L 20 KR 284/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 KR 455/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 KR 284/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V beruht auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis.
2. Wird durch die Arztpraxis nach einer Behandlung der Termin für die nächste Behandlung so vergeben, dass dadurch eine Lücke bei den Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit entsteht, führt diese Lücke zum Verlust des Anspruchs auf Krankengeld, wenn dann kein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch besteht
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.04.2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Weiterzahlung von Krankengeld über den 03.07.2015 hinaus.

Die 1968 geborene Klägerin war zunächst als Arbeitnehmerin bei der Beklagten gegen Krankheit pflichtversichert. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.06.2015 von Seiten des Arbeitgebers während der Probezeit gekündigt.

Ab dem 17.06.2015 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig wegen der Diagnose S 93.2 GR [gesichert Außenbandruptur des Sprunggelenks rechts]. Laut Erstbescheinigung des Facharztes für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie Dr. L. vom 17.06.2015 bestand Arbeitsunfähigkeit vom 17.06.2015 bis voraussichtlich 03.07.2015, festgestellt am 17.06.2015.

Eine Folgebescheinigung vom 06.07.2015 stellt Arbeitsunfähigkeit seit 17.06.2015 bis voraussichtlich 27.07.2015 fest, festgestellt am 06.07.2015.

Mit Schreiben vom 07.07.2015 lehnte die Beklagte die Weiterzahlung von Krankengeld über den 03.07.2015 hinaus ab. Das Beschäftigungsverhältnis habe am 30.06.2015 geendet. Die daraus resultierende Versicherungspflicht habe aufgrund des laufenden Krankengeldbezuges fortbestanden und mit dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit am 03.07.2015 geendet. Zum Zeitpunkt der Bescheinigung der weiteren Arbeitsunfähigkeit habe daher keine Versicherung mit Krankengeldanspruch mehr bestanden. Dies gelte ungeachtet der Tatsache, dass die Erkrankung durchgehend Arbeitsunfähigkeit begründet habe.

Am 27.07.2015 legte die Klägerin Widerspruch ein. Zur Begründung gab sie an, sie habe im Juni mit einer Sachbearbeiterin der DAK telefoniert. Diese habe sie nicht auf die Regelung der durchgehenden Arbeitsunfähigkeit hingewiesen. Der behandelnde Orthopäde habe sie am 06.07.2015 terminlich einbestellt. Sie legte ein Schreiben von Dr. L. vom 08.07.2015 vor. Darin bestätigt dieser, dass die Klägerin aufgrund der festgestellten Bandruptur seit 17.06.2015 durchgehend bis 27.07.2015 arbeitsunfähig erkrankt sei. Der aus Versehen nicht erfasste Zeitraum 04.07. bis 05.07.2015 sei darin eingeschlossen. Weitere Folgebescheinigung liegen vor: bis 09.08.2015, festgestellt am 27.07.2015, bis 31.08.2015, festgestellt am 10.08.2015.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2015 gab die Beklagte dem Widerspruch nicht statt. Zwar sei ein Krankengeldanspruch am 18.06.2015, am Tag nach der ärztlichen Feststellung am 17.06.2015 gemäß §§ 44, 46 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -SGB V- entstanden. Der Anspruch auf Krankengeld habe jedoch mit dem 03.07.2015 geendet, da die Klägerin nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen sei. Bis zum 03.07.2015 sei ihre Mitgliedschaft aufgrund des Krankengeldbezuges erhalten geblieben (§ 192 SGB V). Spätestens am letzten Tag der Mitgliedschaft hätte das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen und ärztlich festgestellt werden müssen. Die Arbeitsunfähigkeit sei erst durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 06.07.2015 nachgewiesen worden, deshalb habe das Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld bereits mit Ablauf des 03.07.2015 geendet. Für den lückenlosen Nachweis wäre es notwendig gewesen, nicht erst am Montag, den 06.07.2015, sondern bereits am Freitag, den 03.07.2015, die weitere Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit einem beim Sozialgericht Würzburg (SG) am 28.09.2015 eingegangenen Schreiben Klage erhoben. Im Wesentlichen hat sich dieser auf den Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 03.03.2015, Az. S 19 KR 10/15 ER berufen, das es für ausreichend erachte, dass jedenfalls ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit vorliege. Diese ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit habe Dr. L. bestätigt.

Die Beklagte hat auf ihr Vorbringen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 29.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit am 08.06.2016 eingegangenen Schreiben gegen das dem Bevollmächtigten zugestellte Urteil am 06.06.2016 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung hat er auf sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 19.06.2017 hat die Berichterstatterin die Klägerin befragt. Auf Frage bezüglich des ersten Besuchs am 17.06.2015 bei Dr. L. hat die Klägerin erklärt, der Orthopäde habe ihr gesagt, es handle sich offensichtlich um einen Bänderriss. Dieser werde konservativ behandelt. Sie werde ca. vier bis sechs Wochen arbeitsunfähig sein. Er habe ihr dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis 03.07.2015 ausgestellt. Der Orthopäde habe erklärt, es werde noch eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgen. Der Orthopäde habe auch gesagt, es könne noch länger als sechs Wochen dauern. Zu der Frage, wie der Termin für den 06.07.2015 vereinbart worden sei, hat die Klägerin erklärt, der Termin sei an der Anmeldung vereinbart worden. Die Arzthelferin habe ihr den Termin 06.07.2015 gegeben. Dr. L. habe ihr im Behandlungszimmer gesagt, sie benötige noch einen weiteren Termin. Daraufhin sei sie zur Anmeldung gegangen und die Arzthelferin habe ihr den Termin gegeben. Sie habe gesagt, sie benötige noch einmal einen Termin und dann habe ihr die Arzthelferin den Termin 06.07.2015 gegeben.

Der Bevollmächtigte hat sich weiter auf die Entscheidung des SG Speyer vom 03.03.2015, Az. S 19 KR 10/15 ER berufen. Unabhängig davon sei nicht ersichtlich, dass die im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11.05.2017 unter Randnummer 34 beschriebenen Voraussetzungen für den Erhalt des Krankengeldanspruchs trotz nachträglich erfolgter ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsfeststellung für alle denkbaren Fallkonstellationen abschließend sein sollten, zumal die dort unter Ziffer 1 beschriebene Voraussetzung nichts darüber sage, wann bzw. mit welchem zeitlichen Vorlauf der Versicherte einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufsuchen (oder auch nur einen tauglichen Versuch des Aufsuchens unternehmen?) müsse, um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Sowohl in dem vom BSG am 11.05.2017 entschiedenen als auch im vorliegenden Fall gehe es doch im Kern um die Frage eines unzulässigen "Vertröstetwerdens" durch den Arzt, das dem Versicherten nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Hierbei dürfte es unerheblich sein, ob der Versicherte den Arzt erfolglos am letzten Tag der bis dahin bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bzw. kurz davor aufsuche oder ob er bereits bei einer vom Arzt für die Frage der Verlängerung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für notwendig gehaltenen Neuterminierung einen zeitlich so späten Termin erhalte, dass eine zeitliche Lücke zwischen den beiden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen entstehe. Es dürfte gerichtsbekannt sein, dass gerade bei Fachärzten ein Patient nicht einfach in die Praxis marschieren könne, wenn es ihm genehm sei. Die Terminvergabe sei vorliegend auf Veranlassung der Arztpraxis erfolgt, ohne dass die Klägerin hierauf hätte Einfluss nehmen können. Die nichtmedizinische Fehlentscheidung des Vertragsarztes habe darin gelegen, der Klägerin einen Termin erst für den 06. und nicht bereits für den 03.07.2015 gegeben zu haben.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.04.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 07.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld über den 03.07.2015 hinaus nach gesetzlicher Maßgabe zu gewähren.

Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 29.04.2016 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG) ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankengeld über den 03.07.2015 hinaus.

Der Bescheid vom 07.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Krankengeld über den 03.07.2015 steht der Klägerin nicht zu, weil für den 04.07. und 05.07. Arbeitsunfähigkeit nicht bescheinigt ist. Die am 06.07.2015 erfolgte Bescheinigung hätte nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V (in der hier bis zum 22.07.2015 geltenden maßgeblichen Fassung) den Anspruch auf Krankengeld erst ab dem 07.07.2015 entstehen lassen können. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber, nachdem ihr Arbeitsverhältnis am 30.06.2015 geendet hatte, nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert (vgl. §§ 190, 190 Abs. 1 Nr. 2, 188 Abs. 4, 5 Abs. 1 Nr. 13, 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V).

Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden.

Nach § 46 Satz 1 SGB V in der bis zum 22.07.2015 geltenden, daher hier maßgeblichen Fassung entsteht der Anspruch auf Krankengeld 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, § 24, § 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, 2. im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt.

Das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krankengeldanspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis.

Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 25/14 R). Wie das BSG mehrfach entschieden und ausführlich begründet hat, bietet das Gesetz weder einen Anhalt für das Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als bloßer Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeld-Anspruch gemäß § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht (BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 25/14 R). Die - hier durch die Beschäftigtenversicherung begründete - Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger besteht unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V u.a. erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeld-Anspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es aus, dass Versicherte am letzten Tage des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier des Beschäftigungsverhältnisses - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages - einen Krankengeld-Anspruch entstehen zu lassen. Das folgt aus Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck, ohne dass der Wortlaut der Normen einer solchen Auslegung entgegensteht (BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 25/14 R). Die Aufrechterhaltung der Beschäftigtenversicherung setzt insoweit nur eine Nahtlosigkeit von Beschäftigung und Entstehung des Rechts auf die Sozialleistung voraus, also die Entstehung des Anspruchs auf die Sozialleistung in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses. Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber - wie hier - abschnittsweiser Krankgeld-Bewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeld-Anspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeld-Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 25/14 R).

Es liegt hier auch kein Ausnahmefall vor, der die Nachholung einer unterbliebenen ärztlichen Feststellung ausnahmsweise rückwirkend zulassen würde. Das BSG hat insoweit zwar in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass solche Ausnahmefällte in engen Grenzen denkbar sind, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden ist, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind (vgl. BSG vom 08.11.2005, B 1 KR 30/04 R). Als solche Ausnahmefälle sind in der Rechtsprechung des BSG u.a. anerkannt (siehe dazu auch die ausführliche Zusammenstellung von Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 46 SGB V Rn. 41 ff.): Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit des Versicherten, verspäteter Zugang einer Meldung beruhend auf von der Krankenkasse zu vertretenen Organisationsmängeln, Vornahme unzutreffender rechtlicher Bewertungen durch die Krankenkasse, objektive Fehlbeurteilung eines an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes oder des MDK. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber nicht vor und wird im Übrigen von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Mit Urteil vom 11.05.2017 (B 3 KR 22/15 R) hat das BSG diese Ausnahmefälle um einen weiteren Ausnahmefall erweitert. Danach steht dem Krankgeld-Anspruch Versicherter eine nachträglich erfolgte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung nicht entgegen, wenn
1. der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, indem er einen zur Diagnostik und Behandlung befugten Arzt persönlich aufgesucht und ihm seine Beschwerden geschildert hat, um
a) die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erreichen, und
b) dies rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden zeitlichen Grenzen für den Krankengeld-Anspruch erfolgt ist,
2. er an der Wahrung der Krankengeld-Ansprüche durch eine (auch nichtmedizinische) Fehlentscheidung des Vertragsarztes gehindert wurde (z.B. eine irrtümlich, nicht erstellte AU-Bescheinigung) und
3. er - zusätzlich - seine Rechte bei der Krankenkasse unverzüglich, spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V, nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht.

Nur unter diesen engen Voraussetzungen kann die ärztliche (auch nichtmedizinische) Fehlbeurteilung nicht dem Versicherten zugerechnet werden und er kann daher ausnahmsweise rückwirkend Krankengeld beanspruchen (BSG vom 11.05.2017, B 3 KR 22/15 R, juris Rn. 35). Damit hat das BSG aber zugleich auch deutlich gemacht, ebenso wie an weiteren Stellen in der genannten Entscheidung, dass es sich um "enge Ausnahmefälle" handelt und "grundsätzlich" eine "strikte Anwendung" des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V erfolgen müsse (siehe BSG, a.a.O., Rn. 22, 35). Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten treffen die obigen Voraussetzungen nicht zu. Anders als in dem obigen vom BSG am 11.05.2017 entschiedenen Fall hat die Klägerin gerade nicht rechtzeitig innerhalb der anspruchsbegründenden bzw. -erhaltenden Zeit, nämlich spätestens am 03.07.2015, einen Arzt persönlich aufgesucht und die Beschwerden geschildert. Vielmehr hat sie sich damit zufrieden gegeben, dass ihr die Arzthelferin (und nicht der Vertragsarzt) einen Termin am 06.07.2015 zugeteilt hat. Sofern der Bevollmächtigte angibt, es sei gerichtsbekannt, dass "gerade bei Fachärzten ein Patient nicht einfach in die Praxis marschieren kann, wenn es ihm genehm ist", so wäre dies ja auch nicht nötig gewesen. Es hätte lediglich eines Hinweises der Klägerin am 17.06.2015, also gute zwei Wochen vor dem letztmöglichen Termin am 03.07.2015, auf die Notwendigkeit eines Termins spätestens am 03.07.2015 bedurft.

Soweit die Klägerin geltend macht, sie sei von der Beklagten nicht auf die Nahtlosigkeit hingewiesen worden, ist dies unerheblich. Das BSG hat mehrfach entschieden, dass insoweit keine Aufklärungspflicht der Beklagten besteht (BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R).

Sofern der Bevollmächtigte auf die Entscheidung des SG Speyer vom 03.03.2015, S 19 KR 10/15 ER hinweist, wonach es nach § 46 SGB V genüge, dass einmalig die Arbeitsunfähigkeit bestätigt werde und der Krankengeldanspruch fortbestehe, sofern die tatsächlichen Voraussetzungen weiter bestünden, ist festzustellen, dass das BSG nach wie vor an der abschnittsweisen Bewilligung festhält (vgl. BSG vom 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, BSG vom 11.07.2015, B 3 KR 22/15 R). Der Senat schließt sich insoweit den Gründen des BSG an.

Ein Ausnahmefall kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil sich seit dem 23.07.2015 die Rechtslage geändert hat. Aus den ab dem 23.07.2015 durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz - GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I, S. 1211) neu gefassten § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V kann die Klägerin nichts ableiten, weil diese Regelungen im hier streitigen Zeitraum noch nicht in Kraft waren und der Gesetzgeber insoweit keine Übergangsregelung vorgesehen hat (dazu, dass die Neuregelung mangels gesetzlich angeordneter Rückwirkung insoweit nicht einschlägig ist, siehe auch das BSG vom 11.05.2017, B 3 KR 22/15 R). Es handelt es sich dabei um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, eine Neuregelung nur für die Zukunft zu schaffen, was eine Bildung eines entsprechenden Ausnahmefalls durch die Rechtsprechung für einen Zeitraum vor Geltung der Norm ausschließt.

Der Klägerin steht auch kein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V zu. Es konnte am letzten Tag der Mitgliedschaft auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie spätestens nach Ablauf eines Monats eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen würde (vgl. BSG vom 10.05.2012, B 1 KR 19/11 R, juris).

Ab dem 01.07.2015 war das Arbeitsverhältnis der Klägerin bereits beendet, so dass die mitgliedschaftserhaltene Wirkung nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V damit nur bis zum (einschließlich) 03.07.2015 bestand.

Als die Klägerin am 06.07.2015 erneut arbeitsunfähig krankgeschrieben wurde, war sie nicht mehr nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Zu diesem Zeitpunkt (schon am 04.07.2015) war die Klägerin nach § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V obligatorisch freiwillig krankenversichert bzw. nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in der sogenannten Auffangpflichtversicherung. Weder die Versicherung nach § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V noch die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründet einen Anspruch auf Krankengeld. Für letztere folgt dies bereits aus § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V, gilt aber auch für die Versicherung nach § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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