L 7 AY 3934/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AY 6632/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 3934/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Gem. § 61 Abs. 1 SGG i.V.m. § 184 Satz 1 GVG ist die Gerichtssprache deutsch.
2. In einer Fremdsprache verfasste Schriftsätze haben keine unmittelbare rechtserhebliche Wirkung, sofern nicht wegen eines grenzüberschreitenden Bezugs Art. 76 Abs. 7 VO (EG) Nr. 883/2004 Anwendung findet. Sie sind grundsätzlich unwirksam und wahren daher keine Rechtsmittelfristen. Das Gericht ist auch nicht zur Übersetzung einer fremdsprachigen (Rechtsmittel-)Schrift verpflichtet.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. August 2017 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind eine Anspruchseinschränkung ab September 2016 sowie Leistungen bei Krankheit nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) streitig.

Der 1983 geborene Kläger pakistanischer Staatsangehörigkeit reiste nach eigenen Angaben am 22. Mai 2012 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11. Juni 2012 einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte durch Bescheid vom 14. Oktober 2014 den Antrag auf Asylanerkennung ab, erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch einen subsidiären Schutzstatus zu und nahm keine Abschiebeverbote an. Die vom Kläger vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart (VG) geführte Klage hatte keinen Erfolg (rechtskräftiges Urteil vom 21. Januar 2015 - A 8 K 4748/14 -).

Das Regierungspräsidium informierte den Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2016 über seine Passbeschaffungs- und Mitwirkungspflichten. Mit Schreiben vom 1 Juli 2016 forderte das Regierungspräsidium den Kläger auf, sich bis zum 20. Juli 2016 - gegebenenfalls durch Vorsprache beim pakistanischen Generalkonsulat in Frankfurt am Main - einen Pass bzw. einen Passersatz zu beschaffen. Der Kläger ließ diese Frist ungenutzt verstreichen. Mit Schreiben vom 4. August 2016 gab der Beklagte dem Kläger Gelegenheit, sich zu einer beabsichtigten Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG zu äußern. Mit Bescheid vom 18. August 2016 kürzte der Beklagte - unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 31. Mai 2016 - die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG mit Wirkung zum 1. September 2016 um monatlich 42,88 EUR. Dagegen legte der Kläger mit dem in deutscher Sprache verfassten Schreiben vom 24. August 2016 (Eingang beim Beklagten am 26. August 2016) Widerspruch ein und machte geltend, seine gesundheitliche Situation lasse es nicht zu, nach Frankfurt zur Botschaft zu fahren. Er habe auch die Ausländerbehörde über seine Reiseunfähigkeit informiert. Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 24. November 2016 als unbegründet zurück.

In dem seinerzeit zwischen den Beteiligten vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) anhängigen Rechtsstreit S 7 AY 1837/16 hat das SG am 1. Dezember 2016 einen Erörterungstermin durchgeführt, in dem sich der Kläger u.a. gegen die Anspruchseinschränkung gewandt hat. Durch Beschluss vom 1. Dezember 2016 hat das SG das Verfahren des Klägers gegen den Bescheid vom 18. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2016 vom Verfahren S 7 AY 1837/16 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 7 AY 6632/16 fortgeführt. In dem Verfahren S 7 AY 1387/16 haben die Beteiligten zur Erledigung dieses Rechtsstreits einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass der Beklagte über den im Erörterungstermin gestellten Antrag des Klägers zur Gewährung einer antiviralen Therapie im Hinblick auf die bei ihm vorliegende Hepatitis-C-Erkrankung bis zum 23. Dezember 2016 mit rechtsmittelfähigem Bescheid entscheidet. Sodann hat der Beklagte mit Bescheid vom 23. Dezember 2016 den Antrag auf eine antivirale Therapie abgelehnt. Am 4. Januar 2017 hat sich der Kläger mit einem ausschließlich in englischer Sprache verfassten Schreiben an das SG gewandt, das die Übersetzung dieses Schreibens in die deutsche Sprache veranlasst hat. Der Kläger hat in dem Schreiben (4. Januar 2017) seine Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht, weil ihm durch den Beklagten jede Unterstützung entzogen worden sei, und um einen dauerhaften Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland gebeten. Vom "Asyl-Amt" bekomme er lediglich 144,00 EUR; das reiche nicht für Essen und Medizin. Er habe kein Geld, um zum Arzt zu fahren. Im weiteren Verlauf hat der Kläger ein ärztliches Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychiatrie Dr. N. vom 1. Februar 2017 vorgelegt, wonach bei dem Kläger eine Hepatitis-C-Infektion mit einer mittelgradigen nachgewiesenen Virusaktivität bestehe und aus medizinischer Sicht eine antivirale Therapie indiziert sei. Mit Schriftsatz vom 1. August 2017 hat der Beklagte die Leistungseinschränkung auf die Zeit bis zum 28. Februar 2017 beschränkt und eine ungekürzte Leistungsgewährung ab 1. März 2017 anerkannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2017 hat er sodann den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 23. Dezember 2016 als unbegründet zurückgewiesen.

Das SG hat durch Gerichtsbescheid vom 30. August 2017 die Klagen betreffend die Anspruchseinschränkung ab September 2016 sowie die Leistungen bei Krankheit für eine antivirale Therapie abgewiesen. Gegenstand sei der Bescheid vom 18. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2016 betreffend die Anspruchseinschränkung für die Zeit vom 1. September 2016 bis zum 28. Februar 2017 sowie der Bescheid vom 23. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017. Die Klagen seien unbegründet. Die vom Beklagten vorgenommene Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG sei rechtmäßig. Diese habe auch zu Recht die Übernahme der Kosten für eine antivirale Therapie abgelehnt. Der mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 12. September 2017 zugestellt worden.

Zu den Aktenzeichen S 20 SB 4170/15, S 20 AY 1837/16 und S 20 AY 6632/16 ist am 29. September 2017 beim SG ein ausschließlich in englischer Sprache verfasstes Schreiben des Klägers eingegangen, das das SG als Berufungsschreiben aufgefasst und an das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg weitergeleitet hat (Eingang beim LSG Baden-Württemberg am 11. Oktober 2017).

Mit Verfügung vom 18. Oktober 2017, dem Kläger am 20. Oktober 2017 zugestellt, hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass die Gerichtssprache deutsch sei (Hinweis auf §§ 61 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG)) und sämtliche Schriftsätze, Anträge und Rechtsmittel in deutscher Sprache verfasst sein müssten. Seien diese nicht in deutscher Sprache verfasst, so seien die Schriftsätze, Anträge und sonstigen Erklärungen prinzipiell unwirksam und nicht geeignet, eine vorgeschriebene (Rechtsmittel-)Frist zu wahren (unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RV 43/85 - juris Rdnr. 15; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. April 2001 - L 7 U 4894/99 - juris Rdnr. 17). In fremder Sprache verfasste Schreiben erzeugten grundsätzlich keinerlei Rechtswirkung. Im Übrigen sei dem Schreiben vom 28. September 2017 nicht zu entnehmen, ob und gegebenenfalls hinsichtlich welcher gerichtlichen Verfahren ein Überdenken des Falles gewünscht werde. Das Verfahren S 20 SB 4170/15 habe der Kläger für erledigt erklärt. Im Verfahren S 7 AY 1837/16 habe er einen verfahrensbeendenden Vergleich geschlossen. Im Verfahren S 20 AY 6632/16 habe das SG durch Gerichtsbescheid vom 30. August 2017 (zugestellt am 12. September 2017) die Klage abgewiesen. Auf diesen Gerichtsbescheid habe der Kläger in seinem Schreiben vom 28. September 2017 keinen Bezug genommen. Auf diesen Hinweis hat der Kläger am 23. Oktober 2017 erneut ein ausschließlich in englischer Sprache verfasstes Schreiben beim LSG Baden-Württemberg eingereicht.

Mit Verfügung vom 25. Oktober 2017 hat der Berichterstatter erneut darauf hingewiesen, dass die Gerichtssprache deutsch sei und in fremder Sprache verfasste Schreiben grundsätzlich keinerlei Rechtswirkung erzeugten. Weiterhin hat er den Kläger darauf hingewiesen, dass die einmonatige Rechtsmittelfrist mittlerweile abgelaufen und eine Berufung als unzulässig, d. h. ohne Sachprüfung, zu verwerfen sei. Dieser Hinweis ist dem Kläger am 27. Oktober 2017 zugestellt worden. Der Kläger hat weitere in englischer Sprache verfasste Schreiben eingereicht.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. August 2017 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 23. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2017 zu verurteilen, ihm Leistungen bei Krankheit für eine antivirale Therapie zur Behandlung der Hepatitis-C-Erkrankung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist unzulässig.

Zwar ist die Berufung statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und der Kläger hat sie schriftlich eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG). Jedoch ist die Berufung nicht in deutscher (Gerichts-)Sprache eingelegt worden (§§ 61 Abs. 1 SGG, 184 GVG) und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 158 Satz 1 SGG).

1. Gem. § 61 Abs. 1 SGG i.V.m. § 184 Satz 1 GVG ist die Gerichtssprache deutsch (vgl. z.B. Senatsurteil vom 26. April 2001 - L 7 U 4894/99 - juris Rdnr. 17; BSG, Beschluss vom 12. Januar 2017 - B 8 SO 68/16 B - juris Rdnr. 3; Armbrüster, NJW 2011, S. 812; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 61 Rdnr. 52; Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16. November 2017 - 1 LA 68/17 - juris Rdnr. 7; Verwaltungsgericht (VG) Ansbach, Urteil vom 10. November 2017 - AN 4 K 17.33064 - juris Rdnr. 39; VG Köln, Beschluss vom 3. August 2017 - 25 K 6700/16.A - juris Rdnr. 9; VG Magdeburg, Beschluss vom 21. Juni 2017 - 2 B 603/17 - juris Rdnr. 21). Die gesetzliche Normierung der deutschen Sprache als Gerichtssprache betrifft alle Verfahrensstadien im sozialgerichtlichen Verfahren, nicht lediglich die mündliche Verhandlung. Sie gilt für alle Erklärungen des Gerichts und gegenüber dem Gericht. Fremdsprachlich eingereichte Schriftsätze haben keine unmittelbare rechtserhebliche Wirkung; sie sind grundsätzlich unwirksam und wahren daher keine (Rechtsmittel-)Fristen (Senatsurteil, a.a.O. Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RV 43/85 - juris Rdnr. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. August 2014 - L 18 KN 45/11 - juris Rdnr. 18; LSG Berlin, Urteil vom 22. März 2001 - L 3 U 23/00 - juris Rdnr. 17; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 9. Februar 2017 - StB 2/17 - juris Rdnr. 9; Beschluss vom 14. Juli 1981 - 1 StR 815/80 - juris Rdnrn. 2 ff.; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 5. Februar 1990 - 9 B 506/89 - juris Rdnr. 7; VG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2017 - A 5 K 2523/17 - juris Rdnr. 29; Armbrüster, a.a.O.; Hintz/Lowe, SGG, 1. Aufl. 2012, § 61 Rdnr. 16; Jung in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl. 2014, § 61 Rdnr. 71; Keller in Mayer-Ladewig u.a., SGG, 12. Aufl. 2017, § 61 Rdnr. 7; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl. 2015, § 184 Rdnr. 5; Lückemann in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 184 GVG Rdnr. 3; Stäbler in jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 61 Rdnr. 62; Wolff-Dellen, a.a.O.; Zimmermann in Münchner Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, § 184 GVG Rdnr. 6). Die Vorschrift des § 184 GVG ist zwingend und von Amts wegen zu beachten. Das Gericht ist nicht zur Übersetzung einer fremdsprachigen (Rechtsmittel-)Schrift verpflichtet. Veranlasst das Gericht jedoch eine solche Übersetzung bzw. liegt eine Übersetzung vor Ablauf der Rechtsmittelfrist vor, hat es die deutsche Übersetzung zu beachten (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).

2. Unabhängig davon, dass das der Kläger im Schreiben vom 28. September 2017 auf den am 30. August 2017 erlassenen und ihm am 12. September 2017 zugestellten Gerichtsbescheid in dem Verfahren S 20 AY 6632/16 nicht eindeutig Bezug nimmt, sondern er sich auch zu den Verfahren S 20 SB 4170/15 und S 20 1837/16 äußert, ist dieses Schreiben ausschließlich in englischer Sprache verfasst und daher unwirksam. Auch die weiteren Schreiben des Klägers vom 23. Oktober 2017, 30. Oktober 2017 und 1. Dezember 2017 sind in englischer Sprache verfasst und von vornherein nicht geeignet, eine Rechtswirkung zu erzeugen. Das Schreiben des Klägers vom 18. Januar 2018 hat keinen erkennbaren Bezug zu dem vorliegenden Verfahren. Vielmehr macht er mit diesem geltend, den Grad der Behinderung (GdB) auf 100 zu erhöhen und das Merkzeichen "B" bei ihm festzustellen.

Ein anders Ergebnis folgt nicht aus Art. 76 Abs. 7 VO (EG) Nr. 883/2004 (dazu ausführlich Leopold, ZESAR 2017, 109 ff.; vgl. ferner zum Strafverfahren Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-216/14 - juris). Danach dürfen die Behörden, Träger und Gerichte eines Mitgliedstaats die bei ihnen eingereichten Anträge oder sonstigen Schriftstücke nicht deshalb zurückweisen, weil sie in einer Amtssprache eines anderen Mitgliedstaats abgefasst sind, die als Amtssprache der Organe der Gemeinschaft anerkannt ist. Diese Regelung findet jedoch nur Anwendung, wenn ein grenzüberschreitender Bezug vorliegt. Ein rein interner - innerstaatlicher - Sachverhalt unterfällt dieser Regelung nicht (Spiegel in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl. 2010, Art. 76 Rdnr. 33). Weder die Benutzung einer fremden Sprache noch die Einreise aus einem Drittstaat in die Europäische Union - wie vorliegend - begründet für sich allein einen grenzüberschreitenden Bezug (Leopold, a.a.O., S. 110; ders. in Beck´scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand 1. Juli 2017, Art. 2 VO (EG) 883/2004 Rdnr. 4).

Die vom Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung - mit Unterstützung des geladenen Dolmetschers - zur Niederschrift erklärte Berufung ist unzulässig, weil verfristet. Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Landessozialgericht - bzw. nach § 151 Abs. 2 Satz 1 SGG bei dem Sozialgericht - einzulegen. Gem. § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist grundsätzlich mit dem Tage nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Dies ist der in gesetzlicher Form zu bewirkende und zu beurkundende Akt, durch den dem Adressaten Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks verschafft wird. Zugestellt wird im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO, vgl. § 63 Abs. 2 SGG). Die Zustellung an den Kläger ist ausweislich der Zustellungsurkunde durch Einlegung des zuzustellenden Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung im Wege einer Ersatzzustellung nach § 180 ZPO am 12. September 2017 bewirkt worden. Mithin ist dem Kläger der Gerichtsbescheid des SG, der eine vollständige und ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung i.S. des § 66 Abs. 1 SGG beinhaltet hat, zur Überzeugung des Senats ordnungsgemäß am 12. September 2017 zugestellt worden. Die einmonatige Berufungsfrist hat gem. § 64 Abs. 1 SGG am Folgetag, dem 13. September 2017 zu laufen begonnen. Sie hat gem. § 64 Abs. 2 SGG mit Ablauf des 12. Oktober 2017, einem Mittwoch, geendet. Eine Berufung in deutscher Gerichtssprache hat der Kläger erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22. Februar 2018, d.h. nach Ablauf der Berufungsfrist, beim LSG eingelegt.

3. Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gem. § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mithin ist nur im Fall einer unverschuldeten Fristversäumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies setzt voraus, dass der Beteiligte diejenige Sorgfalt angewandt hat, die ein gewissenhaft Prozessführender nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 9/92 - juris Rdnr. 15; Urteil vom 27. Mai 2008 - B 2 U 5/07 R - juris Rdnr. 14). Zwar ist fehlenden Sprachkenntnissen im Rahmen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Rechnung zu tragen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986, a.a.O. Rdnr. 14; BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1990 - 9 B 505/89 - juris Rdnr. 3), jedoch hat der Kläger zur Überzeugung des Senats die Berufungsfrist schuldhaft versäumt bzw. die versäumte Rechtshandlung (Berufseinlegung in deutscher Sprache) nicht rechtzeitig nachgeholt (vgl. § 67 Abs. 2 SGG). Er ist durch Verfügungen des Berichterstatters vom 18. Oktober 2017 und 25. Oktober 2017 unmissverständlich darauf hingewiesen worden, dass sein in englischer Sprache verfasstes Schreiben vom 28. September 2017 keine Rechtswirkung erzeugt, Gerichtsprache Deutsch ist, Rechtsmittel in deutscher Sprache verfasst sein müssen und die Berufungsfrist abgelaufen ist. Diese Hinweise hat der Kläger ignoriert und weiterhin nur in englischer Sprache verfasste Schreiben bei Gericht eingereicht. Ausweislich der vorliegenden Akten ist der Kläger durchaus in der Lage, in deutscher Amts- und Gerichtssprache verfasste Schreiben vorzulegen (z.B. Widerspruchsschreiben vom 4. Oktober 2017, 24. August 2016 und 6. Mai 2015 an den Beklagten, Schreiben vom 18. Januar 2018 an den Senat). Warum ihm dies im vorliegenden Verfahren - trotz der Hinweise des Berichterstatters - nicht möglich gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine unverschuldete Fristversäumung liegen daher nicht vor. Mithin ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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