L 3 KR 89/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 38 KR 216/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 KR 89/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Juni 2016 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer teilstationären Krankenhausbehandlung.

Die 1953 geborene Versicherte der Beklagten wurde in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 11. Juni 2010 in einer Klinik der Klägerin teilstationär behandelt. Die Aufnahme erfolgte wegen einer Adipositas 3. Grades bei einem BMI von 45 kg/m² und einem Körpergewicht von 124 kg. Als Folgeerkrankungen bestanden ein Diabetes mellitus Typ 2, eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzkrankheit sowie einem Zustand nach TEP-Implantation im linken Knie. Darüber hinaus bestand der Verdacht auf ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom.

Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung unter dem 7. Juli 2010 einen Betrag von 4.298,85 EUR in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig, beauftragte aber am 21. Juli 2010 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung N. (MDK) mit der Überprüfung der Notwendigkeit der erfolgten Behandlung. Der MDK kam in seinem Gutachten vom 31. Januar 2011 zu dem Ergebnis, dass die teilstationäre Behandlung der Versicherten nicht erforderlich gewesen sei, da im Zeitpunkt der Aufnahme die Behandlungsmöglichkeiten im ambulanten Bereich nicht konsequent ausgeschöpft gewesen sei. Vielmehr wäre alternativ eine ambulante strukturierte und multiprofessionelle Adipositastherapie über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten möglich gewesen.

Die Beklagte nahm daraufhin am 8. Februar 2011 eine Aufrechnung in Höhe des Rechnungsbetrages mit anderen unstreitigen Forderungen der Klägerin vor.

Die Klägerin wandte sich hiergegen mit Schreiben vom 6. Juni 2011 und führte aus, bei der Versicherten habe ein schweres komplexes Krankheitsbild mit einer Adipositas 3. Grades und einem BMI von 45 kg/m², nächtlichen Essanfällen sowie multiplen Folgeschäden und auch psychosozialen Konflikten bestanden. Es habe deshalb eine Indikation für eine multimodale tagesklinische Behandlung vorgelegen; demgegenüber sei eine ambulante Basistherapie nicht erfolgversprechend gewesen. Das ambulante Basisprogramm diene der Behandlung einer unkomplizierten Adipositas, während in der Tagesklinik Menschen mit komplizierter morbider Adipositas auch als Ausdruck einer komplexen Ernährungsstörung behandelt würden. Die Tagesklinik unterhalte ein engmaschiges multidisziplinäres und multiprofessionelles Angebot mit täglicher Präsenz. Die Behandlung erfolge werktäglich für je sechs Stunden, in Basisprogrammen dagegen in der Regel nur einmal wöchentlich für zwei Stunden.

Der MDK hielt in einem weiteren Gutachten vom 28. November 2011 an seiner Einschätzung fest und führte aus, dass Komorbiditäten bei einer ausgeprägten Adipositas nicht ungewöhnlich seien und einer ambulanten Behandlung nicht entgegenstünden. Auch psychosoziale Konfliktsituationen könnten mittels einer ambulanten Psychotherapie behandelt werden.

Die Klägerin hat am 18. Februar 2013 Klage erhoben und daran festgehalten, dass die medizinische Indikation für eine teilstationäre Behandlung vorgelegen habe.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten der Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. S. vom 10. Dezember 2013 eingeholt. Diese hat folgende Diagnosen aus dem Entlassungsbericht der Klägerin bestätigt: Adipositas 3. Grades durch übermäßige Kalorienzufuhr (E66.02); Hyperintensive Herzkrankheit (I11.90); Diabetes mellitus Typ 2 (E11.90); Schmerzsyndrom bei Polyarthrose (M15.8); Zustand nach TEP-Implantation linkes Knie 2008; Hyperurikämie (E79.0); Verdacht auf obstruktive Schlafapnoesyndrom (G47.31); Verdacht auf Laktoseintoleranz (E73.8). Sie hat weiter ausgeführt, dass daneben die Diagnose von psychologischen Faktoren und Verhaltensfaktoren bei Adipositas (F54; E66.02) getroffen werden sollte. Des Weiteren habe mindestens eine Dysthymia (F34.1), aber eher eine rezidivierende, leicht bis mittelgradig ausgeprägte depressive Störung (F33.0 bzw. F33.1) vorgelegen. Im Hinblick auf die komplizierte und konfliktgeladene Beziehung der Versicherten mit einem alkoholabhängigen Partner sei schließlich zumindest der Verdacht auf eine ängstlich-vermeidende bzw. selbstunsichere Persönlichkeitsstörung zu benennen. Fraglich sei, ob die Diagnose einer Essstörung versäumt worden sei. Die Gutachterin ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die teilstationäre Behandlung der Versicherten mit dem verfolgten intensiven Behandlungskonzept erforderlich gewesen sei, da eine ambulante Behandlung angesichts des komplexen komorbiden internistischen und psychosomatischen Krankheitsbildes nicht ausgereicht hätte. Allerdings fehle es an einer eindeutigen Essstörungsdiagnostik sowie an einer psychopharmakologischen Einstellung der depressiven Erkrankung.

Der MDK hat daraufhin in einem weiteren Gutachten vom 20. November 2014 daran festgehalten, dass eine primäre Fehlbelegung gegeben sei, da die ambulanten Maßnahmen nicht ausgeschöpft gewesen seien. Auch eine depressive Störung leichter bis mittelgradiger Ausprägung sei im ambulanten Rahmen ausreichend behandelbar. Da auch nach Auffassung von Dr. S. eine adäquate Diagnostik nicht stattgefunden habe, könne von einem intensiven Betreuungskonzept keine Rede sein. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Versicherten mit unvorhersehbaren Krisen zu rechnen gewesen sei. Schließlich sei nicht nachvollziehbar, wieso eine Patientin, die genug Motivation und Kooperationsfähigkeit für eine teilstationäre Behandlung aufbringe, dies nicht auch im Rahmen einer ambulanten Therapie schaffen könne.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27. Mai 2015 hat Dr. S. ausgeführt, dass sich eine isolierte depressive Störung zwar im ambulanten Rahmen behandeln lasse. Als komorbide Störung einer Adipositas-Erkrankung stelle sie jedoch insbesondere bezüglich der Compliance ein hohes Risiko für die regelmäßige Teilnahme an der Therapie dar. Zum intensiven Betreuungskonzept sei anzumerken, dass eine organmedizinische Diagnostik durchgeführt worden sei. Eine psychopathologische Diagnostik fehle zwar im Arztbrief, nicht jedoch in den verschiedenen Dokumentationen. Vielmehr sei der Krankenakte zu entnehmen, dass eine psychosoziale und psychotherapeutische Betreuung stattgefunden habe. Hinsichtlich Motivation und Kooperationsfähigkeit stelle es einen Unterschied dar, ob im ambulanten Setting verschiedene Orte und verschiedene Therapeuten aufgesucht werden müssten oder ob in einem teilstationären Setting die verschiedenen therapeutischen Elemente an einem Ort zusammengeführt würden und die gesamte Organisation der Klinik obliege. Die Antriebsstörung aufgrund der Depression sei dabei zu berücksichtigen.

Das Sozialgericht ist den Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. gefolgt und hat die Beklagte mit Urteil vom 3. Juni 2016 verurteilt, den Betrag von 4.298,85 EUR nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 20. September 2016 zugestellte Urteil am 6. Oktober 2016 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die teilstationäre Behandlung nicht erforderlich gewesen sei und beruft sich auf die vorliegenden Gutachten des MDK. Ferner macht sie erneut geltend, dass das Fehlen eines adäquaten psychopathologischen Befundes und einer adäquaten psychosomatischen Differenzialdiagnostik bestätige, dass entweder nur eine leichtgradige depressive Störung vorgelegen habe oder eine adäquate Therapie dieser komorbiden Störung nicht erfolgt sei. Auch das von der Sachverständigen bemängelte Fehlen einer psychopharmakologischen Einstellung zeige, dass es ein intensives Betreuungskonzept nicht gegeben habe. Auch aus den gemäß § 301 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übermittelten Daten ließen sich psychische Begleiterkrankungen nicht ableiten. Schließlich sei zu prüfen, ob nicht vorrangig eine Rehabilitationsmaßnahme gemäß § 40 SGB V oder zulasten des Rentenversicherungsträgers ausreichend gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Das Berufungsgericht hat eine weitere ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen Dr. S. vom 9. März 2017 eingeholt. Darin heißt es, es werde zwar kein dezidierter psychopathologischer Befund im Entlassungsbericht benannt, sodass die Dokumentation der Klinik verbessert werden könnte, aus der Akte insgesamt ließen sich aber wichtige Hinweise zum Einschätzen dieses Befundes entnehmen. Das Gleiche gelte für die erfolgte Differenzialdiagnostik. Dabei handele es sich im Übrigen nur um Teilaspekte der gesamten Behandlung, sodass sehr wohl bei der Patientin die geforderten multimodalen, multiprofessionellen Therapieeinheiten durchgeführt worden seien.

In einem Erörterungstermin am 9. August 2017, in dem der damalige Berichterstatter auf die voraussichtlich fehlende Erfolgsaussicht der Berufung hingewiesen hat, haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Klägerin und die beigezogene Krankenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berichterstatterin konnte den Rechtsstreit als Einzelrichterin (§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 SGG) entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben und die Wirksamkeit dieser Erklärung nicht durch den Wechsel des zuständigen Berichterstatters entfallen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 26.10.2016 – B 11 AL 45/16 B – Juris).

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 4.298,85 EUR nebst Zinsen verurteilt.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S. 3, § 17b Abs. 1 S. 10 des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) und § 7 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) in Verbindung mit der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2010 sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und medizinisch erforderlich ist (BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R – Juris). Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein (§ 12 Abs. 1 S. 1 SGB V).

Die Beklagte war zu der erfolgten Aufrechnung nicht berechtigt, da die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs gegen die Klägerin aus dem hier streitigen Behandlungsfall nicht erfüllt waren. Der Klägerin stand die abgerechnete Vergütung vielmehr in voller Höhe zu, denn die in Rede stehende teilstationäre Krankenhausbehandlung war während des gesamten Zeitraums erforderlich.

Ob einem Versicherten teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ermöglicht der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, besteht kein Anspruch auf (teil-)stationäre Behandlung. Ob eine Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen geeignet und erforderlich war, hat das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen, es hat jedoch dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 25.09.2007 – GS 1/06; BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 1 KN 1/07 KR R; BSG, Urteil vom 10.03.2015 – B 1 KR 2/15 R; alle Juris).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war die teilstationäre Behandlung der Versicherten auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts während ihres gesamten Zeitraums erforderlich. Die Sachverständige Dr. S. hat hierzu nach Auswertung der Krankenakte ausgeführt, dass bei der Versicherten eine komorbide internistische und psychosomatische Erkrankung bestanden habe. Sie sei mit einem intensiven Behandlungskonzept mit hochfrequentem Einzel- und Gruppentherapieprogramm, Feldenkraistherapie, ärztlichen Kontrollen, ärztlichen und oberärztlichen Visiten, diversen konsiliarischen Untersuchungen, Gastroskopie, Echographie, Langzeitblutdruckmessung, chirurgischem Konsil, Labor, EKG und Schlaflabor-Screening behandelt worden. Eine Krankenhausbehandlung sei indiziert, wenn mit unvorhergesehenen Krisen und Instabilitäten zu rechnen und eine weitere Diagnostik notwendig sei. Beides sei der Fall gewesen, denn es habe sich um eine Patientin mit langjähriger Adipositas und einer komorbiden rezidivierenden depressiven Erkrankung gehandelt. Auch sei die Strukturierung durch Essprotokolle, geregelte Nahrungsaufnahme und Restriktion schwer auszuhalten, sodass hier stabilisierende und motivierende Gespräche erforderlich seien. Ein teilstationäres Setting mit einerseits hochfrequenter Therapie am Tag und Anwendungskonfrontation am Abend und am Wochenende sei gut geeignet, Patienten zu motivieren und die Tages- und Essstrukturierung durchzuhalten. Die Motivation müsse bei psychosomatischen Erkrankungen erst erarbeitet werden, um so über die Krankheitseinsicht auch eine passende Krankheitsverarbeitung herbeizuführen, die wiederum in eine eigenverantwortliche adäquate Ernährung münde. Für Patienten mit komorbiden psychosomatischen Erkrankungen reichten daher ambulante Basisprogramme nicht aus. Diese setzten vielmehr ein hohes Durchhaltevermögen und einen nicht deutlich eingeschränkten Antrieb voraus, was jedoch beides bei der Versicherten nicht vorgelegen habe. Da man aufgrund der Depression und der psychologischen Faktoren mit krisenhaften Zuspitzungen habe rechnen müssen, sei eine ständige Ansprechbarkeit von Ärzten und Therapeuten erforderlich gewesen.

Auch das Berufungsgericht folgt diesen schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der medizinischen Sachverständigen. Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf den MDK einwendet, dass wegen des von der Gutachterin bemängelten Fehlens einer adäquaten Diagnostik nicht von einem intensiven Betreuungskonzept ausgegangen werden könne und sie deshalb letztlich die Eignung der Maßnahme infrage stellt, ist Dr. S. dem in ihren ergänzenden Stellungnahmen ausdrücklich entgegengetreten. Sie hat ihre früheren Aussagen dahin gehend erläutert bzw. konkretisiert, dass eine psychopathologische Diagnostik zwar dem Arztbrief nicht zu entnehmen sei, aber aus verschiedenen Unterdokumentationen der Krankenakte hervorgehe. Diesen sei ebenfalls zu entnehmen, dass eine psychosoziale und psychotherapeutische Betreuung stattgefunden habe. Somit bleibt zwar die Kritik an der insoweit mangelhaften Dokumentation des Krankenhauses bestehen, die Intensität und Wirksamkeit der durchgeführten Therapie wird von der Sachverständigen jedoch ausdrücklich bestätigt. Soweit der Einwand aufrecht erhalten wird, dass eine psychopharmakologische Einstellung der Versicherten im Rahmen der Klinikaufenthalts wünschenswert gewesen wäre, handelt es sich hierbei lediglich um einen Teilaspekt, der nicht die gesamte durchgeführte Behandlung als unzureichend erscheinen lässt.

Auch dem Einwand der Beklagten, dass eine leichte bis mittelgradige Depression keine teilstationäre Behandlung erfordere, ist die Sachverständige mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten. Sie hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass es bei der Versicherten nicht um die isolierte Behandlung einer depressiven Störung gegangen sei, sondern dass die Depression als komorbide Erkrankung die Behandlung der Adipositas erschwert habe, da durch sie insbesondere die Motivation und das Durchhaltevermögen in Bezug auf eine Therapie erheblich gestört würden. Dabei ist es auch für das Berufungsgericht gut nachvollziehbar, dass ein teilstationäres Setting mit engmaschigem Therapiekonzept und Konzentration der verschiedenen Maßnahmen an einem Ort deutlich besser geeignet ist, um derartige Störungen rechtzeitig zu erkennen und ihnen zeitnah zu begegnen, als dies bei einer ambulanten Therapie der Fall sein könnte. Dabei kann gerade der Umstand, dass bei ambulanten Therapiemaßnahmen verschiedene Therapieorte aufgesucht werden müssen, bei einer aufgrund der Depression bestehenden Antriebsstörung ein nicht unerhebliches Risiko für den Erfolg der Therapie darstellen.

Soweit die Beklagte schließlich geltend macht, dass unter Umständen vorrangig eine Rehabilitationsmaßnahme gemäß § 40 SGB V oder zulasten des Rentenversicherungsträgers ausreichend gewesen sei, greift dies ebenfalls nicht durch. Die Abgrenzung zwischen Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 SGB V und einer Rehabilitationsmaßnahme gemäß § 40 SGB V bzw. § 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung SGB VI ist im Bereich von psychosomatischen oder psychiatrischen Erkrankungen schwierig, da sich das äußere Erscheinungsbild der durchgeführten Therapiemaßnahmen kaum voneinander unterscheidet. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Bekämpfung einer akuten Erkrankung oder eher die Milderung ihrer Folgen im Vordergrund steht (BSG, Urteil vom 20.01.2005 – B 3 KR 9/03 R – Juris, Rn. 25 und 26). Hier ging es eindeutig um die Behandlung der bei der Versicherten bestehenden hochgradigen Adipositas und der bereits eingetretenen Folgeschäden. Es handelte sich somit nicht um eine rehabilitative Zielsetzung, sondern um eine Akutbehandlung im Rahmen eines teilstationären Settings.

Der Zinsanspruch beruht auf § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V und § 288 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit den §§ 12 und 14 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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