L 7 AS 2073/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 4087/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 2073/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 124/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2015 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger (geb. 1970, 1982 und 2010) wenden sich gegen eine Aufhebung und Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von August 2009 bis Januar 2011.

Der Kläger zu 1. bezieht seit Dezember 2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im August 2008 zogen der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. zusammen. Seit Oktober 2009 bezieht die Klägerin zu 2. Leistungen. Die Klägerin zu 3. ist seit ihrer Geburt am 00.00.2010 Leistungsbezieherin. Die Klägerin zu 2. war im Erstattungszeitraum als Arzthelferin erwerbstätig und verfügte über Einkommen, das auf die Leistungsansprüche angerechnet wurde. Für die Klägerin zu 3. wurde ab ihrer Geburt Kindergeld iHv 184 EUR monatlich bewilligt, die Klägerin zu 2. erhielt zudem Elterngeld.

Der Kläger zu 1. ist mittlerweile pflegebedürftig und schwerbehindert mit einem GdB iHv 100 sowie den Merkzeichen "AG", "B" und "G". Nach einem Attest von Frau Dr. L vom 01.02.2017 ist der Kläger zu 1. aus gesundheitlichen Gründen "nicht reisefähig". Der Bevollmächtigte des Klägers zu 1. hat mitgeteilt, dass dieser krankheitsbedingt außer Stande ist, sachdienliche Angaben zu machen.

Mit Bescheiden vom 05.05.2009, 06.06.2009, 01.09.2009 sowie vom 25.06.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1. für Juli 2009 bis September 2009 Leistungen iHv 690,13 EUR. Mit dem Bescheid vom 01.09.2009 wurden dem Kläger zu 1. und der Klägerin zu 2. Leistungen iHv jeweils insgesamt 200,03 EUR für Oktober 2009 und iHv 180,96 EUR für November 2009 bewilligt. Mit Bescheid vom 02.12.2009 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen von Dezember 2009 bis Mai 2010. Mit Bescheid vom 18.02.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen von Januar 2010 (6,17 EUR) bis Mai 2010 (jeweils monatlich 119,84 EUR). Mit Bescheiden vom 05.05.2010 und 25.06.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen von Juni 2010 bis November 2010 iHv monatlich 669 EUR. Mit Bescheiden vom 04.11.2010, 08.12.2010, 25.02.2011 und 26.03.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen iHv 669 EUR (Dezember 2010), 749 EUR (Januar 2011), 1182 EUR (Februar 2011) und 577,48 EUR (jeweils monatlich für März 2011 bis Mai 2011).

Im Januar 2011 beging der Kläger zu 1. in C einen Einbruchsdiebstahl, bei dem er eine Bohrmaschine, eine Stichsäge und einen Schwingschleifer entwendete. Nachdem der Kläger zu 1. den Schwingschleifer auf eBay verkauft hatte und die Polizei aufgrund der Seriennummer des Geräts den Kläger zu 1. als Verkäufer identifizieren konnte, durchsuchte die Polizei die Wohnung der Kläger. Hierbei wurden u.a. eine Schmuckschatulle mit Ketten, an denen teilweise noch die Preisschilder befestigt waren, und die entwendete Stichsäge aufgefunden. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen wurden Umsatzübersichten der Fa. eBay aus Verkäufen über zwei eBay-Accounts ("xxx" und " ..."), die den Klägern zu 1. und 2. zur Verfügung stehen, eingeholt. Polizeilich wurden hinsichtlich des accounts "xxx" Einnahmen von August 2009 bis Januar 2011 iHv 15.033,32 EUR und hinsichtlich des accounts " ..." Einnahmen von Juni 2009 bis Mai 2011 iHv 8.686,56 EUR festgestellt. Diese Einnahmen teilten die Kläger dem Beklagten nicht mit. Der Kläger zu 1. wurde aufgrund des Einbruchsdiebstahls vom Amtsgericht C am 10.05.2012 zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt (Az. 74 Ds xx/Js xx/11-xx/12).

Mit Schreiben vom 28.11.2012 hörte der Beklagte den Kläger zu 1. sowie die Klägerin zu 3., mit weiterem Schreiben ebenfalls vom 28.11.2012 auch die Klägerin zu 2. zu einer beabsichtigten vollständigen Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum August 2009 bis Januar 2011 an. Der Kläger habe während dieses Zeitraums Einkommen aus eBay-Verkäufen iHv 15.033,32 EUR erzielt. Mit diesem Einkommen seien die Kläger nicht hilfebedürftig gewesen. Die Kläger trugen vor, bei den Einnahmen habe es sich nicht um ein meldepflichtiges Zusatzeinkommen, sondern um eine private Vermögensumwandlung gehandelt. Sämtliche verkauften Gegenstände entstammten den Nachlässen des 2008 verstorbenen Vaters des Klägers zu 1. und der Mutter der Klägerin zu 2.

Mit (zwei) Bescheiden vom 30.01.2013 hob der Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1. und der Klägerin zu 3. sowie (gesondert) gegenüber der Klägerin zu 2. die o.a. Bewilligungsbescheide für den Zeitraum August 2009 bis Januar 2011 gestützt auf § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III, § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X auf. Gem. § 50 Abs. 1 SGB X forderte er von dem Kläger zu 1. 6.657,63 EUR, von der Klägerin zu 2. 3.499,54 EUR und von der Klägerin zu 3. 1.284,33 EUR zurück. Aufgrund des am 05.02.2013 eingelegten Widerspruchs änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013 die Aufhebung und Rückforderung gegenüber dem Kläger zu 1. auf die Gesamtsumme von 6.654,72 und gegenüber der Klägerin zu 3. auf die Gesamtsumme von 1.274 EUR. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Den Widerspruch der Klägerin zu 2. wies der Beklagte ebenfalls mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2013 zurück. Der Beklagte stützte die Entscheidung auf §§ 45 und 48 SGB X. Aus den über das eBay-Konto "xxx" erzielten Verkaufserlösen iHv 15.033,32 EUR ergebe sich ein monatlicher Durchschnittserlös iHv 835,18 EUR. Aus dem Verkaufserlös des eBay-Kontos " ..." ergebe sich ein monatlicher Durchschnittserlös iHv 361,94 EUR. Die verkauften Gegenstände seien entweder als Vermögen oder als Einkommen auf den Leistungsanspruch anzurechnen, so dass Hilfebedürftigkeit entfalle und die Bewilligungsbescheide rechtswidrig seien. Die Anschaffung der veräußerten Gegenstände aus SGB II-Mitteln sei weder nachgewiesen noch erscheine dies angesichts des Wertes der Gegenstände realitätsnah. Auf Vertrauensschutz könnten die Kläger sich nicht berufen, da die Verkaufserlöse pflichtwidrig verschwiegen worden seien. Ermessen habe der Beklagte nicht auszuüben.

Am 25.10.2013 haben die Kläger bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Bei den veräußerten Gegenständen handele es sich ausschließlich um Vermögen, das nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen sei. Dies gelte auch für die Gegenstände, die erst nach Antragstellung erworben worden seien. Denn diese Gegenstände seien aus den Leistungen des Beklagten erworben worden, was dazu führe, dass sie allenfalls als Vermögen anzusehen seien. Ein gewerbsmäßiger An- und Verkauf habe nicht stattgefunden. Bei zahlreichen Gegenständen habe es sich um einfachen Hausrat, u.a. aus dem Nachlass seines Vaters, gehandelt. Da das Fahrradfahren ein Hobby des Klägers zu 1. gewesen sei, seien auch die Fahrradartikel dem Hausrat zuzuordnen. Gleiches gelte für Computer nebst Zubehör, Handys, Videospiele und HiFi-Anlagen. Die Umsätze, bei denen als Höchstbieter " ..." aufgetreten sei, seien nicht zu berücksichtigen, da dort der Kläger zu 1. selbst Bietender gewesen sei. Die Kläger hätten zudem in Kommission für Freunde im Umfang von ca. 2.000 bis 2.500 EUR Umsätze getätigt. Zahlreiche Gegenstände, zB die Breitling-Uhr habe der Kläger zu 1. kreditfinanziert erworben und mit einem Verlust wieder veräußert. Auch Fahrradartikel seien kreditfinanziert gewesen. Der aufgefundene Schmuck gehöre der Klägerin zu 2. Die Kläger machen insgesamt geltend, die Beweislast für eine nicht gesetzmäßige Herkunft der veräußerten Gegenstände und die Charakterisierung der Umsätze als bedarfsminderndes Einkommen liege bei dem Beklagten. Zudem sei bei der Wertberechnung nicht der Veräußerungserlös, sondern der objektive Verkehrswert anzurechnen. Schließlich haben die Kläger sich auf Vertrauensschutz berufen, da sie nicht hätten erkennen können, dass die Umsatzerlöse bedarfsmindernd zu berücksichtigen sein sollen.

Die Kläger haben beantragt,

die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 30.01.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.09.2013 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf seine Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden verwiesen.

Auf Nachfrage durch das Sozialgericht haben die Kläger mitgeteilt, dass die Mutter der Klägerin zu 2., Frau N T, am 00.00.2012 verstorben ist und die Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben. Die Stadt L, Amt für öffentliche Ordnung, hat dem Sozialgericht mit Schreiben vom 17.07.2014 eine Inventarliste der Erbschaft des Vaters des Klägers zu 1. übermittelt und mitgeteilt, dass aus einem Bargeldbestand von 1.300 EUR die Beerdigung finanziert worden ist. Das Sozialgericht hat die Akten des Amtsgerichts C 74 DS - xx Js xx/12 - xx/12 und 74 DS xx Js xx/11 - xx/12 beigezogen.

Mit Urteil vom 23.07.2015 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit Leistungen für Dezember 2009 betroffen sind. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Monats Dezember 2009 liege keine endgültige Bewilligungsentscheidung vor, die iSd §§ 45, 48, 50 SGB X aufgehoben werden könne. Im Übrigen seien die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide rechtmäßig iSd § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG. Rechtsgrundlage sei § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 330 Abs. 3 SGB III, 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X. Die vom Beklagten aufgehobenen Bewilligungsbescheide seien von Beginn an rechtswidrig gewesen iSd § 45 SGB X. Die Kläger seien nicht hilfebedürftig iSd § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II gewesen. Der gesetzliche Bedarf der Kläger sei durch den Zufluss von Einkommen über eBay-Verkäufe gedeckt gewesen. Die erzielten Verkaufserlöse stellten Einkommen dar, da nicht anzunehmen sei, dass die Gegenstände bereits vor erstmaliger Antragstellung durch den Kläger zu 1. im Jahre 2005 vorhanden gewesen seien. Auch sei nicht anzunehmen, dass es sich (teilweise) um Gegenstände handele, die sich vor erstmaliger Antragstellung im Eigentum der Klägerin zu 2. befunden hätten. Die Kläger hätten nicht ansatzweise dargelegt, welche der Gegenstände allein im Eigentum der Klägerin zu 2. hätten stehen sollen. Nicht glaubhaft sei, dass die Gegenstände aus SGB II-Mitteln angeschafft worden sind. Hiergegen sprächen der erhebliche Wert und die Anzahl der Gegenstände. Auch die Finanzierung der Artikel durch Darlehen sei bei keinem Artikel nachgewiesen. Sie hätten sich im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren widersprüchlich eingelassen. Nachweislich falsch sei die Behauptung, die Gegenstände entstammten dem Nachlass des Vaters des Klägers zu 1. bzw. der Mutter der Klägerin zu 2. Unglaubhaft sei auch die Behauptung, der Schmuck habe der Klägerin zu 2. gehört, da dieser sich noch in Verkaufsschatullen befunden habe und mit Preisschildern versehen gewesen sei. Im Übrigen sein die Herkunft der Gegenstände nicht erheblich, jedenfalls seien die Verkaufserlöse als Einkommen zu berücksichtigen. Die Kläger könnten sich nicht darauf berufen, dass der Sachverhalt hinsichtlich der Finanzierung und Herkunft der Artikel nicht mehr aufgeklärt werden kann, da sie ihrer Mitteilungspflicht über die eBay-Umsätze nicht nachgekommen seien. Gleiches gelte für die Zuordnung der Erlöse zu einzelnen Monaten. Aufgrund der Verletzung der Mitteilungspflicht könnten die Kläger sich schließlich nicht auf Vertrauensschutz berufen.

Gegen das am 05.11.2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Kläger vom 04.12.2015. Die Kläger lassen zusammengefasst vortragen, bei den Veräußerungserlösen handele es sich nicht um Einkommen, sondern um die Umwandlung von geschütztem Vermögen. Bei den Gegenständen handele es sich nicht um Diebesgut. Zahlreiche Artikel seien mit Darlehen finanziert oder aus SGB II-Mitteln erworben worden. Darlehensfinanziert seien zB die veräußerten Breitling-Uhren, ein veräußertes Mountain-Bike und ein Handy (iPod nano 6G) gewesen. Einige Gegenstände seien vom Kläger zu 1. mehrfach angeboten worden, was vom Sozialgericht unzutreffend als mehrere veräußerte Gegenstände gewertet worden sei. Andere Gegenstände seien zunächst veräußert worden, dann sei der jeweilige Kauf aber wieder rückabgewickelt worden. Zu Unrecht berücksichtige das Sozialgericht zudem Umsätze außerhalb des Erstattungszeitraums. Die Kläger könnten auch aufgrund der Erkrankung des Klägers zu 1. jetzt nicht mehr nachvollziehen, welcher Gegenstand aus welchen Mitteln finanziert worden sei. Dies sei rechtlich aber auch nicht erforderlich. Es obliege dem Beklagten nachzuweisen, dass es sich um illegal erworbene Gegenstände handele. Der Kläger zu 1. handele nicht in Verschleierungsabsicht, sondern er sei krank. Außerdem liege der Sachverhalt sehr lange zurück. Die Kläger haben die in der Berufungsbegründung erwähnten Darlehensverträge in Kopie vorgelegt.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2015 zu ändern und die Bescheide vom 30.01.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.09.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Berufungsverfahren wurde die Akte der Staatsanwaltschaft 330 Js 56/11 beigezogen. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Kläger folgende Beweisanträge gestellt:

"1. Anhörung von der Klägerin zu 2. bezüglich aller Gegenstände, die sich auf Gegenstände im Zusammenhang mit dem Thema ‚Baby‘ beziehen (hiermit meine ich die auf Blatt 42 f. der Gerichtsakte aufgeführten Gegenstände). Gleiches gilt für die unter ‚Haushaltsgegenstände‘ aufgeführten Sachen (hierzu insgesamt Bl. 46 der Gerichtsakte).

2. Ein Verkehrswertgutachten bzgl. der über die Internet-Accounts ‚xxx‘ und ‚ ...‘ veräußerten Gegenstände einzuholen.

3. Beiziehung der Akte der Staatsanwaltschaft 330 Js xx/11."

Die entsprechenden Seiten der Gerichtsakte wurden mit dem Bevollmächtigten der Kläger gemeinsam eingesehen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte und die Akte des Staatsanwaltschaft 330 Js xx/11 verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage im tenorierten Umfang abgewiesen. Die angefochtenen Rücknahme- und Erstattungsbescheide sind, soweit sie vom Sozialgericht nicht aufgehoben worden sind, nicht rechtswidrig iSd § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, § 330 Abs. 2 SGB III, 45 Abs. 1 SGB X. Hiernach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Betroffene sich nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).

Die formellen Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide hat der Beklagte eingehalten. Insbesondere sind die Kläger ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 SGB X). Zwar hat der Beklagte mit dem Schreiben vom 28.11.2012 die Anhörung bezüglich der Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Klägerin zu 3. nur gegenüber dem Kläger zu 1. vorgenommen, obwohl beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben. Da das Anhörungsverfahren jedoch nur darauf gerichtet ist, Gelegenheit zur Äußerung zu geben, ist es ausreichend, wenn ein Elternteil diese Gelegenheit hatte, zumal lebensnah davon auszugehen ist, dass die gemeinsam klagenden Eltern wechselseitig Kenntnis von den jeweiligen Anhörungsschreiben gehabt haben. Dementsprechend haben die Eltern gemeinsam in einem einheitlichen Schreiben auf die Anhörung reagiert.

Die Bescheide vom 30.01.2013 und die Widerspruchsbescheide vom 24.09.2013 sind hinreichend bestimmt iSd § 33 Abs. 1 SGB X. Das Bestimmtheitserfordernis verlangt, dass der Verfügungssatz eines Verwaltungsakts nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist. Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten. Ausreichende Klarheit kann auch dann bestehen, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. nur Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R mwN). Der angefochtene Bescheid nennt die zurückgenommenen Bewilligungsbescheide und weist sowohl die betroffenen Leistungszeiträume als auch die Höhe der der Rücknahme unterliegenden Beträge bezogen auf die jeweiligen Leistungsempfänger nachvollziehbar aus.

Die Bescheide sind auch im Übrigen materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist davon auszugehen, dass die Kläger im streitigen Zeitraum über Einkommen verfügten, das den (aufgrund des zugeflossenen Einkommens verminderten) Bedarf vollständig überschritt, so dass die Kläger nicht hilfebedürftig und die Bewilligungsbescheide jeweils von Beginn an rechtswidrig iSd § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X waren.

Den jeweiligen monatlichen Bedarf der Kläger (ohne Berücksichtigung des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Einkommens) hat der Beklagte in den aufgehobenen Bewilligungsbescheiden zutreffend festgesetzt. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Bedarfsfestsetzung liegen nicht vor, die Kläger haben gegen die Bedarfsfestsetzung keine Einwände erhoben.

Es ist davon auszugehen, dass die Kläger durchgehend über Einkommen verfügten, das diesen Bedarf überstieg, so dass die Kläger nicht hilfebedürftig iSd § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II und damit nicht leistungsberechtigt waren.

Bei den Zuflüssen durch die Umsätze auf den eBay-Konten "xxx" und " ..." handelt es sich um zu berücksichtigendes Einkommen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.03.2011 gF Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen (§ 12 SGB II in der bis 31.03.2011 gF) gilt: Einkommen ist das, was der Betroffene nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, Vermögen das, was er bei Antragstellung bereits hatte (BSG Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R). Weiterbewilligungsanträge sind keine neue Antragstellung, es sei denn, die Hilfebedürftigkeit wurde für einen Monat unterbrochen (BSG Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R), was hier nicht der Fall war.

Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass und weshalb es sich bei Erlösen aus den eBay-Verkäufen um Einkommen und nicht um Vermögen handelt. Dies gilt auch, wenn nicht auf die Erzielung des Verkaufserlöses, sondern auf die Erlangung der jeweils dem Verkauf zugrunde liegenden Gegenstände abgestellt wird. Denn hinsichtlich aller Artikel ist anzunehmen, dass der Kläger zu 1. sie erst nach Beginn des Leistungsbezugs 2005 erworben hat. Die Kläger selbst haben zunächst behauptet, die verkauften Artikel seien erst durch die Erbfälle - also lange nach Beginn des Leistungsbezugs - in ihren Besitz gelangt. Es spricht nichts dafür, dass der Kläger zu 1., der von sich selbst angegeben hat, schnell einer Sache überdrüssig zu werden und sie dann wieder zu veräußern, vor 2005 erworbene Wertgegenstände über Jahre hinweg in seinem Besitz gehalten hat, um sie erst ab August 2009 wieder zu veräußern. Durch den Hinzutritt weiterer Personen in die Bedarfsgemeinschaft (hier: der Klägerin zu 2. mit deren Einzug und der Klägerin zu 3. mit deren Geburt) ändert sich die Rechtsnatur von evtl. bereits vorhandenen Wertgegenständen nicht.

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit allein von diesen Einkünften auszugehen, ohne hierauf angeblich geleistete Aufwendungen abzuziehen (im streitigen Zeitraum gem. § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II, jetzt § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II) oder anzunehmen, dass es sich - wie die Kläger vortragen - teilweise um für Freunde und Bekannte veräußerte Gegenstände oder um "In-sich-Geschäfte" mit einem anderen eigenen eBay-Account gehandelt hat.

Die Kläger haben nicht nachgewiesen, dass Aufwendungen getätigt worden sind, die als Aufwendungen, die zur Erzielung von Einnahmen erforderlich waren, in Abzug gebracht werden müssen. Soweit die Kläger für eine Breitling-Uhr, ein Mountain-Bike und einige weitere kleinere Artikel Rechnungen vorgelegt haben, belegt dies zwar, dass für den Erwerb dieser Artikel Ausgaben angefallen sind. Nicht nachvollziehbar ist indes, woher die für den Erwerb dieser teilweise hochwertigen Artikel erforderlichen Mittel stammen, so dass insoweit zwar nicht der Verkaufserlös, wohl aber die für den Erwerb aufgewendeten Mittel als zugeflossene Einnahmen anzusehen sind. Soweit die Kläger vortragen, jedenfalls die von den Klägern unter "Baby" und "Haushalt" gelisteten Artikel seien von der Klägerin zu 2. aus ihrem Einkommen bzw. SGB II-Mitteln erworben worden, führt dies allenfalls zum Abzug von 652,56 EUR ("Baby") sowie 1.675,31 EUR ("Haushalt"), insgesamt 2.327,87 EUR vom Gesamtumsatz. Den Klägern standen auch dann immer noch Einnahmen zur Verfügung, die ihren Bedarf für den Gesamtzeitraum überstiegen. Dem auf Anhörung der Klägerin zu 2. gerichteten Beweisantrag hinsichtlich der Aufklärung der eBay-Erlöse bezüglich der unter "Baby" und "Haushalt" gelisteten Artikel brauchte der Senat daher mangels Entscheidungserheblichkeit nicht stattzugeben.

Zu berücksichtigen sind die zugeflossenen Geldbeträge. Der Verkehrswert der veräußerten Artikel ist irrelevant. Auch dem auf die Ermittlung des Verkehrswerts gerichteten Beweisantrag brauchte der Senat daher mangels Erheblichkeit nicht stattzugeben.

Im vorliegenden Fall tragen die Kläger die Beweislast dafür, dass das Einkommen nicht in der genannten Höhe zugeflossen ist bzw. um weitere Abzugsbeträge soweit zu mindern ist, dass Hilfebedürftigkeit verbleibt:

Der Sachverhalt ist nicht weiter aufklärbar. Die Kläger tragen selber vor und haben dies durch entsprechende ärztliche Unterlagen belegt, dass der Kläger zu 1., der allein zuverlässig über seine eBay-Aktivitäten Auskunft geben könnte, nicht mehr vernommen werden kann bzw. krankheitsbedingt kein Erinnerungsvermögen an die Jahre zurückliegenden Vorgänge mehr hat. Dem ohne Benennung des Beweisthemas gestellten Antrag auf nochmalige Beiziehung der Akte der Staatsanwaltschaft 330 Js xx/11 war als reiner Beweisermittlungsantrag (hierzu nur Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 12. Aufl., § 160 Rn. 18a mwN) nicht zu entsprechen. Die Kläger haben nicht vorgetragen, was mit diesem Antrag unter Beweis gestellt werden soll. Der wesentliche Inhalt der erstinstanzlich beigezogenen Akte wird im Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts dargestellt. Der Kläger zu 1. hat auch dort vorgetragen, dass eine Angabe, welche Gegenstände er für Freunde und Bekannte veräußert habe, selbst auf der Grundlage der eBay-Aufstellung nur auf seiner Erinnerung basiere und wegen der teilweise über Jahre zurückliegenden Auktionen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei.

Zwar trägt bei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden grundsätzlich die Behörde die Beweislast dafür, dass die ursprüngliche Bewilligung rechtswidrig war. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Begünstigte seine Mitteilungspflicht über Umstände, die in seiner Sphäre liegen, verletzt hat. Dann kann er sich im Nachhinein nicht darauf berufen, dass der Sachverhalt nicht mehr aufklärbar ist (BSG Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 4/15 R; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 08.11.2017 - L 13 AS 37/15). Dies gilt auch für die Zuordnung der Einnahmen zu den einzelnen Anspruchsmonaten. Zwar ist die Bildung eines Durchschnittwertes bei der Anrechnung von Einkommen außerhalb des Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 4 Alg II-V (in der im streitigen Zeitraum gF vom 18.12.2008) nicht zulässig. Jedoch kann sich ein Leistungsempfänger nicht darauf berufen, dass eine Zuordnung von Einkünften zu bestimmten Zeiträumen nicht möglich ist, wenn diese fehlende Möglichkeit auf einer Verletzung der Mitwirkungspflichten beruht. Dies gilt jedenfalls wenn - wie hier - das Gesamteinkommen in dem streitigen Zeitraum den Gesamtbedarf übersteigt.

Die Kläger haben unstreitig bei den jeweiligen Antragstellungen die Einnahmen über die eBay-Verkäufe nicht mitgeteilt. Die Kläger wären dazu aber verpflichtet gewesen (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Der Zufluss von Einkommen ist eine mitteilungspflichtige Tatsache. Dies gilt auch, wenn das Einkommen (angeblich) mit Ausgaben belastet ist. Der Betroffene ist dann verpflichtet, das Einkommen mitzuteilen und gleichzeitig obliegt es ihm (im eigenen Interesse), die nach seiner Meinung relevanten Ausgaben darzustellen. Es ist rechtlich nicht statthaft, Einnahmen zu verschweigen und sich im Rückforderungsverfahren dann auf eine Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts zu berufen.

Die Kläger können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). Die als rechtswidrig anzusehende Bewilligung beruht darauf, dass die Kläger den Zufluss der aus den eBay Auktionen erzielten Einnahmen nicht mitgeteilt haben. Es ist davon auszugehen, dass die Nichtmitteilung vorsätzlich erfolgt ist. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern nicht bekannt war, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einkommensabhängig sind, zumal sie in den entsprechenden Vordrucken hiernach gefragt worden sind und das Arbeitseinkommen der Klägerin zu 2. sowie sonstiges Einkommen mit entsprechender Erläuterung in den Bewilligungsbescheiden anspruchsmindernd angerechnet worden ist. Die schwere Erkrankung des Klägers zu 1. limitierte dessen Einsichtsvermögen im von der Rücknahme betroffenen Zeitraum nicht. Die Verletzung der Mitteilungspflicht durch evtl. nur einen Antragsteller ist den übrigen Antragstellern in Anwendung von § 278 BGB zuzurechnen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 04.09.2013 - L 12 AS 692/12).

Die Erstattungsforderung beruht auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. § 1629a Abs. 1 BGB (hierzu BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 12/14 R) entlastet die Klägerin zu 3. erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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