L 21 AS 2387/17 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 24 AS 4779/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 AS 2387/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 wird zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für Januar 2018 Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren zu 3/4.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Antragsteller 1) - 4) sind rumänische Staatangehörige. Der am 00.00.1997 geborene Antragsteller 1) und die am 00.00.1999 geborene Antragstellerin 2) sind die Eltern der am 00.00.2015 und am 00.00.2017 geborenen Antragsteller 3) und 4). Zunächst gewährte das Jobcenter L den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II. Seit dem 14.08.2017 hielten sich die Antragsteller nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Jobcenter L auf, weshalb dieses mit Bescheid vom 05.09.2017 zuvor gewährte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes teilweise aufhob. Seit dem 01.10.2017 bewohnen die Antragsteller eine 54 qm große Wohnung in der W 00 in X, für die Gesamtkosten in Höhe von 520,00 Euro monatlich anfallen (Grundmiete 300,00 Euro, Betriebskostenumlage ohne Kosten für die Heizung 160,00 Euro und Kosten des Betriebes zentraler Heizungsanlagen ohne Warmwasserkosten 60,00 Euro).

Der Antragsteller zu 1) war zunächst vom 01.10.2016 bis 31.10.2016 bei seinen Prozessbevollmächtigten geringfügig beschäftigt und insoweit bei der Bundesknappschaft gemeldet. Ab 11.10.2016 bestand ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit der V Personalservice GmbH. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 09.08.2017. Der Antragsteller 1) schloss am 17.08.2017 für die Zeit vom 01.08.2017 bis 31.10.2017 mit der T Personal Dienstleistungen S GmbH einen Arbeitsvertrag für Mitarbeiter im Kundeneinsatz als Gebäudereiniger zu einem Stundenlohn von 9,23 Euro (brutto) bei einer regulären Arbeitszeit von acht Stunden pro Kalendermonat ab. Er schloss am 15.11.2017 für die Zeit ab 01.10.2017 mit der J Transport UG einen Arbeitsvertrag im Bereich des Transportwesens zu einer monatlichen Vergütung von 500,00 Euro (brutto) ab. Feste Arbeitszeiten waren nicht vereinbart.

Am 16.10.2017 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen. Einen Termin zur Antragsabgabe am 27.10.2017 nahmen sie nicht wahr, woraufhin der Antragsgegner mit Bescheid vom 03.11.2017 Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.10.2017 wegen fehlender Mitwirkung ganz versagte. In der Folge legten die Antragsteller u.a. Geburtsurkunden, Ausweispapiere, eine auf den Antragsteller 3) ausgestellte Gesundheitskarte der IKK classic, einen den Antragsteller 1) betreffenden Arbeitsvertrag vom 17.08.2017 sowie ein Kündigungsschreiben vom 09.08.2017 (jeweils in Kopie) vor. Auf Anforderung des Antragsgegners legten sie überdies Kontoauszüge für die Zeit vom 01.03.2017 bis zum 16.03.2017, vom 08.08.2017 bis zum 16.08.2017, vom 02.09.2017 bis zum 07.09.2017 und vom 16.09.2017 bis zum 09.10.2017, eine Wohnungsgeberbestätigung vom 12.09.2017 und einen Mietvertrag vom 12.09.2017 vor. Überdies legten sie u.a. ein Mahnschreiben ihres Vermieters vom 24.10.2017, Meldebestätigungen, und eine Mitgliedsbescheinigung der IKK classic für die Antragstellerin 2) vor. Auf nochmaliges Anfordern des Antragsgegners legten die Antragsteller u.a. eine Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge des Antragstellers 1) für November 2016 über 773,28 Euro (brutto), einen den Antragsteller 1) betreffenden Arbeitsvertrag vom 15.11.2017, Meldebescheinigungen vom 16.12.2016 und 10.11.2016, einen die Antragstellerin zu 2) betreffenden Sozialversicherungsausweis sowie Abrechnungen der Brutto/Netto-Bezüge des Antragstellers 1) für August 2017 über 158,76 Euro (brutto), für September 2017 über 0,00 Euro und für Oktober 2017 über 0,00 Euro in Kopie vor. Elterngeld sei im Mai 2017 bei der Stadt L beantragt worden. Ergänzend legten die Antragsteller eine Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge des Antragstellers 1) für Oktober 2017 über 500,00 Euro (brutto), die den handschriftlichen unterschriebenen Zusatz "Betrag bar Erhalten am 27/11/2017." und die statistische Angabe "Anw.Std. 54,00" trägt, sowie eine den Antragsteller zu 1) betreffende Bescheinigung über Mitgliedszeiten der IKK classic vom 07.12.2017 vor. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei dem Antragsgegner am 08.12.2017 soll der Antragsteller zu 1) ausweislich einer in der Verwaltungsakte des Antragsgegners enthaltenen Gesprächsnotiz ausgeführt haben, nicht zu wissen, weshalb sein Arbeitgeber keine Quittung für die Auszahlung seines Gehaltes ausgestellt habe. Vertraglich sei keine feste Stundenzahl vereinbart worden. Er müsse nicht jeden Tag arbeiten. Manchmal von Montag bis Donnerstag. Fragen danach, ob er mehrtägige Fahrten oder die Grenzen Nordrhein-Westfalens überschreitende Fahrten unternehme, habe er nicht beantworten können.

Mit Bescheid vom 11.12.2017 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag ab. Die Antragsteller hätten keinen Anspruch auf Leistungen, da sie über kein Aufenthaltsrecht verfügten, das zu Leistungen nach dem SGB II berechtige. Ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer (§ 2 Nr. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU) sei nicht nachgewiesen. Für das Merkmal der tatsächlichen Ausübung des Arbeitsverhältnisses werde auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit und den Erhalt einer Vergütung abgestellt. Weder hätten die Antragsteller einen Nachweis über die Arbeitszeit noch einen Nachweis über den Lohnzufluss vorgelegt. Der Antragsteller zu 1) habe auch im Rahmen des Gesprächs vom 07.12.2017 keine Angaben machen können, wie und wo er die Tätigkeit ausgeübt habe. Ein Leistungsanspruch ergebe sich auch nicht aus § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II, da die Antragsteller noch nicht fünf Jahre ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hätten.

Hiergegen legten die Antragsteller am 11.12.2017 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machten, der Antragsteller zu 1) übe die Tätigkeit tatsächlich aus. Die Anzahl der im Oktober 2017 geleisteten Stunden ergebe sich aus der bereits vorliegenden Entgeltabrechnung. Am 07.12.2017 habe der Antragsteller zu 1) angegeben, dass die Einsätze unregelmäßig, bei Bedarf erfolgten, so dass eine tägliche Stundenzahl nicht angegeben werden könne. Der Antragsteller zu 1) werde als Postzusteller eingesetzt. Die Lohnzahlung sei auf der Entgeltabrechnung quittiert. Die Tätigkeit sei durch den Arbeitgeber auch angemeldet worden. Außer Acht gelassen werde der Arbeitsvertrag mit der Firma T, der wegen Fristablaufs beendet worden sei. Der Arbeitnehmerstatus wirke fort.

Ebenfalls am 11.12.2017 haben die Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf beantragt, den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II einschließlich Kosten der Unterkunft, diese ab dem 01.11.2017, in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen den bisherigen Vortrag wiederholt und ergänzend vorgetragen, die Antragsteller verfügten über keine sonstigen Einnahmen; das Konto des Antragstellers zu 1) sei seit Monaten überzogen. Zwischenzeitlich habe der Vermieter die Miete angemahnt. Auf Druck des Vermieters und aus Angst vor Wohnungsverlust sei mit dem Entgelt für Oktober 2017 die Miete für Oktober 2017 zum Ausgleich gebracht worden; der fehlende Betrag sei den Antragstellern durch den Bruder des Antragstellers zu 1) leihweise zur Verfügung gestellt worden. Die Antragsteller hätten ihr soziales Umfeld (Bruder und Schwester des Antragstellers zu 1)) in der näheren Umgebung. Die Kosten der Unterkunft seien ab dem 01.11.2017 zuzusprechen, da es sich insoweit um Mietrückstände aus einer Zeit handele, in der der Antragsgegner bereits zuständig gewesen sei. Der insoweit bestehende Nachholbedarf rechtfertige die Kostenübernahme auch für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht, da nur so die Unterkunft der Antragsteller dauerhaft gesichert werden könne. Der Lebensunterhalt werde überwiegend mit Hilfe der Caritas sichergestellt. Die Antragsteller legen u.a. ein Schreiben des Vermieters vom 24.10.2017 vor. Ergänzend führten sie aus, das Arbeitsverhältnis des Antragstellers zu 1) zu dessen Prozessbevollmächtigten habe wegen des Umzugs nach X beendet werden müssen. Der Umzug sei erfolgt, weil die L Wohnung zu klein gewesen und die Wohnungssuche in L erfolglos geblieben sei. Bis zu seinem Umzug sei der Antragsteller zu 1) überdies freier Mitarbeiter der Caritas gewesen. Hieraus habe er monatlich 160,00 Euro erzielt. Bei der J Transporte UG sei der Antragsteller zu 1) seit dem 01.10.2017 beschäftigt gewesen. Ein Arbeitsvertrag sei erst am 15.11.2017 übergeben worden. Die Anmeldung bei der IKK classic sei zum 01.10.2017 erfolgt. Die Arbeitszeit ergebe sich aus der vorliegenden Abrechnung. Sie habe im Oktober 2017 54 Stunden, die an 21,67 Tagen abgeleistet worden seien, betragen. Die Antragsteller legten zwischen dem Antragsteller zu 1) und dessen Prozessbevollmächtigten sowie dem Caritasverband für die Stadt L e.V. geschlossene Arbeitsverträge vor. Letzterer ist vom 15.06.2017 bis 30.03.2019 geschlossen, bezeichnet die Tätigkeit des Antragstellers zu 1) als Kulturmittler und das vereinbarte Entgelt mit 20,00 Euro je Stunde. Die Tätigkeit war auf maximal 160 Stunden, die der Antragsteller zu 1) frei legen konnte, begrenzt.

Der Antragsgegner nahm im Wesentlichen Bezug auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides und führte ergänzend aus, der Antragsteller zu 1) halte sich seit dem 01.12.2015 in der Bundesrepublik auf, für die Antragsteller zu 2) - 4) seien Meldedaten erst ab dem 14.08.2017 erfasst. Im Antrag auf Elterngeld habe der Antragsteller zu 1) angegeben, seit dem 01.10.2017 ca. 20 Stunden/Woche zu arbeiten und hierfür 500,00 Euro zu erhalten. Der Antragsteller zu 1) sei weder Arbeitnehmer noch habe er seine Anstellung bei seinen Prozessbevollmächtigten unfreiwillig verloren. Das Beschäftigungsverhältnis bei der T Personal Dienstleistungen S GmbH sei nur einen Monat in einem Umfang von nur 14,5 Stunden ausgeübt worden und damit als völlig untergeordnet und unwesentlich zu bewerten. Ausgehend von seinen Angaben im Elterngeldantrag betrage der Stundenlohn bei der J Transporte GmbH durchschnittlich 5,77 Euro. Insgesamt sei insoweit nicht von einem ordentlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2017 wies der Antragsgegner den Widerspruch der Antragsteller als unbegründet zurück.

Mit Beschluss vom 19.12.2017 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern vorläufig die Regelleistung bzw. das Sozialgeld vom 11.12.2017 bis einschließlich 31.01.2018 in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung des von der Bedarfsgemeinschaft erzielten Einkommens zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes seien hinsichtlich eines Anspruchs auf Gewährung der Regelleistung bzw. von Sozialgeld glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Frage, ob ein Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorliege oder ob beim Antragsteller zu 1) ein Arbeitnehmerstatus bestehe, gehe das Gericht im Hinblick auf die Ausführungen der Antragsteller davon aus, dass der Arbeitnehmerstatus im Rahmen der einstweiligen Anordnung hinreichend glaubhaft gemacht sei. Dass das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma J Transporte UG seit dem 01.10.2017 bestehe, sei insbesondere auch durch die mit der Antragsschrift übersandte Versicherungsmitteilung der IKK classic vom 07.12.2017 glaubhaft gemacht. Die Auszahlung des Arbeitslohnes für den Monat Oktober sei durch entsprechende Quittung glaubhaft gemacht. Soweit im Übrigen ab November der Lohn am 25. des Folgemonats überwiesen werden solle, sei im Rahmen des Hauptsacheverfahrens durch Vorlage der Kontoauszüge zu klären, ob das Gehalt entsprechend überwiesen worden sei, wie auch weitere Sachverhaltsermittlungen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten blieben. Hinsichtlich des Antrags auf Gewährung der Unterkunftskosten habe der Antrag keinen Erfolg. Insoweit sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Dies gelte sowohl im Hinblick auf laufende Unterkunftskosten ab Antragstellung bei Gericht am 11.12.2017 als auch auf rückwirkende Gewährung von Unterkunftskosten, sei es als "Nachholbedarf" oder als Mietschulden. Nach dem Vorbringen der Antragsteller habe ein Bruder bislang auf Darlehensbasis die Unterkunftskosten übernommen, so dass derzeit keine Wohnungslosigkeit drohe. Es lägen deshalb offenbar nicht einmal die Voraussetzungen für eine fristgerechte bzw. fristlose Kündigung vor, da die Miete offenbar mit Hilfe des Darlehens bezahlt worden sei. Insoweit komme es auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur Eilbedürftigkeit betreffend die Unterkunftskosten im Rahmen von einstweiligen Anordnungsverfahren nicht an. Selbst wenn danach eine solche vor Erhebung der Räumungsklage bereits angenommen bzw. für möglich gehalten werde, sei die Kammer der Auffassung, dass jedenfalls in den Fällen, in denen keine Mietrückstände bestünden, eine Übernahme von Unterkunftskosten im Eilverfahren nicht in Betracht komme.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner am 20.12.2017 Beschwerde bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt und die Aussetzung der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung beantragt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, es fehle vorliegend an einem Anordnungsanspruch. Die Angaben der Antragsteller hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses bei der J Transporte UG seien widersprüchlich. Die Angeben auf der Verdienstbescheinigung stimmten nicht mit den Angaben des Antragstellers zu 1) auf seinem Elterngeldantrag überein. Der Inhaber der Arbeitgeberin sei selbst im Leistungsbezug und habe die Arbeitsaufnahme des Antragstellers zu 1) nicht bei dem Antragsgegner angezeigt. Insgesamt könne nicht von einem ordentlichen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden. Auch ein Anordnungsgrund bestehe nicht. Monatlichen Regelleistungen in Höhe von 1.210,00 Euro stünden monatliche Einnahmen in Höhe von 417,02 Euro aus Erwerbstätigkeit, Kindergeld in Höhe von 2x 192,00 Euro (in 2017) bzw. 194,00 Euro (in 2018) gegenüber. Darüber hinaus sei Elterngeld beantragt. Insoweit bestehe keine wesentliche Unterdeckung. Die Datumsabweichung zwischen dem Vortrag der Antragsteller über die Auszahlung des Novemberverdienstes am 21.12.2017 und der quittierten Auszahlung am 20.12.2017 bestätige, dass ein Beweiswert der Bestätigung nicht gegeben sei. Die Empfangsbestätigung des Antragstellers zu 1) stelle keinen Beweis für die tatsächliche Zahlung des Arbeitgebers dar. Hierfür bedürfe es einer von beiden Seiten unterzeichneten Quittung. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller, dass dieser den Antragsteller zu 1) zu dessen Arbeitgeber begleitet und der Auszahlung beigewohnt habe, erscheine fragwürdig. Es sei vorliegend auch unklar, ob das Beschäftigungsverhältnis mit der J Transporte UG unfreiwillig beendet worden sei, da es an einem Kündigungsschreiben oder einer Schilderung der Umstände, die zur Beendigung geführt haben, mangele. Überdies habe sich der Antragsteller zu 1) nicht unverzüglich am 05.12.2017 arbeitslos gemeldet. Für die Arbeitsleistung im Oktober und November 2017 lägen Stundennachweise nicht vor. Ebenso lägen Nachweise über die Zuflüsse des Verdienstes und die Kündigung der Caritas nicht vor. Soweit ein Arbeitsvertrag mit der T Personal Dienstleistungen S GmbH vorgelegt werde, sei dieser nur vom Arbeitgeber unterzeichnet, weshalb er nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen sei. Die darin vereinbarte Stundenzahl von acht je Monat stelle sich als völlig untergeordnet dar. Soweit Kosten der Unterkunft für Januar 2018 streitgegenständlich seien, liege mangels rechtshängiger Räumungsklage kein Anordnungsgrund vor.

Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 abzuändern, den Antrag der Antragsteller abzulehnen und die Beschwerde der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen und die Antragsgegnerin unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu verpflichten, den Antragstellern auch Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Die Antragsteller nehmen Bezug auf eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zu 1) vom 10.01.2018, wonach er auch das Entgelt für November in bar erhalten habe. Kindergeld werde derzeit nicht bezogen; der Antrag sei nach einer Auskunft der Familienkasse noch nicht bearbeitet. Auch Elterngeld werde nicht bezogen. Bei der Firma T habe er gerne weiterarbeiten wollen, es habe jedoch keine Aufträge gegeben. Aktuell solle er sich dort wieder vorstellen. Die Tätigkeit als Zusteller habe er nicht mehr inne. Es sei zu Problemen mit dem Zustellfahrzeug gekommen. Auch habe er nicht alle nötigen Fahrzeugunterlagen von seinem Arbeitgeber erhalten, was zu Schwierigkeiten mit dem Ordnungsamt geführt habe. Die Arbeit sei dort unregelmäßig, mal an drei, oft an zwei Tagen die Woche stundenweise erfolgt. Er habe Post zwischen dem Postzentrum in Hahn und Verteilkästen vor Ort transportiert. Bis auf eine Monatsmiete habe die Miete nicht mehr gezahlt werden können; der Vermieter habe bereits mit fristloser Kündigung gedroht. Ergänzend führen die Antragsteller aus, es seien zwischenzeitlich drei Mieten offen. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis der Vermieter die Kündigung ausspreche. Die Antragsteller haben eine Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge des Antragstellers 1) für November 2017 über 500,00 Euro (brutto), die den handschriftlichen unterschriebenen Zusatz "Betrag Bar Erhalten am 20/12/2017. Wegen Feiertagen. 20/12/17 X" und die statistische Angabe "Anw.Std. 54,00" trägt, vorgelegt. Hierzu führen sie aus, die Auszahlung sei tatsächlich am 21.12.2017 erfolgt; dabei sei der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller anwesend gewesen. Die Antragsteller haben ferner Abrechnungen der Brutto/Netto-Bezüge des Antragstellers 1) für Mai 2017 bis Juli 2017 über jeweils 160,00 Euro (brutto) sowie für August 2017 über 48,00 Euro (brutto), Meldebescheinigungen vom 17.05.2017 und 21.08.2017 sowie Kontoauszüge, aus denen sich die Auszahlung der von Mai 2017 bis August 2017 durch seine Prozessbevollmächtigten und den Caritasverband L e.V. gezahlten Entgelte ergibt, vorgelegt. Sie haben überdies einen den Antragsteller zu 1) betreffenden Arbeitsvertrag mit der T Personal Dienstleistungen S GmbH vom 23.01.2018 vorgelegt, wonach der Antragsteller zu 1) dort vom 02.01.2018 bis zum 29.03.2018 als Gebäudereiniger für 9,23 Euro Stundenlohn an 8 Stunden im Monat tätig sein solle. Der erste Einsatz habe am 24.01.2018 von 17:00 bis 23:00 Uhr stattgefunden. Weitere Einsätze seien geplant. Die Antragsteller haben eine Meldebescheinigung vom 25.01.2018 sowie eine E-Mail der T Personal Dienstleistungen S GmbH vom 30.01.2018, wonach der Arbeitsvertrag auf 450,00 Euro-Basis geschlossen sei, eine Mindeststundenzahl von acht je Monat und ein Höchstauszahlbetrag von 450,00 Euro je Monat vereinbart sei und rechnerisch über den Höchstauszahlbetrag hinausgehende Stunden einem Zeitkonto gutgeschrieben und in Monaten mit geringerer Stundenzahl ausgezahlt würden, vorgelegt. Sie haben überdies eine Abrechnung der Brutto/Netto-Bezüge des Antragstellers 1) für Januar 2018 über 318,49 Euro (brutto) für 26,92 Arbeitsstunden, einen Kontoauszug, aus dem sich der Gehaltseingang ergibt, eine Quittung über die Mietzahlung für Dezember 2017 über 520,00 Euro vom 20.02.2018, eine Email des Vermieters der Antragsteller vom 07.03.2018, wonach ein Mietrückstand von drei Monaten bestehe und die fristlose Kündigung angedroht werde, sowie ein Kündigungsschreiben des Vermieters der Antragsteller vom 05.04.2018 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 22.01.2018 hat der Senat den Antrag des Antragstellers, die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2017 einstweilen auszusetzen, abgelehnt.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnisses treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie eines Anordnungsgrundes, d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung: BSG vom 17.04.2013 - B 9 V 1/12 R, und BSG vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B).

Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung des Verfahren in den vorläufigen Rechtsschutz führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagen des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG vom 16.05.1995 - 1 BVR 1087/91).

Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren in Anfechtungs- und Vornahmesachen dürfen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache gestützt werden (vgl. BVerfG vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12; BVerfG vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12). Soweit - wie hier - existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch hierbei weniger streng zu beurteilen und die Folgenabwägung hat unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers zu erfolgen (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; BVerfG vom 22.11.2002 - 1 BvR 1586/02). Ferner kann sich die summarische Prüfung insbesondere bei schwierigen Fragen auch auf Rechtsfragen beziehen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage 2017, § 86b Rn. 16c), wobei dann die Interessen- und Folgenabwägung stärkeres Gewicht gewinnt. Hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten nach Möglichkeiten zu verhindern (BVerfG vom 13.04.2010 - 1 BvR 216/07). Dabei ist eine weitergehende tatsächliche und rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs aus verfassungsrechtlichen Gründen dann erforderlich, wenn dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Grundrechte droht, die durch eine nachträgliche Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist, desto intensiver hat die tatsächliche und rechtliche Durchdringung der Sache bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen (vgl. BVerfG vom 06.02.2013 - 1 BvR 2366/12). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. In diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.07.2017 - L 12 AS 596/17 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.07.2017 - L 12 AS 597/17 B).

Nach diesem Maßstab ist die Verpflichtung des Antragsgegners durch das SG zu Recht erfolgt; der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gerichtet auf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Regelbedarfs nach §§ 19, 20 SGB II war zulässig und ab dem 11.12.2017 (Tag des Eingangs dieses Antrags bei dem SG) begründet. Die Antragsteller haben insofern sowohl einen Anordnungsanspruch (dazu unter a) als auch einen Anordnungsgrund (dazu unter b) glaubhaft gemacht.

a) Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II glaubhaft gemacht.

aa) Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu erfüllen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Der Antragsteller zu 1) hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Er war erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II. Anhaltspunkte für eine fehlende (gesundheitliche) Erwerbsfähigkeit liegen nicht vor. Da die Antragsteller unter Berücksichtigung ihrer Einkünfte weder über bedarfsdeckendes Einkommen noch Vermögen verfügten, waren sie auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II). Schließlich hatten sie - im streitgegenständlichen Zeitraum unstreitig - ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).

bb) Die Antragsteller sind auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, denn der Antragsteller zu 1) war jedenfalls seit dem 01.10.2017 als Arbeitnehmer leistungsberechtigt. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen sozialgerichtlichen Beschluss gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen

1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,

2. Ausländerinnen und Ausländer,

a) die kein Aufenthaltsrecht haben,

b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder

c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeit-nehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten,

und ihre Familienangehörigen,

3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durchzuführenden summarischen Prüfung kann sich der Antragsteller zu 1) jedenfalls seit dem 01.10.2017 auf ein materielles Aufenthaltsrecht stützen und ist schon deshalb nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Für den Zeitraum 01.10.2017 jedenfalls bis 21.12.2017 besteht für den Antragsteller zu 1) ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU aufgrund seiner Beschäftigung bei der J Transporte UG (dazu unter (1)). Für den Zeitraum ab 02.01.2018 besteht für den Antragsteller zu 1) ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU aufgrund seiner Beschäftigung bei der T Personal Dienstleistungen S GmbH (dazu unter (2)).

(1) In der Zeit vom 01.10.2017 jedenfalls bis zum 21.12.2017 war der Antragsteller zu 1) bei der J Transporte UG tätig. Der Senat sieht es nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung unter Abwägung der Gesamtumstände insgesamt gerade noch als glaubhaft gemacht an, dass für den Antragsteller zu 1) insoweit ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU besteht. Abzustellen ist auf den unionsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers i.S.v. Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Dieser darf nicht eng ausgelegt werden und ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Allein von einer bestimmten geringen Wochen- oder Monatsarbeitszeit oder einem nicht existenzsichernden Lohn kann noch nicht auf eine völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit geschlossen werden (EuGH vom 23.03.1982 - C-53/81; EuGH vom 14.12.1995 - C-444/93). Das wesentliche, anhand objektiver Kriterien zu bestimmende Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dabei bleiben (nur) Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Ob der Betreffende Arbeitnehmer ist, bedarf einer Gesamtbeurteilung, die anhand aller ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte zu treffen ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2018 - L 19 AS 2370/17 B ER mit Verweis auf BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R; BVerwG vom 19.04.2012 - 1 C 10/11; EuGH vom 04.02.2010 C-14/09 - Genc), u.a. der Arbeitszeit, der Höhe der Vergütung, der Ansprüche auf bezahlten Urlaub, der Geltung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, der Anwendung des Tarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag, der Zahlung von Beiträgen und gegebenenfalls der Art dieser Beiträge (LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2018 - L 19 AS 2370/17 B ER). Angesichts der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Unterlagen geht der Senat noch davon aus, dass ein tatsächliches, echtes Arbeitsverhältnis des Antragstellers zu 1) mit der J Transporte UG im dargelegten Sinne vorlag und dieses Arbeitsverhältnis auch als Arbeitsverhältnis i.S.v. Art. 45 AEUV bzw. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu verstehen ist. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen sozialgerichtlichen Beschluss gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug. Ergänzend ist auszuführen, dass der Senat trotz der geltend gemachten Bedenken des Antragsgegners im Hinblick auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vor dem Hintergrund der in Höhe von monatlich 500,00 Euro vereinbarten und glaubhaft auch tatsächlich geleisteten Bruttovergütung von einem völlig untergeordneten Arbeitsverhältnis nicht auszugehen vermag. Die gegenteiligen Ausführungen des Antragsgegners sind getragen von Vermutungen, denen sich der Senat nicht anzuschließen vermag. Insoweit haben die Antragsteller konkret vorgetragen und zahlreiche Unterlagen zur Akte gereicht. Im Gegensatz zum Antragsgegner hat der Senat auch keinen Anlass, an den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller zu dessen eigenen Beobachtungen zu zweifeln oder diese gar als fragwürdig anzusehen. Eine Wiederholung unter Eid, wie sie der Antragsgegner fordert, überspannt jeden Rahmen und ist nicht angezeigt. Im Gegensatz zu dem umfassenden Vortrag der Antragsteller hat der Antragsgegner, soweit dies aus der Akte ersichtlich ist, keinerlei eigene Sachverhaltsaufklärung betrieben, obgleich er zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes verpflichtet ist (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X). Er hat sich auf das Bestreiten der Arbeitnehmereigenschaft des Antragstellers zu 1) begrenzt, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Dahingegen sind die wesentlichen Aspekte der Beschäftigung dem Arbeitsvertrag, den Schilderungen des Antragstellers zu 1) und den vorgelegten Entgeltabrechnungen zu entnehmen. Der Arbeitgeber hat dem Antragsteller zu 1) Entgeltabrechnungen, die diesen als Barlohnempfänger ausweisen, ausgestellt und den Antragsteller zu 1) bei der IKK classic angemeldet. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass eine Quittung vom Zahlungsempfänger (Arbeitnehmer) zu unterschreiben und an den Schuldner (Arbeitgeber) auszuhändigen ist (§ 368 BGB); nicht umgekehrt. Anhaltspunkte dafür, dass die aus den vorgelegten Entgeltabrechnungen ersichtlichen Leistungen nicht erbracht worden sind, gibt es nicht. Nicht vollständig aufgeklärt werden konnte, unter welchen Umständen es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gekommen ist. Dies bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Annahme eines Beschäftigungsendes vor dem 21.12.2017 steht jedoch der glaubhafte Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller entgegen. Offen bleiben muss insoweit auch, ob der Antragsteller zu 1) ein Aufenthaltsrecht insoweit aus § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU ableiten kann. Darauf kommt es indes nicht an.

(2) In der Zeit ab dem 02.01.2018 jedenfalls bis zum 31.01.2018 war der Antragsteller zu 1) bei der T Personal Dienstleistungen S GmbH tätig. Der Senat sieht es nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung unter Abwägung der Gesamtumstände als glaubhaft gemacht an, dass für den Antragsteller zu 1) insoweit ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU besteht. Angesichts der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Unterlagen geht der Senat davon aus, dass ein tatsächliches, echtes Arbeitsverhältnis des Antragstellers zu 1) mit der T Personal Dienstleistungen S GmbH im dargelegten Sinne vorlag und dieses Arbeitsverhältnis auch als Arbeitsverhältnis i.S.v. Art. 45 AEUV bzw. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu verstehen ist. Auch insoweit vermag der Senat den geltend gemachten Bedenken des Antragsgegners nicht zu folgen. Der Senat hat vor dem Hintergrund der vorgelegten Unterlagen, insbesondere des vorgelegten Arbeitsvertrages, der Meldebescheinigung, Entgeltabrechnung und der Email der T Personal Dienstleistungen S GmbH an den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller an dem Vorliegen eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses keinen Zweifel. Auch insoweit sind die gegenteiligen Ausführungen des Antragsgegners getragen von Vermutungen, ohne dass diese durch glaubhaft gemachten Tatsachenvortrag des Antragsgegners untermauert würden. Im Gegensatz dazu haben die Antragsteller konkret vorgetragen und zahlreiche Unterlagen zur Akte gereicht.

b) Der erforderliche Anordnungsgrund betreffend den Regelbedarf der Antragsteller (§§ 20, 23 Nr. 1 SGB II) ergibt sich aus dem glaubhaft gemachten Fehlen von Eigenmitteln. Soweit der Antragsgegner auf den Bezug von Kinder- und Elterngeld und eine insoweit unerhebliche Unterdeckung verweist, haben die Antragsteller glaubhaft gemacht, im entscheidungserheblichen Zeitraum derartige Mittel tatsächlich nicht bezogen zu haben.

2. Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie nicht begründet.

Soweit die Antragsteller die Gewährung von Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 31.12.2017 begehren, hat der Antrag keinen Erfolg. Insoweit ist jedenfalls ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen sozialgerichtlichen Beschluss gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug. Ergänzend ist lediglich auf die vorgelegten Belege zu verweisen, aus denen sich die Zahlung der Monatsmieten sowohl für November 2017 als auch für Dezember 2017 ergibt.

Soweit die Antragsteller die Gewährung von Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 31.01.2018 begehren, haben sie sowohl einen Anordnungsanspruch wie auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Anordnungsgrund ergibt sich insoweit aus dem vorgelegten Schreiben des Vermieters der Antragsteller vom 05.04.2018.

In Verfahren des Eilrechtsschutzes ist zu den Kosten der Unterkunft auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Relevante Nachteile können hierbei nicht nur in einer Wohnungs- beziehungsweise Obdachlosigkeit liegen. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gibt vielmehr die Übernahme der "angemessenen" Kosten vor und dient im Zusammenwirken mit anderen Leistungen dazu, über die Verhinderung der bloßen Obdachlosigkeit hinaus das Existenzminimum sicherzustellen (vgl. BVerfG vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u.a.). Dazu gehört es, den gewählten Wohnraum in einem bestehenden sozialen Umfeld nach Möglichkeit zu erhalten (vgl. in diesem Zusammenhang BSG vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R). Daher ist bei der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund für den Eilrechtsschutz vorliegt, im Rahmen der wertenden Betrachtung zu berücksichtigen, welche negativen Folgen finanzieller, sozialer, gesundheitlicher oder sonstiger Art ein Verlust gerade der konkreten Wohnung für die Betroffenen hätte (BVerfG vom 01.08.2017 - 1 BvR 1910/12).

Die Gefahr solcher negativer Folgen hält der Senat bei einem drohenden Wohnungsverlust - die Antragsteller haben insoweit glaubhaft vorgetragen, dass ihnen infolge des Ausbleibens von Leistungen seit Januar 2018 eine Mietzahlung für die Wohnung nicht möglich war und deshalb eine fristlose Kündigung ausgesprochen ist - für gegeben. Soweit der Antragsgegner auf das Fehlen einer rechtshängigen Räumungsklage verweist und damit das Fehlen eines Anordnungsgrundes verneint, vermag sich der Senat dieser Ansicht nicht anzuschließen. Mit Beschluss vom 01.08.2017 (1 BvR 1910/12) hat das BVerfG klargestellt, dass in Verfahren des Eilrechtsschutzes zu den Kosten der Unterkunft nicht allein schematisch auf die Erhebung der Räumungsklage abgestellt werden darf, sondern zu prüfen ist, welche Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Es ist den Antragstellern nicht zuzumuten, eine Räumungsklage abzuwarten und auf die nachfolgende Beseitigung der Kündigung zu hoffen. Unabhängig davon, dass der Verlust einer Wohnung immer Nachteile mit sich bringt, haben die Antragsteller vorliegend auch besondere negative Folgen, die im konkreten Einzelfall drohen, glaubhaft gemacht. Der Bedarfsgemeinschaft gehören mit den am 31.01.2015 und am 21.03.2017 geborenen Antragstellern zu 3) und 4) zwei Kleinkinder an, für die der Verlust der Wohnung erhebliche negative Folgen sozialer und gesundheitlicher Art mit sich brächte. Daneben haben die Antragsteller glaubhaft gemacht, dass ihnen überdies negative Folgen sozialer Art insoweit drohten, als sie im Falle des Wohnungsverlustes Gefahr liefen, ihr soziales Umfeld, welches im Wesentlichen aus der Familie des Antragstellers zu 1) bestehe, zu verlieren. Zweifeln an der Ernsthaftigkeit eines Mietzinsverlangens fehlen vorliegend ebenso, wie Anhalte dazu, dass das Mietverhältnis trotz Zusprechens der Leistungen nicht erhalten werden kann und es daher nur noch darum geht, Ansprüche des Vermieters zu sichern. Auch sind belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die vertraglichen Pflichten der Antragsteller während der Nichtzahlung von Leistungen zur Deckung des Unterkunftsbedarfs gestundet wären, nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved