L 11 AS 256/18 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 869/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 256/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Übernahme von fiktiven Heizkosten.
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 07.02.2018 - S 13 AS 869/16 - wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist die Überprüfung der Ablehnung der Übernahme von Kosten für Heizmaterial im September 2015.

Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bewohnt allein ein von den Eltern geerbtes Haus, das vom Beklagten nicht als zu berücksichtigendes Vermögen angesehen wurde. Für die Zeit bis April 2015 hatte der Beklagte die Kosten für den Einkauf von Heizöl übernommen. Weitere Kosten für die Beschaffung von Heizöl würden erst im Falle der Weiterbewilligung von Leistungen ab 01.10.2015 übernommen werden. Mit Bescheid vom 16.09.2015 bewilligte der Beklagte auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers hin Alg II für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.03.2016.

Bereits mit Schreiben vom 31.08.2015 und mit Schreiben vom 03.09.2015 hatte der Kläger unter anderem die Übernahme der Kosten für Heizöl beantragt. Mit Bescheid vom 15.09.2015 sicherte der Beklagte die Übernahme der Kosten für Heizöl in dem sich aus dem Heizkostenspiegel ergebenden Umfang für eine 60 qm große Wohnung anteilig bis 31.03.2016 zu (1.184 l). Nach Vorlage einer Heizölrechnung vom 23.09.2015 - fällig am 03.10.2015 - bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 30.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2015 für Oktober 2015 Alg II unter Berücksichtigung der Kosten für 1.184 Liter Heizöl. Den Restbetrag berücksichtigte der Beklagte nach Weiterbewilligungsantrag des Klägers im April 2016 (Bescheid vom 22.03.2016).

Mit Bescheid vom 13.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2016 lehnte der Beklagte einen Überprüfungsantrag des Klägers bezüglich des Bescheides vom 16.09.2015 auf Übernahme von Heizölkosten für September 2015 ab.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben und ausdrücklich die Übernahme von Heizkosten im September 2015 begehrt. Bei Mietern würden auch Heizkosten für September übernommen. Er habe für 2 Tage im September mit Holz, Kohle und Strom geheizt. Das SG hat ein Gutachten zur Berechnung der Wohnfläche eingeholt und die Klage mit Urteil vom 07.02.2018 mangels Hilfebedürftigkeit des Klägers und damit mangels Anspruches auf Alg II abgelehnt. Das Wohnhaus des Klägers mit einer Wohnfläche von knapp 120 qm und einer Grundstücksfläche von 1.348 qm sei unangemessen groß und damit als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II zu berücksichtigen. Einer Verwertung stehe weder eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit entgegen noch würde dies eine besondere Härte für den Kläger darstellen. Der Verkehrswert des Hauses übersteige den Freibetrag des Klägers. Die Frage der Hilfebedürftigkeit sei als Grundlage aller Leistungen nach dem SGB II durch das Gericht zu klären, auch wenn der Beklagte das Haus nicht als nicht zu berücksichtigendes Vermögen angesehen habe. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen. Dagegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert von mehr als 750 EUR wird durch ein zwei Tage dauerndes Heizen mit Holz, Kohle und Strom jedenfalls nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12.Auflage, § 144 Rn. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand der Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr. 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr. 4).

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob einem Leistungsempfänger im Nachhinein erstmals das Vorhandensein verwertbaren Vermögens (hier: selbstbewohntes, unangemessenes Eigenheim), das dem Beklagten von Anfang an bekannt war und das dieser zunächst nicht als verwertbares Vermögen berücksichtigt hatte, als leistungsausschließend entgegengehalten werden könne, ist vorliegend anzunehmen.

Diese Rechtsfrage ist allerdings nicht klärungsfähig, denn das Urteil des SG kann mit anderer rechtlicher Begründung aufrechterhalten werden (vgl. dazu Leitherer aaO § 160 Rn. 9g). Vom Beklagten sind nämlich allein die tatsächlich angefallenen Heizkosten im angemessenen Umfang zu übernehmen. Für September 2015 sind aber bislang lediglich Heizkosten durch den Einkauf von 1.380 l Heizöl entstanden. Die Kosten hierfür - die Forderung des Heizöllieferanten war am 03.10.2015 fällig - hat der Beklagte mit Bewilligung von Alg II für Oktober 2015 (Bescheid vom 30.09.2015) und für April 2016 (Bescheid vom 22.03.2016) übernommen. Weitere Kosten für die Beheizung des Eigentums sind vorliegend vom Kläger in keiner Weise nachweislich geltend gemacht worden. Zwar gibt er in der Klageschrift an, mit Holz, Kohle und Strom vom 21.09.2015 bis 23.09.2015 geheizt zu haben. Diesbezügliche Rechnungen liegen jedoch nicht vor. Der Kläger führt nicht aus, welche Kosten er für die Beschaffung dieser Heizmaterialien vom 21. bis 23.09.2015 aufgewendet hat. Nachdem im September 2015 somit tatsächlich keine Aufwendungen entstanden sind - solche hat der Kläger bislang nicht nachgewiesen -, besteht bereits hierwegen kein Anspruch auf Erhöhung des Alg II für September 2015, wobei zu berücksichtigen ist, dass auch erhöhte Stromkosten für eine Heizung mit Strom - sollten solche für die Zeit vom 21. bis 23.09.2015 angefallen sein - erst nachträglich mit der Stromjahresabrechnung fällig werden, also nicht im September 2015 zur Zahlung fällig sind. Somit ist die Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren unabhängig davon nicht klärungsfähig, ob die Art und Weise der Erstattung der angemessenen Heizkosten durch den Beklagten den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Auch ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung liegt nicht vor. Das SG hat zu Recht die Frage der Hilfebedürftigkeit geprüft. Hinsichtlich der Frage der Verwertbarkeit hat es allerdings nicht berücksichtigt, dass der Kläger bislang eine Verwertung nicht vornehmen musste, denn der Beklagte hat das Hausgrundstück als nicht zu berücksichtigendes Vermögen eingestuft. Neben der Frage, ob das Hausgrundstück überhaupt in angemessener Zeit hätte verwertet werden können, könnte dies gegebenenfalls als Verwertungshindernis anzusehen sein (vgl. dazu Urteil des Senats vom 02.02.2012 - L 11 AS 675/10 - Rn. 25 ff.; BSG, Urteil vom 24.05.2017 - B 14 AS 16/16 R - Rn. 36, beide veröffentlicht in Juris). Das SG widerspricht jedoch dieser Rechtsprechung - soweit aus dieser ein solcher Rechtssatz überhaupt entnommen werden kann - nicht im Grundsätzlichen, übersieht vielmehr lediglich diese Rechtsfrage im Einzelfall des Klägers (vgl. dazu Leitherer aaO § 160 Rn. 14 mwN iVm Leitherer aaO § 144 Rn. 30). Dies stellt nur eine fehlerhafte Subsumtion dar (Leitherer aaO § 160 Rn 14), eine objektive Abweichung - wollte man diesbezüglich einen eindeutigen Rechtssatz des Senats bzw. des BSG unterstellen - ist darin nicht zu erkennen (Leitherer aaO § 160 Rn. 14a), einen eigenen von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweichenden Rechtssatz stellt das SG nicht auf.

Unabhängig davon beruht das Urteil des SG auch nicht auf einer unterstellten Abweichung, denn, wenn dem angefochtenen Urteil eine andere Begründung nicht zu entnehmen ist, es aber mit einer solchen unabhängig von einer geltend gemachten Abweichung bestätigt werden kann, beruht es nicht auf der Abweichung (vgl. Leitherer aaO § 160 Rn. 15a). Kosten für Heizmaterial sind aber im September 2015 nicht entstanden, so dass ein Anspruch auf höheres Alg II für September 2015 nicht in Betracht kommt. Verfahrensfehler hat der Kläger nicht geltend gemacht.

Nach alledem war die Beschwerde mit der Folge zurückzuweisen, dass das Urteil des SG rechtskräftig ist (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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