L 5 KA 1868/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 1178/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 1868/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten muss bei der Kassenärztlichen Vereinigung (substantiiert) beantragt werden; ein hierauf gerichtetes Verwaltungsverfahren findet nicht von Amts wegen und auch nicht auf einen Antrag des Vertragsarztes auf Gewährung von Stützungszahlungen wegen Härtefalls statt.
Der in honorarverteilungsrechtlichen Härtefallregelungen regelmäßig vorgesehene Vorjahresquartalsvergleich ist zulässig. Darüber hinausgehende Härtefallregelungen, die die wirtschaftliche Entwicklung der Vertragsarztpraxis über Jahre hinweg zum Gegenstand haben, sind nicht notwendig.
Die mit der Verpflichtungsklage begehrte Leistung (wie die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten) muss vor Klagerhebung bei der Verwaltungsbehörde beantragt werden. Das Erfordernis der Vorgängigkeit des (Behörden-)Antrags stellt eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung dar.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.02.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 241.772,26 EUR endgültig festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höheres Honorar für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 durch (gänzlich) ungekürzte (unquotierte) Vergütung der in diesen Quartalen erbrachten Leistungen, hilfsweise durch Gewährung eines arztindividuellen Aufschlags auf den Regelleistungsvolumen(RLV)-Fallwert infolge Praxisbesonderheiten bzw. die Gewährung von Ausgleichszahlungen (Honorarstützung) wegen Härtefalls.

Der Kläger ist Facharzt für Radiologie und Nuklearmedizin; er ist mit Vertragsarztsitz in F. als Facharzt für Nuklearmedizin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Bescheid vom 19.12.2008 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 1/2009 ein RLV von 65.572,50 EUR zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 62,45 EUR festgesetzt.

Am 13.01.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 19.12.2008 für das Quartal 1/2009. Die im Quartal 1/2009 zu erbringenden vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 1/2009 angemessen erhöhen. Die Beklagte wurde außerdem um die Beantwortung von Fragen zur Honorarfestsetzung gebeten.

Mit Honorarbescheid vom 07.10.2009/Korrekturbescheid vom 24.06.2010 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 1/2009 unter Anerkennung eines RLV von (zuletzt) 74.812,50 EUR auf 105.537,16 EUR fest. Dem Kläger wurde zum Ausgleich des Honorarverlusts gegenüber dem Quartal 1/2008 eine konvergenzbedingte Ausgleichszahlung von 13.858,51 EUR gewährt.

Am 26.10.2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 07.10.2009 für das Quartal 1/2009. Die im Quartal 1/2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 1/2009 - ggf. im Härtefallwege - angemessen erhöhen.

Mit Bescheid vom 26.03.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 2/2009 ein RLV von 63.671,85 EUR zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 60,43 EUR festgesetzt.

Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 26.03.2009 für das Quartal 2/2009 wurde nicht erhoben.

Mit Honorarbescheid vom 14.12.2009 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 2/2009 unter Anerkennung eines RLV von 63.671,85 EUR auf 100.585,18 EUR fest. Dem Kläger wurde zum Ausgleich des Honorarverlusts gegenüber dem Quartal 2/2008 eine konvergenzbedingte Ausgleichszahlung von 26.362,77 EUR gewährt.

Am 13.01.2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 14.12.2009 für das Quartal 2/2009. Die im Quartal 2/2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 2/2009 - ggf. im Härtefallwege - angemessen erhöhen. Der Widerspruch richte sich insbesondere gegen die Rechtmäßigkeit des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) und des Honorarverteilungsvertrags 2009 (HVV) sowie gegen die Bevorzugung von Berufsausübungsgemeinschaften. Außerdem werde ein Härtefallantrag im Hinblick auf die erfolgten Honorarkorrekturen gestellt.

Mit Bescheid vom 24.06.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 3/2009 ein RLV von 73.910,64 EUR zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 66,90 EUR festgesetzt.

Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 24.06.2009 für das Quartal 3/2009 wurde nicht erhoben.

Mit Honorarbescheid vom 15.01.2010 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 3/2009 unter Anerkennung eines RLV von 73.329,37 EUR auf 103.547,93 EUR fest. Dem Kläger wurde zum Ausgleich des Honorarverlusts gegenüber dem Quartal 3/2008 eine konvergenzbedingte Ausgleichszahlung von 15.449,61 EUR gewährt.

Am 10.02.2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 15.01.2010 für das Quartal 3/2009. Die im Quartal 3/2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man das RLV für das Quartal 3/2009 - ggf. im Härtefallwege - angemessen erhöhen. Der Widerspruch richte sich wiederum insbesondere gegen die Rechtmäßigkeit des EBM und des HVV sowie gegen die Bevorzugung von Berufsausübungsgemeinschaften. Außerdem werde ein Härtefallantrag im Hinblick auf die erfolgten Honorarkorrekturen gestellt.

Mit Bescheid vom 21.09.2009 wies die Beklagte dem Kläger für das Quartal 4/2009 ein RLV von 70.330,80 EUR zu. Der arztgruppenspezifische und der arztindividuelle RLV-Fallwert wurde auf 60,15 EUR festgesetzt.

Widerspruch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid vom 21.09.2009 für das Quartal 4/2009 wurde nicht erhoben.

Mit Honorarbescheid vom 16.04.2010 setzte die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal 4/2009 unter Anerkennung eines RLV von 70.330,80 EUR auf 117.686,01 EUR fest. Dem Kläger wurde zum Ausgleich des Honorarverlusts gegenüber dem Quartal 4/2008 eine konvergenzbedingte Ausgleichszahlung von 33.441,34 EUR gewährt.

Am 17.05.2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Honorarbescheid vom 16.04.2010 für das Quartal 4/2009. Die im Quartal 4/2009 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen sollten unbudgetiert vergütet werden, hilfsweise möge man für das Quartal 4/2009 - ggf. im Härtefallwege - ein höheres Honorar festsetzen. Zur Begründung werde auf die Begründung der Widersprüche gegen die zu den Vorquartalen bzw. Vorjahren ergangenen Bescheide verwiesen.

Am 31.08.2010 trug der Kläger ergänzend vor, die RLV-Zuweisungen seien teils nicht zeitgerecht und außerdem ohne ausreichende Begründung verfügt worden; die RLV-Berechnung sei nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar. Die Honorarbescheide (für die Quartale 1/2009 bis 4/2009) seien rechtswidrig. Die ihnen zugrundeliegenden Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) verstießen gegen höherrangiges Recht. Er habe im Quartal 1/2009 trotz konvergenzbedingter Ausgleichszahlungen und ungeachtet einer Steigerung der Fallzahl Honorar- und Fallwertverluste (5% bzw. 14,67%) hinnehmen müssen. Die Vergütung für Leistungen der Kernspintomographie sei nicht kostendeckend. Er könne die Praxis nur mit Einnahmen aus der Behandlung von privat Versicherten aufrechterhalten. Freie Leistungen gebe es in seiner Fachgruppe nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2011 wies die Beklagte die Widersprüche gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 und gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 zurück. Zur Begründung führte sie (u.a.) aus, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; die ihnen zugrundeliegenden Regelungen seien gültig. Honorar und Fallwert des Klägers hätten sich wie folgt entwickelt:

Quartal Honorar GKV konvergenzrelevant Veränderung Fallwert konvergenzrelevant Veränderung 1/2008 111.091,74 EUR - 17,47% 105,80 EUR - 25,88% 1/2009 91.678,64 EUR 78,42 EUR 2/2008 105.879,13 EUR - 29,89% 101,32 EUR - 38,96% 2/2009 74.222,41 EUR 61,85 EUR 3/2008 108.997,86 EUR - 19,17% 99,72 EUR - 31,09% 3/2009 88.098,31 EUR 68,72 EUR 4/2008 123.880,01 EUR -31,99% 106,79 EUR - 37,78% 4/2009 84.244,67 EUR 66,44 EUR

Unter Berücksichtigung der konvergenzbedingten Ausgleichszahlungen für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 (13.858,51 EUR, 26.362,74 EUR, 15.449,66 EUR bzw. 33.441,34 EUR) ergebe sich folgende Entwicklung:

Quartal Honorar GKV (2009 nach Konvergenz) Veränderung Fallzahl Veränderung Fallwert absolut Veränderung 1/2008 111.091,74 EUR - 5,00% 1.050 11,33% 105,80 EUR - 15,52% 1/2009 105.537,16 EUR 1.169 90,28 EUR 2/2008 105.879,13 EUR - 5,00% 1.045 4,35% 101,32 EUR - 8,96% 2/2009 100.585,18 EUR 1.200 83,82 EUR 3/2008 108.997,86 EUR - 5,00% 1.093 17,18% 99,72 EUR -18,93% 3/2009 103.547,93 EUR 1.282 80,77 EUR 4/2008 123.880,01 EUR - 5,00% 1.160 9,31% 106,79 EUR -13,09% 4/2009 117.686,01 EUR 1.268 92,81 EUR

Die trotz Fallzahlsteigerung eingetretenen Fallwertverluste beruhten in erster Linie auf erheblichen Überschreitungen der zugewiesenen RLV; hierfür gelte Folgendes:

Quartal Angeforderte Leistungsmenge Zugewiesenes RLV Überschreitung des RLV 1/2009 159.354,79 EUR 74.812,50 EUR 84.542,29 EUR 2/2009 163.298,12 EUR 63.671,85 EUR 99.626,09 EUR 3/2009 175.465,70 EUR 73.329,37 EUR 102.136,34 EUR 4/2009 171.010,10 EUR 70.330,80 EUR 100.679,26 EUR

Leistungen seien deswegen wie folgt quotiert vergütet worden:

Quartal RLV-Überschreitung Quotierte Vergütung Quote 1/2009 84.542,29 EUR 16.866,20 EUR 19,95% 2/2009 99.626,09 EUR 10.550,40 EUR 10,59% 3/2009 102.136,34 EUR 14.768, 90 EUR 14,52% 4/2009 100.679,26 EUR 13.913,88 EUR 13,82%

Der Honorarrückgang lasse sich allein mit den erheblichen Überschreitungen der zugewiesenen RLV erklären. Nach Maßgabe der Konvergenzvereinbarung vom 09.11.2009 seien die Honorar- und Fallwertverluste durch konvergenzbedingte Ausgleichszahlungen auf 95% des Honorars der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung begrenzt worden.

Am 25.02.2011 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2011). Zur Begründung trug er (u.a.) vor, die in den einschlägigen Beschlüssen des EBewA getroffene Feststellung, das Kriterium "Geschlecht" eigne sich nicht zur Abbildung der Morbidität, sei rechtswidrig; auch seien etwa die Unterschiede in den Kosten- und Versorgungsstrukturen der Bundesländer zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Die geltenden Härtefallregelungen würden seinem Fall nicht gerecht.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Außerdem habe der Kläger gegen die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 Widerspruch nicht eingelegt. Diese Bescheide seien bestandskräftig; der Kläger könne im Honorarstreit eine etwaige Fehlerhaftigkeit der RLV-Zuweisung daher nicht mehr geltend machen.

Mit Urteil vom 19.02.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, es könne offenbleiben, ob die den Honorarbescheiden für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 vorausgegangenen RLV-Zuweisungsbescheide bestandskräftig geworden seien (vgl. dazu Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 15.08.2012, - B 6 KA 38/11 R -, in juris). Die angefochtenen Bescheide seien nämlich rechtmäßig. Sie beruhten auf dem für das Jahr 2009 maßgeblichen HVV bzw. den Beschlüssen des EBewA vom 27./28.08.2008, 17.10.2008, 23.10.2008 und 23.04.2009. Das Fehlen einer Härtefallregelung (im HVV) habe der Kläger im Klageverfahren nicht mehr geltend gemacht. Die genannten Beschlüsse des EBewA und der auf ihnen beruhende HVV seien rechtsgültig bzw. verletzten Rechte des Klägers nicht.

Gegen das ihm am 27.03.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am (Montag, dem) 28.04.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt (u.a.) vor, der Rechtsauffassung des BSG (Urteil vom 11.12.2013, - B 6 KA 4/13 R -, in juris), wonach der EBewA mit den hier maßgeblichen Beschlüssen die gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur und im Hinblick auf die Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums "Geschlecht" gewahrt habe, sei nicht zu folgen. Der EBewA habe nicht offengelegt, ob und welche Daten er analysiert und seiner Beschlussfassung zugrunde gelegt habe. Auch im HVV sei das Morbiditätskriterium "Geschlecht" nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die genannte Rechtsprechung des BSG verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Man möge den EBewA auffordern, diejenigen Unterlagen vorzulegen, die ihn zu seiner (hier beanstandeten) Auffassung (Teil F Ziff. 3.2.2 des Beschlusses vom 27.08./28.08.2008) veranlasst hätten und man möge den Vorsitzenden des EBewA zum Verfahren beiladen. Außerdem liege ein Härtefall vor. Er habe mit den Widersprüchen gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 bzw. gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 jeweils Härtefallanträge gestellt. Über diese Anträge habe die Beklagte nicht entschieden. Härtefallgesichtspunkte seien auch Gegenstand des beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens L 5 KA 1896/14. Seit den Quartalen 2/2005 bis 4/2005 habe er bis zu den (streitgegenständlichen) Quartalen 1/2009 bis 4/2009 Fallwertverluste von 31,0% hinnehmen müssen. Auch in der Folgezeit sei das Honorar deutlich unter dem Stand der Jahre 2005 bis 2008 geblieben. Der RLV-bedingte Honorarverlust seit dem Quartal 2/2005 bis zum Quartal 3/2015 betrage 1.116.584,30 EUR. Die vom Vorstand der Beklagten festgelegten Härtefallkriterien würden den Verhältnissen seiner Praxis nicht gerecht. Die Beklagte vergleiche das aktuelle Quartal (nur) mit dem jeweiligen Vorjahresquartal und berücksichtige daher nicht, dass er schon seit vielen Jahren extreme Honorarverluste wegen der Einführung der RLV erlitten habe; das Honorar sei über die Jahre "erodiert". Der Vorjahresquartalsvergleich sei in seinem Fall daher ungeeignet; die Härtefallregelung des HVV sei nicht ausreichend. Die Beklagte hätte das Vorliegen eines atypischen Härtefalls prüfen müssen, der weder von den Härtefallkriterien ihres Vorstands noch von der Konvergenzregelung erfasst werde. Darüber hinaus dürfe der Vorstand der Beklagten den ihm bei der Feststellung des unbestimmten Rechtsgriffs "Härtefall" zukommenden Beurteilungsspielraum nicht durch allgemeine Regelungen ausfüllen; das Vorliegen eines Härtefalls müsse vielmehr einzelfallbezogen geprüft werden. Auch bei Honorar- bzw. Fallwertminderungen unterhalb der 20%-Schwelle könne ein Härtefall vorliegen; das folge aus der (älteren) Budget-Rechtsprechung. Es komme darauf an, ob die jeweilige Praxis von der Arztgruppentypik abweiche; das sei bei ihm der Fall. Er sei Facharzt für Radiologie und Nuklearmedizin, zur vertragsärztlichen Versorgung aber nur als Facharzt für Nuklearmedizin zugelassen. Dennoch habe man ihn mit der Gruppe der "Radiologen mit MRT" verglichen, was an sich richtig sei. Man müsse aber berücksichtigen, dass er ausschließlich MRT-Leistungen erbringe. Weitere Röntgenleistungen (konventionelles Röntgen, CT) dürfe er wegen weiterbildungsrechtlicher Vorgaben nicht erbringen. Ihm fehlten daher entsprechende "Verdünnerfälle", was zu einem Sonderopfer führe, da er keine weniger honorarintensiven Fälle mit konventionellen Röntgenleistungen oder konventionellen nuklearmedizinischen Leistungen habe. Das Sonderopfer gehe deutlich über das übliche Maß der RLV-bedingten Honorarkürzungen hinaus. Sollte ein größerer Defekt am MRT-Gerät auftreten, wäre die Existenz seiner Praxis gefährdet. Den Wartungsvertrag mit der Firma S. habe er mangels ausreichenden Honorars kündigen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 19.02.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 (vom 07.10.2009/24.06.2010, 14.12.2009, 15.01.2010 und 16.04.2010) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2011 zu verurteilen, das Honorar für die genannten Quartale ungekürzt (unquotiert), hilfsweise, unter Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten wegen der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen neu (und höher) festzusetzen, weiter hilfsweise, über die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Mit Beschluss vom 06.07.2016 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

Mit Schreiben vom 02.11.2016 hat der Kläger bei der Beklagten (u.a.) die Gewährung eines arztindividuellen Aufschlags auf den RLV-Fallwert wegen der in der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen liegenden Praxisbesonderheit beantragt.

Am 04.11.2016 hat der Kläger das Berufungsverfahren wieder angerufen; er stehe kurz vor der Insolvenz.

Mit Bescheid vom 12.12.2016 hat die Beklagte dem Kläger ab dem Quartal 3/2016 einen arztindividuellen Aufschlag auf den RLV-Fallwert wegen Praxisbesonderheit infolge der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen von 25,38 EUR gewährt.

Mit nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergangenen Beschlüssen vom 20.12.2016 (- L 5 KA 1867/12 - und - L 5 KA 1896/14 -) hat der Senat die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des SG vom 19.12.2014 (- S 11 KA 512/12 - und - S 11 KA 6869/12 -), die in den die Quartale 1/2010 und 2/2010 bzw. 3/2010 bis 4/2011 betreffenden Parallelverfahren ergangen sind, zurückgewiesen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in den genannten Senatsbeschlüssen gerichteten Beschwerden des Klägers hat das BSG mit Beschlüssen vom 28.06.2017 (- B 6 KA 16/17 B - und - B 6 KA 17/17 B -) zurückgewiesen.

Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, in den Quartalen 1/2009 bis 4/2009 sei die Konvergenzregelung als besondere Härtefallregelung anzuwenden gewesen; der Kläger habe nach Maßgabe der Konvergenzregelung (konvergenzbedingte) Ausgleichszahlungen (und damit besondere Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls) erhalten. Dagegen habe er sich im Klageverfahren nicht gewandt und insbesondere nicht geltend gemacht, die Ausgleichszahlungen seien zu niedrig und es würden weitere Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls begehrt. Damit sei in den angefochtenen Honorarbescheiden bestandskräftig über die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls entschieden worden. Die Härtefallregelung des HVM gelte für alle Ärzte und sei nicht anders als die Konvergenzregelung jeweils praxisindividuell zu prüfen. Nach der Konvergenzregelung würden Ausgleichszahlungen gewährt, wenn Honorar und Fallwert gegenüber dem Vorjahresquartal um mehr als 5% gesunken seien; damit werde als konvergenzbedingte Ausgleichszahlung ein Betrag von 95% des Fallwerts des Vorjahresquartals, maximal von 95% des Honorars des Vorjahresquartals gezahlt. Nach der allgemeinen Härtefallregelung werde (so die Rechtsprechung des BSG) eine Ausgleichszahlung (erst) gewährt, wenn Honorar und Fallwert gegenüber dem Vorjahresquartal um mehr als 20% gesunken seien. Diese Voraussetzung könne nach einer konvergenzbedingten Ausgleichszahlung naturgemäß nicht (mehr) erfüllt sein, da dann nur noch ein Honorarverlust (gegenüber dem Vorjahresquartal) von höchstens 5% bestehe; die allgemeine Härtefallregelung gehe ins Leere. Weitere Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls unter Außerachtlassung der konvergenzbedingten Ausgleichszahlungen - ggf. mit der Folge höheren Honorars als im jeweiligen Vorjahresquartal - kämen nicht in Betracht.

Der Kläger hat vorgetragen, die Konvergenzregelung habe praxisindividuelle Härtefallgründe nicht zum Gegenstand. Über seine Härtefallanträge sei noch nicht entschieden worden. Sein durchschnittliches Quartalshonorar sei von 142.500,50 EUR im Jahr 2005 auf 82.658,36 EUR im Jahr 2016 gesunken; das entspreche einem Rückgang um 59.842,14 EUR (42%). Der im Rahmen der Härtefallprüfung regelmäßig angestellte Vorjahresquartalsvergleich sei unzureichend, wenn, wie bei ihm, hohe Rückgänge (nur) über die Jahre hinweg stattgefunden hätten. Eine Fallgestaltung dieser Art werde vom HVM und den Härtefallrichtlinien (des Vorstands) der Beklagten nicht erfasst, weshalb nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG eine entsprechend erweiterte Härtefallregelung im Wege der (ergänzenden) Auslegung zu schaffen sei. Ein Honorarrückgang um 42% binnen 11 Jahren bei gleichzeitig steigenden Praxiskosten stelle eine besonders schwere Härte dar. Für das Quartal 3/2016 habe ihm die Beklagte wegen der in der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen liegenden Praxisbesonderheit nunmehr auf Grund eines Antrags vom 02.11.2016 mit Bescheid vom 12.12.2016 einen arztindividuellen Aufschlag von 25,38 EUR auf den RLV-Fallwert gewährt. Die genannte Praxisbesonderheit habe freilich schon immer bestanden. Er erbringe seit der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ausschließlich MRT-Leistungen; das gelte auch für die Quartale 1/2009 bis 4/2009. Die Beklagte hätte ihm deswegen schon früher einen entsprechenden Fallwertaufschlag gewähren müssen; andernfalls verhalte sie sich widersprüchlich. Er habe mit jedem Widerspruch gegen Honorarbescheide zugleich einen Härtefallantrag gestellt. Die Bestandskraft von RLV-Zuweisungsbescheiden schließe die Geltendmachung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls im Honorarstreit nicht aus. Nach Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) Schleswig-Holstein (Urteil vom 08.11.2016, - L 4 KA 44/14 -, Urteil vom 17.01.2017, - L 4 KA 56/14 -, beide in juris) stehe der gerichtlichen Prüfung von Praxisbesonderheiten und Härtefallgründen im Verfahren gegen den RLV-Zuweisungsbescheid und den Honorarbescheid nicht entgegen, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hierüber nicht in gesonderten Widerspruchsverfahren entschieden habe. Der Senat könne daher im vorliegenden Berufungsverfahren über seine Härtefallanträge befinden. Die auf Bundesebene vorgegebene Konvergenzregelung ersetze die praxisindividuelle Härtefallentscheidung auf der Ebene der KV nicht.

Am 12.04.2017 hat eine Erörterungsverhandlung stattgefunden. Der Kläger hat geltend gemacht, der jeweils gleichzeitig mit dem Widerspruch (gegen Honorarbescheide bzw. den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009) gestellte allgemeine Härtefallantrag enthalte auch einen Antrag auf Bewertung und Anerkennung von Praxisbesonderheiten. Eine nähere Substantiierung halte er für entbehrlich, da er nur MRT-Leistungen abrechne und die darin liegende Praxisbesonderheit in seinem Abrechnungsverhalten hervortrete. Die Beklagte hätte deswegen gleichsam von Amts wegen ein Verfahren zur Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten einleiten müssen. Die Beklagte hat angegeben, Praxisbesonderheiten seien bislang nicht Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens gewesen.

Die Beklagte hat abschließend geltend gemacht, ein Härtefallantrag, der keinerlei Ausführungen zu Praxisbesonderheiten enthalte, könne nicht als Antrag auf Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten ausgelegt werden. Sie müsse insoweit nicht "ins Blaue" ermitteln. Für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 lägen Anträge auf Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten nicht vor. Es gebe lediglich ein an ihren Vorstand gerichtetes Beschwerdeschreiben des Klägers vom 19.12.2008. Im angefochtenen Urteil sei klargestellt worden, dass die Härtefallfrage nicht mehr Streitgegenstand des Klageverfahrens gewesen sei. Das gelte auch für das Berufungsverfahren. Der Geltendmachung von Praxisbesonderheiten stehe zudem die Bestandskraft der RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 entgegen. Gegen die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 sei Widerspruch nicht eingelegt worden; hinsichtlich des Quartals 1/2009 habe der Kläger nach durchgeführtem Widerspruchsverfahren Klage nur gegen den Honorarbescheid und nicht auch gegen den RLV-Zuweisungsbescheid erhoben.

Die Beklagte hat ein an ihren Vorstand gerichtetes Beschwerdeschreiben des Klägers vom 19.12.2008 vorgelegt. Darin beklagt der Kläger den Rückgang der Vergütung für Kernspintomographie-Leistungen (von 150,00 EUR/Versicherter im September 2001 auf 93,00 EUR/Versicherter); die Vergütung sei nicht mehr kostendeckend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats einschließlich der beigezogenen Akten der Berufungsverfahren L 5 KA 1896/14 und L 5 KA 1867/14 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Streitgegenstand sind die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 (vom 07.10.2009/24.06.2010, 14.12.2009, 15.01.2010, 16.04.2010; Widerspruchsbescheid vom 03.02.2011). Der Kläger begehrt mit der hierfür statthaften kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG; zur kombinierten Anfechtungs- und Bescheidungsklage in Fällen der vorliegenden Art etwa BSG, Urteil vom 19.10.2011, - B 6 KA 22/10 R -, in juris Rdnr. 32) höheres Honorar für die streitgegenständlichen Quartale (von über 200.000 EUR). Er hält in erster Linie die Anwendung von RLV und die darauf beruhende gekürzte (quotierte) Vergütung seiner Leistungen schon dem Grunde nach für rechtswidrig und meint in zweiter Linie (hilfsweise), die Beklagte hätte bei der RLV-Zuweisung bzw. bei der RLV-Anerkennung (im Rahmen der Honorarfestsetzung) zumindest einen höheren arztindividuellen RLV-Fallwert durch Gewährung eines Aufschlags nach Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten infolge der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen anwenden müssen. Schließlich macht der Kläger (weiter hilfsweise) die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls geltend. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist (klar) überschritten. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und daher auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig.

II. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte hat das Honorar des Klägers für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 ohne Rechtsfehler festgesetzt. Der Kläger kann höheres Honorar durch ungekürzte (unquotierte) Vergütung seiner Leistungen und Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls nicht beanspruchen (unten 1). Der Senat kann die Beklagte - worüber die Beteiligten zuletzt noch im Wesentlichen streiten - auch nicht dazu verurteilen, das Honorar des Klägers für die streitgegenständlichen Quartale unter Gewährung eines arztindividuellen Aufschlags auf den RLV-Fallwert nach Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten wegen der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen neu (und höher) festzusetzen (unten 2).

1.) Der Kläger hat weder Anspruch auf ungekürzte (unquotierte) Vergütung der in den Quartalen 1/2009 bis 4/2009 erbrachten Leistungen noch auf die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls.

Die RLV-Zuweisung bzw. -Anerkennung und die darauf beruhende gekürzte (quotierte) Vergütung der das anerkannte RLV übersteigenden Leistungen ist rechtmäßig. Außerdem steht die Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) der zu den streitgegenständlichen Quartalen ergangenen RLV-Zuweisungsbescheide der Geltendmachung rechtswidriger RLV-Festsetzungen im Honorarstreit entgegen; gegen die RLV-Zuweisungsbescheide für die Quartale 2/2009 bis 4/2009 ist Widerspruch nicht eingelegt worden, den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 hat der Kläger mit der ausdrücklich nur gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 gerichteten Klage nicht angefochten. Der Senat hat entsprechende Entscheidungen gestützt auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG (u.a.) in den unter den Beteiligten nach § 153 Abs. 4 SGG ergangenen Senatsbeschlüssen vom 20.12.2016 (- L 5 KA 1867/12 - und - L 5 KA 1896/14 -) getroffen; mit diesen Beschlüssen sind die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des SG vom 19.12.2014 (- S 11 KA 512/12 - und - S 11 KA 6869/12 -), die in den die Quartale 1/2010 und 2/2010 bzw. 3/2010 bis 4/2011 betreffenden Parallelverfahren ergangen sind, zurückgewiesen worden. Die Senatsbeschlüsse sind nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden des Klägers durch das BSG (Beschlüsse vom 28.06.2017, - B 6 KA 16/17 B - und - B 6 KA 17/17 B -) rechtskräftig (vgl. auch Senatsbeschluss vom 10.01.2017, - L 5 KA 2440/14 -; BSG, Beschluss vom 02.08.2017, - B 6 KA 18/17 B -). Auf die Gründe der genannten Senatsbeschlüsse und der genannten Beschlüsse des BSG wird Bezug genommen; sie gelten vorliegend entsprechend.

Der Senat hat im (rechtskräftigen) Senatsbeschluss vom 20.12.2016 (- L 5 KA 1896/14 -) auch entschieden, dass der Kläger Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls für die Quartale 3/2010 bis 4/2011 nicht beanspruchen kann. Für die (hier streitgegenständlichen) Quartale 1/2009 bis 4/2009 gilt der Sache nach nichts anderes.

Die Klage ist indessen (auch insoweit) zulässig, als sie die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls zum Gegenstand hat. Dem stehen weder das Erfordernis der Vorgängigkeit des Verwaltungsverfahrens (Behördenantrags) und der Durchführung des Widerspruchsverfahrens noch bestandskräftig (unanfechtbar) gewordene Teilregelungen der Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 entgegen.

Der Kläger hat mit den Widersprüchen gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 und die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 und damit (noch) im Verwaltungsverfahren jeweils der Sache nach (hilfsweise) die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls beantragt. Dem Erfordernis der Vorgängigkeit des Verwaltungsverfahrens (des Behördenantrags, vgl. zum Antragserfordernis insoweit auch § 12 Abs. 1 Satz 1 HVV) als (nicht nachholbarer) Klagevoraussetzung (dazu noch im Folgenden unter 2.) ist damit Genüge getan. Die Beklagte hat durch die in den Honorarbescheiden für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 verfügte Gewährung konvergenzbedingter Ausgleichszahlungen auch eine Verwaltungsentscheidung zur Härtefallfrage getroffen und das Widerspruchsverfahren durchgeführt. Dass die Honorarbescheide und der Widerspruchsbescheid insoweit die Honorarstützung durch konvergenzbedingte Ausgleichszahlungen zum Gegenstand haben, ist unschädlich. Diese Ausgleichszahlungen dienen in der Sache, nicht anders als Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls im Übrigen, dem Ausgleich von Härten durch Honorarverluste; worauf die Honorarverluste beruhen - im Fall konvergenzbedingter Ausgleichszahlungen auf den Folgen der RLV-Einführung - ist unerheblich. Die in den Honorarbescheiden für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 verfügte Festsetzung konvergenzbedingter Ausgleichszahlungen ist nicht bestandskräftig (unanfechtbar) geworden. Der Kläger hat die genannten Honorarbescheide jeweils insgesamt und nicht nur teilweise unter Ausnahme der darin als Teilregelung verfügten Festsetzung konvergenzbedingter Ausgleichszahlungen angefochten. Eine Teilanfechtung dieser Art oder eine entsprechende Teilrücknahme der Klage (§ 102 SGG) im sozialgerichtlichen Verfahren hätte ausreichend klar zum Ausdruck gebracht werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 23.02.2005, - B 6 KA 77/03 -, in juris; auch etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.10.2016, - L 5 KA 1918/14 -, in juris Rdnr. 56), was nicht geschehen ist.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls sind in den Quartalen 1/2009 bis 4/2009 jedoch nicht erfüllt. Gemäß Teil B § 12 Abs. 1 Satz 1 HVV (zum Erfordernis von Härteklauseln im RLV-System BSG, Urteil vom 05.06.2013, - B 6 KA 32/12 R -, in juris Rdnr. 28 ff.) prüft die Beklagte auf Antrag des Arztes, inwiefern eine befristete Ausgleichszahlung erfolgen kann, wenn sich das Honorar einer Arztpraxis und das Honorar je Fall um mehr als 15% gegenüber dem Vorjahresquartal verringert. Die Ausgleichszahlung wird bis maximal 85% des Vorjahresquartals geleistet (Teil B § 12 Abs. 1 Satz 3 HVV). Da der Honorarrückgang des Klägers in den Quartalen 1/2009 bis 4/2009 gegenüber dem jeweiligen Vorjahresquartal infolge der Gewährung konvergenzbedingter Ausgleichszahlungen (unstreitig) nur 5% beträgt und er 95% des Honorars des Vorjahresquartals erhalten hat, kommt eine (weitere) Ausgleichszahlung wegen Härtfalls nicht (mehr) in Betracht. Mit der Gewährung von 95% des Vorjahresquartalshonorars kann auch eine - ohne weitere Substantiierung - geltend gemachte Gefährdung der Praxisexistenz nicht angenommen werden (vgl. dazu auch etwa BSG, Urteil vom 29.06.2011, - B 6 KA 17/10 R -, in juris Rdnr. 30 ebenfalls zu konvergenzbedingten Stützungszahlungen).

Die Härtefallregelung des HVV ist rechtsgültig. Sie ist aus Rechtsgründen auch nicht im Wege der ergänzenden Auslegung (des "Hineininterpretierens" - vgl. BSG, Urteil vom 03.08.2016, - B 6 KA 42/15 R -, in juris Rdnr. 27; Urteil vom 17.07.2013, - B 6 KA 44/12 R -, in juris Rdnr. 51) zu erweitern (vgl. auch Senatsbeschluss vom 20.12.2016, - L 5 KA 1896/14 - unter Bezugnahme auf das Urteil des SG vom 19.02.2014, - S 11 KA 6869/12 -, dort S. 11 ff.). Das gilt namentlich in Ansehung der Härtefallfeststellung durch Vorjahresquartalsvergleich. Der Vorjahresquartalsvergleich stellt eine mit höherrangigem Recht in Einklang stehende und sachgerechte Methode zur Bewertung der Entwicklung von Honorar- und Fallwert des Vertragsarztes dar. Die Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls erfolgt wie die Honorarfestsetzung quartalsbezogen und muss berücksichtigen, dass das Leistungs- und Abrechnungsverhalten des Vertragsarztes nicht in jedem Quartal deckungsgleich ist. Deshalb findet (auch) für die Härtefallprüfung ein Quartalsvergleich statt. Dass der Quartalsvergleich als Vorjahresquartalsvergleich durchgeführt wird, soll (sachgerecht) Verzerrungen durch saisonale Schwankungen in der Leistungserbringung ausschließen. Eine aus dem Vorjahresquartalsvergleich gelöste (mit den Anforderungen an die Verteilung der aktuellen Gesamtvergütung ohnehin nicht zu vereinbarende) Betrachtung der Langzeitentwicklung von Honorar- und Fallwert des Vertragsarztes über (viele) Jahre hinweg, ggf. zurück bis zur Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bzw. zur Praxisgründung, kann demgegenüber nicht stattfinden, zumal die ungünstige wirtschaftliche Langzeitentwicklung einer Vertragsarztpraxis auf vielfältigen Gründen beruhen kann, die im Nachhinein nicht allesamt und nicht ohne Weiteres den Härtefallgründen im Rechtssinne zuzuordnen sind. Wenn sich infolge einer besonderen Praxisausrichtung mit eingeschränktem Leistungsspektrum eine wirtschaftliche Entwicklung abzeichnet, die die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis durch über die Jahre auflaufende Honorarverluste gefährdet, muss der Vertragsarzt hierauf reagieren; er kann nicht darauf vertrauen, dass die KV die wirtschaftliche Tragfähigkeit seiner Praxis außerhalb der einschlägigen Härtefallregelungen durch entsprechende (außerordentliche und dauerhafte) Stützungszahlungen gewährleistet. Wirtschaftlichen Schieflagen der in Rede stehenden Art kann mit dem Instrumentarium des Honorarverteilungsrechts nicht abgeholfen werden.

2.) Der Senat kann die Beklagte nicht dazu verurteilen, das Honorar des Klägers für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 unter Gewährung eines arztindividuellen Aufschlags auf den RLV-Fallwert nach Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten wegen der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen neu (und höher) festzusetzen. Dieses Begehren ist nicht zulässiger Gegenstand der gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Bescheidungsklage. Es fehlt an einem vorgängigen Verwaltungsverfahren bzw. Behördenantrag.

Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage, sei es als Vornahme-, sei es als Bescheidungsklage, setzt voraus, dass vor Klagerhebung das Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist. Der Kläger muss die im Gerichtsverfahren mit der Verpflichtungsklage begehrte Leistung zuerst (erfolglos) bei der Verwaltungsbehörde beantragt haben. Eine ohne vorherige Einleitung des Verwaltungsverfahrens erhobene Verpflichtungsklage ist unzulässig (NK-VwGO/Sodan, § 42 Rdnr. 37 m.w.N.). Bei dem Erfordernis des vorgängigen Verwaltungsverfahrens bzw. des vorgängigen Behördenantrags handelt es sich nicht um eine im Gerichtsverfahren ggf. nachholbare Prozessvoraussetzung, sondern um eine nicht nachholbare Klagevoraussetzung (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 03.03.2011, - 7 C 4/10 - oder Urteil vom 28.11.2007, - 6 C 42/06 -; auch VG Berlin, Urteil vom 17.03.2016, - 1 K 229.15 - m.w.N. zur Rspr. des BVerwG; alle in juris). Die zum (allgemeinen) Prozessrecht der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entwickelten Rechtsgrundsätze gelten auch für das (besondere) Prozessrecht des SGG (vgl. etwa Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG § 54 Rdnr. 21), unbeschadet der Unterschiede im Hinblick auf die prozessrechtliche Behandlung behördlicher Untätigkeit nach erfolgtem Behördenantrag (vgl. § 75 VwGO einerseits bzw. § 88 SGG andererseits (echte Untätigkeitsklage)). Die Vorgängigkeit des Verwaltungsverfahrens bzw. des Behördenantrags dient nämlich der Wahrung des prozessordnungsübergreifenden Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG); der Verwaltungsbehörde kommt das Handlungsmandat zu, an dessen (vorgängige) Ausübung das Kontrollmandat des Gerichts anknüpft. Außerdem sollen die Gerichte (die Sozialgerichte nicht anders als die Verwaltungsgerichte) entlastet werden (NK-VwGO/Sodan, a.a.O.; VG Berlin, a.a.O.).

Nach näherer Maßgabe des Teil B § 11 Abs. 1 HVV ergeben sich Praxisbesonderheiten aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen Spezialisierung. Das Nähere regelt die Beklagte (Teil B § 11 Abs. 2 HVV). Hierzu ist u.a. bestimmt, dass die Anerkennung von Praxisbesonderheiten eines Antrags bei der Beklagten bedarf. Dieser muss neben einem Hinweis auf die Besonderheit auch diejenigen Leistungen beinhalten, in denen sich die Praxisbesonderheit ausdrückt. Bei Erfüllung der Voraussetzungen (für die Anerkennung einer Praxisbesonderheit) erfolgt ein arztindividueller Zuschlag auf den arztgruppenspezifischen RLV-Fallwert.

Das Erfordernis, die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten bei der KV (ausreichend substantiiert) zu beantragen, ist rechtsgültig. RLV-Zuweisung und Honorarfestsetzung finden im Zuge einer Massenverwaltung statt. In der Masse der von der KV jeweils zu verarbeitenden (Abrechnungs-)Daten tritt das Vorliegen von Praxisbesonderheiten eines Vertragsarztes grundsätzlich nicht hervor. Der Vertragsarzt muss die KV auf etwaige Praxisbesonderheiten daher im Verfahren auf Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten hinweisen (vgl. auch etwa LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.01.2017, - L 4 KA 53/14 -, in juris Rdnr. 54). Von Amts wegen findet die Prüfung von Praxisbesonderheiten nicht statt. Das gilt auch dann, wenn ein Vertragsarzt, wie der Kläger, regelmäßig nur bestimmte Leistungen (hier MRT-Leistungen) abrechnet.

Der Kläger hat die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 nicht beantragt. Das an den Vorstand der Beklagten gerichtete Beschwerdeschreiben des Klägers vom 19.12.2008, in dem er sich über Honorarrückgänge für Kernspintomographie-Leistungen und die aus seiner Sicht unzureichende Vergütung dieser Leistungen beklagt, stellt einen Antrag, erst recht einen ausreichend substantiierten Antrag, auf Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten nicht dar. Das gilt auch für die (allgemeinen) Härtefallanträge, die der Kläger mit den Widersprüchen gegen den RLV-Zuweisungsbescheid für das Quartal 1/2009 und gegen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2009 bis 4/2009 gestellt hat. Ein Verwaltungsverfahren über die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten wegen der ausschließlichen Erbringung von MRT-Leistungen hat erst auf den entsprechenden Antrag des Klägers im Schreiben 02.11.2016 stattgefunden. Es ist durch die im Bescheid der Beklagten vom 12.12.2016 verfügte Zuerkennung eines arztindividuellen Aufschlags auf den RLV-Fallwert von 25,38 EUR abgeschlossen worden. Die Verurteilung der Beklagten zur rückwirkenden Zuerkennung gleichartiger Fallwertaufschläge für die (weit) zurückliegenden Quartale 1/2009 bis 4/2009 im Berufungsverfahren ist ohne vorgängiges Verwaltungsverfahren nicht möglich.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es auf die Frage, ob bestandskräftige (unanfechtbare) RLV-Zuweisungen der Geltendmachung eines arztindividuellen Aufschlags auf den RLV-Fallwert wegen Praxisbesonderheit im Honorarstreit entgegen stehen, nicht mehr an und es ist auch unerheblich, ob die ausschließliche Erbringung von MRT-Leistungen überhaupt eine Praxisbesonderheit im Rechtssinne darstellt. Der Kläger hat die Anerkennung und Bewertung von Praxisbesonderheiten ersichtlich auch deshalb nicht beantragt und eine (rechtsmittelfähige) Verwaltungsentscheidung hierüber nicht angestrebt, weil er von dem Vorliegen eines (atypischen) Härtefalls, jedoch (was - ohne dass der Senat hierüber zu entscheiden hätte - wohl zutreffend sein dürfte) nicht vom Vorliegen von Praxisbesonderheiten ausgegangen ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 3, 45 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Die wegen RLV-Überschreitung in den Quartalen 1/2009 bis 4/2009 verfügte Honorarkürzung beträgt 330.884,51 EUR. Von diesem Betrag sind konvergenzbedingte Stützungszahlungen von 89.112,25 EUR abzuziehen. Der Hauptantrag des Klägers richtet sich damit auf die Festsetzung höheren Honorars von 241.772,26 EUR. Die hilfsweise begehrte Festsetzung höheren Honorars (zumindest) durch Gewährung eines arztindividuellen Aufschlags auf den RLV-Fallwert wegen Praxisbesonderheit und die weiter hilfsweise begehrte Festsetzung höheren Honorars durch Gewährung von Ausgleichszahlungen wegen Härtefalls betreffen denselben Gegenstand wie der Hauptantrag (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG), so dass der Streitwert auf 241.772,26 EUR festzusetzen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved