L 31 AS 2007/17 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 66 AS 11229/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 2007/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Mit Einführung der Überbrückungsleistung nach § 23 Abs 3 SGB XII hat der Gesetzgeber verdeutlicht, dass eine freiwillige Ausreise von EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht zumutbar und erwartbar ist.
2. Erwerbsfähige EU-Ausländer haben auch in Verbindung mit EFA keinen Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII, da das Europäische Fürsorgeabkommen lediglich einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Inländern, nicht aber einen eigenen Sozialhilfeanspruch für Ausländer regelt.
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. September 2017 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S L, B Straße, B, bewilligt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Der 1968 geborene Antragsteller zu 1), seine 1974 geborene Ehefrau, die Antragstellerin zu 2), und ihre 2002 und 2009 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 3) und 4) sind spanische Staatsangehörige und Anfang Juli 2014 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Hier hat die Antragstellerin zu 2) laut Arbeitsvertrag vom 1. Juli 2014 bis zum 10. Dezember 2014 gearbeitet. Die monatliche Arbeitszeit betrug 58 Stunden, das Bruttogehalt 500,00 EUR. Weitere Arbeitstätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland haben der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) nicht nachgewiesen. Der Antragsteller zu 3) besuchte seit dem 1. August 2014 eine Grundschule in B.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2017 hatte das Jobcenter B den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von März 2017 bis Dezember 2017 i.H.v. 1604,64 EUR und für die Zeit von Januar 2018 bis Februar 2018 i.H.v. 1600,64 EUR gewährt. Am 18. August 2017 bezogen die Antragsteller die aus dem Rubrum ersichtliche Wohnung in Berlin- und beantragten am 11. August 2017 nunmehr bei dem Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 4. August 2017 hob das Jobcenter B wegen des Umzuges und des Wechsels der Zuständigkeit den Bescheid vom 9. Februar 2017 auf. Der Antragsgegner lehnte mit Bescheid vom 25. August 2017 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ab.

Den Antrag der Antragsteller vom 1. September 2017 auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 19. September 2017, nach Beiladung des Landes Berlin, vertreten durch das Bezirksamt P - Amt für Soziales, ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, die Antragsteller seien gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Es sei kein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche glaubhaft gemacht. Sofern die Antragsteller darauf verweisen würden, dass die Antragsteller zu 3) und 4) aufgrund ihres Schulbesuches ein anderes Aufenthaltsrecht abgeleitet aus der unionsrechtlichen Regelung des Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ableiten könnten, könne dahingestellt bleiben, ob ein solches Aufenthaltsrecht bestehe, da Ausländer mit einem Aufenthaltsrecht wegen Schulbesuchs gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II ebenfalls von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien (vergleiche hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017, L 13 AS 113/17 B ER, zitiert nach juris, dort Rn. 18). An der Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II mit höherrangigem Recht bestehe für die Kammer kein Zweifel (vergleiche hierzu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. August 2017, L 6 AS 783/17 B ER, zitiert nach juris, dort Rn. 30 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. Juni 2017, L 12 AS 807/17 B ER, zitiert nach juris, dort Rn. 31 mit weiteren Nachweisen; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19. Mai 2017, L 11 AS 247/17 B ER). Der Antragstellerin zu 2) stehe gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU auch kein Aufenthaltsrecht aus Fortwirkung der Arbeitnehmereigenschaft zu, da diese lediglich von Juli bis Dezember 2014 und mithin weniger als ein Jahr abhängig beschäftigt gewesen sei. Anderweitige materielle Aufenthaltsrechte seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Antragsteller könnten diese auch nicht aus § 41 a Abs. 7 S. 1 Nr. 1 SGB II einen Anordnungsanspruch geltend machen, da das dem Antragsgegner eingeräumte Ermessen nicht auf Null reduziert sei. Dies folge auch nicht aus dem existenzsichernden Charakter der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vergleiche dazu: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. August 2017, L 5 AS 1357/17 B ER, zitiert nach juris, dort Rn. 104 mit weiteren Nachweisen; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2017, L 5 AS 449/17 B ER, zitiert nach juris, dort Rn. 15; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18. April 2017, L 13 AS 113/17 B ER, zitiert nach juris, Leitsatz; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19. Mai 2017, L 11 AS 247/17 B ER, zitiert nach juris, Leitsatz). Aufgrund des fehlenden Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II hätten die Antragsteller auch keinen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution als Darlehen gemäß § 22 Abs. 6 S. 1 HS 2 SGB II.

Die Antragsteller hätten auch keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) glaubhaft gemacht, denn sie würden insoweit ebenfalls dem Leistungsausschluss des § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB XII unterfallen.

Auch auf Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) könnten sich die Antragsteller nicht berufen, da dies nur gelte, wenn die Antragsteller ein materielles Aufenthaltsrecht besäßen. Ein materielles Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche oder ein anderes Aufenthaltsrecht hätten die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Sie hätten selbst vorgetragen, dass sie kaum nach Arbeit hätten suchen können. Zwar habe die Antragstellerin zu 2) vorgetragen, dass sie über Facebook in spanischer Sprache nach Mitgliedschaft als Reinigungskraft gesucht habe, diese Arbeitsbemühungen habe sie jedoch nicht nachgewiesen. Der Antragsteller zu 1) habe sich seit Januar 2017 nur ca. 5- bis 7-mal vergeblich um Arbeit bemüht. Anderweitige Bemühungen, Arbeit zu finden, habe er seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2014 nicht glaubhaft gemacht. Unionsbürger, die sich seit mehr als sechs Monaten in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten, seien jedoch nur so lange freizügigkeitsberechtigt, wie sie nachweisen könnten, dass sie weiterhin Arbeit suchen würden und begründete Aussicht hätten, eingestellt zu werden. Die Meldung beim Arbeitsamt und die Wahrnehmung sämtlicher von dort angebotener Vermittlungen genüge nicht, um als Arbeitssuchender zu gelten.

Über einen Anspruch der Antragsteller auf Überbrückungsgeldleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 3 SGB XII sei nicht zu entscheiden gewesen, da die Überbrückungsleistungen im Verhältnis zu dem Anspruch auf laufende Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII einen eigenständigen Streitgegenstand darstellen würden (vergleiche LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Februar 2017, L 23 SO 30/17 B ER). Überbrückungsleistungen zur Ausreise würden die Antragsteller im hiesigen Verfahren erkennbar nicht begehren.

Gegen diesen ihnen am 22. September 2017 zugegangenen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer am 25. September 2017 eingegangenen Beschwerde. Sie sind der Ansicht, dass der Antragsteller zu 3) ein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche geltend machen könne, denn dieser könne sich auf Art. 10 Verordnung (EU) 492/2011 berufen, der ihm wegen seines Schulbesuchs ein eigenes Aufenthaltsrecht vermittele. Dem stehe § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II nicht entgegen, da diese Vorschrift gegen Art. 10 Verordnung (EU) 492/2011 und damit gegen höherrangiges Europarecht verstoße und deshalb nicht anwendbar sei. Dies habe auch das LSG Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 17. Februar 2017 (L 6 AS 11/17 B ER) bestätigt. Dieser Rechtsauffassung hätten sich zahlreiche andere Senate angeschlossen (z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 1. August 2017, L 6 AS 860/17 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juli 2017, L 12 AS 596/17 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2017, L 19 AS 190/17 B ER). Sie hielten darüber hinaus auch den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II in seiner gegenwärtigen Form für verfassungswidrig. Insoweit würden sie auf das beim Bundesverfassungsgericht zum Az. 1 BvL 4/16 anhängige Verfahren aufgrund des Vorlagebeschlusses des Sozialgerichts Mainz verweisen. Durch die Änderung des § 23 Abs. 3 SGB XII zum 29. Dezember 2016 sei diese Verfassungswidrigkeit noch evidenter geworden. Sie hätten jedenfalls einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII oder aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen, denn Angehörige von EFA-Staaten hätten auch weiterhin bei einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II einen grundsätzlichen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.

Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. September 2017 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe und Dauer zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte des Antragsgegners.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, jedoch unbegründet. Sie haben im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII oder dem EFA.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind, wobei umso geringere Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen sind, je größer die Erfolgsaussichten sind. Sofern dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 -, zitiert nach Juris).

Hinsichtlich der Frage, ob die Antragsteller einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII haben, verweist der Senat zunächst auf die ausführlichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die durch zahlreiche Fundstellen in der Rechtsprechung untermauert wird, und sieht von einer Darstellung der Gründe ab. Ergänzend ist insoweit lediglich auszuführen, dass auch der Senat die neu eingeführten § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 c) SGB II bzw. § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII weder für verfassungswidrig noch für europarechtswidrig hält.

Soweit das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 20. Januar 2016 (B 4 AS 35/15 R, Rn. 41, 42, zitiert nach juris) ausgeführt hatte, der damals gültige Leistungsausschluss betreffe nicht die im Wege des Ermessens zu gewährenden Sozialleistungen, so ist dieser Rechtsprechung durch die Neufassung des § 23 Abs. 3 SGB XII durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 mit Wirkung vom 29. Dezember 2016 die Grundlage entzogen. Auch wenn das genannte Urteil so gemeint gewesen sein sollte, dass faktisch geduldeten EU-Ausländern in jedem Fall existenzsichernde Leistungen zu gewähren seien, auch wenn sie entgegen der Rechtslage in Deutschland verbleiben, weil Zwangsmaßnahmen durch die Ausländerbehörde nicht ergriffen werden, so ist auch dieser Argumentation die Grundlage durch die Gesetzesänderung entzogen. Das BSG hatte insoweit bemängelt, dass es im SGB XII nicht den geringsten Hinweis gebe, dass Anspruchsteller aus dem EU-Ausland im Rahmen einer Selbsthilfe aus dem Blickwinkel des Nachrangs (§ 2 SGB XII) ausreisen müssten, um im Heimatland Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Es kann dahinstehen, ob diese Gesetzesinterpretation je zutreffend gewesen ist, denn nunmehr ist mit den Überbrückungsleistungen (§ 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII) zur Ausreise genau dieser Anknüpfungspunkt geschaffen worden. Da in den EU-Mitgliedsstaaten ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass menschenwürdige Zustände herrschen, da ansonsten eine Mitgliedschaft des betreffenden Staates nicht hätte zustande kommen dürfen, ist auch nicht im Ansatz ersichtlich, warum eine durch Vorenthaltung von Sozialleistungen beförderte Ausreise ins Heimatland die Menschenwürde tangieren sollte. Hier ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des Ausländerrechts rechtmäßige Abschiebungen in ganz andere Regionen der Welt stattfinden, ohne dass hierin ernsthaft ein Verstoß gegen die Menschenwürde gesehen werden kann. Mit Einführung der Überbrückungsleistungen hat der Gesetzgeber verdeutlicht, dass eine freiwillige Ausreise zumutbar und erwartbar ist. Eine Verfassungswidrigkeit der angewendeten Normen ist daher nicht erkennbar.

Gegen die Europarechtswidrigkeit spricht insbesondere, dass der europäische Gerichtshof im Urteil Alimanovic (EuGH, Urteil vom 15. September 2015, C-67/14, juris) insoweit gerade nicht den Schlussanträgen des Generalanwalts/der Generalanwältin gefolgt ist. Dieser/diese hatten in Nr. 3 ihres Schlussantrages Folgendes empfohlen:

"Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens (Hinzufügung durch den Senat: Schulbesuch der Kinder) steht den Kindern eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Aufnahmemitgliedstaat erwerbstätig ist oder gewesen ist, und dem Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein Recht auf Aufenthalt in diesem Staat auf der Grundlage allein von Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union zu, ohne dass dieses Recht davon abhängig ist, dass sie über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz in diesem Staat verfügen." (Schlussanträge des Generalanwalts/der Generalanwältin vom 26. März 2015, C-67/14, zitiert nach juris, dort Rn. 126)

Der europäische Gerichtshof hielt es also gerade nicht für ausreichend, dass sich ein Aufenthaltsrecht aus dem Schulbesuch der Kinder eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der im Aufnahmemitgliedstaat erwerbstätig ist oder gewesen ist, ergibt, um diesen nicht gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II bzw. § 23 Abs. 3 SGB XII von Leistungen auszuschließen, denn er sah das aus dem Schulbesuch folgende Aufenthaltsrecht nicht als ausreichend an, um ein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche festzustellen.

Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen aus dem EFA. Gemäß Art. 1 des EFA verpflichtet sich jeder der Vertragschließenden, den Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge (im Folgenden als "Fürsorge" bezeichnet) zu gewähren, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen sind.

Leistungen nach dem SGB II können die Antragsteller über Art. 1 EFA nicht erhalten, da die Bundesregierung insoweit einen auch vom Bundessozialgericht für zulässig erachteten Vorbehalt erhoben hat (BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 43/15 R).

Leistungen nach dem SGB XII können die Antragsteller über Art. 1 EFA ebenfalls nicht erhalten. Nach Art. 1 EFA ist die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsschließender verpflichtet den Antragstellern, die Staatsangehöriger eines Vertragsschließenden sind, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen Leistungen zu gewähren. Es dürfte völlig unstreitig und selbst vom Bundessozialgericht nicht bestritten sein, dass bundesdeutschen Staatsangehörigen Leistungen nach dem SGB XII nur dann zu gewähren sind, wenn sie nicht dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sind (§ 21 SGB XII). Dies schließt inländische Personen unter 65 und inländische Erwerbsfähige von Leistungen nach dem SGB XII aus. Soweit den Antragstellern somit über Art. 1 EFA Leistungen unter den gleichen Voraussetzungen wie den eigenen (bundesdeutschen) Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen zu leisten sind, folgt daraus zur Überzeugung des Senats, dass ihnen Leistungen nach dem SGB XII ebenso wie erwerbsfähigen bundesdeutschen Staatsangehörigen nicht zustehen. Es ist noch einmal deutlich darauf hinzuweisen, dass das EFA ausländischen Staatsbürgern keinen Anspruch auf Sozialleistungen, sondern auf Gleichbehandlung mit Inländern einräumt. Eine solche Regelung kann schon systematisch nicht dazu führen, dass (Sozial-)Leistungen an Ausländer ausgekehrt werden, die Inländer nicht beanspruchen können.

Nach alledem haben die Antragsteller weder einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII noch dem EFA, so dass die Beschwerde der zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Antragsteller erfolglos blieben.

Prozesskostenhilfe war gemäß § 73 a SGG i. V. m. § 114 ZPO allerdings aus Gründen der Rechtsschutzgleichheit zwischen Begüterten und Bedürftigen zu bewilligen.

Gegen diesen Beschluss ist keine Beschwerde an das Bundessozialgericht zulässig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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