L 10 AS 360/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 167 AS 5418/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 360/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Behörde kann einem Kostenfreistellungsanspruch eines Prozessbevollmächtigten nicht entgegenhalten, dass der Mandant ihm gegenüber die Einrede der Verjährung hätte erheben müssen.

2. Bei Tätigwerden eines Rechtsanwalts in zwei sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren, die zum einen die Aufhebung der Leistung und zum anderen die Ablehnung der Weiterbewilligung für den nachfolgenden Bewilligungszeitraum betreffen, können zwei Angelegenheiten iSv § 15 Abs 2 RVG vorliegen.
Auf die Berufung wird der Beklagte unter Aufhebung des Urteils vom 01. Dezember 2015 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 06. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 verurteilt, die Klägerin vom Vergütungsanspruch ihres Prozessbevollmächtigten für das Widerspruchsverfahren W-95504-00635/15 in Höhe von 166,60 EUR freizustellen. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten für den gesamten Rechtsstreit zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt – nach teilweiser Klagerücknahme im Berufungsverfahren – von dem Beklagten die Freistellung von den Kosten der Rechtsanwaltsvergütung für ein erfolgreich durchgeführtes Widerspruchsverfahren iHv 166,60 EUR.

Die 1982 geborene Klägerin stellte am 21. Juli 2011 den Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 01. September 2011. Dabei gab sie die Änderung ihrer Wohnanschrift ab dem 01. Juli 2011 bekannt. Durch Bescheid vom 27. Juli 2011 lehnte der Beklagte den Antrag vom 21. Juli 2011 mangels örtlicher Zuständigkeit ab. Durch weiteren Bescheid vom 27. Juli 2011 hob er die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen wegen Umzugs ohne Nennung eines Zeitpunkts auf und benannte die aus seiner Sicht zuständige Behörde. Im Rahmen ihres Antrags auf Ersteinrichtungsgeld gab die Klägerin an, dass sie derzeit im betreuten Einzelwohnen gemäß § 67 SGB Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) betreut werde. Der Prozessbevollmächtigte legte am 03. August 2011 Widerspruch gegen den ersten Ablehnungsbescheid vom 27. Juli 2011 betreffend die Ablehnung der Weiterbewilligung der Leistungen zum Geschäftszeichen 11/00532 AH ein. Des Weiteren legte er am 09. August 2011 Widerspruch gegen den zweiten Bescheid vom 27. Juli 2011 betreffend die Aufhebung der Leistungen zum Geschäftszeichen 11/00538 AH ein. Durch Bescheid vom 26. August 2011 half der Beklagte dem Widerspruch (11/00532 AH) ab und wies darauf hin, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten auf Antrag erstattet würden, soweit sie notwendig und nachgewiesen seien. Durch drei weitere Bescheide vom 26. August 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01. Juli 2011 bis 31. August 2011 sowie Leistungen für die Erstausstattung bei Schwangerschaft und Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01. September 2011 bis zum 29. Februar 2012. Durch Schreiben vom 07. September 2011 übersandte der Prozessbevollmächtigte dem Beklagten die Kostenrechnung (11/00532 AH) und forderte diesen auf, gemäß der Kostenentscheidung den Gesamtbetrag iHv 309,40 EUR zu erstatten.

Bezug nehmend auf den Widerspruch der Klägerin zum Geschäftszeichen 11/00538 AH (Aufhebung der Leistung) erließ der Beklagte am 05. Dezember 2011 einen Abhilfebescheid. Auf die Rechnung vom 24. Januar 2012 zum Geschäftszeichen 11/00538 AH (Rechnungsnummer 16/2012) in Höhe von 395,08 EUR erließ der Beklagte am 28. Januar 2015 den Kostenfestsetzungsbescheid und benannte (wohl versehentlich) das Geschäftszeichen 11/00583 AH, verwies jedoch auf die Rechnung vom 24. Januar 2012 in Höhe von 395,08 EUR.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 erinnerte der Prozessbevollmächtigte den Beklagten an die abschließende Bearbeitung des Kostenerstattungsantrags zum Geschäftszeichen 11/00532 AH.

Durch Bescheid vom 06. Januar 2015 lehnte der Beklagte den Kostenerstattungsantrag mit der Begründung ab, dass der Vergütungsanspruch des Bevollmächtigten gegenüber der Widerspruchsführerin verjährt sei und deshalb keine Kostenerstattung mehr in Betracht komme.

Den Widerspruch, den der Prozessbevollmächtigte unter Berufung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. März 2006 (V ZB 189/05) damit begründete, dass der prozessuale Kostenerstattungsanspruch aufgrund einer rechtskräftigen Kostengrundentscheidung innerhalb von 30 Jahren verjähre, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2015 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. März 2015 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin mit dem Antrag erhoben, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 06. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Sie hat sie damit begründet, dass materiell-rechtliche Einwendungen und Einreden aus dem Verhältnis Anwalt/Mandant im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen seien. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 02. Dezember 2014 (B 14 AS 60/13 R) folge, dass es irrelevant sei, ob im Innenverhältnis zwischen ihr und ihrem Prozessbevollmächtigten der Vergütungsanspruch verjährt sei.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 01. Dezember 2015 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klägerin habe gegen ihre Kostenminderungspflicht verstoßen, wonach unzweckmäßige und unnötige Aufwendungen vom Beteiligten auch dann selbst zu tragen seien, wenn es grundsätzlich zu einer Kostenerstattung komme. Diese Ansicht beruhe auf dem Vorwurf eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens und eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (Hinweis auf den Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2012, L 29 SF 552/11). Ausfluss hiervon sei der den Prinzipien des Kostenrechts immanente Grundsatz der Verfahrensverbilligung, wie er in den §§ 91 ff, 788 Zivilprozessordnung (ZPO), § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zum Ausdruck komme. Diesen Grundsatz könne zunächst der Mandant seinem Anwalt nach § 11 Abs 5 RVG entgegenhalten. Ebenso könne aber auch die unterliegende Partei gegenüber der obsiegenden Partei im Kostenfestsetzungsverfahren den Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einwenden (SG Berlin, Beschluss vom 27. Januar 2011, S 127 SF 9411/10 E). Hier könne die Klägerin gegen die Gebührenrechnung ihres Prozessbevollmächtigten vom 07. September 2011 nach Ablauf des 31. Dezember 2014 die Einrede der Verjährung erheben. Erhebe die Klägerin die Einrede nicht, bleibe der Kostenanspruch ihr gegenüber durchsetzbar. Da sich der Beklagte, der nicht Schuldner des anwaltlichen Vergütungsanspruchs sei, sich seinerseits nicht auf die Verjährung gegenüber dem Rechtsanwalt berufen könne, könne er sich angesichts dessen auf den Einwand der Kostenminderungspflicht berufen. Dieser Einwand sei auch nicht dadurch abgeschnitten, dass er untätig geblieben sei, denn insoweit sei die Klägerin durch § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinreichend geschützt. Aus dem zitierten Urteil des BSG folge nichts anderes, denn die Entscheidung treffe keine Aussage zu der relevanten Frage, ob Voraussetzung für die Kostenerstattung sei, dass der Anspruch des Rechtsanwalts im Innenverhältnis nicht verjährt sei.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und wiederholt und vertieft zur Begründung der Berufung ihr erstinstanzliches Vorbringen. Einwendungen aus dem Innenverhältnis könnten nicht von dem anspruchsverpflichteten Dritten erhoben werden. Solche Einwendungen aus dem Innenverhältnis seien die Einrede der Verjährung und der Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Die Möglichkeit des Verzichts schütze gerade den wenig bemittelten Mandanten. Der Mandant müsse sich darauf verlassen können, dass die erbrachte Leistung durch die bestandskräftige Kostengrundentscheidung abgegolten werde. Der Anspruch auf die Festsetzung sei auf 30 Jahre geschützt. Zudem liege es allein in der Hand des Beklagten, hinsichtlich der geforderten Entscheidung zu agieren. Ein Rechtsmittel, welches eine konstruierte Verjährung hemme, stehe nicht zur Verfügung. Eine Untätigkeitsklage habe diese Wirkung nicht. Zudem führe das BSG in seiner Entscheidung vom 02. Dezember 2014 (aaO) aus, dass die Vorschriften des RVG zum Schutz des Mandanten im Innenverhältnis keine Auswirkungen auf das Verfahren gegenüber der Behörde hätten. Es bedürfe für den Kostenfestsetzungsanspruch gegenüber der Behörde zB keiner vorherigen Rechnung an den Mandanten. Es könne auch stillschweigend auf die Gebühren gegenüber dem Mandanten verzichtet werden. Wenn dies schon so sei, würde es die Rechtsprechung umkehren, wenn sich die Behörden eine fiktive Verjährungseinrede aus dem Innenverhältnis über den Umweg der Grundsätze von Treu und Glauben zu eigen machen könnten. Schließlich lasse die Entscheidung des SG Berlin vom 20. August 2014 (S 204 As 14829/13) die Grundsätze des BGH (aaO) zur Festsetzung von Vergütungsansprüchen außer Betracht. Zudem greife der argumentative Vergleich in Bezug auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben nicht, da hier kein zu behebender Rechtsmissbrauch, wie zB bei konstruierten Klagehäufungen, vorliege. Der Verzicht auf die Einrede, Abtretungen, Erfüllungen oder andere Konstruktionen sei weder zu beurteilen, noch zu bewerten. Die Vermengung der Verjährungsvorschriften zwischen Kostenfestsetzungsansprüchen und Vergütungsansprüchen hebele die Gesetzeslage und die zitierte Rechtsprechung aus. Ein vernünftiger Grund, hier einen Schutzbereich für den Kostenschuldner zu eröffnen, den das Gesetz nicht hergebe, sei nicht gegeben. Gegen Kostenminderungsverpflichtungen sei nicht verstoßen worden, da die Höhe der geltend gemachten Gebühren unstreitig durch den Verfahrensaufwand gerechtfertigt sei. Auch liege keine Schlechterfüllung wie in dem Fall der vom SG Berlin zitierten Entscheidung der 127. Kammer vor. Weiterhin habe die 204. Kammer des SG Berlin die Kommentarliteratur (hier "Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, § 193 RdNr 9") lückenhaft zitiert und damit die Bewertung verzerrt. Hier sei weder ein extremer Fall ersichtlich, noch sei die Anwaltsbestellung überflüssig gewesen. Auch sei eine Pflichtverletzung nicht erkennbar. Eine Pflicht zur vorzeitigen Geltendmachung gegenüber dem Mandanten bestehe nicht. Der Verzicht darauf und der Verzicht des Mandanten auf eine mögliche Einrede beträfen das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt, nicht aber die Verpflichtung, den Aufwand und damit die Kosten zu minimieren.

Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat der Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, dass die Klägerin auf die Einrede der Verjährung verzichtet habe.

Die Berichterstatterin hat am 01. März 2018 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift vom 01. März 2018 Bezug genommen.

Nach Durchführung des Erörterungstermins hat der Prozessbevollmächtigte weiter ausgeführt, dass vorliegend nicht von derselben Angelegenheit iSd § 15 Abs 2 RVG ausgegangen werden könne. Es habe mehrere Treffen mit der Klägerin gegeben, in welchen erst der Aufhebungsbescheid vorgelegt worden sei, um sofort weiter Leistungen zu erhalten. Später habe geprüft werden sollen, wie mit der Ablehnung des Weiterbewilligungsantrags im zukünftigen Bewilligungsabschnitt umgegangen werden solle. Es seien für die rückwärtigen und zukünftigen Bewilligungsabschnitte unterschiedliche tatsächliche Sachverhalte mit den Leistungsvoraussetzungen in Einklang zu bringen gewesen. Aufgrund der Synergieeffekte werde die Forderung jedoch auf 166,60 EUR reduziert.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 01. Dezember 2015 (S 167 AS 5418/15) und den Bescheid vom 06. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen in Höhe von 166,60 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Berufung sei unbegründet. Zum einen erhebe er die Einrede der Verjährung. Zum anderen übersehe die Klägerin, dass sie die Einrede der Verjährung erheben könne und hierzu im Rahmen ihrer Kostenminderungspflicht verpflichtet sei. Der Prozessbevollmächtigte sei auch nicht schutzlos gestellt gewesen, er hätte zum einen die Kostenfestsetzung (ggf durch Untätigkeitsklage) erzwingen können, zum anderen hätte er die Verjährung durch einen Mahnbescheid gegenüber der Klägerin hemmen können. Die Kostenfestsetzung durch den Beklagten hätte dann gegebenenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden können, ohne dass der Verlust des Gebührenanspruchs durch Verjährung zu befürchten gewesen wäre. Schließlich bestehe noch die Möglichkeit der direkten Zahlungsklage. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine Kostenerstattungspflicht bestehen solle, wenn gegenüber dem Mandanten auf die Gebühren verzichtet werden könne. Denn wo keine Gebühren entstünden, bestehe auch keine zu erstattende Forderung. Sollte die Klägerin auf die Einrede der Verjährung verzichtet haben, habe sie auch und erst recht gegen ihre Kostenminderungspflicht verstoßen. Hilfsweise trägt der Beklagte vor, dass die Angelegenheit vergütungsrechtlich dieselbe iSv § 15 Abs 2 RVG gewesen sei und die Klägerin deshalb die Gebühren nicht erneut fordern könne. Die zwei Widerspruchsverfahren seien von einem einheitlichen Auftrag umfasst gewesen, der Prozessbevollmächtigte habe zwei gleichlautende Schriftsätze eingereicht und es habe ein innerer Zusammenhang zwischen den Gegenständen bestanden, da es um die gleichen Sach- und Rechtsfragen gegangen sei. Die gewählte Form der Bescheiderteilung sei kein entscheidungserheblicher Grund zur Klärung der Frage, ob eine Angelegenheit im Sinne des Gebührenrechts vorliege.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, und die die Klägerin betreffende Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 SGG entscheiden. Die Berufung ist zulässig. Ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 EUR (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG) wird zwar nicht erreicht, jedoch hat das SG die Berufung zugelassen und das LSG ist an diese Zulassung gebunden (§ 144 Abs 3 SGG).

Die Reduzierung der Forderung um 142,80 EUR auf nunmehr 166,60 EUR ist als teilweise Klagerücknahme auszulegen. Die vom SG zugelassene Berufung (§ 144 Abs 2 SGG) ist in diesem noch anhängigen Umfang auch begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 166,60 EUR, den der Beklagte durch Bescheid vom 06. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 (in Höhe von damals noch 309,40 EUR) verneint hat. Die Klägerin begehrt nach Auslegung gemäß § 123 SGG die Freistellung von der Zahlung dieser Gebühren, da sie die Vergütungsforderung ihres Prozessbevollmächtigten noch nicht gezahlt hat (vgl BSG, Urteile vom 02. Dezember 2014 - B 14 AS 60/13 R, RdNr 14 und vom 21. Dezember 2009 - B 14 AS 83/08 R, RdNr 12f, beide juris). Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klage in Gestalt einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4 SGG) ist zulässig. Die Klägerin ist bereits dadurch beschwert, dass der Beklagte die Erstattung der Kosten gegenüber dem Prozessbevollmächtigten ablehnt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beklagte bei Vorlage einer an die Klägerin gerichteten Gebührenrechnung die Kosten in der beantragten Höhe erstattet hätte. Eine Trennung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage in einen Anfechtungs- und einen Leistungsteil sieht das Gesetz insoweit nicht vor. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin folgt daraus, dass sie zu Recht die Klärung des umstrittenen Anspruchs begehrt (BSG, Urteil vom 02. Dezember 2014, aaO, RdNr 14).

Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Freistellung von den Kosten dem Grunde nach ist § 63 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiernach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dazu zählen auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, wenn seine Zuziehung im Vorverfahren notwendig war (§ 63 Abs 2 SGB X). In diesem Sinne ist mit dem Bescheid vom 26. August 2011 bindend entschieden worden, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten einschließlich der Gebühren des Bevollmächtigten der Klägerin dem Grunde nach zu erstatten sind.

Die Voraussetzungen für die Kostenerstattung liegen hier auch vor, da der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin vom 03. August 2011 durch Bescheid vom 26. August 2011 vollumfänglich abgeholfen und der Klägerin weiterhin Leistungen nach dem SGB II bewilligt hat. Zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zählen gemäß § 63 Abs 2 SGB X regelmäßig die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten hat der Beklagte im Abhilfebescheid anerkannt. Gebühren und Auslagen iS des § 63 Abs 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren (BSG, Urteil vom 24. April 1996 – 5 RJ 44/95, juris), also auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG in Rechnung stellt (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009 - B 14 AS 83/08 R, juris).

I.

Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch.

Welche Verjährungsfristen (und ggf Hemmungsvorschriften) nach welchen Normen für den Anspruch nach § 63 SGB X Anwendung finden, ist umstritten. Diese Frage muss aber vorliegend nicht entschieden werden, da nach allen drei Auffassungen noch keine Verjährung eingetreten ist.

Folgt man der Auffassung, dass die vierjährige Verjährungsfrist gemäß § 45 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) entsprechend anwendbar ist (so ua Mutschler in KassKomm, SGB X, RdNr 34 zu § 63, Stand der Einzelbearbeitung: März 2018; Diering in LPK-SGB X, 4. Auflage 2016, RdNr 62 zu § 63; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, RdNr 114 zu § 63, Stand der Einzelbearbeitung Mai 2017), wären der Beginn der Verjährungsfrist der 01. Januar 2012 und das Ende der 31. Dezember 2015 gewesen, so dass bei Klageerhebung am 12. März 2015 noch keine Verjährung eingetreten wäre. Folgt man der Auffassung, dass die regelmäßige Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) von drei Jahren (vgl § 195 BGB) einschlägig ist (so SG Nordhausen, Urteil vom 16. Januar 2017 – S 31 AS 2363/14, RdNr 17, juris), wäre der Eintritt der Verjährung gemäß § 45 Abs 3 Satz 1 SGB I gehemmt gewesen. Danach wird die Verjährung durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Da hier der Prozessbevollmächtigte bereits nach Kenntnisnahme des Abhilfebescheides vom 26. August 2011 mit Schreiben vom 07. September 2011 die Rechnung dem Beklagten übersandt hat, mithin einen Antrag auf Kostenfestsetzung in Vertretung der Klägerin gestellt hat, ist der Eintritt der Verjährung gehemmt gewesen. Diese Hemmung endete auch deshalb nicht, weil die Klägerin nach Bescheidung Widerspruch und Klage erhoben hat (§§ 45 Abs 2 SGG iVm 204 Abs 1 Nr 1 BGB).

Folgt man der Auffassung, dass der Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X kein Annex zum Sozialleistungsanspruch darstellt und § 45 SGB I (und damit auch § 45 Abs 3 Satz 1 SGB I) keine Anwendung findet, verjährt der Anspruch innerhalb von 30 Jahren gemäß § 197 Abs 1 Nr 3 BGB analog (so zB SG Berlin, Urteil vom 20. August 2014 – S 204 AS 14829/13, RdNr 15, juris unter Berufung ua auf BSG, Urteil vom 24. Juli 1986 – 7 RAr 86/84, RdNr 24, juris, BGH, Urteil vom 12. April 2013 – V ZR 203/11, RdNr 13 ff, juris – für durch Restitutionsbescheid bestandskräftig festgestellte Ansprüche durch die Behörde). Auch danach ist keine Verjährung eingetreten.

II.

Der Klägerin steht auch der Freistellungsanspruch dem Grunde nach zu, da sie nicht gegen die Kostenminderungspflicht verstoßen hat.

Entgegen der Ansicht des SG liegt hier kein Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht vor, weil die Klägerin die Einrede der Verjährung gegenüber dem Anspruch ihres Bevollmächtigten auf Vergütung nicht erhoben hat. Dieser Vergütungsanspruch verjährt in drei Jahren (Schmidt-Räntsch in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 195 BGB, RdNr 16), so dass die Klägerin mit Ablauf des Jahres 2014 die Einrede der Verjährung hätte erheben können. Sie hat im Verfahren erklärt, auf die Einrede der Verjährung verzichtet zu haben. Somit ist davon auszugehen, dass sie nach wie vor einer vollwirksamen und durchsetzbaren Gebührenforderung des Prozessbevollmächtigten ausgesetzt ist. Diese – durch Rechnungslegung (vgl § 10 RVG) – durchsetzbare Vergütungsforderung stellt eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendung iSd § 63 SGB X dar, da kein Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht vorliegt.

Der tragende Grundsatz der Verfahrensverbilligung, wie er in den §§ 91 ff, 788 ZPO, 46 RVG zum Ausdruck kommt, gehört zu den Prinzipien des Kostenrechts (Kostenminderungspflicht) und diesen Grundsatz kann nach § 11 Abs 5 RVG zunächst der Mandant seinem Anwalt entgegenhalten. Die durch unsachgemäße Behandlung des Auftrags entstandenen überflüssigen Anwaltsgebühren sind eine Schlechterfüllung des erteilten Auftrags zum Nachteil des Mandanten und brauchen von diesem nicht erstattet zu werden (vgl BGH, Urteil vom 23. Juni 1959 – VI ZR 133/58, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Juli 1988 – 4 WF 192/88, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. November 1991 – 3 WF 182/91, juris). Nach einer Entscheidung des SG Berlin (Beschluss vom 27. Januar 2011 – S 127 SF 9411/10 E, RdNr 9, juris), auf die sich das SG in seinem hier angefochtenen Urteil stützt, kann in gleicher Weise auch der unterlegene Beteiligte dem obsiegenden Beteiligten gegenüber im Kostenfestsetzungsverfahren den Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht einwenden.

Im vorliegenden Fall kann sich jedoch auf die Einrede der Verjährung der anwaltlichen Vergütungsforderung allein der Schuldner, nicht aber ein Dritter berufen, der aufgrund einer eigenständigen gesetzlichen Kostentragungspflicht zur Freistellung des Schuldners von dieser Forderung verpflichtet ist (vgl Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29. August 2000 – 6 P 7/99, RdNr 27, juris). Dem entspricht die Rechtsprechung des BSG, wonach der Schutzzweck des § 10 Abs 1 RVG, demzufolge der Rechtsanwalt die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern kann, nur das Innenverhältnis zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt, nicht jedoch das Außenverhältnis gegenüber einem erstattungspflichtigen Dritten betrifft, so dass jener nicht einwenden kann, wegen eines Verstoßes gegen diese Vorschrift nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein (BSG, Urteil vom 02. Dezember 2014 – B 14 AS 60/13 R unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 22. März 2011 - VI ZR 63/10). Zudem teilt der Senat die in der Rechtsprechung geäußerten rechtssystematischen Bedenken im Hinblick auf den Eingriff in die Dispositionsfreiheit desjenigen, dem die Einrede zusteht (vgl SG Nordhausen, Urteil vom 24. April 2017, S 27 AS 1757/15, RdNr 27; SG Neubrandenburg, Urteil vom 12. April 2018 – S 12 AS 1010/17, beide juris), der billigenswerte Gründe haben kann, die Einrede der Verjährung gerade nicht zu erheben.

III.

Die von der Klägerin zuletzt noch begehrte Freistellung vom Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten iHv 166,60 EUR entspricht auch der Höhe nach der Billigkeit des § 14 Abs 1 RVG. Der Senat ist befugt, die Höhe der festgesetzten Kosten insgesamt zu überprüfen (vgl BSG, Urteil vom 09. Dezember 2010, B 13 R 63/09 R, RdNr 20, juris).

In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die - wie hier - bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden wäre, entstehen danach Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs 2 RVG), die sich nach dem VV der Anlage 1 zum RVG bestimmen (§ 2 Abs 2 Satz 1 RVG). In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die – wie hier – bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das GKG nicht anzuwenden wäre, entstehen danach Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs 2 RVG), die sich nach dem VV der Anlage 1 zum RVG bestimmen (§ 2 Abs 2 Satz 1 RVG). Sie umfassen nach Nr 2400 des VV zum RVG (hier in der ab 01. Juli 2006 geltenden Fassung, vgl Art 5 Abs 1 Nr 4 Buchst b sowie Art 8 Satz 2 Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) aF; seit dem 01. August 2013 ersetzt durch Nr 2302 VV RVG idF des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013, BGBl I 2586) eine Geschäftsgebühr ua für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl Vorbemerkung II zu Nr 2400 VV RVG aF iVm Vorbemerkung 2.3 III zu Nr 2300 VV RVG). Sie bestimmt sich in der hier geltenden Fassung innerhalb eines Betragsrahmens von 40,00 bis 520,00 EUR, wobei eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR (so genannte Schwellengebühr) nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 – B 4 AS 21/09 R, RdNr 19, juris).

Der Prozessbevollmächtigte hat hier zu Recht zuletzt eine Geschäftsgebühr iHv 120,00 EUR geltend gemacht, weil der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eher unterdurchschnittlich gewesen sind, da er lediglich ein Widerspruchsschreiben mit Hinweis darauf verfasst hat, dass der Umzug der Klägerin in eine ambulant betreute Wohnform keinen Zuständigkeitswechsel des SGB II - Trägers begründe. Die Bedeutung der Angelegenheit war für die Klägerin bei unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen eher überdurchschnittlich, da sie schwanger war und mit einem Kleinkind in eine Betreuungsmaßnahme nach §§ 67 ff SGB XII gezogen ist, so dass ein lückenloser SGB II-Leistungsbezug für sie existenziell war. Ein besonderes Haftungsrisiko oder weitere Kriterien, die die Gebühr erhöhen könnten, sind jedoch nicht ersichtlich. Die Gewichtung der Kriterien lässt bei den konkreten Umständen dieses Falles eine Festsetzung der Betragsrahmengebühr auf 120,00 EUR zu.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits, in dem es um die Freistellung von den Kosten für die Durchführung des zeitlich ersten Ablehnungsbescheids geht, auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne gemäß § 15 Abs 2 RVG vorgelegen hat.

Wann dieselbe Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne vorliegt, ist im RVG nicht abschließend geregelt. Die anwaltlichen Tätigkeitskataloge des § 16 RVG ("dieselbe Angelegenheit") und des § 17 RVG ("verschiedene Angelegenheiten") benennen nur Regelbeispiele. Der Gesetzgeber hat die abschließende Klärung des Begriffs "derselben Angelegenheit" iS des § 7 Abs 1 RVG sowie des § 15 Abs 2 S 1 RVG der Rechtsprechung und dem Schrifttum überlassen (vgl BSG Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 6 KA 4/07 R, RdNr 16, juris). Es handelt sich um einen gebührenrechtlichen Begriff, der sich mit dem prozessrechtlichen Begriff des (Verfahrens-)Gegenstandes decken kann, aber nicht muss. Daher kommt es zur Bestimmung, ob dieselbe Angelegenheit vorliegt, auf die Umstände des konkreten Einzelfalls sowie auf den Inhalt des erteilten Auftrags an. Von derselben Angelegenheit iS des § 15 Abs 2 S 1 RVG aF (bzw nunmehr § 15 Abs 2 RVG) ist in der Regel auszugehen, wenn zwischen den weisungsgemäß erbrachten anwaltlichen Leistungen, also den verschiedenen Gegenständen, ein innerer Zusammenhang gegeben ist, also ein einheitlicher Auftrag und ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt (BSG, Urteil vom 02. April 2014 – B 4 AS 27/13 R, RdNr 15, juris). Dies sind alle auftragsgemäß erbrachten Leistungen, zwischen denen ein innerer Zusammenhang besteht und die sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Sie sind dann nur einmal abrechenbar (BSG, Urteil vom 09. März 2016 – B 14 AS 5/15 R, RdNr 21 juris).

Die Annahme einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Geschädigten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Denn unter einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen. Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammen gehören (BGH, Urteil vom 21. Juni 2011 – VI ZR 73/10, RdNr 10, juris). Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass im vorliegenden Einzelfall die Verfahren zum Geschäftszeichen des Prozessbevollmächtigten 11/00532 AH (Abhilfebescheid vom 26. August 2011, Ablehnungsbescheid bezüglich der Kosten vom 06. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015) und zum Geschäftszeichen 11/00538 AH (Abhilfebescheid vom 05. Dezember 2011, Kostenfestsetzungsbescheid vom 28. Januar 2015) unterschiedliche Angelegenheiten gewesen sind und deshalb weitere Kosten nach dem RVG abrechenbar sind.

Bei Personen, die – so wie hier die Klägerin - Hilfen nach §§ 67 ff SGB XII in Anspruch nehmen, treten oft eine Vielzahl von Veränderungen ein. Häufig sind die Bereiche Wohnung, Ausbildung, Erwerb sowie Höhe der Sozialleistungen betroffen. Entscheidend ist vorliegend, dass der Beklagte zwei Bescheide aufgrund unterschiedlicher Rechtsgrundlagen erlassen hat, die unterschiedliche Streitgegenstände, nämlich unterschiedliche Leistungszeiträume, beinhalteten, weil die Klägerin bei Anzeige ihres Umzugs in ein betreutes Einzelwohnen und bei Anzeige ihrer Schwangerschaft im Leistungsbezug beim Beklagten stand und der Bewilligungszeitraum erst zum 31. August 2011 endete.

Zwischen den jeweils zugrunde liegenden Bescheiden vermag der Senat keine signifikante inhaltliche Gleichförmigkeit zu erkennen, um von einem inneren Zusammenhang iSd Gebührenrechts ausgehen zu können. Denn Streitgegenstand des einen Widerspruchsverfahrens war die Aufhebung der Leistungen gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X für die Monate Juli und August 2011. Danach hatte der Prozessbevollmächtigte zu prüfen, ob der Umzug der Klägerin und die damit vermeintliche Unzuständigkeit des Beklagten eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen darstellte. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Oktober 2013, B 14 AS 58/12 R, RdNr 12, juris) ist die örtliche Zuständigkeit nach § 36 SGB II keine Leistungsvoraussetzung, demzufolge fehlte es bezüglich der Aufhebung der Regelleistungen schon an einer leistungserheblichen Änderung iSd § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X (so auch Böttiger in: Eicher/Luik/, 4. Auflage 2017, SGB II § 36 RdNr 52). Streitgegenstand des anderen Widerspruchsverfahrens war die Ablehnung der Weiterbewilligung der Leistungen für die Zeit ab September 2011. Danach hatte der Prozessbevollmächtigte zusätzlich zu den Voraussetzungen der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten zu prüfen, ob und in welcher Höhe Bedarfe bei der Klägerin bestehen (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuzüglich des Mehrbedarfs wegen Schwangerschaft sowie Kosten für Unterkunft und Heizung, die sich durch den Umzug ggf geändert haben könnten). Damit war eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, die bei der Aufhebungsentscheidung keine Rolle gespielt haben.

Aufgrund dieser verschiedenen rechtlichen Bedingungen, die einen Rechtsanwalt aufgrund von Haftungsrisiken zwingen, eine inhaltliche und formale Differenzierung bezüglich der Leistungszeiträume vorzunehmen, ist ein einheitlicher Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit zu verneinen.

Nach allem war der Berufung deshalb in diesem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG und folgt dem Ergebnis dergestalt, dass die Klägerin die Klage ca in Höhe der Hälfte der ursprünglichen Forderung zurückgenommen hat.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil hierfür Gründe nach § 160 Abs 2 Nrn 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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