L 14 AS 1865/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 116 AS 26671/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 1865/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2013 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2010 verurteilt, den Klägern unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 28. Februar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. August 2008, 24. November 2008 und 30. Dezember 2008 für den Monat August 2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 295,45 Euro zu zahlen. Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind die Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUuH) aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2007 vom Monat August 2008.

Die Kläger zu 1. und 2. sind die Eltern der in den Jahren 1998, 2000, 2002, 2003 und 2007 geborenen Kläger zu 3. - 7., die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen.

Die Kläger zogen zum 01. August 2006 in die 110,25 m² große 3 1/2-Zimmer-Wohnung in der S Straße, B, im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Laut Mietvertrag war für die Wohnung eine Bruttowarmmiete von 805,00 Euro zu entrichten (Grundmiete 520,38 Euro, Betriebskosten 212,05 Euro, Heizkosten 43,56 Euro, Warmwasserkosten 14,24 Euro, Aufzug 11,89 Euro, Kabelfernsehen 2,88 Euro). Der Betriebskostenvorschuss betrug 212,05 Euro, die Vorauszahlung für die Umlage für Heizung und Warmwasser betrug monatlich 57,80 Euro (Heizung: 43,56 Euro, Warmwasser: 14,24 Euro). Ab dem 01. Januar 2007 war eine Gesamtmiete von 829,46 Euro und ab dem 01. August 2007 eine Gesamtmiete von 851,51 Euro zu zahlen. Ab dem 01. Januar 2008 betrug die Gesamtmiete 860,46 Euro einschließlich der unverändert gebliebenen Nebenkosten.

Das zuvor örtlich zuständige Job Center Berlin-Neukölln erachtete den Umzug wegen fristloser Kündigung der bisherigen Wohnung als erforderlich, hielt aber die Kosten für unangemessen hoch, da für einen 6-Personenhaushalt lediglich KdUuH i.H.v. 755,00 Euro angemessen seien, die es für August und September 2006 den Klägern gewährte.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. April 2007, mit Bewilligungsbescheid vom 11. April 2007, dieser in der Fassung des Änderungsbescheids vom 28. August 2007, sowie mit weiteren Bewilligungsbescheiden vom 28. August 2007 und vom 28. Februar 2008, dieser in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. August 2008 und vom 24. November 2008, gewährte das nunmehr zuständige Jobcenter Berlin-Mitte – Beklagter - den Klägern SGB II-Leistungen für die Zeiträume vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007, vom 01. April bis zum 30. September 2007, vom 01. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008, vom 01. April bis zum 30. September 2008. Hierbei berücksichtigte der Beklagte zunächst KdUuH i.H.v. 726,50 Euro, dann ab Juli 2007 bis einschließlich September 2008 KdUuH von 722,58 Euro (470,38 Euro Grundmiete, 29,30 Euro Heizkosten, 226,82 Euro Nebenkosten/sonstige Kosten).

Laut Nebenkostenabrechnung 2007 der GBAU vom August 2008 entfiel auf die Kläger ein Anteil an den Nebenkosten von 399,45 Euro, der sich zusammensetzte aus kalten Betriebskosten 60,34 Euro, Heizung 334,49 Euro, Warmwasseraufbereitung 150,40 Euro, Aufzug 47,03 Euro, Kabelgebühren 21,93 Euro.

Mit Bescheid vom 26. August 2008 lehnte der Beklagte den Antrag der Kläger vom 17. August 2008 auf Übernahme des Betrags von 399,45 Euro aus der Nebenkostenabrechnung 2007 sowie auf Anerkennung der Mieterhöhung ab dem 01. Januar 2008 ab, da die Kläger die Wohnung seinerzeit ohne Zustimmung des damals zuständigen Jobcenters angemietet hätten.

Mit zwei Widerspruchsschreiben vom 18. September 2008 trug der Kläger I G vor, dass die angemessenen KdUuH für einen 7-Personen-Haushalt 805,00 Euro betragen würden. Auch sei die Nebenkostenabrechnung für 2007 als ein Bestandteil der KdUuH zu übernehmen.

Der Kläger stellte am 18. September 2008 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu den Bescheiden vom 28. August 2007 und 28. Februar 2008, da die KdUuH lediglich i.H.v. 742,58 Euro monatlich berücksichtigt worden seien, obgleich der Richtwert der angemessenen Kosten bei 805,00 Euro liege.

Mit seinem Widerspruch vom 18. Dezember 2008 gegen den Änderungsbescheid vom 24. November 2008 (Zeitraum vom 01. September 2008 bis 31. März 2009, berücksichtigte KdUuH: 722,58 Euro) verwies der Kläger erneut darauf, dass die A Wohnen für einen 7-Personen-Haushalt eine Miete von 805,00 Euro für angemessen erachte. Er und seine Familie seien auch nicht ohne Zustimmung, sondern aufgrund einer akuten Notlage (Wassereinbruch in der Wohnung) umgezogen. Eine Zustimmung hätte damals nicht verweigert werden dürfen, zumal der alte Wohnraum zu beengt gewesen sei (6 Personen in 3 Zimmern).

Mit insgesamt 4 nach § 44 SGB X geänderten Bescheiden vom 30. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Zeiträume vom 01. Oktober 2006 bis zum 31. März 2007, vom 01. April bis zum 30. September 2007, vom 01. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008 und vom 01. April bis zum 30. September 2008, wobei er ab dem 16. Juli 2007 wegen der Geburt des 5. Kindes einen 7-Personen-Haushalt berücksichtigte und von da ab KdUuH i.H.v. 805,00 Euro nach der damalige A Wohnen gewährte.

Mit Schreiben vom 11. Februar 2010 beantragte der Kläger die Überprüfung gemäß § 44 SGB X u.a. betreffend die KdUuH für sämtliche Bescheide der Vergangenheit.

Der Beklagte teilte in seinem daraufhin erlassenen Bescheid vom 19. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2010 mit, er habe die Bescheide im hier streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 01. Oktober 2006 überprüft und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden sei.

Mit ihrer hiergegen am 27. August 2010 bei dem Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage haben die Kläger ihren Anspruch auf Übernahme der Nachzahlung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2007 i.H.v. 334,49 Euro weiter verfolgt. Nach den vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Grundsätzen sei die Angemessenheit von Heizkosten und Bruttokaltmiete getrennt zu beurteilen. Die tatsächlichen Heizkosten seien mit einem Grenzwert aus dem bundesweiten Heizkostenspiegel, der aus der ungünstigsten Verbrauchskategorie für die jeweilige Heizungsart und beheizte Wohnfläche ermittelt werde, zu vergleichen und dann sei das Produkt mit der abstrakt angemessenen Wohnfläche für den Haushalt des Hilfebedürftigen zu ermitteln (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009, B 14 AS 36/06R, juris). Vorliegend ergebe sich aus dem Heizkostenspiegel 2007 für ölbeheizte Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von mehr als 1.000 m² in der ungünstigsten Kategorie ein Wert von 13,60 Euro pro qm/Jahr. Die Kläger hätten bis zum 15. Juli 2007 zu 6 Personen und danach zu 7 Personen in einem Haushalt gelebt, so dass sich eine abstrakt angemessene Wohnfläche von 110/120 qm ergebe. Bereits bei einer Ermittlung anhand der 110 qm ergäben sich für 2007 maximal angemessene Heizkosten von 1.496 Euro. Die Heizkosten für das Jahr 2007 von insgesamt 857,21 Euro lägen unter diesem Wert, so dass die Nachzahlung in voller Höhe zu übernehmen sei. Zwar sei nach der Rechtsprechung des BSG die Angemessenheit der Heizkostennachzahlung anhand der rechtlichen Verhältnisse im Abrechnungsjahr zu prüfen, dies bedeute jedoch nicht, dass dabei im Abrechnungsjahr bereits bestandskräftig gewährte KdUuH, welche die damalige Angemessenheitsgrenze überstiegen hätten, fiktiv auf die Nachzahlung angerechnet werden dürften, vielmehr beschränke sich die Prüfung lediglich auf die Angemessenheit und Richtigkeit der Nachzahlung anhand der Rechtslage im abgerechneten Jahr. Andernfalls würde der vom BSG bestimmte Fälligkeitszeitpunkt (Fälligkeit der Nachzahlung) in unzulässiger Weise auf den Abrechnungszeitraum zurückverlegt. Die Leistung des Beklagten im Abrechnungszeitraum könne daher nicht als bereits erfolgte Übernahme der Nachzahlung angesehen werden, da diese im Abrechnungsjahr noch gar nicht fällig gewesen sei. Eine Tilgungsbestimmung, dass in den gewährten KdUuH bereits höhere Heizkostenvorauszahlungen enthalten seien, sei nicht getroffen worden, eine Verrechnung mit früheren, möglicherweise zu viel gezahlten Leistungen sei daher nicht möglich.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass er an die Mietobergrenzen seiner Ausführungsvorschriften gebunden sei und eine Erhöhung der Leistungen infolge der Nebenkostenabrechnung wegen der Begrenzung auf die angemessene Miete nicht in Betracht komme. In einem Urteil im Parallelverfahren betreffend das Jahr 2008 (S 114 AS 20785/10; Az.: LSG L 20 AS 878/13 NZB) werde ausgeführt, dass die Kläger im Jahr 2008 einen Anspruch auf KdUuH lediglich i.H.v. 794,25 Euroo hätten. Da er aber KdUuH i.H.v. 805,00 Euro nach der AV-Wohnen gewährt habe, seien die Kläger nicht beschwert.

Mit Urteil vom 23. Mai 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Beklagte habe mit seinem auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 SGB X ergangenen Überprüfungsbescheid vom 19. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2010 zu Recht festgestellt, dass den Klägern aus der Nebenkostenabrechnung für 2007 keine weiteren Leistungen für die KdUuH im Fälligkeitsmonat zuständen. Zwar stelle die Betriebskostennachforderung im September 2008 eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse i.S.d. § 48 Abs. 1 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. den §§ 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dar, diese Änderung sei jedoch nicht rechtserheblich, weil die Kläger nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nur Anspruch auf Leistungen für angemessene KdUuH hätten, und sich die Rechtslage und Beurteilung der Angemessenheit nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung zuzuordnen sei, bestimme (vgl. BSG, Urteil vom 06. April 2011, B 4 AS 12/10 R, juris, Rn. 17). Der Beklagte habe dem Begehren der Kläger durch die Bescheide vom 26. August 2008 (Korrektur der Einkommensanrechnung im Zeitraum Juli bis September 2008) und vom 30. Dezember 2008 (Berücksichtigung der KdUuH i.H.v. 805,00 Euro monatlich) in teilweiser Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 28. Februar 2008 teilweise abgeholfen und letztlich durch den Änderungsbescheid vom 30. Dezember 2008 auch für 2007 angemessene KdUuH gewährt. Auf die tatsächlichen Unterkunftskosten, die nach § 92 Abs. 1 S. 3 SGB II auch über den angemessenen Betrag für einen begrenzten Zeitraum zu übernehmen sein könnten, komme es schon deshalb nicht an, weil die Kläger bereits im 01. August 2006 ohne Zusicherung des Jobcenters umgezogen seien und sich auch bei einem erforderlichen Umzug die zu übernehmenden KdUuH auf die angemessenen Kosten begrenzten, ohne dass es zuvor einer Kostensenkungsaufforderung bedürfe. Allerdings sei die Angemessenheit der Aufwendungen für die Wohnung im Jahr 2007 nicht anhand der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Wohnkosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II des Beklagten (AV-Wohnen) zu bestimmen, vielmehr habe eine Einzelfallprüfung für die Unterkunfts- und für die Heizkosten getrennt zu erfolgen (vgl. Urteile des BSG vom 07. November 2006, die 7b AS 18/06 R, sowie vom 02. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, Rn. 18, beide juris). Unter Hinweis auf das von Berliner Sozialrichtern ermittelte Modell zur Bestimmung der angemessenen Werte (Schifferdecker, Irgang, Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28 ff, bestätigt durch BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, B 14 AS 65/09 R, B 14 AS 2/10 R, jeweils in juris) und unter Berücksichtigung der gewichteten Werte aus dem qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin vom 11. Juli 2007 (Abl. für Berlin 2007, S. 1797) sei für den bis zum 15. Juli 2007 aus 6 Personen bestehenden Haushalt der Kläger eine Wohnungsgröße von höchstens 110 m² bei einer Bruttokaltmiete von 657,80 Euro (110 m² x 5,98 Euro (4,54 Euro Nettokaltmiete +1,44 Euro Betriebskosten) = 657,80 Euro) und ab dem 16. Juli nach der Geburt des Klägers zu 7. eine Bruttokaltmiete von 717,60 Euro für eine höchstens 120 m² große Wohnung (120 m² x 5,98 Euro) abstrakt angemessen. Zusätzlich seien angemessene Heizkosten zu übernehmen. Der hierfür maßgebliche Grenzwert betrage nach der Entscheidung des BSG vom 02. Juli 2009 ( B 14 AS 36/08 R, juris) nach Maßgabe des bundesdeutschen Heizkostenspiegels 2008 unter Berücksichtigung der Vergleichswerte für 2007 für die von den Klägern durch Heizöl zu beheizende Wohnung bei einer zu beheizenden Gebäudefläche von über 1.000 m² für einen 6-Personenhaushalt 118,25 Euro und für 7 Personen 129,00 Euro pro Monat. Ausweislich der streitigen Heizkostenabrechnung hätten die Heizkosten 857,21 Euro für 2007 betragen und die Kosten für die Warmwasserbereitung 312,28 Euro, so dass sich für die Heiz- und Warmwasserkosten insgesamt ein tatsächlicher Aufwand von monatlich 98,20 Euro ergebe. Nach Addition der höchsten als angemessen anzusehenden Bruttokaltmiete von 657,80 Euro bzw. ab dem 16. Juli 2007 von 717,60 Euro sowie der angemessenen tatsächlich entstandenen Heizkosten ergebe sich hier eine angemessene Bruttowarmmiete bis zum 15. Juli 2007 von 729,34 Euro und ab dem 16. Juli von 789,03 Euro. Hiervon wäre noch die Pauschale für die Warmwasserbereitung abzuziehen (dazu BSG, Urteile vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07R, und vom 02. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, Rn. 17, beide juris) und zwar i.H.v. 32,56 Euro für die 6-köpfige BG (2 x 6,26 Euro + 4 × 5,01 Euro) und von 36,36 Euro ab dem 16. Juli 2007 (zzgl. 3,80 Euro). Der Beklagte habe aber für die Zeit bis zum 15. Juli 2007 bereits KdUuH von insgesamt 755,00 Euro und ab dem 16. Juli 2007 von 805,00 Euro monatlich gezahlt, so dass den Klägern weitere Leistungen nicht zustünden, auch wenn die Heizkosten unter Berücksichtigung der für 2007 nachgeforderten Heizkosten insgesamt als angemessen zu bewerten seien. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen.

Die Kläger haben gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 12. Juni 2013 zugestellte Urteil am 12. Juli 2013 Berufung zum Landessozialgericht Berlin- Brandenburg erhoben und ihr - der Höhe nach auf 295,45 Euro reduziertes - Begehren auf Übernahme der Heizkostennachzahlung weiterverfolgt. Das SG habe das Urteil des BSG vom 06. April 2011 fehlinterpretiert indem es davon ausgehe, dass sich die Übernahme der Nachzahlung danach richte, ob unter rückwirkender Berücksichtigung im Abrechnungszeitraum noch ein Anspruch auf höhere KdUuH bestanden hätte. Hiergegen spreche bereits, dass auch Nachzahlungen für Zeiträume zu übernehmen seien, in denen noch keine Hilfebedürftigkeit vorliege und es mithin nicht auf die Bescheidlage ankomme. Das BSG beziehe sich vielmehr auch auf die Rechtslage im Abrechnungsjahr hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit der Nachzahlung und nicht auf die dort erbrachten Leistungen des Grundsicherungsträgers. Die vom Beklagten im Abrechnungszeitraum tatsächlich erbrachten Leistungen könnten daher nicht auf den später fällig werdenden Anspruch auf Übernahme der Nebenkostennachzahlung angerechnet werden. Vielmehr handele es sich in diesem Fall um eine rechtswidrige begünstigende bestandskräftige Bewilligung, welche nach § 45 SGB X zu beurteilen sei.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. Mai 2013 abzuändern, den Bescheid vom 19. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 28. Februar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. September 2008, 24. November 2008 und 30. Dezember 2008 zu verurteilen, den Klägern für den Monat August 2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung (zur Begleichung der Betriebs- und Heizkostennachforderung) in Höhe von 295,45 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Bände) haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger ist zulässig und begründet.

Die Kläger begehren im Überprüfungsverfahren (§ 44 SGB X) im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) nach ihrem ausdrücklichen Klageantrag ausschließlich die Übernahme der Betriebs- und Heizkostennachzahlung im August 2008 in Höhe ihres auf 295,45 Euro reduzierten Antrags.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2010, mit welchem der Beklagte den Antrag vom 11. Februar 2010 auf Überprüfung sämtlicher Bescheide nach § 44 SGB X – hier der Bewilligungsbescheid vom 28. Februar 2008 betreffend den Zeitraum vom 01. April bis zum 30. September 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. August 2008 und vom 24. November 2008, diese in Gestalt des nach § 44 SGB X geänderten Bescheids vom 30. Dezember 2008 (Berücksichtigung eines 7-Personen-Haushalts ab dem 16. Juli 2007 und Zahlung von KdUuH i.H.v. 805,00 Euro) - zurückgewiesen hatte. Mit ihrem Antrag auf Übernahme der Heizkostennachzahlung haben die Kläger den Streitstoff zulässig auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 8/06 R, juris, RdNr. 18).

Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X in der im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Fassung werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren erbracht.

Die der Überprüfung nach § 44 SGB X zugrunde liegende Entscheidung über die KdUuH war unter Berücksichtigung der Heiz- und Betriebskostennachforderung im August 2008 rechtswidrig geworden und daher abzuändern. Die Leistungen für KdUuH sind für den Monat August 2008 unter Berücksichtigung der für diesen Monat angemessenen laufenden Brutto-Unterkunftskosten sowie der Betriebs- und Heizkostennachforderung und unter Anrechnung der vom Beklagten bereits in 2007 gezahlten Leistungen zu bestimmen, so dass sich für die Kläger der klageweise geltend gemachte Anspruch auf Leistungen i.H.v. 295,45 Euro ergibt.

Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Übernahme dieser Kosten für den Monat August 2008 misst sich an § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III und § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Hierzu ist der Anspruch auf KdUuH dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R, juris, Rdnr. 12). Die Kläger erfüllen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 19 Satz 1, 22 SGB II und können ihren, mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern einen Anspruch auf Sozialgeld vermitteln (§§ 7 Abs. 2, 9, 19 S. 1, 22, 28 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGB II, da die bei den Klägern als Einkommen anzurechnenden Einnahmen ihren Bedarf nicht vollständig decken.

Der Beklagte hat mit dem Bescheid vom 28. Februar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide die KdUuH für den Zeitraum vom 01. April bis zum 30. September 2008 bewilligt und die geltend gemachte Änderung des Bedarfs aufgrund der Heizkostenabrechnung aus August 2008 fällt in den Monat der Fälligkeit der Nachforderung, hier der Monat des Zugangs des Nachforderungsverlangens (§ 271 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2011, B 14 AS 121/10 R, juris, RdNr. 11), hier also August 2008. Mit der Geltendmachung der Heizkostennachforderung ist eine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im August 2008 eingetreten. § 22 Abs. 1 SGB II erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige KdUuH. Soweit eine Nachforderung in einer Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen. Nachzahlungen gehören demzufolge zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 9/11 R, juris, RdNr. 14, vom 15. April 2008, B 14/7b AS 58/07 R, juris, RdNr. 36, und vom 22. März 2010, B 4 AS 62/09 R, juris, RdNr. 13). Dies gilt, sofern die entsprechenden Vorauszahlungen regelmäßig gezahlt worden sind und es sich damit nicht um Schulden handelt (BSG, Urteil vom 22. März 2010, a.a.O.), wovon hier mangels anderer Erkenntnisse auszugehen ist.

Die wegen der geänderten Verhältnisse für August 2008 als Bedarf zu berücksichtigenden KdUuH sind als Summe der angemessenen laufenden KdUuH (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II) und der übernahmefähigen Heizkostennachforderung zu bestimmen. Für die hiernach angemessenen laufenden KdUuH für August 2008 sind nicht die mit den o.a. Bescheiden bewilligten und gezahlten Beträge - 805,00 Euro - maßgebend, da mit der Änderung der Verhältnisse der Anspruch der Kläger dem Grund und der Höhe nach zu prüfen und über die angemessenen laufenden Kosten ohne Beachtung einer Bindungswirkung erneut zu entscheiden ist (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 9/11 R, juris, Rdnr. 13).

Als angemessene laufende Aufwendungen für die von den Klägern innegehaltene Wohnung sind für August 2008 im Ergebnis bruttokalt 718,80 Euro anzuerkennen. Die tatsächlich zu erbringende Bruttokaltmiete von 802,66 Euro (Nettokaltmiete: 648,41 Euro, Betriebskostenvorauszahlung ohne Heizkosten: 154,25 Euro) übersteigt daher die abstrakte Angemessenheit einer Bruttokaltmiete für einen 7-Personenhaushalt im streitigen Zeitraum (zur betragsmäßigen Ermittlung weiter unten). Im Rahmen der KdUuH i.S.d. § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden alle Zahlungsverpflichtungen erfasst, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben. Leistungen für Unterkunft werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, RdNr. 20, juris). Die abstrakte Angemessenheit der KdU ist in einem mehrstufigen Verfahren nach der sog. Produkttheorie, also dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und der Summe von angemessener Nettokaltmiete pro qm und angemessenen kalten Betriebskosten pro qm zu ermitteln (BSG, Urteile vom 07. November 2006, B 7b AS 10/06 R, und vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, beide juris, RdNrn. 24 ff., 33). Hierzu sind zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteile vom 07. November 2006, B 7b AS 10/06 R, juris, RdNr. 24, vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09 R, juris RdNr. 15, vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris, RdNr. 19 ff.).

Hinsichtlich der Bestimmung der Nettokaltmiete ist die angemessene Wohnfläche nach der von Richterinnen und Richtern des SG Berlin erarbeiteten Methode (Schifferdecker, Irgang, Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28 ff, bestätigt durch BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris, RdNr. 27, und vom 13. April 2011, B 14 AS 85/09 R, juris, RdNr. 28) zu bestimmen. Hiernach sind für einen 7-Personenhaushalt 110 – 120 qm und ein Quadratmeterpreis von nettokalt 4,55 Euro angemessen, wobei die gewichteten Werte des Berliner Mietspiegels 2007 vom 11. Juli 2007 (ABl. von Berlin 2007, 1797), bei dem es sich um qualifizierte Mietspiegel i.S.d. § 558d BGB handelt, heranzuziehen sind. Die angemessene Nettokaltmiete beträgt hiernach unter Zugrundelegung der abstrakt angemessenen Wohnfläche von 120 qm 546,00 Euro.

Demgegenüber kann zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnkosten die vom Beklagten angeführte AV-Wohnen mit einer Bruttowarmmiete von 805,00 EURO nicht herangezogen werden. Das BSG hat es wiederholt abgelehnt, in den Werten der AV-Wohnen ein schlüssiges Konzept zu erkennen (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, B 14 AS 65/10 R, und vom 13. April 2011, B 14 AS 32/09 R, a.a.O.). Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

In einem weiteren Schritt sind die kalten Betriebskosten (§ 556 BGB) zu ermitteln, wobei zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf bereits vorliegende Daten aus örtlichen Betriebskostenübersichten zurückzugreifen ist, und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte, denn es ergeben sich insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen regional deutliche Unterschiede (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, und B 14 AS 2/10 R, a.a.O.). Insoweit ist die (ungewichtete) Summe aller kalten Nebenkosten einzubeziehen und mit den – nicht amtlichen – Mittelwerten, die in den auf den Betriebskosten des Jahres 2005 basierenden Mietspiegel 2007 Eingang gefunden haben (Anlage I zum Berliner Mietspiegel 2007), abzugleichen. Dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat es das BSG für zulässig befunden, auf bereits vorliegende Daten zurückzugreifen. Eine weitergehende Gewichtung hat das BSG nicht vorgenommen, weil nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten (vgl. BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09, juris, RdNr. 21, und vom 19. Dezember 2010, B 14 AS 50/10 R, juris, RdNr. 34). Aus der Heranziehung von Werten aus allen Mietverhältnissen folgt zwar - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietenpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist (BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12, juris, RdNr. 31).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich eine Summe von durchschnittlichen kalten Betriebskosten i.H.v. 1,44 Euro/qm bzw. bezogen auf 120 qm Wohnfläche für einen 7-Personenhaushalt i.H.v. 172,80 Euro.

Die Bruttokaltmiete (= Summe der Nettokaltmiete: 546,00 Euro und der Vorauszahlung auf kalte Betriebskosten von 172,80 Euro) beträgt 718, 80 Euro.

Die den Betrag von 718,80 Euro für die Bruttokaltmiete übersteigenden und daher unangemessenen laufenden Aufwendungen für die Unterkunft von 802,66 Euro (= 860,46 Euro Bruttowarmmiete abzüglich Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser monatlich 57,80 Euro (Heizung: 43,56 Euro, Warmwasser: 14,24 Euro)) waren für August 2008 nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf zu berücksichtigen. Danach sind den angemessenen Umfang übersteigende Kosten als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dies betrifft – was die laufenden Bedarfe angeht – aber nur die Bruttokaltmiete, nicht aber die getrennt zu beurteilenden Heizkosten, die laufend als Vorschuss zu zahlen waren, wobei dieser Vorschuss im Rahmen des Angemessenen lag. Bezüglich der laufenden Bruttokaltmiete scheitert die Begrenzung auf die Leistung der angemessenen Bruttokaltmiete auch nicht am Fehlen einer Kostensenkungsaufforderung, denn in den Bewilligungsbescheiden ist auf die vom Beklagten postulierte Angemessenheitsgrenze für einen 7-Personenhaushalt hingewiesen worden (vgl. BSG, Urteile vom 27. Februar 2008, B 14/7b AS 70/06, juris, RdNr. 13, vom 19. März 2008, B 11 B AS 43/06 R, juris, RdNr. 15 f, vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris, RdNr. 40, vom 20. August 2009, B 14 AS 41/08 R, juris, RdNr. 33; ferner Luik in Eicher/Spellbrink, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 RdNr 120). Dieser Hinweis genügt der eben dargestellten Anforderung. Dass die Senkung der laufenden Kosten unzumutbar oder unmöglich war, wird von den Klägern nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.

Die Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung hat getrennt von der für die Unterkunft nach eigenen Regeln zu erfolgen (BSG, Urteil vom 02. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, juris, RdNr. 18). Die Angemessenheit ist mangels anderer Zahlen so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines bundesweiten oder kommunalen Heizspiegels liegen, der abhängig von der jeweiligen Heizungsart, der Wohnanlagengröße und der abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl ein eklatant kostspieliges bzw. unwirtschaftliches Heizen indiziert. Hierbei ist jedoch bei einer Warmwasserbereitung über die Heizung der Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzuziehen (BSG, Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 106/10 R, juris, RdNr. 42). Die von den Klägern im streitigen Zeitraum zu erbringende Heizkostenvorauszahlung i.H.v. monatlich 57,80 Euro ist daher um eine Warmwasseraufbereitungspauschale i.H.v. 36,36 Euro (6,26 Euro x 2 + 5,01 Euro x 4 + 3,80 Euro x 1). Die dann verbleibenden Beträge von 21,44 Euro monatlich sind zu erstatten. Denn mit diesen Beträgen werden nicht die Grenzwerte des bundesweiten Heizkostenspiegels 2007, der mangels eines lokalen Heizspiegels für Berlin anzuwenden ist, bei einer mit Erdöl beheizten Wohnfläche von mehr als 1.000 qm überschritten, die ein kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen indizieren und die 12,90 Euro/qm im Jahr, d.h. 1,075 Euro/qm im Monat betragen. Fehlende Angemessenheit steht damit bezüglich der Vorauszahlung nicht in Frage.

Die angemessene laufend anzuerkennende Miete beträgt demnach insgesamt 740,24 EURO (Nettokaltmiete: 546,00 EURO + Betriebskostenvorauszahlung: 172,80 EURO + um Warmwasseraufbereitungspauschale bereinigter Heizkostenvorschuss 21,44). Daneben sind als KdUuH die Beträge laut Heiz- und Betriebskostenabrechnung August 2008 i.H.v. 363,09 Euro als KdUuH anzuerkennen (399,45 Euro Abrechnungsbetrag - Warmwasserpauschale 36,36 Euro). Die Forderungen aus Heiz- bzw. Betriebskostenabrechnungen zählen zwar im Monat der Fälligkeit zum aktuellen Bedarf. Die Frage der Angemessenheit der Aufwendungen wird aber materiell gemessen an der Höhe angemessener Aufwendungen im jeweiligen Abrechnungszeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 06. April 2011, B 4 AS 12/10 R, juris, RdNr. 17).

Die für die Zeit vom 01. Januar bis zum 31. Dezember 2007 angefallenen Betriebskosten laut Mietvertrag i.H.v. 2.544,60 Euro (212,05 Euro x 12) sind angemessen. Da bei Vorliegen aktuellerer Werte diese heranzuziehen sind (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, juris, Rdnr. 34), ist Vergleichsmaßstab insoweit der mit dem Berliner Mietspiegel 2009 vom 03. Juni 2009 (ABl. 2009, S. 1409) veröffentliche Betriebskostenspiegel 2009, der sich auf im Jahr 2007 abgerechnete Betriebskosten bezieht. Die Summe der im Betriebskostenspiegel 2009 aufgeführten Betriebskosten beträgt 2,14 Euro/qm/Monat und übersteigt den den Klägern in Rechnung gestellten Betrag von 1,77 Euro/qm/Monat (2.544,60 Euro: 120 qm: 12 Monate = 1,77 Euro).

Die Gesamtheizkosten für das Jahr 2007 i.H.v. 857,21 Euro (Summe der Vorauszahlungen: 522,72 Euro Euro + Nachforderung Heizkosten: 334,49 Euro = 857,21 Euro) liegen ebenfalls unter dem Grenzwert, der unwirtschaftliches Heizen vermuten lässt. Der Heizkostenspiegel 2008 mit der Abrechnung 2007 weist Grenzwerte von 12,90 Euro/Jahr bzw. 1,075 Euro/qm/Monat aus. Der von den Klägern erreichte Wert liegt jedoch nur bei 0,59 Euro/qm/Monat (857,21 Euro: 120 qm: 12).

Der Beklagte hat nach alledem neben der angemessenen laufenden Bruttowarm- Miete für August 2008 i.H.v. 740,24 Euro die um die Warmwasserpauschale bereinigte Heiz- und die Betriebskostenabrechnung i.H.v. 363,09 Euro (399,45 Euro – Pauschale 36,36 Euro) als KdUuH anzuerkennen. Unter Berücksichtigung der bereits bewilligten und gezahlten Leistungen für August 2008 i.H.v. 805,00 Euro ergibt sich ausgehend von einem Bedarf i.H.v. lediglich 740,24 Euro ein Betrag für weitere Leistungen von insgesamt 298,33 Euro (805,00 Euro - 740,24 Euro = 64,76 Euro bereits gezahlt und von der bereinigten Heiz- und Betriebskostenabrechnung i.H.v. 363,09 Euro abzuziehen = 298,33 Euro). Der Beklagte war indes nur in Höhe des im Klageantrag geltend gemachten Betrags von 295,45 Euro zu verurteilen.

Damit hatte die Berufung in vollem Umfang Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) sind nicht ersichtlich. Der Senat folgt der Entscheidung des BSG vom 06. April 2011 (B 4 AS 12/10 R). Die vom Beklagten geltend gemachte Verrechnung mit überzahlten KdUuH im Jahr 2007 ist mangels durchgeführter Änderung der bestandskräftigen Bescheide nach § 45 SGB X nicht möglich.
Rechtskraft
Aus
Saved