L 19 AS 586/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 162/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 586/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.01.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Kläger sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II als Zuschuss für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008.

Der am 00.00.1956 geborene Kläger zu 1) und die am 00.00.1957 geborene Klägerin zu 2) sind verheiratet. Sie haben zwei gemeinsame Kinder, die am 00.00.1986 geborene Tochter O und den am 00.00.1988 geborenen Sohn G.

Im Jahr 1996 erwarben die Kläger das Hausgrundstück F 00, H je zur Hälfte. Der Kaufpreis betrug 380.000.00 DM. Die Grundstücksfläche beträgt 597qm. In dem Haus befinden sich zwei Wohnungen. Die Erdgeschoßwohnung verfügt über eine Wohnfläche von 117 qm, die Dachgeschoßwohnung über eine Wohnfläche von 54 qm sowie der Außenflur über eine Fläche von 7,6 qm. Am 29.08.2005 erteilte die Stadt H eine Abgeschlossenheitserklärung für die Dachgeschoßwohnung. In dem Einheitswertbescheid des Finanzamt B vom 27.05.1997 betreffend das Grundstück, F 00 wird als Grundstücksart "Zweifamilienhaus" festgestellt.

Nach Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis C aus Oktober 2005 beläuft sich der Verkehrswert für das Hausgrundstück auf ca. 187.000,00 Euro (220.430,00 Euro abzüglich 15% unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit). Auf dem Grundstück lastet eine Grundschuld i.H.v. 250.000,00 DM zu Gunsten der Spar- und Darlehenskasse H e.G. Ein Darlehen der Kläger bei der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank belief sich zum 31.03.2005 auf 79.596,47 Euro. Der Tilgungsplan sah vor, dass das Darlehn monatlich mit 1,0000% getilgt wird. Die im Tilgungsplan ausgewiesenen Tilgungsbeträge bis zum 30.06.2005 beliefen sich auf unter 100,00 Euro monatlich. Im März 2004 nahmen die Kläger von Privatpersonen zwei weitere Darlehen i.H.v. 20.451,68 Euro und i.H.v. 10.225,84 Euro mit einer Laufzeit bis zum 30.03.2014 auf. Die Darlehen waren bis zum 30.03.2014 nicht zu tilgen.

Die Kläger bewohnten zusammen mit ihren beiden Kindern die Erdgeschoßwohnung. In der Zeit ab dem 01.04.2005 vermieteten die Kläger die Dachgeschoßwohnung gegen eine Bruttokaltmiete von 255,00 Euro (200,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss) und ab dem 01.03.2006 gegen eine Bruttokaltmiete von 200,00 Euro monatlich (145,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Die Tochter O zog zum 01.03.2006 aus der Erdgeschoßwohnung aus. Zum 01.08.2006 schlossen die Kläger mit ihrer Tochter O einen Mietvertrag über die Dachgeschoßwohnung ab. Die Bruttokaltmiete belief sich auf insgesamt 200,00 Euro monatlich (145,00 Euro Grundmiete + 55,00 Euro Betriebskostenvorschuss). Ab dem 01.11.2006 vermietete die Tochter O mit Zustimmung der Kläger ihre Wohnung an ihren Bruder G unter. Die an die Kläger zu leistende Miete erhöhte sich auf 280,00 Euro (210,00 Euro Grundmiete + 70,00 Betriebskostenvorschuss).

Der Kläger zu 1) bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Die Klägerin zu 2) war geringfügig beschäftigt. Sie erzielte ein Entgelt von 150,00 Euro monatlich.

Die Tochter O war 2005 Schülerin und bezog BAföG. Der Sohn G begann am 01.08.2005 eine Berufsausbildung als Energieelektroniker. Die monatliche Ausbildungsvergütung betrug im ersten Ausbildungsjahr 463,00 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 622,00 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 692,00 Euro sowie im vierten Ausbildungsjahr 749,00 Euro.

Der Kläger zu 1) beantragte am 29.12.2004 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Die Agentur für Arbeit D bewilligte mit Bescheid vom 29.12.2004 dem Ehepaar und ihrem Sohn G für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II i.H.v. insgesamt 1.116,21 Euro monatlich. In dem Bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass aufgrund von zu erwartenden Einkommensänderungen (Bezug von Mieteinnahmen bzw. fiktive Anrechnung von erzielbarer Miete) die Leistungen vorerst bis 31.03.2005 bewilligt werden. Die Agentur für Arbeit D stellte die Zahlung der Leistungen zum 28.02.2005 ein.

Mit Bescheid vom 24.03.2005 teilte die Beklagte dem Ehepaar mit, dass die Leistungen zum 01.03.2005 eingestellt werden. Hiergegen erhob das Ehepaar Widerspruch.

Mit Bescheid vom 19.04.2005 lehnte die Beklagte den Leistungsantrag des Ehepaares vom 31.03.2005 ab. Hiergegen erhob das Ehepaar Widerspruch.

Mit Bescheid vom 23.06.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern und ihrem Sohn G für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.05.2005 Grundsicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 864,54 Euro monatlich und für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.07.2005 i.H.v. insgesamt 1.018,54 Euro monatlich. Gemäß der Bewilligung der Bundesagentur werde die Leistung für März 2005 in der ursprünglichen Höhe als Beihilfe gewährt, für die Zeit ab 01.04.2005 nur noch gemäß § 9 Abs. 4 SGB II a.F. als Darlehen.

Mit weiterem Bescheid vom 29.07.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab 01.08.2005 mit der Begründung ab, das Ehepaar verfüge über Vermögen, welches nicht gemäß § 12 Abs. 3 SGB II geschützt sei. Auch eine darlehensweise Weiterbewilligung komme nicht in Betracht, da das Ehepaar nicht bereit sei, das Darlehen grundbuchrechtlich absichern zu lassen.

Gegen die Bescheide vom 23.06.2005 und 29.07.2005 legten die Kläger zu 1) und zu 2) jeweils Widerspruch ein. Der Kreis C wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005 mit der Maßgabe zurück, dass die Leistungen für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.07.2005 sich um monatlich 19,07 Euro erhöhten.

Am 25.11.2005 erhoben Kläger Klage, S 16 AS 162/05, gegen die Bescheide vom 23.06.2005 und vom 29.07.2005, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2005. Sie begehrten Gewährung von Grundsicherungsleistungen als Zuschuss. Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2007 wies das Sozialgericht (SG) Münster die Klage ab. Auf die Berufung der Kläger, L 12 AS 42/07, änderte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) mit Urteil vom 06.04.2011 den Gerichtsbescheid des SG Münster vom 22.08.2007 ab. Es verurteilte die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2005, den Klägern Grundsicherungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die Zeit vom 01.08.2005 bis 31.03.2006 als Darlehen zu gewähren. Soweit die Leistungen als Zuschuss begehrt werden, wies das LSG NRW die Klage ab. Die hiergegen eingelegte Revision, B 4 AS 99/11 R, wies das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 22.03.2012 zurück. Die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an. (Beschluss vom 21.10.2014 - 1 BvR 1608/12).

Die Beklagte bewilligte den Klägern Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 07.08.2006 bis 28.02.2007 nach Bestellung einer Grundschuld i.H.v. 12.000,00 Euro zu ihren Gunsten als Darlehen nach § 23. Abs. 5 SGB II a.F. Gegen die Bescheide vom 10.09.2006, 28.09.2006, 27.11.2006 und vom 31.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2007 erhoben die Kläger Klage, S 8 AS 168/14, die das Sozialgericht Münster mit Urteil vom 24.01.2018 abwies. Hiergegen legten die Kläger Berufung ein, L 19 AS 587/18.

Die Beklagte bewilligte den Klägern Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.03.2007 bis 30.09.2007 nach Bestellung einer Grundschuld i.H.v. 8.000,00 Euro zu ihren Gunsten als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F. Gegen die Bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 erhoben die Kläger Klage, die das Sozialgericht Münster mit Urteil vom 24.01.2018 abwies. Hiergegen legten die Kläger Berufung ein, L 19 AS 588/18.

Im September 2007 beantragte der Kläger zu 1) die Fortbewilligung von Grundsicherungsleistungen. Am 06.09.2007 bestellten die Kläger eine Grundschuld zu Gunsten der Beklagten i.H.v. 7.000,00 Euro.

Mit Bescheid vom 24.09.2007 bewilligte die Beklagte den Klägern Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 i.H.v. insgesamt 994,70 Euro monatlich als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F.

Gegen den Bescheid legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 19.11.2007 senkte die Beklagte die Grundsicherungsleistungen an die Kläger für die Zeit vom 01.11.2007 bis 31.03.2008 auf 863,70 Euro monatlich herab. Hiergegen legte der Kläger zu 1) Widerspruch ein. Er wandte sich gegen die darlehensweise Leistungsbewilligung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2008 wies der Kreis C die Widersprüche des Klägers zu 1) gegen die Bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 als unbegründet zurück.

Mit Bescheid vom 04.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) jeweils Grundsicherungsleistungen i.H.v. insgesamt 453,08 Euro monatlich für die Zeit vom 01.01.2008 bis zum 31.03.2008 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II a.F.

Mit weiterem Bescheid vom 06.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 2) jeweils Grundsicherungsleistungen i.H.v. 443,24 Euro monatlich für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.03.2008 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB a.F.

Am 15.02.2008 haben die Kläger gegen die Bescheide vom 24.09.2007 und vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 Klage mit dem Begehren erhoben, die beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.

Sie haben vorgetragen, die Beklagte und die Sozialgerichte hätten bislang zu Unrecht Unangemessenheit ihres Hauses festgestellt. Bei ihrem Haus handele es sich nicht um ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, sondern um ein Zweifamilienhaus. Deshalb sei bei der Prüfung der Angemessenheit i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II a.F. ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen genutzten Erdgeschoßwohnung abzustellen. Denn die beiden Wohnungen seien voneinander abgeschlossen. Die Wohnfläche im Erdgeschoss einschließlich des Außenflurs betrage 125 qm. Da sie die Erdgeschoßwohnung beim erstmaligen Bezug von Grundsicherungsleistungen mit vier Personen genutzt hätten, sei die Wohnfläche von 117 qm angemessen gewesen, da die angemessene Wohnfläche für vier Personen bei einem selbstgenutzten Eigenheim 130 qm betrage. Eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung sei nach § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG unschädlich. Sie hätten mit dem Bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 das Stammrecht auf Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses erhalten. Der Bescheid vom 29.12.2004 sei weiterhin gültig.

Mit Urteil vom 24.01.2018 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihnen am 15.02.2018 zugestellten Urteil haben die Kläger am 14.03.2018 Berufung beim Sozialgericht Münster eingelegt.

Sie vertreten die Auffassung, dass ihnen für den streitbefangenen Zeitraum höhere Grundsicherungsleistungen als bewilligt in Form eines Zuschusses zuständen. Der Nachzahlungsbetrag belaufe sich insgesamt auf 1.547,67 Euro. Sie seien Eigentümer eines Zweifamilienhauses. Der Ausbau der 2. Wohnung und somit die Trennung der Erdgeschosswohnung vom Außenflur sei nach 1974 erfolgt. Sie hätten an der Dachgeschoßwohnung kein Sondereigentum gebildet, da es für dieses nach Auskünften von Maklern keinen Käufermarkt gegeben habe. Die Dachgeschoßwohnung sei adäquat vermietet gewesen.

Bei der Prüfung der Angemessenheit ihres Hausgrundstücks i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei ausschließlich auf die Wohnfläche der von ihnen genutzten Erdgeschoßwohnung abzustellen. Da sie die Erdgeschoßwohnung beim erstmaligen Bezug von Grundsicherungsleistungen im Jahr 2005 mit vier Personen genutzt hätten, sei die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II angemessen gewesen. Soweit das Bundesozialgericht im Urteil vom 12.10.2106 - B 4 AS 4/16 R entschieden habe, dass die Vorschrift des § 82 Abs. 3 S. 2 II. WoBauG bei der Prüfung der Angemessenheit eines selbstgenutzten Hauses kein Anwendung finde, sei diese Entscheidung für Bewilligungszeiträume vor dem 01.12.2009 nicht bindend.

Ein Familienheim mit zwei Wohnungen i.S. der Vorschriften des II. WoBauG falle unter den Begriff des Schonvermögens i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II. Deshalb sei bei einem Familienheim mit zwei Wohnungen auf die in § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 II. WoBauG bestimmte Wohnflächengrenze von 200 qm bei der Angemessenheitsprüfung abzustellen. Die Anerkennung des Grundvermögens "Familienwohnheim" als geschütztes Vermögen richte sich nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II unter Anwendung der §§ 7, 9, 11 und 39 II. WoBauG. Die Auslegung des in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II verwandten Begriffs der Angemessenheit durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 und 2 GG, Art. 11 EMRK Zusatzprotokoll, Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK und Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

Sie hätten seit der Erstbescheidung durch die Agentur für Arbeit D ein Stammrecht auf Arbeitslosengeld II-Regelleistungen erworben. Dies resultiere daraus, dass die gewährten Alg II Leistungen als "Regelleistungen" zur Auszahlung gekommen seien und nicht wie in den Entscheidungen des LSG und des BSG behauptet als Zuschuss. In dem Bewilligungsbescheid vom 29.12.2004 seien nicht ansatzweise Hinweise für eine zuschussweise Hilfegewährung enthalten. Die Beklagte sei im Rahmen des Fortzahlungsantrages vom 29.03.2005 für den Folgebewilligungszeitraum ab dem 01.04.2005 nur zu einer erneuten Bedürftigkeitsprüfung hinsichtlich veränderter materieller Bedingungen berechtigt gewesen. Die Beklagte habe den Vermögensschutz "Familienwohnheim", welche durch die Agentur für Arbeit D ihnen mit Bescheid vom 29.12.2004 in Form der Alg II-Regelleistungen gewährt worden sei, nicht abändern dürfen. Die Beklagte sei aufgrund § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II daran gehindert gewesen, festzustellen, ob ein Arbeitssuchender erwerbsfähig und hilfebedürftig sei. Ab dem 01.01.2005 sei die Aufgabe von der Beklagten als Optionskommune nach § 6a SGB II wahrgenommen worden. Hierbei habe die Optionskommune ihre im SGB II zugewiesenen eingeschränkte rechtliche Kompetenz gemäß § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II a.F ... Auch aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ergebe sich ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen in Form des Zuschusses.

Der Kläger zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.01.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 24.09.2007 und 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008, diese in der Fassung der Änderungsbescheide vom 02.04.2008 und 06.02.2008 zu verurteilen, den Klägern Grundsicherungsleistungen als Zuschuss für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Der Vertreter der Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind die Bescheide vom 24.09.2007 und vom 19.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2008 sowie die Änderungsbescheide vom 04.02.2008 und 06.02.2008, die nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden den Klägern Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 als Darlehen nach § 23 Abs. 5 SGB II i.d.F. ab dem 01.04.2006 (Gesetz vom 24.03.2006, BGBl. I 558 - a.F.) gewährt. Damit hat die Beklagte konkludent die Gewährung von Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses abgelehnt. Nach dem im Berufungsverfahren gestellten Antrag haben die Kläger ihr Klagebegehren dahingehend beschränkt, dass sie die Zuerkennung höherer Grundsicherungsleistungen in Form eines Zuschusses im streitbefangenen Zeitraum begehren. Die Differenz zwischen bewilligten Leistungen und den ihnen tatsächlich zustehenden Leistungen beziffern sie auf insgesamt 1.547,67 Euro. Da die Kläger in ihrer Berufungsschrift sowie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen als Zuschuss beantragt haben, haben sie auf Gewährung von höheren Grundsicherungsleistungen in Form eines Darlehens verzichtet. Damit stehen nur noch Zuschussleistungen im Streit.

Die Stadt H ist passiv legitimiert, weil sie gegenüber den Leistungsberechtigten im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R -, m.w.N.).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Die Kläger sind nicht beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, soweit die Beklagte die Gewährung von Grundsicherungsleistungen an die Kläger als Zuschuss für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 abgelehnt hat.

Den Klägern steht im Zeitraum vom 01.11.2007 bis zum 31.03.2008 gegenüber dem Beklagten kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach § 19ff SGB II als Zuschuss zu.

Die Kläger sind nicht hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGG gewesen. Denn sie haben über ein zu berücksichtigendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954 - a.F.) verfügt, das ihren Hilfebedarf gedeckt hat. Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks, in dem sich zwei eigentumsrechtlich nicht voneinander getrennte, baulich voneinander abgeschlossene Wohnungen befinden. Bei diesen Hausgrundstück handelt es sich um kein Schonvermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F., sondern um verwertbares Vermögen. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 28.03.2019 in dem Parallelverfahren L 19 AS 587/18 betreffend den Bewilligungszeitraum vom 17.05.2006 bis zum 28.02.2007. Die Sach - und Rechtslage hat sich im Bewilligungszeitraum vom 01.10.2007 bis 28.02.2008 nicht geändert. Der Verkehrswert des Hausgrundstückes übersteigt nach Abzug der dinglich gesicherten Forderungen (79.596,47 Euro Darlehensforderung Bank + 20.000,00 Euro dinglich gesicherte Darlehen der Beklagten) den Freibetrag der Kläger i.H.v. 16.650,00 Euro ([50 x 150 Euro] + [50 x 150 Euro] + [2 x 750,00 Euro]) ab dem 01.10.2007 bzw. i.H.v. 16.800,00 Euro ([51 x 150 Euro] + [50 x 150 Euro] + [2 x 750,00]) ab 01.03.2008.

Ergänzend ist anzumerken, dass ausgehend von der Auffassung der Kläger, dass bei der Prüfung der Angemessenheit der Wohnfläche i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. ausschließlich auf die Wohnfläche der von den Klägern selbstgenutzten 117qm qm großen Erdgeschoßwohnung abzustellen ist, die Wohnfläche der Erdgeschoßwohnung im streitbefangenen Zeitraum unangemessen gewesen ist. Denn die angemessene Wohnfläche für zwei Personen i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II a.F. beläuft sich auf 90 qm. Die Angemessenheit der Wohnfläche eines selbstgenutzten Hauses ist auch dann nach der Anzahl der Personen zu bestimmen, die es zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs - vorliegend ab dem 01.10.2007 - bewohnen, wenn bei Erbauung oder Bezug des Hauses bzw. Erstbezug von Grundsicherungsleistungen wegen einer größeren Bewohnerzahl und der damit verbundenen höheren Wohnflächengrenze noch von einer Angemessenheit auszugehen war. Die Vorschrift des § 82 Abs. 3 S 2 II. WoBauG, wonach eine Verminderung der Personenzahl nach dem erstmaligen Bezug der Wohnung unschädlich für die Beurteilung der angemessenen Wohnfläche von steuerbegünstigten Wohnungen ist, findet im Grundsicherungsrecht keine Anwendung (BSG, Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 4/16 R). Dies gilt auch für die Zeiträume vor dem 01.12.2009.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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