S 115 U 309/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
115
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 115 U 309/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Vorfalls, der sich im Rahmen des Heimwegs des Klägers von einer Veranstaltung ereignet hatte, als Arbeitsunfall.

Der im Jahr 1958 geborene und in Berlin wohnhafte Kläger war zum Unfallzeitpunkt, dem 19. September 2016, als Mitarbeiter der Firma K. bei der P.-Brauerei München als Monteur eingesetzt. An diesem Tag hatte der Kläger von 7:00 Uhr bis 12:30 Uhr gearbeitet. Sodann fuhr er zu seiner Münchner Unterkunft zurück, um im Anschluss auf das Oktoberfest zu gehen. Die P.-Brauerei hatte am 19. September 2016 im Rahmen des jährlich stattfindenden Oktoberfestes einen Brauereinachmittag auf dem Gelände des Oktoberfestes im P. Festzelt veranstaltet. Eingeladen waren alle Mitarbeiter der Brauerei und auch die bei der Brauerei tätigen Beschäftigten anderer Unternehmen. Beginn der Veranstaltung war um 13:00 Uhr. Der Kläger hatte von seinem Arbeitgeber die Freigabe zur Teilnahme an dieser Veranstaltung erhalten.

Gegen 21:00 Uhr des 19. September 2016 wurde der Kläger zuletzt auf dem Gelände des Oktoberfestes gesehen. Auf dem Heimweg zu seiner Unterkunft in München in der H. Straße 105, München prallte er gegen 22:00 Uhr im Bereich M. Straße , München, gegen einen Strommasten, fiel zu Boden und brach sich den 2. Halswirbelkörper. Weiterhin "verschluckte" der Kläger laut Unfallanzeige von 23. September 2016 seine Zunge, so dass es zum Herzstillstand kam und der Kläger reanimiert werden musste. Die weitere Behandlung des Klägers erfolgte zunächst im Rahmen des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens. Laut Durchgangsarztbericht vom 30. September 2016 war der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls alkoholisiert.

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2016 lehnte die Beklagte eine Anerkennung des Ereignisses vom 19. September 2016 als Arbeitsunfall ab. Ein innerer Zusammenhang zwischen dem Besuch des Oktoberfestes und der betrieblichen Tätigkeit sei zu verneinen. Dienstliche Belange hätten bei dem Besuch der Veranstaltung nicht im Vordergrund gestanden. Ein Besuch des Oktoberfestes sei als eine Vergnügungsveranstaltung anzusehen. Die Unterhaltung bzw. Erholung stünden hierbei im Vordergrund und seien als Teil der Freizeitgestaltung zu werten. Dies begründe sich insbesondere dadurch, dass die Veranstaltung am 19. September 2016 von einem Fremdunternehmen, der P. Brauerei München, ausgerichtet und auch die Einladung zur Teilnahme dazu von diesem Unternehmen ausgesprochen worden sei. Der Arbeitgeber des Klägers habe diesem lediglich freigestellt, an der Veranstaltung teilzunehmen. Ein dienstlicher Auftrag zur Teilnahme sei nicht erteilt worden. Auch habe der Arbeitgeber des Klägers keinen Kostenzuschuss gewährt.

Ebenso wenig bestehe Versicherungsschutz unter dem Aspekt einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Die Voraussetzungen hierfür seien nicht erfüllt, da der Festbesuch von der P. Brauerei München und nicht von dem Arbeitgeber des Klägers organisiert und finanziert worden sei. Der Besuch des Oktoberfestes sei somit eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gewesen und stehe nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Hiergegen legte der Kläger über seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 24. November 2016 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs trug er vor, seine Teilnahme habe die Zusammenarbeit der Firma K. mit der P. Brauerei befördert, da die Brauerei einer der wichtigsten Kunden der K. sei. Auch sei er selbst für die Kundenbeziehung zur P. Brauerei von besonderer Bedeutung, da er der einzige Spezialist für die Etikettier-Maschine sei. Ebenso würde er schon seit Beginn der Zusammenarbeit der beiden Firmen im Team mitarbeiten. Weiterhin sei der Brauereinachmittag in München ein wichtiges branchenspezifisches Ereignis. Insofern hätten, wie auch in den vergangenen Jahren, fast alle in München beschäftigten Mitarbeiter der Firma K. am Brauereinachmittag teilgenommen. Die Teilnahme habe aber auch dazu gedient, die innerbetriebliche Verbundenheit der Firma K. zu fördern. Sie sei von den Vorgesetzten gebilligt worden. Die gemeinsame Anfahrt sei organisiert worden und die Zeit von der Abfahrt von der P. Brauerei zum Veranstaltungsort und die Teilnahme an der Veranstaltung selbst hätten teilweise als Arbeitszeit gegolten und seien entsprechend vergütet worden.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2017 zurück. Zwar habe der Arbeitgeber des Klägers in seinem Schreiben vom 12. Oktober 2016 mitgeteilt, dass durch die Teilnahme an der Veranstaltung die Netzwerkbildung unter den Kollegen sowie die Kommunikation gefördert würden, ebenso die Geschäftsbeziehung zur P. Brauerei. Nicht jede Veranstaltung, die auch der Kontaktaufnahme dienen könne, stehe jedoch unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Die Pflege gesellschaftlicher Beziehungen, auch wenn diese für das Unternehmen wertvoll seien, sowie die persönlichen Beziehungen zu den Betriebsangehörigen seien grundsätzlich dem nicht versicherten persönlichen Lebensbereich zuzurechnen.

Unfallversicherungsschutz bestehe auch nicht unter dem Aspekt einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung. Die Teilnahme am Oktoberfest der P. Brauerei sei nur den an diesem Tag in München anwesenden Beschäftigten des Arbeitgebers des Klägers möglich gewesen, das heißt nur ausgewählten Mitarbeitern, so dass allein schon der eingeschränkte Teilnehmerkreis gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung spreche. Ebenso sei die Veranstaltung nicht von der Autorität des Unternehmens getragen gewesen, so dass nicht die Verbundenheit zwischen den Beschäftigten und der Unternehmensleitung sowie den Beschäftigten untereinander gefördert worden sei. Eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage ergebe sich auch nicht aus dem Aspekt, dass an diesem Tag von dem Unternehmen eine Arbeitszeit von 10 Stunden, das heißt von 7:00 Uhr bis 18:00 Uhr inkl. 1 Stunde Pause vergütet worden sei. Hier stehe allein im Vordergrund, ob die zum Unfall führende Tätigkeit wesentlich betrieblichen Aspekten gedient habe. Davon sei hier nicht auszugehen. Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass in dem Durchgangsarztbericht des Herrn Dr. B., München, vom 30. September 2016 auf eine nicht unerhebliche Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt hingewiesen worden sei.

Am 25. Juli 2017 hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Es bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen der betrieblichen Tätigkeit des Klägers für seinen Arbeitgeber und dem Besuch des Brauereinachmittags auf dem Oktoberfest. Die P. Brauerei sei eine der wichtigsten Kunden der Firma K. und habe zur Teilnahme an dem Brauereinachmittag eingeladen. Da er, der Kläger, der einzige Spezialist für die Etikettier-Maschinen gewesen sei, sei seine Teilnahme für die Kundenbeziehung zur P. Brauerei von besonderer Bedeutung gewesen. Die Teilnahme an dem Brauereinachmittag, der ein wichtiges Ereignis in der Branche sei, sei durch den Arbeitgeber ausdrücklich gebilligt worden. Die vorgenannten Umstände könnten die Zeugen M. K. und R. M., beide Mitarbeiter der Firma K. GmbH, bezeugen. Die Wichtigkeit des Ereignisses für den Kläger könnten auch seine Freunde und Familie, namentlich die Zeuginnen L. L. und J. H., bekunden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2017 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 19. September 2016 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Kammer hat am 5. September 2018 gemeinsam mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt, wegen dessen Inhalt auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Verwaltungsakten. Diese lagen bei der Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Die Beteiligten haben sich hiermit im Erörterungstermin am 5. September 2018 einverstanden erklärt.

Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Ereignis vom 19. September 2016 stellt keinen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung dar.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeit zählt gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (vgl. BSG vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R -, vom 13. November 2012 – B 2 U 19/11 R -, vom 18. Juni 2013 – B 2 U 10/12 R -, jeweils zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger war zur Zeit des Unfallereignisses Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und hat einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII mit der Folge eines Gesundheitserstschadens – Bruch des 2. Halswirbelkörpers mit erforderlich werdender Reanimation - erlitten. Dieser Unfall ereignete sich gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII während des Zurücklegens des mit der potentiell versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges von dem Ort der Tätigkeit. Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt jedoch nicht vor. Dies wäre dann der Fall, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines mit ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse der Verrichtung dem Unternehmen und nicht dem Verletzten selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 5/14 R -, Urteil vom 26. Juni 2014 – B 2 U 7/13 R –, beide m.w.N. und zitiert nach Juris). Die Teilnahme des Klägers stand zunächst nicht unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz. Unter Versicherungsschutz steht eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Kammer schließt sich hierbei insbesondere den Ausführungen des BSG in der Entscheidung vom 15. November 2016 (B 2 U 12/15 R) an. Eine Verrichtung, die nicht der Erfüllung einer Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis dient oder dienen soll, kann nur dann im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, wenn der Beschäftigte sie wegen des Beschäftigungsverhältnisses vornimmt, um durch sie zumindest auch dem Unternehmen in nicht offensichtlich untauglicher Weise zu dienen. Diese Zurechnung kann bei der freiwilligen, das heißt rechtlich nicht geschuldeten und vom Unternehmen nicht abverlangten Teilnahme an einer so genannten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in Betracht kommen, weil der Beschäftigte wegen seiner Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) durch seine freiwillige, aber vom Unternehmer erbetene Teilnahme das erklärte Unternehmensinteresse unterstützt, durch die Gemeinschaftsveranstaltung den Zusammenhalt in der Belegschaft zu fördern (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4/08 R -, Juris). Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte Teilnahme das Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu stärken. Dieses unternehmensdienliche Verhalten rechtfertigt es, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses geschuldeten versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu betrachten (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R – und Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R -, beide zitiert nach Juris). Eine Teilnahme an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Beschäftigung aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zugerechnet werden. Das BSG verlangt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R), dass der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durchführt oder durchführen lässt. Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung einzuladen oder einladen zu lassen. Bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Dienststellen verfügt, genügt es, dass die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit als Veranstalter auftritt. Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme muss daher vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offenstehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist. Nur in Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen. Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen müssen weiter im Interesse des Arbeitgebers liegen und einen betrieblichen Zweck verfolgen. Die von der Unternehmensleitung getragene, im Einvernehmen mit ihr durchgeführte Veranstaltung muss darauf abzielen, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. An diesem betrieblichen Zusammenhang fehlt es, wenn stattdessen Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder die Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen im Vordergrund steht. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Umstände erforderlich (BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R -, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R -, Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4/08 R -, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 5/04 R -, Urteil vom 7. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 R -, alle zitiert nach Juris). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat es sich bei der von der P. Brauerei durchgeführte Veranstaltung auf dem Gelände des Münchner Oktoberfestes nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt. Die Kammer ist bereits der Ansicht, dass die Teilnahme nicht allen Betriebsangehörigen in diesem Sinn offenstand. Zwar wurde die Teilnahme grundsätzlich allen Beschäftigten der K. GmbH, die am 19. September 2016 in der P. Brauerei in München tätig waren, angeboten. Dies genügt aber für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nicht. Eine schriftliche Einladung lag und liegt auch nicht vor. Vorhanden ist lediglich eine E-Mail des Projektmanagers der Firma K. GmbH aus D., nach der es den in München anwesenden Teammitgliedern freigestellt worden sei, an der Veranstaltung der P. Brauerei auf der Oktoberfestwiese teilzunehmen. Zwar ist es grundsätzlich nicht unüblich, dass an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nicht alle Betriebsangehörigen teilnehmen. Eine in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung fallende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung scheidet nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R -, Juris) aber auch deshalb aus, weil die Veranstaltung von vornherein auch – und in weit überwiegendem Umfang - nicht dem Unternehmen angehörenden Personen offenstand. Eine Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes auf Veranstaltungen, an denen im Wesentlichen nicht nur Beschäftigte, sondern auch externe Personen teilnehmen (dürfen), ist nicht mit der Zielsetzung des für Beschäftigte während der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung eingeräumten Versicherungsschutzes zu vereinbaren. Voraussetzung für die Annahme einer vom Arbeitgeber getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist nach der Rechtsprechung des BSG dessen objektivierte Zielsetzung, mit der Veranstaltung jedenfalls die Verbundenheit aller Betriebsangehörigen untereinander zu fördern und zu pflegen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4/08 R -, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R -, jeweils zitiert nach Juris). Um diese wesentliche betriebliche Zielsetzung, die den Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen begründet, zu erreichen, genügt es nicht, dass die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offensteht, was hier - wie oben ausgeführt - bereits zweifelhaft war. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Veranstaltung im Wesentlichen allein für die Beschäftigten angeboten wird. Dem Zweck, durch die Zusammenkunft die Verbundenheit zwischen den Beschäftigten untereinander zu pflegen, wird nicht angemessen Rechnung getragen, wenn die Veranstaltung so geplant ist, dass zu einem nennenswerten Teil nicht der Belegschaft angehörende Personen teilnehmen dürfen. Eine Veranstaltung, an der auch Betriebsfremde teilnehmen können, stellt den Gemeinschaftscharakter der Betriebsangehörigen, der gerade gestärkt werden soll, infrage. Sie ist in diesem Fall nur eingeschränkt dem Gemeinsinn und dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Beschäftigten dienlich. Die vorliegende – überdies bereits nicht durch den Betrieb, sondern durch einen Kunden, die P. Brauerei – durchgeführte Veranstaltung zielte aber konzeptionell auf eine Beteiligung sowohl von Betriebsangehörigen der K. GmbH als auch von externen Personen ab. Eine Teilnahme an der Veranstaltung stand grundsätzlich jedem offen, der mit der P. Brauerei verbunden und von dieser eingeladen worden war. Zwar mag auch die Teilnahme externer Personen im Einzelfall betriebsdienlich und gemeinschaftsfördernd sein. Kommen jedoch einschließlich des Klägers insgesamt lediglich 8 Personen der Firma K. GmbH zu einer Großveranstaltung auf dem Oktoberfest wie dem durch die P. Brauerei durchgeführten Brauereinachmittag, so kann der Charakter einer betrieblichen Veranstaltung nicht gewahrt werden und es fehlt der für die Anerkennung einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung erforderliche betriebliche Zweck. Gegen die Anerkennung des Brauereinachmittags als betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltung spricht auch, dass dieser nicht durch die Autorität der Unternehmensleitung getragen war: So bestand keine Anwesenheitspflicht, sondern die Anwesenheit wurde lediglich gebilligt. Der Arbeitgeber leistete auch keinen Zuschuss zu der Veranstaltung und übernahm keine Kosten für den Verzehr von Speisen und Getränken. Bei der Veranstaltung waren zudem auch keine Vertreter der Unternehmensleitung der K. GmbH anwesend. Versicherungsschutz des Klägers für die Teilnahme an dem Brauereinachmittag der P. Brauerei bzw. für den abendlichen Heimweg von diesem ergibt sich zur Überzeugung auch dann nicht, wenn man die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze bei Dienst- oder Geschäftsreisen heranzieht. Danach hat eine Abgrenzung auch dann anhand der Handlungstendenz zu erfolgen, wenn betriebliche und private Verrichtungen derart ineinander greifen, dass eine Aufteilung in betriebliche und private Belange nicht möglich ist, namentlich bei Dienst- oder Geschäftsreisen. Für den Versicherungsschutz ist entscheidend, ob die Betätigung, bei der der Unfall eintritt, eine rechtlich bedeutsame Beziehung zu der betrieblichen Tätigkeit am auswärtigen Dienstort aufweist, welche die Annahme eines inneren Zusammenhangs rechtfertigt. Demgegenüber entfällt auch auf Geschäftsreisen der Versicherungsschutz, wenn der Reisende sich rein persönlichen, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmet (BSG, Urteil vom 18. März 2008 – B 2 U 13/07 R -, Juris Rn. 12). Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger mit seiner Teilnahme an der auf dem Gelände des Oktoberfestes durchgeführten Veranstaltung der P. Brauerei auch keiner Verpflichtung aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu der K. GmbH nachgekommen und hat dieses auch nicht gewollt. Seine Teilnahme weist keine rechtlich bedeutsame Beziehung zu seiner betrieblichen Tätigkeit für die Firma K. GmbH auf, die es rechtfertigt, von einem inneren Zusammenhang auszugehen. Entscheidend ist hierbei für die Kammer zunächst, dass der Kläger im Interesse seines Arbeitgebers nicht rechtlich verpflichtet war, an dem Brauereinachmittag und der sich anschließenden Abendveranstaltung teilzunehmen, sondern ihm dies wie auch den anderen Mitarbeitern der K. GmbH lediglich freigestellt worden war. Eine Vergütung der Arbeitszeiten erfolgte lediglich bis 18 Uhr. Ein Fernbleiben von der Veranstaltung hätte für den Kläger keinerlei Konsequenzen gehabt. Dass das Treffen der allgemeinen Bildung eines Netzwerks und der Kommunikation diente, ist als allgemeiner Belang für sich genommen nicht hinreichend, um die betrieblichen Interessen an der Teilnahme in den Vordergrund zu rücken. Der Charakter eines "Incentive-Events" bzw. einer Motivationsveranstaltung zugunsten des Klägers steht für die Kammer somit im Vordergrund. Es fehlt damit an dem inneren Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Teilnahme an dem Brauereinachmittag bzw. Brauereiabend als weiteres tatbestandliches Merkmal des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Die Kammer hat davon abgesehen, die durch den Kläger benannten Zeuginnen L. L. und J. H. zu hören. Nach den Angaben des Klägers handelt es sich bei ihnen um Freunde bzw. Familienangehörige, die bekunden können sollten, dass der in München wahrgenommene und letztlich zum Unfall führende Termin für die Firma des Klägers besonders wichtig gewesen sei. Letztlich können diese beiden Zeuginnen jedoch nur die eigenen subjektiven Angaben des Klägers ihnen gegenüber bestätigen, mangels direkter Verbindung zu der Firma nicht aber belastbare Aussagen zu der objektiven Bedeutung des wahrgenommenen Termins für die Firma K. GmbH treffen. Schließlich hat die Kammer auch davon Abstand genommen, die beiden Mitarbeiter der in Dortmund ansässigen Firma K. GmbH, M. K. und R. M. als Zeugen zu hören. Die zu erwartenden Bekundungen, wie sie im Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 12. Februar 2018 wiedergegeben sind, werden nicht angezweifelt, genügen aber nicht, um die Überzeugung der Kammer von einem inneren Zusammenhang zwischen der betrieblichen Tätigkeit des Klägers und der Teilnahme an dem Brauereinachmittag zu begründen. Überdies findet sich in den Akten die ausführliche Stellungnahme der Firma K. GmbH vom 12. Oktober 2016, in der die Leiterin des Personalmanagements zu allen Umständen der Teilnahme des Klägers an der unfallbringenden Veranstaltung vom 19. September 2016 lückenlos vorgetragen hat. Zusätzliche Fragen haben sich für die Kammer aus dieser Stellungnahme nicht ergeben. Nach alledem war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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