L 31 AS 1607/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 103 AS 20989/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 1607/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 232/18 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine wirtschaftlich und rechtlich wertlose Rechtsstellung stellt kein Vermögen i. S. d. § 12 SGB II dar.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Rückforderung des Beklagten für den Zeitraum 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 wegen einer erst nachträglich angezeigten Verwertung einer Eigentumswohnung.

Der 1975 geborene Kläger ist von Beruf Reiseverkehrskaufmann und war bis Herbst 2008 selbstständig tätig. Am 19. Juli 2010 beantragte er erstmals beim Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Zur Begründung gab er unter anderem an, er sei seit knapp 17 Monaten arbeitslos und ohne Einkommen. Seit September 2009 verweigere ihm seine private Krankenversicherung den Versicherungsschutz. Sein Vater sei ein hoffnungsloser Krebspatient, den er zu Hause intensiv pflege. Nun solle auch noch sein Eigenheim versteigert werden, da er das Annuitätendarlehen nicht mehr bedienen könne. Er sei bereits bei allen verbliebenen Freunden verschuldet. Er brauche dringend Hilfe zwecks Grundsicherung seiner selbst, damit er würdevoll seinen Vater begleiten könne. Außerdem habe er seit März 2010 kein Öl mehr. Er erhalte kleine Hilfen von den Minirenten seiner Eltern, um das Nötigste zu bezahlen (Wasser, Strom, Grundsteuer). Er besitze ein Eigenheim unter der im Rubrum angegeben Adresse mit einer Gesamtgröße von 140 m² und einem Wohnflächenanteil von 120 m², von denen er selbst ca. 25 m² nutze. Es bestehe ein freies Wohnrecht für seine Eltern G und H K, das notariell bestellt worden sei. Zum Erwerb dieses Hauses hatte der Kläger am 12. Juni 2011 ein Darlehen bei der Berliner Volksbank in Höhe von 100.000,00 DM aufgenommen.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2010 hatte der Darlehensgeber, die Berliner Volksbank, die Geschäftsverbindung fristlos gekündigt und von dem Kläger einen Betrag in Höhe von 17.558,36 EUR zurückgefordert, weiter wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass das Darlehenskonto aufgelöst und der fällige Saldo auf das Kontokorrentkonto übertragen worden sei. Daraufhin hatte der Kläger dem Darlehensgeber mit Schreiben vom 16. Februar 2010 mitgeteilt, dass die Rückführung der Forderung in Höhe von 17.558,36 EUR bis zum 23. Februar 2010 leider nicht möglich sei. Der Kläger überreichte dem Beklagten einen notariellen Schenkungsvertrag vom 19. Januar 1995. Aus diesem geht hervor, dass seine Mutter ihm eine in B (Sstraße) gelegene Eigentumswohnung geschenkt hatte. In § 5 dieses Vertrages hatte sich der Kläger verpflichtet, die erworbene Eigentumswohnung zu Lebzeiten seiner Mutter nicht zu veräußern oder mit Grundpfandrechten zu belasten. In § 7 des Vertrages wurde der Mutter ein Nießbrauchsrecht für ihre Lebensdauer eingeräumt. In § 10 des Vertrags wurde zur Sicherung der Rechte der Mutter an der Eigentumswohnung eine Rückauflassungsvormerkung zu ihren Gunsten bewilligt, mit deren Wirkung sie sich ohne Beteiligung des beschenkten Klägers wieder das Eigentumsrecht an der Wohnung hätte verschaffen können.

Mit Bescheid vom 13. August 2010 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 19. Juli 2010 bis zum 31. Januar 2011 bewilligt.

Nachdem der Kläger weitere Nachweise über kalte und warme Betriebskosten eingereicht hatte, änderte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 25. März 2011 und 2. Januar 2012 den Bewilligungsbescheid und gewährte dem Kläger für die hier streitigen Monate Leistungen in Höhe von 566,42 EUR (Dezember 2010) bzw. 650,78 EUR (Januar 2011).

Am 4. Oktober 2010 verstarb der Vater des Klägers. Das Erbe schlug der Kläger am 8. November 2010 wegen einer befürchteten Überschuldung des Nachlasses aus.

Mit Schreiben vom 27. März 2012 forderte der Beklagte den Kläger zu einer Stellungnahme im Hinblick auf die Eigentumswohnung in der Sstraße auf. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 15. April 2012 mit, er habe bereits bei seiner Beantragung der Leistungen nach dem SGB II angegeben, dass er von seiner Mutter 1995 die Eigentumswohnung in der Sstraße geschenkt bekommen habe. Im Schenkungsvertrag sei ein Nießbrauchsrecht seiner Mutter eingetragen gewesen sowie eine Rückauflassungsvormerkung. Der Sachbearbeiter habe damals die Unterlagen kopiert und nach genauerer Prüfung darauf verwiesen, dass aufgrund des Nießbrauchsrecht seiner Mutter die Wohnung nicht zu seinem Vermögen zählen würde und somit nicht relevant für die Arbeitsagentur sei, solange seine Mutter lebe. Seine Mutter habe dann im Oktober 2010 von ihrem vertraglichen Recht Gebrauch gemacht, die Wohnung sei veräußert worden und der Verkaufserlös direkt an seine Mutter geflossen. Die Wohnung habe verkauft werden müssen, da sein Vater gerade gestorben gewesen sei und seine Mutter nicht gewusst habe, wie sie die Beerdigung sonst hätte bezahlen können. Er habe zu keinem Moment Gewalt über den Betrag aus dem Verkauf gehabt.

Mit weiterem Schreiben vom 20. Mai 2012 führte der Kläger aus, die Eigentumswohnung sei am 14. Oktober 2010 zu einem Kaufpreis von 33.000 EUR verkauft worden. Der Verkauf habe im beidseitigen Einverständnis stattfinden müssen. Er hätte die Eigentumswohnung ohne die Zustimmung seiner Mutter nicht verkaufen können. Da ihr die finanziellen Mittel für die Bestattungskosten seines Vaters gefehlt hätten, habe man sich auf einen schnellen Notverkauf geeinigt. Auch die Zeit und das Geld für eine notarielle Rückübertragung habe gefehlt. Der gesamte Kaufpreis sei seiner Mutter überwiesen worden. Die Mieteinnahmen seien ausschließlich seiner Mutter zugeflossen (Nießbrauch). Als Anlage übersandte er den notariellen Kaufvertrag vom 14. Oktober 2010. Aus diesem ergab sich, dass der Käufer einen Betrag in Höhe von 5000 EUR innerhalb von 5 Banktagen direkt an die Mutter des Klägers zu zahlen habe und einen Betrag in Höhe von 28.000 EUR bis zum 30. November 2010 auf ein Notaranderkonto.

Entsprechend dem notariellen Kaufvertrag überwies der Käufer der Mutter des Klägers am 15. Oktober 2010 einen Betrag in Höhe von 5000 EUR und der Notar am 3. Dezember 2010 ebenfalls auf das Konto der Mutter einen Betrag in Höhe von 28.000 EUR.

Die Mutter des Klägers überwies diesem am 16. Dezember 2010 10.000 EUR, am 22. Dezember 2010 5000 EUR und am 1. Februar 2011 2078,48 EUR, mithin insgesamt einen Betrag in Höhe von 17.078,48 EUR, der dem Saldo des bei der Berliner Volksbank auf den Namen des Klägers laufenden Kontokorrentkontos entsprach. Die B V teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 16. Februar 2011 mit, dass die Restforderung ausgeglichen sei.

Mit Schreiben vom 27. Juli 2012 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufhebung der Leistungsgewährung für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. Januar 2011 an.

Daraufhin erklärte die Mutter des Klägers, der gesamte Verkaufserlös aus dem Verkauf der Eigentumswohnung in Höhe von 33.000 EUR sei ihr zugeflossen. Sie habe die Wohnung veräußern müssen, damit sie die Beerdigungskosten ihres Mannes habe begleichen können. Ohne ihre Einwilligung hätte der Kläger die Wohnung nicht verkaufen können. Sie habe dem nur unter der Voraussetzung zugestimmt, dass sie den gesamten Erlös aus dem Verkauf erhalte.

Auch der Kläger führte mit Schreiben vom 10. August 2012 aus, der gesamte Verkaufserlös sei seiner Mutter zugeflossen. Er habe erst in dieser Woche erfahren, dass seine Mutter seine Schulden bei der B V beglichen habe.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2013 hörte der Beklagte den Kläger erneut zu einer beabsichtigten Aufhebung der Leistungsgewährung für die Zeit vom 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 an und hob schließlich mit Bescheid vom 27. Mai 2013 die Bewilligungsbescheide vom 13. August 2010, 25. März 2011 und 2. Januar 2012 für die Zeit vom 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X ganz auf und forderte die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 1217,51 EUR. Zur Begründung führte der Beklagte unter anderem aus, nach dem Verkauf der Eigentumswohnung habe der Kläger über Vermögenswerte in Höhe von 33.000 EUR verfügt. Nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge verbleibe ein anzurechnendes Vermögen in Höhe von 27.000 EUR, das dem Kläger am 3. Dezember 2010 zur Verfügung gestanden habe und daher ab diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sei. Mit den nachgewiesenen Vermögensverhältnissen sei der Kläger nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht mehr bestanden habe. Er habe auch die Pflicht zur Mitteilung dieser Änderung der Verhältnisse zumindest grob fahrlässig verletzt, sodass die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gegeben seien. Darüber hinaus habe der Kläger auch gewusst bzw. hätte er wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch nach Verwertung der Eigentumswohnung zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei, sodass auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X gegeben seien.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. August 2013 den Bescheid vom 27. Mai 2013 mit der Maßgabe, dass der Bescheid vom 13. August 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. März 2011 und 2. Januar 2012 für die Zeit vom 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 in Höhe von 1217,51 EUR gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ganz zurückgenommen werde, wobei von dem Widerspruchsführer für diesen Zeitraum insgesamt 1217,51 EUR gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten seien und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Berlin trug der Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2014 unter anderem vor, er sei zwar Eigentümer der verkauften Wohnung gewesen, jedoch habe er diese nicht lastenfrei veräußern können. Im Grundbuch sei für seine Mutter sowohl eine Rückauflassungsvormerkung als auch ein Nießbrauchrecht eingetragen gewesen. Als die Familie nach dem Tod des Vaters in eine derart schwierige finanzielle Notlage geraten sei, dass nicht einmal ausreichend Mittel zur Finanzierung der Beerdigung des Vaters zur Verfügung gestanden hätten, sei nur noch der Verkauf der Wohnung in Frage gekommen, um diese Notlage zu beheben. Er habe jedoch nicht verkaufen können, bevor nicht seine Mutter in die Löschung ihrer im Grundbuch stehenden Rechte eingewilligt habe. Diese habe nur unter der Bedingung, dass der Verkaufserlös nicht ihm, sondern ihr zufließen solle, zugestimmt. In diesem Fall hätte seine Mutter nämlich von ihrem Recht der Rückauflassung Gebrauch machen und den ihr daraus entstandenen Schaden gegen ihn geltend machen können. Dies gehe auch aus dem notariell beglaubigten Kaufvertrag über die Wohnung vom 14. Oktober 2010 hervor. Dort heiße es in § 5, dass schon der Teilkaufpreis in Höhe von 5000 EUR nicht auf sein Konto, sondern auf das Konto seiner Mutter fließen solle. So habe und sei auch mit der restlichen Kaufpreisforderung verfahren worden. Die Forderung der Mutter auf Auszahlung des Kaufpreises der Wohnung sei sofort mit Zahlungseingang auf das Notaranderkonto fällig gewesen. Aus dem Erlös der Verwertung der Eigentumswohnung ergebe sich zunächst nach § 12 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 33.000 EUR hiervon sei der Grundfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II abzusetzen. Zwar könnten Schulden nur dann berücksichtigt werden, wenn sie aus rechtlichen oder zwingenden Gründen aus dem Erlös vor der Deckung des Bedarfs getilgt werden müssten, zum Beispiel die Tilgung einer Hypothek aus dem Verkaufserlös eines Grundstücks (LSG Bayern, Urteil vom 15. März 2007, L 7 AS 220/06). Die hiesige Rechtslage sei mit der einer bestehenden Hypothek vergleichbar. Sei eine Immobilie mit einer Hypothek belastet, so könne der Käufer die Immobilie nicht lastenfrei erwerben, solange die mit der Hypothek gesicherte Forderung nicht beglichen und die Hypothek gelöscht sei. Für eine bestehende Rückauflassungsvormerkung, die das Eigentum stärker belaste als eine Hypothek, müsse dies erst recht gelten. Während die Hypothek sich streng akzessorisch zur Forderung verhalte und derjenige der Grundeigentum erwerbe durch Begleichen der Forderung die Löschung der Hypothek auch selbst bewirken könne, hänge bei einer eingetragenen Rückauflassungsvormerkung der dauerhafte Eigentumserwerb davon ab, ob derjenige, zu dessen Gunsten sie eingetragen sei, der Löschung zustimme oder nicht. Zu dem Zeitpunkt, zu dem er Leistungen nach dem SGB II beantragt habe, habe er tatsächlich über keinerlei Vermögen verfügt und sei hilfebedürftig gewesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2015 hat der Kläger unter anderem ausgeführt, die Eigentumswohnung in der Sstraße sei vermietet gewesen. Die Miete sei stets an seine Mutter geflossen. Er habe mit der Verwaltung der Wohnung nichts zu tun gehabt, sei insbesondere auch nie auf einer Eigentümerversammlung gewesen. Seine Mutter habe wohl eine Warmmiete mit dem Mieter vereinbart gehabt, über Betriebskosten sei seines Wissens nie abgerechnet worden.

Die anschließend als Zeugin vernommene Mutter des Klägers führte aus, sie sei in den fünfziger Jahren in die Wohnung in der S gezogen und habe dort bis zu ihrer Heirat im Jahr 1975 gewohnt. Bis 1985 habe ihre Mutter dort gewohnt, bis diese verstorben sei. Als Alleinerbin habe sie die Wohnung dann vermietet. Zuletzt habe ca. 8 Jahre ein Mieter dort gewohnt, der Leistungen vom Jobcenter bekommen habe. Die Miete habe ungefähr 350 EUR monatlich betragen. Die Verwaltung der Wohnung habe sie erledigt bzw. die Hausverwaltung.

Mit Urteil vom 25. Juni 2015 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung unter anderem ausgeführt, hinsichtlich der Aufhebung des Bescheides vom 13. August 2010 sei die Aufhebungsentscheidung an § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III zu messen. Danach sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, wenn in den bei seinem Erlass vorliegenden Verhältnissen eine wesentliche tatsächliche oder rechtliche Änderung eingetreten sei und der Betroffene einer durch Rechtsvorschriften vorgeschriebenen Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei oder der Betroffene wusste oder hätte wissen müssen, dass der Anspruch ganz oder teilweise weggefallen sei.

Soweit die Änderungsbescheide vom 25. März 2011 und 2. Januar 2012 aufgehoben worden seien, sei Rechtsgrundlage für den Aufhebungsbescheid § 45 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 SGB III. Danach sei ein begünstigender, rechtswidriger Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig sei, weil er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt habe oder weil der Verwaltungsakt auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe oder weil der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt habe oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Grobe Fahrlässigkeit liege vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe. Gemessen an diesen Rechtsgrundlagen, die aufgrund gleich bleibenden Verfügungssatzes und vergleichbarer Voraussetzungen austauschbar seien (vergleiche hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 89/12 R, Rn. 29 mit weiteren Nachweisen), sei die Aufhebung der Bescheide nicht zu beanstanden.

Der Verkauf der bei Antragstellung zwar schon im Vermögen des Klägers stehenden, aber noch unverwertbaren Eigentumswohnung stelle eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen dar, die der Kläger hätte mitteilen müssen. Das nunmehr verwertbare Vermögen habe zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit geführt. Die dadurch begründete Fehlerhaftigkeit des ersten und der danach folgenden Bewilligungsbescheide hätte dem Kläger nur dann verborgen bleiben können, wenn er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe.

Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II sei hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Als Vermögen seien gemäß § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Zur Überzeugung des Gerichts und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätten dem Kläger mit dem Verkauf der Eigentumswohnung am 14. Oktober 2010 verwertbares Vermögen zumindest in Höhe von 17.078,00 EUR zur Verfügung gestanden.

Angesichts eines nach § 12 Abs. 2 SGB II zu berechnenden Freibetrages von 5850 EUR bzw. nach dem 35. Geburtstag des Klägers von 6000 EUR sei die Hilfebedürftigkeit des Klägers damit für den vorliegend umstrittenen Zeitraum aufgehoben gewesen.

Unstrittig sei der Kläger Eigentümer der Eigentumswohnung in der Sstraße gewesen. Ohne sein Betreiben habe ein Verkauf der Wohnung nicht erfolgen können. Der Verkaufserlös habe nach den Eigentumsverhältnissen ihm allein zugestanden. Der von ihm behauptete Umstand, dass der gesamte Verkaufserlös seiner Mutter als Gegenleistung für deren Einwilligung in die Löschung des ihr eingeräumten Nießbrauchs zugestanden habe, sei demgegenüber zumindest nicht erweislich. Die Nichterweislichkeit dieser entscheidungserheblichen Tatsache gehe zulasten des Klägers, der sich hierauf berufen habe. Eine schriftliche Vereinbarung über die behauptete Abmachung mit der Mutter, die erheblichen Beweiswert besitzen könnte, gebe es nicht. Der äußere Geschehensablauf spreche gegen die Behauptung des Klägers, dass ihm der Verkaufserlös nicht zugestanden habe. Weniger als 3 Monate nach Verkauf der Wohnung sei ihm nämlich - wenn auch über den Umweg des Kontos der Mutter - mit einem Betrag von rund 17.000 EUR annähernd die Hälfte des Kaufpreises zugeflossen. Viel spreche nach Auffassung des Gerichts dafür, dass eine Aufteilung des Kaufpreises in eine dem Kläger und eine der Mutter zustehende Hälfte auch Grundlage der entgegen der klägerischen Behauptung tatsächlich geschlossenen Vereinbarung gewesen sei. Während das Überlassen des vollen Erlöses an die Mutter die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse gänzlich ignoriert hätte, erscheine die Halbierung des Erlöses als nahe liegender, sachgerechter Ausgleich für die der Mutter eingeräumten Rechte an der Wohnung auf der einen Seite und das Eigentumsrecht des Klägers auf der anderen Seite. Die anderslautende Behauptung des Klägers sei nicht glaubhaft. Während der Kläger noch in der Klageschrift und der ersten mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2015 vorgetragen habe, die Wohnung sei insbesondere deshalb verkauft worden, um nach dem Tod des Vaters das Geld für die Beerdigungskosten aufzubringen, habe die als Zeugin gehörte Mutter ausgesagt, dass hierfür nur 2000 EUR der 33.000 EUR vom Verkaufserlös verwandt worden seien. Der weitaus größere Teil sei in die Tilgung der Schulden des Klägers geflossen. Diese Schulden seien zur Überzeugung des Gerichts und damit, anders als vom Kläger dargestellt, der wesentliche Grund für den Verkauf der Wohnung gewesen. Sie seien - wie die Mutter in ihrer Aussage eindrucksvoll bestätigt habe - seit ungefähr Anfang 2010 abgesehen von der unheilvollen Krankheit des Vaters das beherrschende Thema zwischen Mutter und Sohn gewesen. Bereits im Februar 2010 habe der Kläger seine Bank darauf hingewiesen, dass seine Mutter grundsätzlich bereit sei, seine Schulden durch Verkauf ihres Hauses an der Ostsee zu tilgen, was dann letztendlich doch nicht geschehen sei. Der entsprechende Schriftverkehr mit der Bank belege jedoch, dass der Kläger und seine Mutter bereits Monate vor dem Verkauf der Eigentumswohnung gemeinsam über eine Lösung seiner Schuldenproblematik nachgedacht hätten und dass der Kläger von der Bereitschaft seiner Mutter, ihn hierbei zu unterstützen, gewusst habe. Unglaubhaft sei vor diesem Hintergrund seine Einlassung, er habe überhaupt erst durch die Nachfrage des Beklagten im Frühjahr 2012 realisiert, dass seine Mutter das Geld zur Schuldentilgung überwiesen habe. Ins Bild eines einvernehmlich geplanten Verkaufs der Wohnung zur Tilgung der Schulden passe hingegen, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten und dem Gericht den Zusammenhang zwischen Schulden und Wohnungsverkauf heruntergespielt und die - vom Betrag her vergleichsweise zu vernachlässigenden - Beerdigungskosten bzw. Schulden seines Vaters in den Vordergrund gerückt habe. Auch die Aussage der als Zeugin gehörten Mutter vermöge den durch den tatsächlichen Geldzufluss geschaffenen Eindruck nicht zu entkräften. Auch sie habe in ihrer Stellungnahme vom 10. August 2012 gegenüber dem Beklagten zunächst behauptet, der Wohnungsverkauf sei durch die Beerdigungskosten begründet gewesen. Im Widerspruch hierzu habe sie in der Befragung in der mündlichen Verhandlung unter anderem auf die Frage, wem der Verkaufserlös gehörte, eingeräumt: "Sie wissen doch, was da zu bezahlen war. Das mit Thomas, das lag mir auf der Seele." Ihre und auch des Klägers Behauptung, sie habe die Bedingung gestellt, dass der gesamte Verkaufserlös ihr zufließe, sei auch aus einem weiteren Grunde nicht glaubhaft. Sie widerspräche gänzlich ihrem früheren Verhalten und dem vom Kläger geschilderten guten, von "Mutterliebe" geprägten Mutter-Sohn-Verhältnis. Es sei schlicht nicht glaubhaft, dass die Mutter wenige Tage nach dem Tod des Vaters, in der Stunde größter menschlicher und angesichts der bevorstehenden Beerdigungskosten und der drückenden Schuldenlast des Klägers auch materieller Not - bezogen auf die Wohnung – eine hundertprozentige Entrechtung ihres Sohnes zur Bedingung für die Zustimmung zum Verkauf gemacht habe, obwohl sie dem Kläger die Wohnung doch einst geschenkt habe, um ihn zu begünstigen, und obwohl sie sich - ausweislich des klägerischen Schreibens an seine Bank vom 16. Februar 2010 noch Anfang 2010 bereit erklärt hatte, zur Schuldentilgung sogar ihr eigenes Haus an der Ostsee zu verkaufen. Sei somit zumindest nicht belegt, dass der Verkaufserlös allein der Zeugin zugestanden habe, sei angesichts der Eigentumsverhältnisse davon auszugehen, dass er jedenfalls in dem Maße, wie er dem Kläger letztendlich zugeflossen sei, ihm zugestanden habe und er darüber auch habe verfügen können. Sein Vortrag, er habe auf den Kauferlös keinerlei Zugriffsmöglichkeit gehabt, sei nicht erweislich und auch nicht glaubhaft. Vielmehr sei der gewählte Weg, also Überweisung des Kaufpreises auf das Konto der Mutter und von dort aus deren explizite Schuldentilgung, angesichts des Leistungsbezugs des Klägers der einzig gangbare, um das Ziel - Lösung der belastenden Schuldenproblematik - zu erreichen. Dass der Kläger den Fluss des Verkaufserlöses nicht habe beeinflussen können, sei nicht überzeugend erwiesen. Auch nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck vom Kläger habe das Gericht keinen Zweifel daran, dass die Nichtanzeige dieser Vorgänge zumindest auf grober Fahrlässigkeit des Klägers beruht habe. Seine insoweit vorgetragene Gutgläubigkeit sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger sei bereits von Berufs wegen als langjährig selbständiger Reiseverkehrskaufmann mit geschäftlichen Angelegenheiten in besonderem Maße erfahren gewesen. Für seine Fähigkeit, in wirtschaftlichen Zusammenhängen zu denken, spreche nicht zuletzt auch der Umstand, dass er bereits 2001 das von der Familie weiter bewohnte Haus von seinem Vater erworben habe. Dessen Nachlass bestand dann zum Zeitpunkt seines Todes nur noch aus Schulden, was den Kläger zum Ausschlagen des Erbes bewegt habe. Die Erstattungsforderung beruhe auf § 50 SGB X. Bedenken an der Berechnung seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Gegen das am 23. Juli 2015 zugestellten Urteil hat der Kläger am 1. Juli 2015 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Zur Begründung hat er zunächst auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen und darüber hinaus ausgeführt, das Sozialgericht habe nicht beachtet, dass seine Mutter in der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2015 ausgesagt habe, dass sie stets beansprucht habe, dass ihr die Verfügungsgewalt über die Eigentumswohnung obliege. Ein Einverständnis mit der Verwertung sei allein unter der Bedingung erfolgt, dass sie habe darüber entscheiden dürfen, wie der Ertrag zu verwenden sei. Diese Verfügungsgewalt sei nicht schädlich. Ebenso nicht, dass die Mutter es dann - unbestritten - für Verbindlichkeiten des Klägers verwendet habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Sachdarstellung und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 20. April 2018 bzw. 30. Mai 2018 mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Im Ergebnis zutreffend haben sowohl das Sozialgericht als auch der Beklagte festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen hatte, da er nicht hilfebedürftig gewesen ist. Anders als der Beklagte und das Sozialgericht, folgt der Senat allerdings den Ausführungen des Klägers und seiner Mutter, dass die verkaufte Eigentumswohnung dem Vermögen der Mutter zuzuordnen war, da diese durch die Verfügungsbeschränkungen betreffend den Kläger - nämlich den eingeräumten Nießbrauch, das Veräußerungsverbot und die Rückauflassungsvormerkung - bis zum Verkauf über die Wohnung wie eine Eigentümerin verfügen konnte. Der Kläger verfügte lediglich über eine wirtschaftlich und rechtlich wertlose Grundbuchposition. Damit stellen sich die Zahlungen auf das Konto des Klägers (10.000,- Euro, 5.000,- Euro und 2078, 48 Euro) aber als Schenkungen und damit für den Lebensunterhalt in den Zuflussmonaten einzusetzendes Einkommen dar.

Rechtsgrundlage des Erstattungsbescheides vom 27. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2013, mit denen der Bescheid vom 13. August 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25. März 2011 und 2. Januar 2012 für die Zeit vom 3. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 aufgehoben worden ist, ist § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Denn der die vorangegangenen Bescheide für den streitigen Zeitraum ersetzende Bescheid vom 2. Januar 2012 war wegen der Schenkungen im Dezember 2010 von Anfang an rechtswidrig. Einer Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides vom 27. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. August 2013 steht nicht entgegen, dass der Beklagte die Rücknahme im Erstattungsbescheid vom 27. März 2013 zunächst auf § 48 SGB X und erst im Widerspruchsbescheid auf § 45 SGB X gestützt hat, denn ein Austausch der Rechtsgrundlage ist in Fällen wie dem vorliegenden unproblematisch möglich, weil nach § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt wegen § 330 Abs. 2 SGB III gleichfalls ohne Ermessensübung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, weil der Kläger die Rechtswidrigkeit kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Für die Rückforderung kommt es zunächst darauf an, ob durch die Verwertung der Eigentumswohnung Einkommen (§ 11 SGB II) oder Vermögen (§ 12 SGB II) anzurechnen ist. Dabei ist Einkommen nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. nur BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 Rdnr. 23; BSGE 100, 101, 291 und Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R Rdnr. 12, zitiert nach juris). Damit ist es nicht zweifelhaft, dass die dem Kläger am 16. und 22. Dezember 2010 – also nach der Antragstellung für diesen Zeitraum – schenkungsweise von seiner Mutter zugeflossenen Beträge Einkommen darstellen.

Nicht abzustellen war hingegen auf den Verkaufserlös, da dieser vollständig der Mutter des Klägers zustand. Der Kläger hatte mit Blick auf die Eigentumswohnung, als deren Eigentümer er im Grundbuch eingetragen war, lediglich eine wirtschaftlich und rechtlich wertlose Rechtsstellung. Denn wegen der Beschränkungen aus dem Schenkungsvertrag hatte er faktisch keine Eigentümerrechte. Es war ihm untersagt, die Wohnung zu Lebzeiten der Mutter zu verkaufen. Er konnte auch keine Früchte aus der Eigentümerstellung ziehen, da der Nießbrauch der Mutter zustand. So ist die Miete für die Wohnung unzweifelhaft an die Mutter und nicht an den Kläger geflossen. Der Kläger konnte sich nicht einmal sicher sein, die Wohnung überhaupt behalten zu dürfen. Denn durch die Rückauflassungsvormerkung konnte die Mutter sich jederzeit ohne Mitwirkung des Klägers wieder in die Eigentümerstellung einsetzen. Eine solche Rechtsposition kann nicht als Vermögenswert beschrieben werden.

Damit steht fest, dass der Kläger nach Antragstellung im Bewilligungszeitraum Einkommen erzielt hat. Den Charakter als Einkommen verliert eine einmalige Einnahme nicht. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG bleibt eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme rechtlich auch über den Zuflussmonat hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Der Aggregatzustand der Einnahme verändert sich nicht durch eine neue Antragstellung. Das Einkommen mutiert nicht zu Vermögen (Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. September 2013, B 4 AS 89/12 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 22). Zu der bis zur Rechtsänderung am 31. März 2011 geltenden Rechtslage hat das Bundessozialgericht einen Verteilzeitraum von bis zu 12 Monaten als angemessen angesehen (Urteil des Bundessozialgerichts vom 10. September 2013, B 4 AS 89/12 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 23). Dieser Zeitraum ist offensichtlich eingehalten.

Der Kläger kann sich für den vorliegenden Zeitraum auch nicht darauf berufen, dass keine bereiten Mittel mehr vorgelegen hätten, da die Bank die Sollstände auf seinem Konto mit den Eingängen verrechnet habe. Die Rechtsprechung zu bereiten Mitteln gilt nur für laufende Bewilligungsabschnitte, nicht für Rückforderungen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist ein Anspruchsteller bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldentilgung zu verwenden, sondern über den Verteilzeitraum hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. In diesem Zusammenhang hat der 4. Senat des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 29/07 R, zitiert nach juris) ausgeführt, dass einer bedarfsmindernden Berücksichtigung einer Einkommensteuererstattung der Umstand nicht entgegenstehe, dass die Kläger die Steuererstattung zur Schuldentilgung verwandt hätten. In seinem Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 89/12 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 25) hat der 4. Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des 14. Senats (Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R, zitiert nach juris) verdeutlicht, dass diese Rechtsprechung (Anrechnung auf den Bedarf trotz Verbrauchs) nur für Rückforderungsfälle und nicht für laufende Fälle gilt. Denn in Rückforderungsfällen geht es gerade nicht um die Deckung eines laufenden Bedarfs, sondern nur um eine künftige Verbindlichkeit gegenüber dem Träger der Grundsicherung, von der sowieso unbekannt ist, ob sie überhaupt bedient werden kann und wenn ja wann. Anders als bei der Bewilligung für einen laufenden Abschnitt, in dem der Träger den Verbrauch wegen des Grundsatzes der "bereiten Mitteln" hinnehmen muss, weil die Existenzsicherung Vorrang hat, gilt dies bei der Entscheidung über Rückforderungen nicht. Diese Grundsätze hat das BSG im Urteil vom 12. Dezember 2013 (B 14 AS 76/12 R, zitiert nach juris) ausdrücklich bekräftigt.

Nur abschließend ist auszuführen, dass die Schenkung (zur Schenkung als einmalige Einnahme vgl. Mecke, in: Eicher Spellbrink, SGB II, Kommentar, § 11 a.F. Rdnr. 26 mit Hinweisen zur Rechtsprechung) der Mutter auch nach dem bis 31. März 2011 geltenden § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II (jetzt noch enger § 11 a Abs. 5 SGB II zu Zuwendungen Dritter, vgl. Geiger, in: LPK-SGB II, § 11 a Rdnr. 15) nicht anrechnungsfrei war. Nicht zu berücksichtigen waren danach zweckbestimmte Einnahmen die u.a. die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussten, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Danach entfiel die Anrechnung nur dann, wenn sich der Hilfebedarf durch die Zuwendung ohnehin nicht wesentlich verringert hätte (Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, Kommentar, § 11 Rdnr 82). Hier hätte sich der Bedarf nicht nur wesentlich verringert, sondern wäre entfallen, so dass eine Nichtberücksichtigung der Schenkung nicht in Betracht kommt.

Letztlich ist noch auszuführen, dass die Behauptung des Klägers, er habe von der Schenkung nichts gewusst, als Schutzbehauptung zurückzuweisen ist. Er bestreitet nicht, den Verkauf mit seiner Mutter zusammen ins Werk gesetzt zu haben, auch wenn dies rechtlich gar nicht erforderlich gewesen wäre (Rückauflassungsvormerkung). Weiter spricht gegen seine Behauptung, dass die Mutter das Soll auf dem Konto ihres Sohnes auf den Cent genau ausgeglichen hat. Dies belegt, dass Mutter und Sohn sich insoweit ausgetauscht haben.

Damit steht fest, dass die Leistungsbewilligung im hier streitigen Zeitraum von 1.217,51 Euro wegen der als Einkommen zu bewertenden Zuwendungen in Höhe von 15.000,- Euro im Monat Dezember 2010 rechtswidrig war. Dass der Bescheid erst ab dem 3. Dezember 2010 aufgehoben wurde statt zu Beginn des Bewilligungszeitraums begünstigt den Kläger nur.

Der Kläger hat auch grob fahrlässig im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X gehandelt, denn es musste ihm klar sein, dass er die Zuwendung von 15.000,- Euro dem Beklagten nicht einfach verschweigen durfte. So war er nach eigenem Vortrag bei der erstmaligen Beantragung von Leistungen darauf hingewiesen worden, dass die Wohnung nur deshalb leistungsrechtlich irrelevant sei, weil der Mutter zu diesem Zeitpunkt der Nießbrauch zugestanden habe. Dass dies auch nach einem Verkauf gelten sollte, konnte der Kläger, ohne sich dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auszusetzen, nicht annehmen.

Da die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 2 und 3 SGB X vorliegen, durften die Bewilligungsbescheide als Dauerverwaltungsakte bis zum Ablauf von 10 Jahren zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X).

Die Jahresfrist für die Rücknahme innerhalb eines Jahres nach Kenntniserlangung wurde gewahrt (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Die Jahresfrist beginnt erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens, weil der Beklagte frühestens nach Abschluss des Anhörungsverfahrens Kenntnis von allen entscheidungserheblichen Tatsachen haben kann. Hier hat die letzte Anhörung mit Schreiben vom 16. Mai 2013 stattgefunden. Aber selbst das erste Anhörungsschreiben vom 27. Juli 2012 würde die Jahresfrist bis zum Aufhebungsbescheid vom 27. Mai 2013 noch wahren.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Ein Grund zur Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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