L 2 SO 4356/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SO 1683/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4356/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Pflegegeld nach § 37 SGB XI ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung bei der Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII aufgrund der besonderen Zweckbindung des Pflegegeldes nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. November 2018 aufgehoben und der Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 24. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2018 verurteilt, der Klägerin weitere Bestattungskosten in Höhe von 1.422,50 EUR zu erstatten.

Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin macht die Übernahme von Bestattungskosten durch den Beklagten gemäß § 74 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) geltend.

Die Klägerin bezieht vom Beklagten laufende Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII. Am 19. Juni 2017 verstarb der Ehegatte der Klägerin, den diese zuvor gepflegt hatte. Die Klägerin und ihre Tochter wurden je zur Hälfte Miterben. An Bestattungskosten fielen 4.065,00 EUR (Bescheid der Stadt K. vom 7. August 2017) sowie weitere 2.771,00 EUR (zwei Rechnungen der Firma R. Bestattungen vom 3. Juli 2017) an. Die Rechnungen sind jeweils an die Tochter der Klägerin gerichtet, die die Verhandlungen mit dem Beerdigungsinstitut übernommen hatte, wurden allerdings zur Hälfte von der Klägerin bezahlt.

Auf Antrag der Klägerin vom 14. August 2017 (Bl. 625 Verwaltungsakte – VA -) auf Übernahme der Bestattungskosten gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Oktober 2017 147,30 EUR. Bei der Berechnung waren die vorgelegten Rechnungen in mehreren Positionen gekürzt worden, so war u.a. nur das Nutzungsrecht für ein Normalgrab (904,00 EUR) anstelle eines zweistelligen Wahlgrabes (2.760,00 EUR) anerkannt worden, ferner die Höhe für die Kosten des Sarges gekürzt worden (700,00 EUR anstelle 1.890,00 EUR) wie auch die Kosten für das Erledigen der Papiere für das Standesamt (72,00 EUR) sowie einer 300,00 EUR-Pauschale (für die Ausführung der Bestattung inklusive Beratung, Organisation usw.). Bei dem zu berücksichtigenden Vermögen wurde unter anderem die Pflegegeldzahlung sowie der auf den Verstorbenen entfallende Anteil an der Mietkaution der bewohnten Wohnung und des Guthabens auf dem Girokonto zugrunde gelegt. Die Klägerin hatte die Hälfte der Kosten geltend gemacht, die andere Hälfte hatte die Tochter übernommen.

Gegen den Bescheid vom 24. Oktober 2017 erhob die Klägerin Widerspruch und wandte sich gegen den Abzug der Pauschale von 300,00 EUR, da darin auch die notwendige Organisation der Bestattung beinhaltet sei. Ferner wandte sie sich dagegen, dass von der Pflegekasse am 19. Juni 2017 überwiesenes Pflegegeld für Pflege des Verstorbenen im Zeitraum März bis Juni 2017 in Höhe von 2.912,00 EUR als Vermögen bei ihr berücksichtigt worden sei. Es handele sich hierbei um eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht berücksichtigungsfähig sei. Ferner vertrat die Klägerin die Ansicht, dass die zur Hälfte als Vermögen berücksichtigte Mietkaution (377,50 EUR) nicht verwertbares Vermögen sei bzw. der Einsatz für die Bestattung eine unzumutbare Härte darstelle.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2018 (Bl. 8 SG-Akte) wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. April 2018 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und ursprünglich weitere 1.796,75 EUR geltend gemacht. Zur Begründung hat sie ihre bisherigen Angaben wiederholt und vertieft. Nachdem sie zunächst die Ansicht vertreten hatte, das Pflegegeld sei aufgrund der Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII nicht anrechenbar, macht sie nunmehr geltend, dass ihr hinsichtlich des Pflegegeldes als Teil des Erbes nach der Zweckbestimmung der Leistung nicht zuzumuten sei, das Pflegegeld für die Kosten der Bestattung zu verwenden. Dies folge aus dem Rechtsgedanken des § 19 Abs. 6 SGB XII.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 1. August 2018 vor dem SG wurde auf Vorschlag des SG folgender Teilvergleich geschlossen:

1. Der Beklagte gewährt weitere 456,50 EUR. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit die Berücksichtigungsfähigkeit der Mietkaution (377,50 EUR), des vom Beklagten vorgenommenen Abzugs von 300,00 EUR in der Rechnung des Bestattungsinstituts vom 3. Juli 2017 (Pauschale für Ausführung der Bestattung usw.; Berücksichtigung in Höhe von einem Viertel, damit 75,00 EUR) und der Übertragungsfehler bei der Berücksichtigung des Pflegegeldes (4,00 EUR) abschließend geregelt sind.

2. Der verbliebene Rechtsstreit wird damit auf die Frage beschränkt, ob das am 19. Juni 2017 bezahlte Pflegegeld in Höhe von 2.912,00 EUR bei der Leistungshöhe Berücksichtigung finden kann. Die Klägerin machte daher noch weitere 1.422,50 EUR (Hälfte der von dem Beklagten berücksichtigten Bestattungskosten in Höhe von 3.608,00 EUR, abzüglich berücksichtigter Mietkaution von 377,50 EUR und 4,00 EUR Korrektur der Höhe des von dem Beklagten berücksichtigten Pflegegeldes) geltend.

3. Hinsichtlich des verbliebenen Rechtsstreits erklären die Beteiligten Verzicht auf mündliche Verhandlung. Im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin findet dieser Teilvergleich Berücksichtigung.

Mit Urteil vom 28. November 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Klage, soweit sie nach dem Teilvergleich noch fortgeführt werde, nicht begründet sei. Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der noch geltend gemachten Kosten der Bestattung nach § 74 SGB XII bestehe nicht.

Die Klägerin sei zur Bestattung ihres verstorbenen Ehemannes verpflichtet. Die Klägerin sei als Erbin zur Tragung der Kosten verpflichtet. Daneben stehe sie auch polizeirechtlich nach dem Bestattungsgesetz des Landes Baden-Württemberg in dieser Pflicht. Der Klägerin sei es auch zumutbar, die noch streitigen Bestattungskosten selbst zu tragen. Das SGB XII und insbesondere die Vorschrift des § 74 SGB XII enthielten keine Definition des Begriffes der Zumutbarkeit. Was dem Verpflichteten zugemutet werden könne, ergebe sich aus einer Prüfung der wirtschaftlichen Bedürftigkeit nach den §§ 82 ff. SGB XII sowie gegebenenfalls aus weiteren, für die Bestattungskostenübernahme spezifischen Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Bestattungskosten gehörten als sogenannte Erbfallschulden zu den Nachlassverbindlichkeiten, für die der Erbe nach § 1967 Abs. 1 BGB hafte. Die Klägerin könne diese also gegenüber dem Nachlass geltend machen. Praktisch könne dies dadurch erfolgen, dass sie die Bestattungskosten aus dem Nachlass bezahle und damit einen eigenen Anspruch gegen den Nachlass befriedige. Die Klägerin sei auch faktisch in der Lage, die Rechnungen aus dem Nachlass zu bezahlen, denn sie habe zusammen mit dem verstorbenen Ehemann ein gemeinsames Konto geführt, über dessen Guthaben sie auch jederzeit habe verfügen können. Der Nachlass habe daher als "bereite Mittel" zur Verfügung gestanden. Der Bezahlung der Aufwendungen aus dem Nachlass hätte auch rechtlich nichts entgegengestanden. Aus erbrechtlicher Sicht sei den §§ 1967 ff. BGB kein Vorrang einzelner Nachlassverbindlichkeiten zu entnehmen und damit weder ein Vorrang der Bestattungskosten noch ein Vorrang anderer Nachlassverbindlichkeiten. Die Kosten der Bestattung dürften daher aus dem Erbe getilgt werden. Das werde von der Klägerin letztlich mittlerweile auch so gesehen. Aufgrund der teilweisen Einigung der Beteiligten während des Gerichtsverfahrens seien vom Beklagten weitere Beerdigungskosten (Pauschale von 300,00 EUR) berücksichtigt und sei Vermögen teilweise (Mietkaution) nicht mehr als vorhanden angesehen worden. Im Streit stünde daher lediglich die Berücksichtigung des Pflegegeldes. Dieses gehöre zum Nachlass und sei daher voll berücksichtigungsfähig. Zunächst stehe einer Berücksichtigung nicht die Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII entgegen. Danach stehe der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet habe, was also hier die Klägerin wäre. Die Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII sei auf das sozialhilferechtliche Pflegegeld anwendbar, nicht aber auf das Pflegegeld nach § 37 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Gesetzliche Pflegeversicherung – (SGB XI). Hierfür würden schon systematische Gründe sprechen. So liege es schon fern, dass eine cessio legis des Pflegegeldes nach dem SGB XI im SGB XII und nicht im SGB XI geregelt sei. Des Weiteren spräche auch die Gesetzgebungsgeschichte dafür, dass § 19 Abs. 6 SGB XII lediglich das sozialhilferechtliche Pflegegeld meine. Die Vorläuferregelung (§ 28 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz - BSHG-) sei die Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur generellen Unvererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen gewesen. Eine entsprechende Regelung für das SGB XI sei nicht notwendig gewesen, da das dortige Pflegegeld immer vererblich gewesen sei. Sie sei demgemäß auch nicht erfolgt. Diese Auffassung teile auch die Klägerin mittlerweile. Das Pflegegeld sei Teil des Nachlasses geworden. Es solle zwar dazu dienen, Pflegepersonen für ihre Tätigkeit zu entschädigen. Es stehe jedoch nach § 37 Abs. 1 Satz1 SGB XI unmittelbar nicht der Pflegeperson, sondern dem Pflegebedürftigen zu. Hieran ändere auch die Vorschrift des § 13 Abs. 5 SGB XI nichts. Nur der Pflegebedürftige selbst sei Adressat der Freistellungsregelung des § 13 Abs. 5 SGB XI. Schon nach dem Wortlaut der Norm sei keine Erstreckung auf die Pflegeperson vorgesehen, falls der Pflegebedürftige das Pflegegeld an diese weiterleite (mit Hinweis u.a. auf das Hessische LSG Urteil vom 12. November 2014 – L 6 AS 491/11 –juris Rn. 58). Für das Pflegegeld bestehe nur eine "gelockerte Zweckbindung", da es unabhängig davon gewährt werde, ob und in welcher Höhe dem Pflegebedürftigen tatsächlich Aufwendungen für die Sicherstellung der Pflege entstanden seien. Das SG könne offenlassen, ob diese gelockerte Zweckbestimmung mit dem Tod des Pflegebedürftigen überhaupt fortbestehe. Die Überweisung des Pflegegeldes sei hier am Tag des Todes des Ehemannes der Klägerin erfolgt. Dieser habe also über das Pflegegeld gar nicht mehr selbst verfügen können. Nach dem Tode des Ehemannes der Klägerin sei eine etwaige Zweckbestimmung für Zahlungen an Pflegepersonen im Hinblick auf den Nachlass jedenfalls nicht höher einzustufen als eine solche zur Begleichung der Bestattungskosten. Denn auch in anderen Fällen komme es vor, dass ein überschuldeter Nachlass nicht ausreiche, um Verpflichtungen des Nachlasses zu erfüllen. Bevor aber die Beerdigungskosten sozialhilferechtlich erstattet würden, sei der Nachlass für diese einzusetzen und Ansprüche Dritter gingen dem nicht vor. Hier liege ein solcher "Anspruch" der Ehefrau als Pflegeperson nicht einmal vor. Leite der Pflegebedürftige das Pflegegeld nicht an die Pflegeperson weiter, sondern verwende es für andere Zwecke, könne die Pflegeperson deswegen weder einen Anspruch gegen die Pflegeperson (gemeint: den Pflegebedürftigen) noch gegen die Pflegekasse geltend machen. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Rechtsgedanken des§ 19 Abs. 6 SGB XII, dessen Regelungszweck, wie schon dargelegt, ein anderer, nämlich die Sicherstellung der Vererblichkeit des sozialhilferechtlichen Pflegegeldes, sei. Der Rechtsgedanke der Vorschrift gehe über ihren Regelungsinhalt nicht hinaus. Schließlich stehe auch die Vorschrift des § 83 Abs. 1 SGB XII der Berücksichtigung des Pflegegeldes als Einkommen nicht entgegen. Danach seien Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht würden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck diene. Eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährte Leistung sei dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werde, der über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehe und der Zweck zudem ein anderer als derjenige sei, für den die im Einzelfall in Frage stehende Sozialhilfe gewährt werde. Daher sei in einem ersten Schritt zu prüfen, ob in den öffentlich-rechtlichen Vorschriften – gegebenenfalls auch im Bescheid, der die Leistung bewillige, oder auch nur in der Gesetzesbegründung – ein über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehender Zweck der Leistung ausdrücklich genannt sei. Lasse sich danach ein ausdrücklich genannter Zweck der anderen Leistung feststellen, sei in einem zweiten Schritt der Zweck der konkret in Frage stehenden Sozialhilfeleistung zu ermitteln. In einem dritten Schritt seien die Zwecke der beiden Leistungen einander gegenüberzustellen. Nur wenn es dann an der Identität der Zwecke fehle, sei die andere Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen (Hinweis auf BSG Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R – juris Rn. 24). An einer solchen Zweckbestimmung fehle es im Hinblick auf die Pflegeperson, an die das Pflegegeld weitergeleitet werde. Abgelehnt werde dies in Rechtsprechung und Literatur für das Pflegegeld nach § 47 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) im Hinblick auf die Person des Pflegebedürftigen selbst. Dies gelte dann aber umso mehr für das weitergeleitete Pflegegeld im Hinblick auf die Pflegeperson, über das – wie dargelegt worden sei – der Pflegebedürftige grundsätzlich frei hätte verfügen können. Die Pflegeperson sei hier nicht anders gestellt, als wenn sie entgeltlich gepflegt und hierfür entlohnt worden wäre. Auch dann wäre Entgelt berücksichtigungsfähig.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 3. Dezember 2018 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 6. Dezember 2018 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt der Klägerbevollmächtigte vor, dass entgegen der Auffassung des SG das Pflegegeld nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Hierbei komme es nicht darauf an, ob man das nachgezahlte Pflegegeld als Einkommen des Verstorbenen ansehen wolle oder mit Zahlung auf das Ehegattenkonto als an die Klägerin weitergeleitetes Pflegegeld. Beim verstorbenen Ehegatten folge die Nichtberücksichtigung aus § 13 Abs. 5 SGB XI. Naheliegender sei es, dass das Pflegegeld bereits bei Zahlungseingang an die Klägerin als weitergeleitet anzusehen sei. In diesem Falle folge die Nichtberücksichtigung aus § 83 SGB XII. Es sei ein allgemein anerkannter Grundsatz, dass Pflegegeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei. Pflegegeld sei eine zweckbestimmte Leistung, welche die Pflegetätigkeit der nahestehenden Pflegeperson entlohnen solle und daher nicht als Einkommen zu berücksichtigen sei (mit Hinweis auf Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14. April 2016 – L 7 SO 1119/10 -, juris Rn. 25). Es sei daher schlichtweg unbillig, wenn die Klägerin das Pflegegeld, das sie für die Pflegetätigkeit ihres verstorbenen Ehegatten erhalten habe, anstatt als Entlohnung für diese schwere und belastende Tätigkeit vor dem Tod ihres Ehegatten auch noch für die Bestattung ihres Ehegatten einsetzen müsste. Der Zweck des Pflegegeldes wäre damit verfehlt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. November 2018 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 24. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2018 zu verurteilen, der Klägerin weitere Leistungen zur Bestattung in Höhe von 1.422,50 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten (zwei Bände) der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat die nach den §§ 143, 144 Abs.1, Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§151 Abs.1 und Abs. 3 SGG) eingelegt.

II.

Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des SG ist nach Überzeugung des Senates das Pflegegeld nicht im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit bzw. der Bedürftigkeit im Zusammenhang mit der Erstattung von Bestattungskosten zu berücksichtigen.

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 24. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2018, mit dem der Beklagte als sachlich und örtlich zuständiger Sozialhilfeträger (§§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 2 Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – AGSGB XII Baden-Württemberg) der Klägerin Leistungen für Bestattungskosten in Höhe von lediglich 147,30 EUR bewilligt und zugleich die Übernahme weiterer Kosten für die Bestattung des Ehemannes der Klägerin abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin in zulässiger Weise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG). Mit der sie – unter Berücksichtigung des beim SG geschlossenen Teilvergleichs – die Übernahme weiterer Bestattungskosten in Höhe von noch 1.422,50 EUR (die Hälfte der vom Beklagten berücksichtigten Bestattungskosten in Höhe von 3.608,00 EUR, abzüglich berücksichtigter Mietkaution von 377,50 EUR und 4,00 EUR Korrektur der Höhe des von dem Beklagten berücksichtigten Pflegegeldes) begehrt.

2. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auch auf Übernahme der weiteren Kosten für die Bestattung ihres Ehemannes durch die Sozialhilfe.

Rechtsgrundlage für die geltend gemachte Leistung ist § 74 SGB XII. Danach werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

a.) Die Klägerin erfüllt auch dem Grunde nach die Voraussetzungen für einen sozialhilferechtlichen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Bestattung ihres Ehemannes. Die Klägerin ist Verpflichtete im Sinne dieser Vorschrift. Die Verpflichtung, die Kosten einer Bestattung zu tragen, wird in § 74 SGB XII nicht näher umschrieben und definiert. Sie kann insbesondere erbrechtlich (§ 1968 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -) oder unterhaltsrechtlich (§ 1615 Abs. 2 BGB) begründet sein, aber auch aus landesrechtlichen Bestattungspflichten hergeleitet werden (vgl. BSG Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 23/08 R – in juris Rn. 13 m.w.N.). Die Klägerin ist bereits als (Mit-)Erbin ihres verstorbenen Ehemannes verpflichtet gewesen, die Kosten der Beerdigung gemäß § 1968 BGB zu tragen. Die Miterben haften im Rahmen der Erbengemeinschaft für die Beerdigungskosten aber unabhängig von der tatsächlichen Ausübung der Totenfürsorge als Gesamtschuldner (§§ 2058, 421 BGB), weshalb die Klägerin, auch wenn ihre Tochter und Miterbin das Bestattungsinstitut beauftragt hatte, von den Nachlassgläubigern in voller Höhe auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Soweit sie entsprechenden Forderungen ausgesetzt (gewesen) ist, gehört sie deshalb zu den Verpflichteten im Sinne von § 74 SGB XII (siehe LSG Baden-Württemberg Urteil vom 15. Dezember 2016 L 7 SO 3140/14 – www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die eine Hälfte der Kosten wurden von der Tochter der Klägerin übernommen, die andere Hälfte hat die Klägerin bezahlt.

b.) Die Beklagte hat zu Unrecht hinsichtlich der auf die Klägerin anteilig entfallenen Kosten und von ihr insoweit auch berücksichtigungsfähigen Kosten unter Berücksichtigung des an den verstorbenen Ehemann der Klägerin gezahlten Pflegegeldes tatsächlich nur 147,30 EUR übernommen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist jedoch zur Überzeugung des Senates der Klägerin die Tragung der weiteren noch anteilig auf sie entfallenden berücksichtigungsfähigen Kosten im Zusammenhang mit der Bestattung ihres Ehemannes aus sozialhilferechtlicher Sicht nicht zumutbar. Die Bestimmung des § 74 SGB XII verlangt neben der Pflicht zur Tragung der Bestattungskosten als eigenständige Leistungsvoraussetzung eine Unzumutbarkeit der Kostentragung, welche die Bedürftigkeitsprüfung nach § 19 Abs. 3 SGB XII überlagert (BSG Urteil vom 29. September 2009 – B 8 SO 23/08 R – Juris Rn. 14 f.; BSG Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 20/10 R – juris Rn. 24). Der Begriff der Zumutbarkeit ist hierbei nach den Umständen des Einzelfalles auszulegen, wobei die Anforderungen an die Zumutbarkeit in der Regel umso geringer sind, je enger das Verwandtschaftsverhältnis oder die rechtliche Beziehung war (BSG Urteil vom 29. September 2009 a.a.O. Rn. 16). Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bestattungspflichtigen zu beachten; insoweit dienen die Bedürftigkeitskriterien der §§ 85 bis 91 SGB XII als Orientierungspunkte für die Beurteilung der Zumutbarkeit (BSG Urteil vom 25. August 2011 a.a.O. Rn. 25). Daher ist eine Bedürftigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) bzw. des SGB XII bezogen auf Lebensunterhalt sichernde Leistungen ein wesentliches Kriterium bei der Zumutbarkeit im Sinne des § 74 SGB XII. Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld II oder von Leistungen für den Lebensunterhalt vor, ist deshalb regelmäßig von Unzumutbarkeit auszugehen (BSG Urteil vom 29. September 2009 a.a.O. Rn. 17; Urteil vom 25. August 2011 a.a.O. Rn. 25). Die Bedürftigkeit muss jedoch bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der entsprechenden Schuldverpflichtungen vorliegen und grundsätzlich noch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung fortbestehen (BSG jeweils a.a.O.).

c.) Die Bestattungskosten gehören des Weiteren als sogenannte Erbfallschulden zu den Nachlassverbindlichkeiten, für die der Erbe nach § 1967 Abs. 1 BGB haftet (Ehm in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., JurisPK – BGB 8. Aufl. 2017 § 1967 BGB Rn. 30). Die Klägerin kann – wie vom SG bereits zutreffend ausgeführt – dies also gegenüber dem Nachlass geltend machen. Praktisch kann dies dadurch erfolgen, dass sie die Bestattungskosten aus dem Nachlass bezahlt und damit einen eigenen Anspruch gegen den Nachlass befriedigt. Die Klägerin war des Weiteren auch faktisch in der Lage, die Rechnungen aus dem Nachlass zu bezahlen, denn sie führte zusammen mit dem verstorbenen Ehemann ein gemeinsames Konto, über dessen Guthaben sie auch jederzeit verfügen konnte. Der Nachlass stand daher als "bereite Mittel" (vgl. BSG Urteil vom 28. Februar 2013, B 8 SO 1/12 R – juris Rn. 22; BSG Urteil vom 12. Mai 2017 – B 8 SO 23/15 R – juris Rn. 34 und 35) zur Verfügung. Der Bezahlung der Aufwendungen aus dem Nachlass hätte auch rechtlich nichts entgegengestanden. Aus erbrechtlicher Sicht ist in den §§ 1967 f. BGB kein Vorrang einzelner Nachlassverbindlichkeiten zu entnehmen und damit weder ein Vorrang der Bestattungskosten noch ein Vorrang anderer Nachlassverbindlichkeiten. Die Kosten der Bestattung dürfen daher aus dem Erbe getilgt werden.

3. Im Streit steht nunmehr im Hinblick auf den vor dem SG geschlossenen Teilvergleich letztlich allein die Frage, ob das dem verstorbenen Ehemann der Klägerin auf dem gemeinsamen Konto am Tag seines Todes gutgeschriebene Pflegegeld, das damit zum Nachlass gehört (eine Sonderrechtsnachfolge nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I liegt schon deshalb nicht vor, da der Anspruch zum Zeitpunkt des Todes des Ehemannes der Klägerin nicht nur fällig, sondern auch schon durch die Zahlung am Todestag erfüllt war), bei der Zumutbarkeits- bzw. Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist.

a.) Mit dem SG ist auch der Senat der Auffassung, dass zwar einer Berücksichtigung des Pflegegeldes § 19 Abs. 6 SGB XII nicht entgegensteht. Nach dieser Vorschrift steht der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat, was hier also die Klägerin wäre. Diese Vorschrift des § 19 Abs. 6 SGB XII ist auf das sozialhilferechtliche Pflegegeld anwendbar, nicht aber auf das Pflegegeld nach § 37 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Gesetzliche Pflegeversicherung – (SGB XI). Hierfür sprechen auch aus Sicht des Senates in Übereinstimmung mit dem SG schon systematische Gründe. So liegt es fern, dass eine cessio legis des Pflegegeldes nach dem SGB XI, im SGB XII und nicht im SGB XI geregelt ist. Es ist auch nach Sinn und Zweck der Regelung schwer nachvollziehbar, dass die cessio legis des Pflegegeldes nach dem SGB XI, die im Ergebnis der Pflegeperson zugutekommt, davon abhängig gemacht wird, dass der Pflegebedürftige zuvor Leistungen nach dem SGB XII erhalten hat. Auch die Gesetzgebungsgeschichte spricht dafür, dass § 19 Abs. 6 SGB XII lediglich das sozialhilferechtliche Pflegegeld meint. Die Vorläuferregelung (§ 28 Abs. 2 BSHG) war die Reaktion des Gesetzgebers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur generellen Unvererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen (Coseriu in: Schlegel/Voelzke, JurisPK – SGB XII 2. Aufl. 2014 § 19 SGB XII Rn. 48). Eine entsprechende Regelung für das SGB XI war nicht notwendig, da das dortige Pflegegeld immer vererblich war. Sie erfolgte demgemäß auch nicht. Schließlich findet sich weder in Rechtsprechung noch Literatur ein Hinweis, wonach § 19 Abs.6 SGB XII auf das Pflegegeld nach dem SGB XI anzuwenden wäre.

b.) Das Pflegegeld ist Teil des Nachlasses geworden. Es soll zwar dazu dienen, Pflegepersonen für ihre Tätigkeit zu entschädigen. Es steht jedoch nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI unmittelbar nicht der Pflegeperson, sondern dem Pflegebedürftigen zu. Hieran ändert auch die Vorschrift in § 13 Abs. 5 SGB XI nichts. Nur der Pflegebedürftige selbst ist Adressat der Freistellungsregelung in § 13 Abs. 5 SGB XI. Nach dem Wortlaut der Norm ist keine Erstreckung auf die Pflegeperson vorgesehen, falls der Pflegebedürftige das Pflegegeld an diese weiterleitet (siehe Hessisches LSG Urteil vom 12. November 2014 – L 6 AS 491/11 – Juris Rn. 58; LSG Hamburg Urteil vom 8. September 2016 – L 4 AS 567/15 juris Rn. 28; Luik in Schlegel/Voelzke, JurisPK SGB XI 2. Aufl. 2017 § 13 SGB XI Rn. 139 mit Hinweisen zur Gegenmeinung). Für das Pflegegeld besteht nur eine "gelockerte Zweckbindung", da es unabhängig davon gewährt wird, ob und in welcher Höhe dem Pflegebedürftigen tatsächlich Aufwendungen für die Sicherstellung der Pflege entstanden sind (Reimer in Hauck/Nofz SGB 02/18, § 37 SGB XI Rn. 11). Der verstorbene Ehemann der Klägerin konnte allerdings überhaupt keine Verfügung mehr über das Pflegegeld treffen, da die Überweisung erst am Tage des Todes erfolgte.

c.) Anders als das SG steht jedoch einer Berücksichtigung des Pflegegeldes nach Überzeugung des erkennenden Senates dessen besonderer Zweck entgegen. Zwar kommt die Schutzfunktion des § 13 Abs. 5 Satz 1 SGB XI, wonach Pflegegeld auf die Sozialhilfe beim Pflegebedürftigen nicht anzurechnen ist, nicht unmittelbar zugute, weil § 13 SGB XI sich nur auf den in der Pflegeversicherung Versicherten bezieht und das an die Pflegeperson weitergegebene Pflegegeld dieser nicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährt wird, sondern durch rechtsgeschäftliche Übertragung unter Privatpersonen zufließt (so Hessischer VGH, Beschluss vom 7. Dezember 1995 – 9 TG 3060/95 – juris Rn. 3). Gemäß § 83 Abs. 1 SGB XII sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. Eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gewährte Leistung ist dann nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt wird, der über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgeht und der Zweck zudem ein anderer als derjenige es ist, für den die im Einzelfall in Frage stehende Sozialhilfe gewährt wird. Daher ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob in den öffentlich-rechtlichen Vorschriften - gegebenenfalls auch in dem Bescheid, der die Leistung bewilligt, oder auch nur in der Gesetzesbegründung – ein über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehender Zweck der Leistung ausdrücklich genannt ist. Lässt sich danach ein ausdrücklich genannter Zweck der anderen Leistung feststellen, ist in einem zweiten Schritt der Zweck der konkret in Frage stehenden Sozialhilfeleistung zu ermitteln. In einem dritten Schritt sind die Zwecke der beiden Leistungen einander gegenüberzustellen. Nur wenn es dann an der Identität der Zwecke fehlt, ist die andere Leistung bei der Gewährung der Sozialhilfe nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R – juris Rn. 24). Soweit allerdings an dieser Stelle das SG der Auffassung ist, dass es im Hinblick auf die Pflegeperson, an die das Pflegegeld weitergeleitet wird, an einer solchen Zweckbestimmung fehle, folgt der Senat dem nicht. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat bereits in einem Urteil vom 4. Juni 1992 (- 5 C 82/88 - juris Rn. 11) hinsichtlich der Frage, ob das Pflegegeld, das von einem Pflegebedürftigen an eine nahestehende Pflegeperson gewährt wird, dieser als Einkommen bei der Bedarfsberechnung im Sozialhilfebereich anzurechnen ist, ausdrücklich ausgeführt, das Pflegegeld anders als die Hilfe zum Lebensunterhalt nicht für den Unterhalt des Pflegebedürftigen und seiner Familie im Allgemeinen bestimmt ist und auch nicht dazu dient, den Pflegeaufwand abzugelten, indem es der Pflegeperson als wirtschaftliches Entgelt für ihre Pflegeleistung zugewendet wird, um wie Erwerbseinkommen ihren allgemeinen Unterhaltsbedarf zu decken. Die Zweckbestimmung des Pflegegeldes liegt nach BVerwG vielmehr darin, es dem Pflegebedürftigen zu ermöglichen, mit Hilfe ausreichender Barmittel die Pflegebereitschaft von nahestehenden Personen oder Nachbarn anzuregen und zu erhalten, um so sicherzustellen, dass ihm die im Einzelfall notwendige Pflege in seiner häuslichen Umgebung auch wirklich zuteil wird (BVerwG a.a.O. mit Hinweis auf BT-Drucks. 3/2673 S. 2; 8/2534 S. 13 f.; 9/842 S. 91;). Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass Wartung und Pflege durch nahestehende Personen oder im Wege der Nachbarschaftshilfe (siehe § 69 Abs.2 Satz 1 BSHG in der 1992 geltenden Fassung bzw. § 64 SGB XII) unentgeltlich geleistet werden; erst für die neben oder anstelle der Wartung und Pflege durch sie erforderliche Heranziehung einer besonderen Pflegekraft ist vom Gesetz eine Kostenübernahme vorgesehen (§ 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG). Auch und gerade der Umstand, dass das Pflegegeld gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 BSHG grundsätzlich neben den finanziellen Leistungen nach Abs. 2 Satz 2 und 3 gewährt wird, zeige nach BVerwG, dass dabei nicht wirtschaftlich messbare Belastungen durch die Pflege selbst im Vordergrund stünden. Vielmehr solle die Sozialleistung "Pflegegeld" den gesteigert Pflegebedürftigen in den Stand versetzen, nicht nur vielfältige Aufwendungen der durch § 69 Abs. 2 Satz 2 BSHG erfassten Art ohne Einzelnachweis aufzufangen, sondern auch durch darüber hinausgehende Zuwendungen Dank für geleistete und Erwartung künftiger Hilfe auszudrücken. Weiter hat das BVerwG in dem Zusammenhang ausgeführt, dass diese sozialpolitische Zweckbestimmung des Pflegegeldes vereitelt würde, wenn einer nahestehenden Pflegeperson, der der Pflegebedürftige das Pflegegeld bestimmungsgemäß zur Deckung ihrer Aufwendungen und als Anerkennung für ihre Hilfeleistungen zugewendet hat, - wie im dort entschiedenen Fall – zugemutet würde, diese Mittel zur Hälfte zur Deckung ihres allgemeinen Unterhaltsbedarfs einzusetzen. Das Pflegegeld würde entgegen der eindeutigen Zielsetzung des Gesetzes wie Entgelt behandelt, dass es bei bestimmungsgemäßer Verwendung und Zuwendung an die nahestehende Pflegeperson – wie im vom BVerwG entschiedenen Fall – gerade nicht sei. Diese noch zum sozialhilferechtlichen Pflegegeld getroffene Entscheidung des BVerwG hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 7. Dezember 1995 (9 TG 3060/95, juris Rn. 5; siehe auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. April 1996 – 6 S 782/96 – juris Rn. 7 und 8) ausdrücklich auch auf das Pflegegeld nach § 37 SGB XI angewandt. Der Hessische VGH hat in dem Zusammenhang u.a. darauf hingewiesen, dass die Zweckbestimmung des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI ausweislich der amtlichen Begründung zu damals noch § 33 SGB XI des Gesetzentwurfes der Fraktionen der CDU/CSU und FDP sowie der Bundesregierung wie folgt beschrieben worden sei " ... Die Geldleistung stärkt die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung des Pflegebedürftigen, der mit der Geldleistung seine Pflegehilfen selbst gestalten kann ... Das Pflegegeld soll kein Entgelt für die von der Pflegeperson oder den Pflegepersonen erbrachte Pflegeleistungen darstellen. Es setzt vielmehr den Pflegebedürftigen in den Stand, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die mit großem Einsatz und Opferbereitschaft im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen. Das Pflegegeld bietet somit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Freunde oder Nachbarn ..." (BT-Drucks. 12/5262 S. 112; 12/5617). Der Hessische VGH hat in dem Zusammenhang weiter darauf verwiesen, dass die solchermaßen vorgenommene Charakterisierung des Pflegegeldes, bei der die Weitergabe an die Pflegeperson zur Erhaltung der Pflegebereitschaft als bestimmungsgemäße Verwendung sowie die Unentgeltlichkeit der erbrachten Pflegeleistung im Vordergrund stünden, sich mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zweckbestimmung des Pflegegelds nach § 69 BSHG in der bis zum 31. März 1995 geltenden Fassung decke. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an und teilt insoweit die vom SG vertretene Auffassung, mit der Weitergabe des Pflegegeldes an die Pflegeperson sei dessen Zweckverbindung aufgehoben, sodass es bei dieser als Einkommen berücksichtigt werden könne, nicht. Denn bei einer solchen Sichtweise würde das Erreichen des Ziels der Pflegegeldgewährung, nämlich die Pflegebereitschaft der Pflegeperson zu erhalten und zu fördern, wesentlich erschwert, wenn nicht verhindert.

Damit ist im Ergebnis zur Überzeugung des Senates die am Todestag des Ehemannes der Klägerin eingegangene Pflegegeldzahlung bei der Frage der Bedürftigkeit bzw. Zumutbarkeit hinsichtlich der von der Klägerin zu tragenden berücksichtigungsfähigen und vom Beklagten insoweit dem Grunde nach auch anerkannten Bestattungskosten nicht zu berücksichtigen.

Aus diesen Gründen ist auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG aufzuheben und der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2018 abzuändern und der Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere Bestattungskosten in Höhe von 1.422,50 EUR zu erstatten.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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