L 11 AS 905/18

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 310/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 905/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Leistungen für Regelbedarfe in den Jahren 2017 und 2018.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich des Regelbedarfs für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018.

Der 1954 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung in einer Unterkunft der Stadt A., für die eine monatliche Gebühr iHv 140,60 EUR zu zahlen ist. Für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2017 (in Akte des Beklagten: 02.11.2017) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 Alg II für Dezember 2017 iHv 549,60 EUR (409 EUR für Regelbedarf und 140,60 EUR für Bedarfe der Unterkunft und Heizung) und für Januar bis November 2018 iHv monatlich 556,60 EUR (416 EUR für Regelbedarf und 140,60 EUR für Bedarfe der Unterkunft und Heizung). Der Regelbedarf wurde an den Kläger, die übrigen Leistungen an die Stadt A. direkt gezahlt.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben. Es werde in den Bescheiden das Zitiergebot des Grundgesetzes verletzt. Nach wie vor sei ungeklärt, ob die Regelbedarfe gegenwärtig einen ausreichenden finanziellen Spielraum für den internen Ausgleich beinhalten und damit ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten könnten. Die Regelung zu unregelmäßig anfallenden Bedarfen sei inhaltlich und betragsmäßig zu unbestimmt. Nicht rechtmäßig sei zudem die "Mechanik" des zahlenmäßig unbezifferten "Ansparens", das irgendwann zum Zusammenbruch des Systems führe. Der Regelsatz werde verfassungswidrig "klein"-gerechnet. Auch die Leistungen für Strom seien im Regelbedarf zu gering festgesetzt. Es bestehe hier eine monatlich permanente Unterdeckung von 16,51 EUR. Eine Unterdeckung liege auch im Bereich der Mobilität vor. Es bestehe ein Anspruch auf weitere 155 EUR monatlich. In einem Schriftsatz, der sowohl das vorliegende Klageverfahren als auch das Verfahren S 8 AS 603/17 betroffen hat und auf den der Kläger bei der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem SG Bezug genommen hat, hat er höhere Leistungen für den Regelbedarf für die Zeit von Januar 2015 bis November 2018 geltend gemacht und sich gegen die Direktüberweisung der Unterkunftskosten an die Stadt A. im Zeitraum von Januar 2016 bis August 2018 gewandt sowie die Auszahlung an ihn ab September 2018 begehrt. Mit Urteil vom 21.08.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Zeiträume von Januar 2015 bis November 2017 sei die Klage unzulässig, da eine anderweitige Rechtshängigkeit bestehe. Im Übrigen sei der Regelbedarf nicht rechtswidrig festgesetzt. Er sei nicht zu niedrig festgelegt und stehe mit der Verfassung in Einklang. Ein Anspruch auf Auszahlung der Unterkunftskosten an den Kläger bestehe nicht. Aufgrund der Mietrückstände drohe der Verlust der Wohnberechtigung und eine Obdachlosigkeit, so dass das dem Beklagten eingeräumte Ermessen dahingehend auszuüben war, die Unterkunfts- und Heizkosten direkt an die Stadt A. zu zahlen.

Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Bei der Entscheidung des SG habe ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt, der das erste Mal dabei gewesen und sich nicht ausgekannt habe. Hinsichtlich der Regelsätze für Januar bis Juni 2015 sei auf einen ihm nicht bekannten Beschluss vom 22.08.2016 verwiesen worden. Seine Anträge seien nur verlesen worden. Im Hinblick auf die knappe Zeit der Verhandlung sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Der Regelsatz sei zu niedrig bemessen. Es werde auf ein Sendeskript der ARD-Sendung Monitor verwiesen. Es bestehe insbesondere eine Unterdeckung bei den Stromkosten. Es beantrage Beweis zu erheben, dass sich das LSG davon überzeuge, dass das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Entscheidung vom 23.07.2014 aufgestellt habe, entspreche, wobei insbesondere die dortigen Randnummern ab ca 100 bis einschließlich 149 zu berücksichtigen und zu prüfen seien. Im Erörterungstermin am 29.01.2019 hat der Kläger erklärt, dass es im Verfahren nunmehr nur noch um die Höhe des ihm bewilligten Regelbedarfs in dem streitgegenständlichen Zeitraum gehe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 21.08.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 06.11.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018 zu verurteilen, weitere Leistungen für den Regelbedarf iHv monatlich 155 EUR für Dezember 2017 bis November 2018 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Das Vorbringen des Klägers war nach § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass es ihm zuletzt noch um die Zahlung von weiterem Alg II in Bezug auf einen höheren Regelbedarf für den Zeitraum von Dezember 2017 bis November 2018 geht. Soweit zunächst auch die Zahlung von Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Bezug auf die Direktzahlung an die Stadt A. in Streit stand, hat der Kläger nach dem Erörterungstermin am 29.01.2019 dieses Begehren nicht mehr weiterverfolgt. Streitgegenstand ist damit der Bescheid vom 06.11.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.03.2018, mit dem der Beklagte Alg II für die Zeit von Dezember 2017 bis November 2018 bewilligt hat. Der Kläger wendet sich mit seiner statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) gegen die Höhe des in der Leistungsbewilligung berücksichtigten Regelbedarfs, womit er den Streitgegenstand hierauf beschränkt hat (vgl zur möglichen Beschränkung des Streitgegenstandes BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R; Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R; Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - alle zitiert nach juris). Soweit das SG aufgrund des vom Kläger bei Klageantragstellung in der mündlichen Verhandlung in Bezug genommenen Schriftsatzes auch davon ausgegangen war, dass der Zeitraum von Januar 2015 bis November 2017 streitgegenständlich sein soll, hat es nicht berücksichtigt, dass sich das Schreiben sowohl auf das vorliegende Verfahren bezogen hat als auch auf das Verfahren S 8 AS 603/17, in dem dieser Zeitraum vom Kläger angefochten worden war. Damit bezog sich der Antrag hinsichtlich des Zeitraums von Januar 2015 bis November 2017 erkennbar nur auf das dortige Verfahren.

Dass das SG über die Klage verfahrensfehlerhaft entschieden hat, weil dort nach Angaben des Klägers ein ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat, der neu und mit der Sache nicht vertraut war, ist für den Senat nicht ersichtlich. Auch ein neuer ehrenamtlicher Richter ist zur Mitwirkung in den Sachen verpflichtet, für die er als gesetzlicher Richter zugeteilt ist. Eine spezielle Rechts- oder Sachkenntnis ist für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter keine Voraussetzung.

Der vom Kläger als "Beweisantrag" bezeichneten Antrag, dass sich das LSG davon überzeuge, dass das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz den Anforderungen, die das BVerfG in der Entscheidung vom 23.07.2014 aufgestellt habe, entspreche, wobei insbesondere die dortigen Randnummern ab ca 100 bis einschließlich 149 zu berücksichtigen und zu prüfen seien, stellt keinen förmlichen Beweisantrag dar. Mit ihm wurde kein Beweismittel zum Beweis einer Tatsache bezeichnet, sondern vielmehr das Gericht aufgefordert, die Vereinbarkeit des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes insbesondere auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG mit Verfassungsrecht zu prüfen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Alg II in Bezug auf Leistungen für den Regelbedarf für den Zeitraum von Dezember 2017 bis November 2018.

Nach § 19 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Diese Leistungsvoraussetzungen werden vom Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllt. Der Beklagte hat insoweit auch - wenngleich aus Sicht des Klägers zu geringe - Leistungen bewilligt.

Der Beklagte hat im Rahmen der Leistungsbewilligung den Regelbedarf in zutreffender Höhe berücksichtigt. Das Alg II wird nach § 19 Abs 3 Satz 1, Abs 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II in Höhe der Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung sowie des Regelbedarfs und der Mehrbedarfe erbracht. Als hier maßgeblicher Regelbedarf, der monatlich als Pauschalbetrag berücksichtigt wird (§ 20 Abs 1 Satz 3 SGB II), wird bei Personen, die alleinstehend sind, ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt (§ 20 Abs 1 und 2 Satz 1 SGB II). Nach § 20 Abs 1a Satz 1 SGB II ist dafür die Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) iVm dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des SGB XII (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG) vom 22.12.2016 (BGBl I 3159) und den §§ 28a und 40 SGB XII maßgeblich. Aus § 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RBEG ergibt sich demnach für eine erwachsene Person ein Regelbedarf von 416 EUR für Dezember 2017 und für Januar bis November 2018 unter Berücksichtigung der Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach den §§ 28a und 134 des SGB XII maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlage zu § 28 des SGB XII für das Jahr 2018 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2018 - RBSFV 2018) vom 08.11.2017 (BGBl I 3767) ein monatlicher Regelbedarf von 416 EUR (§ 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RBEG iVm § 1 RBSFV 2018: 404 EUR zzgl 1,63%, gerundet auf den vollen Euro-Betrag). Diese Beträge hat der Beklagte berücksichtigt und damit die gesetzlich festgelegte Höhe des Regelbedarfs angesetzt. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind beim Kläger nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen.

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Regelungen zur Festlegung der Leistungshöhe in Bezug auf den Regelbedarf verfassungswidrig sind. Gerichte sind an das Gesetz gebunden (Art 20 Abs 3, Art 97 Abs 1 Grundgesetz - GG). Bei einem Konflikt zwischen einem einfachen Gesetz und der Verfassung kann sich ein Gericht nicht über das Gesetz stellen, es kann das Gesetz nur gemäß Art 100 Abs 1 GG dem BVerfG vorlegen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit des einfachen Gesetzes überzeugt ist (vgl auch Urteil des Senats vom 19.05.2015 - L 11 AS 140/15 - juris). Für eine Verfassungswidrigkeit der die Höhe des Regelbedarfs festlegenden Vorschriften gibt es aber aus Sicht des Senats keine entsprechenden Anhaltspunkte.

Das aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, wobei es der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber bedarf, der die zu erbringenden Leistungen an den jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat; hierfür steht dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - juris). Der Gestaltungsspielraum besteht sowohl bezüglich der Höhe als auch der Art der Leistungen, wobei aber stets das aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG folgende Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu beachten ist. Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich dabei aber nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz beschränkt sich auf die Prüfung, ob die Leistungen evident unzureichend sind, was nur dann der Fall ist, wenn offensichtlich ist, dass die Gesamtleistungen keinesfalls sicherstellen können, Leistungsberechtigten in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist. Bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums müssen die entsprechenden Bedarfe der Hilfebedürftigen zeit- und realitätsgerecht erfasst werden und auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sein. Es bedarf nicht einer optimalen Bestimmung des Existenzminimums durch Einbeziehung aller denkbaren Faktoren, maßgeblich ist vielmehr, dass für eine menschenwürdige Existenz im Ergebnis Sorge getragen wird. Jenseits der Evidenzkontrolle ist zu prüfen, ob Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind (zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12; Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - beide zitiert nach juris).

Ausgangspunkt für die Ermittlung der Höhe des Regelbedarfs sind nach § 28 Abs 1 SGB XII die Ergebnisse einer bundesweiten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Für die Regelbedarfsstufen sind Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen, für die die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen die Grundlage bildet (§ 28 Abs 2 SGB XII). Diese ergeben sich aus vom Statistischen Bundesamt vorzunehmenden Sonderauswertungen (§ 28 Abs 3 Satz 1 SGB XII), wobei nach § 28 Abs 3 Satz 2 SGB XII Sonderauswertungen zu den Verbrauchsausgaben von Haushalten unterer Einkommensgruppen zumindest für Haushalte (Referenzhaushalte) vorzunehmen sind, in denen nur eine erwachsene Person lebt (Einpersonenhaushalte), sowie für Haushalte, in denen Paare mit einem Kind leben (Familienhaushalte), und festzulegen ist, welche Haushalte, die Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II beziehen, nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen sind (§ 28 Abs 3 Satz 3 SGB XII). Die Referenzhaushalte werden in §§ 2 bis 4 RBEG bestimmt. Dabei werden Haushalte mit Personen ausgenommen, wenn sie Hilfe zum Lebensunterhalt bzw Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder Alg II bzw Sozialgeld nach dem SGB II beziehen (§ 3 Abs 1 RBEG). Soweit Leistungsbezieher mit zusätzlichem Erwerbseinkommen nach § 3 Abs 2 RBEG nicht auszuschließen sind, führt dies nicht zu Zirkelschlüssen, da die sog "Aufstocker" durch Absetz- und Freibeträge letztlich über dem Fürsorgeniveau liegen. Für die Bestimmung des Anteils der Referenzhaushalte an den jeweiligen Haushalten der Sonderauswertungen ist ein für statistische Zwecke hinreichend großer Stichprobenumfang zu gewährleisten (§ 28 Abs 3 Satz 4 SGB XII). Die in diesen Sonderauswertungen ausgewiesenen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen, soweit sie zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind und eine einfache Lebensweise ermöglichen, wie sie einkommensschwache Haushalte aufweisen, die ihren Lebensunterhalt nicht ausschließlich aus Leistungen nach dem SGB XII oder dem SGB II bestreiten (§ 28 Abs 4 Satz 1 SGB XII). Nach § 28 Abs 4 Satz 2 SGB XII sind nicht als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte, wenn sie bei Leistungsberechtigten nach dem SGB XII oder dem SGB II (1.) durch bundes- oder landesgesetzliche Leistungsansprüche, die der Finanzierung einzelner Verbrauchspositionen der Sonderauswertungen dienen, abgedeckt sind und diese Leistungsansprüche kein anrechenbares Einkommen nach § 82 SGB SGB XII oder § 11 SGB II darstellen oder (2.) nicht anfallen, weil bundesweit in einheitlicher Höhe Vergünstigungen gelten. In § 5 RBEG sind für die Einpersonenhaushalte die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der einzelnen Abteilungen aus der Sonderauswertung der EVS 2013 im Einzelnen aufgeführt. Die Summen der sich hieraus ergebenden regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Referenzhaushalte sind Grundlage für die Prüfung der Regelbedarfsstufen, insbesondere für die Altersabgrenzungen bei Kindern und Jugendlichen (§ 28 Abs 5 SGB XII).

Das Verfahren zur Ermittlung des Regelbedarfs durch das RBEG entspricht dem des RBEG 2011 (vgl auch BT-Drs 18/9984 S 32) mit der zugrundeliegenden EVS 2008. Diese grundsätzliche Vorgehensweise hat das BVerfG (Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 - juris) im Hinblick auf die EVS 2008 und die daraus ermittelten Regelbedarfe für verfassungsmäßig erachtet. Es wurde dabei insbesondere ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass der Gesetzgeber für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert habe. Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf habe er sich mit dem Statistikmodell auf eine Methode gestützt, die grundsätzlich geeignet ist, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen bedarfsgerecht zu bemessen. Die als Ausgangspunkt herangezogene EVS stelle eine geeignete empirische Datengrundlage dar. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken, soweit von der Orientierung an den so ermittelten Daten durch die Herausnahme und durch Kürzungen einzelner Positionen abgewichen werde. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung ausdrücklich an. Die Ermittlung des Regelbedarfs 2017 und die Fortschreibung für 2018 nach § 1 RBSFV 2018 (zur Verfassungsmäßigkeit der Fortschreibung anhand des angewandten Mischindexes, siehe ebenfalls BVerfG aaO) für Alleinstehende erfolgte nach den gleichen Grundsätzen aufgrund der EVS 2013 samt Sonderauswertung, die demzufolge ebenso nicht gegen Verfassungsrecht verstößt (so auch bereits Beschluss des Senats vom 23.08.2017 - L 11 AS 529/17 NZB - juris).

Zudem ist - als Reaktion auf die Kritik des BVerfG im Beschluss vom 23.07.2014 (aaO), dass es zwar vertretbar sei, ein Kraftfahrzeug im Grundsicherungsrecht nicht als existenznotwendig anzusehen, allerdings ohne Kraftfahrzeug zwangsläufig steigende Aufwendungen für den öffentlichen Personennahverkehr entstehen würden, und der Gesetzgeber deshalb auch mit Blick auf die Lebenshaltungskosten sicherstellen müsse, dass der existenznotwendige Mobilitätsbedarf tatsächlich gedeckt werden könne - im Rahmen der Ermittlung des Regelbedarfes für 2017 auch eine Sonderauswertung hinsichtlich der Verbrauchsausgaben für Mobilität für Haushalte ohne Ausgaben für Kraftstoffe, Autogas, Strom für Elektroauto, Schmiermittel vorgenommen worden (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17.10.2016, BT-Drs 18/9984 S 42-43). An der zutreffenden Festlegung der für die Mobilität in Ansatz gebrachten Werte in § 5 Abs 1 Abteilung 7 RBEG (Verkehr) für Einpersonenhaushalte iHv 32,90 EUR (für 2017 wäre dieser Betrag nach § 7 Abs 2 Satz 2 RBEG noch um 3,46% und für 2018 nach § 1 RBSFV 2018 um weitere 1,63% zu erhöhen) bestehen daher keine Zweifel, zumal Kosten für eine Monatskarte des ÖPNV nicht in vollem Umfang zu berücksichtigen sind (vgl auch Beschluss des Senats vom 23.08.2017 aaO; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.09.2018 - L 2 AS 1466/17 - juris). Im Übrigen kommt selbst der Paritätische Gesamtverband allein bei den Ausgaben für den ÖPNV zu einem niedrigeren Bedarf als der Gesetzgeber (vgl Der Paritätische, Expertise Regelsätze 2017 Kritische Anmerkungen zur Neuberechnung der Harz IV-Regelsätze durch das Bundesministerium Arbeit und Soziales und Alternativberechnungen der Paritätischen Forschungsstelle, September 2016). Soweit dort allerdings Aufwendungen für Kfz hinzugerechnet werden, steht dem entgegen, dass der Gesetzgeber aufgrund wertender Betrachtung solche Kosten unberücksichtigt lassen kann (vgl dazu BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 aaO; Beschluss des Senats vom 23.08.2017 aaO). Es ist auch nicht erkennbar, dass der Betrag im Falle des Klägers evident unauskömmlich wäre. Der Kläger selbst wohnt in A-Stadt und kann von seiner Unterkunft aus Lebensmittelgeschäfte, Bekleidungsgeschäfte etc fußläufig erreichen (nach maps.google.de zB in zwölf Minuten einen ALDI-Markt oder 13 Minuten zu einem KIK-Bekleidungsgeschäft). Kosten des ÖPNV für gelegentliche Fahrten zu weiter entfernt liegenden Zielen können mit dem im Regelbedarf enthaltenen Betrag ohne weiteres gedeckt werden.

Soweit der Kläger vorbringt, dass der Verweis auf einen internen Ausgleich bei einer punktuellen Unterdeckung problematisch sei, hat sich das BVerfG (aaO Rn 117 ff) mit dieser Thematik ebenfalls auseinandergesetzt. Dem Gesetzgeber steht es demnach offen, auf eine interne Ausgleichsmöglichkeit zu verweisen. Es ergibt sich für den Senat auch nicht, dass im Rahmen der EVS 2013 und den daraus erfolgten Festsetzungen für 2017 bzw Fortschreibungen für 2018 ernsthafte Bedenken aufgetreten wären, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verwiesen hätten (vgl dazu BVerfG aaO Rn 141).

Dies gilt ebenso für eine vom Kläger vorgebrachte Unterdeckung bei den Stromkosten. So betrug der Index der Verbraucherpreise für Strom 2014 125,8, während in den Jahren 2015 (124,8) und 2016 (125,6) der Indexwert sogar geringer war (Statistisches Bundesamt, Preise - Verbraucherpreisindizes für Deutschland Jahresbericht 2017 - Seite 50 f). Im Vergleich zum Vorjahr betrug die Preissteigerung bei Strom 2017 lediglich 1,7% (vgl Zahlen aus Fachserie 17, Reihe 7 des Statistischen Bundesamts - Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Monatsbericht für Dezember 2018 - Seite 23). Eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der Preisentwicklung und des aus der EVS 2013 für die Festsetzung des Regelbedarfs für 2017 abgeleiteten Betrages für den Haushaltsstrom ist daher nicht erkennbar.

Soweit die Höhe der Regelbedarfe aus § 8 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RBEG - diese legten den Regelbedarf für 2017 auf 409 EUR fest - zum 01.01.2018 um 1,63% erhöht und auf volle Euro gerundet worden sind (§ 1 RBSFV 2018), begegnet dies keinen Bedenken. Die Fortschreibung erfolgte nach § 28a Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 7 Abs 1 RBEG aufgrund der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Dass hier neben der Preisentwicklung auch die Lohn- und Gehälterentwicklung berücksichtigt wird, ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 aaO - Rn 137). Nach § 28a Abs 2 Satz 3 SGB XII wird für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 vom Hundert und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 vom Hundert berücksichtigt. Dies zeigt, dass die Preisentwicklung für regelbedarfsrelevante Güter in verstärktem Maße bei der Fortschreibung berücksichtigt wird. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass im maßgeblichen Zeitraum extrem ungewöhnlich hohe Preissteigerungsraten in bestimmten Bereichen aufgetreten sind, die eines gesonderten Ausgleichs bedurft hätten. Insbesondere die Strompreisentwicklung war nicht ungewöhnlich. So betrug die Preissteigerung 2018 im Vergleich zum Vorjahr 1,3% (vgl Zahlen aus Fachserie 17, Reihe 7 des Statistischen Bundesamts - Verbraucherpreisindizes für Deutschland - Monatsbericht für Dezember 2018 - Seite 23).

Auch ansonsten vermag der Senat keine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der Regelbedarfsfortschreibung ausgehend von der EVS 2013 und der Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter erkennen. Hierfür gibt es weder Anhaltspunkte noch hat der Kläger entsprechendes vorgetragen.

Da mit den vom Beklagten zugrunde gelegten Regelbedarfen das menschenwürdige Existenzminimum gesichert ist, besteht kein Anspruch auf die Gewährung eines höheren monatlichen Regelbedarfs, wie ihn der Kläger geltend macht.

Ein Verstoß gegen das in Art 19 Abs 1 Satz 2 GG verankerte Zitiergebot, wonach der Gesetzgeber bei einer Einschränkung von Grundrechten durch ein Gesetz oder auf Grundlage eines Gesetzes das betroffene Grundrecht unter Angabe des Artikels zu nennen hat, ist hinsichtlich der den Kläger betreffenden Normen nicht verletzt. Es findet nur Anwendung auf Grundrechte, die aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfen (vgl BVerfG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 - mwN - juris). Dazu gehört jedoch das aus Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG abgeleitete Recht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht. Zudem erscheint auch fraglich, ob durch die die Leistungsbewilligung regelnden Normen Grundrechte des Klägers eingeschränkt werden, zumal nach obigen Ausführungen damit ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleistet wird.

Die Berufung des Klägers hatte nach alledem keinen Erfolg und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved