35 AS 4231/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
35 AS 4231/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Werden nach einer vorläufigen Bewilligung die Leistungen endgültig abgelehnt, sind die vom Leistungsträger an ein Versicherungsunternehmen gezahlten Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nicht vom Leistungsempfänger zu erstatten.
1. Der Erstattungsbescheid vom 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2015 (W xxx/2015) wird aufgehoben, soweit die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 286,27 EUR verlangt wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 1/3, im Übrigen trägt sie der Kläger selbst.

4. Für den Beklagten wird die Sprungrevision zugelassen; für den Kläger wird die Berufung nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die endgültige Festsetzung und Erstattung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Mai 2015.

Der am 00. März 1971 geborene und zumindest im damaligen Zeitraum erwerbsfähige Kläger bezog im streitgegenständlichen Zeitraum Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II von dem Beklagten.

Im Zeitraum vom 2. November 2011 bis zum 16. November 2014 verbüßte der Kläger eine Haftstrafe in Ägypten, nachdem er zuvor selbstständig in einer Bäckerei und im Sicherheitsgewerbe tätig gewesen war.

Auf den Antrag vom 20. November 2014 hin bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25. November 2014 vorläufige Leistungen für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Mai 2015, für den streitgegenständlichen Zeitraum i.H.v. monatlich 399,00 EUR. Die Vorläufigkeit der Bewilligung ergab sich dabei aus dem Verfügungssatz und wurde mit dem noch nicht feststehenden Vermögen des Klägers begründet.

Nachdem der Kläger monatliche Unterkunfts- und Heizkosten i.H.v. 197,06 EUR nachgewiesen hatte, bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 18. Dezember 2014 höhere Leistungen für den o.g. Bewilligungszeitraum, für den streitgegenständlichen Zeitraum i.H.v. monatlich 596,06 EUR. Die Vorläufigkeit der Bewilligung ergab sich wiederum aus dem Verfügungssatz.

Im streitgegenständlichen Zeitraum unterhielt der Kläger eine private Kranken- und Pflegeversicherung, bei welcher er zum Basistarif versichert war. Für die private Krankenversicherung waren monatlich 266,09 EUR, für die private Pflegeversicherung monatlich 20,18 EUR zu zahlen.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger Zuschüsse zu der privaten Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 17. November 2014 bis zum 31. Mai 2015, für den streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe des vollen zu zahlenden Beitrags, vorläufig. Die Vorläufigkeit der Bewilligung ergab sich auch hier aus dem Verfügungssatz und wurde mit dem noch nicht feststehenden Vermögen des Klägers begründet. Die Zuschüsse wurden vom Beklagten direkt an die private Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt.

Spätestens am 3. Februar 2015 teilte der Kläger dem Beklagten mit, erneut ein Gewerbe im Sicherheitsbereich angemeldet zu haben und legte hierfür die Gewerbeanmeldung vom 3. Februar 2015 sowie einen Businessplan vor.

Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17. März 2015 mit, dass die Leistungen ab dem 1. April 2015 vorläufig eingestellt werden würden. Leistungen wurden danach nicht mehr ausgezahlt.

Für seine Tätigkeit nutzte der Kläger ein Büro in seiner privaten Wohnung.

Im April 2015 erhielt der Kläger ein Darlehen i.H.v. 8.500,00 EUR von seinen Eltern, mit welchem er noch im selben Monat die Anschaffung eines Kfz finanzierte. Das Darlehen tilgte der Kläger spätestens im Mai 2015 durch Zahlungen von insgesamt 3.200,00 EUR an seine Eltern teilweise.

Mit am 10. Juni 2015 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben machte der Kläger Angaben zu seinen Betriebseinnahmen und –ausgaben im Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Mai 2015.

Dabei gab er die von seinen Eltern erhaltenen 8.500,00 EUR als Betriebseinnahme an. Zugleich machte er den Kaufpreis des Kfz in Höhe des gleichen Betrages, weitere Kosten für den Autokauf i.H.v. 77,40 EUR und die Darlehensrückzahlung i.H.v. 3.200,00 EUR als Betriebsausgaben geltend. Für die laufenden Kosten des Kfz setzte der Kläger für April 2015 und Mai 2015 Betriebsausgaben von insgesamt 1.301,23 EUR an, währenddessen für die Monate Februar 2015 und März 2015 lediglich die betriebliche Nutzung eines privaten Fahrzeugs geltend gemachten wurde. Als Raumkosten und Miete für Einrichtungen gab er jeweils 196,06 EUR an. Zudem machte der Kläger monatlich verschieden hohe Telefonkosten als Betriebsausgaben geltend. In der Spalte "vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer" trug der Kläger für April 2015 "- 241,67" ein.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2015 forderte der Beklagte den Kläger u.a. auf, Belege für die geltend gemachten Betriebsausgaben vorzulegen. Ausgaben für das Fahrzeug könnten nur bei Vorlage eines Fahrtenbuchs abgesetzt werden. Die Unterlagen seien bis zum 3. Juli 2015 einzureichen. Hierauf reagierte der Kläger laut eines ersten Vermerks des Beklagten nicht, nach einem späteren Vermerk gab der Kläger die Unterlagen am 23. Juni 2015 persönlich bei dem Beklagten ab.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2015 setzte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2015 erstmals endgültig fest und lehnte den Leistungsantrag vollständig ab. Zudem verlangte er mit weiterem Bescheid desselben Datums die Erstattung der vorläufig gezahlten Leistungen einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Darin wurde ausgeführt, der Kläger sei der Aufforderung, seine Betriebseinnahmen und –ausgaben zu belegen, nicht nachgekommen, sodass von einem geschätzten bedarfsdeckenden Einkommen auszugehen sei.

Am 22. Juli 2015 wies der Kläger den Beklagten per E-Mail darauf hin, dass er die Unterlagen bereits am 23. Juni 2015 eingereicht habe, welche sich auch in der Verwaltungsakte finden. Ein Fahrtenbuch legte der Kläger nicht vor. Vielmehr teilte der Kläger mit, dass er nach einer Überprüfung des Finanzamtes kein Fahrtenbuch führen müsse und das Fahrzeug nach der "1%-Regelung" abgerechnet werde.

Mit weiterem Schreiben vom 22. Juli 2015, eingegangen bei dem Beklagten am 30. Juli 2015, legte der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 17. Juli 2015 ein.

Auf die E-Mail des Klägers vom 22. Juli 2015 hin hob der Beklagte mit Bescheid vom 28. Juli 2015 die Bescheide vom 17. Juli 2015 nach § 44 SGB X auf, da die Rechtsgrundlage nicht richtig angewendet worden sei, und setzte die Leistungen für den streitgegenständlichen wiederum mit dem per Post übermittelten Bescheid vom 28. Juli 2015 auf Grundlage der eingereichten Unterlagen endgültig auf 0,00 EUR fest. Zudem verlangte der Beklagte erneut die Erstattung der für Februar 2015 und März 2015 ausgezahlten vorläufigen Leistungen i.H.v. insgesamt 1.764,66 EUR, welche sich aus dem Regelbedarf i.H.v. monatlich 399,00 EUR, den Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 197,06 EUR und den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. monatlich 286,27 EUR zusammensetzten.

Der Beklagte führte dabei aus, dass das Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit des Klägers anhand der eingereichten Anlage EKS mit Unterlagen überprüft und eingearbeitet worden sei, wodurch die Hilfebedürftigkeit entfallen sei. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nach § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II, § 335 Abs. 1 SGB III zu erstatten.

Bei der Berechnung des Gewinns aus der selbstständigen Tätigkeit übernahm der Beklagte die Angaben des Klägers zu seinen Betriebseinnahmen, einschließlich der 8.500,00 EUR aus dem Darlehen der Eltern des Klägers. Lediglich der in der Spalte "vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer" angegebene Betrag von -241,67 EUR wurde mangels Nachweises nicht berücksichtigt.

Bei den Betriebsausgaben erkannte der Beklagte die geltend gemachten Raumkosten bzw. die Miete für Einrichtungen nicht an, da diese Kosten bereits als Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigt wurden. Die Telefonausgaben erkannte der Beklagte zu 50% i.H.v. 252,68 EUR an, da das Maß der betrieblichen Nutzung des Telefons nicht konkret nachgewiesen worden sei. Letztlich ließ der Beklagte die Teilrückzahlung des Darlehens von 3.200,00 EUR im Mai 2015 unberücksichtigt, wohingegen er den Kaufpreis für das Kfz i.H.v. 8.500,00 EUR als Betriebsausgabe in die Berechnung des Gewinns einbezog. Im Übrigen übernahm er die Angaben des Klägers.

Somit errechnete der Beklagte einen Gesamtgewinn von 7.009,42 EUR, den der Beklagte auf vier Monate aufteilte, sodass sich ein monatlicher Gewinn von 1.752,35 EUR ergab.

Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 17. Juli 2015 in Verbindung mit dem Bescheid vom 28. Juli 2017 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2015 als unbegründet zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid ging der Beklagte von einem Gewinn von insgesamt 6.525,64 EUR und somit 1.631,41 EUR/Monat aus, wovon nach Abzug der Freibeträge monatlich 1.331,41 EUR als Einkommen anzurechnen seien.

Hiergegen richtet sich die am 6. November 2015 bei Gericht eingegangene Klage, mit welcher der Kläger laut Klageschrift die Aufhebung des Bescheides vom 28. Juli 2015 begehrte.

Der Kläger wendet sich gegen die nur anteilige Berücksichtigung der Telefonkosten. Dies widerspreche steuerrechtlichen Vorschriften, wonach lediglich 20% bis 25% privater Nutzung anzusetzen seien. Zudem sei die Darlehensrückzahlung i.H.v. 3.200,00 EUR als Betriebsausgabe anzuerkennen. Die Notwendigkeit der Rückzahlung des Darlehens ergebe sich schon aus dessen Aufnahme. Letztlich seien die vom Beklagten gewährten Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht zu erstatten.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2015 zu verurteilen, dem Kläger höhere Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Mai 2015 unter Berücksichtigung der Betriebsausgaben für die Anschaffung und den Betrieb des Kfz des Klägers sowie die Darlehensrückzahlung und unter Berücksichtigung der Ausgaben für das Telefon zu bewilligen sowie den Erstattungsbescheid unter Berücksichtigung der höheren Leistungsbewilligung zu reduzieren und ihn aufzuheben, soweit darin die Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge verlangt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ein Fehler bei der Berechnung des Gewinns zum Nachteil des Klägers liege nicht vor. Auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien vom Kläger zu erstatten. Rechtsgrundlage hierfür sei § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III, § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II a.F. Anders als die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung würden die Beiträge zur privaten Versicherung unmittelbar von der Erstattungsregelung erfasst.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte des Beklagten (xxxxxxxxxxx) beigezogen. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Gegenstand des Verfahrens.

Wegen der Einzelheiten, auch im Vorbingen der Beteiligten, wird auf die Gerichts- und Beklagtenakte sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

1. Streitgegenständlich ist der Bescheid zur endgültigen Festsetzung und Erstattung von Leistungen vom 28. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2015.

Der Bescheid vom 28. Juli 2015 galt, selbst wenn er noch am selben Tag zur Post gegeben worden sein sollte, nach § 37 Abs. 2 S. 1 SGB X frühestens am 31. Juli 2015 und damit nach Eingang des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 17. Juli 2015 als bekanntgegeben, sodass er nach § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist. Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid auch ausdrücklich über den Bescheid vom 28. Juli 2015 entschieden.

Für den Bescheid vom 17. Juli 2015 ist hingegen durch seine Aufhebung Erledigung eingetreten.

2. Soweit die Leistungen für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 0,00 EUR festgesetzt wurden, verletzt der angegriffene Bescheid den Kläger nicht in seinen Rechten, da dieser keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatte.

a) Die endgültige Festsetzung war dem Grund nach rechtmäßig.

Über die Erbringung von Geldleistungen konnte gem. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a. F ..., § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich war, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorlagen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstanden, nicht zu vertreten hatte.

Auf dieser Grundlage wurde die Vorläufigkeit der Leistungen zumindest in den Bescheiden vom 25. November 2014 und vom 18. Dezember 2014 wirksam verfügt. Auf die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Bewilligung kommt es nicht mehr an, da die Bescheide nunmehr bestandskräftig sind (BSG Urt. v. 10. Mai 2011 – B 4 AS 139/10 R Rn. 15).

Nachdem alle für die Berechnung des Anspruchs relevanten Umstände bekannt waren, konnten die Leistungen endgültig festgesetzt werden.

b) Die endgültige Festsetzung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

aa) Der Kläger ist dem Grunde nach leistungsberechtigt i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II.

Danach ist leistungsberechtigt, wer das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, erwerbsfähig ist, hilfebedürftig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat.

Bis auf die Hilfebedürftigkeit lagen diese Voraussetzungen bei dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig vor.

bb) Der Kläger war jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig.

Hilfebedürftig ist gem. § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der Kläger konnte seinen Lebensunterhalt aus dem zu berücksichtigenden Einkommen vollständig sichern.

(1) Der Beklagte hat den Bedarf des Klägers zutreffend ermittelt.

Dieser setzte sich gem. § 20 Abs. 1 SGB II aus dem Regelbedarf i.H.v. monatlich 399,00 EUR und gem. § 22 Abs. 1 SGB II aus den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 197,06 EUR zusammen und betrug damit monatlich 596,06 EUR.

(2) Hierauf war das Einkommen des Klägers anzurechnen.

Als Einkommen zu berücksichtigen waren nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II a.F. Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen.

Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum Einnahmen in Geld aus seiner selbstständigen Tätigkeit erzielt.

Die Berechnung des Einkommens durch den Beklagten war jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers fehlerhaft.

Bei der Berechnung des Einkommens aus selbstständiger Arbeit ist gem. § 3 Abs. 1 S. 1 ALG-II-V von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind nach § 3 Abs. 1 S. 2 ALG-II-V alle aus selbstständiger Arbeit erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen.

Der Beklagte hat die Angaben des Klägers zu seinen Betriebseinnahmen weitgehend übernommen. Lediglich den Abzug des vom Kläger in die Zeile "vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer" eingetragenen Betrages hat der Beklagte nicht vorgenommen. Der Kläger hat diese Eintragung im Verwaltungs- und Klageverfahren nicht erklären und belegen können, sodass der Abzug nicht zu berücksichtigen war.

Die Zahlung aus dem Darlehen war entgegen der Verfahrensweise der Beteiligten nicht als Betriebseinnahme zu berücksichtigen.

Das Darlehen wurde hier zur Anschaffung einen Kfz verwendet. Die Darlehensauszahlung wäre demnach allenfalls dann als Betriebseinnahme zu werten gewesen, wenn die Anschaffung des Kfz aus betrieblicher Veranlassung erfolgte, wovon auszugehen wäre, wenn es gem. § 3 Abs. 7 S. 3 ALG-II-V überwiegend betrieblich genutzt worden wäre (vgl. aber zur Nichtberücksichtigung von Einnahmen auch aus betrieblichen Darlehen: LSG Niedersachen/Bremen Urt. v. 23. April 2012 – L 9 AS 757/11 Rn. 41). Einen entsprechenden Nachweis hat der Kläger trotz Aufforderung des Beklagten nicht erbracht. Dabei ist es auch unerheblich, dass der Kläger nach steuerrechtlichen Vorschriften nicht zur Führung eines Fahrtenbuchs verpflichtet gewesen sein mag. Denn die Betriebsausgaben sind laut § 3 Abs. 2 ALG-II-V ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften zu ermitteln. Die überwiegende betriebliche Nutzung wäre demnach konkret zu belegen gewesen. Dies gilt umso mehr, da für die Monate vor der Anschaffung des neuen Kfz auch nach den Angaben des Klägers betriebliche Fahrten in einem überwiegend privat genutzten Fahrzeug getätigt wurden.

Da somit die überwiegend betriebliche Nutzung des Kfz nicht nachgewiesen ist, war die Zahlung aus dem Darlehen als private Einnahme zu werten, die aufgrund der von vornherein bestehenden Rückzahlungspflicht nicht als Einkommen anzurechnen gewesen ist (BSG Urt. v. 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R Rn. 16).

Es ist damit von Betriebseinnahmen i.H.v. insgesamt 13.149,80 EUR auszugehen.

Laut § 3 Abs. 2 ALG-II-V sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.

Die Anschaffungskosten des Kfz waren in keinem Fall als Betriebsausgabe zu berücksichtigen. Da von einer überwiegenden privaten Nutzung auszugehen ist, folgte dies schon aus der fehlenden betrieblichen Veranlassung. Selbst wenn diese jedoch vorgelegen hätte, wäre die Ausgabe aufgrund ihrer Finanzierung durch ein Darlehen nach § 3 Abs. 3 S. 5 ALG-II-V nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen. In diesem Falle wäre vielmehr lediglich die Rückzahlung des Darlehens i.H.v. 3.200,00 EUR zu berücksichtigen gewesen, was jedoch mangels Nachweises der betrieblichen Veranlassung der Darlehensaufnahme ausscheidet.

Aus demselben Grund sind auch die laufenden Kosten des Fahrzeugs i.H.v. 1.301,23 EUR nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Eine konkrete betriebliche Nutzung des (Privat-) Fahrzeuges wurde ebenfalls nicht belegt.

Die Raumkosten konnten bei vollständiger Anerkennung der Unterkunfts- und Heizkosten als Bedarf nicht ein weiteres Mal als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, da der Kläger seine gewerbliche Tätigkeit von seiner Wohnung aus betrieb.

Letztlich hat der Beklagte die Telefonkosten zutreffend zu 50% als Betriebsausgabe berücksichtigt, da das Maß der betrieblichen Nutzung im Verhältnis zur Privatnutzung nicht konkret belegt wurde. Dass nach steuerrechtlichen Vorschriften eine andere Pauschale angesetzt worden sein mag, ist nach § 3 Abs. 2 ALG-II-V wiederum unerheblich. Mangels konkreter Anhaltspunkte erscheint die Annahme einer gleichermaßen privaten wie betrieblichen Nutzung als angemessen.

Im Übrigen sind Umstände, die einer Anerkennung der sonstigen vom Kläger geltend gemachten Betriebsausgaben entgegenständen, weder vorgetragen noch ersichtlich.

Es sind damit Betriebsausgaben i.H.v. insgesamt 4.976,32 EUR anzuerkennen.

Damit ergibt sich ein Gesamtgewinn von 8.173,48 EUR.

Nach § 3 Abs. 4 ALG-II-V ist für jeden Monat der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.

Da die selbstständige Tätigkeit erst ab Februar 2015 ausgeübt wurde, war das Einkommen laut § 3 Abs. 1 S. 3 ALG-II-V erst ab diesem Zeitpunkt anzurechnen und nach § 3 Abs. 4 S. 2 ALG-II-V auch nur auf die vier Monate ab Februar 2015 zu verteilen.

Der monatliche Gewinn liegt somit bei 2.043,37 EUR.

Hiervon waren der Grundfreibetrag i.H.v. 100,00 EUR aus § 11b Abs. 2 S. 1 SGB II und der Erwerbstätigenfreibetrag aus § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II abzusetzen, sodass sich ein anzurechnendes monatliches Einkommen von 1.743,37 EUR ergibt, welches den Bedarf des Klägers vollständig deckt.

c) Aufgrund des anzurechnenden Einkommens entstand auch durch die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung keine Hilfebedürftigkeit des Klägers, sodass die Gewährung etwaiger Zuschüsse nach § 26 SGB II a.F. nicht in Betracht kam.

3. Die mit dem angegriffenen Bescheid geltend gemachte Erstattungsforderung verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit sich diese auf die Gewährten Zuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung bezieht.

a) Die Geltendmachung der Erstattung ist rechtmäßig, soweit sie sich auf die vorläufig bewilligten Leistungen zur Deckung des Regelbedarfes und des Bedarfes für Unterkunft und Heizung bezieht.

Die Pflicht zur Erstattung von zu hohen vorläufigen Leistungen ergibt sich aus § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F., § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III und errechnet sich der Höhe nach aus der Differenz zwischen vorläufiger und endgültiger Leistungsbewilligung.

Da die Leistungen richtigerweise endgültig auf 0,00 EUR festgesetzt wurden, sind die vorläufigen Leistungen i.H.v. insgesamt 1.192,12 EUR zu erstatten.

b) Für die Geltendmachung der Erstattung der Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. insgesamt 572,54 EUR fehlt es hingegen an einer Rechtsgrundlage.

aa) Insbesondere werden die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nicht von der Erstattungsregelung des § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III, welcher nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. anzuwenden war, erfasst.

Danach sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder in geringerer Höhe zuerkannt wird.

Bei den an die Kranken- und Pflegeversicherung gezahlten Zuschüsse handelte es sich nicht um Leistungen i.S.v. § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III.

Erfasst hiervon sind lediglich Geldleistungen an den Leistungsberechtigten oder Dritte, über welche nach § 328 Abs. 1 S. 1 SGB III, § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. vorläufig entschieden werden konnte, nicht jedoch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (LSG Sachsen Urt. v. 22. Mai 2014 – L 3 AS 600/12 Rn. 27).

Dies wurde in der Vergangenheit jedenfalls für die Beiträge im Falle eines in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtigen Leistungsberechtigten mit folgender Begründung, der sich die Kammer anschließt, angenommen:

"Bei den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung handelt es sich um eine Form der öffentlichen Abgabe, der eine Gegenleistung gegenübersteht. Für den Bereich des Sozialversicherungsrechtes hat der Begriff "Beitrag" einen gegenüber dem allgemeinen Abgabenrecht modifizierten Inhalt. Die einkommensabhängigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden zur Finanzierung der in § 1 SGB V beziehungsweise § 1 SGB XI definierten Aufgaben eingesetzt und damit zumindest teilweise nach dem für den Bereich der Sozialversicherung zu beachtende Sozialstaatsprinzip und der daraus abgeleitete Solidargrundsatz umverteilt. Sozialversicherungsbeiträge sind danach alle Geldleistungen, die auf gesetzlicher Grundlage zur Deckung des Finanzbedarfes der Sozialleistungsträger von Versicherten, Arbeitgebern oder Dritten aufgebracht werden (vgl. näher Dreher, in: Schlegel/Engelmann/Voelzke, jurisPK-SGB II [2. Aufl., 2012], § 3 Rdnr. 22ff.). Es handelt sich damit gerade nicht um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die vom Leistungsträger an den Berechtigten erbracht wird.

Mit der Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hat der Beklagte eine ihm als kommunalem Träger gegenüber der zuständigen Einzugsstelle obliegende gesetzliche Pflicht nach § 252 Abs. 1 Satz 2 SGB V erfüllt. Denn nach § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind die Beiträge, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Die von diesem Grundsatz abweichende Regelung besteht aber in § 252 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI i. V. m. § 252 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wonach die Bundesagentur für Arbeit oder in den Fällen des § 6a SGB II die zugelassenen kommunalen Träger, somit hier der Beklagte, die Beiträge mit Ausnahme des Zusatzbeitrags nach §§ 242, 242a SGB V für die Bezieher von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zahlen (vgl. hierzu: Peters, in: Schlegel/Engelmann/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 252 RdNr. 13 ff.). Versicherungspflicht des Klägers bestand hier auch, weil nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V (Krankenversicherungspflicht) bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI (Pflegeversicherungspflicht) Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, versicherungspflichtig sind, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Mit der vorläufigen Gewährung von Grundsicherungsleistungen ist damit der Eintritt der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht verbunden. Die Vorschriften von § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI stellen nur auf den Leistungsbezug ab und nehmen die vorläufige Bewilligung nicht aus (vgl. Kallert, a.a.O., § 40 SGB II Rdnr. 19b). Unabhängig von der Rückforderung der Leistung war der Kläger somit während der Zeit des Bezugs von vorläufigen Grundsicherungsleistungen versicherungs- und beitragspflichtig

(LSG Sachsen a.a.O. Rn. 28 ff.; LSG Sachsen-Anhalt Urt. v. 26. August 2015 – L 4 AS 81/14 Rn. 32 f.)

Ein grundlegender Unterschied zwischen den Beiträgen zur gesetzlichen Pflichtversicherung und denen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung besteht jedoch jedenfalls nach der Ausweitung der Krankenversicherungspflicht zum 1. Januar 2009 und nach Einführung des Basistarifs in der privaten Krankenversicherung nicht mehr.

Nachdem sich der Gesetzgeber ursprünglich für eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Empfänger von Leistungen nach dem SGB II gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V entschieden hatte, wurde das System der Krankenversicherung im Zuge einer deutlichen Ausweitung der Krankenversicherungspflicht zum 1. Januar 2009 weiter ausdifferenziert.

So wurden Leistungsempfänger nach § 5 Abs. 5a S. 1 SGB V von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgenommen, wenn sie zuletzt vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert waren oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert und hauptberuflich selbstständig tätig waren.

Dieser Personenkreis fiel von diesem Zeitpunkt an sodann unter eine Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung nach § 193 Abs. 3 VVG, welche mit der Pflicht der Versicherungsunternehmen gem. § 12 Abs. 1b VAG a.F. zur Aufnahme dieser Personen in den neu geschaffenen Basistarif aus § 12 Abs. 1a VAG a.F. korrespondierte, der keine Risikozuschläge vorsah und dessen Tarif sich an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenkasse orientierte (§ 12 Abs. 1c VAG a.F.). Zudem sahen § 12 Abs. 1c S. 4, 5 VAG a.F. eine weitere Beitragsreduzierung im Falle der Hilfebedürftigkeit i.S.d. SGB II vor, um die finanzielle Überforderung des Betroffenen zu verhindern (BT-Drs. 16/3100 S. 207).

Als Ausgleich für die fehlende Möglichkeit der Versicherungsunternehmen, Risikozuschläge zu erheben und Leistungsausschlüsse vorzunehmen, wurde ein Risikoausgleich zwischen den Unternehmen nach § 12g VAG a.F. geschaffen.

Letztlich sah § 12 Abs. 1c S. 6 VAG a.F. vor, dass der Leistungsträger nach dem SGB II die Beiträge ebenso wie bei einer Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen hat.

Ziel dieser Reform war eine gleichmäßigere Lastenverteilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung (BT-Drs. 16/3100 S. 94 f.).

Da sich die private Krankenversicherung im Basistarif damit an den auch für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Grundsätzen orientiert, ist eine Ungleichbehandlung bei der Zahlung und Erstattung der Beiträge im Rahmen des Bezuges von Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt.

Die Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung stellen somit ebenso wenig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende dar, die vom Leistungsträger an den Berechtigten erbracht werden, wie die Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung. Somit konnte über die Erbringung der Zuschüsse auch nicht wirksam nach § 328 Abs. 1 S. 1 SGB III vorläufig entschieden werden.

Mit der Einführung des streng gesetzlich reglementierten Basistarifs nehmen auch die privaten Krankenversicherungen am sozialstaatlichen, nach dem Solidargrundsatz organisierten Versicherungssystem teil. Auch bei den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung handelt es sich um Geldleistungen, die auf gesetzlicher Grundlage zur Deckung des Finanzbedarfes des nach solidarischen Grundsätzen organisierten Versicherungstarifs von Versicherten oder Dritten aufgebracht werden.

Ebenso wie der Leistungsträger bei der Zahlung von Beiträgen an die gesetzliche Krankenversicherung eine ihm obliegende Pflicht aus § 252 Abs. 1 S. 2 SGB V erfüllt, verhielt es sich bei der Zahlung der Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung, welche nach § 12 Abs. 1c S. 6 VAG a.F. nach den gleichen Grundsätzen an das Versicherungsunternehmen zu zahlen waren. Eine Zahlung an den Kläger erfolgte auch hier nicht (vgl. für diesen Fall: LSG Berlin/Brandenburg Urt. v. 19. März 2015 – L 25 AS 1246/12 Rn. 23).

Auch bei der rückwirkenden Aufhebung der Leistungen nach dem SGB II entfällt die Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung für diesen Zeitraum nicht, da hierdurch keiner der in § 5 Abs. 1 SGB V aufgeführten Tatbestände der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung rückwirkend erfüllt wird und damit kein Ausnahme nach § 193 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VVG vorliegt.

Der Versicherungsschutz wird dem in der privaten Krankenversicherung versicherungspflichtigen Leistungsempfänger damit nicht mehr oder weniger "aufgedrängt" als eine gesetzliche Krankenversicherung. Soweit hierfür angeführt wird, dass eine freiwillige gesetzliche und eine private Krankenversicherung grds. unabhängig von dem Bezug von Arbeitslosengeld II bestehen würden (vgl. LSG Berlin/Brandenburg a.a.O. Rn. 33), gilt dies nach Inkrafttreten des Auffangtatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ebenso für die Pflichtversicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Krankenversicherungspflicht entsteht damit nicht mehr erst durch den Bezug von Leistungen nach dem SGB II.

Für die Gleichbehandlung der Zuschüsse zur privaten Krankenversicherung mit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung spricht auch die Regelung des § 335 Abs. 1 S. 5 SGB III.

Nach § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III hat der Leistungsbezieher dem Leistungsträger die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu ersetzen, soweit die Leistungen rückwirkend aufgehoben und zurückgefordert wurden. Laut § 335 Abs. 1 S. 5 SGB III gilt dies entsprechend, soweit der Leistungsträger die Beiträge, die für die Dauer des Leistungsbezuges an ein privates Versicherungsunternehmen zu zahlen sind, übernommen hat.

Die Regelung des § 335 Abs. 1 SGB III war notwendig, da die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht von der Erstattungspflicht des § 50 Abs. 1 SGB X umfasst sind, wonach Geld-, Sach- und Dienstleistungen im Falle einer Aufhebung der Leistungsbewilligung zu erstatten sind.

Wenn demnach die Beiträge zur Krankenversicherung nicht unter den Begriff der Leistungen i.S.v. § 50 Abs. 1 SGB X fallen, der auch Sach- und Dienstleistungen umfasst, können sie auch nicht von der engeren Regelung des § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III umfasst sein, die sich nur auf Geldleistungen i.S.v. § 328 Abs. 1 S. 1 SGB III bezieht.

Auch hier werden durch § 335 Abs. 1 S. 5 SGB III die Beiträge zur privaten Krankenversicherung denjenigen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt.

Soweit vertreten wird, dass § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III in den Fällen, in denen ein Zuschuss zu den vom Leistungsempfänger selbst zu zahlenden Beiträgen gewährt wird, lediglich eine zusätzliche, nicht notwendige Ermächtigungsgrundlage für die auch nach § 50 Abs. 1 SGB X und § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III zu fordernde Erstattung darstelle (LSG Berlin/Brandenburg a.a.O. Rn. 32), betrifft dies jedenfalls nicht diejenigen Fälle, in denen der Leistungsträger aufgrund einer gesetzlichen Regelung die Zuschüsse direkt an die Versicherung zahlt.

Die obigen Ausführungen gelten für die Beiträge zur privaten Pflegeversicherung, für die gem. § 23 SGB XI eine Versicherungspflicht besteht, entsprechend.

Demnach bietet § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III keine Rechtsgrundlage für die Erstattung von Zuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung.

Der Kläger, der aufgrund seiner vor dem Leistungsbezug ausgeübten selbstständigen Tätigkeiten versicherungspflichtig in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung war und dort nach dem Basistarif versichert war, konnte somit nicht auf dieser Grundlage zur Erstattung der vom Beklagten an die Versicherung gezahlten Zuschüsse verpflichtet werden.

bb) Auch § 335 Abs. 1 S. 1, 5 SGB III, § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II waren hier nicht anwendbar.

Die Regelung des § 335 Abs. 1 S. 1 SGB III erfasst schon dem eindeutigen Wortlaut nach nur Fälle, in denen die Leistungen rückwirkend aufgehoben wurden. Bei der streitgegenständlichen Entscheidung des Beklagten handelte es sich jedoch um eine erstmalige Ablehnung von Leistungen, nachdem diese zuvor nur vorläufig bewilligt worden waren. Hierauf ist § 335 Abs. 1 SGB III weder direkt noch analog anwendbar (LSG Sachsen Urt. v. 22. Mai 2014 – L 3 AS 600/12 Rn. 34, 38 f.).

Im Übrigen setzt die Erstattung der Beiträge nach dieser Vorschrift ein pflichtwidriges Verhalten des Klägers voraus (BSG Urt. v. 21. November 2002 – B 11 AL 79/01 R Rn. 16). Ein solches ist hier nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Kläger die Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit spätestens unmittelbar nach der Gewerbeanmeldung bei dem Beklagten angezeigt und ist somit seinen Mitteilungspflichten nachgekommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens. Der Kläger war mit seinem ursprünglichen Begehr der vollständigen Aufhebung des angegriffenen Bescheides nur zu etwa einem Drittel erfolgreich.

IV.

Die Sprungrevision wird für den Beklagten gem. § 161 Abs. 2 S. 1, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da die Entscheidung, soweit sie zulasten des Beklagten geht, auf einer Rechtsfrage beruht, die grundsätzliche Bedeutung hat.

Eine solche liegt dann vor, wenn die rechtliche Frage über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist und sie darüber hinaus klärungsbedürftig ist. Die Klärungsbedürftigkeit entfällt, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus den rechtlichen Normen oder der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt (BSG Urt. v. 25. Februar 2010 – B 13 R 345/09 B Rn. 6).

Die hier streitentscheidende Frage, ob nach einer endgültigen Leistungsfestsetzung, mit der die Leistungen vollständig abgelehnt werden, die Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten sind, betrifft nicht nur den hiesigen Einzelfall, sondern ist bei der Leistungsfestsetzung regelmäßig von Bedeutung und bisher nicht höchstrichterlich geklärt.

Für den Kläger ist die Berufung nicht schon kraft Gesetzes zulässig, da er im Umfang von weniger als 750,00 EUR unterlegen ist. Selbst bei Berücksichtigung sämtlicher Ausgaben für sein Kfz, der Darlehensrückzahlung und der vollen Telefonkosten hätte er keinen Anspruch auf Leistungen von mehr als 750,00 EUR gehabt. Einen solchen hat er auch nicht geltend gemacht.

Die Berufung bedarf daher gem. § 144 Abs. 1 S. 1 SGG der Zulassung. Ein Zulassungsgrund aus § 144 Abs. 2 SGG liegt für den Kläger nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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