L 21 AS 1459/17 B ER, L 21 AS 1460/17 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AS 2744/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 AS 1459/17 B ER, L 21 AS 1460/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1.
Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist. Steht eine ungeklärte unionsrechtliche Rechtsfrage im Raum, muss das Tatsachengericht diesen Umstand bei der Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der Situation der Antragssteller einbeziehen.
2.
Hinsichtlich des Leistungsausschlusses des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II werden in der Literatur und Rechtsprechung der sozialgerichtlichen Tatsachengerichte europarechtliche Bedenken erhoben. Diese rechtfertigen es nicht grundsätzlich, den gesetzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II einstweilen nicht anzuwenden. Eine Ausnahme ist dann angezeigt, wenn besondere Umstände (hier: grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen einer Schwangerschaft mit bevorstehender Entbindung) dies erfordern.
3.
Die europarechtlichen Bedenken gegen den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II rechtfertigen seine Nichtanwendung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren grundsätzlich nicht. Denn das leistungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (Koordinierungsverordnung) wird durch Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), begrenzt. Diese leistungsrechtliche Schrankenregelung greift auch dann, wenn das leistungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 bei einem Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (Freizügigkeitsverordnung) herangezogen werden soll.
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 24.07.2017 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 11.07.2017 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zum 31.12.2017, Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Den Antragsstellern wird für das sozialgerichtliche Eilverfahren sowie für das Beschwerdeverfahren L 21 AS 1459/17 B ER ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwaltskanzlei A und C aus L bewilligt. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für das sozialgerichtlichen Eilverfahren und das Beschwerdeverfahren L 21 AS 1459/17 B ER. Kosten des Beschwerdeverfahrens L 21 AS 1460/17 B sind nicht erstattungsfähig.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Sie reisten im September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die am 00.00.1983 und 00.00.1988 geborenen Antragsteller zu 1) und 2) sind die Eltern der am 00.00.2003, 00.00.2005 und 00.00.2011 geborenen Antragsteller zu 3) bis 5). Die Antragsteller zu 1) und 2) nehmen die elterliche Sorge gemeinsam wahr. Die Bedarfsgemeinschaft bewohnt eine ca. 50 m² große Wohnung zu einem Gesamtmietzins von 487 Euro.

Der Antragsteller zu 1) übte seit dem 28.04.2015 eine Teilzeitbeschäftigung bei der Firma H aus. Diese wurde arbeitgeberseitig zum 10.10.2015 wegen Rücken- und Sprachproblemen des Antragstellers zu 1) gekündigt. Ab dem 17.11.2016 arbeitete der Antragsteller zu 1) erneut für die Firma H. Diese Beschäftigung wurde mit Schreiben vom 02.01.2017 zum 10.01.2017 arbeitgeberseitig in der Probezeit gekündigt, nach Auskunft des Arbeitgebers vom 21.02.2017 wegen Sprachproblemen. Die Antragstellerin zu 2), die in Deutschland keiner Beschäftigung nachgeht oder nachgegangen ist, ist schwanger. Ausweislich des vorgelegten Mutterpasses ist der voraussichtliche Entbindungstermin der 12.10.2017. Der Antragsteller zu 3) besucht die Städtische Gemeinschaftshauptschule S-straße in L (Jahrgangsstufe 9). Der Schulbesuch endet voraussichtlich zum 31.07.2019 (Schulbescheinigung vom 29.08.2017). Der Antragsteller zu 4) besucht nach Abschluss der Grundschule seit August 2017 die Realschule H in L (5. Klasse). Der Schulbesuch endet voraussichtlich im Juli 2020 (Schulbescheinigung vom 29.08.2017). Die Antragstellerin zu 5) wurde im August 2017 in der Gemeinschaftsgrundschule im Süden in L eingeschult. Sie besucht diese Schule voraussichtlich bis Juli 2021 (Schulbescheinigung vom 29.08.2017).

Seit dem 01.06.2015 bezogen die Antragsteller vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II aufstockend zum seinerzeitigen Arbeitsentgelt des Antragstellers zu 1). Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 10.10.2015 hob der Antragsgegner zunächst die Leistungsbewilligung mit Ablauf von sechs Monaten auf, gewährte den Antragstellern zuletzt mit Bescheid vom 30.11.2016 dann aber unter Berücksichtigung der Schulpflicht der Antragsteller zu 3) und 4) weiterhin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) bis zum 30.04.2017. Aufgrund der erneuten Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu 1) zum 17.11.2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II mit Bescheid vom 30.05.2017 für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis (aufgrund der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses des Antragstellers zu 1) zum 10.01.2017) zum 09.07.2017.

Gegen den Bescheid vom 30.05.2017 legten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 09.06.2017 Widerspruch ein. Sie wandten sich gegen die bloß vorläufige Leistungsgewährung und begehrten Leistungen auch für die Zeit nach dem 09.07.2017. Sie verwiesen darauf, dass der Antragsteller zu 1) in der Vergangenheit gearbeitet habe. Die Antragsteller zu 3) und 4) befänden sich überdies in Schulausbildung. Ferner wiesen sie auf die Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) hin.

Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.06.2017 zurück. Der Antragsteller zu 1) sei seit dem 10.01.2017 arbeitslos. Sein fortgesetzter Arbeitnehmerstatus bestehe demgemäß nur bis zum 09.07.2017. Deshalb könnten die Antragsteller nur bis zu diesem Zeitpunkt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beanspruchen. Danach bestehe ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b und c SGB II.

Hiergegen richtet sich die beim Sozialgericht (SG) Köln seit dem 11.07.2017 anhängige Klage (S 4 AS 2745/17).

Zugleich haben die Antragsteller beim SG Köln einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Hierfür haben sie sich auf ein Aufenthaltsrecht aus dem Schulbesuch - seinerzeit nur - der Antragsteller zu 3) und 4) gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (Freizügigkeitsverordnung) berufen. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II sei nicht anwendbar, weil er europarechtswidrig sei. Das Aufenthaltsrecht aus Artikel 10 der Freizügigkeitsverordnung liefe ins Leere, wenn eine soziale Absicherung im jeweiligen Mitgliedsstaat nicht gegeben wäre. Sie haben auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Schleswig-Holstein vom 17.02.2017 (L 6 AS 11/17 B ER) hingewiesen, der ihre Auffassung stütze. Die Europarechtswidrigkeit des genannten Leistungsausschlusses sei zumindest überwiegend wahrscheinlich.

Die Antragsteller haben schriftsätzlich beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Ferner haben sie Prozesskostenhilfe (PKH) für das einstweilige Anordnungsverfahren beantragt.

Der Antragsgegner hat schriftsätzlich beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hat sich weiterhin auf den Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b und c SGB II berufen.

Mit Beschluss vom 24.07.2017 hat das SG Köln sowohl den einstweiligen Anordnungsantrag als auch den PKH-Antrag abgelehnt. Es sei den Antragstellern nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Denn sie seien vom Leistungsausschuss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II erfasst. Die Antragsteller hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 4 SGB II seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet, sondern erst seit September 2014. Ihr Aufenthaltsrecht ergebe sich hinsichtlich der Antragsteller zu 1) und 2) allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Die Antragsteller hätten kein Aufenthaltsrecht nach § 2 FreizügG/EU (im Folgendem: Freizügigkeitsgesetz) und hielten sich auch nicht als Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz hier auf. Es bestehe auch nach dem 09.07.2017 kein verlängertes Aufenthaltsrecht nach Beendigung der Erwerbstätigkeit zum 10.01.2017. Ebenso bestehe kein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz, da der Antragsteller zu 1) nicht mindestens ein Jahr erwerbstätig gewesen sei. Auch die Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) begründe kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz, weil deshalb eine Erwerbsminderung im Sinne des § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz nicht gegeben sei. Eine Schwangerschaft sei nämlich weder eine Krankheit noch ein Unfall (Verweis auf LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2017, L 20 AS 2483/16 B ER).

Schließlich ergebe sich auch nichts anderes aus dem behaupteten Schulbesuch der Antragsteller zu 3) und 4). Zwar könnten nach Artikel 10 der Freizügigkeitsverordnung die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen, wenn sie im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats wohnten. Dieses Aufenthaltsrecht aber vermittele nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II mehr. Außerdem sei ungeklärt, ob die Antragsteller zu 3) und 4) die Schule regelmäßig besuchten.

Eine vorläufige Leistungserbringung im Ermessenswege nach § 41 a Abs. 7 SGB II käme nicht in Betracht. Den Antragstellern könnten auch im Wege der Folgenabwägung keine Leistungen zugesprochen werden. Es bestünden nämlich keine belastbaren Anhaltspunkte für eine Europarechtswidrigkeit insbesondere des Leistungsausschusses bei Schulbesuch nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) könne ein Unionsbürger hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedsstaats nur verlangen, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie), erfülle. Die Geltung des Diskriminierungsverbotes sei an ein Aufenthaltsrecht nach der Freizügigkeitsrichtlinie geknüpft, während andere Aufenthaltsrechte für eine Gleichbehandlung bei Sozialhilfeleistungen nicht maßgebend seien. Deshalb habe der EuGH eine Gleichsetzung der auf der Freizügigkeitsverordnung basierenden abgeleiteten Aufenthaltsrechte mit den Aufenthaltsrechten nach Artikel 7 Abs. 3 c oder Artikel 14 Abs. 4 b der Freizügigkeitsrichtlinie, bei denen die Versagung des Zugangs zu Sozialleistungen zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach Artikel 24 der Freizügigkeitsrichtlinie führe, nicht erwogen und sei damit dem darauf gestützten Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH vom 26.03.2015 in der Rechtssache C-67/14 (Alimanovic) nicht gefolgt (Verweis auf LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.08.2016, L 3 AS 376/16 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 07.03.2017, L 2 AS 127/17 B ER). Das hier geltend gemachte Recht aus Artikel 10 der Freizügigkeitsverordnung erfülle nicht die Voraussetzungen der Freizügigkeitsrichtlinie und werde deshalb nicht vom Gleichbehandlungsgebot nach Artikel 24 der Freizügigkeitsrichtlinie erfasst.

Auch ein Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) scheide jedenfalls deshalb aus, weil Rumänien dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) nicht beigetreten sei. Der daneben bestehende Anspruch auf Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Sätze 3, 5 und 6 SGB XII sei vom Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht umfasst, sondern stelle einen eigenständigen Streitgegenstand dar.

Gegen den ihnen am 25.07.2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am selben Tag eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Sie berufen sich für ihre weiterhin vertretene Auffassung, der Leistungsausschuss im § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II sei europarechtswidrig, auf die Beschlüsse des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.07.2017 (L 12 AS 596/17 B ER) und vom 01.08.2017 (L 6 AS 860/17 B ER). Auch hinsichtlich der Kosten der Unterkunft bestehe nicht nur ein Anordnungsanspruch, sondern auch ein Anordnungsgrund. Die Maßstäbe für die hieran zu stellenden Anforderungen ergäben sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 01.08.2017 (1 BvR 1910/12). Die Antragsteller könnten derzeit ihre Miete nicht bezahlen. Es bestehe die Gefahr einer ordentlichen Kündigung. Die Antragsteller zu 3) bis 5) besuchten Schulen in der näheren Umgebung. Zweifel an einem tatsächlichen Schulbesuch seien vom Antragsgegner nicht substantiiert worden. Außerdem besuchten die Antragsteller zu 3) bis 5) auch tatsächlich regelmäßig die Schule. Im Übrigen sei der Wohnungsmarkt in L für Personen mit Migrationshintergrund weitgehend verschlossen.

Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich,

1. den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Köln vom 24.07.2017 zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
2. unter Aufhebung des Beschlusses vom 24.07.2017 für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und
3. ihnen für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, dass der Leistungsausschluss in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c SGB II europarechtskonform sei.

Der Senat hat den Beteiligten den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 21.08.2017 (L 19 AS 1577/17 B ER und L 19 AS 1578/17 B) übersandt. Hierzu hat der Antragsgegner ausgeführt, dieser Beschluss widerspreche der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Alimanovic. Die dortige Klägerin habe zwei schulpflichtige Kinder gehabt, ohne dass der EuGH auf Artikel 10 und 7 der Freizügigkeitsverordnung eingegangen sei. Der Antragsgegner hält insbesondere den Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt vom 07.03.2017 (a.a.O.) für überzeugend.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist begründet. Das SG hat zu Unrecht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Ebenfalls zu Unrecht hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Der Antragsgegner ist im Wege der Regelungsanordnung zur vorläufigen Leistungserbringung im tenorierten Umfang zu verpflichten. Dies erfordert die besondere Situation der schwangeren Antragstellerin zu 2), die im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung maßgeblich zu berücksichtigen ist (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG). Durchgreifende europarechtliche Bedenken hinsichtlich des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 1Satz 2 Nr. 2 c SGB II hat der Senat im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz nur möglichen vorläufigen Prüfung derzeit indes nicht.

1. Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnisses treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie eines Anordnungsgrundes, d. h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung: BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R, und Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B).

Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung des Verfahren in den vorläufigen Rechtsschutz führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagen des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995, 1 BVR 1087/91).

Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in Anfechtungs- und (wie hier) Vornahmesachen dürfen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014, 1 BvR 1453/12, und vom 06.02.2013, 1 BvR 2366/12). Soweit - wie hier - existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch hierbei weniger streng zu beurteilen und die Folgenabwägung hat unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, und vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02). Ferner kann sich die summarische Prüfung insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 16c), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeiten zu verhindern (BVerfG, Beschluss vom 13.04.2010, 1 BvR 216/07). Dabei ist eine weitergehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs aus verfassungsrechtlichen Gründen dann erforderlich, wenn dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Grundrechte droht, die durch eine nachträgliche Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013, 1 BvR 2366/12).

Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.07.2017, L 12 AS 596/17 B ER und L 12 AS 597/17 B, Juris Rn. 21). Stellt sich bei der Rechtsprüfung überdies eine Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH erfordert, so lassen sich weder - ohne Weiteres - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit verneinen, noch kann die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bejaht werden (vgl. zu einer ähnlichen Situation: BVerfG, Beschluss vom 27.04.2005, 1 BvR 223/05). In diesen Fällen wird eine Antragsablehnung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nur dann Bestand haben können, wenn dieser Umstand - über die notwendig nur vorläufige rechtliche Einschätzung des Gerichts hinausgehend - in die Abwägung des Interesses des Antragstellers mit dem öffentlichen Vollzugsinteresse einbezogen wird. Steht somit (zumindest) eine ungeklärte unionsrechtliche Rechtsfrage im Raum, bei der im Hauptsacheverfahren eine Vorlage an den EuGH naheliegt, kann sich das Tatsachengericht nicht mit einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten zufriedengeben, sondern muss darüber hinaus eine Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der Situation der Antragsteller durchführen (BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017, 2 BvR 2013/16, Juris Rn. 18 und 23).

2. Nach diesem Maßstab kommt der Senat in Abwägung der Interessen der Antragsteller an einer Gewährung existenzsichernder Leistungen mit dem vom Antragsgegner vertretenen öffentlichen Interesse zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner im Wege der Regelungsanordnung zur vorläufigen Leistungsgewährung im tenorierten Umfang zu verpflichten ist.

Maßgeblicher Grund hierfür ist die besondere Situation der schwangeren Antragstellerin zu 2). Die staatlichen Gerichte haben in ihrer Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen ausgeschlossen und dadurch sich der aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergebenden Schutzpflicht staatlicher Organe Genüge getan wird (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2014, 2 BvR 2457/13, Juris Rn. 10 m.w.N.). Die Antragstellerin zu 2) kann sich angesichts ihrer Schwangerschaft und ihrer bereits im Oktober 2017 erwarteten Entbindung auf eine grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG berufen, der der Senat in der Interessenabwägung im einstweiligen Rechtschutzverfahren maßgebliches Gewicht beimisst.

Hinter diesen grundrechtlichen Belangen der Antragstellerin zu 2) - und mit ihr der Belange der übrigen Antragsteller als ihrer Familienangehörigen - muss einstweilen die Wertentscheidung des bundesdeutschen Gesetzgebers zurückstehen, in einer derartigen Konstellation keine existenzsichernden Sozialleistungen erbringen zu wollen. Die Antragsteller erfüllen zwar die Anspruchsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II (dazu a), werden jedoch von dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II erfasst (dazu b). Der Senat verkennt dabei seine Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG) nicht. Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung ist er aber von Verfassungs wegen ebenfalls verpflichtet (erneut BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017, 2 BvR 2013/16), in diese Abwägung den Umstand einzubeziehen, dass gegen den nationalen Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II gewichtige europarechtliche Bedenken erhoben werden, die im Falle ihres Durchgreifens eine Anwendung des bundesdeutschen Leistungsausschlusses kraft Europarechts sperren würden. Dass der erkennende Senat diese europarechtlichen Bedenken nach aktuellem Erkenntnisstand nicht teilt (dazu c), ändert nichts daran, dass sie vorhanden und damit im Rahmen der Abwägung mit einzubeziehen sind. Ob die Bedenken durchgreifen, wird sich im Ergebnis zudem erst nach einer entsprechenden Befassung des EuGH mit ihnen zeigen. Bei der gebotenen Interessenabwägung ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass ein in anderen Sachverhaltskonstellationen möglicherweise in Betracht kommender Anspruch auf laufende Sozialhilfeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hier von vornherein ausscheidet, weil Rumänien kein Unterzeichnerstaat des Europäischen Fürsorgeabkommens ist (dazu d).

Im Einzelnen:

a) Die Antragsteller erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II.

Die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs zu Alter, Erwerbsfähigkeit, gewöhnlichem Aufenthalt und Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen die Antragsteller zu 1) und 2). Die Antragsteller zu 3) bis 5) haben gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 7 Abs. 3 Nr. 4 und § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller zu 1) und 2) einen Anspruch auf Sozialgeld, auf welchen das Kindergeld gemäß § 11 Abs. 1 SGB II anzurechnen ist.

b) Die Antragsteller werden von dem gesetzlichen Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II erfasst. Danach sind (EU-) Ausländerinnen und Ausländer sowie ihre Familienangehörigen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen, die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (im Folgenden: Freizügigkeitsverordnung) ableiten. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen sozialgerichtlichen Beschluss (Seite 5, letzter Absatz) gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug.

Die Antragsteller leiten ihr Aufenthaltsrecht allein aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung ab; an dem tatsächlichen Schulbesuch der Antragsteller zu 3) und 4) zweifelt der Senat angesichts der zur Akte gereichten aktuellen Schulbescheinigungen nicht. Insbesondere besteht im Hinblick auf die Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2) kein fortwirkendes Aufenthaltsrecht in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz, welches einen Fortbestand des Freizügigkeitsrechts bei vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall garantiert. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine Schwangerschaft nicht unter Art. 7 Abs. 3 a der Freizügigkeitsrichtlinie gefasst werden, wonach die Erwerbstätigeneigenschaft einem Unionsbürger, der seine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger nicht mehr ausübt, erhalten bleibt, wenn er wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist (EuGH, Urteil vom 19.06.2014, C-507/12 - "Saint Prix", Juris Rn. 29). Eine Schwangerschaft begründet somit keine Erwerbsminderung im Sinne des dem Art. 7 Abs. 3 a der Freizügigkeitsrichtlinie nachgebildeten und diesen im nationalen Recht umsetzenden § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz. Eine Schwangerschaft ist weder eine Krankheit (EuGH, a.a.O., Juris Rn. 29 m.w.N.) noch gar ein Unfall (vgl. SG München, Beschluss vom 05.01.2017, S 46 AS 3026/16 ER, Juris Rn. 27). Im Hinblick auf die gefestigte höchstrichterliche europarechtliche Rechtsprechung verbietet sich insoweit auch eine analoge Heranziehung dieser Vorschrift (so zutreffend LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.01.2017, L 20 AS 2483/16 B ER, Juris Rn. 17).

c) Der Senat konnte sich im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz nur möglichen summarischen Prüfung nicht davon überzeugen, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II wegen des Anwendungsvorrangs europäischen Sozialrechts nicht anwendbar ist. Die europarechtlichen Bedenken, die gegen diesen Leistungsausschluss vorgebracht werden und einen Verstoß gegen das leistungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 (im Folgenden: Koordinierungsverordnung) annehmen, hält der Senat derzeit nicht für derart durchgreifend, dass das nationale Recht unangewendet bleiben müsste.

Art. 4 der Koordinierungsverordnung lautet:

"Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates wie die Staatsangehörigen eines anderen Staates."

Die Koordinierungsverordnung, die die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.06.1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, ersetzt, ist am 01.05.2010 in Kraft getreten (Art. 91 der Koordinierungsverordnung i.V.m. der Durchführungsverordnung EG 987/2009). Sie ist gemäß Art. 288 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) allgemeinverbindlich und gilt in jedem Mitgliedsstaat unmittelbar, ohne dass es eines innerstaatlichen Umsetzungsaktes bedarf.

Der Antragsteller zu 1) unterfällt nach Art. 2 Abs. 1 der Koordinierungsverordnung deren persönlichem Geltungsbereich. Hiervon erfasst werden die Antragsteller bereits als Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates, nämlich Rumänien, die ihren Wohnort in einem anderen Mitgliedstaat, hier der Bundesrepublik Deutschland, haben, für die die Rechtsvorschriften dieses aufnehmenden Staates gelten und die - wie hier über die Kindergeldberechtigung - in ein Sozialversicherungs- oder Familienleistungssystem im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Koordinierungsverordnung eingebunden sind.

Das Arbeitslosengeld II als Leistung nach dem SGB II fällt auch in den sachlichen Anwendungsbereich der Koordinierungsverordnung. Bei dieser Leistung handelt es sich um eine besondere beitragsunabhängige Geldleistung im Sinne des Art. 70 der Koordinierungsverordnung, die nach Rechtsvorschriften gewährt wird, die aufgrund ihres persönlichen Geltungsbereichs, ihrer Ziele und / oder ihrer Anspruchsvoraussetzungen sowohl Merkmale der in Art. 3 Abs. 1 der Koordinierungsverordnung genannten Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit als auch Merkmale der Sozialhilfe aufweisen (EuGH, Urteil vom 25.02.2016, C-299/14, "Garcia-Nieto", Juris Rn. 35 unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13, "Dano", Juris Rn. 55).

Der Senat teilt im Rahmen der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht die Auffassung, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II eine europarechtlich nicht gerechtfertigte (bzw. sogar nicht zu rechtfertigende) Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 4 der Koordinierungsverordnung darstellt.

Denn diese Auffassung fußt auf der aus Sicht des Senates nicht zutreffenden Annahme, die Schranken- bzw. Ausnahmeregelung des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (im Folgenden: Freizügigkeitsrichtlinie), könne Ungleichbehandlungen hinsichtlich des Bezugs von Sozialleistungen bei einem Freizügigkeitsrecht aus Art. 10 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung nicht rechtfertigen. Der Senat konnte sich damit einstweilen nicht davon überzeugen, dass ein Aufenthaltsrecht aus der Freizügigkeitsverordnung europarechtlich zwingend zu einem leistungsrechtlichen Anspruch auf Sicherung des Lebensunterhaltes (Sozialhilfe iSd. Art. 24 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie bzw. besondere beitragsunabhängige Geldleistung iSd. Art. 70 Abs. 2 Koordinierungsverordnung) führen soll, ohne denselben Schranken zu unterfallen, die leistungsrechtlich für Aufenthaltsrechte aus der Freizügigkeitsrichtlinie gelten.

Art. 10 Abs. 1 der Freizügigkeitsverordnung lautet:

"Die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, können, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedsstaates wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedsstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen.

Die Mitgliedsstaaten fördern die Bemühungen, durch die den Kindern ermöglicht werden soll, unter den besten Voraussetzungen am Unterricht teilzunehmen."

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (noch ergangen zur Vorgängervorschrift des Art. 12 der Verordnung Nr. 1612/68) steht den Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats, der im Aufnahmemitgliedsstaat erwerbstätig ist oder gewesen ist, und dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein Recht auf Aufenthalt in diesem Staat allein - also als originäres Aufenthaltsrecht - auf der Grundlage von Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung zu (EuGH, Urteil vom 23.02.2010, C-310/08, "Ibrahim", Juris Rn. 50, 59; Urteil vom 23.02.2010, C-480/08, "Teixera", Juris Rn. 53, 61).

Jedenfalls im Rahmen der ihm im einstweiligen Rechtsschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte geht der Senat davon aus, dass die Antragsteller zu 3) und 4) sowie seit Ende August 2017 auch die Antragstellerin zu 5) die Voraussetzungen des Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung - Teilnahme am allgemeinen Unterricht - erfüllen. Der Senat geht deshalb, wie bereits dargelegt, vom Bestehen eines originären Aufenthaltsrechts aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung sowohl der Antragsteller zu 3) bis 5) aufgrund ihres Schulbesuchs als auch der Antragsteller zu 1) und 2), welche die elterliche Sorge gemeinsam wahrnehmen, aus.

bb) In der Literatur und überwiegend auch in der Rechtsprechung wird die Auffassung vertreten, dass bei Bestehen eines originären Aufenthaltsrechts aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung - wie hier - die Neuregelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II sich auf keine europarechtliche Ausnahmeregelung vom Diskriminierungsverbot, insbesondere nicht auf Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie, stützen lasse und der Leistungsausschluss daher unvereinbar mit dem leistungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Koordinierungsverordnung sei (Derksen, info also 2016, Seite 257 (260); Devetzi/Janda, ZESAR 2017, Seite 197 (206); LSG NRW, Beschluss vom 21.08.2017, L 19 AS 1577/17 B ER und L 19 AS 1578/17 B; Beschluss vom 01.08.2017, L 6 AS 68/17 B ER; Beschluss vom 12.07.2017, L 12 AS 596/17 B ER, L 12 AS 597/17 B; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 17.02.2017, L 6 AS 11/17 B ER). Diese Auffassung wird damit begründet, Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie könne Ungleichbehandlungen bei einem Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung nicht rechtfertigen, weil Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie auf den Anwendungsbereich von Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie beschränkt sei (so insbesondere Derksen a.a.O.) bzw. damit, dass das Unionsrecht eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot des Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung nicht vorsehe (so Devetzi/Janda a.a.O.).

cc) Die dieser Auffassung zugrundeliegenden Begründungen und Belege hält der Senat nicht für zwingend. Insbesondere geht die Auffassung zur Überzeugung des Senates mit der neueren Rechtsprechung des EuGH nicht konform. Der Senat entnimmt der Rechtsprechung des EuGH ein von einer gemeinschaftlichen Auslegung geprägtes Zusammenspiel von Koordinierungsverordnung, Freizügigkeitsverordnung und Freizügigkeitsrichtlinie unter dem Dach des allgemeinen Diskriminierungsverbotes aus Art. 18 AEUV.

Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie - "Gleichbehandlung" - lautet:

"(1) Vorbehaltlich spezifischer und ausdrücklich im Vertrag und im abgeleiteten Recht vorgesehener Bestimmungen genießt jeder Unionsbürger, der sich aufgrund dieser Richtlinie im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates aufhält, im Anwendungsbereich des Vertrags die gleiche Behandlung wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats. Das Recht auf Gleichbehandlung erstreckt sich auch auf Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und das Recht auf Aufenthalt oder das Recht auf Daueraufenthalt genießen.

(2) Abweichend von Abs. 1 ist der Aufnahmemitgliedstaat jedoch nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4b einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren."

Vorausgesetzt werden kann, dass der EuGH in seiner neueren Rechtsprechung (EuGH, Urteil vom 11.11.2014, C-333/13, "Dano", Juris Rn. 56; Urteil vom 15.09.2015, C-67/14, "Alimanovic", Juris Rn. 63; Urteil vom 25.02.2016, "Garcia-Nieto", C-299/14, Juris Rn. 53) Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie in der Weise ausgelegt hat, dass danach Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten, denen entweder im Aufnahmemitgliedsstaat kein Aufenthaltsrecht nach der Freizügigkeitsrichtlinie oder anderer europarechtlicher Vorschriften (so im Fall "Dano") oder ein Aufenthaltsrecht nach bestimmten Vorschriften der Freizügigkeitsrichtlinie (so in den Fällen "Alimanovic" und "Garcia-Nieto") zusteht, vom Bezug bestimmter "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" im Sinne von Art. 70 Abs. 2 der Koordinierungsverordnung, die auch eine Leistung der "Sozialhilfe" im Sinne von Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie darstellen, ausgeschlossen werden können und insofern eine Ungleichbehandlung iSd. Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie und Art. 4 der Koordinierungsverordnung gerechtfertigt werden kann.

Der Senat entnimmt aber weder den systematischen Zusammenhängen noch dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie mit ausreichender Sicherheit, dass diese Schranken- bzw. Ausnahmeregelung ausschließlich für Aufenthaltsrechte nach Maßgabe des Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie gelten soll.

(1) Im Hinblick auf systematische Zusammenhänge entnimmt der Senat der Rechtsprechung des EuGH gewichtige Hinweise, die dafür sprechen, dass Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie nicht auf den Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtline beschränkt ist.

Zu Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie sowie zum Verhältnis des Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie zu Art. 4 der Koordinierungsverordnung hat der EuGH mit Urteil vom 11.11.2014 ("Dano", a.a.O., Juris Rn. 61 und 64) entschieden, dass das in Art. 18 AEUV in allgemeiner Weise dargelegte Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie für Unionsbürger konkretisiert wird, die von ihrer Freiheit Gebrauch machen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten aufzuhalten, sowie in Art. 4 der Koordinierungsverordnung für Unionsbürger, die Leistungen nach Art. 70 Abs. 2 dieser Verordnung beanspruchen. Dabei greifen nach der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O.) Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie und Art. 4 der Koordinierungsverordnung das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit auf, während Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot enthält. Nach den Ausführungen des EuGH sind sowohl Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie als auch Art. 4 der Koordinierungsverordnung Ausfluss des allgemeinen Diskriminierungsverbotes aus Art. 18 AEUV.

Art. 18 AEUV lautet:

"(1) Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

(2) Das Europäische Parlament und der Rat können gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Regelungen für das Verbot solcher Diskriminierungen treffen".

Jeder Unionsbürger kann sich in allen Situationen, die in den sachlichen Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, auf das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Art. 18 AEUV berufen. Art. 18 Abs. 1 AEUV verbietet deshalb jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge.

Diesen Ausführungen entnimmt der Senat eine Auslegung, nach welcher Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie und Art. 4 der Koordinierungsverordnung das allgemeine Diskriminierungsverbot in Art. 18 AEUV konkretisieren und als Folge daraus Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie nicht lediglich eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot in Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie, sondern auch eine Ausnahme von dem in Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie und Art. 4 der Koordinierungsverordnung "aufgegriffenen" (EuGH, "Dano", a.a.O., Juris Rn. 64) allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV darstellt. Bestärkt sieht sich der Senat in dieser Auffassung zudem durch die in den Schlussanträgen des Generalanwalts in der Rechtssache "Garcia-Nieto" (a.a.O.) in Bezug genommene Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache "L.N. gegen Styrelsen for Videregaende og Uddannelsesstote" (Urteil vom 21.02.2013, C-46/12, Juris Rn. 33), wonach Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Ausnahme von dem in Art. 18 AEUV normierten Grundsatz der Gleichbehandlung darstellt, der in Art. 24 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie lediglich einen besonderen Ausdruck findet (Juris Rn. 65; ebenso Leopold in: Beck’scher Online-Kommentar, Sozialrecht, VO (EG) 883/2004 Art. 1 Rn. 19 a (Stand: 01.06.2017): "Eine hervorzuhebende Ausnahme vom Gleichbehandlungsgebot des Art. 18 AEUV normiert Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG für die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen im Aufnahmestaat.").

(2) Ferner hat der EuGH, obwohl sich die Gelegenheit dazu geboten hätte, nicht den Hinweis gegeben, dass bei einem Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung eine Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung bei der Gewährung bestimmter Sozialleistungen über Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie ausgeschlossen sei. Der EuGH hat in der Rechtssache "Alimanovic" den Leistungsausschluss gemäß dem seinerzeit noch in seiner alten Fassung zur Prüfung vorgelegten § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (vgl. "Alimanovic", Juris Rn. 15) als europarechtskonform bestätigt und hierbei allein auf das Aufenthaltsrecht der Frau Alimanovic aus Art. 14 Abs. 4 b) der Freizügigkeitsrichtlinie (zum Wortlaut vgl. "Alimanovic", Juris Rn. 11 - Einreise zur Arbeitsuche) abgestellt (vgl. nur Juris Rn. 63). Hingegen hat sich der EuGH in seinem Urteil gerade nicht mit einem sich aus dem Schulbesuch in Deutschland der Kinder der Frau Alimanovic ergebenden Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung auseinandergesetzt, obwohl der Generalanwalt noch in seinen Schlussanträgen vom 26.03.2015 (C-67/14, Juris Rn. 119-122) wie folgt ausgeführt hatte:

"119. Nach ständiger Rechtsprechung steht den Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Aufnahmemitgliedstaat erwerbstätig ist oder gewesen ist, und dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein Recht auf Aufenthalt in diesem Staat auf der Grundlage allein von Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung zu.

120. Dieses Aufenthaltsrecht der Kinder wird in der Rechtsprechung als "eigenständiges" Recht eingestuft, da es allein an das Recht auf Zugang zur Ausbildung gebunden ist; der Gerichtshof hat ausdrücklich klargestellt, dass die Freizügigkeitsrichtlinie das Recht der in Ausbildung befindlichen Kinder und des die elterliche Sorge wahrnehmenden Elternteils auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat nicht davon abhängig macht, dass diese über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen oder - allgemeiner - dass die in der Freizügigkeitsrichtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllt werden.

121. Wenn nachgewiesen ist - was vom vorlegenden Gericht zu überprüfen ist -, dass Valentina und Valentino Alimanovic ihrer Schulausbildung in einer in Deutschland gelegenen Einrichtung regelmäßig nachkommen, haben sie - und ihre Mutter, Nazifa Alimanovic - demzufolge trotz des Ablaufs des in § 2 Abs. 3 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz vorgesehenen Zeitraums von sechs Monaten ein Recht auf Aufenthalt im deutschen Hoheitsgebiet.

122. Unter diesen Bedingungen fände § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II weder auf den Fall von Frau Alimanovic noch auf den Fall ihrer zwei jüngeren Kinder Anwendung, da diese Vorschrift nur für Personen, "deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen" gilt."

Der Generalanwalt hat deshalb (Juris Rn. 126) dem EuGH vorgeschlagen, auf die Vorlagefragen - u.a. - wie folgt zu antworten:

" 3. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens steht den Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Aufnahmemitgliedstaat erwerbstätig ist oder gewesen ist, und dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein Recht auf Aufenthalt in diesem Staat auf der Grundlage allein von Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung zu, ohne dass dieses Recht davon abhängig ist, dass sie über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz in diesem Staat verfügen".

Der EuGH hat hierzu in seinem Urteil keine Ausführungen gemacht. Zwar trifft es zu, dass die dem Urteil "Alimanovic" zugrunde liegenden Vorlagefragen sich allein auf das Aufenthaltsrecht nur zur Arbeitsuche im Sinne der Freizügigkeitsrichtlinie bezogen hatten (so LSG Schleswig-Holstein, a.a.O., Juris Rn. 26). Der Generalanwalt hat aber in seinen Schlussanträgen in Sachen "Alimanovic" (a.a.O., Juris Rn. 118) zu Recht (vgl. nur EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-157/10, "Banco Bilbao Vizcaya Argentaria", Juris Rn. 18-20 m.w.N.) ausgeführt, dass der EuGH aufgrund der Beschränkung der Vorlagefragen durch das vorlegende Gericht nicht daran gehindert gewesen wäre, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die ihm bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können, und zwar unabhängig davon, ob es in seiner Fragestellung darauf Bezug genommen hat. Weder kann also - zumindest angesichts der Schlussanträge des Generalanwalts - davon ausgegangen werden, dass der EuGH die mögliche leistungsrechtliche Relevanz eines originären Aufenthaltsrechts aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung "übersehen" hat, noch - spätestens angesichts des konkreten Antwortvorschlags des Generalanwalts in Rn. 126, Ziff. 3 - davon, dass der EuGH sich an einem Eingehen auf Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung wegen der nicht hierauf bezogenen Vorlagefragen des Bundessozialgerichts (BSG) gehindert gesehen hätte.

(3) Der Senat gibt in systematischer Hinsicht schließlich zu bedenken, dass die Annahme, das Diskriminierungsverbot aus Art. 4 der Koordinierungsverordnung sei für Personen, denen kein Aufenthaltsrecht nach der Freizügigkeitsrichtlinie, sondern ausschließlich nach der Freizügigkeitsverordnung zusteht, schrankenlos gewährt, ebenfalls dem in dem zehnten Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie genannten Ziel zuwider liefe, eine unangemessene Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedsstaats durch Unionsbürger, die Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten sind, zu verhindern ("Dano", a.a.O., Juris Rn. 74). Der zehnte Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie lautet:

"Allerdings sollten Personen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, während ihres ersten Aufenthalts die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedsstaats nicht in Anspruch nehmen. Daher sollte das Aufenthaltsrecht von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen für eine Dauer von über drei Monaten bestimmten Bedingungen unterliegen."

Dem Senat ist dabei bewusst, dass der Schutz der Wanderarbeitnehmer in der Freizügigkeitsverordnung (gestützt auf Art. 45 AEUV) stärker ausfallen kann als der Schutz der Unionsbürger in der Freizügigkeitsrichtlinie (gestützt auf Art. 21 AEUV). Das Gebot einer Gleichbehandlung bei der Gewährung von Sozialhilfeleistungen (anders bei Studienbeihilfen, siehe dazu unten) ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus der Freizügigkeitsverordnung, sondern aus der Koordinierungsverordnung (insofern fehlt bei Devetzi/Janda, a.a.O., Seite 206 die Herleitung, warum der Gleichbehandlungsgrundsatz hinsichtlich des Zugangs zu sozialen Vergünstigungen - der Sozialhilfe - gelten soll). Im Zusammenhang mit dieser hat der EuGH selbst den zehnten Erwägungsgrund der Freizügigkeitsrichtlinie herangezogen.

(4) Dieser systematischen Auslegung steht aus Sicht des Senates der Wortlaut von Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie, wonach mit der Formulierung "abweichend von Abs. 1" auf diesen Bezug genommen wird, nicht in einem Maße entgegen, nach welcher die Grenzen der Wortlautauslegung überschritten würden, wenn man Art. 24 Abs. 1 - wie der Senat - so versteht, dass in ihm das aus Art. 18 AEUV "aufgegriffene" Gleichbehandlungsverbot konkretisiert wird, so dass von Abs. 1 gemäß Abs. 2 auch dann abgewichen darf, wenn sich das Aufenthaltsrecht nicht allein aus der Freizügigkeitsrichtlinie ergibt. Der Wortlaut schließt nicht aus, dass neben Abs. 1 von weiteren europarechtlichen Gleichbehandlungsgeboten abgewichen werden kann.

(5) Weiter wird die Auffassung, auf eine leistungsrechtliche Ungleichbehandlung lasse sich in einem Fall eines Aufenthaltsrechtes nach Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung die zu Art. 24 der Freizügigkeitsrichtline ergangene neueren Rechtsprechung des EuGH nicht übertragen, auf das Argument gestützt, Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie sei auf die in der Freizügigkeitsrichtlinie genannten Aufenthaltsrechte beschränkt. Mit der Auffassung des Senats, dass starke Gründe dafür sprechen, Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie enthalte eine nicht allein auf die Freizügigkeitsrichtlinie beschränkte Rechtfertigung einer leistungsrechtlichen Ungleichbehandlung, kommt es darauf nicht mehr maßgeblich an. Der Senat übersieht allerdings nicht, dass seiner Auffassung entgegengehalten werden könnte, der EuGH habe in der Rechtssache "Alimanovic" (dort Rn. 49) ausgeführt:

"Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Unionsbürger hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen [ ] eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaates nach Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 nur verlangen kann, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38 erfüllt (Urteil Dano, C-333/13, [ ] Rn. 69)."

Der EuGH nimmt auf die Rechtssache "Dano" Bezug, in welcher er noch etwas ausführlicher darlegt (dort Rn. 69):

"Daraus folgt, dass ein Unionsbürger eine Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nur verlangen kann, wenn sein Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats die Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38 erfüllt."

Eine ganz enge, sich streng am Wortlaut haltende Orientierung an dieser Aussage des EuGH, nach welcher ein Aufenthalt unter den Voraussetzungen der Freizügigkeitsrichtlinie notwendige Bedingung für die Anwendung des Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie sei, würde zu dem etwas überraschenden Ergebnis führen, dass ausschließlich dann eine "Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zu Sozialleistungen" geboten wäre - ein Zugang zu Sozialleistungen aufgrund eines anderen Aufenthaltsrechtes, wie etwa aufgrund Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung, schiede von vornherein aus. Bereits dies spricht dafür, dass der EuGH mit diesem Satz keine Ausschließlichkeit verbinden wollte. Der Senat hält es für naheliegender, dass der EuGH in den Rechtssachen "Dano" (dort Juris Rn. 69) und "Alimanovic" (dort Juris Rn. 49) keine allgemeingültige notwendige Bedingung aufstellen wollte, sondern vielmehr in den konkreten Verfahren vor dem Hintergrund des konkret vorgelegten Sachverhaltes geprüft hat, ob überhaupt ein Aufenthaltsrecht vorliegt (der EuGH greift inhaltlich die Ausführungen in den Schlussanträgen des Generalanwaltes Wathelet, C-333/13, dort Rn. 103-108 auf); andere Aufenthaltsrechte als solche aus der Freizügigkeitsrichtlinie kamen dort von vornherein nicht in Betracht bzw. hätten, wie in der Sache Alimanovic, bereits aufgrund nationalen Rechts zu einem Leistungsanspruch geführt.

Eine darüberhinausgehende Bedeutung des Wortes "nur" vermag der Senat nicht zu erkennen. Eine solche "technische" Lesart würde Sinn und Zweck des Gleichbehandlungsgebotes aus Art. 18 AEUV und seinen Konkretisierungen nicht gerecht und dazu führen, den Anwendungsbereich eines Gleichbehandlungsgebotes - hier des Art. 24 der Freizügigkeitsrichtlinie - entgegen den üblichen Bestrebungen des EuGH eng zu fassen.

Der Senat ist daher der Auffassung, dass nicht hinreichend eindeutig belegt ist, dass Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie eine Rechtfertigungsmöglichkeit allein für die Fälle des Abs.1 enthält und nicht auch eine (leistungsrechtliche) Ungleichbehandlung rechtfertigen kann, welcher Aufenthaltsrechte außerhalb der Freizügigkeitsrichtlinie zugrunde liegen.

dd) Der Senat hat daher sowohl grundlegende Zweifel hinsichtlich der Auffassung, die leistungsrechtliche Ausnahmeregelung in Art. 24 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie gelte nur insoweit, wie das Gleichbehandlungsgebot des Art. 24 Abs. 1 Anwendung finde (so die Ausarbeitung des Fachbereichs Europa des Deutschen Bundestages vom 25.05.2016, Aktenzeichen PE 6 - 3000 - 76/16, abrufbar unter https://www.bundestag.de/blob/429052/e9e6d793b8e1d1e6ad13b5ba617b9bda/pe-6-076-16-pdf-data.pdf, dort S. 14; ebenso Derksen, info also 2016, Seite 257 (260), jeweils ausschließlich unter Berufung auf Leopold in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching (statt: "Uschig"), Beck’scher Online-Kommentar, Sozialrecht, VO (EG) Nr. 883/2004, "Rn. 19 b" (gemeint offenbar: Art. 1 Rn. 19 b), wobei dort die Auffassung nicht entwickelt, sondern die Rechtsprechung des EuGH wiedergegeben wird, daher ohne Beleg oder Begründung unter Berufung auf die Rechtssache "Dano" in Gänze), als auch hinsichtlich der Auffassung, dass Gleichbehandlungsgebot des Art. 24 gelte ausschließlich für Aufenthaltsrechte nach der Freizügigkeitsrichtlinie. Folge davon ist zum einen, dass die Geltung eines leistungsrechtlichen Diskriminierungsverbotes gerade nicht (ausschließlich) an ein Aufenthaltsrecht nach der Freizügigkeitsrichtlinie geknüpft ist (a.A. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.; Kingreen, a.a.O.), zum anderen aber, dass die Rechtfertigungsmöglichkeit einer Ungleichbehandlung durch Art. 24 Abs. 2 Freizügigkeitsrichtlinie ebenso wenig ein Aufenthaltsrecht ausschließlich nach der Freizügigkeitsrichtlinie - in Sinne eine conditio sine qua non - voraussetzt (a.A. Derksen, info also 2016, Seite 257 (260); LSG NRW, Beschluss vom 21.08.2017, L 19 AS 1577/17 B ER und L 19 AS 1578/17 B; Beschluss vom 01.08.2017, L 6 AS 68/17 B ER; Beschluss vom 12.07.2017, L 12 AS 596/17 B ER, L 12 AS 597/17 B; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 17.02.2017, L 6 AS 11/17 B ER).

Der Senat vermag sich deshalb bei summarischer Prüfung nicht der Auffassung anzuschließen, wonach die Neuregelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II sich nicht auf die europarechtliche Ausnahmeregelung vom Diskriminierungsverbot in Art. 24 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie stützen könne und daher mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 4 der Koordinierungsverordnung nicht vereinbar sei.

ee) Schließlich folgt zur Überzeugung des Senats aus Art. 10 der Freizügigkeitsverordnung nicht unmittelbar ein Leistungsrecht für die Antragsteller zu 3) bis 5).

Ein solches Leistungsrecht dürfte dann zu bejahen sein, wenn in Leistungen nach dem SGB II an schulpflichtige Kinder eine Studienbeihilfe zu sehen wäre. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH sind Beihilfen, die zur Deckung der Ausbildungskosten und des Lebensunterhaltes gewährt werden, den Kindern von EU-Arbeitnehmern unter den gleichen Bedingungen zu gewähren, wie sie den Staatsangehörigen des Aufnahmelandes zustehen (EuGH, Urteil vom 15.03.1989, C-389/87, C-390/87, "Echternach und Moritz", Juris Rn. 36). Eine solche Studienbeihilfe liegt nach ständiger Rechtsprechung des EuGH allerdings nur bei einer Förderung vor, die für den Lebensunterhalt und für die Ausbildung zur Durchführung eines mit einer beruflichen Qualifikation abgeschlossenen Hochschulstudiums gewährt wird (zuletzt: EuGH, Urteil vom 15.12.2016, C-401/15 bis C-403-15 u.a., Juris Rn. 38 m.w.N.). Es muss sich also um eine Leistung handeln, welche ausbildungsbezogen ist - und ggf. in diesem Rahmen auch dem Lebensunterhalt dient. An dieser Ausbildungsbezogenheit fehlt es jedoch hinsichtlich des für die Antragsteller in Rede stehenden Sozialgeldes gemäß § 23 SGB II, welches allein der Sicherung des Lebensunterhalts dient (vgl. nur Münder in: LPK-SGB II, 6. Auflage, 2017, Einleitung Rn. 14).

d) Auch das Gleichbehandlungsgebot des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA vom 11.12.1953, BGBl. II 1956, S. 564) steht dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 c SGB II nicht entgegen. Bezogen auf SGB II-Leistungen kann sich ein Unionsbürger nach Erklärung des Vorbehalts durch die Bundesregierung am 19.12.2011 nicht mehr auf das Gleichbehandlungsgebot des EFA berufen (BSG, Urteil vom 17.03.2016, B 4 AS 32/15 R, Juris Rn. 18). Der von der Bundesregierung erklärte Vorbehalt ist wirksam (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 43/15 R, Juris Rn. 18 ff). Überdies gehört Rumänien ohnehin nicht zu den Unterzeichnerstaaten des EFA.

e) Im Rahmen der Folgenabwägung hält es der Senat für gerechtfertigt, den Antragsgegner auch zur vorläufigen Erbringung der Kosten der Unterkunft im tenorierten Umfang zu verpflichten.

In Verfahren des Eilrechtsschutzes ist zu den Kosten der Unterkunft auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Relevante Nachteile können hierbei nicht nur in einer Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit liegen. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt vielmehr die Übernahme der "angemessenen" Kosten vor und dient im Zusammenwirken mit anderen Leistungen dazu, über die Verhinderung der bloßen Obdachlosigkeit hinaus das Existenzminimum sicherzustellen (vgl. BVerfGE 125, 175 (228)). Dazu gehört es, den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten (vgl. in diesem Zusammenhang BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R, Juris Rn. 21). Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte (BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017, 1 BvR 1910/12. Juris Rn. 16).

Die Gefahr solcher negativen Folgen gesundheitlicher Art hält der Senat bei einem drohenden Wohnungsverlust - die Antragsteller haben insoweit glaubhaft vorgetragen, dass ihnen infolge des völligen Ausbleibens von Leistungen seit dem 10.07.2017 und damit seit rund zwei Monaten eine Mietzahlung für die vom Antragsgegner zutreffend als angemessen angesehene Wohnung aktuell nicht möglich sei und deshalb eine ordentliche Kündigung drohe - hinsichtlich der hochschwangeren Antragstellerin zu 2) für gegeben. Ferner drohen nach Auffassung des Senats bei einem Wohnungsverlust insbesondere den schulpflichtigen Antragstellern zu 3) bis 5) negative Folgen sozialer Art insbesondere in Form eines dann ggf. erforderlichen Schulwechsels. Überdies ist auch der Vortrag des Prozessvertreters der Antragsteller jedenfalls nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen, dass der Wohnungsmarkt in L für Personen mit Migrationshintergrund - zumal einer aktuell fünf- und bald sechsköpfigen Familie - faktisch weitgehend verschlossen sei, so dass den Antragstellern letztlich bei einem Wohnungsverlust die Obdachlosigkeit oder die Einweisung der Familie in eine Obdachlosenunterkunft drohen könnte.

3. Die Beschwerde der bedürftigen Antragsteller gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist wegen der zu bejahenden hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 114 ZPO ebenfalls begründet mit der Folge, dass hierfür ratenfreie Prozesskostenhilfe unter der beantragten Beiordnung der bevollmächtigten Rechtsanwaltskanzlei (dazu: BGH, Beschluss vom 17.09.2008, IV ZR 343/07, Juris Rn. 5 ff.) zu bewilligen war. Wegen der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren L 21 AS 1459/17 B ER war auch hierfür ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

4. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 127 Abs. 4 ZPO demgegenüber nicht erstattungsfähig.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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