L 4 KR 215/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KR 856/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 215/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Verlegung von einem Krankenhaus in ein anderes Krankenhaus liegt auch im Sinne der Fallpauschalenvereinbarung 2013 nur dann vor, wenn ein Versicherter auf Veranlassung des Krankenhauses, das ihn stationär behandelt hat, in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen wird.
2. Es ist kein Grund dafür erkennbar, weshalb § 1 Abs. 1 S. 4 FPV 2013 den Begriff der "Verlegung" nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Dimension, sondern vollständig neu und jenseits dessen definieren sollte, was nach dem allgemeinen Sprachgebrauch darunter verstanden wird,
3. Eine Verlegung ist damit ausgeschlossen, wenn ein Krankenhaus einen Versicherten in die hausärztliche Betreuung entlässt und dieser ohne Mitwirkung und Kenntnis des entlassenden Krankenhauses aufgrund eines unerwarteten Geschehensverlauf und einer anderen Erkrankung binnen 24 Stunden in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen wird.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. März 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 646,98 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Verlegungsabschlag von einer Krankenhausrechnung.

Die Klägerin, eine gemeinnützige Aktiengesellschaft, betreibt das Klinikum A-Stadt. Die Klinik ist ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus.

Die 1926 geborene und bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich versicherte C. (im Folgenden: Versicherte) befand sich vom 20.09.2013 bis zum 01.10.2013 im Klinikum der Klägerin in stationärer Behandlung. Sie war wegen akuter Diarrhöen nach Antibiotikaeinnahme aufgenommen worden. Die Behandlung erfolgte aufgrund der Diagnose A04.7 "sonstige bakterielle Darminfektionen, Enterokolitis durch Clostridium difficile". Die Versicherte wurde am 01.10.2013 um 12.53 Uhr in gutem Allgemeinzustand in die weitere hausärztliche Betreuung entlassen.

Am 02.10.2013 um 10.14 Uhr wurde die Versicherte wegen einer psychischen Störung zur stationären Behandlung in das I.-Klinikum W-Stadt aufgenommen.

Die Klägerin rechnete die für die Versicherte erbrachten Leistungen mit der DRG G48A ab (Koloskopie mit äußerst schweren oder schweren CC, komplizierendem Eingriff oder Alter ( 15 Jahre, mit schwerer Darminfektion oder bei Zustand nach Organtransplantation) und stellte der Beklagten einen Betrag in Höhe von 5.081,20 EUR in Rechnung (Endrechnung vom 23.10.2013).

Die Beklagte wies die Rechnung zurück und bat um Erstellung einer neuen Rechnung unter Berücksichtigung von Verlegungsabschlägen. Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, zahlte die Beklagte am 14.03.2014 unter Abzug eines Verlegungsabschlags einen Betrag von 4.434,22 EUR. Zur Begründung verwies sie darauf, dass ab Entlassung der Versicherten aus dem Klinikum der Klägerin am 01.10.2013 bis zu ihrer Aufnahme im I.-Klinikum W-Stadt weniger als 24 Stunden gelegen hätten und die mittlere Verweildauer von 13,1 Tagen bei der DRG G48A nicht erreicht worden sei.

Die Klägerin hat am 02.06.2016 Klage zum Sozialgericht München erhoben und den Differenzbetrag von 646,20 EUR geltend gemacht nebst Zinsen ab 15.11.2013. Es habe schon begrifflich keine Verlegung vorgelegen. Zwar habe eine erneute Aufnahme in ein Krankenhaus innerhalb von 24 Stunden stattgefunden. Gleichwohl handele es sich nicht um eine Verlegung, weil die Behandlung der Darmerkrankung im Klinikum A-Stadt mit der Entlassung aus dem Klinikum in die hausärztliche Weiterversorgung vollständig abgeschlossen gewesen sei. Es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen der im Klinikum A-Stadt behandelten Darmerkrankung und der psychiatrischen Erkrankung. Die Aufnahme in der psychiatrischen Fachklinik in W-Stadt sei ohne Veranlassung oder Zutun des Klinikums A-Stadt erfolgt. Nach herrschender Rechtsprechung sei trotz einer formalen Wiederaufnahme innerhalb von 24 Stunden keine Verlegung anzunehmen, wenn nachweislich bei der Entlassung des Patienten eine Krankenhausbedürftigkeit nicht mehr bestehe und die Aufnahme in das andere Krankenhaus wegen einer nicht mit der vorherigen Behandlung im Zusammenhang stehenden Behandlung erfolge.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass die die Voraussetzungen für einen Verlegungsabschlag nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Fallpauschalenvereinbarung 2013 (FPV 2013) erfüllt seien. Es komme nicht auf einen (medizinischen) Zusammenhang zwischen den jeweiligen Erkrankungen an. Die Regelungen im Fallpauschalen-Katalog seien streng nach ihrem Wortlaut auszulegen.

Das Sozialgericht München hat die Beklagte mit Urteil vom 21.03.2017 verurteilt, an die Klägerin 646,98 EUR an die Klägerin nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 15.11.2013 zu zahlen, und die Berufung zugelassen. Die streitgegenständliche Rechnung der Klägerin vom 23.10.2013 sei nicht zu beanstanden. Ein Verlegungsabschlag i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV 2013 sei nicht in Abzug zu bringen. Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV 2013 sei im Falle einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus von dem verlegenden Krankenhaus ein Abschlag vorzunehmen, wenn die im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene mittlere Verweildauer unterschritten werde. Zwar sei allein nach dem Wortlaut gemäß der Definition des § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2013 eine Verlegung im Sinne des Satzes 2 gegeben gewesen. Der vorliegende Fall sei jedoch dadurch gekennzeichnet, dass die Versicherte unstreitig vom klägerischen Klinikum ordnungsgemäß nach Beendigung der Behandlung am 01.10.2013 entlassen worden sei, d.h. der Behandlungsfall sei abgeschlossen gewesen.

In einem solchen Fall sei nach Auffassung der Kammer der Begriff der Verlegung gem. § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2013 dahingehend systematisch auszulegen, dass eine solche nur gegeben sei, wenn die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit des Patienten zum Zeitpunkt der Entlassung noch weiterbestehe (LSG Thüringen, Urteil vom 28.08.2012, L 6 KR 295/11, Rn. 23 zu § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2005). Die Kammer schließe sich der Ansicht des LSG Thüringen an, wonach den Vorschriften des § 17b Abs. 1 Satz 3 KHG und § 8 Abs. 2 Satz 1 KHEntG zu entnehmen sei, dass unter Behandlungsfall bei einer stationären Behandlung im Fallpauschalensystem die gesamte Behandlung derselben Erkrankung zu verstehen sei, die ein Patient von der stationären Aufnahme bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung erhalte. Ein neuer medizinischer Behandlungsfall könne unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des Fallpauschalensystems erst zur Abrechnung gelangen, wenn der vorhergehende medizinische Behandlungsfall als abgeschlossen anzusehen sei. Dies sei erst anzunehmen, wenn der/die Versicherte die aus medizinischer Sicht erforderliche Behandlung in vollem Umfang erhalten habe (LSG Thüringen, ebenda, Rn. 25). Diese Systematik liege auch den Regelungen der §§ 1- 3 FPV 2013 zugrunde. In der Systematik der Vorschriften der FPV werde hinreichend deutlich, dass der Begriff der Verlegung und insbesondere die Berechnung des Verlegungsabschlages an den Begriff Behandlung als abzurechnende Einheit anknüpfe, mit der Folge, dass ein Verlegungsabschlag nur vorgenommen werden könne, wenn zum Zeitpunkt der Entlassung des Versicherten aus dem Krankenhaus seine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit noch nicht aufgehoben, sondern eine weitere Behandlung erforderlich sei. Im vorliegenden Fall sei daher kein Verlegungsabschlag anzusetzen. Die Klägerin habe Anspruch auf Verzugszinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.11.2013, also drei Wochen nach der Rechnungsstellung vom 23.10.2013.

Die Beklagte hat dagegen Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben und zur Begründung erneut auf § 3 Abs. 2 Satz 1 FPV 2013 verwiesen. Es komme nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entlassung der Versicherten aus dem Krankenhaus der Klägerin noch Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bestanden habe. Ein Verlegungsabschlag sei auch dann vorzunehmen, wenn ein Versicherter nach Hause entlassen werde und aufgrund einer anderen Erkrankung, z.B. als Notfall aufgrund eines Sturzes, innerhalb von 24 Stunden nach Entlassung in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen werde. Insoweit werde auf das Urteil des BSG vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13 R, verwiesen. Der Begriff der Verlegung sei in § 1 FPV abschließend definiert. Die Gründe für die Verlegung bzw. die Aufnahme in das andere Krankenhaus würden in den Regelungen der FPV nicht weiter berücksichtigt. Die Regelungen der FPV seien nicht der Auslegung fähig. Eine schlichte Anwendung und Praxistauglichkeit würde damit unmöglich gemacht.

Die Klägerin hat erwidert, dass eine Verlegung schon begrifflich nicht vorliege, wenn eine stationäre Krankenhausbehandlung vollständig beendet sei.

Die Beklagte beantragte,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.03.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagtenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in Abwesenheit der Beklagten entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch im Falle des Ausbleibens hingewiesen wurde (§§ 110, 126, 132 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist insbesondere auch statthaft, da das Sozialgericht die Berufung zugelassen hat. In der Sache ist sie aber unbegründet.

Das Sozialgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat Anspruch auf einen ungekürzten Vergütungsanspruch für die stationäre Behandlung der Versicherten im Zeitraum 20.09.2013 bis 01.10.2013. Die Vergütung war nicht um einen Verlegungsabschlag zu kürzen, weil eine Verlegung der Versicherten nicht stattgefunden hat.

§ 1 Abs. 1 FPV 2013 lautet:
"Die Fallpauschalen werden jeweils von dem die Leistung erbringenden Krankenhaus nach dem am Tag der voll-oder teilstationären Aufnahme geltenden Fallpauschalen-Katalog und den dazu gehörenden Abrechnungsregeln abgerechnet. Im Falle der Verlegung in ein anderes Krankenhaus rechnet jedes beteiligte Krankenhaus eine Fallpauschale ab. Diese wird nach Maßgabe des § 3 gemindert; dies gilt nicht für Fallpauschalen, die im Fallpauschalen-Katalog als Verlegungs-Fallpauschalen gekennzeichnet sind; für diese Verlegungsfälle sind beim verlegenden Krankenhaus die Regelungen des Absatzes 3 entsprechend anwendbar. Eine Verlegung im Sinne des Satzes 2 liegt vor, wenn zwischen der Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind."

Die Anwendung der FPV-Abrechnungsbestimmungen unterliegt grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 06.03.2012, B1 KR 15/11 R). Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs. 2 S 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz) und damit als "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG, a.a.O.).

Orientiert man sich eng am Wortlaut einer Regelung, kann die sprachliche Bedeutung der verwendeten Begriffe nicht außer Betracht bleiben. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter einer Verlegung ein zielgerichtetes Tun im Sinne von "(jemanden, etwas) von einem bisher innegehabten Ort an einen anderen Ort legen" (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 14.06.2017, L 8 KR 27/16, Rn 30). Eine Verlegung beruht demnach auf dem aktiven Tun des Verlegenden, während derjenige, der verlegt wird, selbst keinen aktiven Part hat, sondern passiv das Objekt des Verlegenden ist.

Nach Überzeugung des Senats kann daher eine Verlegung auch im Sinne der Fallpauschalenvereinbarung 2013 nur dann vorliegen, wenn ein Versicherter auf Veranlassung des Krankenhauses, das ihn stationär behandelt hat, in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen wird. Dies macht auch der Begriff des "verlegenden Krankenhauses", der in den Regelungen der FPV 2013 wiederholt verwendet wird (z.B. § 1 Abs. 3 Satz 2, § 3 Abs. 1 Satz 1 FPV 2013), deutlich. Auch er verlangt ein aktives Tun der Klinik und bringt damit zum Ausdruck, dass ohne Zutun des betreffenden Krankenhauses ein Verlegungsakt im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 4 der FPV 2013 nicht vorliegt. Hat ein Krankenhaus keine Kenntnis davon, dass ein Patient innerhalb von 24 Stunden nach seiner Entlassung ein anderes Krankenhaus aufsucht und dort stationär aufgenommen wird, kann es sich nicht um ein "verlegendes Krankenhaus" im Sinne der FPV 2013 handeln.

Diesem Normverständnis steht die Formulierung des § 1 Abs. 1 Satz 4 der FPV 2013 nicht entgegen. Die Regelung legt nach ihrem Wortlaut fest, welcher zeitliche Zusammenhang zwischen Entlassung aus dem einen Krankenhaus und der Aufnahme in ein anderes Krankenhaus bestehen muss, um einen Verlegungstatbestand im Sinne der FPV 2013 zu begründen. Insoweit besteht auch nachvollziehbarer Regelungsbedarf. Denn der Wortsinn des Begriffs "Verlegung" sagt nichts darüber aus, in welchem zeitlichen Zusammenhang Entlassung und nachfolgende Aufnahme in einem anderen Krankenhaus zueinander stehen. Aus Gründen der Abrechnungsklarheit war daher festzulegen, ob eine Verlegung im Sinne der FPV 2013 z.B. auch dann vorliegt, wenn ein Patient nach Entlassung zunächst nach Hause geht und erst am nächsten Tag die Klinik, in die er verlegt worden ist, aufsucht.

Die Beklagte hält dem entgegen, dass § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2013 den Begriff der Verlegung umfassend neu definiere in dem Sinne, dass eine Verlegung auch ohne Zutun des entlassenden Krankenhauses vorliegen könne. Ausreichend für eine Verlegung im Sinne der Fallpauschalenvereinbarung 2013 sei allein, dass zwischen Entlassung aus einem Krankenhaus und der Aufnahme in einem anderen Krankenhaus nicht mehr als 24 Stunden vergangen sind. Dieser Auslegung liegt die Annahme zugrunde, dass der Begriff der "Verlegung" in § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV als leere Worthülse ohne eigenen Bedeutungsinhalt verwendet wird, die erst im zweiten Halbsatz mit Inhalt befüllt wird.

Auch das Hessische LSG vertritt im oben erwähnten Urteil vom 14.06.2017 (L 8 KR 27/16, Rn 30) diese Auffassung und führt aus, dass § 1 Abs. 1 Satz 4 der FPV 2013 gerade nicht an den allgemeinen Sprachgebrauch anknüpfe, sondern den Begriff der Verlegung für den Bereich der Fallpauschalenvergütung allein durch ein zeitliches Moment bestimme.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Es ist für den Senat kein Grund dafür erkennbar, weshalb § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV 2013 den Begriff der "Verlegung" nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Dimension, sondern vollständig neu und jenseits dessen definieren sollte, was nach dem allgemeinen Sprachgebrauch - zumal im Kontext von Krankenhausaufenthalten - darunter verstanden wird. Insbesondere finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der gewählten Formulierung des § 1 Abs. 1 Satz 4 FPV u.a. bezweckt worden sein könnte, eine Verlegung im Sinne der Fallpauschalenvereinbarung auch ohne Kenntnis des "verlegenden Krankenhauses" anzunehmen.

Soweit das Hessische LSG in diesem Zusammenhang auf das Massengeschäft der Krankenhausabrechnungen und das Anliegen nach klaren und handhabbaren Abrechnungsbestimmungen verweist, wird gerade dieser Zweck mit der von ihm favorisierten Auslegung nicht erreicht. Denn diese würde dazu führen, dass Krankenhäuser nicht über alle notwendigen Informationen verfügen, die sie für eine korrekte Rechnungsstellung benötigen. In den Fällen, in denen ein entlassener Patient ohne Kenntnis des entlassenden Krankenhauses innerhalb von 24 Stunden in einem anderen Krankenhaus aufgenommen wird, kann das entlassende Krankenhaus nicht wissen, dass ggf. ein Verlegungsabschlag vorzunehmen ist. Es wäre nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 1 Abs. 8 FPV 2013 nachzukommen. Das Krankenhaus könnte stets erst nach Klärung der Frage, ob eine Aufnahme innerhalb von 24 Stunden nach Entlassung stattgefunden hat, eine ordnungsgemäße Rechnung stellen. Das kann nicht gewollt sein.

Aus dem Urteil des BSG vom 01.07.2014, B 1 KR 2/13, folgt nichts Anderes. Insbesondere enthält es keinen Rechtssatz, welcher der hier vertretenen Auffassung entgegensteht.

Die Annahme einer Verlegung ist damit ausgeschlossen, wenn - wie hier - ein Krankenhaus eine Versicherte in die hausärztliche Betreuung entlässt und diese Versicherte ohne Mitwirkung und Kenntnis des entlassenden Krankenhauses aufgrund eines unerwarteten Geschehensverlaufs - und hier auch noch aufgrund einer anderen Erkrankung - binnen 24 Stunden in einem anderen Krankenhaus stationär aufgenommen wird. Ein Verlegungsabschlag war somit nicht vorzunehmen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor. Wie dargelegt, weicht der Senat auch nicht von der Entscheidung des BSG vom 01.07.2014 (a.a.O.) ab.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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