L 2 AS 993/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 49 AS 617/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 993/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 15/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.04.2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander für beide Rechtszüge keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind Art und Höhe der dem Kläger im Zeitraum vom 01.04. bis zum 30.09.2009 zustehenden SGB II-Leistungen unter Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit, hier: horizontaler Verlustausgleich bei Einkommen aus zwei Gewerbebetrieben.

Der am 00.00.1963 geborene Kläger hat als Einzel-Bedarfsgemeinschaft ab dem 01.01.2005 im Bezug von SGB II-Leistungen gestanden. Zum 28.08.2007 hat er bei der Stadt E ein von ihm eingerichtetes und auch ausgeübtes Gewerbe als Kurierdienstleister und darüber hinaus ein Unternehmen des Einzelhandels mit Lebensmittel und Getränke in Form einer Saftbar angemeldet. Zum 31.01.2008 richtete er mit der Betriebsstätte in P 00, L den Betrieb "S" ein. Unter Berücksichtigung der von ihm gegenüber dem Beklagten erklärten Einnahmen aus den beiden Gewerbebetrieben bewilligte ihm der Beklagte jeweils unter Berücksichtigung entsprechender Absetzungsbeträge Leistungen nach dem SGB II zur Sicherung des Lebensunterhaltes sowie für Kosten der Unterkunft und Heizung fort. Zuletzt für den Bewilligungsabschnitt vom 01.12.2008 bis zum 31.03.2009 mit Bescheid vom 19.11.2008 vorläufig weiterbewilligt, gewährte der Beklagte dem Kläger monatlich zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anrechnung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit eine Regelleistung von Euro 97,40 und übernahm Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich Euro 339,70.

Am 25.03.2009 beantragte der Kläger im Hinblick auf das Ende des Bewilligungsabschnittes mit dem 31.03.2009 die Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen. Dazu legte er die Anlage EKS für seine selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer und Betreiber einer Salat- und Saftbar vor. Die Tätigkeit als Kurierfahrer für die Firma S verrichte er seinen Angaben nach vormittags von 6.30 Uhr bis ca. 13.00 bzw. 14.00 Uhr. Mit den Einnahmen aus der Tätigkeit als selbständiger Kurierfahrer finanziere er die Kosten der Saftbar mit. Mit Bescheid vom 29.05.2009 lehnte der Beklagte den Weiterbewilligungsantrag vom 25.03.2009 ab. Mangels Hilfebedürftigkeit habe der Kläger ab dem 01.04.2009 keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen. Aufgrund der nachgewiesenen Einkommensverhältnisse sei er nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Die Einnahmen aus der Tätigkeit als Kurierfahrer würden seinen Grundbedarf in vollem Umfang decken. Die betrieblichen Verluste aus der Saftbar könnten nicht berücksichtigt werden. Die Leistungen nach dem SGB II könnten fehlendes betriebliches Kapital für eine selbständige Tätigkeit nicht ersetzen. Dagegen hat der Kläger Widerspruch erhoben. Mit zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenem Bescheid vom 02.09.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit Zuschüsse zu den Beiträgen des Klägers für eine Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2009 gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 2 und § 26 Abs. 3 SGB II (jeweils in der damaligen Fassung). Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens legte er die auf den 29.11.2009 datierte Vordrucke "Abschließende Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes", getrennt für die Saftbar und die Tätigkeit als Kurierfahrer, vor. Danach hatte er im hier streitigen Zeitraum nach seinen Angaben aus der Saftbar Einnahmen von insgesamt Euro 5.739 erzielt, denen Ausgaben von insgesamt Euro 7.760 gegenüberstanden; aus der Kuriertätigkeit jedoch Einnahmen von insgesamt Euro 7.563, denen Ausgaben von insgesamt Euro gegenüberstanden. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2010 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.05.2009 zurückgewiesen. Auf den rechnerischen Gesamtbedarf des Klägers im streitigen Zeitraum von monatlich Euro 690,70 (Regelleistung und Kosten der Unterkunft/Heizung von Euro 339,70) sei das zu berücksichtigende Einkommen des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit anzurechnen. Dabei sei sein deklariertes Einkommen aus der Tätigkeit als Kurierfahrer von monatlich Euro 1004,33 abzüglich Grundfreibetrag von Euro 100 abzüglich Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB von Euro 140 und abzüglich Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr. 2 SGB II in Höhe von Euro 20,43 (jeweils in der damaligen Fassung) abzusetzen, so dass insgesamt Euro 743,90 anzurechnen seien. Dieser Betrag überschreite den rechnerischen Gesamtbedarf von Euro 690,70. Somit sei der Kläger nicht hilfebedürftig. Soweit der Kläger seinen Angaben nach aus seiner selbständigen Tätigkeit mit der Saftbar Verluste erziele, könnten diese nicht im Sinne eines horizontalen Verlustausgleiches bei dem Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer berücksichtigt werden.

Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Duisburg (SG) erhobenen Klage (Eingang: 18.02.2010) hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass es sich bezüglich der Berücksichtigung der Verluste aus der Tätigkeit im Rahmen der Saftbar bei den Einnahmen aus der Tätigkeit als Kurierfahrer nicht um einen horizontalen Verlustausgleich bei Einkommen aus zwei Gewerbebetrieben handele. Vielmehr handele es sich bei beiden Tätigkeiten um die gleiche Einkommensart. Deshalb müsse der Verlust mit dem Gewinn verrechnet werden. Davon unbeachtet zu bleiben habe, ob die verlustbringende Tätigkeit einzustellen sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass die selbständige Tätigkeit mit der Saftbar durch den Beklagten im Rahmen der Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen gefördert worden sei. Die selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer habe dazu gedient, durch weiteres Einkommen die Verluste aus der Saftbar möglichst gering zu halten.

Der Beklagte hat den Bescheid vom 02.09.2009 betreffend den Zuschuss nach § 26 SGB II aufgehoben und für den Zeitraum vom 01.04. bis zum 30.09.2009 jeweils höhere Zuschussbeträge gewährt (01.04.- 30.06.2009 monatlich Euro 269,99 und 01.07.- 30.09.2009 Euro 258,62).

Der Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt und gemeint, dass die Verluste aus der defizitären Saftbar im streitigen Zeitraum als zweiter selbständigen Tätigkeit des Klägers nicht als notwendige Ausgaben im Sinne von § 3 Abs. 2 der Alg II-Verordnung haben berücksichtigt werden können. Verluste aus einer zweiten selbständigen Tätigkeit seien nicht als notwendige Betriebsausgaben der ersten selbständigen Tätigkeit zu berücksichtigen, wenn in dieser ersten Tätigkeit Gewinne erzielt werden. Das fragliche Gesamteinkommen im Sinne der SGB II-Leistungen ergebe sich nicht aus steuerrechtlichen Rechnungsmethoden, sondern sei das Endergebnis aus der Berechnung gemäß § 3 Abs. 1-3 Alg II-Verordnung. Zu einer Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus den beiden selbständigen Tätigkeiten sei dem Kläger nicht geraten worden.

Mit Urteil vom 28.04.2014 (dem Beklagten am 15.05.2014 zugestellt), hat das SG entschieden:

Tenor:

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 29.05.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.09.2009, 07.10.2013 und 29.11.2013 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2010 verurteilt, an den Kläger für die Monate April bis Juni 2009 weitere Leistungen in Höhe von monatlich 289,90 Euro und für die Monate Juli bis September 2009 weitere Leistungen in Höhe von monatlich 297,90 Euro zu zahlen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Unter Berücksichtigung von gesetzlichem Regelsatz (bis Juli 2009 Euro 351 und ab Juli 2009 Euro 359), den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich Euro 339,70 sowie den Zuschüssen nach § 26 SGB II zu den Beiträgen zu Kranken- und Pflegeversicherung ergebe sich für April bis Juli 2009 ein monatlicher Gesamtbedarf von Euro 1012,74 und für die Zeit von Juli bis September 2009 ein solcher von Euro 1009,40. Diesem Bedarf habe Einkommen in Form von Gewinnen aus der selbständigen Tätigkeit aus der Saftbar und als Kurierfahrer gegenüber gestanden. Bei der Ermittlung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit seien sowohl die Gewinne des Klägers aus der Kuriertätigkeit als auch die Verluste aus der Saftbar zu berücksichtigen. Es handele sich hierbei nach Auffassung der Kammer um ein einheitliches Einkommen aus Gewerbebetrieb. Ausgehend von dem von dem Kläger zur Verfügung gestellten Zahlenmaterial ergebe sich im maßgeblichen Bewilligungsabschnitt ein monatlich zu berücksichtigendes Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer und mit der Saftbar in Höhe von Euro 667,50 monatlich. Somit verbleibe für den Zeitraum April bis Juni 2009 noch ein monatlicher Restanspruch in Höhe von 289,90 und für den Zeitraum von Juli bis September 2009 ein solcher von monatlich Euro 297,90.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Berufung (Eingang: 28.05.2014) vertritt der Beklagte die Auffassung, dass ein horizontaler Verlustausgleich bei Einkommen aus zwei Gewerbebetrieben nicht vorzunehmen sei. Auch seien für den Kläger problemfrei die Einnahmen aus seinen verschiedenen Gewerbebetrieben voneinander abzugrenzen. Dies insbesondere auch deswegen, da es sich bei den Einnahmen aus der Saftbar um Verkaufserlöse und bei den Einnahmen aus der Tätigkeit als Kurierfahrer um Entgelte für erbrachte Dienstleistungen handele. Bestätigt werde seine Auffassung durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.02.2016 in der Sache B 4 AS 17/15 R. Danach könne grundsätzlich keine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren Gewerbebetrieben erfolgen. Auch habe der Kläger nicht aufgrund eines Verhaltens des Beklagten darauf bauen können, der Beklagte werde seine beiden Gewerbebetriebe als einheitlichen Gewerbebetrieb ansehen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.04.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, es könnten nur die ihm zur Verfügung stehenden Mittel berücksichtigt werden. Würden seine Einnahmen aus Gewerbebetrieb durch Verluste aus seinem anderen Gewerbebetrieb für ihn gemindert, würden auch diese Mittel schrumpfen. Das Urteil des BSG vom 17.02.2016 sei falsch. Die Fortführung seiner unwirtschaftlichen Tätigkeit mit der Saftbar habe er erst zum 30.11.2009 beenden können. Auch müssten aufgrund der einheitlichen Gewerbe-Anmeldung die beiden Tätigkeiten als eine einheitliche gesehen werden. Im Übrigen sei er von dem Beklagten noch am 15.04.2009 mittels Eingliederungsvereinbarung dazu verpflichtet worden, seine selbständige Tätigkeit weiter auszubauen, um höhere Einnahmen zu erzielen.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichts- sowie Leistungsakten des Beklagten für den Kläger.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht den Beklagten verurteilt, dem Kläger im streitigen Bewilligungsabschnitt weitere SGB II-Leistungen zu gewähren.

Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf die im Urteil des SG tenorierten weiteren Leistungen. Der Kläger hat im Bewilligungsabschnitt bereits alles erhalten, was ihm zusteht. Dabei geht der Senat davon aus, dass er damals Anspruch auf die monatliche Regelleistung von Euro 351,00 (ab Juli 2009 Euro 359,00) zuzüglich der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich Euro 339,70 und somit auf einen Gesamtbedarf von monatlich Euro 690,70 (ab Juli 2009 Euro 698,70) gehabt hat. Die zu berücksichtigenden Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers im streitigen Zeitraum hat der Beklagte im Rahmen des gesetzlichen Umfangs durch die Zahlung monatlicher Zuschüsse im Zeitraum von April bis Juni 2009 in Höhe von Euro 269,99 und im Zeitraum Juli bis September 2009 in Höhe von Euro 258,62 getragen. Dem gegenüber hat der Kläger aus seiner selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer im streitigen Zeitraum anzurechnende monatliche Einnahmen von Euro 743,90 erzielt. Dabei geht der Senat ebenso wie der Beklagten von den von dem Kläger am 26.11.2009 in dem Vordruck "abschl. EKS" gemachten Angaben aus, im hiesigen Bewilligungsabschnitt von April bis September 2009 insgesamt Einnahmen von Euro 7.563,00 erzielt zu haben, denen Ausgaben von Euro 1.537,00 gegenüber gestanden hätten. Diese Angaben legt auch der Senat zugrunde, obwohl es an zum Nachweis der betriebsbezogenen Veranlassung der Ausgaben geeigneten Unterlagen des Klägers fehlt. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung zur Unzulässigkeit des horizontalen Verlustausgleichs im vorliegenden Falle, brauchte der Senat sich auch nicht zur Aufforderung der Beibringung geeigneter Unterlagen durch den Kläger gedrängt fühlen. Zur Berechnung des Anrechnungsbetrags aus dem Einkommen der Tätigkeit als Kurierfahrer unter Berücksichtigung der für den hiesigen Zeitraum maßgeblichen Regelungen des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) sowie der Arbeitslosengeld II - Verordnung (Alg II-V) verweist der Senat ebenso wie zur Berechnung des Gesamtbedarfs im Übrigen auf die Gründe des Widerspruchsbescheids vom 02.02.2010, denen er sich anschließt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Entgegen der Auffassung auch des SG findet ein horizontaler Verlustausgleich zwischen den beiden selbständigen Erwerbstätigkeiten des Klägers auch im streitigen Bewilligungsabschnitt nicht statt. Maßgeblich für die getrennte Bewertung der wirtschaftlichen Ergebnisse der beiden Tätigkeiten ist deren nachhaltige Trennbarkeit. Dass das SG seine Rechtsauffassung auf die einende Klammer der Einkommenserzielung stützt, ist unbeachtlich. Darauf kommt es nicht an. Streitentscheidend ist, dass die jeweilige Tätigkeit betriebswirtschaftlich unter gänzlich anderen Gesichtspunkten betrieben wird. Die Tätigkeit als Kurierfahrer erfolgt für konkret abgrenzbare Aufträge und ist entsprechend der erbrachten Kuriertätigkeit abrechenbar. Die Tätigkeit in der Saftbar besteht im Bereitstellen von Möglichkeiten ohne diesen konkret zugeordneten Nachfragehandlungen und ist dabei von schwer kalkulierbaren Risiken abhängig.

Der Senat folgt dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.02.2016 (B 4 AS 17/15 R).

Der Senat ist an einer abschließenden Entscheidung unter Berücksichtigung der Grundsätze des Urteils des BSG, dass kein horizontaler Verlustausgleich bei Einkommen aus zwei Gewerbebetrieben stattfindet, nicht gehindert. Anders als im Ausgangsfall der Entscheidung des BSG sind im hiesigen Streitfall auch in Bezug auf den streitigen Bewilligungsabschnitt vom 01.04. bis zum 30.09.2009 Feststellungen zu den Betriebseinnahmen, gesondert nach den beiden Gewerbebetrieben des Klägers, getroffen worden. Somit ist gegenüber den Gewinnen in der selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer von Verlusten des Klägers beim Betrieb der Saftbar auszugehen. Nach den maßgeblichen rechtlichen Wertungen des BSG, denen sich der Senat anschließt, erfolgt im SGB II keine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren Gewerbebetrieben. Nach § 3 Alg II-V ist nur der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben, die der Einkommensberechnung zugrunde zu legen sind, innerhalb eines gegenüber dem Monatsprinzip längeren Zeitraums, regelmäßig dem Bewilligungszeitraum, nicht aber der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben mehrerer Tätigkeiten, d.h. nicht der Ausgleich innerhalb einer Einkommensart im Sinne eines horizontalen Verlustausgleichs möglich. Dies folgt nach dem BSG aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und dem systematischen Zusammenhang in dem § 3 Alg II-V im Verbund mit dem Sinn und Zweck der Regelungen der § 5 Alg II-V (Begrenzung abzugsfähiger Ausgaben) und § 11 SGB II (zu berücksichtigendes Einkommen). Danach erfolgt die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Fortwirtschaft eigenen, die Binnensystematik des Grundsicherungsrechts beachtenden Regelungen. Es ist ausdrücklich keine Orientierung am Einkommenssteuergesetz, das den horizontalen Verlustausgleich kennt, vorgenommen worden. Alle Betriebseinnahmen aus selbständiger Tätigkeit im Sinne von § 3 Alg II-V meint alle Einnahmen im Bewilligungszeitraum und nicht eine Gesamtheit selbständiger Tätigkeiten und daraus insgesamt erzielte Einnahmen. Diese betriebsbezogene Betrachtung steht einem horizontalen Verlustausgleich entgegen. Der Verordnungsgeber hat dem Umstand Rechnung getragen, dass die Einnahmen bei vielen selbständigen und freiberuflichen Tätigkeiten in verschiedenen Monaten in unterschiedlicher Höhe zufließen und mit den im Vergleich zum Monatsprinzip längeren Zeiträumen den Betroffenen die Möglichkeit gegeben, Einnahmen und Ausgaben für die Tätigkeit innerhalb des Bewilligungszeitraums miteinander auszugleichen, ohne zugleich einen horizontalen Verlustausgleich zu bezwecken. Auch aus systematischen Gründen scheidet ein horizontaler Verlustausgleich aus. Ein in § 3 Alg II-V verordneter horizontaler Verlustausgleich wäre auf die Einkommensarten aus selbständiger Tätigkeit beschränkt, ohne dass sich eine derartige Privilegierung dieser Einkommensart gegenüber dem Einkommen aus abhängiger Beschäftigung erschließen lässt.

Die Überlegungen des Klägers zum Inhalt seiner Gewerbe-Anmeldungen sind ebenso unbeachtlich wie der Umstand, dass der Beklagte ihn im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen gefördert hat. Auch aus diesen Aspekten verlangt gemäß der Entscheidung des BSG vom 17.02.2016 höherrangiges Recht keine Zulassung des horizontalen Verlustausgleichs. Zum einen hat es dem Kläger freigestanden, den verlustreichen Betrieb zu beenden. Zum anderen hat er keinen Anspruch darauf, im Wege des Verlustausgleichs einkommensabhängige Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen und damit das Risiko seiner individuellen Gestaltung seiner Erwerbsverhältnisse auf die öffentliche Hand abzuwälzen. Eine etwaige Erwägungen zum Vertrauensschutz zulassende Rückabwicklungssituation liegt nicht vor. In der hiesigen Antrags- und Bewilligungssituation ist die Berücksichtigung von Vertrauen ohne Bedeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 192 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat nach dem Urteil des BSG vom 17.02.2016 keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Vorliegend geht es nur um die Bewertung von Tatsachen im Einzelfall.
Rechtskraft
Aus
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