L 2 AS 507/18 B ER und L 2 AS 508/18 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 26 AS 1744/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 507/18 B ER und L 2 AS 508/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 9. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

Der gesonderte Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 9. Juli 2018 in Bezug auf die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wird abgeändert. Den Antragstellern zu 1) und 2) sowie 4) bis 9) wird Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche einstweilige Rechtsschutzverfahren ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. bewilligt. Für die Antragstellerin zu 3) wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Antragsteller sind vom Antragsgegner und der Beigeladenen nicht zu erstatten.

Den Antragstellern zu 1) und 2) sowie 4) bis 9) wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. bewilligt. Für die Antragstellerin zu 3) wird der Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Kosten für das Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung darüber, ob die Antragsteller auf einen Antrag vom 20. Januar 2018 hin Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) haben. In der Sache geht es nach Beschränkung des Antrags durch den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller und der Rücknahme des Antrags für die Antragstellerin zu 3) noch um Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis zum 31. Juli 2018 für die übrigen Antragsteller. Außerdem begehren die Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.

Die Antragsteller sind rumänische Staatsangehörige. Der 1980 geborene Antragsteller zu 1) ist mit der 1984 geborenen Antragstellerin zu 2) seit dem 21. Oktober 2015 verheiratet. Die Antragsteller zu 3) bis 9) sind die gemeinsamen Kinder des Antragstellers zu 1) und der Antragstellerin zu 2). Ausweislich der in der Verwaltungsakte des Antragsgegners vorhandenen Kopien der Übersetzungen der Geburtsurkunden ist die Antragstellerin zu 3) am ... 2002, der Antragsteller zu 4) am ... 2005, der Antragsteller zu 5) am ... 2008, der Antragsteller zu 6) am ... 2007, die Antragstellerin zu 8) am ... 2010 und die Antragstellerin zu 9) am ... 2014 geboren. Der Antragsteller zu 7) wurde am ... 2012 geboren. Laut Verwaltungsakte des Antragsgegners hat die Geburtsurkunde für den Antragsteller zu 7) zum Antragszeitpunkt vorgelegen. Eine Kopie wurde allerdings nicht gefertigt und zur Akte genommen.

Nach ihrem Vortrag im gerichtlichen Verfahren sind die Antragsteller im Juni 2016 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, um dauerhaft hier zu leben und zu arbeiten. Laut der vorgelegten Meldebescheinigungen lebten die Antragsteller zunächst seit 7. Juli 2016 in der J ... Str. in B. D. und ab 1. Februar 2018 in der R. Str. in H ... Aus den beigezogenen Verwaltungsakten des Jobcenters Saalekreis ergibt sich, dass die Wohnung der Antragsteller in der J ... Str. in B. D. am 19. Oktober 2017 geräumt wurde. Aus diesem Grund wurden sie vom Einwohnermeldeamt in B. D. zum 19. Oktober 2017 nach unbekannt verzogen abgemeldet. Auf Nachfrage erklärte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller mit Schreiben vom 6. und 12. November 2018, die Antragsteller seien nach Zwangsräumung und anschließender Wohnungslosigkeit im Dezember 2017 in einem Notquartier, in einer von Bekannten überlassenen Wohnung in der F.F.-Str. in H. untergekommen. Ein Mietvertrag für diese Wohnung existiere nicht. Ohne Mietvertrag habe auch keine polizeiliche Meldung erfolgen können. Die Antragsteller hätten dann Anfang Dezember 2017 beim Antragsgegner versucht, einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II zu stellen. Bereits die Antragstellung sei seitens des Antragsgegners verweigert worden, da keine Meldebescheinigung existierte. Nach Zuzug in die R. Str. in H. beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner am 20. Februar 2018 Leistungen nach dem SGB II.

Laut Mietvertrag bewohnen die Antragsteller in der R. Str. in H. eine 3-Raum-Wohnung mit einer Gesamtwohnfläche von 57,05 qm für eine monatliche Gesamtmiete i.H.v. 477,90 EUR. Davon entfallen 313,76 EUR auf die Grundmiete, 68,44 EUR auf die Vorauszahlung Betriebskosten und 95,70 EUR auf die Vorauszahlung Heiz- und Warmwasserkosten.

Mit dem Erstantrag beim Antragsgegner hatte der Antragsteller zu 1) eine Gewerbeanmeldung vom 10. Juni 2016 über ein unter seiner ehemaligen Wohnanschrift in B. D. geführtes Gewerbe mit dem Inhalt "M- und S" (Beginn der Tätigkeit am 10. Juni 2016) sowie eine Gewerbeanmeldung vom 27. Februar 2018 über ein unter seiner derzeitigen Wohnanschrift R. Str. in H. geführtes Gewerbe mit dem Inhalt "Sammeln von Altmetall" (Beginn der Tätigkeit am 1. Februar 2018) vorgelegt. Darüber hinaus legte er eine auf das angemeldete Gewerbe bezogene Steuernummernvergabe vom 12. Mai 2017 und eine Anzeige von Sammlern, Beförderern, Händlern und Maklern von Abfällen nach § 53 KrWG vom 25. Mai 2017 sowie die Bestätigung der vollständigen Anzeige vom zuständigen Umweltamt vom 14. Juli 2017 vor. Im Rahmen der Anlage EKS hatte er für den Monat November 2017 Betriebseinnahmen i.H.v. 243,88 EUR, für Dezember 2017 i.H.v. 0,00 EUR, für Januar 2018 i.H.v. 398,00 EUR und für Februar 2018 i.H.v. 267,80 EUR angegeben. Diese Angaben hatte er belegt mit Wägescheinen der Firma M. R. In der vorläufigen EKS hatte er für die Monate Februar bis Juli 2018 jeweils Betriebseinnahmen i.H.v. 200,00 EUR monatlich prognostiziert. Im "Fragebogen Arbeitslosengeld II zur selbständigen Tätigkeit" hatte der Antragsteller zu 1) angegeben, dass er seine selbständige Tätigkeit an 4-5 Tagen und ca. 30 Stunden/Woche ausübe. Den Arbeitsablauf beschrieb er so, dass er mit seinem Neffen N C um 8 Uhr mit dem Auto losfahre, durch die Stadt gehe und nach Schrott frage. Einen Führerschein und einen Pkw/Lkw/Transporter besitze er nicht. Im "Fragebogen zum Hauptantrag Arbeitslosengeld II" gaben der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) an, dass sie über keine Deutschkenntnisse, keine Schulbildung und keine Lehrausbildung verfügen. Des Weiteren legten die Antragsteller eine Bescheinigung über den Bezug von Kindergeld und Kinderzuschlag der Bundesagentur für Arbeit vom 2. März 2018 vor, wonach die Antragstellerin zu 2) am 16. Januar 2018 und am 13. Februar 2018 jeweils 1.488 EUR für 7 Kinder (mit handschriftlichem Vermerk "inkl. M i. R") bezogen hat.

Darüber hinaus war der Antragsteller zu 1) im Juli 2017 nichtselbständig zu einem monatlichen Entgelt von 450 EUR beschäftigt. Diesbezüglich hatte der Antragsteller zu 1) einen Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung mit der P B & S GmbH geschlossen, nachdem er mit Wirkung ab dem 5. Juli 2017 als Bauhelfer eingestellt wurde. Diesbezüglich hat der Antragsteller zu 1) erklärt, dass er dort ca. 2 Wochen gearbeitet hat. Es habe sich um ein Arbeitsverhältnis auf Abruf gehandelt. Eine Kündigung existiere nicht, die Beendigung der Beschäftigung sei durch das arbeitgeberseitige Fehlen weiterer Einsätze erfolgt. Die P B & S GmbH habe zu der Zeit sehr viele Rumänen beschäftigt, aber wohl nicht bezahlt. Laut Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See war der Antragsteller zu 1) vom 5. Juli 2017 bis 31. Juli 2017 bei der Minijobzentrale als geringfügig Beschäftigter mit dem Beitragsschlüssel 6500 gemeldet gewesen.

Für die Antragsteller zu 3) und 9) bezogen die Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung Kindergeld von der Bundesagentur für Arbeit.

Nachdem die Antragsteller ihren Mitwirkungspflichten nicht vollumfänglich nachgekommen waren, versagte der Antragsgegner mit Bescheid vom 26. April 2018 die Leistungen ab 1. Februar 2018. Nach Vorlage der Kontoauszüge und einer Bescheinigung der Stadt H./S, Fachbereich Bildung, Unterhalt/Vaterschaft bezüglich der "Vaterschaftsanerkennung für die minderjährigen Kinder der Frau C. lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum Februar 2018 bis Juli 2018 mit Bescheid vom 28. Mai 2018 ab. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, die Antragsteller seien gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, da sie nicht nach § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt seien. Nach der von dem Antragsteller zu 1) eingereichten aktuellen Prognose werde ein Gewinn von 200,00 EUR monatlich erwartet. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation sei nicht dargelegt oder absehbar. Die Tätigkeit ziele nicht darauf ab, die Hilfebedürftigkeit zu überwinden. Auch erfolge die Abgabe der gesammelten Materialien unregelmäßig (zwei bis viermal im Monat) und Nachweise, woher diese stammen, seien nicht erbracht worden. Des Weiteren sei in Frage zu stellen, um was für Materialien es sich bei den abgegebenen Rohstoffen handele (private oder gewerbliche Abfälle). Ein Geschäftsmodell bzw. eine tatsächliche Teilnahme als Unternehmer am Gütermarkt sei ebenfalls nicht klar erkennbar. Hierbei erscheine nicht schlüssig, wie am Markt mit den potentiellen Auftraggebern kommuniziert werde, da laut Angaben keine bzw. kaum Deutschkenntnisse vorhanden seien. Nachweise in Form von Flyern oder Anzeigen der getätigten bzw. geplanten Sammlungen seien ebenfalls nicht erbracht worden. Auch könne ein Transport der gesammelten Rohstoffe (in den angegebenen Mengen) nicht nachvollzogen werden, da der Antragsteller zu 1) weder über einen Führerschein noch über ein eigenes Kfz verfüge.

Den dagegen erhobenen Widerspruch durch den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 4. Juni 2018 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2018 zurück. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen die Argumentation aus dem Bescheid vom 28. Mai 2018.

Dagegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller unter dem 25. Juni 2018 Klage beim Sozialgericht Halle. Diese wurde unter dem Az. S 26 AS 1822/18 geführt und mit Gerichtsbescheid vom 13. August 2018 abgewiesen. Ebenso lehnte das Sozialgericht Halle mit eben genanntem Gerichtsbescheid den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab. Mit Schreiben vom 23. August 2018 legte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller dagegen Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt ein. Dieses Verfahren wird unter dem Az. L 2 AS 591/18 geführt.

Bereits am 18. Juni 2018 hatte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Halle gestellt und begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern ab dem 1. Oktober 2017 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu zahlen und den Antragstellern Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Den Antrag hatte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller damit begründet, der Leistungsanspruch ergebe sich aus dem FreizügG/EU. Das erzielte Einkommen im Zeitraum Januar bis Mai 2018 mit insgesamt 1.965,82 EUR bzw. durchschnittlich 393,00 EUR monatlich sei auch nicht lediglich untergeordnet. Die Antragsteller würden außer diesen Einkünften nur über Kindergeld für die Antragsteller zu 3) bis 9) i.H.v. 1.488,00 EUR monatlich verfügen. Auf dem einzigen Girokonto befinde sich ein Guthaben i.H.v. lediglich 4,03 EUR. Demgegenüber stünden bereits monatliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 627,52 EUR. Dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz fügte der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller die Gewerbeanmeldung vom 10. Juni 2016, einen Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung vom 5. Juli 2017 mit Wirkung ab 5. Juli 2017 als Bauhelfer bei der P B & S GmbH, Schulbescheinigungen vom 5. Juni 2018 der Grundschule S für die Antragsteller zu 8) und zu 5) und der Sgrundschule M. vom 22. September 2017 für die Antragsteller zu 8), zu 5) und zu 6), die Meldebestätigung der Stadt H. vom 15. Februar 2018, den Mietvertrag sowie etliche Wägescheine der Firma M. Recycling (zum Teil unleserlich) und Kopien der Kontoauszüge für den Zeitraum 13. März 2018 bis 1. Juni 2018 bei. Aus den leserlichen Wägescheinen ergeben sich aus dem Verkauf von Schrott folgende Erlöse: 20. März 2018: 25,20 EUR, 27. März 2018: 328,29 EUR, 10. April 2018: 63,22 EUR, 20. April 2018: 133,03 EUR, 30. April 2018: 147,24 EUR, 22. Mai 2018: 165,55 EUR, 28. Mai 2018: 236,47 EUR.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2018 hat das Sozialgericht Halle den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt: Für den Leistungszeitraum Oktober 2017 bis Januar 2018 fehle es bereits am Anordnungsgrund. Für rückwirkende Zeiträume vor Eingang des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz könne keine Leistungsbewilligung im Rahmen des Eilverfahrens erfolgen. Ein Anordnungsanspruch auf Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende sei ferner nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II für die Antragsteller als Unionsbürger ausgeschlossen, wenn nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums keine andere materielle Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU als die der Arbeitssuche vorliege. Ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben, da die Selbständigeneigenschaft des Antragstellers zu 1) nicht glaubhaft sei. Die Antragstellerseite habe ihr Geschäftsmodell zur Teilhabe als Unternehmer am Gütermarkt weder darlegen noch plausibel erklären können. Dem Antragsteller zu 1) würden für eine erfolgreiche selbständige Tätigkeit sämtliche Voraussetzungen wie Deutschkenntnisse zur Kommunikation mit potentiellen Geschäftspartnern, Führerschein und Fahrzeug zum Transport von Altmetall, Lieferantenbeziehungen zur Rohstoffbeschaffung, eine Betriebsstätte und ein darauf aufbauendes nachhaltiges Geschäftsmodell fehlen. Es sei daher in Zweifel zu ziehen, ob der Antragsteller zu 1) tatsächlich in persona selbständig tätig geworden sei oder ob die Wägescheine aus Gefälligkeit auf seinen Namen ausgestellt worden sind. Jedenfalls fehle es an einer ernst zu nehmenden und nachhaltigen Gewinnerzielungsabsicht, denn eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage einer Tätigkeit, die perspektivisch eine Hilfebedürftigkeit zu überwinden vermöge, sei nicht im Ansatz erkennbar. Vielmehr würden die gegebenen Umstände dafür sprechen, dass die "Selbständigkeit" allein dem Zweck geschuldet sei, einen weiteren SGB II -Leistungsanspruch der Antragsteller zu generieren. Darüber hinaus bestünden schon Zweifel an einem Freizügigkeitsrecht, da sich dieses bei Unionsbürgern regelmäßig aus ihrer Arbeitssuche oder ihrer ausgeübten Beschäftigung ableite. Den erwerbsfähigen Antragstellern zu 1) und 2) stünde kein materielles Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche mehr zu, weil zwar angenommen werden könne, dass sie zum Zwecke der Arbeitssuche eingereist seien. Inzwischen könnten sie aber nicht mehr als "arbeitssuchend" gelten. Von einem Aufenthalt zur Arbeitssuche könne nur ausgegangen werden, wenn nach Ablauf einer gewissen Frist nachgewiesen werde, dass weiterhin mit konkreter Aussicht auf Erfolg Arbeit gesucht werde (vgl. BayVGH v. 16. Januar 2009 - 19 C 08.3271 -, zitiert nach juris). Nach dem EuGH seien sechs Monate als angemessene Frist zur Arbeitssuche anzunehmen. Eine begründete Aussicht, einen Arbeitsplatz zu finden, könne angenommen werden, wenn der Arbeitssuchende aufgrund seiner verwertbaren beruflichen Qualifikation und Kenntnisse, der deutschen Sprache sowie des aktuellen Arbeitsmarktbedarfs vor Ort mit seinen Bewerbungen eine realistische Chance auf Erlangung eines Arbeitsplatzes habe. Fehlten schon ernsthafte Bemühungen, eine bedarfsdeckende Beschäftigung aufzunehmen, sei eine konkrete Erfolgsaussicht zu verneinen. Nach zweijähriger Erwerbslosigkeit bestehe vorliegend für die Antragsteller keine begründete Aussicht, eingestellt zu werden. Nach Art. 7 EGRL 38/2004 hätten nicht erwerbstätige Unionsbürger nur dann ein Aufenthaltsrecht, wenn sie sich selbst unterhalten können. Durch den Bezug bzw. den Antrag auf Grundsicherungsleistungen mache ein Unionsbürger deutlich, dass er über keine ausreichenden eigenen Existenzmittel nach § 4 Satz 1 FreizügG/EU verfüge und daher auch kein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU bestehe. Die Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch Unionsbürger in einem Aufnahmemitgliedstaat könne daher unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit und den Abwägungsgründen in Art. 16 EGRL 38/2004 sogar zu dessen Ausweisung führen. Ein Anspruch aus dem Dritten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, da dem schon die Anwendungssperre des § 21 Satz 1 SGB XII entgegenstünde.

In seinem Beschluss vom 9. Juli 2018 hat das Sozialgericht Halle auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht wegen mangelnder hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Gegen den Beschluss haben die Antragsteller am 17. Juli 2018 Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt.

Die Antragsteller haben zur Beschwerdebegründung im Wesentlichen auf ihr Vorbringen vor dem Sozialgericht Halle verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller erklärt, streitgegenständlich sei der Zeitraum Februar bis Juli 2018 und antragserweiternd beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum 1. August 2018 bis Januar 2019 zu gewähren. Mit Schreiben vom 6. November 2018 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller dann auf Hinweis durch die Berichterstatterin dahingehend, dass dieser Antrag unzulässig ist, da bereits ein ablehnender Bescheid des Antragsgegners für diesen Zeitraum vom 16. Oktober 2018 existiere und deshalb das Sozialgericht Halle für seinen Antrag zuständig sei, den Antragserweiterungsantrag zurückgenommen und seinen Antrag auf den Zeitraum Juni und Juli 2018 beschränkt. Auf Vorhalt der Berichterstatterin, aus den Stellungnahmen der angefragten Schulen bzgl. des stattgefundenen Schulbesuchs der Antragsteller zu 3) bis 8) ergebe sich, dass sich die Antragstellerin zu 3) offensichtlich seit Sommer 2017 nicht mehr in Deutschland aufhalte, hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 12. November 2018 den Antrag der Antragstellerin zu 3) zurückgenommen.

Die Berichterstatterin hat im Erörterungstermin am 22. November 2018 die Stadt H. notwendig beigeladen.

Die Antragsteller zu 1) bis 2) und 4) bis 9) beantragen (sinngemäß),

1. den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 9. Juli 2018 abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen für Juni und Juli 2018 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

2. die Beigeladene hilfsweise zu verpflichten, vorläufig Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe für diesen Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu gewähren, weiter hilfsweise Leistungen nach dem § 23 SGB XII zu gewähren,

3. den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 9. Juli 2018 hinsichtlich der ablehnenden Prozesskostenhilfeentscheidung aufzuheben und ihnen Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Halle unter Beiordnung von Rechtsanwalt Born zu bewilligen und

4. ihnen für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Born zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Er hält den Beschluss des Sozialgerichts Halle für zutreffend.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Im Beschwerdeverfahren hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller etliche weitere Wägescheine von Schrotthändlern (R & B und M Recycling) zur Akte gereicht, aus denen sich folgende Verkaufserlöse ergeben: 19. Juni 2018: 89,40 EUR, 26. Juni 2018: 53,82 EUR, 4. Juli 2018: 245,70 EUR und 150 EUR (beides bei Rohstoffe & Bachinger, letzterer allerdings nur ausgestellt auf den Namen "C"), 6. August 2018: 57,00 EUR, 23. August 2018: 287,30 EUR, 10. September 2018: 137,09 EUR und 338,06 EUR.

Die Berichterstatterin hat Schulbescheinigungen für die schulpflichtigen Antragsteller eingeholt. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 hat die Siedlungsgrundschule B. D. mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 5) und der Antragsteller zu 6) ihre Einrichtung vom 31. Januar 2017 bis 19. Oktober 2017 und die Antragstellerin zu 8) vom 1. August 2017 bis 19. Oktober 2017 besucht haben. In diesem Zeitraum habe der Antragsteller zu 5) 11 Fehltage, der Antragsteller zu 6) 3 Fehltage und die Antragstellerin zu 8) keinen Fehltag gehabt. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2018 hat die Grundschule S mitgeteilt, dass die Antragsteller zu 5), 6) und 8) seit dem 11. April 2018 ihre Einrichtung besuchen. Der Antragsteller zu 7) werde ab dem Schuljahr 2019/2020 die Grundschule besuchen; eine Anmeldung sei ebenfalls am 11. April 2018 erfolgt. Bezüglich des Antragstellers zu 4) hat die Gemeinschaftsschule "J G B" in B. D. mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 mitgeteilt, dass dieser vom 3. April 2017 bis 23. Januar 2018 bei ihr gemeldet gewesen sei, die Schule jedoch kaum besucht habe. Die Schule hat diesbezüglich auf eine Anlage verwiesen, nach der sie gegenüber dem Landkreis Saalekreis - Ordnungsamt - unter dem 5. Januar 2018 eine Anzeige wegen Schulpflichtverletzung der Antragstellerin zu 3) erstattet hatte mit der Bemerkung, dass sich die Antragstellerin zu 3) nach Aussage ihres Bruders seit Sommer 2017 wieder in Rumänien aufhalte. Der Antragsteller zu 4) sei seit Oktober 2017 nicht mehr in der Schule gesehen worden. Ebenfalls mit Schreiben vom 18. Oktober 2018 hatte die Sekundarschule Am F. in H. mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 4) am heutigen Tag in ihrer Einrichtung aufgenommen worden sei. Die Anmeldung sei am 16. Oktober 2018 erfolgt. Bereits an seinem ersten Schultag habe er eine Stunde unentschuldigt gefehlt.

Die Berichterstatterin hat am 22. November 2018 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt, zu dem sie das persönliche Erscheinen der Antragsteller zu 1), zu 2) und zu 4) angeordnet und den Neffen des Antragstellers zu 1) als Zeugen geladen und vernommen hatte. In diesem Termin haben der Antragsteller zu 1) und der Zeuge u.a. übereinstimmend erklärt, dass sie die Wägescheine abwechselnd auf ihre Namen schreiben lassen. Der Zeuge hat einen Führerschein und einen Pkw Ford Transit mit einem bulgarischen Kennzeichen. Hinsichtlich der Kosten für den Pkw hat der Antragsteller zu 1) vorgetragen, dass er und sein Neffe sich die Kosten teilen (sowohl Benzin als auch Versicherung und Steuern), der Zeuge hat dagegen ausgesagt, dass die Kosten für das Benzin mal von ihm, mal vom Antragsteller zu 1) getragen werden würden, die Kosten für das Auto, welche im Jahr ca. 500,- EUR für Versicherung und ITP (= technische Überprüfung) betragen würden, bezahle er alleine. Auf die Frage der Berichterstatterin, wie und wie oft er Schrott sammle, hat er u.a. angegeben, dass er und sein Neffe früh losfahren und schauen würden, ob Leute "was rausgestellt haben". Des Weiteren hat der Antragsteller zu 1) erklärt, dass sie den Schrott im Auto oder in einer Garage lagern würden. Von wem er die Garage gemietet habe, wisse er nicht. Er müsse 20,00 EUR zahlen. Da er aber für die 20,00 EUR keine Quittung erhalten habe, habe er den Schlüssel zurückgegeben und benutze die Garage jetzt nicht mehr. Der Zeuge hat diesbezüglich bestätigt, dass der Antragsteller zu 1) mal eine Garage gehabt habe. Dies sei vor 5 bis 6 Monaten gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22. November 2018 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen schriftsätzlichen Vorbringens wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakte ergänzend verwiesen. Diese haben bei der Entscheidung vorgelegen und sind berücksichtigt worden.

II.

Der Rechtsbehelf der Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Halle vom 9. Juli 2018 über die Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg (dazu A.). Die Beschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) gegen die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist dagegen erfolgreich, nicht aber die Beschwerde der Antragstellerin zu 3). Den Antragstellern zu 1) und 2) und 4) bis 9) ist im Übrigen auch Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, für die Antragstellerin zu 3) ist der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (dazu B.).

A.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt den Berufungswert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG i.H.v. 750 EUR, denn die Antragsteller begehren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Juni 2018 bis 31. Juli 2018. Angesichts der geltend gemachten Regelbedarfe und in Anbetracht der Höhe des erzielten Einkommens aus ggf. noch laufendem Kindergeld (in der Verwaltungsakte des Antragsgegners ist nur eine Bescheinigung für Januar und Februar 2018 von der Bundesagentur für Arbeit über die Zahlung von Kindergeld enthalten, die zum Zeitpunkt des Erstantrags am 20. Februar 2018 vorlag) und den durch die Antragsteller behaupteten Einnahmen aus der Tätigkeit des Antragstellers zu 1) als Sammler von Altmetall für den streitgegenständlichen Zeitraum ist der Betrag von 750 EUR überschritten.

Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz zu Recht abgelehnt.

Rechtsgrundlage für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnungen ist § 86b Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist danach stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, und ein Anordnungsanspruch, also die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs, glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren nicht die volle richterliche Überzeugung vom Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b Rn. 16b). Wie bei anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit einer Tatsache nicht aus, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu erfüllen.

Hinsichtlich der Erfolgsaussichten ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen, wenn der Antragsteller mit der einstweiligen Anordnung bereits das im Hauptsacheverfahren verfolgte Ziel erreichen würde (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16. August 1979 - 1 WB 112/78 -, zitiert nach juris). Bei offenem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache, etwa weil eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, bei der insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einzubeziehen sind (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 1 BvR 569/05 -, zitiert nach juris).

1. Die Antragsteller haben keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

Für die von den Antragstellern zu 1) und 2) und 4) bis 9) begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II fehlt es an der Glaubhaftmachung einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines materiellen Leistungsanspruchs.

Zwar haben die Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und erfüllen damit die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Der Antragsteller zu 1) verfügte im streitigen Zeitraum aber nur über ein Freizügigkeitsrecht zur Arbeitsuche, weshalb er vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist und auch die übrigen Antragsteller kein Freizügigkeitsrecht von ihm ableiten können (dazu a.). Die Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) können auch nicht mit Erfolg geltend machen, wegen des Gegenstandes des Verfahrens 1 BvL 4/16 beim Bundesverfassungsgericht müssten ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II erbracht werden (dazu b.). Die Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) haben auch keinen Anspruch gem. § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII (dazu c.) Schließlich haben die Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) auch keinen Anspruch auf Übergangsleistungen nach § 23 Abs. 3 SGB XII (dazu d.).

a. Der Antragsteller zu 1) gehört zu dem Personenkreis, der vom Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1. Satz 1 Nr. 2b SGB II (in der seit dem 29. Dezember 2016 geltenden Fassung durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016, BGBl. I S. 3155) erfasst ist. Nach dieser Vorschrift sind Ausländerinnen und Ausländer, die zwar die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen, deren Aufenthaltsrecht sich aber allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, vom Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausgenommen. Alleine zum Zwecke der Arbeitsuche ergibt sich ein Aufenthaltsrecht für Ausländer, die Bürger eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union sind, aus § 2 Abs. 2 Nr. 1a des Gesetzes über die Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU). Danach sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. Mit den Bestimmungen des FreizügG/EU werden die Regelungen zur Freizügigkeit von Bürgern der Europäischen Union nach Unionsrecht in nationales Recht der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt. Nach Maßgabe des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger haben ein Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU). Ausgehend von dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b SGB II ist somit zu prüfen, ob sich für die Betroffenen ein Aufenthaltsrecht auch oder überhaupt aus einem anderen Rechtsgrund als dem der Arbeitssuche ergibt.

Im Falle der Antragsteller ergibt sich ein solches Aufenthaltsrecht nicht aus einer anderen Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU.

Dem Antragsteller zu 1) steht kein Recht auf Freizügigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU zu. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU sind unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige).

Wie der Senat bereits entschieden hat, macht die Legaldefinition in § 2 Abs. 2

Nr. 2 FreizügG/EU deutlich, dass es nicht allein auf die Berechtigung zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit ankommt. Vielmehr muss – abgesehen von den Fällen des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU – die selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt werden (vgl. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG vom 29. April 2004, Amtsblatt der Europäischen Union L 158, 77). Selbständig ist eine Tätigkeit, wenn sie nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses in Bezug auf die Wahl dieser Tätigkeit, die Arbeitsbedingungen und das Entgelt, in eigener Verantwortung und gegen ein Entgelt, das dem Tätigen vollständig und unmittelbar gezahlt wird, ausgeübt wird (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), Urteil vom 20. November 2001 in der Rechtssache Jany u.a. - C-268/99 - juris, Rn. 71; vgl. auch Senatsbeschluss vom 24. Mai 2016 - L 2 AS 182/16 B ER -, zitiert nach juris; Senatsbeschluss vom 29. September 2016 - L 2 AS 495/16 B ER - nicht veröffentlicht).

Wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen Risiken, die Arbeitnehmer und Selbständige mit ihrer Tätigkeit eingehen, muss es bei der Prüfung der wirtschaftlichen Relevanz der Tätigkeit eines Selbständigen nicht allein auf den Umfang der Einnahmen ankommen. Zu berücksichtigen sein können auch die von ihm im Zusammenhang mit der Aufnahme der Tätigkeit eingegangenen Verpflichtungen gegenüber anderen. Dabei kann es sich um Risiken handeln, denen sich der selbständig tätige Unionsbürger gegenüber Trägern öffentlicher Verwaltung aussetzt (z.B. gegenüber den Trägern der Sozialversicherung bei Beschäftigung Dritter), aber auch um gegenüber Privaten eingegangene Verbindlichkeiten (z.B. bei Leasing eines Firmenfahrzeugs, Anmietung von Geschäftsräumen). Allerdings muss auch berücksichtigt werden, dass nicht mit jedem Gewerbe die regelhafte Eingehung auf eine gewisse Dauer angelegter Verpflichtungen verbunden sein muss (vgl. Reisegewerbe). Je geringer eingegangene wirtschaftliche Risiken sind, desto eher gleicht sich die Selbständigkeit in ihrer Bedeutung für die Teilnahme des Unionsbürgers am Wirtschaftsleben der Arbeitnehmertätigkeit an. Andererseits kann in diesen Fällen - ebenso wie bei einem Arbeitnehmer - verstärktes Gewicht auf die Regelmäßigkeit der Ausübung der Tätigkeit zu legen sein. In diesem Sinne kann zum Beispiel die nur gelegentliche Erbringung handwerklicher Leistungen Anhaltspunkt für eine fehlende wirtschaftliche Relevanz der Tätigkeit sein (vgl. Hailbronner, AuslR, Kommentar, Stand Einzellieferung April 2013, § 2 FreizügG/EU, Rz. 52).

Das Erfüllen der Anforderungen an die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit hat der Antragsteller zu 1) nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsteller zu 1) hat nicht glaubhaft gemacht, dass er die Anforderungen an eine tatsächliche Ausübung der selbständigen Tätigkeit erfüllt.

Der Senat hat bereits in den Entscheidungen vom 19. Dezember 2018 - L 2 AS 88/18 B ER - und vom 7. Januar 2019 - L 2 AS 533/18 B ER - die Rechtsauffassung vertreten, dass alleine die Vorlage von Nachweisen über erzielte Einkünfte aus Schrottverkäufen nicht ausreicht, um eine selbständige Tätigkeit als Schrotthändler nachzuweisen, d.h. allein die Vorlage der Bescheinigungen über die Abgabe von Metallschrott auf den Namen des Antragstellers zu 1) reicht hierfür nicht aus. Diese Quittungen sagen nichts darüber aus, welche Personen auf welche Weise (ob legal oder illegal – siehe dazu die rechtlichen Ausführungen im Beschluss des Senats vom 7. Januar 2019 - L 2 AS 533/18 B ER) den Schrott gesammelt bzw. erworben haben und ob der Antragsteller zu 1) hierbei selbständig gehandelt, für einen anderen tätig war oder ob der Schrott von Personen des (erweiterten) Familienverbundes gesammelt wird und jeweils von der Person eingeliefert wird, für die es leistungsrechtlich aktuell von Bedeutung ist, eine selbständige Tätigkeit nachzuweisen. Auch die Vorlage von Anzeigen nach §§ 53, 18 KrWG usw. reichen hierfür nicht aus. Bei diesen handelt es sich um reine "Formalpapiere" (vgl. BFH, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - X B 23/16 -, juris Rn. 26) bei denen keine gesonderte Prüfung der tatsächlichen Ausübung der selbständigen Tätigkeit erfolgt.

Die Aussagen des Antragstellers zu 1), dass er und der Zeuge die Wägescheine abwechselnd jeweils auf ihre Namen haben schreiben lassen und dass der Antragsteller zu 1) weder einen Führerschein besitzt noch ein Auto und dass er sich - abgesehen von Benzinkosten - nicht an den Kosten des Autos beteiligt, sprechen gegen eine eigene selbständige Tätigkeit i.S. der o.g. Definition. Diesbezüglich hatte der Antragsteller zu 1) zwar vorgetragen, dass er sich auch an den sonstigen Kosten für das Auto beteilige, dies wurde aber vom Zeugen nicht bestätigt. Auch die Tatsache, dass dem Antragsteller zu 1) zwischenzeitlich eine Garage zur Verfügung stand, um den Schrott zu lagern, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Zwar kann u.a. das Vorhandensein einer Lagerstätte ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit sein, dies allein reicht aber nicht aus, da auch ein Kleingewerbe im Bereich des Schrotthandels gewisse Mindestvoraussetzungen für eine ernsthafte Teilnahme am Wirtschaftsleben erfordert. Es bedarf einer nachvollziehbaren legalen Geschäftsidee, der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit und der erforderlichen Ausrüstung, um eine solche selbständige Tätigkeit durchzuführen. Abgesehen davon, dass die Aussagen über die Garage vom Antragsteller zu 1) und dem Zeugen nicht in Gänze nachvollziehbar waren, da nicht klar wurde, ob der Antragsteller zu 1) und der Zeuge diese Garage überhaupt genutzt haben oder ihnen diese nur kurzzeitig zur Verfügung stand, bis der Antragsteller zu 1) den Schlüssel an den Vermieter, von dem er nicht mehr wusste, wer das war, zurückgegeben hat, würde dieser Umstand allein auch noch nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit führen. Vielmehr sprechen die übrigen Umstände, dass der Antragsteller zu 1) lediglich im Auto des Zeugen mitfährt, über keine Deutschkenntnisse und keinen Führerschein verfügt, dafür, dass er im Rahmen einer familiären Mithilfe seinem Neffen beim Schrottsammeln geholfen hat, ohne selbst tatsächlich eigenverantwortlich ein Gewerbe auszuüben.

Dem Antragsteller zu 1) steht auch kein Recht auf Freizügigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu. Die Antragsteller zu 1) und 2) haben schon nicht vorgetragen, dass sie derzeit eine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausüben. Sie können sich deshalb nicht auf ein an eine ausgeübte Erwerbstätigkeit anknüpfendes Freizügigkeitsrecht nach dem FreizügG/EU, das ihnen ein Aufenthaltsrecht vermitteln würde, berufen.

Auch aufgrund der vom Antragsteller zu 1) im Juli 2017 ausgeübten Erwerbstätigkeit ergibt sich kein Freizügigkeitsrecht. Dem Antragsteller zu 1) stand schon während der Ausübung der Beschäftigung kein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu, weil er nicht Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU i.V.m. Art. 45 Abs. 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU i.d.F. von 2016 - ex Art. 39 EGV) war. Der Arbeitnehmerbegriff i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist deckungsgleich mit dem unionsrechtlichen Begriff, der der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu Grunde liegt, da das FreizügG/EU der Umsetzung der sog. Unionsbürger- oder Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG dient (siehe dazu auch LSG Hessen, Beschluss vom 7. Januar 2015 - L 6 AS 815/14 B ER -, juris Rn. 9). Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff wird weder durch den AEUV noch durch das sekundäre Unionsrecht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff des Arbeitnehmers ein Begriff des Unionsrechts, der nicht eng auszulegen ist. Der EuGH definiert dabei den Arbeitnehmerbegriff anhand von objektiven Kriterien, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht danach darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Damit definiert der EuGH den Arbeitnehmerbegriff unter Zugrundelegung dreier Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen:

- die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit,

- ein Über-/Unterordnungsverhältnis und

- ein Entgelt.

Dabei gilt als weitere einschränkende Voraussetzung, dass als Arbeitnehmer nur angesehen werden kann, wer eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, die nicht einen so geringen Umfang hat, dass es sich um völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeiten handelt (EuGH, Urteil vom 3. Juli 1986 - Rs. 66/85 - Lawrie-Blum, Slg. 1986, 2121, Rn. 17; Urteil vom 26. Februar 1992 - Rs. C-3/90 - Bernini, Slg. 1992, I1071, Rn. 14; Urteil v. 26. Februar 1992 - Rs. C-357/89 - Raulin, Slg. 1992, I-1027, Rn. 10; Urteil vom 18. Juli 2007 - Rs. C-213/05 – Geven, Slg. 2007, I-6347, Rn. 27; Urteil vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09 – Genc -, juris Rn. 26 f.; siehe dazu auch Dienelt in: Bergmann u.a., Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, § 2 FreizügG/EU Rn. 38 ff. m.w.N.). Zwar kann allein von einer bestimmten geringen Wochen- oder Monatsarbeitszeit, einem nicht existenzsichernden Lohn oder dem Umstand, dass der Beschäftigte seine Arbeitskraft "auf Abruf" zu erbringen hat, noch nicht auf eine völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit geschlossen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 1992 - Rs. C-357/89 - Raulin, Slg. 1992, I-1027, Rn. 10; Urteil vom 18. Juli 2007 - Rs. C-213/05 - Geven, Slg. 2007, I-6347, Rn. 27; Dienelt, a.a.O., Rn. 40). Erst wenn im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung mehrere Umstände bezüglich der Dauer(haftigkeit) und des wöchentlichen oder monatlichen Umfangs, u.U. auch umfangspezifische Ausprägungen des Über-/ Unterordnungsverhältnisses oder des Entgelts eine entsprechende Atypik aufweisen, kann von einer völlig untergeordneten und unwesentlichen Tätigkeit ausgegangen werden, z.B. bei Zusammentreffen von Unregelmäßigkeit und von vornherein beschränkter Dauer (LSG Hessen, Beschluss vom 7. Januar 2015 - L 6 AS 815/14 B ER -, juris Rn. 9 m.w.N.).

Der Tätigkeit des Antragstellers zu 1) fehlte es nach Auffassung des Senats zumindest an der Voraussetzung der erforderlichen Dauerhaftigkeit. Der bloße Umstand, dass eine unselbständige Tätigkeit von kurzer Dauer ist, führt zwar als solcher nicht dazu, dass diese Tätigkeit vom Anwendungsbereich des Art. 45 AEUV ausgeschlossen ist (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2009, C-22/08 –, juris Rn. 29 mit Verweis auf Urteile vom 26. Februar 1992, Bernini, C-3/90, Slg. 1992, I-1071, Rn. 16, und vom 6. November 2003, Ninni-Orasche, C-413/01, Slg. 2003, I-13187, Rn. 25). Vielmehr ist der Dauerhaftigkeit nur dann erfüllt, wenn derjenige, der die Arbeit verrichtet, sich mit der Arbeit vertraut machen kann und/oder die verrichtete Arbeit für den Arbeitgeber einen wirtschaftlichen Wert hat (Dienelt, a.a.O., Rn. 48). Der Antragsteller zu 1) hatte laut seinem Arbeitsvertrag mit der P B & S GmbH vom 5. Juli 2017 zwar Anspruch auf Entlohnung und Urlaub. Er war für den 5. Juli 2017 bis 31. Juli 2017 auch bei der Minijobzentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeldet. Nach seinen eigenen Angaben hat er diese Tätigkeit, für die er wohl auch nicht bezahlt wurde, aber lediglich für zwei Wochen ausgeübt. Das Arbeitsverhältnis war lediglich auf Abruf und endete faktisch dadurch, dass die P B & S GmbH den Antragsteller zu 1) nicht mehr einsetzte. Es ist schon fraglich, ob sich der Antragsteller zu 1) innerhalb von zwei Wochen mit der Arbeit als Bauhelfer tatsächlich vertraut machen konnte. Jedenfalls dürfte der wirtschaftliche Wert dieser Tätigkeit für die P B & S GmbH so marginal gewesen sein, dass sie im Grunde nicht ins Gewicht gefallen sein dürfte. Dafür spricht zum einen der Umstand, dass die P B & S GmbH nach Aussage des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller im Jahr 2017 viele Rumänen beschäftigt hatte und zum anderen auch, dass der Antragsteller zu 1) nach diesen zwei Wochen nicht mehr zu Einsätzen gerufen wurde. Der Senat schätzt die Tätigkeit des Antragstellers demnach als völlig untergeordnet und unwesentlich im Sinne der ständigen Rechtsprechung des EuGH ein.

Da der Antragsteller zu 1) im Zeitraum vom 5. Juli 2017 bis 31. Juli 2017 nicht Arbeitnehmer i.S. der o.g. Definition gewesen ist, kommt auch eine Fortwirkung einer Freizügigkeitsberechtigung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU nicht in Betracht. Diese wäre ohnehin für den streitgegenständlichen Zeitraum ohne Belang, da nach dieser Vorschrift bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung das Recht aus Absatz 1 lediglich während der Dauer von sechs Monaten unberührt bleibt und diese sechs Monate im streitgegenständlichen Zeitraum schon abgelaufen waren.

Mangels eines Freizügigkeitsrechts des Antragstellers zu 1) können auch die anderen Antragsteller kein Freizügigkeitsrecht als Familienangehörige nach § 3 FreizügG/EU mit Erfolg geltend machen.

b. Die Antragsteller können auch nicht mit Erfolg geltend machen, wegen des Gegenstands des Verfahrens 1 BvL 4/16 beim Bundesverfassungsgericht müssten ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II erbracht werden. Denn dieses Verfahren bezieht sich auf die frühere und nicht auf die aktuelle Rechtslage (vgl. hierzu weitere Ausführungen des Senates in L 2 AS 575/17 B ER).

c. Die Antragsteller können auch keinen Anspruch aus der zu § 23 Abs. 1

Satz 3 SGB XII in der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Fassung ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (u.a. Urteile vom 3. Dezember 2015 - B 4 AS 43/15 R - und - B 4 AS 44/15 R -, zitiert nach juris, Urteil vom 20. Januar 2016 - B 14 AS 35/15 R -, zitiert nach juris) herleiten. Denn nachfolgend ist mit dem Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 neben der Ergänzung der Ausschlusstatbestände im SGB II deren Anpassung auch im SGB XII erfolgt. Durch die neue Formulierung in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII: "Ausländer und ihre Familienangehörigen erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1), sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (Nr. 2), sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nummer 2 aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist (Nr. 4), ableiten oder sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen (Nr. 4)." werde klargestellt, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 zusteht, noch dass ihnen Leistungen im Ermessenswege gewährt werden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/10211, S. 16).

Einer Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Rechtslage sind damit durch den Wortlaut der Vorschrift, den in der Begründung des Gesetzentwurf niedergelegten Sinn und Zweck der Regelung sowie den Gesetzesmaterialien eindeutige Grenzen gezogen. Auch die Rechtsprechung des Senates zu der früheren Rechtslage kann nicht zur Begründung eines Anspruches nach der aktuellen Rechtslage herangezogen werden.

d. Leistungen zur Unterstützung bei der Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland nach § 23 Abs. 3 Satz 3 bis 6 SGB XII kommen ebenfalls nicht in Betracht. Danach hat der Personenkreis derer, die nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 i.V.m. Satz 2 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII (und dem SGB II) ausgeschlossen sind, nach § 23 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 SGB XII Anspruch auf sog. Überbrückungsleistungen einmalig für die Dauer von maximal einem Monat im Zeitraum von zwei Jahren. Ausländische Personen sollen damit einmalig Leistungen für einen Zeitraum bis zur Ausreise längstens jedoch für einen Monat Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege sowie die angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft erhalten. Der Gesetzgeber ging bei dieser Regelung davon aus, dass es im Zeitraum von einem Monat in jedem Fall möglich ist, innerhalb der EU eine angemessene Rückreisemöglichkeit zu finden (zum Beispiel mit dem Bus – siehe dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 18/10299, S. 16). Schon nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 3 bis 6 SGB XII ermöglicht diese Vorschrift lediglich Leistungen für eine zeitliche befristete Bedarfslage bis zur Ausreise. Eine solche liegt hier aber nicht (mehr) vor, da die Antragsteller beim Antragsgegner schon einen Weiterbewilligungsantrag ab August 2018 gestellt hatten und insoweit Leistungen nach dem SGB II für den laufenden Zeitraum begehren und keine Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 bis 6 SGB XII. Diese Vorschrift kann demzufolge nur greifen, wenn von dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auch noch der laufende Zeitraum erfasst ist, da es sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift widerspricht, rückwirkend Überbrückungsleistungen zu gewähren. Diese wurden zum Ablauf des streitigen Zeitraums offensichtlich weder benötigt noch begehrt. Insofern hat sich der hilfsweise Antrag auf Überbrückungsleistungen durch die Neuantragstellung auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II überholt.

2. Wegen des Fehlens der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr zu prüfen. Ist der Antrag offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antragsteller nicht schutzwürdig. Der Antrag auf einstweilige Anordnung ist in diesem Fall – selbst wenn ein Anordnungsgrund gegeben ist – abzulehnen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b Rn. 29).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

B.

Den Antragstellern zu 1) und 2) und 4) bis 9) ist Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.

Die Beschwerde gegen den ablehnenden PKH-Beschluss vom 9. Juli 2018 ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch statthaft, weil in der Hauptsache der Wert des Beschwerdegegenstands von 750,01 EUR erreicht wird, § 172 Abs. 3 Nr. 2b in Verbindung mit § 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der Erfolg in dem Verfahren zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 1 BvR 94/88 - zitiert nach juris). Hinreichende Erfolgsaussichten sind insbesondere dann anzunehmen, wenn bei der Entscheidung schwierige und bislang nicht ausreichend geklärte Rechtsfragen zu beantworten sind. Sind bei der Entscheidung tatsächliche Umstände ausschlaggebend, läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres Rechtsschutzbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert wird, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde (vgl. BVerfG a.a.O. sowie Beschluss vom 1. Juli 2009 m.w.N. - 1 BvR 560/08 - zitiert nach juris). Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt allerdings dann nicht in Betracht, wenn ein Obsiegen in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist (so BSG, Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 - zitiert nach juris).

Nach diesem Maßstab ist den Antragstellern zu 1) und 2) und 4) bis 9) trotz Erfolglosigkeit des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache sowohl für das erstinstanzliche Verfahren als auch im Beschwerdeverfahren PKH zu bewilligen. Der Vortrag der Antragsteller hat zumindest Anlass gegeben, weitere Ermittlungen in tatsächlicher Art durchzuführen. Darüber hinaus waren bei der Entscheidung schwierige und bislang vom Senat in diesem Umfang nicht ausreichend geklärte Rechtsfragen zu klären, so dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden konnte, dass ein Obsiegen in der Hauptsache ausgeschlossen ist.

Ausweislich der eingereichten PKH-Unterlagen sind die Antragsteller zu 1) und 2) und 4) bis 9) prozesskostenhilfebedürftig.

Für die Antragstellerin zu 3) hat der Prozessbevollmächtigte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgenommen. Da sich die Antragstellerin zu 3) offensichtlich seit Sommer 2017 nicht mehr in Deutschland aufhält, war ihr Antrag auch von Beginn an ohne Aussicht auf Erfolg, so dass ihr Antrag auf PKH für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Sozialgericht Halle und auch ihre Beschwerde gegen den diesbezüglich ablehnenden Beschluss vom 9. Juli 2018 abzulehnen bzw. zurückzuweisen waren.

Kosten des Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahrens sind nach § 202 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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