S 3 U 220/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 220/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 208/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 01.04.2014 als Arbeitsunfall.

Der Kläger ist Fondmanager bei der C. Investment GmbH. Am 01.04.2014 verließ er gegen 13.25 Uhr das Firmengebäude, um bei strahlendem Sonnenschein umherzugehen und frische Luft zu schnappen. Im Eingangsbereich vor dem Bürgersteig stürzte der Kläger und fiel zu Boden, wobei er sich reflexartig mit den Händen abstützte. Er erlitt multiple Prellungen der Handgelenke und des rechten Knies. Im Durchgangsarztbericht vom 01.04.2014 vermerkte Dr. D. als Angabe zum Unfallort, Unfallhergang und zur Tätigkeit, bei der der Unfall eingetreten ist: "Unfallort: Vor der C. Patient war auf dem Weg zur Pause, eine Steinplatte stand über, diese hat der Patient nicht gesehen und ist gestürzt dabei hat er sich mit offener Hand abgefangen."

In einer persönlichen Stellungnahme des Klägers, welche von der Arbeitgeberin mit der Unfallanzeige vom 28.04.2014. 2014 übersandt wurde, führte der Kläger unter anderem aus: "Zu der o.g. Zeit habe ich das Firmengebäude durch den Haupteingang verlassen, um bei strahlendem Sonnenschein etwas umherzugehen und frische Luft zu schnappen. Im Eingangsbereich vor dem Bürgersteig befanden sich große Bodenplatten aus dunklem Stein. Eine dieser Steinplatten stand ca. 2 cm höher als die angrenzende Platte (s. Bild). Aufgrund des Sonnenlichteinfalls von der Seite und weil diese Platten mit einem 1 zentimeterbreiten Spalt verlegt sind, fiel mir nicht auf, dass bei dieser Platte eine Stolperkante entstanden war. Zudem standen zahlreiche Mitarbeiter in kleinen Gruppen auf dem Bürgersteig vor dem Firmengebäude und unterhielten sich, so dass mein Blick beim Gehen auch nicht ständig auf den Boden gerichtet war "

Mit Bescheid vom 23.6.2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab, weil sich der Unfall in einer Pause und somit nicht während einer versicherten Tätigkeit ereignet habe.

Den unbegründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2014 zurück. Hiergegen hat der Kläger am 19.11.2014 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Er trägt vor, der den Unfall verursachende Spaziergang habe nicht eigenwirtschaftlicher Tätigkeit gedient, sondern sei im Hinblick auf die an diesem Tage bereits angefallene Arbeitsbelastung ausschließlich zur Regeneration des Klägers erfolgt, damit er anschließend seine Arbeit habe fortsetzen können. Im Übrigen habe sich der Unfall auf dem Weg, nämlich im Eingangsbereich des Arbeitsplatzes ereignet. Hier sei der Kläger an einer Bodenplatte hängen geblieben, die etwas höher gestanden habe als die übrigen. Dies habe den Sturz verursacht.

Der Kläger beantragt daher,
den Bescheid vom 23.06.2014 Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2014 aufzuheben und das Ereignis vom 01.04.2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie meint, aus dem Bericht des Dr. D. und den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren ergebe sich eindeutig, dass der Kläger in der Pause und damit nicht bei einer versicherten Tätigkeit verunfallt sei. Die Beklagte nimmt insoweit Bezug auf die von Dr. D. mitgeteilten Angaben des Klägers zum Unfallhergang im Durchgangsarztbericht vom 01.04.2014 sowie die Einlassung des Klägers als Ergänzung zur Unfall Anzeige der Arbeitgeberin vom 28.04.2014 (Seite 52 der Beklagtenakten).

Die Kammer hat Ermittlungen geführt. Sie hat eine Stellungnahme der Arbeitgeberin des Klägers zu seinen Arbeitstätigkeiten und Arbeitsbedingungen im Allgemeinen und der Arbeitsbelastung am Unfalltag im Besonderen eingeholt und Dr. D. ergänzend befragt. Auf Bl. 45 und 51 der Gerichtsakten wird bezüglich des Ergebnisses Bezug genommen. Weiter hat sie den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2017 persönlich angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2014 Bezug genommen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sach- und Streitstandes im weiteren wird auf die Gerichtsakten sowie die Akten der Beklagtenseite genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung der Kammer gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 01.04.2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Kläger hat am 01.04.2014 keinen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII erlitten, als er auf dem nach draußen stürzte.

I. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Dabei sind nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich Versicherten im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte versichert, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII nur Unfälle "infolge" der versicherten Tätigkeit Arbeitsunfälle sind und es einen so genannten Betriebsbann nur in der Schifffahrt (§ 10 SGB VII), nicht aber in der übrigen gesetzlichen Unfallversicherung gibt. Typischerweise und in der Regel unversichert sind höchstpersönliche Verrichtungen, wie z. B. das Essen (vgl. BSGE 11, 267, 268 ff.), oder eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, wie z. B. das Einkaufen (vgl. BSGE SozR 3 - 2200, § 548 Nr. 22). Sie führen regelmäßig zu einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit. Für die wertende Entscheidung, ob die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, kommt der Handlungstendenz des grundsätzlich Versicherten, so wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird, besondere Bedeutung zu (ständige Rechtsprechung des BSG, BSGE 58, 76, 77; BSGE 91, 293). Denn aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der grundsätzlich versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalles eine aus seinem Arbeitsvertrag oder einer sonstigen Vereinbarung beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte.

Daher stehen nur Wege und Betätigungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist (BSG, Urteil vom 12.12.2006, B 2 U 1/06 R, SozR 4 - 2700 § 8 Nr. 21).

Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1 m.w.N.; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19).

Wird eine versicherte Tätigkeit wegen einer privaten Verrichtung unterbrochen, so wird nach überwiegender Auffassung zwischen einer erheblichen und unerheblichen Unterbrechung unterschieden (a.A. SG Hamburg, Urt. v. 25.11.2016, Az. S 40 U 274/13, zitiert nach juris). Während einer privaten Zwecken dienenden, erheblichen Unterbrechung besteht kein Versicherungsschutz. Eine privaten Zwecken dienende, unerhebliche Unterbrechung, während der der Versicherungsschutz fortbesteht, liegt dagegen vor, wenn die Unterbrechung zeitlich und räumlich nur ganz geringfügig ist und einer Verrichtung dient, die "im Vorbeigehen" und "ganz nebenher" erledigt wird. Sie darf nach natürlicher Betrachtungsweise und in Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles nur zu einer geringfügigen, tatsächlichen Unterbrechung der versicherten Tätigkeit geführt haben. Die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes in diesen Fällen findet ihre Rechtfertigung darin, dass die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Verrichtung – z.B. das Zurücklegen des Weges – der wesentliche Grund dafür ist, dass der Versicherte in dieser Situation ist, in der er dann ganz nebenher oder im Vorbeigehen die private Verrichtung ausübt. Dabei wird nicht nur auf einen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang, wie z.B. die bloße Anwesenheit am Arbeitsplatz, abgestellt, sondern auch auf die praktisch andauernde Ausübung einer versicherten Verrichtung, in die eine räumliche und zeitliche unerhebliche private Verrichtung eingeschoben wird. Letztlich handelt es sich um Fallgestaltungen, in denen die versicherte Verrichtung und die private Verrichtung als tatsächliches Geschehen nur sehr schwer voneinander zu trennen sind (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 12.4.2005 – B 2 U 11/04 R in BSGE 94, 262 – 268).

II. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze liegt ein Arbeitsunfall nicht vor.

1. Der Kläger übte im Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit aus, weil der Gang nach draußen in die Sonne nicht in einem inneren Zusammenhang mit seiner versicherten Beschäftigung als Fondmanager stand. Im Unfallzeitpunkt übte der Kläger seine Beschäftigung als Fondsmanager nicht aus. Es kommt daher im Rahmen des Handlungsziels darauf an, ob das Verlassen des Bürogebäudes, um bei strahlendem Sonnenschein umher zu gehen, in sachlichem Zusammenhang zu der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit stand, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt war.

2. Die Kammer ist insoweit nicht überzeugt, dass der Kläger sich nach draußen begab, um damit eine Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Arbeitsverhältnis als Fondmanager zu erfüllen oder ein eigenes unternehmensbezogenes, innerbetrieblichen Belangen dienendes Recht wahrzunehmen.

Soweit der Kläger sich im Klageverfahren dahingehend eingelassen hat, dass er sich nach draußen begeben hat, um die an diesem Tag vor dem Ereignis angefallenen Arbeitsbelastung durch Regeneration zu kompensieren, was unbedingt erforderlich gewesen sei, um die Arbeit fortzusetzen, zweifelt die Kammer bereits daran, dass der Kläger tatsächlich in dem nunmehr vorgetragenen Umfang über das übliche Maß hinaus belastet war und dass diese Belastung ihn dazu bewog, das Bürogebäude zu verlassen.

Eine besondere Belastungssituation des Klägers aufgrund des Tagesgeschehens haben die Ermittlungen der Kammer nicht ergeben. Unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers wertet die Kammer die Ereignisse des 01.04.2014 wie folgt.

Der Kläger hat sein Büro an diesem Tag erst um kurz nach 11 Uhr erreicht, nachdem er zuvor im Stau gestanden hatte. Er kam daher zu spät zu einem Termin mit dem Unternehmensvorstand der E. Im Anschluss an die Besprechung nach 12.00 Uhr hat er E-Mails angeschaut und mit Brokern gesprochen.

Soweit der Kläger sich weiter dahingehend eingelassen hat, er habe dann vor dem nächsten Meeting um 14.00 Uhr den Eindruck gehabt, dass er eine Auszeit brauche, vermag dies die Kammer nicht in dem erforderlichen Maß zu überzeugen.

Denn der Kläger hat keine Tätigkeiten geschildert, aus denen sich in der Zeit zwischen der Anreise zum Büro bis zur Unterbrechung seiner Tätigkeit etwa dreieinhalb Stunden später eine derart hohe Belastung ergäbe, die eine Unterbrechung der Arbeit zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich machte.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Tätigkeit als Fondsmanager sehr anspruchsvoll ist und ein hohes Maß an Konzentrationsvermögen erfordert. Die Kammer berücksichtigt zudem, dass sich der Kläger bereits vor Arbeitsantritt in einer besonderen Stresssituation befunden haben mag, da er für seinen Arbeitsweg etwa 35 bis 40 Minuten länger benötigte als normal und daher einen Unternehmensvorstand der, seinen Worten nach, größten Werbeagentur der Welt einige Minuten oder etwa eine Viertelstunde (wie der Durchgangsarztbericht vom 01.04.2017 nahe legt) warten ließ.

Dies allein begründete nach dem Ergebnis der Ermittlungen aus Sicht der Kammer jedoch nicht die Notwendigkeit für den Kläger, eine Pause einzulegen, um seine Arbeitsfähigkeit wieder her zu stellen.

3. Die anspruchsvolle Tätigkeit des Klägers allein vermag dies nicht zu begründen. Es gibt viele sehr anspruchsvolle Berufsbilder, die ein hohes Maß an Konzentration und Belastbarkeit erfordern, ohne dass über das gesetzliche Maß hinaus Pausen erforderlich werden.

Auch der vom Kläger geschilderte Stau hat aus Sicht der Kammer keine besonderen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit gehabt. Denn Staus sind in G-Stadt und dem dazugehörigen Ballungsraum nichts Ungewöhnliches. Bei dem Kläger handelt es sich zudem um einen gestandenen Mann mit zum Unfallzeitpunkt 22-jähriger Berufserfahrung, dem die Kammer aufgrund ihres persönlichen Eindrucks ohne weiteres zutraut, diesen und anderen Unwägbarkeiten aufgrund seiner Erfahrung und Kompetenz mit der erforderlichen Ruhe und Gelassenheit zu begegnen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil es zur beruflichen Routine gehört, sich mit wichtigen und vielbeschäftigten Personen aus der Wirtschaft zu treffen. Daher ist es eher wahrscheinlich, dass der Kläger nach dem Erreichen des Büros das Meeting begonnen hat und "zur Tagesordnung" übergegangen ist, ohne dass ihn der holprige Start in den Tag weiter besonders belastete. Der Kläger hat auch keine Reaktion seines Gesprächspartners auf die Verspätung geschildert, die als Stressfaktor gewirkt haben könnte, wie das etwa bei einem Wutausbruch oder ähnlichen Reaktionen der Fall gewesen sein könnte.

Auch die anschließend vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten entsprachen den üblichen Arbeitstätigkeiten, die zwar – wie der Kläger eindrucksvoll geschilderte hat - höchst anspruchsvoll sind, jedoch nicht vom normalen Arbeitsablauf oder -geschehen abwichen.

Hinzu kommt, dass der Kläger bereits seit 1992 eigenverantwortlich Fonds managt. Zwei seiner Fonds betreute er zum Unfallzeitpunkt seit mindestens 20 Jahren, den dritten Fonds bereits seit 4 Jahren. Er kannte daher die Fondgeschichte und –entwicklung ebenso wie staatliche Regelungen und die Analysten, deren Analysen ihm täglich per E Mail übersandt wurden. Er besaß nach alledem ausreichend Erfahrung und Routine, um aus der Flut der E-Mails die für ihn wichtigen herausfiltern und bewerten zu können. Besondere Belastungen wie etwa Vertretungstätigkeit oder die Betreuung eines Projekts, das den Kläger über das in seinem Beruf übliche Normalmaß hinaus belastet hätte, gab es nach den Ermittlungen der Kammer nicht.

Auch die vorangegangene Zeitumstellung wertet die Kammer nicht als besonders belastenden Umstand. Denn die in der Wissenschaft diskutierten nachteiligen Folgen der Zeitumstellung auf den menschlichen Organismus wirken sich im Arbeitsalltag hauptsächlich dort belastend aus, wo der Arbeitnehmer sich daran gewöhnen muss, nach der inneren Uhr eine Stunde früher zur Arbeit erscheinen zu müssen als vor der Zeitumstellung. Der Kläger konnte seinen Arbeitsbeginn aber unter Berücksichtigung von Terminen weitgehend frei bestimmen, wie sich aus der Stellungnahme seines Arbeitgebers ergibt. Zudem ist der Kläger erst etwa kurz nach 10 Uhr von zuhause los gefahren, um zur Arbeit zu fahren. Hinzu kommt, dass auch insoweit Routine und Erfahrung Müdigkeit und etwaige Erschöpfung kompensieren können, sofern sie beim Kläger in relevantem Maß vorgelegen haben sollten, wovon die Kammer nicht überzeugt ist.

4. Andererseits haben die Ermittlungen der Kammer ergeben, dass sich der Kläger seine Arbeitszeit weitgehend frei einteilen konnte und insbesondere auch Pausen nach individuellen Bedürfnissen festlegen konnte sowie zusätzlich seinen Arbeitsalltag auch ansonsten weitgehend frei einteilen und organisieren konnte. Dies sind Umstände, die grundsätzlich geeignet sind, etwaige Stressbelastungen am Arbeitsplatz zu kopmpensieren.

Zudem handelte es sich am 01.04.2017 um einen Frühlingstag mit strahlendem Sonnenschein, den der Kläger, wie er gegenüber der Beklagten darlegte, nutzen wollte, um umher zu gehen und frische Luft zu schnappen. Auch zahlreiche andere Mitarbeiter genossen den Sonnenschein und unterhielten sich.

5. Schließlich hat die Kammer auch zu berücksichtigen, dass der Kläger gegenüber der Beklagten mit keinem Wort erwähnt hat, dass er an diesem Tag einer besonderen Arbeitsbelastung ausgesetzt gewesen sei. Weder in seiner persönlichen Schilderung noch im Widerspruchsverfahren hat der Kläger entsprechendes ausgeführt. Erst in der Klagebegründung weist er auf eine besondere Arbeitsbelastung und hat diese erstmals ausführlich in der mündlichen Verhandlung am 07.07.2017 ausgeführt. Auch aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. F. vom 01.04.2014 ergeben sich keine besonderen Arbeitsbelastungen des Klägers. Dr. F. hat lediglich vermerkt, der Kläger sei auf dem Weg zur Pause gewesen. Hätte der Kläger auch eine besondere Arbeitsbelastung geschildert, hätte es nahe gelegen, diese im Durchgangsarztbericht zu erwähnen.

Die erst im gerichtlichen Verfahren präzisierten Schilderungen zur Arbeitsbelastung sprechen nach alledem für eine verfahrensangepasste Schilderung, die die Kammer nicht davon überzeugen kann, dass der Kläger sich nach draußen begab um unmittelbar betrieblichen Interessen zu dienen. Vielmehr hat der Kläger seine berufliche Tätigkeit unterbrochen, um einer privaten Verrichtung nachzugehen. Seine Handlungstendenz war darauf gerichtet, die Arbeit zu unterbrechen, um vor dem nächsten Meeting noch einen der ersten sonnigen Frühlingstage genießen zu können, wie dies viele andere auch getan haben. Dass dies auch zu einer Entspannung des Klägers geführt haben kann, die mittelbar auch der Arbeitgeberin zugutegekommen sein mag, reicht nicht aus, um eine auf betriebliche Interessen gerichtete Handlungstendenz beim Kläger zu begründen.

6. Der Kläger handelte demnach nicht im unmittelbaren Betriebsinteresse, sondern allein im eigenen Interesse auf dem Weg zu einer persönlichen Verrichtung.

Diese Unterbrechung seiner beruflichen Tätigkeit war nach natürlicher Betrachtungsweise und in Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles keine geringfügige, tatsächlichen Unterbrechung der versicherten Tätigkeit sondern um eine erhebliche Unterbrechung für die kein Versicherungsschutz besteht.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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