S 13 KR 262/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 262/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 KR 136/18
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 325.445,07 EUR festgesetzt

Tatbestand:

Die Klägerin fordert von der Beklagten die Erstattung gezahlter Krankenhausvergütung in Höhe von 325.445,07 EUR aus 38 Behandlungsfällen.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Dort beschäftigte sie vom 19.10.2009 bis 06.11.2015 Herrn S. P. (im Folgende: SP) als Arzt. Die beigeladene Bezirksregierung Köln hatte diesem auf Antrag und nach Prüfung der eingereichten Unterlagen durch Bescheid und Urkunde vom 25.09.2016 die Approbation als Arzt erteilt. Das Beschäftigungsverhältnis zwischen SP und der Beklagten endete aufgrund fristloser Kündigung, nachdem sich herausgestellt hatte, dass SP Studienbescheinigungen, Zeugnisse, eine Promotionsurkunde und insbesondere ein "Zeugnis über die Ärztliche Prüfung" des Landesprüfungsamtes vom 12.09.2006, durch das der Abschluss des Medizinstudiums mit der Gesamtnote "gut" bescheinigt wurde, gefälscht hatte. Tatsächlich war SP weder promoviert worden noch hatte er die Ärztliche Prüfung abgelegt noch besaß er die Qualifikation eines "Facharzt für Viszeralchirurgie". Mit der erschlichenen, aber echten Approbationsurkunde bewarb sich SP bei der Beklagten, die ihn daraufhin als Arzt einstellte. SP arbeitete im Fachbereich "Viszeralchirurgie". Während seiner Tätigkeit für die Beklagte kam es zu 336 operativen Eingriffen an Patienten, bei denen SP als erster Operateur beteiligt war. Aufgrund dieser Eingriffe verurteilte ihn das Amtsgericht Düren durch rechtskräftiges Urteil vom 12.07.2016 (13 Ls – 401 Js 552/15 – 29/16) wegen Körperverletzung in 336 Fällen, die in den Urteilsgründen im Einzelnen nummeriert aufgelistet und beschrieben sind, darüber hinaus wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Zuvor hatte die beigeladene Bezirksregierung durch bestandskräftigen Bescheid vom 06.11.2015 die Approbation des SP als Arzt zurückgenommen mit der Begründung, die Erteilung der Approbation sei bereits zum damaligen Zeitpunkt rechtswidrig gewesen, da sie aufgrund falscher Tatsachen erfolgt und die Voraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt gewesen seien.

Erstmals durch ein Schreiben des Verband der Ersatzkassen (VdEK) vom 27.10.2016 wurde die Beklagte mit der Forderung gesetzlicher Krankenkassen auf Erstattung der gezahlten Vergütung für unter Beteiligung des SP erfolgte Krankenhausbehandlungen ihrer Versicherten konfrontiert. Mit Schreiben vom 19.12.2016 verzichtet die Beklagte gegenüber dem VdEK, dessen Mitglied die Klägerin ist, zunächst bis zum 30.06.3017 auf die Einreden der Verjährung, "soweit behauptete Ansprüche nicht eo ipso bereits verjährt sein könnten".

Die Beklagte kam der – in der Folgezeit substanziierten – Erstattungsforderung nicht nach.

Daraufhin hat die Klägerin am 28.06.2017 Klage auf Zahlung von 325.445,07 EUR erhoben. Diese Forderung resultiert aus der von ihr gezahlten Vergütung für die Krankenhausbehandlung von 38 ihrer Versicherten, von denen eine im Jahre 2010, zehn im Jahre 2011 durchgeführt und abgerechnet worden sind. Diese Behandlungsfälle waren Gegenstand des Strafurteils vom 12.07.2016.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe gegen die Beklagte einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe der Klageforderung. Sie habe der Beklagten die Vergütung für die Behandlung der 38 näher bezeichneten Versicherten ohne rechtlichen Grund erbracht. Die Beklagte könne sich nicht auf einen Vergütungsanspruch gemäß § 109 Abs. 4 S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) berufen. Das zugelassene Krankenhaus sei im Rahmen seines Versorgungsauftrages zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Es habe einen Vergütungsanspruch durch Fallpauschalen nur für eine erforderliche Behandlung. Eine nach zwingenden normativen Vorgaben ungeeignete Versorgung Versicherter sei nicht im Rechtssinne erforderlich. Vorliegend habe die Beklagte eine ungeeignete Leistung erbracht. Gemäß § 39 Abs. 1 S. 3 SGB V umfasse Krankenhausbehandlung insbesondere die ärztliche Behandlung. Nach § 28 Abs. 1 S. 1 SGB V umfasse ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sei. In den streitgegenständlichen Fällen seien die operativen Eingriffe von SP als "ersten Operateur" durchgeführt worden. Damit seien die Krankenhausleistungen von einem Nichtmediziner erbracht worden mit der Folge, dass diese nicht hätten vergütet werden dürfen. Auf die Unkenntnis der Beklagten im Hinblick auf die Erbringung der Leistung durch einen "falschen Arzt" komme es nicht an. Die Klägerin weist darauf hin, dass in 27 Fällen die Schlussrechnung im Jahre 2012 oder danach erfolgt sei; in diesen Fällen sei die Forderung im Hinblick auf den bis 30.06.2017 erklärten Verjährungsverzicht nicht verjährt. Die Klägerin meint, dass auch in den übrigen 11 Fällen, in denen die Zahlung der Schlussrechnung vor dem Jahre 2012 erfolgt sei, ihre Forderung nicht verjährt sei; denn einer Einrede der Verjährung stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Die Beklagte sei für die Auswahl und den Einsatz der Ärzte selbst verantwortlich; ihr obliege die Überprüfung, ob alle Einstellungsvoraussetzungen vorliegen. Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte die Beklagte erkennen müssen, dass gefälschte Dokumente eingereicht wurden. Gerade bei Neueinstellungen im sensiblen Bereich der Ärzteschaft müssten die eingereichten Dokument und Urkunden genau überprüft werden. Sie – die Klägerin – habe nicht erkennen können, dass die Abrechnungen in den streitbefangenen Fällen falsch gewesen seien. Darüber hinaus macht die Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend. Indem die Beklagte den SP als ersten Operateur eingesetzt habe, der kein Arzt gewesen sei, habe sie die von ihr geschuldete Krankenhausleistung durch Ärzte nicht erbracht. Sie habe auch schuldhaft gehandelt. Hierdurch habe sie bei der Klägerin einen Schaden verursacht.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 325.445,07 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.06.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung sie habe für die streitgegenständlichen Behandlungsfälle die Leistung der Klägerin – die Vergütung – nicht rechtsgrundlos erhalten. Faktisch habe sie den Versorgungsauftrag der Klägerin, deren Versicherte zu behandeln, ordnungsgemäß erfüllt und in jedem Einzelfall eine medizinische-technisch-fachliche Leistung ohne jedweden Fehler erbracht. Allein der Umstand, dass die Rücknahme der Approbation des SP Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Erteilung entfalte, habe nicht die Unwirksamkeit oder gar Nichtigkeit des Versorgungsvertrages zur Folge. § 5 Bundesärzteordnung (BÄO) habe eine eindeutig personenbezogene Ausrichtung, nämlich zu verhindern, einem Menschen, der von Anfang an nicht als Arzt hätte approbiert werden dürfen, für die Vergangenheit den Status eines zurecht approbierten "Arztes" zu erhalten; anderenfalls könnte der formell wirksam, aber fälschlich approbierte Arzt z.B. strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Diese Erwägungen seien jedoch nicht auf die Berechnung und Zahlung von Leistungen zu beziehen, die – wie hier – von einem zugelassenen Krankenhaus im Rahmen seiner Aufgabenbestimmung und durch das Zusammenwirken einer Vielzahl qualifizierter Medizinpersonen einschließlich approbierter Ärzte erbracht werden. Der Abschluss von Versorgungsverträgen im Sinne von § 109 SGB V schaffe die rechtliche Grundlage sowohl für die Behandlung der Versicherten im Krankenhaus als auch umgekehrt die Erstattung der Kosten durch die Krankenkasse. Wenn auf Seiten des Krankenhauses eine Person, welche objektiv nicht über eine notwendige Voraussetzung der Berufserlaubnis verfüge, die aber nach behördlicher Prüfung uneingeschränkt erteilt worden sei, in der Mitbehandlung von Patienten tätig werde, berühre dies nicht die Wirksamkeit des Versorgungsvertrages und dessen Abrechnungsgrundlagen. Der Beklagten sei im Behandlungszeitraum nicht bekannt gewesen, dass die Mitwirkung des SP an Behandlungen auf falschen Angaben und Grundlagen beruht habe. Die vor der Einstellung von SP vorgelegte Approbationsurkunde sei eine echte, nicht gefälschte Urkunde gewesen; SP habe während seiner Tätigkeit für die Beklagte tatsächlich über eine Approbation verfügt. Wie üblich habe die Beklagte bei der Einstellung dieses "Arztes" durch Nachfrage bei der Behörde geklärt, dass die Approbation ordnungsgemäß erteilt worden war. Zu mehr als dieser vorsorglichen Prüfung könne das Krankenhaus nicht verpflichtet sein. Auf die durch eine echte Urkunde nachgewiesene Approbation habe sich die Beklagte verlassen. Gegenüber und für außenstehende Dritte habe die erteilte Approbation jedenfalls insoweit Schutzwirkung, als sie sich darauf verlassen dürfen, dass die zuständige Behörde die Voraussetzungen der Approbation ordnungsgemäß geprüft hat. Aus diesem Grund – so die Beklagte – schieden auch alle "Schadensersatzansprüche" ihr gegenüber aus; denn diese setzten ein Verschulden voraus, welches in keinster Weise angenommen werden könne. Im Übrigen: Wenn es zuträfe, dass der Versorgungsvertrag zwischen der Klägerin und ihr für die betroffenen Behandlungsfälle rechtlich unwirksam und nichtig wäre, hätte auch sie ihre Leistungen – Versorgung, Behandlung und Heilung der Versicherten – im Verhältnis zur Klägerin ohne Rechtsgrund erbracht. Die formelle Betrachtungsweise, dass durch die Rückwirkung des Entzuges der Approbation eine "formelle Nichtberechtigung" der Leistungsabrechnung durch das Krankenhaus entstanden sei, gebe dann umgekehrt auch dem Krankenhausträger das Recht, die dann ebenfalls "rechtsgrundlos" erbrachten Leistungen zu kondizieren; ihr stünde die Vergütung für die von ihr korrekt erbrachten Leistungen zu, denn diese hätten einen taxmäßigen Wert; der Umfang der wechselseitigen Bereicherungen saldiere sich. § 817 Satz 2 BGB sei insoweit nicht anwendbar und einschlägig; die Beklagte habe nicht gegen ein Verbot verstoßen. Die Beklagte erhebt ausdrücklich die Einrede der Verjährung bezüglich aller vor 2012 abgerechneter Behandlungsfälle.

Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag. Er schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an. Der Beigeladene hat erklärt, die Rücknahme der Approbation bedeute "nach einschlägiger Lehrmeinung" eine Beseitigung der mit der Approbation verbundenen Rechte mit rückwirkender Kraft (ex tunc), also so, als ob die Approbation nie erteilt worden wäre. Der Beigeladene ist der Auffassung, dass sich hieraus keine Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten ableiten ließen. Die Beklagte habe hinsichtlich der ärztlichen Tätigkeit des SP von einer gültigen Approbation ausgehen dürfen, die zu diesem Zeitpunkt auch bestanden habe. SP sei während seiner Tätigkeit bei der Beklagten im Besitz einer gültigen und echten Approbationsurkunde gewesen. Allein die zuständigen Bezirksregierungen prüften, ob ein antragstellender Arzt über die Voraussetzungen für die Erteilung einer Approbation verfügt. SP habe im Rahmen seiner Antragstellung alle erforderlichen Unterlagen beigebracht; lediglich das Zeugnis über die ärztliche Prüfung sei gefälscht gewesen, was aber nicht aufgefallen sei. Auf dieser Basis sei eine gültige Approbation erteilt worden. Für die Einstellung eines Arztes in einem Krankenhaus sei die Vorlage der Approbationsurkunde zwingende Voraussetzung. Da die Prüfung der Voraussetzungen zur Erteilung der Approbation alleinige Aufgabe der Approbationsbehörden sei, dürfe sich das Krankenhaus als zukünftiger Arbeitgeber darauf verlassen, dass die ihm vorgelegte – echte – Approbationsurkunde ordnungsgemäß erteilt wurde. Das Krankenhaus habe aber bei der Einstellung des SP nichts falsch gemacht; sie habe gegen kein gesetzliches Verbot verstoßen. Dass dem SP die Voraussetzungen zur Erteilung der Approbation gefehlt haben, wirke sich möglicherweise auf seinen arbeitsrechtlichen Vergütungsanspruch, seine Haftungsverpflichtung oder anderweitig für ihn zivil- oder strafrechtlich aus. SP habe sich die Approbation erschlichen; er hätte als "Nichtarzt" nicht operieren dürfen und habe dies auch gewusst. Vor diesem Hintergrund sei die Wertung, dass die Rücknahme der Approbation mit rückwirkender Kraft beseitigt werde, zu verstehen. Eine ex-tunc-Wirkung der Rücknahme mit der Konsequenz, dass SP auch versorgungsvertragsrechtlich so zu stellen sei, als wäre er nie Arzt gewesen, werde der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht. SP sei zwar als Erstoperateur tätig gewesen, sei aber offenbar stets und eingriffsbereit von einem Oberarzt und einer Fachärztin begleitet worden. Der Beigeladene meint, dass, wenn ein nicht approbierter Arzt, dessen fehlende Befugnis seinem Arbeitgeber schuldlos nicht bekannt sei, an einer ärztlichen Leistungserbringung mitwirke, es nicht Schutzzweck der Vorschrift über Versorgungsverträge, die Krankenhausvergütung und die Rücknahme einer Approbation sei, eine "Nichtleistungserbringung" anzunehmen mit der Folge, dass die Gesamtleistung des Krankenhauses ohne Abrechnung bleibe. Das Krankenhaus habe die rechtlich geschuldete Leistung i.S.d. § 109 Abs. 4 S.3 SGB V, § 7 KHEntgG mit der Durchführung der operativen Eingriffe im Ärzteteam erbracht; der Anspruch auf Krankenhausvergütung sei daher entstanden; aufgrund der Leistungen des SP als Erstoperateur sei auch kein Schaden entstanden. Deshalb ist für die Beigeladen ein Anspruch auf Rückforderung der Krankenhausvergütung oder auf Schadenersatz nicht erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin sowie der Kopie der Akte der Staatanwaltschaft Aachen (13 Ls – 401 Js 552/16 – 29/16), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Rückzahlung der geleisteten Vergütung für die Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenkasse gegen einen Krankenhausträger geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Vergütung.

I. Öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch

Der im öffentlichen Recht auch ohne ausdrückliche Normierung seit langem anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch (vgl. bereits BSG, Urteil vom 30.01.1962 – 2 RU 219/59 = BSGE 16, 151, 156 m.w.N zur älteren Rspr. und Literatur) ist aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleiten (BSG, Urteil vom 28.10.2008 – B 8 SO 23/07 R = BSGE 102, 10). Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind. Seine Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen entsprechen zwar, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs. Es scheidet aber ein Rückgriff auf die zivilrechtlichen Normen aus, soweit der vom öffentlichen Recht selbstständig entwickelte Erstattungsanspruch reicht. Dies gilt namentlich für die Nichtanwendbarkeit der bereicherungsrechtlichen Vorschriften, denen öffentlich-rechtliche Wertungszusammenhänge entgegenstehen (vgl zB zur Nichtanwendbarkeit des § 818 Abs. 3 BGB bei der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe wegen des Vorrangs von § 152 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz a.F.: BSG, Urteil vom 06.10.1977 – 7 Rar 55/76 = BSGE 45, 38, 46 f.).

Dass die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus öffentlich-rechtlicher Natur sind, ergibt sich explizit aus § 69 Satz 2 SGB V. Hiernach sind die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Krankenhäusern und ihren Verbänden abschließend im Vierten Kapitel des SGB V, in den §§ 63, 64 SGB V und in dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie den hiernach erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Da es sich bei diesen Vorschriften um solche des öffentlichen Rechts handelt, können auch die hierauf beruhenden Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern nur öffentlich-rechtlicher Natur sein (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R).

Die Klägerin hat der Beklagten die streitbefangene Vergütung nicht ohne Rechtsgrund gezahlt.

Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung sind erfüllt. Die Beklagte betreibt ein gemäß § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. Rechtsgrundlage des in den Behandlungsfällen der bei der Klägerin versicherten Patienten geltend gemachten Vergütungsanspruchs der Beklagten ist § 109 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der Versicherten. Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme sowie die Abrechnung der Entgelte ist in dem zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie den Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Vertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V geregelt. Es ist dies der zwar gekündigte, aber in der Übergangszeit bis zum Abschluss eines neuen Vertrages weiter angewandte Vertrag über "Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" (KBV). Die Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V. Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 KHEntgG werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG bestimmt: "Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9),." Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 Abs.1 Satz 2 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG. Daneben bestimmt § 17b Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KHG, dass für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem einzuführen ist. Das Vergütungssystem hat Komplexitäten und Komorbiditäten abzubilden; sein Differenzierungsgrad soll praktikabel sein (§ 17b Abs. 1 Satz 2 KHG). Mit den Entgelten nach Satz 1 werden die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet (§ 17b Abs. 1 Satz 3 KHG). Nach § 17b Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 KHG vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam entsprechend den Vorgaben der Absätze 1 und 3 des § 17b KHG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft ein Vergütungssystem, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11R). Die Beklagte durfte die erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten nach der in der jeweiligen Rechnung aufgeführten DRG, die zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, abrechnen. Dies gilt auch im Hinblick auf die grundsätzlichen Voraussetzungen der Krankenhausleistung.

Nach § 1 Abs.1 KBV regelt dieser Vertrag die allgemeinen Bedingungen einer Krankenhausbehandlung, soweit sie gemäß § 39 Abs. 1 SGB V vor- und nachstationär, teilstationär sowie vollstationär erbracht wird. Die Krankenhausbehandlung muss ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 KBV und § 12 Abs. 1 S. 1 SGB V). Nach der Begriffsbestimmung des § 39 Abs. 1 S. 3, Halbs. 1 SGB V umfasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere die ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung. Die ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 1 S. 1 SGB V). Zur ärztlichen Behandlung gehört darüber hinaus auch die Hilfeleistung anderer Personen, die vom Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist (§ 28 Abs. 1 S. 2 SGB V). Bereits hieraus ergibt sich, dass "Krankenhausbehandlung" nicht allein durch die Leistung und das Tätigwerden eines Arztes als solche qualifiziert wird und dass "ärztliche Behandlung" nicht nur die Tätigkeit eines Arztes beinhaltet.

Im DRG-System werden Patienten anhand medizinischer (Diagnosen, durchgeführte Behandlungen) und demographischer Daten (Alter, Geschlecht sowie das Aufnahmegewicht im Gramm bei Kindern, die jünger sind als 1 Jahr) für Zwecke der Abrechnung in Fallgruppen klassifiziert. Die Fallgruppen dienen jedoch nicht der Bestimmung der Behandlung, sondern die Differenzierung erfolgt aufgrund des in der Vorperiode ermittelten typischen Aufwandes (Behandlungskosten). Diese Fallgruppen werden mit einer sogenannten Bewertungsrelation bewertet, in der sich die unterschiedlichen Behandlungskosten der jeweiligen Fallgruppe widerspiegeln. Maßgebliche Kriterien für die Zuordnung des Behandlungsfalles zu einer diagnosebezogenen Fallgruppe sind:

- die Hauptdiagnose (bei den G-DRG: die für die Krankenhausaufnahme aus der Retrospektive hauptverantwortliche Diagnose, häufig die Grunderkrankung),

- im Krankenhaus durchgeführte Prozeduren (Operationen, aufwändige Untersuchungen),

- Nebendiagnosen und Komplikationen, die den Behandlungsverlauf maßgeblich (indem ihnen ein Aufwand anzurechnen ist) beeinflussen,

- die Beatmungszeit und

- patientenbezogene Faktoren wie Alter, Geschlecht der Patienten oder das Geburts-, bzw. Aufnahmegewicht bei Frühgeburten und Säuglingen

- sowie Verweildauer, Aufnahmeart (Zuverlegung, Einweisung) und Entlassart (Abverlegung, Tod ...)

(vgl. Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, Stichwort: "Diagnosebezogene Fallgruppen").

Aus alledem erschließt sich, dass der Vergütungsanspruch des Krankenhauses nicht allein durch die Tätigkeit und die Leistung eines Arztes begründet wird, sondern aus dem Zusammenwirken einer Vielzahl anderer Komponenten resultiert. Die von SP im Einzelfall durchgeführte Operation war nur ein – wenn auch nicht unwesentlicher – Mosaikstein, der zusammen mit anderen Faktoren die jeweils abgerechnete DRG darstellt, die entsprechend vergütet worden ist. Daraus folgt, dass der Wegfall einer einzelnen Komponente weder die gesamte Vertragsgrundlage unwirksam oder gar nichtig werden noch den Vergütungsanspruch in Gänze entfallen lässt. Soweit nicht eine Krankenhausbehandlung als solche vermeidbar war, weil die Behandlung auch ambulant hätte erbracht werden können (vgl. dazu der Große Senat des BSG, Beschluss vom 25.09.2007 – GS 1/06), führt eine vom Krankenhaus unzutreffend abgerechnete Hauptdiagnose, Nebendiagnose, Prozedur, Komplikation, Verweildauer oder Anderes mehr bei einer berechtigten Beanstandung der Krankenkasse nicht zu einem vollständigen Verlust des Vergütungsanspruchs, sondern hat allein dessen Korrektur nach Grund (andere DRG) und Höhe zur Folge. Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten bei erforderlicher Krankenhausbehandlung in unwirtschaftlichem Umfang, hat es allenfalls Anspruch auf die Vergütung, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele. Bei in solcher Weise unwirtschaftlicher Gestaltung erforderlicher Krankenhausbehandlung ist es nicht geboten, zu einem völligen Vergütungsausschluss zu gelangen (BSG, Urteile vom 01.07.2014 – B 1 KR 2/15 R – und vom 10.03.2015 – B 1 KR 2/15 R und B 1 KR 3/15 R). Bei Operationen wie in den streitbefangenen Behandlungsfällen ist regelmäßig nicht nur ein Arzt allein tätig, selbst wenn dieser Facharzt und der "erste Operateur" ist, sondern assistiert regelmäßig ein weiterer Arzt. Dies hat der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt.

Für die hier in Rede stehenden Vergütungsansprüche der Beklagten fehlt es aber auch in Bezug auf die Person und das Tätigwerden des SP (als ersten Operateur) nicht an der gem. §§ 39 Abs. 1 S. 3, 28 Abs. 1 S. 1 SGB V eine Krankenhausbehandlung mit bestimmenden "ärztlichen Behandlung" durch die "Tätigkeit eines Arztes". Denn SP war während seiner Beschäftigung und Ausübung seines wie auch immer zu bezeichnenden Berufes bei der Beklagten und konkret bei der streitgegenständlichen Behandlung der Versicherten "Arzt" im Sinne der gesetzlichen und vertraglichen Vergütungsgrundlagen.

Wer in Deutschland den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt (§ 2 Abs. 1 BÄO). Die Berufsbezeichnung "Arzt" darf nur führen, wer als Arzt approbiert oder nach – hier nicht einschlägigen – speziellen Bestimmungen zur Ausübung des ärztlichen Berufes befugt ist (§ 2a BÄO). Ausweislich des § 39 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 8 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) ist dem Antrag auf Approbation als Arzt neben diversen anderen persönlichen Unterlagen (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 bis 6 ÄApprO) insbesondere das "Zeugnis über die Ärztliche Prüfung" beizufügen (§ 39 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 ÄApprO). Dieses ist das Zeugnis über den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (vgl. § 32 ÄApprO i.V.m. der Anlage 12 zu dieser Verordnung). SP war während seiner Tätigkeit für die Beklagte im Besitz einer echten Approbationsurkunde, hatte also in dieser Zeit und während der streitigen Behandlungen die formelle Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Arzt" zu führen. Allerdings ist die am 29.05.2006 von dem Beigeladenen erteilte Approbation durch Bescheid vom 06.11.2015 gem. § 5 Abs. 1 S. 1 BÄO zurückgenommen worden. Nach dieser Vorschrift ist die Approbation zurück zu nehmen, wenn bei ihrer Erteilung (u.a.) eine der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BÄO ("nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens 5.500 Stunden und einer Dauer von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat") nicht vorgelegen hat. Diese Rücknahmevoraussetzung war im Fall des SP erfüllt. Weder § 5 BÄO noch der darauf beruhende Bescheid des Beigeladenen vom 06.11.2015 bestimmen, ob die Rücknahme der Approbation rückwirkend (ex tunc) oder für die Zukunft (ex nunc) gilt und Wirkung entfalten soll.

Nach herrschender Meinung in der Literatur beseitigt die Rücknahme der Approbation gem. § 5 Abs. 1 BÄO die mit ihr verbunden Rechtsstellung mit rückwirkender Kraft – ex tunc – mit der Folge, dass der Betroffene von Anfang an nicht Arzt gewesen ist (vgl. Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflg. 2014, § 5 BÄO, Rdnr. 1; Narr, Ärztliches Berufsrecht, Bd. I, 23. Erg.-Lief. Nov. 2014, Teil B.2, Rdnr. 1; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflg. 2002, § 8, Rdnr. 32; Schiwy, Deutsches Arztrecht, Kommentar Bd. I, 67. Erg.-Lief. 2004, § 5, Anm. 1). Die Rückwirkung kann aber nach dem Sinn und Zweck der Regelung in § 5 Abs. 1 S. 1 BÄO und unter Berücksichtigung der schwerwiegenden Gründe für die Rücknahme nur in Bezug auf die Person des Betroffenen – hier: des SP - und die ihn unmittelbar betreffenden Rechtsverhältnisse straf-, arbeits- und zivilrechtlicher Natur gelten. Durch die ex-tunc-Wirkung der Rücknahme der Approbation soll der Betroffenen so behandelt werden, als hätte seine "Arzteigenschaft" nie vorgelegen (Schiwy, a.a.O.). Er soll ggf. die vollen Konsequenzen seines vorwerfbaren schwerwiegenden Verhaltens tragen müssen. Damit in Einklang stehen deshalb sowohl der zwischen der Beklagten und SP vor dem Arbeitsgericht Aachen (5 Ca 4152/15 d) geschlossen Vergleich vom 07.06.2016, durch den SP zum Ausgleich aller Forderungen aus dem Arbeitsverhältnisse zur Zahlung von 45.000,00 EUR an die Beklagte verpflichtet wurde, als auch das Urteil des Amtsgericht Düren vom 12.07.2016 (13 Ls – 401 Js 552/15 – 29/16), durch das SP wegen Körperverletzung in 336 Fällen sowie wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt wurde, als auch – ganz allgemein – die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach ein in eigener Praxis tätiger Arzt, der sich seine Approbation oder Kassenarztzulassung erschlichen hat, zur Erstattung des ihm persönlich gezahlten vertragsärztlichen Honorars verpflichtet ist (Vgl. BSG, Urteile vom 13.11.1974 – 6 RKa 39/73, vom 22.03.1984 – 6 RKa 28/82 – und vom 23.06.2010 – B 6 KA 7/09 R).

Dagegen ist es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 BÄO keineswegs eine zwingende Folge, dass die Rücknahme der Approbation sich auf die Rechtsbeziehungen zwischen Dritten – hier: dem Krankenhaus, das den Arzt beschäftigt hat, und der Krankenkasse, in dessen Auftrag das Krankenhaus die der Krankenkasse gegenüber ihren Versicherten obliegende Sachleistungsverpflichtung erfüllt hat – ebenfalls mit rückwirkender Kraft auswirkt. Rein tatsächlich betrachtet hat SP ärztliche Leistungen als approbierter Arzt erbracht. Diese sind auch – soweit ersichtlich – weder von einem Patienten noch von der Beklagten noch von der Klägerin oder einer anderen Krankenkasse in qualitativer Hinsicht beanstandet worden. Durch die Krankenhausbehandlung der Versicherten einschließlich der Tätigkeiten des SP hat die Klägerin den ihr gegenüber bestandenen Sachleistungsanspruch ihrer Versicherten erfüllt und ist von der entsprechenden Sachleistungsverpflichtung frei geworden. Diese Tatsache wird durch die Rücknahme der Approbation nicht verändert. Würde die Rücknahme der Approbation auch in Bezug auf die gesetzlichen Beziehungen und Vertragsverhältnissen zwischen Krankenhaus und Krankenkassen rückwirkende Kraft haben, so würde dies an der tatsächlichen Leistung des Krankenhauses und dem Freiwerden von der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten tatsächlich nichts ändern. Dementsprechend wirkt sich die Rücknahme einer Approbation nach § 5 Abs. 1 BÄO auf das Verhältnis zwischen dem Krankenhaus, für das der Betroffene tätig war, und den Krankenkassen nur für die Zukunft ab Bestandskraft bzw. bei vorläufiger Vollstreckbarkeit ab Erlass des Rücknahmebescheides – ex nunc – aus. Daraus folgt, dass die Leistung der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen ordnungsgemäß erbracht und die dafür der Klägerin in Rechnung gestellte Vergütung nicht rechtsgrundlos gezahlt worden sind.

Unabhängig von alledem stünde einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 812 ff. BGB die Vorschrift des § 814 BGB entgegen. Denn die Klägerin könnte die Vergütung von der Beklagten auch deshalb nicht zurückfordern, weil diese Leistung (Vergütung) "einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht" entsprochen hätte. Würde nämlich die Beklagte (ohne Rücksicht auf solche Erwägungen) zur Rückzahlung der erhaltenen Vergütung verpflichtet sein, hätte sie ihre Leistung erbracht, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten; auf der anderen Seit hätte die Klägerin den sich aus §§ 27 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 SGB V ergebenden Sachleistungsanspruch ihrer Versicherten erfüllt, ohne dass sie dies etwas gekostet hätte. Das "Nachsehen" und den "Schaden" hätte allein die Beklagte. Dass dies nach dem Inhalt, Sinn und Zweck der Beziehungen zwischen der gesetzlichen Krankenkassen und dem Krankenhaus als Leistungserbringer sowie dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht oder nur schwer in Einklang zu bringen ist, liegt auf der Hand. Unter Berücksichtigung aller ihr bekannt gewordenen Umstände des Falles gebietet es daher nach Auffassung der Kammer der in § 814 BGB angesprochene Anstand, auf den Rücksicht zu nehmen ist, dass die Beklagte die erhaltene Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten behalten darf. Dementsprechend findet § 817 BGB vorliegend keine Anwendung. Mit der Annahme der Vergütung hat die Beklagte weder gegen ein gesetzliches Verbot noch gegen die guten Sitten verstoßen. Zum Zeitpunkt sowohl der Erbringung der Leistung "Krankenhausbehandlung" als auch der Annahme der dafür gezahlten Vergütung durch die Beklagte war SP im Besitz einer gültigen echten Approbationsurkunde. Deshalb hat die Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht gegen das Verbot der Ausübung der Heilkunde durch einen Nichtarzt und auch nicht gegen ein anderes gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen.

II. Schadensersatzansprüche

Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz gem. § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. einschlägigen Vorschriften des BGB, seien sie schuldrechtlicher (§§ 2870, 278 BGB) oder deliktischer (§§ 823, 831, BGB) Natur, bestehen nicht. Die Beklagte selbst hat weder eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis zur Klägerin schuldhaft verletzt noch vorsätzlich oder auch nur fahrlässig geschützte Rechte der Klägerin verletzt. Insbesondere hat sie – entgegen der Auffassung der Klägerin – bei der Einstellung und während der Beschäftigung des SP bis zur Aufdeckung von dessen Fehlverhalten nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen (vgl. § 276 Abs. 2 BGB). Für die Einstellung und Beschäftigung eines Arztes im Krankenhaus ist die allein zwingende und unabdingbare Voraussetzung, dass der Betreffende im Besitz einer Approbation ist. Nur diese weist ihn als "Arzt" aus, der diesen Beruf ausüben und diese Berufsbezeichnung führen darf (§ 2 Abs. 1, § 2a BÄO). SP war bei der Einstellung und im Verlauf seiner Tätigkeit bei der Beklagten im Besitz einer echten, gültigen Approbationsurkunde. Die Beklagte hatte weder die Pflicht noch die Befugnis noch die Möglichkeiten, im Einzelnen zu prüfen und zu klären, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation tatsächlich erfüllt waren, insbesondere die ihr zugrundliegenden Unterlagen echt waren. Dies oblag und obliegt allein dem Beigeladenen. Wenn dieser durch seine prüf- und entscheidungszuständige Behörde nicht erkannt hat, dass für die Erteilung der Approbation notwendige Urkunden gefälscht waren, kann der Beklagten nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätte ihrerseits die Fälschungen erkennen können oder gar müssen.

Vorwerfbar schuldhaft und widerrechtlich hat allein SP gehandelt. Dieses Verhalten muss sich die Beklagte zwar grundsätzlich gem. § 278 bzw. § 831 BGB zurechnen lassen. Gleichwohl steht einem daraus ableitbaren Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte entgegen, dass ihr durch das Verhalten des SP kein in der geltend gemachten Vergütungsrückforderung begründeter und in dessen Höhe messbarer Schaden entstanden ist. Wie oben unter I. dargelegt und begründet, ist die Leistung der Beklagten einschließlich der Tätigkeit des SP im Verhältnis zur Klägerin gemäß den gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen erbracht, die dafür gezahlte Vergütung von der Klägerin dementsprechend mit rechtlichem Grund gezahlt worden.

III. Verjährung

Soweit die Klägerin die Erstattung von gezahlten Vergütungen aus Behandlungsfällen fordert, die vor 2012 abgerechnet worden sind, ist die Klage auch deshalb unbegründet, weil die Forderung insoweit verjährt ist. Die Verjährungsverzichtserklärung der Beklagten vom 19.12.2016 erfasst ausdrücklich nur (behauptete) Ansprüche der Klägerin, "soweit behauptete Ansprüche nicht eo ipso bereits verjährt sein könnten". Darin liegt konkludent die Einrede der Verjährung in Bezug auf zu diesem Zeitpunkt bereits verjährte Ansprüche. Diese Verjährungseinrede hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich erhoben.

Der Anspruch einer Krankenkasse auf Erstattung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung unterliegt einer vierjährigen Verjährung (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 7/15 R – m.w.N.). In den elf Fällen, die in der Klageschrift unter den Fallziffern 1.) bis 11.) aufgelistet sind, erfolgten die Schlussrechnungen in den Jahren 2010 bzw. 2011 und waren die Vergütungsforderungen vor 2012 fällig. Der Lauf der Verjährungsfrist bezüglich einer Erstattungsforderung beginnt entsprechend § 45 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstandenen ist. In Bezug auf Erstattungsansprüche aus diesen Behandlungsfällen hat daher mit Beginn des Jahres 2011 (Fall 1) bzw. 2012 (Fälle 2 bis 11) die Verjährungsfrist begonnen und ist mit Ablauf des 31.12.2014 (Fall 1) bzw. mit Ablauf des 31.12.2015 (Fälle 2 bis 11) Verjährung eingetreten. Die (behaupteten) Erstattungsansprüche aus diesen 11 Fällen werden daher von der Verjährungsverzichtserklärung vom 19.12.2016 nicht erfasst und sehen sich einer berechtigten Einrede der Verjährung ausgesetzt. Dieser Einrede kann auch nicht mit Erfolg der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden. Für die Einstellung des SP als Arzt war allein die Approbationsurkunde zwingend erforderlich. Diese Urkunde war echt. Eine weitergehende Pflicht der Beklagten zur Prüfung eventuell darüber hinaus eingereichter – nicht einstellungsrelevanter – Unterlagen bestand angesichts der echten Approbationsurkunde nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1, 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 40, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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