L 1 R 435/14

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 310/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 435/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 26.06.2014 und der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2012 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2019 zu bewilligen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) streitig.

Der am ... 1961 geborene Kläger war bis zum 31. Dezember 2010 in seinem erlernten Beruf als Schlosser versicherungspflichtig beschäftigt. Er war bereits ab dem 30. Dezember 2010 arbeitsunfähig und bezog ab 1. Januar 2011 Krankengeld, vom 29. Juni 2012 bis zum 28. September 2013 Arbeitslosengeld und seit dem 29. September 2013 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende – SGB II).

Beim Kläger ist seit dem 16. September 2013 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt.

Der Kläger stellte bei der Beklagten am 6. Dezember 2011 den zweiten Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung wegen Diabetes, starker Schmerzen und Taubheit in den Füßen sowie wegen Rückenbeschwerden. Die Beklagte zog zunächst das Gutachten des Dr. H. vom MDK Sachsen Anhalt vom 19. Mai 2011 und den Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad C. vom 8. September 2011 über die dort vom 10. bis zum 31. August 2011 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme bei. In diesem Bericht wurden als Diagnosen ein Diabetes mellitus Typ 2 mit sekundärer Insulinpflichtigkeit, der Verdacht auf eine diabetische Neuropathie, eine bekannte Hypertriglyzeridämie Typ V und eine arterielle Hypertonie angegeben. Der Kläger wurde für in der Lage erachtet, noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit zusätzlichen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten. Die Wegefähigkeit von viermal 500 m in jeweils 20 Minuten sei gegeben.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2012 den Rentenantrag ab. Der Kläger verfüge über ein Leistungsvermögen im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich für leichte Arbeiten mit weiteren Funktionseinschränkungen.

Hiergegen hat der Kläger am 28. Juni 2012 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, wegen einer zunehmend fortschreitenden Arthrose, verbunden mit starken Schmerzen in den Gelenken, wegen eines Taubheitsgefühls und Schmerzen in den Füßen, eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ 2, einer Stoffwechselstörung verbunden mit häufigem Unwohlsein und Bauchschmerzen sowie Bandscheibenproblemen und Depressionen nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein zu können. Mit den orthopädischen Schuhen könne er kein Auto fahren. Normale Schuhe könne er nicht mehr tragen. Er sei nur noch in der Lage, langsam zu gehen. Eine Strecke von 500 m könne er in 20 Minuten nicht mehr zu Fuß zurücklegen.

Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte eingeholt. Dr. W., Oberärztin der Lipidambulanz des Universitätsklinikums M., hat unter dem 21. August 2012 als Diagnosen eine schwere Hypertriglyzeridämie trotz maximaler Therapie, eine Pankreatitis 1986/1987/2001 und einen Diabetes mellitus seit 2001 angegeben. Der Facharzt für Innere Medizin E. hat unter dem 12. September 2012 mitgeteilt, die Geh- und Stehfähigkeit sei bereits 2011 durch die schwere Fettstoffwechselstörung und den eruptiven Xanthelasmen, besonders an den Füßen, deutlich eingeschränkt gewesen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. R. hat unter dem 13. November 2012 eine ausgeprägte Fußdeformität, einen Pes planum (Plattfuß), eine Knick- und Spreizfuß-Symptomatik sowie eine Fußwurzelarthrose rechts beschrieben. Aufgrund der nicht erfolgversprechenden Physiotherapie bei laufendem Rentenverfahren sei am 13. Juni 2012 zunächst auf weitere Therapien verzichtet worden. Die Internistin und Diabetologin Dr. Z. hat unter dem 26. November 2012 von seit einem halben Jahr bestehenden starken Schmerzen in den Füßen berichtet.

Das Sozialgericht hat Prof. Dr. P., Zentrum für Innere Medizin und klinisches Diabeteszentrum DDG des Universitätsklinikums L., das Gutachten vom 17. Juni 2013 auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom selben Tag erstatten lassen. Der Gutachter hat als Diagnosen angegeben:

Hypertriglyzeridämie Typ V nach Frederickson mit niedrigem HDL-Cholesterin mit generalisierten Xanthelasmen und einer rezidivierenden Pankreatitis,

Diabetes mellitus mit konventioneller Insulintherapie,

Diabetisches Fußsyndrom mit

Schwerer sensibler Polyneuropathie,

Charcot-Fußdeformität rechts mehr als links,

Hypertonie,

Degeneratives Lendenwirbelsäule (LWS)-Syndrom,

Coxarthrose beidseits,

Posttraumatische Arthrose der rechten Fußwurzel nach Trümmerfraktur des Os naviculare.

Dem Kläger seien nur noch leichte Arbeiten im Sitzen möglich. Tätigkeiten an Maschinen, auf Gerüsten und Leitern, mit Laufen, Stehen oder Autofahren seien ausgeschlossen. Der Kläger sei in geistiger Hinsicht nur noch einfachen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit und Ausdauer gewachsen. Übersicht und Aufmerksamkeit seien deutlich eingeschränkt. Arbeiten in Wechsel-/Nachtschicht, unter Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr seien nicht möglich. Der Kläger könne die zumutbaren Arbeiten nur noch unter drei Stunden pro Tag verrichten. Aufgrund der Schmerzen der LWS und in geringerem Ausmaß auch aufgrund der Schmerzen und der Gefühllosigkeit in den Füßen sei der Kläger derzeit nicht zu einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit in der Lage. Die - trotz mehrfacher Schulungen - nur gering ausgeprägte Fähigkeit des Klägers, die Insulindosen an die gemessenen Blutzuckerwerte selbstständig anzupassen, würde unter Arbeitsbedingungen zu Unterzuckerungen und anderen Komplikationen führen. Dies würde eine regelmäßige Arbeitsfähigkeit erheblich gefährden. Wegstrecken von mehr als 500 m seien derzeit nur unter großer Anstrengung möglich. Nach 150 bis 200 m seien Pausen erforderlich. Welche Zeit der Kläger derzeit mit Pausen für eine Wegstrecke von 500 m benötige, könne nicht angegeben werden. Die festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit bestehe seit September 2010. Wegen des Verdachts auf eine reaktive Depression sollte eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung erfolgen. Eine orthopädische Diagnostik und Therapie seien erforderlich.

Das Sozialgericht Dessau-Roßlau hat die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2014 abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht belegt, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken sei. Dieser sei vielmehr zur Überzeugung der Kammer weiterhin in der Lage, leichte Arbeiten unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich auszuführen. Die Kammer halte die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Prof. Dr. P. für unsubstantiiert. Es sei nicht zulässig, dass der Sachverständige das nach seiner Auffassung letztlich aufgehobene Leistungsvermögen im Wesentlichen ausschließlich auf die LWS-Beschwerden des Klägers gestützt habe. Diese könne er in Ermangelung nachgewiesener orthopädischer Fach- und Sachkompetenz nicht qualifiziert beurteilen. Die Beurteilung der Wegefähigkeit habe der Sachverständige unzulässig allein auf die subjektiven Angaben des Klägers gestützt.

Gegen das ihm am 8. August 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. September 2014 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Ihm seien einfachste Arbeiten nicht möglich. Auch könne er keine Wegstrecken von 500 m zurücklegen. Ferner sei die Diagnose eines Diabetes mellitus mit konventioneller Insulintherapie fünfmal täglich nicht berücksichtigt worden.

Der Senat hat Befundberichte von Dr. R. vom 4. Dezember 2014 nebst ergänzendem Schreiben vom 25. August 2015, von Dr. E. vom 11. Dezember 2014 und von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. M. vom 22. Juli 2015 eingeholt. Der Kläger hat eine Epikrise über seinen stationären Aufenthalt in dem Städtischen Klinikum D. vom 2. bis zum 9. März 2015 wegen eines hyperglykämisch entgleisten Diabetes mellitus vorgelegt.

Dem ergänzenden Schreiben von Dr. R. vom 25. August 2015 ist die Epikrise der ... Klinik Z. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16. bis zum 22. April 2015 wegen progredienter Schmerzsymptomatik der großen Gelenke beigefügt gewesen. Nach einem ärztlichen Konzil vom 16. April 2015 bei dem Arzt für Neurologie Dr. B. wurden als Diagnose eine somatoforme Schmerzstörung sowie ein deutliches Rentenbegehren angegeben.

Der Kläger hat ferner die Epikrisen der ... Klinik Z. über die stationäre Schmerztherapie vom 16. bis zum 19. September 2015 und des Diakonissen-Krankenhauses D. über die stationären Behandlung vom 2. bis zum 9. November 2015 anlässlich der Sektion der Prostata am 4. November 2015 wegen eines Prostata-Abszesses vorgelegt. Ferner hat er einen Bericht der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. vom 29. September 2015 über eine ambulante Untersuchung des Klägers am 10. September 2015 zu den Akten gereicht. Danach bestehe eine sehr deutlich ausgeprägte sensomotorische periphere Polyneuropathie an den unteren Extremitäten, geringer an den oberen Extremitäten, mit einer demyelinisierenden Schädigungsart bei Diabetes mellitus.

Auf Veranlassung des Senats hat der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Oberarzt des Zentrums für Rückenmarksverletzte und Klinik für Orthopädie des B. Dr. M. das Gutachten vom 23. Februar 2016 auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 23. Februar 2016 erstattet. Dieser habe angegeben, seit dem 5. Dezember 2011 orthopädische Schuhe und Hausschuhe zu tragen. Er leide unter Fuß- und Unterschenkelschmerzen sowie einem Taubheitsgefühl und Schmerzen in beiden Großzehen und der Knöchelregion, zudem an Rückenproblemen und Nackenschmerzen. Er habe Probleme mit dem Autofahren, weil er kaum Gefühl für Bremse, Kupplung und Gas habe. Er könne ca. 150 bis 200 m gehen. Gehstützen könne er nicht benutzen. Dr. M. hat eine schwere Gangataxie sowohl mit orthopädischem Schuhwerk als auch barfuß beschrieben. Atrophiezeichen, Instabilitäten oder eine abnorme Achsabweichung der unteren Gliedmaßen lägen nicht vor. Es bestehe eine normale Verhornung der Fußsohlen an beiden Fersen und Zehenballen. Folgende Gesundheitsstörungen lägen vor:

Aufbrauchleiden der LWS,

Diabetische Fußveränderungen beiderseits, ausgeprägter Knick-Senk-Spreiz-Fuß und Verschleißleiden der rechten Fußwurzel nach Trümmerfraktur (Charcot-Fuß),

Verschleißleiden beider Hüftgelenke,

Verschleißleiden beider Kniegelenke mit leichtem Reizzustand,

Rundrücken als Folge eines Morbus Scheuermann,

Impingement-Syndrom rechtes Schultergelenk.

Auf anderen Fachgebieten:

- Diabetes mellitus mit Komplikationen:

Schwere diabetische Polyneuropathie,

Charcot-Fuß,

Rezidivierende Abszesse (Prostata November 2015, Unterkiefer Februar 2016),

Ataktisches (unkoordinierendes) Gehen.

- Schwere Fettstoffwechselstörung

- Bluthochdruckerkrankung.

Ein Zustand der Simulation oder Aggravation bestehe nicht. Beim Kläger seien die angegebenen Beschwerden glaubhaft. Dieser könne noch ausschließlich leichte Arbeiten ständig im Sitzen unter Vermeidung von Gehbelastungen, von Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken, auf Gerüsten oder Leitern sowie von Überkopfarbeiten täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten, seien nicht eingeschränkt. Der Kläger könne die Arbeiten auch im Freien mit und ohne Witterungsschutz ausführen. Er sei Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit sowie mit geistig einfachen Anforderungen gewachsen. Arbeiten in Wechsel-/Nachtschicht, unter besonderem Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr seien nicht zumutbar. Der Kläger könne Gehstrecken über 1.000 m zumutbar zurücklegen. Er könne auch viermal täglich Fußwege von mehr als 500 m bewältigen. Eine Gehzeit von 15 Minuten für eine Strecke von 500 m sei zu erwarten. Außerordentlich lange Pausen, starke Schmerzen oder extrem langsames Gehen seien dabei nicht nachvollziehbar. Der Kläger könne auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Auf orthopädischem Gebiet sei ein stabiler Dauerzustand eingetreten. Auf internistischem Fachgebiet halte er den Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für nicht mehr einsetzbar. Der körperliche Gesamteindruck mit trockenen und geröteten Schleimhäuten sowie starkem Schwitzen sei ein eindeutiger Hinweis auf einen bereits deutlich reduzierten Allgemeinzustand. Wegen der allgemeinen Infektanfälligkeit aufgrund des Diabetes mellitus mit Neigung zu Abszessen sei keine regelmäßige Erwerbstätigkeit zu erwarten. Die Einholung eines internistischen Gutachtens sei erforderlich.

Der Kläger hat einen weiteren Bericht von Dr. F. über die neurologische Untersuchung vom 21. Juni 2016 vorgelegt.

Der Senat hat schließlich den Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Palliativmedizin und Internistische Intensivmedizin Dr. F. das Gutachten vom 28. Dezember 2016 auf der Grundlage einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 23. November 2016 erstatten lassen. Als Hauptbeschwerden habe der Kläger Gefühlsstörungen in Armen und Beinen angeben. Er könne nur noch 200 m laufen. Dr. F. hat als Diagnosen angeführt:

Hypertriglyzeridämie Typ V nach Frederickson mit rezidivierender Ausbildung von Xantelasmen und rezidivierenden Pankreatitiden,

Diabetes mellitus mit konventioneller Insulintherapie,

Schwere ausgeprägte sensorische Polyneuropathie demyelinisierender Schädigungsart an den unteren und geringer auch ausgeprägt an den oberen Extremitäten,

Charcot-Fuß-Deformität rechts ausgeprägter als links,

Arterieller Hypertonus,

Fortgeschrittene (bildmorphologisch) degenerative LWS-Beschwerden,

Mittelgradige Coxarthrose beidseits,

Initiale Gonarthrose beidseits,

Sludge-Erkrankung der Gallenblase mit Leberparenchymschaden im Sinne einer Verfettung (lokale Mehrverfettung),

Zustand nach Prostatitis und Epididymitis sowie konsekutiver Orchiektomie rechts.

Es bestehe weder eine Aggravation noch eine Simulation. Er halte das Beschwerdebild des Klägers für durchaus glaubhaft und durch die zweifelsfrei festgestellten Diagnosen auch für hinreichend geklärt. Es seien nur noch körperlich leichte Arbeiten vorwiegend im Sitzen mit nur kurzzeitigem Stehen oder Gehen zumutbar. Arbeiten mit längerem Gehen oder Stehen seien ausgeschlossen. Der Kläger sei Arbeiten mit körperlichen Belastungen bzw. Zwangshaltungen wie z.B. Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sowie Gerüst- und Leiterarbeiten nicht mehr gewachsen. Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderten, seien zumutbar. Lediglich am Morgen bestünden Gefühlsstörungen in beiden Händen. Ausgeschlossen seien Arbeiten im Freien, auch unter Witterungsschutz, mit starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder Nässe. Am günstigsten seien Tätigkeiten, die auf den Radius normaler Büroarbeiten reduziert seien. Damit sei eine Minimierung von zu Fuß zurückzulegenden Strecken gewährleistet. Der Kläger sei Tätigkeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen und mit bis zu mittelschwierigen geistigen Anforderungen gewachsen. Während der Begutachtung seien Reaktion, Übersicht und Aufmerksamkeit vergleichbar mit Personen im Alter des Klägers gewesen. Über einen längeren Zeitraum hinweg seien diese Anforderungen nur noch in geringem Maße möglich. Schichtarbeiten sowie Arbeiten unter Zeitdruck seien nicht geeignet, Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr seien möglich. Der Kläger sei nur noch halbschichtig, d.h. für drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Grund hierfür sei die mittlerweile doch deutlich eingeschränkte körperliche Fitness. Der Kläger gerate bereits bei leichter körperlicher Belastung wie langsamem Gehen oder An- und Ausziehen schnell an die Grenzen seiner körperlichen Leistungsfähigkeit und reagiere mit Luftnot und Tachykardieneigung. Wegen der diabetischen Polyneuropathie und des diabetischen Fußsyndroms sei eine Trainierbarkeit dieser Fähigkeiten nur in begrenztem Umfang möglich. Der Kläger sei zudem im Hinblick auf den deutlich reduzierten Gesamtzustand sowie insbesondere im Hinblick auf drohende Komplikationen zu einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage. Krankheitsbedingte Ausfallzeiten seien zu erwarten. Viermal tägliche Fußwege von knapp über 500 m dürften prinzipiell möglich sein. Bei langsamer Gehweise und unter Einhaltung kurzer Pausen seien tatsächlich 20 Minuten pro 500 m Wegstrecke realistisch. Der Kläger könne auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Aufgrund der deutlich ausgeprägten Gefühlsstörungen der beiden Beine und den klobigen orthopädischen Schuhen könne er jedoch kein Fahrzeug mehr führen. Spätestens ab dem neurologischen Konzil vom 16. April 2015 dürfte sich das Problem der Polyneuropathie entwickelt haben, welches schließlich zu den aktuellen Einschränkungen geführt habe. Die von der Neurologin Dr. F. im September 2015 und im Juni 2016 durchgeführten Untersuchungen zeigten jedenfalls zweifelfrei das Vorliegen einer deutlichen und zumindest noch einmal fortschreitenden Polyneuropathie beider Beine. Die Minderung der Leistungsfähigkeit begründe sich in erster Linie in der diabetischen Polyneuropathie, die nicht nur eine erhöhte Verletzungs- und Infektionsgefahr für die unteren Extremitäten bedeute, sondern auch nach und nach das kardiopulmonale System durch Mangel an Bewegung negativ beeinflusse. Die Gesundheitsstörungen des Klägers hätten sich in den letzten Jahren erst langsam entwickelt. Die polyneuropathischen Veränderungen der Füße in Verbindung mit den orthopädischen Leiden hätten zu einer deutlichen Verschlechterung der Gesamtsituation des Klägers beigetragen. Er halte zumindest ab April 2015 eine prinzipielle Erwerbsunfähigkeit für gegeben.

Die Beklagte ist der Leistungseinschätzung von Dr. F. unter Berufung auf die sozialmedizinische Stellungnahme der Prüf-/Gutachterärztin Dr. K. vom 8. März 2017 nicht gefolgt.

Der Kläger und die Beklagte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch in der Form und Frist des § 151 SGG eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig.

Der Senat durfte gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Klage zu Recht abgewiesen. Das angefochtene Urteil und der Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juni 2012 haben sich jedoch im Laufe des Berufungsverfahrens als rechtswidrig erwiesen und verletzen den Kläger in diesem Umfang in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2019. Die Voraussetzungen für den von ihm darüber hinaus geltend gemachten Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. August 2016 sowie über den 31. August 2019 hinaus auf Dauer bestehen nicht.

1.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. August 2016 zu.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, also wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Abweichend vom Wortlaut des § 43 Abs. 1 SGB VI haben aber auch Versicherte, die teilweise erwerbsgemindert sind, also nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) führt die teilweise Erwerbsminderung bei praktischer Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes für Tätigkeiten in einem täglichen zeitlichen Rahmen von drei bis unter sechs Stunden zu einer vollen Erwerbsminderung auf Zeit (vgl. schon zu § 1247 Reichsversicherungsordnung (RVO), BSG, Großer Senat (GS), Beschlüsse vom 12. Dezember 1976, GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75 und GS 3/76; Schlegel/Voelzke, juris Praxiskommentar SGB VI, § 43, Rn. 31ff.; Reinhardt, SGB VI, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Aufl., § 43 Rn. 11).

Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme konnte der Kläger seit der Rentenantragstellung bis zur Begutachtung bei Dr. M. am 23. Februar 2016 unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Der Senat geht dabei von folgendem Leistungsbild aus: Der Kläger konnte noch körperlich leichte Arbeiten vorwiegend im Sitzen mit nur kurzzeitigem Stehen oder Gehen täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Arbeiten mit längerem Gehen oder Stehen waren ausgeschlossen. Arbeiten mit körperlichen Belastungen bzw. Zwangshaltungen wie z.B. Knien, Hocken, Bücken bzw. Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel sowie Gerüst-, Leiter- und Überkopfarbeiten waren zu vermeiden. Die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände war gegeben. Dem Kläger waren wegen der Infektanfälligkeit vorzugsweise Arbeiten in geschlossenen Räumen, ohne Einfluss von starken Temperaturschwankungen, Zugluft oder Nässe zumutbar. Er war Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen, an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit sowie mit zumindest geistig einfachen Anforderungen gewachsen. Arbeiten in Wechsel-/Nachtschicht, unter besonderem Zeitdruck und mit häufigem Publikumsverkehr waren nicht zumutbar.

Dieses Leistungsbild ergibt sich für den Senat aus dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, insbesondere aus den Gutachten von Dr. F. vom 28. Dezember 2016 und von Dr. M. vom 23. Februar 2016 sowie dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad C. vom 8. September 2011. Ferner stützt sich der Senat auf die objektiven Befunde von Prof. Dr. P. in dessen Gutachten vom 17. Juni 2013.

Beim Kläger besteht eine ausgeprägte Hypertriglyzeridämie Typ V, die durch die massive Blutfetterhöhung zu einer andauernden Ausschüttung von Bauchspeicheldrüsenenzymen und nachfolgend zu rezidivierenden Entzündungen der Bauchspeicheldrüse führt. Trotz Therapien ist es nicht gelungen, die Blutfettwerte deutlich zu senken. Allerdings konnte die Häufigkeit der Bauchspeicheldrüsenentzündungen verringert werden. Durch die Verringerung des Bauchspeicheldrüsengewebes ist es in der Folge zu einem Insulinmangel und damit etwa ab dem Jahr 2000 zur Entstehung eines Diabetes mellitus mit Insulinpflichtigkeit gekommen. Durch den langjährigen Diabetes ist eine sensorische diabetische Polyneuropathie entstanden. In dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad C. vom 8. September 2011 ist als Diagnose noch lediglich der Verdacht auf eine diabetische Neuropathie angeführt worden. Das Vorliegen einer diabetischen Polyneuropathie ist schließlich in dem Gutachten von Prof. Dr. P. bestätigt worden. Dieser hat allerdings lediglich - entsprechend den Angaben des Klägers bei der Begutachtung - ein zunehmendes Taubheitsgefühl sowie stechende Schmerzen und ein Kribbeln der Füße aufgezeigt. Daraus resultierten lediglich qualitative Einschränkungen. Darüber hinaus besteht ein diabetisches Fußsyndrom mit einem verminderten Schmerzempfinden. Die arterielle Hypertonie ist gut eingestellt.

Beim Kläger besteht ein seit Jahren suboptimal eingestellter Blutzuckerwert. Dr. F. hat in seinem Gutachten aufgezeigt, dass beim Kläger ein sog. Typ-3-Diabetes vorliegt, d.h. ein Diabetes wegen zunehmenden Untergangs von Bauchspeicheldrüsengewebe. Es sei schwierig, aufgrund der dadurch bedingten deutlichen Blutzuckerschwankungen eine optimale Stoffwechsellage herzustellen. Obgleich die Stoffwechsellage nicht optimal ist, war der Kläger bei Beachtung des o.g. Leistungsbildes vom 1. Dezember 2011 bis zum 23. Februar 2016 in der Lage zu einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit. Der Kläger befand sich in regelmäßiger internistischer Behandlung u.a. zur Anpassung der Insulindosen und damit zur Optimierung des Blutzuckerspiegels. Während des stationären Aufenthalts in dem Städtischen Klinikum D. vom 2. bis zum 9. März 2015 erfolgten eine medikamentöse Umstellung des Klägers sowie danach regelmäßige Diabetikerschulungen. Eine stabile Blutzuckereinstellung konnte sodann wieder erreicht werden. Entgegen den Ausführungen von Prof. Dr. P. wären nicht zwangsläufig unter Arbeitsbedingungen die von ihm prognostizierten Unterzuckerungen und andere Komplikationen eingetreten. Soweit der Kläger eine leidensgerechte Arbeit ausgeführt, regelmäßig seine Blutzuckermessungen sowie Insulininjektionen durchgeführt und seine ärztlichen Kontrolltermine wahrgenommen hätte, wäre nicht mit ausgeprägten Unterzuckerungen zu rechnen gewesen.

Auf orthopädischem Gebiet bestehen ein Aufbrauchleiden der LWS, ein ausgeprägter Knick-Senk-Spreiz-Fuß und ein Verschleißleiden der rechten Fußwurzel nach Trümmerfraktur mit einer mittelgradigen Deformität und eine leichte Charcot-Fuß-Deformität des linken Fußes, ein Verschleißleiden beider Hüftgelenke, ein Verschleißleiden beider Kniegelenke mit leichtem Reizzustand, ein Rundrücken als Folge eines Morbus Scheuermann sowie ein Impingement-Syndrom des rechten Schultergelenks. Aufgrund der damit verbundenen leicht- bis mittelgradigen Bewegungseinschränkungen konnte der Kläger im Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis zumindest zum 23. Februar 2016 noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein. Aus den orthopädischen Erkrankungen resultierten lediglich qualitative Einschränkungen.

Soweit sich der Kläger auf die abweichende Leistungsbeurteilung von Prof. Dr. P. in dessen Gutachten vom 17. Juni 2013 stützt, gibt dies keinen Anlass zu einer anderen Einschätzung. Der Gutachter hat ein auf täglich unter drei Stunden reduziertes Leistungsvermögen fachfremd insbesondere mit den Schmerzen im Bereich der LWS und in geringerem Ausmaß auch aufgrund der Schmerzen und der Gefühllosigkeit in den Füßen begründet. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. M. hat hingegen nachvollziehbar aufgezeigt, dass die Funktion der LWS nur leicht eingeschränkt ist. Bei der Untersuchung sind lediglich leichtgradige Bewegungseinschränkungen des Rumpfes von ca. 1/3 für die Rotation und Seitneigung sowie lokale Schmerzen mit peripherer Ausstrahlung feststellbar gewesen. Neurologische Ausfälle, Reizzustände oder Nervenwurzelreizungen haben nicht bestanden.

Es lagen bei dem Kläger vom 1. Dezember 2011 bis zum 23. Februar 2016 auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, die trotz der sechsstündigen Einsetzbarkeit zur Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarktes führten. Die Beklagte war daher nicht verpflichtet, einen konkreten Arbeitsplatz zu benennen. Denn das Restleistungsvermögen des Klägers reichte noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Reinigungsarbeiten, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen aus (vgl. die Aufzählungen in dem Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 -, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33f; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R -, juris). Der Kläger verfügte über die notwendigen körperlichen, geistigen und mnestischen Fähigkeiten.

Zudem war für den Kläger der Arbeitsmarkt nicht verschlossen, weil es ihm an der so genannten Wegefähigkeit gefehlt hätte. Zur Erwerbsfähigkeit gehört auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG ein abstrakter Maßstab anzuwenden. Ein Katalogfall liegt nicht vor, soweit ein Versicherter täglich viermal Wegstrecken von knapp mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von bis zu 20 Minuten zu Fuß zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten unter Berücksichtigung aller ihm zur Verfügung stehenden Mobilitätshilfen benutzen kann. Dann gilt die Erwerbsfähigkeit als nicht in beachtlichem Maße eingeschränkt und die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Ist ein Arbeitsplatz auf andere Art als zu Fuß erreichbar, z.B. mit einem eigenen Kraftfahrzeug, ist der Arbeitsmarkt ebenfalls nicht verschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 201 - B 13 R 79/11 R - juris). Nach der übereinstimmenden gutachterlichen Einschätzung von Dr. M. und dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad C. vom 8. September 2011 konnte der Kläger mehr als 500 m viermal täglich jeweils binnen 20 Minuten zu Fuß bewältigen. Die Gehfähigkeit des Klägers ist zwar seit 2011 durch die schwere Fettstoffwechselstörung und den eruptiven Xanthelasmen, besonders an den Füßen, eingeschränkt gewesen. Während der Rehabilitationsmaßnahme vom 10. bis zum 31. August 2011 konnte der Kläger im Rahmen eines Gehstrecken-Tests 782 m binnen 20 Minuten zurücklegen. Dr. M. hat eine Gehstrecke von 500 m in 15 Minuten ohne lange Pausen, starke Schmerzen und extrem langsames Gehen für zumutbar erachtet. Er hat zwar eine schwere Gangataxie sowohl mit orthopädischem Schuhwerk als auch barfuß beschrieben. Allerdings hat er keine Atrophiezeichen, Instabilitäten oder eine abnorme Achsabweichung der unteren Gliedmaßen festgestellt. Er hat eine normale Verhornung der Fußsohlen an beiden Fersen und Zehenballen als Zeichen eines fehlenden Mindergebrauchs aufgezeigt. Die Beurteilung von Prof. Dr. P., Wegstrecken von mehr als 500 m seien nur unter großer Anstrengung und mit Pausen nach 150 bis 200 m möglich, beruht ausschließlich auf den subjektiven Angaben des Klägers. Im Übrigen lässt er offen, welche Zeit der Kläger mit Pausen für eine Wegstrecke von 500 m benötigen soll. Er verneint aber gleichwohl nicht ausdrücklich die Fähigkeit des Klägers, eine Wegstrecke von 500 m in 20 Minuten zurückzulegen.

Darüber hinaus konnte der Kläger vom 1. Dezember 2011 bis zum 23. Februar 2016 nicht nur unter betriebsunüblichen Bedingungen Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Die kurzen Unterbrechungen für die Blutzuckermessungen, die Insulininjektionen und ggf. die Einnahme von Zwischenmahlzeiten konnten neben den üblichen Pausen im Rahmen der persönlichen Verteilzeit in Anspruch genommen werden.

Der Kläger konnte zudem bis zum 23. Februar 2016 auch in gewisser Regelmäßigkeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Er war zwar wegen der im November 2015 aufgetretenen Prostata-Erkrankung und zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. M. am 23. Februar 2016 wegen eines Abszesses am linken Unterkiefer arbeitsunfähig. Das Risiko einer häufigen Arbeitsunfähigkeit kann zu einer Erwerbsminderung führen. Es muss jedoch feststehen, dass die (vollständige) Arbeitsunfähigkeit so häufig auftritt, dass die während eines Arbeitsjahres zu erbringenden Arbeitsleistungen nicht mehr den Mindestanforderungen entsprechen, die ein "vernünftig und billig denkender Arbeitgeber" zu stellen berechtigt ist. Die Einstellung oder Weiterbeschäftigung eines solchen Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt muss praktisch ausgeschlossen sein. Diese Mindestanforderungen sind dann nicht mehr als erfüllt anzusehen, wenn der Versicherte die Arbeitsleistung für einen Zeitraum von mehr als 26 Wochen (sechs Monate bzw. die Hälfte) im Jahr gesundheitsbedingt nicht mehr erbringen kann (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 1992 - 4 RA 13/91 - und Beschluss vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 107/12 B -, jeweils juris). Eine derart lange, durch die o.g. Erkrankungen begründete Arbeitsunfähigkeit des Klägers hat jedoch nicht vorgelegen.

2.

Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2019. Er ist zur Überzeugung des Senats seit dem 23. Februar 2016 teilweise erwerbsgemindert. Er ist nur noch in der Lage, drei bis unter sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Der Senat stützt sich dabei insbesondere auf die Gutachten von Dr. F. vom 28. Dezember 2016 und von Dr. M. vom 23. Februar 2016.

Dr. F. hat für den Senat überzeugend aufgezeigt, dass der Kläger aufgrund der fortgeschrittenen, nun schweren diabetischen Polyneuropathie und den dadurch bedingten, stark reduzierten Gesamtzustand nur noch drei bis unter sechs Stunden einsetzbar ist.

Aufgrund der sich in den letzten zwei Jahren vor der Begutachtung durch Dr. F. stetig verschlechternden Polyneuropathie hat die kardiopulmonale Belastbarkeit des Klägers immer mehr durch den Bewegungsmangel abgenommen. Dr. F. hat anschaulich beschrieben, dass der Kläger bereits bei leichter körperlicher Belastung wie langsamem Gehen oder An- und Ausziehen schnell an die Grenzen seiner körperlichen Leistungsfähigkeit geraten sei und mit Luftnot und Tachykardieneigung reagiert habe. Dem Kläger sei es zwar möglich gewesen, dem Gutachter im Rahmen der Untersuchung langsamen Schrittes durch das ganze Haus (bis zu 180 m) zu folgen. Er sei jedoch auf diesem Weg kurzatmig geworden. Ebenso habe das An- und Ausziehen, das im Sitzen durchgeführt worden sei, mehrere Minuten Zeit in Anspruch genommen. Dabei seien Herzfrequenzen zwischen 120 und 130 Schlägen pro Minute festgestellt worden. Wegen der diabetischen Polyneuropathie und des diabetischen Fußsyndroms sei eine Trainierbarkeit des Herz-Kreislauf-Systems nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Zudem resultiert aus der Polyneuropathie eine erhöhte Verletzungs- und Infektionsgefahr für die unteren Extremitäten. Beim Kläger bestehen Störungen der Schmerz-, Berührungs- und Temperaturempfindung sowie die typischen Symptome wie brennende bohrende Schmerzen, Kribbeln, Ameisenlaufen und Pelzigkeitsgefühl. Durch die verminderte Immunkompetenz bei langjährigem Diabetes besteht das Risiko einer erhöhten Infektanfälligkeit. Es ist es wiederholt zu Entzündungen im Kiefergelenksbereich und im distalen Harntrakt des Klägers gekommen, welche letztlich auch zum Verlust des rechten Hodens führten. Aus der Vorschädigung der Füße zusammen mit der Polyneuropathie ergibt sich eine insgesamt deutlich erhöhte Gefährdung den Erhalt der unteren Extremitäten betreffend. Dr. F. hat diesbezüglich aufgezeigt, eine nicht auszuschließende Verletzungsanfälligkeit beider Füße könnte über eine dann dort entstehende Infektion schließlich bis zum Verlust der einen oder anderen Extremität führen. Der Gutachter hat den Kläger überzeugend als krankheitsbedingt hochgradig beeinträchtigten Menschen beschrieben, dessen Leistungsfähigkeit nicht mehr nur qualitativ, sondern nunmehr auch quantitativ eingeschränkt ist. Zur Vermeidung einer Überanstrengung des deutlich geschwächten Klägers und des Auftretens der aufgezeigten Komplikationen ist dieser zu einer mindestens sechsstündigen, leidensgerechten Tätigkeit nicht mehr in der Lage.

Ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen des Klägers ist erstmals mit der Begutachtung bei Dr. M. am 23. Februar 2016 nachgewiesen. Dessen Vermutung, dass der Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt aus internistischer Sicht nicht mehr sechs Stunden täglich einsetzbar gewesen ist, hat sich auf der Grundlage der von Dr. F. erhobenen Untersuchungsbefunde bestätigt. Dieser hat darauf hingewiesen, dass sich das Problem der Polyneuropathie spätestens ab dem neurologischen Konzil vom 16. April 2015 entwickelt haben dürfte. Er hat gleichzeitig aufgezeigt, dass die Krankheit seitdem weiter fortgeschritten ist und schließlich zu den von ihm festgestellten Einschränkungen in Form eines deutlich reduzierten Allgemeinzustandes des Klägers mit einer erheblich eingeschränkten körperlichen Fitness geführt hat. Prof. Dr. P. hat auf der Grundlage seiner Untersuchung am 17. Juni 2013 der Gefühllosigkeit in den Füßen eine noch geringe Bedeutung beigemessen. Dr. F. hat aufgrund der am 10. September 2015 durchgeführten Untersuchung zwar von dem Vorliegen einer deutlichen Polyneuropathie beider Beine berichtet. Erst zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. M. am 23. Februar 2016 ist aber neben den ausgeprägten polyneuropathischen Veränderungen der Füße eine deutliche Verschlechterung des Gesamtzustandes des Klägers mit einem quantitativ reduzierten Leistungsvermögen nachgewiesen.

Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes vom 1. September 2016 bis zum 31. August 2019. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet, wobei die Befristung für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn erfolgt. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit können nur unbefristet geleistet werden, wenn der Anspruch auf diese Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht und es darüber hinaus unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI). Befristete Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werden nach § 101 Abs. 1 SGB VI nicht vor Beginn des siebten Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet. Der siebte Kalendermonat nach Eintritt der nachgewiesenen Erwerbsminderung begann am 1. September 2016.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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