L 2 AL 17/17

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 411/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 17/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.

Der Kläger war bei der H. beschäftigt und schloss am 24. Mai 2012 einen Aufhebungsvertrag zum 31. Dezember 2013. In der Präambel des Vertrages wird ausgeführt, dass nach Abschluss des EU-Beihilfeverfahrens die Bank zur Umstrukturierung ihres Geschäftsbetriebs verpflichtet sei. Danach sei ein Personalabbau in erheblichem Umfang erforderlich. Im Zuge dieses Abbaus sollten betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung werde nachfolgender Aufhebungsvertrag geschlossen: Die Parteien seien sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis des Mitarbeiters mit der Bank auf Veranlassung der Bank aus betrieblichen Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2013 enden werde. Der Kläger erhalte auf der Grundlage des Sozialplans für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung analog §§ 9 und 10 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) in Höhe von 189.460,11 Euro. Unter § 7 Nr. 2 hieß es, dass der Mitarbeiter darauf hingewiesen worden sei, dass der Abschluss dieses Aufhebungsvertrages zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug und einer Verkürzung der Anspruchsdauer führen könne.

Der Kläger meldete sich nach vorheriger Arbeitsuchendmeldung am 25. September 2013 am 19. November 2013 zum 1. Januar 2014 arbeitslos. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2013 nahm der Kläger im Fragebogen zum Aufhebungsvertrag wie folgt Stellung: Der Aufhebungsvertrag sei zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung geschlossen worden, die sich aus den Anforderungen der EU gegenüber dem Arbeitgeber H. ergebe. Das Auswahlverfahren habe ihn hinsichtlich einer Weiterbeschäftigung nicht berücksichtigt. Die Konsequenz sei daraufhin die fristlose Kündigung aufgrund des in der H. veröffentlichten Procedere gewesen. Dies habe mittels eines Aufhebungsvertrages vermieden werden können. Es sei nicht möglich gewesen, das Beschäftigungsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden. Der Termin sei von der H. als letztmöglicher vorgegeben gewesen und habe auf den Vorgaben der EU gegenüber der H. basiert. Er habe das Arbeitsverhältnis beendet, um eine Arbeitgeberkündigung zu vermeiden. Aufgrund seines Alters hätte sich eine neue Arbeitsstelle nicht finden lassen. Von Seiten des Arbeitgebers sei ihm eine Kündigung mit Bestimmtheit in 2013 in Aussicht gestellt worden.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2014 stellte die Beklagte eine Sperrzeit für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 25. März 2014 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma H. AG durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages gelöst. Er habe voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde, denn er habe keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz gehabt. Die Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung habe keinen Grund dargestellt, der eine Sperrzeit hätte abwenden können.

Mit Bescheid vom gleichen Tag wurde dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 9. Mai 2015 bewilligt. Für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 25. März 2014 werde jedoch kein Arbeitslosengeld aufgrund der Sperrzeit ausgezahlt. Zum 13. Februar 2014 meldete sich der Kläger aus dem Leistungsbezug ab und der Bewilligungsbescheid wurde mit Bescheid vom 20. Februar 2014 ab dem 13. Februar 2014 aufgehoben.

Der Kläger legte gegen den Sperrzeitbescheid Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2014 zurückgewiesen. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis gelöst, ohne dafür einen wichtigen Grund gehabt zu haben. Die Sperrzeit führe zu einem Ruhen des Leistungsanspruchs für den Sperrzeitraum und zu einer Anspruchsminderung um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit, mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer.

Der Kläger hat am 8. Juli 2014 Klage erhoben. Die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses sei ihm objektiv nicht mehr zumutbar gewesen. Es habe ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorgelegen. In der Präambel des Aufhebungsvertrages habe gestanden, dass der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung geschlossen werde. Außerdem hat der Kläger ein Schreiben der H. vom 14. Februar 2014 zur Akte gereicht. Darin bestätigt diese, dass gemäß dem Interessenausgleich der Bank in 2012 ein "vereinfachtes Auswahl- und Besetzungsverfahren" durchgeführt worden sei, in dessen Rahmen sich alle Mitarbeiter auf sogenannte Zielstellen, die entweder die eigene oder andere Stellen hätten bedeuten können, hätten bewerben können. In diesem Zusammenhang habe sich der Kläger erfolglos auf Stellen in der Bank beworben und sei dadurch im sogenannten Mitarbeiterüberhang gelandet.

Das Sozialgericht hat zu den Umständen des Abschlusses des Aufhebungsvertrages Auskünfte bei der H. AG eingeholt. Diese hat mitgeteilt, dass nach Abschluss des EU-Beilhilfeverfahrens die H. AG zur Umstrukturierung ihres Geschäftsbetriebes verpflichtet gewesen sei. Diese Umstrukturierung sei Gegenstand der Interessenausgleich- und Sozialplanregelungen vom 15. Dezember 2011 gewesen. Danach sei ein Personalabbau in erheblichem Umfang erforderlich gewesen. Im Zuge dieses Abbaus sollten betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Aus diesem Grund seien Aufhebungsverträge geschlossen worden. Nach Ziffer 12 des Interessenausgleichs sei vorgelagert ein sog. Auswahl- und Besetzungsverfahren durchgeführt worden. Der Kläger habe an diesem Verfahren teilgenommen, aber keine Zielstelle erhalten. Aus diesem Grund seien dann mit ihm Gespräche über eine mögliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt worden, die letztlich zum einvernehmlichen Aufhebungsvertrag geführt hätten. Nach den vorliegenden Unterlagen habe die Kündigungsfrist für Kündigungen seitens des Arbeitgebers 6 Monate zum Ende des Kalendervierteljahres betragen. Arbeitnehmer hätten entsprechend kündigen können. Ob der Kläger unkündbar oder nur gegen die Zahlung einer Abfindung kündbar gewesen sei, könne nicht gesagt werden. Aus Ziffer 6 des Interessenausgleichs vom 15. Dezember 2011 habe sich ergeben, dass in der Zeit vom Abschluss des Interessenausgleichs bis zum 31. Dezember 2012 sowie in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen gewesen seien. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages bis zum 31. Dezember 2012 wäre der Kläger betriebsbedingt nicht kündbar gewesen. Ob und zu welchem Zeitpunkt der Kläger in der Zeit nach dem 31. Dezember 2012 gekündigt worden wäre, könnten sie nicht beurteilen, da es nicht zu einer Sozialauswahl bzw. betriebsbedingten Kündigungen gekommen sei. Der vorgegebene Personalabbau sei mit den anderen im Rahmensozialplan vom 15. Dezember 2011 vorgesehenen Instrumenten erreicht worden. Personen- und verhaltensbedingte Kündigungsgründe, die eine Kündigung gerechtfertigt hätten, seien nicht bekannt. Es seien insgesamt ca. 1.200 Stellen abgebaut worden. Da dieser Stellenabbau freiwillig erreicht worden sei, habe es keine Kündigungen oder Kündigungsschutzverfahren gegeben. Nach den vorliegenden Unterlagen sei nach der Rückkehr des Klägers zur H. im Jahr 2007 kein neuer Arbeitsvertrag geschlossen worden. Aufgrund der vielen Arbeitgeberwechsel sei die Vorlage eines aktuellen Arbeitsvertrags nicht möglich.

In der mündlichen Verhandlung am 12. April 2017 hat das Sozialgericht den Zeugen M., der in der Personalabteilung der H. tätig ist, gehört. Der Zeuge hat ausgeführt, dass die H. in den Jahren 2011 und 2012 einen enormen Personalabbau umzusetzen gehabt habe. Zur Umsetzung dieses Personalabbaus habe es ein einmalig initiiertes Auswahl- und Besetzungsverfahren gegeben, innerhalb dessen sich die Mitarbeiter hätten bewerben können. Diejenigen Mitarbeiter, denen dabei keine Stelle angeboten worden sei, hätten zum sogenannten Mitarbeiterüberhang gehört. Mit diesen Mitarbeitern habe die Bank eine einvernehmliche Auflösung der Arbeitsverhältnisse angestrebt. Zu diesem Mitarbeiterüberhang habe auch der Kläger gehört. Deswegen habe er mehrfach mit ihm Gespräche über eine einvernehmliche Auflösung seines Arbeitsverhältnisses geführt. Aufgrund von Fluktuationen und der Gesamtsituation der Bank habe es während dieses Prozesses immer wieder freie Stellen gegeben und er meine, der Kläger habe sich auch regelmäßig auf solche Stellen beworben. Da der Kläger aber auch dort immer wieder Absagen erhalten habe, habe er – der Zeuge – aktiv in Gesprächen auf eine einvernehmliche Trennung hingearbeitet. Er müsse dazu sagen, dass es in allen Fällen von Mitarbeitern, die im Überhang gewesen seien, zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen sei, so dass die Bank in keinem Fall eine betriebsbedingte Kündigung habe aussprechen müssen. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob der Kläger mit Sicherheit mit einer Kündigung im Jahr 2013 habe rechnen müssen, hat der Zeuge "nein" erklärt. Auf Nachfrage hat er ausgeführt, dass betriebsbedingte Kündigungen zwar als Drohkulisse in den Aufhebungsgesprächen dargestellt worden seien, tatsächlich seien jedoch betriebsbedingte Kündigungen etwa hinsichtlich einer Sozialauswahl nicht vorbereitet worden. Dies habe daran gelegen, dass Zielvorgabe die einvernehmliche Auflösung der Arbeitsverhältnisse gewesen sei und nach dem Prozess absehbar gewesen sei, dass dieses Ziel erreicht werde. Die Drohungen mit betriebsbedingten Kündigungen seien in etwa mit den Worten erfolgt: "Wenn wir das Ziel des Personalabbaues nicht erreichen, sind wir gezwungen, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen." Auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers, ob der Kläger aufgrund der angedrohten betriebsbedingten Kündigung subjektiv der Meinung habe sein können, dass er davon betroffen sein könne, hat der Zeuge erklärt, dass das gesamte Tun der Bank in diesem Zusammenhang auf eine einvernehmliche Lösung der Arbeitsverhältnisse ausgerichtet gewesen sei – dies sowohl im kollektiven Bereich (Interessenausgleich, Sozialplan) als auch im individuellen arbeitsrechtlichen Bereich. Natürlich habe er auch in seinen Gesprächen mit dem Kläger darauf hingewiesen, dass, wenn das Abbauziel nicht erreicht werde, betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden müssten, und natürlich sei auch klar gewesen, dass hierbei die Mitarbeiter im sogenannten Überhang besonders im Fokus gestanden hätten. Dass ein Mitarbeiter aus diesen Gesprächen den Schluss habe ziehen können, er selbst sei individuell von der Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung betroffen, halte er objektiv für ausgeschlossen, weil es so nicht kommuniziert worden sei.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung zur Zeugenbefragung Stellung genommen und vorgetragen, dass aufgrund der Gesamtumstände, insbesondere der Vorgaben aus Brüssel, für ihn subjektiv klar gewesen sei, dass er nicht weiter bei der H. beschäftigt werden würde. Es sei richtig, dass ihm nicht konkret gesagt worden sei "wenn Sie keine Aufhebungsvereinbarung abschließen, wird ihnen gekündigt". Als beim Personalüberhang eingruppierter Mitarbeiter habe es aber für ihn auf der Hand gelegen, dass er dort nicht weiter beschäftigt werde. Zumal es auch für seine Kenntnisse und Fähigkeiten keine weitere Verwendung gegeben habe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. April 2017 abgewiesen. Entscheidend sei, dass dem Kläger nach der glaubhaften Aussage des Zeugen M. keine konkrete betriebsbedingte Kündigung zum Beendigungszeitpunkt nach dem Aufhebungsvertrag oder früher angedroht worden sei.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 4. Mai 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Mai 2017 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines wichtigen Grundes abgelehnt. Das Bundessozialgericht verlange eine konkrete objektive Bedrohung durch eine Arbeitgeberkündigung. Dem Arbeitnehmer werde zugemutet, eine entsprechende konkrete Äußerung des Arbeitgebers abzuwarten. Eine konkrete Bedrohung solle danach erst dann vorliegen, wenn das Personalabbauprogramm des Arbeitgebers soweit gediehen sei, dass eine Sozialauswahl durch den Arbeitgeber erfolgt sei. Der Zeuge habe ausgesagt, dass der Arbeitgeber nicht die Absicht gehabt habe, Kündigungen auszusprechen. Die Drohung mit Kündigungen gegenüber dem Kläger müsse daher als absichtliche Täuschung gewertet werden. Berücksichtige man ferner, dass der Kläger nachweislich in die Gruppe Personalüberhang eingeordnet gewesen sei, nachdem mehrere Versuche, ihm einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, gescheitert gewesen seien und eine Kündigung des Klägers aufgrund der getroffenen Betriebsvereinbarung und der 6-monatigen Kündigungsfrist nur im Jahr 2013 möglich gewesen sei, habe sich dem Kläger der Eindruck aufgedrängt, dass 2012 die letzte Möglichkeit gewesen sei, eine Aufhebungsvereinbarung mit möglichst günstigen Konditionen zu erwirken. Grundlage dieses Eindrucks sei die bewusste Täuschung des Arbeitgebers gewesen. Der Kläger sei zwar in dem Aufhebungsvertrag auf mögliche sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen hingewiesen worden, der beim Kläger erzeugte Irrtum sei aber unverschuldet und unvermeidbar gewesen. Eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber wäre aufgrund der Vorgaben aus Brüssel zum Personalabbau auch mit Sicherheit rechtmäßig gewesen. Die Gesamtumstände würden dazu berechtigen, in der Gesamtschau von einer besonderen Härte für den Kläger auszugehen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2017 und den Sperrzeitbescheid vom 4. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 4. Februar 2014 in der Fassung des Teilaufhebungsbescheids vom 20. Februar 2014 ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2014 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 12. Februar 2014 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass die Sperrzeit gerechtfertigt sei, weil der Kläger keine konkrete Kündigung zu demselben oder einem früheren Zeitpunkt zu erwarten gehabt habe.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift vom 21. März 2018 sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen Akten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG), aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die vom Kläger erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage erfasste neben dem Sperrzeitbescheid vom 4. Februar 2014 auch den Bewilligungsbescheid vom gleichen Tag in der Fassung des Teilaufhebungsbescheids vom 20. Februar 2014, da beide Bescheide eine rechtliche Einheit bilden. Die in der Berufungsinstanz erfolgte Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 SGG auf Leistung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis zum 12. Februar 2014 war aufgrund ihrer Sachdienlichkeit ebenfalls zulässig.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Bescheide vom 4. Februar 2014 in der Fassung des Teilaufhebungsbescheids vom 20. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Juni 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht eine Sperrzeit gegen den Kläger festgestellt. Nach § 159 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach Satz 2 Nr. 1 u.a. vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

Der Kläger hat das Beschäftigungsverhältnis dadurch gelöst, dass er mit seiner Arbeitgeberin am 24. Mai 2012 mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat. Damit hat er seine Arbeitslosigkeit auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Löst ein Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis, führt er nach der Rechtsprechung des BSG seine Arbeitslosigkeit jedenfalls grob fahrlässig herbei, wenn er nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hat (vgl. BSG, Urteil vom Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 6/11 R, BSGE 111, 1). Solche Aussicht hatte der Kläger nicht.

Der Kläger hatte auch keinen wichtigen Grund. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden (BSG, a.a.O.). Diese soll die Versichertengemeinschaft vor Risikofällen schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat; eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (BSG, a.a.O.).

Einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags hat der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung dann, wenn der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen ordentlichen Kündigung gedroht hat und dem Arbeitnehmer die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten war (BSG, a.a.O.). Die Arbeitgeberin hat dem Kläger nicht mit einer Kündigung zum gleichen Beendigungszeitpunkt gedroht. Bei Abschluss des Aufhebungsvertrages waren Kündigungen nach dem Interessenausgleich noch bis zum Ende des Jahres 2012 ausgeschlossen. Objektiv haben auch im Jahr 2013 keine betriebsbedingten Kündigungen gedroht, da mit ausreichend Mitarbeitern einvernehmliche Lösungen gefunden werden konnten. Der Zeuge M. hat glaubhaft ausgeführt, dass die Arbeitgeberin keine konkreten betriebsbedingten Kündigungen vorbereitet und insbesondere auch noch keine Sozialauswahl getroffen hatte. Betriebsbedingte Kündigungen wurden lediglich als Möglichkeit kommuniziert. Auch der Kläger selbst hat eingeräumt, dass ihm keine konkrete Kündigung angedroht worden sei, sondern er lediglich aufgrund der Zugehörigkeit zum "Mitarbeiterüberhang" davon ausgegangen sei, zu dem betroffenen Kreis zu gehören. Angesichts der von einer solchen Zugehörigkeit unabhängigen Kriterien für eine Sozialauswahl im Falle einer betriebsbedingten Kündigung - wie z. B. Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltsverpflichtungen - kann diese Annahme jedoch nicht zu überzeugen. Eine Täuschung durch die Arbeitgeberin, die in der Aufhebungsvereinbarung sogar auf eine mögliche Sperrzeit hingewiesen hat, ist darin jedenfalls nicht zu sehen.

Hinsichtlich des Beginns der Sperrzeit nach Beschäftigungsende am 1. Januar 2014 sowie der Dauer der Sperrzeit für 12 Wochen bestehen keine Bedenken. Anhaltspunkte, die eine besondere Härte begründen könnten, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Auch die Minderung der Anspruchsdauer um 135 Tage ist nach § 148 Abs. 1 Nr. 4, 2. HS SGB III rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Rechtskraft
Aus
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