L 11 AS 249/18 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 531/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 249/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Übernahme der Kosten für eine Kleinreparatur im vom Leistungsempfänger selbst bewohnten Eigenheim nach SGB II als Kosten der Unterkunft und Heizung.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 07.02.2018 - S 13 AS 531/16 - wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Streitig ist die Übernahme der Kosten für die Anschaffung einer neuen Duschbrause, einer Badewannenbrause und einer Silikonkartusche in Höhe von insgesamt 22,97 EUR im Januar 2016 als Kosten der Unterkunft und Heizung.

Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bewohnt allein ein von den Eltern geerbtes Haus, das vom Beklagten nicht als zu berücksichtigendes Vermögen angesehen wurde. Mit Bescheid vom 01.03.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2016 lehnte der Beklagte die Übernahmen der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Duschbrause, die Badewannenbrause und die Silikonkartusche - und damit eine Erhöhung der für Januar 2016 bewilligten Leistungen - ab. Der Aufwand hierfür sei in der Regelleistung als Anteil für die Instandhaltung der Wohnung enthalten.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Bei Mietern würden diese Aufwendungen als Kosten der Unterkunft übernommen werden, denn der Vermieter würde diese Gegenstände bei Bedarf erneuern, was durch die Miete abgegolten sei. Die Silikonkartusche würde zur Abdichtung der Außenverkleidung am Wohnzimmerfenster benötigt. In einer Mietwohnung seien solche Arbeiten vom Vermieter zu erledigen. Das SG hat ein Gutachten zur Berechnung der Wohnfläche eingeholt und die Klage mit Urteil vom 07.02.2018 mangels Hilfebedürftigkeit des Klägers und damit mangels Anspruches auf Alg II abgelehnt. Das Wohnhaus des Klägers mit einer Wohnfläche von knapp 120 qm und einer Grundstücksfläche von 1.348 qm sei unangemessen groß und damit als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II zu berücksichtigen. Einer Verwertung stehe weder eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit entgegen noch würde diese eine besondere Härte für den Kläger darstellen. Der Verkehrswert des Haues übersteige den Freibetrag des Klägers. Die Frage der Hilfebedürftigkeit sei als Grundlage aller Leistungen nach dem SGB II durch das Gericht zu klären, auch wenn der Beklagte das Haus nicht als zu berücksichtigendes Vermögen angesehen hätte. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Das Hausgrundstück sei ua nicht als verwertbares Vermögen anzusehen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.
Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG); es handelt sich um einmalige Aufwendungen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12.Auflage, § 144 Rn. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob einem Leistungsempfänger im Nachhinein erstmals das Vorhandensein verwertbaren Vermögens (hier: selbstbewohntes, unangemessenes Eigenheim), das dem Beklagten von Anfang an bekannt war und von diesem zunächst nicht als verwertbares Vermögen berücksichtigt worden war, als leistungsausschließend entgegengehalten werden könne, ist vorliegend anzunehmen. Diese Rechtsfrage ist allerdings nicht klärungsfähig, denn das Urteil des SG kann mit anderer rechtlicher Begründung aufrechterhalten werden (vgl. dazu Leitherer aaO § 160 Rn. 9g). Die Aufwendungen für den Ersatz einer vorhandenen Duschbrause und Badewannenbrause sowie eine Silikonkartusche sind nämlich in der Regelleistung unter dem Bereich Instandhaltung der Wohnung enthalten (vgl. dazu Sächsisches LSG, Beschluss vom 03.04.2014 - L 7 AS 536/11 NZB - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 31/06 R - und Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - alle veröffentlicht in Juris). Nachdem daher diese Aufwendungen in der Regelleistung enthalten sind, sind sie nicht im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung zu übernehmen, auch wenn das Eigenheim nicht als zu berücksichtigendes Vermögen angesehen wird. Diesbezüglich ist der Kläger auch noch darauf hinzuweisen, dass in einer Mietwohnung kleinere Reparaturen in der Regel bis zu einem bestimmten jährlich festgelegten Betrag durch den Mieter auszuführen sind.

Auch ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung liegt nicht vor. Das SG hat zu Recht die Frage der Hilfebedürftigkeit geprüft. Hinsichtlich der Frage der Verwertbarkeit hat es allerdings nicht berücksichtigt, dass der Kläger bislang eine Verwertung nicht vornehmen musste, denn der Beklagte hat das Hausgrundstück als nicht zu berücksichtigendes Vermögen eingestuft. Neben der Frage, ob das Hausgrundstück überhaupt in angemessener Zeit hätte verwertet werden können, könnte dies gegebenenfalls als Verwertungshindernis anzusehen sein (vgl. dazu Urteil des Senats vom 02.02.2012 - L 11 AS 675/10 - Rn. 25 ff; BSG, Urteil vom 24.05.2017 - B 14 AS 16/16 R - Rn. 36, beide veröffentlicht in Juris). Das SG widerspricht jedoch dieser Rechtsprechung - soweit aus dieser ein solcher Rechtssatz überhaupt entnommen werden kann - nicht im Grundsätzlichen, übersieht vielmehr lediglich diese Rechtsfrage im Einzelfall des Klägers (vgl. dazu Leitherer aaO § 160 Rn. 14 mwN iVm Leitherer aaO § 144 Rn. 30). Dies stellt nur eine fehlerhafte Subsumtion dar (Leitherer aaO § 160 Rn. 14), eine objektive Abweichung - wollte man diesbezüglich einen eindeutigen Rechtssatz des Senats bzw. des BSG unterstellen - ist darin nicht zu erkennen (Leitherer aaO § 160 Rn. 14a), einen eigenen von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz stellt das SG nicht auf.

Unabhängig davon beruht das Urteil des SG auch nicht auf einer - unterstellten - Abweichung, denn, wenn dem angefochtenen Urteil eine andere Begründung nicht zu entnehmen ist, es aber mit einer solchen unabhängig von einer geltend gemachten Abweichung bestätigt werden kann, beruht es nicht auf der Abweichung (vgl. Leitherer aaO § 160 Rn. 15a). Die Kosten für die streitgegenständlichen Kleinreparaturen sind jedoch bereits in der Regelleistung enthalten (vgl. oben) und daher nicht als Kosten der Unterkunft anzusehen.

Verfahrensfehler werden vom Kläger nicht geltend gemacht.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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