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbeitsstättenVO in der in den Streitzeiträumen geltenden Fassung). Derartige gravierende Umstände lösen damit einrichtungsbezogene Aufklärungspflichten im Sinne des zwischenzeitlich in Kraft getretenen § 630e BGB aus, sofern der Arbeitgeber nicht mittels arbeitgeberseitiger Weisungen diese Mängel beseitigt.

cc) Auf dieser vertraglichen Grundlage war der Beigeladene zu 1) in den streitbefangenen Zeiträumen eingegliedert in einem fremden Betrieb tätig, nämlich in den von der Klägerin getragenen Klinikbetrieben.

Der Beigeladene zu 1) hat die von dem Krankenhaus der Klägerin bereitgestellte organisatorische, personelle und sächliche Infrastruktur nicht etwa zur Erbringung eigener Leistungen im eigenen Namen genutzt. Vielmehr ist er von der Klägerin zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber ihren Patienten im Sinne funktionsgerecht dienender Teilhabe am therapeutischen Prozess eingesetzt worden. Dementsprechend stellte der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit ausschließlich der Klägerin und nicht den Patienten oder Kostenträgern in Rechnung.

Nach Ziff. II. Satz 3 RV war der Beigeladene zu 1) in diesem Rahmen verpflichtet, sich mit den angestellten Mitarbeitern zu besprechen, seine ärztliche Tätigkeit optimal zu dokumentieren, Reibungsverluste an den "Schnittstellen" zu vermeiden, um so Diagnostik und Therapie optimal sicherzustellen. Das heißt nichts anderes, als dass der Beigeladene zu 1) sich in die von der Klägerin geschaffene Infrastruktur in personeller, sächlicher und organisatorischer Hinsicht nahtlos einzufügen hatte.

Der Gesichtspunkt der Eingliederung tritt nicht dadurch in seiner Bedeutung zurück, weil der Ort der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sich aus der Natur der Sache ergab. Er arbeitete in den Betriebsräumen mit den Betriebsmitteln der Klägerin auf der Grundlage der vom bei der Klägerin angestellten Zeugen Dr. H vorgenommen Diensteinteilung einschließlich der Dienstpläne. Er verrichtete nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen Dr. H ebenso wie die angestellten Anästhesisten die diesen obliegenden Aufgaben wie Voruntersuchungen, Prämedikationen und postoperative Visiten auf der Station und griff dabei auf die von der Klägerin jeweils bereitgestellte Patientendokumentation zurück.

Ausweislich seines eigenen insoweit glaubhaften Vorbringens musste der Beigeladene zu 1) während des OP-Betriebes aufgrund der Anforderungen an die medizinische Hygiene und Sterilität vor Ort bereitgestellte OP-Kleidung tragen. Auch die Narkosegeräte wurden ihm von der Klinik zur Verfügung gestellt. Der Grund hierfür lag darin, dass die modernen Anästhesiegeräte computertechnisch mit den verschiedenen Operationsgeräten und den stationär eingebauten Apparaturen vernetzt sind. Ebenso verhielt es sich mit den Anästhesiepräparaten. Da diese Medikamente auf ein spezielles, am OP-Standort zugelassenes Narkosesystem abgestimmt waren, war es dem Beigeladenen zu 1) nicht möglich, eigene von ihm vorgehaltene Präparate einzusetzen. Das nach seiner fachlichen Entscheidung bei den Patienten konkret eingesetzte Narkosemittel orderte er bei der Krankenhausapotheke.

Eine besondere Prägung der Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Betriebsorganisation der Klägerin war Folge seiner fehlenden Bereitschaft zur Einarbeitung in die von der Klägerin zur Verfügung gestellte EDV. Aufgrund dessen wusste der Beigeladene zu 1) nicht, wer am nächsten Tag auf dem OP-Plan stand und wen er entsprechend zu prämedizieren hatte. Insoweit hatte sich der Beigeladene zu 1) durch Nachfragen auf der Operationsstation zu informieren und musste die schriftlich niedergelegten Patienteninformationen nutzen, wobei es sein konnte, dass bei Patienten, die sich nicht auf der Operationsstation sondern auf z.B. der Inneren Station befanden, die Prämedikation unterblieb. Soweit der Beigeladene zu 1) selbst die EDV-technische Erfassung von patientenbezogenen Informationen nicht vornahm, musste das Pflegepersonal bei ihm Nachfrage halten oder den Patienten vorher einbestellen, damit die Akte, die sich am Bett befand, eingesehen werden konnte.

dd) Hinzu kommt, dass für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechende Gesichtspunkt nicht in einem Maße vorhanden sind, die die vorangegangenen Gesichtspunkte im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit relevanten Umstände überwiegen würden.

(1) Hinsichtlich der geschuldeten Tätigkeit als Anästhesist verfügte der Beigeladene zu 1) nicht über eine eigene Betriebsstätte. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Gesichtspunkte bei der Berufsgruppe der Anästhesisten, die auch als unzweifelhaft selbständige niedergelassene Ärzte ihre Tätigkeit unter Umständen schwerpunktmäßig in den für sie fremden Praxen der operierenden Ärzte verrichten (vgl. allerdings auch § 24 Abs. 2 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte, der diese Praxen als "Nebenbetriebsstätten" bezeichnet, was das Vorhandensein einer Betriebsstätte auch bei solchen Anästhesisten voraussetzt; ebenso Pawlitta in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016 § 95 Rdnr. 283), ein gewichtiges Kriterium für die Statusabgrenzung darstellt. Jedenfalls spricht das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte aber nicht maßgeblich für Selbständigkeit.

(2) Ein eigenes maßgebliches Unternehmerrisiko des Beigeladenen zu 1) bestand ebenso nicht.

Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den von dem BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. etwa BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG, Urteil v. 25.1.2011, B 12 KR 17/00 R, SozR 2001, 329, 331; BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.), der sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung bereits angeschlossen hat (vgl. nur Senat, Urteil v. 22.4.2015, L 8 R 680/12), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft (vgl. schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 17 S. 37; BSG SozR -3-2400 § 7 Nr. 13 S. 36 m.w.N.; BSG Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rdnr. 27; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125, juris Rdnr. 25 f.) oder größere Verdienstmöglichkeiten gegenüberstehen (vgl. BSG SozR 2400 § 2 Nr. 19, S. 30; BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R, SozVers. 2001, 329, 332; zuletzt BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris, Rdnr. 27).

Der Beigeladene zu 1) hatte zunächst keine wesentlichen sächlichen Mittel mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Das gilt namentlich für den Einsatz eigener Betriebsmittel. Das wesentliche Equipment, insbesondere die behandlungs-relevanten medizintechnischen Instrumente und Geräte, das Verbrauchsmaterial sowie die erforderlichen Medikamente sind ihm von der Klägerin gestellt worden. Die wenigen von ihm selbst beschafften Arbeitsmittel (Arbeitskleidung für den Bereich außerhalb der OP-Säle) rechtfertigen nicht die Annahme eines Unternehmerrisikos von wesentlichem Gewicht, zumal eine Erweiterung seiner unternehmerischen Chancen daraus nicht ersichtlich ist.

Der Beigeladene zu 1) trug zudem nicht das Risiko, seine Arbeitskraft nicht vergütet zu erhalten. Denn seine Tätigkeit wurde ihm nach Tages- bzw. Stundensätzen vergütet. Darüber hinaus war freie Kost und Logis vereinbart.

Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (Ausschluss des § 616 BGB) rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteile v. 28.5.2008, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014; Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris). Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich.

Zudem lässt selbst ausdrückliche vertragliche Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zulassen. Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Denn sie setzen bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Ihnen Bedeutung für die diesbezügliche Abgrenzung zuzumessen, käme daher einem Zirkelschluss gleich.

(3) Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) wegen seiner Verhinderung am 4.10.2011 den Einsatz des Arztes N vermittelte, ist kein gewichtiger für Selbständigkeit sprechender Gesichtspunkt. Zum einen handelt es sich um ein singuläres und damit das Vertragsverhältnis nicht prägendes Ereignis, zum anderen hatte sich die Klägerin die Letztentscheidungsbefugnis über den Einsatz dieses Arztes vorbehalten. Denn sie, nicht der Beigeladene zu 1), hat eine Dienstleistungsvereinbarung mit ihm geschlossen und seine Leistungserbringung vergütet.

(4) Der Wille und die Vereinbarung der Beteiligten, dass der Beigeladene zu 1) freiberuflich, also selbständig tätig sein solle, sind grundsätzlich allerdings nicht geeignet, Selbständigkeit zu begründen. Entscheidend sind allein die maßgeblichen Grundlagen. Nur wenn der Abwägungsprozess - was hier nicht der Fall ist - kein Überwiegen von Gesichtspunkten für einen Status ergibt, gibt der Wille der Beteiligten den Ausschlag. Ansonsten unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57).

(5) Die Höhe der vereinbarten und gezahlten Vergütung spricht vorliegend nicht gegen eine selbständige Tätigkeit, da sie jedenfalls eine private Absicherung gegen die Risiken von Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit erlaubte. Da allerdings die maßgeblich für eine Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung vorliegen und ansonsten keine wesentlichen für Selbständigkeit sprechenden Gesichtspunkte ersichtlich sind, kommt diesem Indiz in der Gesamtabwägung vorliegend keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Letztlich ist die Höhe der Vergütung immer Ergebnis des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage und Ausdruck des Verhandlungsgeschicks der Vertragsparteien sowie vorliegend Folge der rechtsirrigen Annahme einer Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) durch die Vertragsparteien.

ee) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich aus der ab dem 1.1.2013 in Kraft getretenen Änderung des § 2 Abs. 1, 3 KHEntgG keine gesetzgeberische Wertung entnehmen, die entscheidend zur Statusbestimmung des Beigeladenen zu 1) herangezogen werden könnte. Zunächst ist die Änderung erst nach Ablauf der streitigen Zeiträume erfolgt. Zudem kann offenbleiben, ob der Schluss zu ziehen ist, dass mit den in § 2 Abs. 1, 3 KHEntgG angesprochenen "nicht fest angestellten Ärztinnen und Ärzten" auch solche Ärztinnen und Ärzte gemeint waren, die über keinerlei Anstellungsvertrag verfügen. Denn jedenfalls kann dieser Vergütungsregelung für die Unterscheidung der jeweiligen Tätigkeitsformen nichts entnommen werden (vgl. BT-Drucksache 17/9992, S. 26; Berchtold, Aktuelle Abgrenzungsprobleme der abhängigen Beschäftigung § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV, DAI, 26. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung, S. 241, 257).

c) Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) erfolgte auch gegen Entgelt (§ 14 SGB IV).

d) Das Vorliegen von Versicherungsfreiheitstatbeständen ist nicht ersichtlich.

Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung und akzessorisch in der Pflegeversicherung wegen des Überschreitens von Jahresarbeitsentgelt-Grenzen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestand nicht. Da keine unbefristete Dauerbeschäftigung vorlag, war weder zu Beginn der Zusammenarbeit der Beteiligten noch vor Beginn des Jahres 2011 mit hinreichender Sicherheit abschätzbar, in welchem Maße der Beigeladene zu 1) für die Klägerin tätig werden würde. Die im Verwaltungsverfahren beigebrachten Einkommensteuerbescheide des Beigeladenen zu 1) belegen zudem, dass seine Gesamt-Einkünfte starken Schwankungen unterlagen: 2007 - 77.355,00 Euro, 2008 - 58.597,00 Euro, 2009 - 36.957,00 Euro.

Für hauptberufliche Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) gem. § 5 Abs. 5 SGB V ist ebenfalls nichts erkennbar, zumal er nicht als niedergelassener Arzt mit eigener Praxis tätig war.

Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) entfällt auch nicht nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III und nach § 186 Abs. 2 SGB V, weil es sich nicht um eine unständige Beschäftigung in diesem Sinne handelt. Danach sind versicherungsfrei Personen in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III). Die einzelnen Beschäftigungszeiträume waren bereits mit einer Ausnahme nicht auf weniger als eine Woche beschränkt. Im Übrigen steht nach dem RV und der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin grundsätzlich davon ausging, dass sie bei festgestellten Kapazitätsengpässen versuchen würde, auf den Beigeladenen zu 1) zurückzugreifen. Dafür spricht insbesondere die Aussage des Zeugen Dr. H, der die dringende Bedarfssituation der Klägerin nach geeigneten Ärzten beschrieben hat.

e) Für den Zeitraum vom 4. bis 28.10.2011 kommt die Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Beigeladene zu 1) nicht seine Zustimmung zu einem späteren Beginn der Versicherungspflicht erklärt hat. Im Hinblick auf die übrigen Zeiträume scheitert die Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV neben der fehlenden Zustimmung auch an der verspäteten Antragstellung, die jeweils nicht innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsaufnahme erfolgte.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm §§ 155 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Bei dieser hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zunächst rechtswidrig von einem ab 15.11.2010 bestehenden unbefristeten Dauerrechtsverhältnis ausging, sodass sie an den Kosten zu beteiligen war.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenzen aus § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe gem. § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved