L 15 SO 104/17 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 146 SO 263/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 SO 104/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Unionsbürger*innen, die
• zugleich Staatsangehörige eines Signatarstaats des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) und
• wegen der Art ihres materiellen Freizügigkeitsrechts oder des Fehlens eines materiellen Freizügigkeitsrechts von Leistungen zur Sicherung des laufenden Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchen-de und der Sozialhilfe ausgeschlossen (§§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII i.d.F. ab 29.12.2016)
sind, können aufgrund der Inländergleichstellung des EFA einen Anordnungsanspruch auf einstweilige Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt aus der Sozialhilfe haben.
Dies gilt jedenfalls solange, wie es nicht zu einer vollziehbaren Verlustfeststellung des Freizügigkeitsrechts durch die zuständige Ausländerbehörde gekommen ist.

2. Die endgültige Meinungsbildung eines Gerichts zu nicht einfach zu beantwortenden Rechtsfragen bleibt grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

3. Zur Gewährung von Sozialhilfe zur Überwindung einer besonderer Härte (§ 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII i.d.F. ab 29. Dezember 2016) bei schulpflichtigen Minderjährigen.
Bemerkung
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2017 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin zu 1) für den Monat März 2017 einen Betrag von 59,25 EUR und für den Monat April 2017 von 207,71 EUR und den Antragstellern zu 2) und 3) für den Monat März 2017 jeweils einen Betrag von 59,24 EUR und für den Monat April 2017 von 207,70 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Den Antragstellern wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt M K, B, beigeordnet. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt M K, B, beigeordnet. Im Übrigen ist Prozesskostenhilfe nicht zu gewähren.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Staatsbürger des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Sie halten sich seit Juli 2015 in Deutschland auf. Die 1964 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der beiden 2002 geborenen Antragsteller zu 2) und 3). Die Antragstellerin zu 1) ist in Deutschland bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und erhält für die Antragsteller zu 2) und 3) seit Juli 2015 Kindergeld in gesetzlicher Höhe (Bescheid der Familienkasse Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit vom 7. Oktober 2015). Die Antragsteller zu 2) und 3) besuchen eine allgemeinbildende Schule. Sie bewohnen eine Wohnung, für die eine Monatsmiete von 623,11 EUR einschließlich Betriebskosten-Vorauszahlungen anfällt.

Vater der Antragsteller zu 2) und 3) ist der 1964 geborene H S A M G, der ebenfalls britischer Staatsangehöriger ist. Die Antragstellerin und der Kindesvater waren verheiratet. Der Kindesvater hat erneut geheiratet und verfügt seit dem 21. Mai 2015 über eine von der Stadt H befristet bis zum 20. Mai 2018 erteilte Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG; Familiennachzug als Ehegatte einer Deutschen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet). Seine derzeitige Wohnanschrift ist H Straße B.

Das beigeladene Jobcenter hatte durch Bescheid vom 13. Juni 2016 den Antrag der Antragsteller auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) vom 26. Mai 2016 abgelehnt. Ansprüche bestünden nicht, weil die Antragstellerin zu 1) ein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitsuche besitze. Gegen diesen Bescheid ist nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin anhängig (Az. S 121 AS 14067/16).

Den im Juni 2016 bei ihm gestellten Antrag auf Gewährung von Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch/Zwölftes Buch (SGB XII) lehnte der Antragsgegner ebenfalls ab (Bescheid vom 17. August 2016, Widerspruch ist eingelegt).

In zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erwirkten die Antragsteller eine Verpflichtung des Antragsgegners auf vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Zeitraum 21. Juli bis 30. September 2016: Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2016 – S 195 SO 1086/16 ER –, Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen durch Beschluss des Senats vom 21. September 2016 – L 15 SO 244/16 B ER –; für den anschließenden Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2016 war das in diesem zweiten Verfahren beigeladene Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg verpflichtet worden, Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2016 – S 95 SO 1454/16 ER –, auf die Beschwerde des Jobcenters hin wurde statt seiner der Antragsgegner verpflichtet, Beschluss des Senats vom 28. November 2016 – L 15 SO 285/16 B ER –). Der Aufenthaltsort des Kindesvaters war in beiden Verfahren unbekannt geblieben.

Am 21. Februar 2017 haben die Antragsteller erneut die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Hilfen zum Lebensunterhalt im Wege des Eilrechtsschutzes für den Zeitraum bis 30. April 2017 beantragt. Sie blieben in erster Instanz erfolglos (Beschluss des Sozialgerichts vom 31. März 2017). Mit ihrer Beschwerde verfolgen sie ihr Anliegen weiter.

Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin – Ausländerbehörde – hat mit Schreiben vom 22. Mai 2017 der Antragstellerin zu 1) auch als gesetzliche Vertreterin der Antragsteller zu 2) und 3) ihre Absicht bekanntgegeben, die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts in der Bundesrepublik Deutschland zu treffen.

Das durch Beschluss des Senats vom 22. Mai 2017 beigeladene Jobcenter Berlin Tempelhof-Schöneberg vertritt die Auffassung, dass weder die Antragstellerin zu 1) noch die Antragsteller zu 2) und 3) erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dem SGB II seien. Alle unterfielen dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II.

II.

Die Beschwerde ist in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang begründet. Die Antragsteller hatten erstinstanzlich Leistungen ausdrücklich nur für den Zeitraum 21. Februar bis 30. April 2017 geltend gemacht und nur hierüber hatte das Sozialgericht folgerichtig entschieden. Dementsprechend konnte der Senat auch nur diesen Antrag seiner Entscheidung statthaft zugrunde liegen (s. § 29 Sozialgerichtsgesetz [SGG] und hierzu BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 5 RE 23/14 R –, SozR 4-2600 § 2 Nr. 20 Rn 12).

Die Antragsteller machen Leistungen geltend, die ihnen bislang versagt worden sind. In diesem Fall setzt eine gerichtliche einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners (oder des Beigeladenen) zur Leistung im Regelfall voraus, dass bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch nach materiellem Recht (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V. mit §§ 920 Abs. 2, 916 Zivilprozessordnung [ZPO]; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit feststellbar sind (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V. mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund).

Ein Anordnungsanspruch besteht nach dem Stand der Akten gegenüber dem Antragsgegner. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsteller als erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II oder als sonstige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 SGB II zum Personenkreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II gehören.

Die Antragsteller unterfallen Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der seit 29. Dezember 2016 geltenden Fassung des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3155, im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Die Antragstellerin zu 1) ist in der Bundesrepublik Deutschland bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen und kann von daher ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht allenfalls zum Zweck der Arbeitsuche geltend machen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b) SGB II i.V. mit § 2 Abs. 2 Nr. 1a Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern [FreizügG/EU]). Ob die Antragsteller zu 2) und 3), welche das 15. Lebensjahr vollendet haben und von daher selbst erwerbsfähige Leistungsberechtigte sein können, bereits aufgrund ihres Status’ als Familienangehörige (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU) von dem die Antragstellerin zu 1) betreffenden Leistungsausschluss betroffen sind, kann dahingestellt bleiben. Sie können ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht ihrerseits jedenfalls nur aus einer Berechtigung zum Besuch des "allgemeinen Unterrichts" (der allgemeinbildenden Schule) herleiten, was zum Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c) SGB II führt. Weil sie jedenfalls von daher selbst aus dem Kreis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ausgeschlossen sind, kann die Antragstellerin zu 1) wiederum unabhängig davon nicht Mitglied einer durch ihre Kinder begründeten Bedarfsgemeinschaft sein (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II), ob diese Bedarfsgemeinschaft nur in Betracht kommt, wenn die Eltern im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V. mit § 8 SGB II nicht erwerbsfähig sind (und deshalb nur nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt sein können).

Ob die Antragsteller nach den über § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU ("Das Aufenthaltsgesetz findet auch dann Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als dieses Gesetz") oder – bei Feststellung des Nichtbestehens bzw. des Verlusts des Aufenthaltsrechts – über § 11 Abs. 2 FreizügigG/EU anwendbaren allgemeinen Vorschriften des AufenthG einen Aufenthaltstitel erlangen können – die Antragsteller zu 2) und 3) eventuell vermittelt über den ihrem Vater erteilten Aufenthaltstitel, die Antragstellerin zu 1) eventuell wiederum vermittelt über einen Aufenthaltstitel der Antragsteller zu 2) und 3) – kann ebenfalls dahingestellt bleiben. Seitens der Antragsteller ist nicht vorgetragen worden, dass ein entsprechender Aufenthaltstitel überhaupt beantragt worden ist.

Der Anordnungsanspruch ergibt sich dagegen aus den Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.

Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II führt dazu, dass bereits dem Grunde nach keine Leistungsberechtigung nach dem SGB II besteht. Der Zugang der Antragsteller zu laufenden Leistungen des SGB XII zur Sicherung des Lebensunterhalts ist deshalb nicht gemäß §§ 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II, 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen (grundlegend BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R –, SozR 4-4200 § 7 Nr. 43; bestätigend etwa BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 – B 14 AS 35/15 R –, SozR 4-4200 § 7 Nr. 47).

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach "diesem Buch" (dem SGB XII) zu leisten.

Die Antragsteller sind mit der für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausreichenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit aber auch nicht nach § 23 Abs. 3 SGB XII in der seit 29. Dezember 2016 geltenden Fassung (des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016, BGBl. I S. 3155, im Folgenden ohne Zusatz zitiert) ausgeschlossen.

Nach dessen Satz 1 erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen keine Leistungen nach Abs. 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn (1.) sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, (2.) sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, (3.) sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nr. 2 aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten oder (4.) sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen.

Die Antragsteller erfüllen die spiegelbildlich zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II geregelten Ausschlusstatbestände nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und und 3 SGB II und hätten von daher zwar jedenfalls, aber auch nur, Anspruch auf die Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 (i.V. mit Satz 5) SGB XII und - auf Antrag - ergänzend Übernahme der Rückreisekosten (§ 23 Abs. 3a SGB XII).

Der Senat kann dahingestellt bleiben lassen, ob dieser Leistungsausschluss (verfassungs-)rechtlichen Bedenken unterliegt, zumal er ohne Übergangsregelung auch für diejenigen eingeführt worden ist, die im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage bis 28. Dezember 2016 (s. die Urteile vom 3. Dezember 2015 und 20. Januar 2016 a.a.O.) bereits den Status eines verfestigten Aufenthalts erlangt hatten. Er sieht sich jedoch zu dem Hinweis veranlasst, dass aus seiner Sicht solche Bedenken nicht als "offensichtlich" unbeachtlich betrachtet werden können. Ungeachtet der teils fundamentalen Kritik an seiner Rechtsprechung konnte sich das BSG mit guten Gründen auf die des Bundesverfassungsgerichts zum Umfang des grundgesetzlich garantierten Existenzminimums stützen (Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 u.a. -, BVerfGE 132, 134ff betreffend Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz). Die Begründung des Gesetzgebers zur Neuregelung ab 29. Dezember 2016 erscheint jedoch anfechtbar (Bundestags-Drucksache 18/10211, 14: "Während Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz [AsylbLG] oftmals nicht ohne möglicherweise drohende Gefahren (etwa durch Verfolgung) in ihr Heimatland zurückkehren können, ist dies Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern gefahrlos möglich und zumutbar. Die betroffenen Personen können in ihren Heimatstaaten ohne Gefahr für Leib und Leben wohnen und existenzsichernde Unterstützungsleistungen erlangen, "da in der EU soziale Mindeststandards bestehen, auf die sich die Mitgliedstaaten geeinigt haben. Nach Artikel 13 der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, sicherzustellen, dass jedem, der nicht über ausreichende Mittel verfügt und sich diese auch nicht selbst oder von anderen verschaffen kann, ausreichende Unterstützung im Heimatland gewährt wird"). Denn ein vertraglich vorgesehener Zustand wird ohne Beleg mit einem tatsächlich in allen Mitgliedsstaaten bestehenden Zustand gleichgesetzt. Rechtlich problematisch kann auch erscheinen, ob auf dem Weg über das Sozialleistungsrecht Vollzugsdefizite der Ausländerbehörden (s. den Hinweis hierauf im Urteil des BSG vom 3. Dezember 2015 a.a.O. Rn 56) ausgeglichen werden dürfen: Der Gesetzgeber stellt selbst nicht in Frage, dass EU-Bürger möglicherweise selbst dann leistungsrechtlich schlechter stehen als Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG, wenn sie im Gegensatz zu diesen nicht vollziehbar ausreisepflichtig sind (s. in diesem Zusammenhang zuletzt BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 13/16 -).

Hinreichend wahrscheinlich ist ein Anspruch der Antragsteller auf Hilfe zum Lebensunterhalt aufgrund der Inländergleichstellung des Art. 1 Euröpäisches Fürsorgeabkommen (EFA; s. hierzu bereits den Beschluss des Senats vom 14. März 2017 – L 15 SO 321/16 B ER –). Danach verpflichtet sich jeder der Vertragschließenden des EFA, den Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge ("Fürsorge") zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind. Als "Fürsorge" ist dabei gemäß Art. 2 EFA jede Fürsorge bezeichnet, die jeder der Vertragschließenden nach den in dem jeweiligen Teil seines Gebietes geltenden Rechtsvorschriften gewährt und wonach Personen ohne ausreichende Mittel die Mittel für ihren Lebensbedarf sowie die Betreuung erhalten, die ihre Lage erfordert. Ausgenommen sind beitragsfreie Renten und Leistungen zugunsten der Kriegsopfer und der Besatzungsgeschädigten. Die Antragsteller besitzen die Staatsbürgerschaft eines Signatarstaates des EFA.

Das EFA ist unmittelbar geltendes Bundesrecht (ausführlich BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 -, SozR 4-4200 § 7 Nr. 21). Ein Anwendungsvorbehalt bezüglich des SGB XII ist - mit Ausnahme der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (Achtes Kapitel des SGB XII) - seitens der Bundesrepublik Deutschland nicht erklärt worden (s. auch BSG, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R -, Rn 29). Der Zugang zu Leistungen des SGB XII für Staatsangehörige von EFA-Signatarstaaten ist somit unter den Voraussetzungen des EFA ohne die für Ausländer geltenden Ausschlusstatbestände des § 23 Abs. 3 SGB XII gegeben (BSG wie eben). Dies gilt auch für die ab 29. Dezember 2016 geltende Fassung. Anderenfalls müsste angenommen werden, der deutsche Gesetzgeber habe für die Zeit ab 29. Dezember 2016 einen weiteren Vorbehalt für Leistungen nach dem EFA setzen wollen, ohne das dafür vorgesehene Verfahren (Art. 16 Buchst. b EFA; ausführlich dazu BSG a.a.O. SozR 4-4200 § 7 Nr. 46) einhalten zu wollen. Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt.

Jedenfalls nach den für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltenden Maßstäben ist davon auszugehen, dass sich die Antragsteller im Sinne des EFA erlaubt im Inland aufhalten. Nach Art. 11 Abs. a Satz 1 EFA gilt der Aufenthalt eines Ausländers im Gebiet eines der Vertragschließenden solange als erlaubt im Sinne des Abkommens, als der Beteiligte im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder einer anderen in den Rechtsvorschriften des betreffenden Staates vorgesehenen Erlaubnis ist, auf Grund welcher ihm der Aufenthalt in diesem Gebiet gestattet ist. Dementsprechend ist jede im Gebiet des Aufenthaltsstaats geltende Vorschrift des Aufenthaltsrechts geeignet, einen "erlaubten" Aufenthalt im Sinne des EFA zu begründen, mithin auch die des FreizügG/EU.

Zu der Frage, wann ein "erlaubter Aufenthalt" anzunehmen ist, haben die für Angelegenheiten des SGB II zuständigen Senate des BSG unter der Geltung des § 5 FreizügG/EU in der Fassung bis 28. Januar 2013 die Auffassung vertreten, dass der Aufenthalt im Inland solange als rechtmäßig gilt, wenn die in dieser Vorschrift vorgesehene "Freizügigkeitsbescheinigung" ausgestellt war, der Verlust des Aufenthaltsrechts nicht durch die zuständige Ausländerbehörde festgestellt und die Freizügigkeitsbescheinigung eingezogen worden ist. Dies entspreche der "Konzeption des Freizügigkeitsrechts" (s. BSG a.a.O. SozR 4-4200 § 7 Nr. 21, Rn 14).

Nach der Änderung des FreizügG/EU zum 29. Januar 2013, die unter anderem die ersatzlose Abschaffung der "Freizügigkeitsbescheinigung" mit sich brachte, hat das BSG in Entscheidungen, die weder in der Amtlichen Entscheidungssammlung noch in der Entscheidungssammlung "SozR" veröffentlicht worden sind und auch in Fachperiodika nur geringe Aufnahme gefunden haben, Ausführungen dazu gemacht, dass eine Freizügigkeitsbescheinigung nur zeitlich begrenzt Auskunft über die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts geben könne (Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 59/13 R - Rn 21ff) bzw. nunmehr auf die materielle Freizügigkeitsberechtigung abzustellen sei (die von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu prüfen sei, BSG wie eben und daran anschließend Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 15/15 R -). Im - ebenfalls nicht in den genannten Entscheidungssammlungen veröffentlichten - Urteil vom 17. März 2016 (B 4 AS 32/15 R -, Rn 22) ist dann unter Verweisung auf das Urteil vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 59/13 R - ausgeführt worden, dass "jedenfalls" das vom LSG in der Vorinstanz festgestellte Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche ausreiche, um von einem erlaubten Aufenthalt im Sinne des EFA auszugehen.

Zwar spricht vieles dafür, dass sich die Rechtsprechung des BSG aus dem Jahr 2010 jedenfalls deshalb nicht mehr aufrecht erhalten lässt, weil sie wesentlich darauf abgestellt hat, dass die Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU in der Fassung bis 28. Januar 2013 als Nachweis des erlaubten Aufenthalts gilt und insoweit an die Stelle der in der Anlage III zum EFA noch ausdrücklich genannten, infolge der Neuregelung des Aufenthaltsrechts für EU-Bürger aber obsolet gewordenen "Aufenthaltserlaubnis für Angehörige eines Mitgliedstaats der EWG" getreten ist (BSG a.a.O. SozR 4-4200 § 7 Nr. 21, Rn 36ff). Die Begründung für seine spätere - aber nicht als veröffentlichungswürdig angesehene - Rechtsprechung erscheint jedoch nicht zwingend (s. im Besonderen das Urteil des BSG vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 59/13 R - Rn 22 bis 25, wiedergegeben im Beschluss des Senats vom 14. März 2017 a.a.O.).

Die dargestellte Rechtsprechung des BSG wirft jedenfalls nach der seit 29. Dezember 2016 geltenden Rechtslage die Frage auf, ob bei der Beurteilung der "Erlaubtheit" des Aufenthalts im Sinne des Art. 1 EFA nicht die weitere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu beachten ist, ausweislich der bei Unionsbürgern eine Vermutung für ein Freizügigkeitsrecht spricht, welche (erst dann) nicht greift, wenn gegen die Betroffenen eine bestandskräftige und weiterhin wirksame Ausweisungsverfügung ergangen ist, die mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot verknüpft ist (s. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 13.16 -, Rn 20, zuvor etwa Urteile vom 16. Juli 2015 - 1 C 22/14 -, Rn 12, Buchholz 402.261 § 4a FreizügG/EU Nr. 4 und vom 11. Januar 2011 - 1 C 23/09 -, Rn 12, BVerwGE 138, 353 [358]). Welche Anforderungen für die "Erlaubtheit" eines Aufenthalts im Sinne des EFA zu stellen sind, steht nach den Gesetzesänderungen zum 29. Dezember 2016 umso mehr in Frage, als der Gesetzgeber - trotz zu unterstellender Kenntnis der Entscheidungen des BSG zum EFA ebenso wenig eine Anpassung der Anlage III zum EFA - an die mittlerweile seit Jahren geltende geänderte Rechtslage im FreizügG/EU vorgenommen wie in den Gesetzesmaterialien (BT-Dr. 18/10211 und 10518) Ausführungen zum Verhältnis zwischen Ansprüchen aufgrund des Art. 1 EFA und etwaigen aufgrund der Neufassung des § 23 Abs. 2 SGB XII gemacht hat.

Stellen sich demnach nicht einfach zu beantwortende Rechtsfragen, so ist zu berücksichtigen, dass von Verfassungs wegen dann besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens zu stellen sind, wenn ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (aus jüngster Zeit: Beschluss vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 - Rn 20) ist grundsätzlich bei der Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eine summarische Prüfung verfassungsrechtlich unbedenklich; die notwendige Prüfungsintensität steigt jedoch mit der drohenden Rechtsverletzung, die bis dahin reichen kann, dass die Gerichte unter besonderen Umständen - wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen - dazu verpflichtet sein können, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Droht einem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist - erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Denn in diesen Fällen kann das Fachgericht nur im einstweiligen Rechtsschutz eine endgültige Grundrechtsverletzung verhindern. Ausschließlich auf eine Folgenabwägung kommt es nur an, soweit eine derartige Rechtmäßigkeitsprüfung nicht möglich ist.

Der Senat entnimmt dem (weiterhin) nicht, dass einem Instanzgericht damit auferlegt wird, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bei besonders hoher Grundrechtsbetroffenheit quasi die Stellung eines Revisionsgerichts, wenn nicht gar - bei rechtswegübergreifenden Rechtsfragen - des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes einzunehmen. Ergibt die (intensive) Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass - wie hier - Rechtsfragen mit größerer Tragweite entscheidungserheblich sein können, zu der keine Rechtsprechung des obersten Fachgerichts der zuständigen Gerichtsbarkeit vorliegt oder bei der nicht ohne Weiteres erwartet werden kann, dass der für ein Revisionsverfahren zuständige Fachsenat in einem bestimmten Sinn entscheiden wird, soll vielmehr eine endgültige rechtliche Festlegung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, um Entscheidungen in der als gesetzlicher Regelfall vorgesehenen vollständigen Senatsbesetzung mit ehrenamtlichen Richtern und die Ausschöpfung des Rechtswegs der Fachgerichtsbarkeit zu ermöglichen.

Im Rahmen des Eilverfahrens ist unter diesen Umständen zur Verwirklichung effektiven Rechtsschutzes zu beachten, dass für die Antragsteller die Wahrscheinlichkeit, in einem Hauptsacheverfahren zu obsiegen, als nicht geringer einzuschätzen ist wie die, zu unterliegen. Damit würde ihnen in dem eben beschriebenen Sinn bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in ihren Grundrechten drohen, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte. Denn sollte es ihnen nicht gelingen, ihren Lebensunterhalt vorrangig durch Erwerbstätigkeit der Antragstellerin zu 1) oder durch die Unterstützung von Personen, die ihnen rechtlich nicht zu Unterstützungsleistungen verpflichtet sind, zu bestreiten, so wäre ihr Existenzminimum im Zeitpunkt der notwendigen Bedarfsbefriedigung nicht, jedenfalls nicht durchgehend bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, gesichert. Auf die (vorläufige) Rückkehr in ihr Heimatland können die Antragsteller nicht verwiesen werden. Solange die zuständige Ausländerbehörde keine "Verlustfeststellung" bestandskräftig getroffen hat, gilt - wie ausgeführt - zu ihren Gunsten die Vermutung eines bestehenden Freizügigkeitsrechts.

Dementsprechend kommt es im vorliegenden Fall nicht zwingend darauf an, ob sich ein Anordnungsanspruch auch aus § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII ergeben könnte. Nach dieser Vorschrift werden Leistungsberechtigten, die nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII von den in § 23 Abs. 1 SGB XII vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen sind und deshalb nur nach Maßgabe des § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII Anspruch auf Überbrückungsleistungen bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat haben, zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt, soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Nur vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass jedenfalls für den Antragsteller zu 3) ein besonderer Härtefall im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII vorliegen könnte. Für die Antragsteller zu 1) und 2) könnte daraus unabhängig von Gründen, die in ihrer eigenen Person liegen könnten, unter Berücksichtigung der "Familien- und Elterngrundrechte" des Art. 6 Grundgesetz ebenfalls ein besonderer Härtefall folgen: Wäre der Antragsteller zu 3) leistungsberechtigt, seine Mutter und sein Bruder aber nicht, könnte dies die Auflösung des derzeit bestehenden Familienverbandes zur naheliegenden Folge haben. Dies ist von Verfassungs wegen nur in begründeten Fällen statthaft (s. in diesem Zusammenhang etwa BVerfG, Beschlüsse vom 19. November 2014 – 1 BvR 1178/14 –, NJW 2015, 223ff, und vom 5. Juni 2013 – 2 BvR 586/13 –, NVwZ 2013, 1207f.). Hier kann dem entgegenstehen, dass mittels des sozialhilferechtlichen Leistungsrechts die fachliche Prüfung durch die zuständige Ausländerbehörde ohne Not vorweggenommen würde. Ob die Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII in jedem Fall eine Ausreiseabsicht der Hilfebedürftigen voraussetzt (s. Bayerisches LSG, Beschluss vom 24. April 2017 – L 8 SO 77/17 B, ER –), erscheint fraglich. Zwar knüpft er an die Vorschrift über die Überbrückungsleistungen (§ 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII) an und soll ausdrücklich eine Regelung darstellen, "die lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände eingreift, um im Einzelfall für einen begrenzten Zeitraum unzumutbare Härten zu vermeiden, nicht um eine Regelung, mit der ein dauerhafter Leistungsbezug ermöglicht wird" (BT-Dr. 18/10211, 16f.). Es lässt sich aber nicht feststellen, dass der Gesetzgeber die Folge hinnehmen wollte, Unionsbürger gerade dann leistungslos zu lassen, wenn die Verweisung auf Überbrückungsleistungen sich auch für einen längeren Zeitraum als unzumutbare Härte darstellt, mithin die den Leistungsausschluss begründende "Rückkehroption" sich gerade nicht ohne Weiteres verwirklichen lässt. Betreffend den Antragsteller zu 3) – insoweit auch den Antragsteller zu 2) – kann als unzumutbare Härte zum Tragen kommen, dass sie ihrem Alter nach sowohl in ihrem derzeitigen Aufenthaltsland als auch in dem Land, dessen Staatsbürgerschaft sie besitzen, einer Schul- bzw. Bildungspflicht unterliegen (s. hierzu die Einträge "Schulpflicht" in der deutschsprachigen Wikipedia, de.wikipedia.org/wiki/Schulpflicht, in der englischsprachigen "compulsory education", en.wikipedia.org/wiki/Compulsory education, und "history of education in England", en.wikipedia.org/wiki/History of education in England). Auch wenn ein Freizügigkeitsrecht, das allein wegen des Besuchs einer allgemeinbildenden Schule besteht, gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB XII gerade zum Leistungsausschluss führt, kann im Rahmen der Härtefallprüfung zu erwägen sein, dass Länderwechsel, die mit einem Wechsel des Bildungssystems verbunden sind, in einem laufenden Schuljahr die Gefahr des Verlusts einer Klassenstufe bergen und deshalb zum Schutz der Jugendlichen, die ihren Aufenthaltsort regelmäßig nicht selbst bestimmen können, möglichst zu vermeiden sind. Hier kommt hinzu, dass der Antragsteller zu 3) sich im laufenden Schuljahr nach den vorgelegten Unterlagen mehrfach ärztlicher – auch stationärer, wohl jugendpsychiatrischer – Behandlung unterziehen musste. Dies wirft die Frage auf, inwiefern ein Wechsel von Ort oder Bezugspersonen mit gesundheitlichen Gefahren verbunden sein würde.

Der Umfang der Leistungspflicht steht in Verbindung zum Bestehen eines Anordnungsgrundes. Dieser ergibt sich zwar grundsätzlich aus dem existenzsichernden Charakter der geltend gemachten Leistungen. Eine Verpflichtung zu Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kommt aber – wenn sie nicht bereits durch das Sozialgericht ausgesprochen worden ist – trotzdem erst ab dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde in Betracht, weil es für die Zeit vorher regelmäßig an einem vorläufig noch zu befriedigenden Bedarf fehlt (s. dazu etwa die veröffentlichten Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg vom 13. April 2016 - L 23 SO 46/16 B ER und L 15 SO 53/16 B ER - und 8. Juni 2016 - L 15 SO 74/16 B ER -). Dies gilt wiederum regelmäßig und so auch im konkreten Fall nicht für die Kosten der Unterkunft, welche dem Vermieter vertraglich geschuldet werden und die im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht beglichen sind, außerdem die Abschlagsforderung des Gasversorgers im April 2017 in Höhe von 92,- EUR. Den laufenden Lebensunterhalt im Übrigen haben die Antragsteller augenscheinlich auf andere Weise bestritten, jedoch nicht vorgetragen, dass sie insoweit zeitgebundenen Rückzahlungspflichten unterliegen. Im Gegensatz zum Sozialgericht hat der Senat indessen keine Bedenken dagegen, dass die Antragsteller infolge unbekannter Einnahmequellen von vornherein nicht bedürftig sein könnten.

Im Einzelnen errechnet sich der Umfang der Leistungsverpflichtung angesichts dessen für den allein zu betrachtenden Zeitraum 21. Februar 2017 bis 30. April 2017 wie folgt: Der monatliche Bedarf der Antragstellerin zu 1) in der Zeit ab 1. Januar 2017 setzt sich grundsätzlich aus dem Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1, entsprechend 409,- EUR (§ 28 SGB XII und der Anlage hierzu), einem Mehrbedarf wegen Alleinerziehung (§ 30 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII), entsprechend 147,24 EUR sowie einem "Kopfteil" von einem Drittel an den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 35 Abs. 1 und 4 SGB XII) in der von drei Personen bewohnten Wohnung, entsprechend einem Betrag von 207,71 EUR (623,11: 3, die Rundungsdifferenz wird bei der Antragstellerin zu 1) aufgeschlagen, bei den Antragstellerin zu 2) und 3) entsprechend abgezogen) zusammen. Abzugsfähiges Einkommen oder Vermögen ist nicht ersichtlich, das Kindergeld für die Antragsteller zu 2) und 3) ist bei diesen zu berücksichtigen (§ 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII). Dies ergibt einen Monatsbetrag von 763,95 EUR.

Der monatliche Bedarf der Antragsteller zu 2) und 3) in der Zeit ab 1. Januar 2017 errechnet sich jeweils grundsätzlich aus dem Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 4, entsprechend 311,- EUR (§ 28 SGB XII und der Anlage hierzu) sowie einem "Kopfteil" von einem Drittel an den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (§ 35 Abs. 1 und 4 SGB XII), hier entsprechend einem Betrag von 207,70 EUR. Von der Summe (517,70 EUR) ist als Einkommen das Kindergeld (192,- EUR) abzuziehen, so dass sich für jeden dieser beiden Antragsteller ein Bedarf von 325,70 EUR ergibt. Der von Amts wegen zu erbringende Bedarf für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf (§ 34 Abs. 3 SGB XII) ist im Monat Februar 2017 – dem Beginn des zweiten Schulhalbjahres mit jeweils 30,- EUR einzustellen.

Mangels Anordnungsgrund ist für den Monat Februar 2017 keine Verpflichtung auszusprechen. Im Besonderen ist die Miete für diesen Monat noch vollständig beglichen worden, das Mietkonto wies vielmehr ein Guthaben von 145,68 EUR aus. Betreffend den Monat März minderte sich die Mietschuld auf diese Weise auf 477,73 EUR und durch die Zahlung der Antragstellerin zu 1) vom 5. April 2017 um weitere 300,- EUR auf 177,73 EUR. Daraus folgt für diesen Monat – wiederum bei Aufteilung der Cent-Bruchteile zugunsten der Antragstellerin zu 1) – für die Antragstellerin zu 1) ein Anspruch von 59,25 EUR, für die Antragsteller zu 2) und 3) von jeweils 59,24 EUR. Das Einkommen der Antragsteller zu 2) und 3) ist entsprechend der Regelung für das Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II) zunächst auf die Regelleistungen anzurechnen und deckt bereits diese nicht vollständig ab. Für den Monat April 2017 ist die Miete in vollem Umfang noch offen, was für die Antragstellerin zu 1) zu einem Anspruch in Höhe von 207,71 EUR, für die Antragsteller zu 2) und 3) in Höhe von jeweils 207,70 EUR führt.

In vollem Umfang Erfolg hat die Beschwerde bezüglich der Versagung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz. Die Voraussetzungen für deren Gewährung unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller lagen vor (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit §§ 114ff ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht hinsichtlich der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe auf § 127 Abs. 4 ZPO, im Übrigen auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass das teilweise Unterliegen in der Sache im Wesentlichen durch die Dauer des gerichtlichen Verfahrens bedingt war.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, soweit er sich auf das Rechtsmittel gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe – L 15 SO 105/17 B ER PKH – bezog. Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt selbst keine Prozessführung im Sinne des § 114 ZPO dar. Die Bewilligung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V. mit §§ 114ff ZPO.

Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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