L 8 R 800/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 7 R 907/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 800/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.7.2016 geändert. Der Bescheid vom 20.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2014 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Tagespflegerin für die Klägerin vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für den gesamten Rechtsstreit auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in ihrer Tätigkeit als Tagespflegerin für die Klägerin vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Die Klägerin betreibt eine Kindertagesstätte in der N-straße in L. Im Rahmen eines Pilotprojektes "Erweiterte und flexible Öffnungszeiten in Tageseinrichtungen für Kinder N-straße" bot sie über die Kinderbetreuung in der Kindertagesstätte hinaus eine so genannte Randzeitenbetreuung in Form der Kindertagespflege gem. § 22 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) an. Kindertageseinrichtungen betreuen die Kinder maximal 45 Stunden in der Woche. Benötigen Eltern darüber hinaus Betreuungszeiten, um Familie und Beruf zu vereinbaren, können diese vor oder nach der institutionellen Betreuung über Tagespflegepersonen abgedeckt werden. Diese Kindertagespflege erfolgte durch die Beigeladene zu 1) und eine weitere Tagespflegeperson an fünf Tagen pro Woche. Die Betreuung der Kinder erfolgte auf der Grundlage einer so genannten "Verbindlichen Erklärung" zu dem zusätzlichen, über die Öffnungszeiten der Tageseinrichtung für Kinder hinausgehenden Betreuungsbedarf, die von den Erziehungsberechtigten und der Tagespflegeperson unterzeichnet wurde. Vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Erziehungsberechtigten bestanden nicht.

Auf ihren Antrag vom 16.4.2012 erteilte das Amt für Kinder, Jugend und Familie der Klägerin mit Bescheid vom 1.10.2012 der Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zur Kindertagespflege gem. § 43 SGB VIII für Randzeitenbetreuung in den Räumen der Städtischen Kindertagesstätte N-straße, N-straße 00, L, für den Zeitraum vom 21.9.2012 bis 31.12.2012 für die gleichzeitige Betreuung von maximal fünf Kindern. In der Begründung dieses Bescheides wurde u.a. ausgeführt, dass für die Tätigkeit als Kindertagespflegeperson eine Pflegeerlaubnis gem. § 43 Abs. 1 SGB VIII erforderlich sei, da die Antragstellerin Kinder außerhalb des Haushaltes der Erziehungsberechtigten in anderen Räumen während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen wolle. Weiter wird ausgeführt, dass Kindertagespflegepersonen verpflichtet seien, die ihnen anvertrauten Kinder auf der Grundlage des § 22 Abs. 3 SGB VIII zu erziehen, zu bilden und zu betreuen, wobei sie die erzieherischen Entscheidungen der Eltern zu achten hätten. Nach den Ausführungen im Anhang des Bescheides haben Kindertagespflegepersonen gem. § 43 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuungstätigkeit bedeutsam sind. Wegen der im Einzelnen aufgeführten Regelbeispiele wird auf den Anhang Bezug genommen.

Unter dem 25.2.2013 erhielt die Beigeladene zu 1) vom Bundesverband für Kindertagespflege e.V. das Zertifikat als "Qualifizierte Kindertagespflegeperson".

Für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.7.2014 erteilte die Klägerin der Beigeladenen zu 1) entsprechende Pflegeerlaubnisse, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) lagen schriftliche "Aufträge" der Klägerin vom 1.10.2012 und 20.9.2013 zugrunde. Der Auftrag vom 1.10.2012 lautete auszugsweise wie folgt:

" ...

1. Frau C
...
wird hiermit beauftragt, folgende Honorartätigkeit auszuführen:

Frau C führt im Rahmen des Pilotprojektes "Erweiterte und flexible Öffnungszeiten in Tageseinrichtungen für Kinder" N-straße den Part der Vertretung in Randzeitenbetreuung durch Kindertagespflege aus. Das duale Betreuungssystem beinhaltet, neben der institutionellen Betreuung von Kindern in Höhe von mindestens 45 Stunden wöchentlicher Öffnungszeit, die zusätzliche Betreuung dieser Kinder durch Randzeitenbetreuung in Form der Kindertagespflege.

Der Auftragnehmer führt die Kindertagespflege als selbständig tätige Tagespflegeperson aus und ist nicht weisungsgebunden.

2. Frau C erhält ein Honorar in Höhe von 10,00 EUR/Std. und Kind für die erbrachte Leistung. Das Honorar wird bargeldlos überwiesen. Für die Versteuerung des Honorars ist der Auftragnehmer verantwortlich.

3 ...

4. Frau C ist verpflichtet, Ansprüche aus dem Auftrag innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Wochen nach Erledigung der Honorartätigkeit geltend zu machen.

5. Die Rechnungstellung erfolgt dreifach.

6. Der Auftrag beginnt am 21.9.2012. Der Auftrag endet mit Beendigung des o.g. Projektes bzw. wenn der Bedarf an Randzeitenbetreuung in der o.g. Tageseinrichtung für Kinder nicht mehr vorhanden ist, oder die Leistung nicht erbracht wird, spätestens aber am 31.12.2012, da Frau C den Qualifizierungskurs noch nicht beendet hat.

... "

Ziff. 6 des Auftrages vom 20.9.2013 lautete bei im Übrigen weitestgehend identischem Wortlaut:

"6. Der Auftrag beginnt am 1.8.2013 endet am 31.7.2014 bzw. wenn der Bedarf an Randzeiten-betreuung in der o.g. Tageseinrichtung für Kinder nicht mehr vorhanden ist, oder die Maßnahme beendet wird."

Für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) vom 1.1. bis 31.7.2013 erfolgte eine entsprechende mündliche Erteilung des "Auftrags". Auf den weiteren Inhalt der der Beigeladenen zu 1) erteilten "Aufträge" wird Bezug genommen.

Für ihre Tätigkeit als Tagespflegerin erhielt die Beigeladene zu 1) auf der Grundlage von ihr gestellter Rechnungen nebst Tätigkeitsnachweisen von der Klägerin folgende Vergütungen:

Rechnung vom

- 27.9.2012: 105,00 EUR
- 19.10.2012: 350,00 EUR
- 26.11.2012: 300,00 EUR
- 13.12.2012: 315,00 EUR

- 16.1.2013: 350,00 EUR
- 19.2.2013: 300,00 EUR
- 16.3.2013: 240,00 EUR
- 16.4.2013: 390,00 EUR
- 18.5.2013: 330,00 EUR
- 15.6.2013: 370,00 EUR
- 18.7.2013: 290,00 EUR
- 20.8.2013: 240,00 EUR
- 26.8.2013: 120,00 EUR
- 17.9.2013: 755,00 EUR
- 19.10.2013: 765,00 EUR
- 13.11.2013: 1.030,00 EUR
- 11.12.2013: 660,00 EUR

- 13.1.2014: 950,00 EUR
- 12.2.2014: 970,00 EUR
- 12.3.2014: 920,00 EUR
- 11.4.2014: 1.160,00 EUR
- 12.5.2014: 1.120,00 EUR
- 11.6.2014: 360,00 EUR
- 10.7.2014: 340,00 EUR
- 20.8.2014: 270,00 EUR

Mit dem am 30.10.2013 gestellten Statusfeststellungsantrag begehrte die Beigeladene zu 1) die Feststellung der Beklagten nach § 7a Abs. 1 SGB IV, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. In ihrer Tätigkeit als Kindertagespflegerin sei sie nicht weisungsgebunden gegenüber der Leitung der Kindertagesstätte oder dem Jugendamt. Sie tausche sich lediglich mit den Erziehern kurz über eventuelle Besonderheiten aus, welche für ihre Weiterbetreuung nötig seien. Anschließend gingen die Erzieher nach Hause. Dann entscheide sie, wie sie den Nachmittag mit den Kindern gestalte. Die Kinder seien zu unterschiedlichen Zeiten angemeldet. Sie sei an drei Wochentagen tätig, an den zwei weiteren Tagen würden die Kinder von einer weiteren zertifizierten Tagespflegeperson betreut. Im Falle ihrer Verhinderung übernehme die weitere Tagespflegeperson die Betreuung der Kinder. Bei Besonderheiten und Problemen bestimmter Kinder gebe es auch vereinbarte Gesprächstermine mit den Erziehern und/oder der Kita-Leitung. Das Kita-Personal und die Randzeitenbetreuer arbeiteten diesbezüglich eng zusammen, um eine gute Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Sie könne den Spätdienst nach ihren Vorstellungen gestalten, Regeln mit den Kindern und deren Eltern würden von den Tagesmüttern aufgestellt.

Mit Schreiben vom 22.1.2014 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladene zu 1) zu der beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) und deren Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung an.

Hierzu nahmen sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 1) Stellung. Die Beigeladene zu 1) wiederholte und vertiefte ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend wies sie darauf hin, dass bei ihr ein unternehmerisches Risiko bestehe. Wenn die Eltern ihre Kinder abmeldeten und kein weiterer Bedarf bei anderen Eltern bestehe, verringere sich sofort ihr Honorar um den Betrag der abgemeldeten Kinder. Des Weiteren verringere sich ihr Honorar, sobald mehr als fünf Kinder in der Randzeitenbetreuung seien. Es müssten dann zwei Tagesmütter zusammen arbeiten und sich das gezahlte Honorar teilen. Die Klägerin führte aus, die Tagespflegepersonen unterlägen keinem Weisungsrecht ihrerseits. Sie bestimmten ihre Arbeitszeiten selbst, die konzeptionelle Ausgestaltung und Durchführung der Betreuung obliege der Beigeladenen zu 1) in Eigenverantwortung. Es erfolge eine Übergabe der Kinder durch die Erzieher. Dieses geschehe im Auftrag der Eltern, die zu dieser Zeit noch berufstätig seien. Die Beigeladene zu 1) müsse weder Urlaubszeiten absprechen noch Krankheit melden. Die Arbeitszeiten würden nicht durch die Klägerin vorgegeben, sondern durch die Betreuungsbedarfe der Eltern. Die Beigeladene zu 1) bestimme selbst, wie viele Stunden und an welchen Tagen sie die Tätigkeit ausübe. Sie benutze die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte nach Beendigung der institutionellen Betreuung für ihre Betreuungsform. § 22 Abs. 1 SGB VIII regele insoweit, dass Kindertagespflege auch in "anderen geeigneten Räumen" stattfinden könne. Die Beigeladene zu 1) sei in der räumlichen Gestaltung jedoch frei und entscheide selbstständig, wo sie die Kinder betreue. Sie könne mit den Kindern die Kindertagesstätte verlassen, um z.B. einen öffentlichen Spielplatz aufzusuchen oder sonstige Ausflüge zu unternehmen. Dass sie die Bedürfnisse der zu betreuenden Kinder berücksichtigen müsse, ergebe sich bereits aus ihrem gesetzlichen Auftrag (§ 22 Abs. 3 SGB VIII) Tagespflegepersonen, die Kinder betreuten, unterlägen grundsätzlich der Aufsichtspflicht für die anvertrauten Kinder. Der Betreuungsort ergebe sich aus der der Beigeladenen zu 1) erteilten Erlaubnis zur Kindertagespflege gem. § 43 SGB VIII und sei somit nicht veränderbar. Die Beigeladene zu 1) regele die Vertretung selbst. Die Vertretungskraft sei dem Jugendamt mitzuteilen, da geprüft werden müsse, ob eine entsprechende Erlaubnis nach § 43 SGB VIII vorliege, ohne die keine Kindertagespflege stattfinden dürfe. Einer Zustimmung zur Vertretung durch die Klägerin bedürfe es nicht.

Mit Bescheiden vom 20.2.2014 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Kinderbetreuerin bei der Klägerin seit dem 21.9.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in dem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Aus den vertraglichen und tatsächlichen Verhältnissen ergäben sich folgende Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungs-verhältnis: Die Beigeladene zu 1) unterliege dem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit. Sie habe regelmäßige Arbeitszeiten einzuhalten, sei in einer städtischen Kindertagesstätte tätig und habe die Bedürfnisse der zu betreuenden Kinder zu berücksichtigen. Sie übernehme während der Betreuung die gesetzliche Aufsichtspflicht für die Kinder. Ihr werde ein Honorar seitens des Jugendamtes gezahlt. Eigene Betriebsmittel setze sie nicht ein. Die Klägerin könne das Einsatzgebiet der Beigeladenen zu 1) auch ohne deren Zustimmung verändern. Die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften durch die Beigeladene zu 1) sei von der Zustimmung der Klägerin abhängig. Aus den vorliegenden Unterlagen ergäben sich keine Merkmale für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.5.2014 zurück. Die Beigeladene zu 1) übernehme mit der Randzeitenbetreuung die Tätigkeiten der festangestellten Mitarbeiter der Kindertagesstätte in den Zeiten, die diese mit ihren Arbeitsverträgen nicht abdecken könnten. Sie sei dabei in die betriebliche Organisation funktionsgerecht dienend eingegliedert. Für eine funktionsgerechte Eingliederung sei nicht erforderlich, dass tatsächlich Weisungen im konkreten Einzelfall erteilt würden. Vielmehr sei es grundsätzlich üblich, dass bei fachlich mit der Arbeit vertrautem Personal fachliche Einzelweisungen entbehrlich seien und sich die Weisungen mehr auf organisatorische Fragen beschränkten. Das Weisungsrecht in Bezug auf Ort und Art und Weise der Tätigkeit ergebe sich aus dem jeweils erteilten Auftrag. Hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitszeit sei die Beigeladene zu 1) zwar nicht an feste Vorgaben gebunden gewesen. Die Arbeitszeit sei jedoch den zu betreuenden Kindern anzupassen gewesen. Die Beigeladene zu 1) setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein. Das Risiko, für seine Arbeit kein Entgelt zu erhalten bzw. bei nicht zufriedenstellender Arbeit nicht weiter beschäftigt bzw. beauftragt zu werden, stelle kein unternehmerisches Risiko im Sinne der Rechtsprechung dar.

Mit ihrer am 26.6.2014 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sei mit den abhängig beschäftigten Erzieherinnen in den Kindertagesstätten der Klägerin nicht annähernd vergleichbar. Diese unterstünden im Gegensatz zur Beigeladenen zu 1) dem Weisungsrecht der Leiterin bzw. des Leiters der jeweiligen Einrichtung. Auch seien sie an die Bildungsgrundsätze des Landes und die städtische Konzeption gebunden, die Beigeladene zu 1) hingegen nicht. Deren Bindung an Ort und Zeit der Tätigkeit stünde ihrer Selbstständigkeit nicht entgegen. Sie habe ein erhebliches unternehmerisches Risiko. Die Vergütung schwanke zwischen 0,00 EUR und 50,00 EUR, je nachdem wie viele Kinder zur Randzeitenbetreuung angemeldet würden.

Die Klägerin hat beantragt,

unter Abänderung des Bescheides vom 20.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2014 festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen ist und nicht als abhängig Beschäftigte zu qualifizieren sei.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die angefochtenen Bescheide weiterhin für rechtmäßig gehalten.

Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, sie habe ihre Tätigkeit auf selbstständiger Basis ausgeübt. Sie habe keine geregelten Arbeitszeiten gehabt, diese hätten sich nach dem individuellen Betreuungsbedarf der Eltern gerichtet. Sie habe keinem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Sie habe die Entscheidungsfreiheit gehabt, wie sie die Betreuungsverhältnisse inhaltlich gestalte.

Das SG hat im Verhandlungstermin am 26.7.2016 die Zeugin L vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Mit Urteil vom 26.7.2016 hat das SG Köln die Klage abgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) die Tätigkeit als Kinderbetreuerin bei der Klägerin seit dem 21.9.2012 bis 31.7.2014 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt und darin Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird verwiesen.

Gegen das ihr am 10.8.2016 zugestellte hat die Klägerin am 5.9.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.

Die für die Randzeitenbetreuung in Betracht kommenden Erziehungsberechtigten seien von der Leiterin der Kindertagesstätte an die Tagespflegeperson, hier die Beigeladene zu 1), vermittelt worden. Diese habe sodann in eigener Verantwortung geprüft, ob eine weitere Betreuung möglich sei. Gegebenenfalls hätten die Eltern die "Verbindliche Erklärung" abgegeben, die von ihnen und der Tagespflegeperson unterzeichnet worden sei. Die Erziehungsberechtigten hätten die Randzeitenbetreuung ausschließlich auf Grundlage dieser Erklärung in Anspruch genommen. Ein Vertrag zwischen den Erziehungsberechtigten und der Stadt L sei nicht geschlossen worden.

Eine Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 1) im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe habe nicht bestanden. Der Kontakt der Beigeladenen zu 1) zu den abhängig beschäftigten Arbeitnehmern der Klägerin habe sich auf die Übergabe der Kinder in der Randzeitenbetreuung beschränkt. Die Beigeladene zu 1) habe keine weiteren dienstlichen Kontakte zu diesen Arbeitnehmern unterhalten. Sie habe nicht über deren dienstliche oder private Telefonnummern verfügt. Demgegenüber habe sich die Beigeladene zu 1) die Telefonnummern der Eltern der zu betreuenden Kinder geben lassen, um diese im Notfall zu erreichen. Arbeitnehmer der Klägerin seien in Zeiten der Betreuung durch die Beigeladene zu 1) nicht vor Ort gewesen. Die Ausgestaltung der Betreuung sowie der Umgang und Kontakt mit den Eltern habe allein der Beigeladenen zu 1) oblegen. Es sei zwischen der Beigeladenen zu 1) und den abhängig beschäftigten Mitarbeitern keine Abstimmung der Tätigkeit erfolgt.

Sie habe selbst das Recht gehabt darüber zu entscheiden, ob Kinder betreut werden oder nicht. Sei ein Kind z.B. verhaltensauffällig, habe die Beigeladene zu 1) die Betreuung ablehnen können. Sie habe lediglich die Klägerin unterrichten müssen.

Die Beigeladene zu 1) sei nicht zur höchstpersönlichen Dienstleistung verpflichtet gewesen. Ihr habe es frei gestanden, im Verhinderungsfall eine Vertretung zu organisieren. Das Jugendamt habe nicht auf einer persönlichen Verrichtung der Tätigkeit durch die Beigeladene zu 1) bestehen können. Unerheblich sei, dass eine Vertreterin nur mit Zustimmung des Jugendamtes die Leistungen habe erbringen dürfen. Denn nicht die Ausgestaltung im Detail, sondern die Einräumung der Befugnis an sich sei in diesem Zusammenhang maßgebend. Bei einer Verweigerung der Zustimmung des Jugendamtes wäre die Betreuung gänzlich entfallen.

Es habe ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1) bestanden, da sie kein festes Honorar erhalten habe. Die Höhe der Vergütung habe davon abgehangen, wie viele Kinder von der Beigeladenen zu 1) betreut würden. Sie erhalte pro Kind und Stunde 10 EUR, sodass sie die Chance habe, bei einer Höchstgrenze von fünf Kindern bis zu 50 EUR pro Stunde zu erzielen. Dieser Satz liege um mehr als 100 % über dem üblichen Gehalt einer Erzieherin, die nicht die Chance habe, 50 EUR in der Stunde zu verdienen. Die Beigeladene zu 1) habe das Risiko, auch überhaupt kein Entgelt zu erzielen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.7.2016 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 20.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.5.2014 festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Tagespflegerin für die Klägerin vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) mit eigener Betriebsorganisation sei nicht erkennbar. Vielmehr sei die Tätigkeit im Rahmen einer fremden Betriebsorganisation in der Kindertagesstätte der Klägerin ausgeführt worden. Tagespflege im Sinne von § 23 SGB VIII, die nicht im eigenen Haushalt der Tagespflegeperson durchgeführt werde, sondern im Haushalt des Personensorgeberechtigten oder in einer von dieser beauftragten Einrichtung - hier der Stadt L - sei nur im Rahmen einer weisungsgebundenen Beschäftigung denkbar.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat die Zeugin L als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie in ordnungsgemäßen Terminmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

II. Die am 5.9.2016 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 10.8.2016 zugestellte Urteil des Sozialgerichtes Köln vom 26.7.2016 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz &61531;SGG&61533;) sowie form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 151 Abs. 1, 3, 64, 63 SGG).

III. Die Berufung der Klägerin ist begründet. Die für das Rechtsschutzbegehren (§ 123 SGG) statthafte (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) und im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§§ 87 Abs. 1 Satz 1, 90, 64, 63 SGG) eingelegte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist begründet. Die angefochtenen Feststellungen beschweren die Klägerin im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sich diese als rechtswidrig erweisen. Die Beklagte hat im Rahmen des § 7a Abs. 1 SGB IV zu Unrecht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der streitbefangenen Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat.

1. Rechtsgrundlage der getroffenen Feststellung zur Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.

2. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§ 7a Abs. 4 SGB IV i.V.m. § 24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) (Schreiben vom 22.1.2014) ergangene Verwaltungsakt ist auch im Übrigen formell rechtmäßig. Die Beklagte war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV für die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1) im Rahmen der Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zuständig (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung, dem 30.10.2013, ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der streitigen Auftragsbeziehung als Tagespflegerin für die Klägerin mit der Folge einer nach § 7a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.

3. Die streitgegenständlichen Bescheide sind jedoch materiell rechtswidrig. Zu Unrecht hat die Beklagte festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der streitbefangenen Tätigkeit vom 21.9.2012 bis zum 31.7.2014 der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

a) Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 KR 13/17 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 31; Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v.30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 23.5.2017, B 12 KR 9/16 R, SozR 4-2400 § 26 Nr. 4).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.07.2015, a.a.O.).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum für die Klägerin nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig war. Die Beigeladene zu 1) war weder gegenüber der Klägerin weisungsgebunden, noch in ihre Arbeitsorganisation eingegliedert. Die Klägerin verfügte nach den vertraglichen Regelungen nicht über die Rechtsmacht, der Beigeladenen zu 1) bei Bedarf Weisungen zu erteilen, wie dies insbesondere für ein Arbeitsverhältnis prägend ist (§ 106 Satz 1 Gewerbeordnung, § 315 Bürgerliches Gesetzbuch). Damit ist vorliegend die erforderliche rechtliche Verankerung einer Weisungsbefugnis der Klägerin im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1) nicht gegeben (vgl. BSG, Urt. v. 25.4.2012, B 12 KR 14/10 R u. B 12 KR 24/10 R). Eine Weisungsbefugnis der Klägerin bestand nicht einmal im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe der Beigeladenen zu 1) am Arbeitsprozess der Klägerin.

(1) Ausgangspunkt der Statusbeurteilung sind die zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) am 1.10.2012 für den Zeitraum vom 21.9.2012 bis 31.12.2012 und am 20.9.2013 für den Zeitraum vom 1.8.2013 bis 31.7.2014 schriftlich getroffenen Vereinbarungen, die jeweils als "Auftrag" bezeichnet wurden. Für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.7.2013 erfolgte eine entsprechende mündliche Vereinbarung. Mit diesen begründeten die Vertragsparteien jeweils ein befristetes Dauerschuldverhältnis.

(2) Diese Vereinbarungen waren vorliegend durch öffentlich-rechtliche Bestimmungen überlagert, die weite Teile der Rechtsbeziehung einer abweichenden Vereinbarung durch die Vertragsbeteiligten und auch der vertraglichen Begründung eines arbeitgeberseitigen Weisungsrechts der Klägerin entzog (vgl. Senat, Urteil v. 8.2.2017, L 8 R 162/15, juris, Rdnrn. 137 ff mwN)

Soweit sich in den Aufträgen Bezüge zum Ort, Zeit und zum Inhalt der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) finden, waren diese keiner wesentlichen vertraglichen Regelung zugänglich, da sich diese Umstände der Kindertagespflege bereits aus den Regelungen in den der Beigeladenen zu 1) von der Klägerin erteilten Erlaubnissen zur Kindertagespflege gem. § 43 Abs. 1 SGB VIII ergaben. Nach diesen öffentlich-rechtlichen Erlaubnissen wurde der Beigeladenen zu 1) die Erlaubnis zur Kindertagespflege gem. § 43 Abs. 1 SGB VIII für die Randzeitenbetreuung erteilt, wobei die Erlaubnis für die gleichzeitige Betreuung von bis zu fünf Kindern galt, und die Kindertagespflege in den Räumen der Städtischen Kindertagesstätte N-straße, N-straße 00, L, stattfand. Die Regelung zum Ort der Kindertagespflege hat ihre rechtliche Grundlage in § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB VIII und die zur Anzahl der Kinder im § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Das Nebeneinander der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege ist gesetzlich in den §§ 22 ff SGB VIII geregelt. Einseitige Weisungen zur Veränderung dieser Festlegungen waren der Klägerin schon deshalb nicht möglich.

(3) Soweit über die die Vertragsbeteiligten bindenden öffentlich-rechtlichen Festlegungen und Bestimmungen hinaus vertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) möglich waren, verdeutlichen sowohl die verwendeten Begriffe als auch die inhaltliche Ausgestaltung der Regelungen, dass kein Arbeitsvertrag, sondern ein freier Dienstvertrag geschlossen werden sollte.

(a) Die verwendeten Begriffe "Auftrag, Auftragnehmer, Honorar" lassen auf den Willen der Vertragsbeteiligten schließen, ein selbstständiges Rechtsverhältnis zu begründen. Dementsprechend ist dieses auch in den einzelnen Regelungen ausgestaltet. Nach Ziff. 1 der "Aufträge" führt die Beigeladene zu 1) die Kindertagespflege als selbstständig tätige Tagespflegepersonen aus und ist nicht weisungsgebunden. Das nach Ziff. 2. Satz 1 zu gewährende Honorar von 10,00 EUR pro Stunde und Kind erhält die Beigeladene zu 1) nur für die erbrachte Leistung. Für die Versteuerung des Honorars ist die Beigeladene zu 1) als Auftragnehmerin verantwortlich (Ziff. 2. Satz 3). Ihr Honorar hat die Beigeladene zu 1) der Klägerin in Rechnung zu stellen (Ziff. 5.).

(b) Demgegenüber weisen die Vereinbarungen der Vertragspartner keine arbeitsvertragstypischen Regelungen auf. Es fehlen jegliche Regelungen, die eine Festvergütung, Sondervergütungen, eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsansprüche zum Gegenstand haben. Ebenso fehlen jegliche, ggf. nach Treu und Glauben sowie mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) auszulegende Regelungen, die der Klägerin ein einseitiges Weisungsrecht hinsichtlich Ort, Zeit, Umfang und Art und Weise der Tätigkeit gegenüber der Beigeladenen zu 1) eingeräumt hätten.

(c) Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als Tagespflegeperson war von der institutionellen Betreuung von Kindern in der Kindertageseinrichtung der Klägerin im Umfang von mindestens 45 Stunden wöchentlicher Öffnungszeit deutlich abgegrenzt. Nach Ziffer 1. der Aufträge führte die Beigeladene zu 1) im Rahmen des Pilotprojektes "Erweiterte und flexible Öffnungszeiten in Tageseinrichtungen für Kinder" N-straße den "Part der Vertretung in Randzeitenbetreuung durch Kindertagespflege" (Auftrag vom 1.10.2012) bzw. den "Part der Randzeitenbetreuung durch Kindertagespflege (übrige Aufträge) aus, wobei das duale Betreuungssystem neben der institutionellen Betreuung von Kindern im Umfang von mindestens 45 Stunden wöchentlicher Öffnungszeit die zusätzliche Betreuung dieser Kinder durch Randzeitenbetreuung in Form der Kindertagespflege beinhaltete und der Auftragnehmer die Kindertagespflege als selbstständig tätige Tagespflegeperson ausführte und nicht weisungsgebunden war.

Der Auftrag vom 1.10.2012 ist gem. § 157 BGB trotz der missverständlichen Formulierung "Part der Vertretung" dahingehend auszulegen, dass die Beigeladene zu 1) nicht verpflichtet war, im Bereich der "institutionellen Betreuung" für die Klägerin tätig zu werden, sondern ihre Tätigkeit sich auf die Randzeitenbetreuung durch Kindertagespflege beschränkte. Das Nebeneinander der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege ist gesetzlich in den § 22 SGB VIII geregelt. Der Klägerin war es daher insbesondere versagt, die Beigeladene zu 1) anzuweisen, die Betreuung der Kinder zu anderen als zu Randzeiten zu übernehmen.

(4) Die Vertragspraxis entsprach vollständig den vertraglichen Vereinbarungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1). Dies ergibt sich aus dem Ergebnis der vom Senat und vom SG durchgeführten Beweisaufnahme. Eine - hier rechtlich mögliche - Änderung der vertraglichen Regelungen durch mündliche oder konkludente Vereinbarungen durch eine abweichende Vertragspraxis ist vorliegend nicht gegeben.

Die Zeugin L hat glaubhaft bekundet, dass der Beigeladenen zu 1) keine einseitigen Weisungen in Bezug auf Ort, Zeit und Art und Weise der Tätigkeit als Tagespflegeperson von Seiten der Klägerin erteilt wurden. Danach unterstand sie insbesondere keinem Weisungsrecht der Leitung der Kindertagesstätte N-straße. Sie hatte ferner kein städtisches Konzept bei der Kinderbetreuung zu berücksichtigen bzw. umzusetzen. Die Beigeladene zu 1) durfte ihre Tätigkeit, ohne zuvor eine Erlaubnis der Leitung der Kindertagesstätte einzuholen, auch außerhalb der Räume der Kindertagesstätte ausüben, z.B. mit den Kindern Ausflüge unternehmen oder Spielplätze aufsuchen. Über die Annahme und Ablehnung von Kindern für die Randzeitenbetreuung entschied die Beigeladene zu 1). Diese Befugnis kam u.a. darin zum Ausdruck, dass die Beigeladene zu 1) die Betreuung eines verhaltensauffälligen Kindes trotz Intervention der Eltern bei der Klägerin ablehnte. Absprachen bezüglich des Urlaubs der Beigeladenen zu 1) hatten nicht zu erfolgen. Sie konnte jede andere Person, die wie sie über die Erlaubnis zur Kindertagespflege verfügte, als Vertretung stellen, ohne dass es der Zustimmung der Klägerin bedurfte. Entsprechend wurde in der Praxis verfahren.

(5) Auch für eine Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin ist nichts ersichtlich. Die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege ist bereits nach der gesetzlichen Konzeption (§§ 22 ff SGB VIII) nebeneinander möglich. Danach sind beide Formen der Förderung von Kindern getrennt zu betrachten. Die Beigeladene zu 1) war nicht zur Erfüllung von Vertragspflichten der Klägerin gegenüber den Personensorgeberechtigten der zu betreuenden Kinder tätig, da solche vertraglichen Bindungen nicht existierten. Es gab keine inhaltliche Verzahnung beider Bereiche. Die Beigeladene zu 1) war insbesondere nicht an die Bildungsgrundsätze des Landes für Kindertageseinrichtungen und die städtische Konzeption für diese gebunden. Eine Konzeption der Klägerin für die Randzeitenbetreuung existierte nicht. Es gab zudem keine personelle Verzahnung beider Bereiche. Weder übernahm die Beigeladene zu 1) Aufgaben der Kindertageseinrichtung, noch übernahmen bei der Klägerin beschäftigte Erzieherinnen Aufgaben der Kindertagespflege für die oder in Zusammenarbeit mit der Beigeladenen zu 1). Die Übernahme der Kinder durch die Beigeladene zu 1) von den in der Kindertageseinrichtung tätigen Erzieherinnen unter gleichzeitiger Informationserteilung zu den zu betreuenden Kindern ergibt sich bereits aus den gesetzlichen Pflichten der Beigeladenen zu 1) zur Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder (§ 22 Abs. 3 SGB VIII). Diese gesetzlichen Pflichten können nur fachgerecht erfüllt werden, wenn die Tagespflegeperson über alle für das Kindeswohl bedeutsamen Umstände unterrichtet wird. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war nicht Teil eines Dienstplanes der Klägerin. Einen so genannten Belegungsplan für die Randzeitenbetreuung erstellten vielmehr die Beigeladene zu 1) und die weitere Tagespflegeperson selbst.

(6) Es sprechen zudem weitere Gesichtspunkte für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1).

(a) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich bereits, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit als Kindertagespflegerin im Wesentlichen frei gestalten konnte (Rechtsgedanke des § 84 Handelsgesetzbuch). Inhaltliche Vorgaben der Klägerin existierten nicht. Dass die Beigeladene zu 1) hinsichtlich der Zeit gewissen Bindungen unterlag, tritt in seiner Bedeutung zurück, da mit der Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege im Rahmen der Randzeitenbetreuung öffentlich-rechtlich eine weitgehende Festlegung bereits erfolgt war.

(b) Ein unternehmerisches Risiko durch einen nennenswerten Kapitaleinsatz ist zwar nicht gegeben. Dies stellt bei reinen Dienstleistungen aber kein ins Gewicht fallendes Kriterium gegen Selbstständigkeit dar (vgl. BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30). Vorliegend ist allerdings ein unternehmerisches Risiko aufgrund der konkreten Vergütungsgestaltung gegeben, die Risiken barg, aber der Beigeladenen zu 1) auch gleichzeitig Chancen eröffnete. Die Beigeladene zu 1) erhielt keine Festvergütung, sondern war wirtschaftlich davon abhängig, dass überhaupt und in welchem Umfang die Randzeitenbetreuung in Anspruch genommen wurde. Aufgrund der konkreten Vergütungsregelung waren Schwankungen im Rahmen von 0,00 EUR bis 50,00 EUR je Stunde möglich. Da sich die Höhe der Vergütung nach der Zahl der zu betreuenden Kinder richtete, also keine reine Festvergütung war, trug sie das Risiko, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft keine oder nur eine geringe Vergütung zu erzielen. Selbst die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars hätte - wie vorliegend - bei reinen Dienstleistungen nicht entscheidend für abhängige Beschäftigung gesprochen (BSG a.a.O.).

(7) Dass die Beigeladene zu 1) in Bezug auf ihre Tätigkeit für die Klägerin zwar nicht über eine eigene Betriebsstätte verfügte, spricht nicht entscheidend gegen eine selbstständige Tätigkeit. Dieser Umstand tritt deshalb in seiner Bedeutung deutlich zurück, da sich der Ort der Tätigkeit als Kindertagespflegerin bereits bindend aus den Festlegungen in den der Beigeladenen zu 1) erteilten öffentlich-rechtlichen Erlaubnissen gem. § 43 Abs. 1 SGB VIII ergab, sodass es der Beigeladenen zu 1) bereits deshalb versagt war, auf eine hiervon abweichende, eigene Betriebsstätte regelhaft zurückzugreifen.

(8) In der Gesamtabwägung überwiegen deutlich die Gesichtspunkte für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit und damit Versicherungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung, zumal sich die gesetzlich ausdrücklich hervorgehobenen ("insbesondere") Kriterien für eine abhängige Beschäftigung der Weisungsgebundenheit und Eingliederung nicht feststellen lassen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.

Der Streitwert ist gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz auf 5.000,00 Euro festzusetzen (vgl. Senat, Beschluss v. 12.4.2017, L 8 R 104/17 B, juris).
Rechtskraft
Aus
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