L 8 U 74/15

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 2 U 150/11
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 8 U 74/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 224/18 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Persönlichen Budgets und über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der dem Kläger gewährten Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013.

Der 1960 geborene Kläger erlitt im Rahmen seiner Tätigkeit als Kranführer am 28. März 2002 einen Arbeitsunfall. Er stand am Rande einer etwa drei Meter tiefen Baugrube, als plötzlich der Sand nachgab und der Kläger in die Grube stürzte. Dabei fiel ihm ein schwerer Stein auf seinen Arbeitshelm mit der Folge, dass eine kurze Be-wusstlosigkeit eintrat. Er zog sich dabei ein Schädelhirntrauma sowie eine begleitende Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) zu.

Mit Bescheid vom 24. März 2005 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28. März 2002 als Arbeitsunfall an und gewährte dem Kläger wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 30 v. H. ab dem 1. Januar 2005 bis auf weiteres. Als Folge des Arbeitsunfalles erkannte die Beklagte eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) an.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2006 und Widerspruchsbescheid vom 14. November 2006 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 24. März 2005 (irrtümlich bezeichnet als Bescheid vom 25. März 2005) teilweise zurück und stellte die Höhe der Verletz-tenrente des Klägers ab dem 1. Januar 2005 neu fest. Die dagegen erhobene Klage (S 3 [17] U 176/06, Sozialgericht Lübeck) erklärten die Beteiligten übereinstimmend für erledigt, nachdem die Beklagte den Bescheid vom 6. November 2008 erlassen hatte, mit dem sie dem Kläger unter Rücknahme ihrer Bescheide vom 24. März 2005 (irrtümlich bezeichnet als Bescheid vom 25. März 2005) und 12. Oktober 2006 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE in Höhe von 30 v. H. ab dem 1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2006, nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. ab dem 1. Februar 2006 bis zum 28. Februar 2007 und nach einer MdE in Höhe von 70 v. H. ab dem 1. März 2007 bis auf weiteres gewährte. Als Folge des Arbeitsunfalls erkannte die Beklagte weiterhin eine PTBS an.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 beantragte der Kläger die Gewährung eines Persönlichen Budgets gemäß § 17 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung vom 21. März 2005 (a. F.). Mehrere voll-, teilstationäre und ambulante Therapien hätten nicht zu einer Besserung der PTBS geführt. Nach Abbruch verschiedener Therapiebemühungen habe er eine ambulante therapeutische Behandlung im häuslichen Umfeld unter Begleitung durch Dr. S vom Johanniter Krankenhaus G unter intensiver Einbindung seiner Ehefrau in die Betreuungs- und Therapieleistungen begonnen. Dies habe bei ihm zu einer spürbaren Entlastung geführt; insoweit verweise er auf ein ärztliches Attest Dr. S. Nach dessen Ansicht sei die Beibehaltung der Therapie im häuslichen Umfeld mit Unterstützung seiner Ehefrau, die dafür ihre berufliche Tätigkeit habe reduzieren und Verdienstausfälle hinnehmen müssen, zur Stabilisierung seines Zustandes dringend indiziert. Des Weiteren benötige er eine Begleitung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, z. B. für Besuche auf einem Hundeplatz und die Teilnahme an Skatveranstaltungen und Fußballspielen.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Persönlichen Budgets ab. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen werde die Fortführung der Therapie in einer tagesklinischen psychiatrischen Abteilung eines geeigneten Krankenhauses für zielführend erachtet. Die Einbindung der Ehefrau des Klägers als Bezugsperson für therapeutische Handlungen sei medizinisch nicht indiziert und entspreche nicht dem ursprünglichen Therapiekonzept.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 18. Januar 2010. Unter Bezugnahme auf den Bericht der ihn behandelnden Ärzte Dres. H und S vom 19.12.2009 machte er geltend, dass die Einrichtung eines Persönlichen Budgets geeignet sei, eine Stabilisierung und Verbesserung seines Gesundheitszustandes zu erreichen, und begründete dies näher.

Mit Bescheid vom 18. April 2011 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 15. Dezember 2009 mit der Begründung auf, dass sie darin nicht über den Grundanspruch, der budgetiert werden solle, entschieden habe.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 20. April 2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er Anspruch auf Leistungen im Rahmen der Heilbehandlung gemäß § 26 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) – habe, lehnte jedoch erneut die Gewährung dieser Leistung in Form eines Persönlichen Budgets ab. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen sei es erforderlich, dass der Kläger Ergotherapie, psychiatrische Behandlung und psychologische Betreuung erhalte. Diese Kosten würden gemäß § 26 SGB VII in Verbindung mit § 30 SGB VII übernommen. Allerdings könne die Gewährung eines Budgets für psychologische und ergotherapeutische Behandlungsmaßnahmen nur erfolgen, wenn diese Leistungen durch geeignetes Fachpersonal erbracht würden. Die Ehefrau des Klägers verfüge nicht über eine Ausbildung zur Ergotherapeutin oder über eine psychologische Qualifizierung, so dass schon aus diesem Grund ein Budget nicht gewährt werden könne.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 26. Mai 2011, mit dem er sein bisheriges Vorbringen wiederholte und vertiefte. Er nehme die Hilfe einer nicht professionellen Betreuungsperson, derzeit insbesondere von seiner Ehefrau, gut an, auch Angstschübe seien erheblich vermindert; der Besuch einer Tagesklinik und begleitende therapeutische Maßnahmen durch professionelle Begleitpersonen würden dagegen seinen bisher positiven Gesundheitsverlauf wieder zunichte zu machen. Im Übrigen benötige er eine Ernährungsberatung, denn durch die PTBS sei er in seinem Essempfinden gestört und benötige eine längerfristige Anleitung zur richtigen Ernährung, um sein Gewicht gesundheitsförderlich zu reduzieren. Dies solle durch eine physiotherapeutische Behandlung unterstützt werden, um insgesamt die körperliche Fitness zu verbessern. Die Bewilligung eines Persönlichen Budgets sei als wirksamer und wirtschaftlicher anzusehen als die Bewilligung von Sachleistungen wie etwa der Unterbringung in einer Tagesklinik.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 20. April 2011 zurück. Als Persönliches Budget könnten zwar grundsätzlich auch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in Anspruch genommen werden. Um eine Wiedereingliederung aus medizinischer Sicht zu ermöglichen, bedürfe es jedoch einer optimalen Steuerung des Heilverfahrens. Es sei daher in der Regel nicht sinnvoll, die Leistung der medizinischen Rehabilitation zu budgetieren, da der Leistungsträger keinen direkten Einfluss auf die Struktur und Prozessqualität der Leistung habe. Die Ehefrau des Klägers habe weder eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Ausbildung noch die erforderliche Zulassung; eine Kostenübernahme für die von ihr geleisteten Hilfen müsse daher abgelehnt werden. Erst wenn die Therapie von einer zugelassenen Fachkraft mit einer entsprechenden Ausbildung erbracht werde, könne neu über den Antrag des Klägers auf Erbringung der Leistung in Form eines Persönlichen Budgets entschieden werden.

Dagegen hat der Kläger am 7. November 2011 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben (Az. S 2 U 150/11).

Parallel hierzu beauftragte die Beklagte Prof. Dr. T von der Neurologischen Klinik B in B damit, ein Gutachten nach Aktenlage über den Kläger zur Frage einer wesentlichen Änderung in den Folgen des anerkannten Arbeitsunfalls und zur Frage der Höhe der MdE zu erstatten. In seinem Gutachten vom 26. Februar 2012, das ein neuropsychologische Zusatzgutachten des Neuropsychologen Dr. W umfasste, kam Prof. Dr. T zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen im Sinne einer Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten sei. Eine PTBS oder eine andere, unfallabhängige Störung von Krankheitswert sei zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr dominant, die psychische Situation werde vielmehr durch die unfallunabhängige persönlichkeitsbedingte Krankheitsfehlverarbeitung geprägt. Diagnostisch lasse sich dieser Mechanismus wie folgt beschreiben: Aufrechterhaltung bzw. Verschlimmerung von Symptomen aus psychischen Gründen (hier: Krankheitsfehlverarbeitung auf dem Hintergrund einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung). Auf psychiatrischem Fachgebiet ergebe sich damit ab dem Begutachtungsdatum (12. März 2012) keine unfallbedingte messbare MdE; sowohl auf psychiatrischem als auch auf neurologischem Fachgebiet bestünden keine unfallabhängigen Gesundheitsstörungen. Es bestehe keine weitere Behandlungsindikation zu Lasten der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 1813 ff., 1822 ff. der Akten der Beklagten Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2013 entzog die Beklagte dem Kläger – nach entsprechender Anhörung – die diesem bisher gewährte Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013. Die dem Bescheid vom 6. November 2008 zugrundeliegenden Verhältnisse hätten sich wesentlich geändert, da nach dem Gutachten von Prof. Dr. T eine PTBS nicht mehr nachzuweisen sei. Eine unfallbedingte, messbare MdE liege nicht mehr vor. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 28. Mai 2013. Prof. Dr. T Gutachten entspreche nicht den Anforderungen, die an ein Sachverständigengutachten zu stellen seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Anhaltspunkte für eine unrichtige oder unvollständige Beurteilung hätten sich nicht gefunden. Für den Fortbestand der psychischen Störungen des Klägers seien unfallunabhängige psychische Faktoren maßgeblich.

Dagegen hat der Kläger am 6. November 2013 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben (urspr. Az. S 34 U 169/13).

Mit Beschluss vom 22. Januar 2014 hat das Sozialgericht die Streitsachen zu den Aktenzeichen S 34 U 169/13 und S 2 U 150/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 2 U 150/11 verbunden. Anschließend hat es Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. Sa , der den Kläger am 18. Juli 2014 im Rahmen eines Hausbesuches ambulant untersucht hat. In seinem unter dem 17. August 2014 gefertigten schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige zusammenfassend festgehalten, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers eine wesentliche Änderung insofern eingetreten sei, als sich die Bedingungsfaktoren und erhaltende Dynamik der Krankheitssymptomatik mittlerweile von einer Traumafolgestörung auf eine Krankheitsfehlverarbeitung verlagert hätten. Diese Entwicklung sei schleichend eingetreten und terminlich nicht exakt zu bestimmen, habe aber jedenfalls zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. T im März 2012 vorgelegen. Eine unfallbedingte MdE sei seitdem nicht mehr zu begründen. Eine co-therapeutische Einbindung der Ehefrau und des Sohnes des Klägers in die Behandlung sei zwar grundsätzlich wünschenswert. Da eine adäquate Behandlung, in die die Familie einzubinden wäre, derzeit aber nicht erfolge, könne die derzeitige Konstellation nicht als notwendige oder wünschenswertige Einbindung der Familie in die Behandlung beurteilt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 157 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.

Der Kläger ist Dr. Sa Gutachten entgegengetreten. Unter ausführlicher Schilderung der Krankheitsvorgeschichte sowie seiner Behandlung im Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) und unter Vorlage des sozialmedizinischen Gutachtens des MDK Nord, Dr. K , vom 5. September 2013 hat er geltend gemacht, dass weiterhin die Symptome der Erkrankung einer PTBS und einer rezidivierenden depressiven Störung sowie einer Agoraphobie bestünden, die sämtlich unfallbedingt seien. Ein sekundärer Krankheitsgewinn bestehe bei ihm nicht. Er setze sich selbst erheblich unter Druck, eine Heilung oder Stabilisierung zu erreichen, und falle hierdurch in seiner Erkrankung zurück. Sein behandelnder Arzt, Dr. S , vertrete die Auffassung, dass die beiden Hauptaussagen des Gutachtens, dass a) eine PTBS nicht mehr vorliege und b) die Einbeziehung der Familie eine Verschlechterung oder Verschiebung der Symptomatik bewirkt habe, nicht ausreichend begründet worden seien. Daten, die auf das Fortbestehen der Diagnose und den Erfolg der familientherapeutischen Maßnahmen hinwiesen, seien von Dr. Sa nicht beachtet worden.

In seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 5. Januar 2015 und 25. Januar 2015 hat Dr. Sa an seiner gutachterlichen Einschätzung festgehalten. Wegen der Einzelheiten der Stellungnahmen wird auf Blatt 237 ff., 251 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.

Zur weiteren Begründung seiner Klagen hat der Kläger sein Vorbringen aus den vorgehenden Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft, auf das Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P vom 14. Juni 2008 verwiesen sowie ergänzend vorgetragen, dass die Einbindung seiner Ehefrau in sein therapeutisches Konzept unter fachlicher Anleitung geschehen solle. Seine Frau erhalte eine erhebliche Entlastung durch seinen Sohn D , der ausgebildeter Ergotherapeut sei. Er benötige Hilfen zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auch in Form eines Alltagstrainings, um ihn in die Lage zu versetzen, alltägliche Dinge allein bewältigen zu können und so sein Selbstbewusstsein zu stärken. Bei ihm habe sich in Folge einer Vielzahl nicht ausreichender Therapierungen eine PTBS und zusätzlich eine klinisch relevante depressive Störung im Sinne einer mittelgradigen depressiven Episode mit Somatisierung eingestellt. Insbesondere stelle auch die seit dem Unfall andauernde Auseinandersetzung mit der Beklagten eine erhebliche Belastung für ihn dar; hierdurch sei es zu einer Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation gekommen. Die Entziehung der Verletztenrente ab dem 1. Juni 2013 sei unberechtigt, denn die unfallbedingten psychischen Beeinträchtigungen (PTBS und Depression) lägen unverändert mit einer MdE in Höhe von 70 v. H. vor.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 20. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Persönliches Budget zu gewähren, welches sich insbesondere auf folgende Leistungen erstrecke: &61485; die Einbindung einer Ehefrau in das therapeutische Konzept; &61485; die Begleitung einer Hilfsperson zu sozialen und gesellschaftlichen Anlässen; &61485; ein Alltagstraining; &61485; die Beauftragung eines Ernährungs- und eines Physiotherapeuten, und den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2013 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung hat sie sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und diese vertieft.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 6. Mai 2015 abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2011 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, dem Kläger Leistungen im Rahmen der Heilbehandlung gemäß § 26 SGB VII in Form eines Persönlichen Budgets gemäß § 17 SGB IX a. F. zu gewähren; der Kläger könne das von ihm begehrte sogenannte Arbeitgebermodell aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Widerspruchsbescheids nicht beanspruchen. Auch der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2013 sei rechtmäßig. Die Entziehung der Rente für die Zeit ab dem 1. Juni 2013 sei rechtmäßig, denn im Unfallfolgezustand des Klägers sei eine wesentliche Änderung eingetreten und die Unfallfolgen beim Kläger bedingten keine MdE in rentenberechtigtem Grade mehr. Wegen der Einzelheiten des Urteils vom 6. Mai 2015 wird auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das am 2. Oktober 2015 zugestellte Urteil am 2. November 2015 Berufung eingelegt und – unter Vorlage diverser weiterer medizinischer Unterlagen – ausführlich begründet.

Die Verletztenrente stehe ihm weiterhin zu, denn eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse sei nicht eingetreten. Das UKE habe im Herbst 2014 ausdrücklich eine PTBS und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert. Auch die Ärzte des B Krankenhauses hätten im September 2015 seine PTBS kausal auf den Arbeitsunfall zurückgeführt, desgleichen die Ärzte der D Klinik B Ba im März 2016 und Herbst 2017. Ein sekundärer Krankheitsgewinn sei nicht festgestellt worden; dagegen sprächen auch die Ausführungen Dr. P vom 14. Juni 2008 und der UKE-Entlassungsbericht vom 29. Januar 2013. Dr. Sa habe keine hinreichende Begutachtung unter Berücksichtigung aller Diagnoseergebnisse, insbesondere denen des UKE und des MDK Nord vom 5. September 2013, vorgenommen und die Krankheitsfehlverarbeitung an unzutreffenden Fakten festgestellt. Damit und mit dem erstinstanzlichen Klagevorbringen habe sich das Sozialgericht nicht hinreichend auseinandergesetzt. Seine PTBS sei kausal auf den Arbeitsunfall zurückzuführen, mindestens mittelbar, wenn es zu einer schleichenden Verschiebung der Krankheitsgründe gekommen wäre. Auch im Februar 2018 habe der MDK Nord in seinem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI erklärt, dass sein Arbeitsunfall ausschließlich ursächlich für die zum Pflegegrad 3 führenden Einschränkungen seiner Selbständigkeit und Teilhabe seien.

Er habe auch Anspruch auf das begehrte Persönliche Budget. Das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Co-Therapierung durch seine Frau und seinen Sohn kontraproduktiv sei; insoweit stünden die Befunde seiner behandelnden Ärzte im Widerspruch zu Dr. Sa Gutachtenergebnis, ohne dass der Sachverständige darauf und auf das Konzept seiner Therapie hinreichend eingegangen sei. Die Einbeziehung seiner Ehefrau in das Behandlungskonzept sei ihm 2008 durch Dr. P empfohlen worden; seitdem habe sich sein Zustand erheblich stabilisiert. Dr. Sa Feststellungen zu den erfolgten Therapien könne nicht gefolgt werden. Als ausgebildeter Ergotherapeut könne sein Sohn D durchaus eine qualifizierte Behandlung gewährleisten. Die Behandlung im familiären Setting unter der Supervision Dr. S s und der behandelnden Ärzte des UKE biete den einzig messbaren Erfolg aller bisher begonnenen Behandlungen. Soweit Dr. Sa die Erfolglosigkeit der Therapie durch den Dipl.-Psych. M auf eine ablehnende Haltung seinerseits – des Klägers – zurückführe, sei dies unzutreffend; vielmehr sei dies in seiner fehlenden Konzentrationsfähigkeit und anderen Krankheitssymptomen begründet gewesen. Schließlich sei die Gewichtsreduktion eine Therapieempfehlung der D Klinik; seine Adipositas, aufgrund derer sich bereits Folgeerkrankungen entwickelt hätten, könne er – der Kläger – nicht selbständig reduzieren. Er beanspruche eine Geldleistung zur selbständigen Beauftragung geeigneter Therapeuten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015 und die Bescheide der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2013 sowie vom 20. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm – dem Kläger – ein Persönliches Budget dem Grunde nach zu gewähren, das sich insbesondere auf folgende Leistungen erstreckt: &61485; die Einbindung seiner Ehefrau in das therapeutische Konzept, &61485; die Begleitung durch eine Hilfsperson zu sozialen und gesellschaftlichen Anlässen, &61485; ein Alltagstraining und &61485; die Beauftragung eines Ernährungs- und Physiotherapeuten, hilfsweise, einen 3-wöchigen Schriftsatznachlass auf das heutige Ergebnis der Beweisaufnahme zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen. Bei der beim Kläger weiterhin vorhandenen psychischen Symptomatik handele es sich nicht mehr um Unfallfolgen, denn es sei zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen. Den vom Kläger vorgelegten Befundberichten ließe sich keine Auseinandersetzung mit der Kausalitätsfrage entnehmen; auch bei dem Gutachten des MDK Nord vom Februar 2018 zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit handele es sich nicht um ein Kausalitätsgutachten. Soweit dieses pauschal eine PTBS annehme, handele es sich um eine bloße Wiederholung "gelesener Worte" ohne eigene Befunderhebungen oder Schlussfolgerungen. Wegen der Änderung der Wesensgrundlage könne eine Therapie nicht zu ihren Lasten gehen; überdies sei die Einbindung der Familienmitglieder als Therapeuten ausweislich der Gutachten nicht zielfördernd. Auch das Übergewicht des Klägers sei keine Unfallfolge.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und Anhörung des Arztes für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie F in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2018. In seinem unter dem 29. Juni 2018 gefertigten schriftlichen Gutachtenentwurf hat der Sachverständige zusammenfassend festgehalten, dass beim Kläger die nachfolgenden Erkrankungen vorlägen: 1. als Hauptgesundheitsstörung eine rezidivierende depressive Störung schweren Grades, 2. differentialdiagnostisch in Betracht kommend eine posttraumatische Verbitterungsstörung, 3. eine koronare Herzkrankheit mit Stentversorgung und nach Bypass-Operation, 4. ein Bluthochdruck, 5. ein Diabetes mellitus Typ 2, 6. eine Adipositas. Diese Erkrankungen seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unmittelbare oder mittelbare Folgen des Unfalls vom 28. März 2002. Die MdE sei für die Zeit ab dem 9. Januar 2006 auf 50 v. H. einzuschätzen, für die Zeit ab dem 1. Februar 2007 auf 70 v. H. und ab März 2012 auf null. Die Diagnose einer PTBS im Vollbild könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gestellt werden. Es lägen die Symptomkriterien einer PTBS vor, allerdings könne ein Großteil der Symptomatik durch die schwere depressive Störung und die differentialdiagnostisch anzunehmende Verbitterungsstörung erklärt werden. Zwar könne die Diagnose einer PTBS zumindest in den ersten Jahren nach dem Unfall nachvollzogen werden, im weiteren Verlauf sei es jedoch zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen. Die Symptomatik, die beim Kläger aktuell bestehe und insbesondere ab März 2012 bestanden habe, könne nicht mehr als wesentlich durch den Unfall im Jahr 2002 verursacht worden sein. Es seien externe, schädigungsunabhängige psychische Belastungsfaktoren nach dem Unfallereignis hinzugetreten, die den Kausalzusammenhang entfallen lassen hätten; insbesondere die Aberkennung der Rente durch die Beklagte bzw. die negativen Einschätzungen der Vorgutachter hätten zu einer deutlichen Symptomzunahme geführt. Eine Einbindung der Ehefrau des Klägers in die Behandlung sei als nicht zielführend anzusehen. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Blatt 483 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Der Kläger ist dem Gutachten mit Schriftsatz vom 17. Juli 2018 und im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 18. Juli 2018 ausführlich entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf Blatt 577 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (10 Bän-de, Blatt 1 bis 2081, sowie ein nicht paginierter Band) Bezug genommen; diese sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.

Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015, mit dem dieses die verbundenen Klagen abgewiesen hat, mit denen sich der Kläger zum einen gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013 (dazu 1.) und zum anderen gegen die Ablehnung der Gewährung eines Persönlichen Budgets (dazu 2.) gewandt hat.

1. Soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligung einer Verletztenrente ab dem 1. Juni 2013 wendet, hat das Sozialgericht die nach § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGG statthafte isolierte Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat ab dem 1. Juni 2013 keinen Anspruch mehr auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28. März 2002, denn die Beklagte hat die dem Kläger mit Bescheid vom 6. November 2008 ab dem 1. März 2007 bis auf weiteres nach einer MdE in Höhe von 70 v. H. bewilligte Verletztenrente rechtmäßig aufgehoben.

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Diese Voraussetzungen sind für die Entziehung der Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013 gegeben.

Bei dem Bescheid vom 6. November 2008, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Verletztenrente ab dem 1. Januar 2005 bis auf weiteres bewilligt hat, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 SGB X.

Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts. In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen. Ob eine solche Änderung eingetreten ist, ist durch Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden Befunde mit denjenigen zu ermitteln, die bei der Prüfung der Neufeststellung (BSG, Urteil vom 20. April 1993 – 2 RU 52/92SozR 3-1500 § 54 Nr. 18SozR 3-1300 § 48 Nr. 26 – juris Rn. 13), d. h. zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheids, vorgelegen haben.

Von diesen Maßstäben ausgehend hat das Sozialgericht zu Recht entschieden, dass der angefochtene Aufhebungsbescheid vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Oktober 2013 rechtmäßig ist. In den Befunden, die dem Rentenbescheid vom 6. November 2008 zugrunde lagen, ist verglichen mit denjenigen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Aufhebungsbescheids vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Befunde, die für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebend waren, ergaben beim Kläger eine PTBS, die die Beklagte mit Bescheid vom 6. November 2008 als Folge des Arbeitsunfalls vom 28. März 2002 auch feststellte. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheids am 23. Mai 2013 bestand beim Kläger hingegen keine PTBS mehr. Eine solche ist unter Berücksichtigung sämtlicher Erkenntnisse, insbesondere der Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sa vom 17. August 2014 und des Arztes für Neurologie/Psychiatrie/Psychotherapie F vom 29. Juni 2018, nicht festzustellen (wird ausgeführt). Die übrigen beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen sind sämtlich nicht unfallbedingt; dies gilt auch für die rezidivierende depressive Störung schweren Grades als Hauptgesundheitsstörung (wird ausgeführt).

Diese Änderung war auch wesentlich, denn durch sie entfiel der Anspruch des Klägers auf eine Verletztenrente vollständig. Bei der Feststellung der MdE ist eine solche wesentliche Änderung nur gegeben, wenn die Änderung mehr als 5 v. H. beträgt und bei Renten auf unbestimmte Zeit länger als drei Monate andauert (§ 73 Abs. 3 SGB VII); beides ist vorliegend der Fall.

Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.

Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Dabei sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).

Der Kläger ist zwar Versicherter i. S. d. § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, denn er war im Zeitpunkt des Ereignisses am 28. März 2002 bei der Beklagten versichert gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Er hat auch am 28. März 2002 einen Arbeitsunfall erlitten, den die Beklagte anerkannt hat, als er im Rahmen seiner Tätigkeit als Kranführer in eine Baugrube stürzte und ihm dabei ein schwerer Stein auf seinen Arbeitshelm fiel, wodurch er sich ein Schädelhirntrauma sowie eine begleitende Distorsion der HWS zuzog (Versicherungsfall).

Jedoch war die Erwerbsfähigkeit des Klägers jedenfalls seit März 2012 nicht mehr, wie es § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII voraussetzt, infolge eines Versicherungsfalls um wenigstens 20 v. H. gemindert. Konkret lag zu diesem Zeitpunkt keine PTBS mehr vor und der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen des Klägers und dem Versicherungsfall bestand nicht mehr.

Ein Arbeitsunfall setzt voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), die zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R – juris Rn. 12 m. w. N.). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls (st. Rspr., vgl. etwa BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 25/12 R – juris Rn. 28).

Während die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2016 – B 2 U 16/15 R – juris Rn. 23; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 – juris Rn. 24 f.), genügt für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst recht nicht die bloße Möglichkeit. Die für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs maßgebliche Theorie der wesentlichen Bedingung beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolgs, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – juris Rn. 13). Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Den Nachteil aus der tatsächlichen Unaufklärbarkeit anspruchsbegründender Tatsachen hat nach den Regeln der objektiven Beweislast der sich auf deren Vorliegen berufene Versicherte zu tragen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 – juris Rn. 25).

Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis etwa zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RBSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15 – juris m. w. N.; BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 – B 2 U 23/05 R –, BSGE 98, 79 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 22 – juris m. w. N.).

Ein solch ursächlicher Zusammenhang zwischen dem anerkannten Arbeitsunfall vom 28. März 2002 und der beim Kläger bestehenden schweren psychischen Gesundheitsstörung, die auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wird, ist jedoch nicht hinreichend wahrscheinlich. Die mit Bescheid vom 6. November 2008 als Unfallfolge feststellte PTBS lag jedenfalls ab März 2012 nicht mehr vor. Die übrigen beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen sind nicht als Unfallfolgen anzuerkennen, weil sie nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind; dies gilt auch für die rezidivierende depressive Störung schweren Grades als Hauptgesundheitsstörung.

Zu dieser Überzeugung ist der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten enthaltenen medizinischen Stellungnahmen und zahlreichen Gutachten gelangt, insbesondere aufgrund der überzeugenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen F in seinem Gutachten vom 29. Juni 2018 bzw. 18. Juli 2018. Der Senat macht sich diese vollständig zu Eigen. Sie stehen im Einklang mit den Ausführungen des neurologisch-psychiatrischen Gutachters Prof. Dr. T vom 26. Februar 2012, des neuropsychologischen Zusatzgutachters Dr. W vom 16. Juli 2012 und des nervenärztlichen Gutachters Dr. Sa vom 17. August 2014, deren Ausführungen sich der Senat ebenfalls vollständig zu Eigen macht. Gegenteiliges ergibt sich aus keiner der vorliegenden medizinischen Unterlagen, auch nicht aus den vom Kläger in Bezug genommenen Berichten seiner behandelnden Ärzte und Gutachten des MDK Nord.

Der Sachverständige F führt in seinem Gutachten überzeugend aus: "Die posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) ist ein Störungsbild, das 1980 im Gefolge der Erfahrungen des Vietnamkriegs in das DSM-3-Klassifikationssystem der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft aufgenommen wurde. Häufig wird inzwischen in der posttraumatischen Belastungsstörung die einzig mögliche psychoreaktive Antwort auf ein belastendes äußeres Ereignis gesehen, was jedoch nicht der Fall ist. Die Häufigkeit des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung ein Jahr nach einem Verkehrsunfall schwankt mit Werten von 2 % in einem schweizerischen Kollektiv von Schwerverletzten bis zu 15 % in einer Übersicht früherer Studien. Zur Frage des Auftretens psychoreaktiver Störungen nach Arbeitsunfällen liegen dagegen nur wenige Studien vor. Nyberg et al. fanden sechs Monate nach schweren Arbeitsunfällen bei 12 % der Betroffenen das Vollbild einer PTBS. Identische Zahlen berichteten Hu et al. für unmittelbare Zeugen tödlicher Arbeitsunfälle. Eine besondere Bedeutung scheinen Handtraumen zu besitzen. "Typische" Symptome einer PTBS können letztlich nach alltäglich auftretenden "Life-Events", wie Arbeitsplatzverlust oder familiären Problemen, eigenen schweren Krankheiten sowie Tod oder Erkrankung eines nahen Angehörigen, auftreten. Vergleichbare Symptome fanden sich auch bei Patienten mit depressiven Störungen, bei denen gar kein spezifisches Lebensereignis zu eruieren war, bei Personen mit Sozialphobien in verfahrenen Lebenssituationen sowie letztlich auch bei "Mobbing" am Arbeitsplatz. Bezüglich einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung sind wiederholte und anhaltende Traumatisierungen zu fordern. Hier wird auf Erlebnisse in einem Konzentra-tionslager, Folter, Katastrophen, andauernde lebensbedrohliche Situation verwiesen.

Gemäß der ICD-10-Klassifikation handelt es sich bei der posttraumatischen Belastungsstörung - in diesem Zusammenhang aber lediglich auf katastrophale Ereignisse bezogen - um eine "verzögerte oder protrahierte Reaktion". Nach Horowitz kommt dies dadurch zustande, dass die seelische Beeindruckung im Anschluss an die unmittelbare peritraumatische Akutreaktion mit Überflutung von den überwältigenden Eindrücken derart hoch ist, dass diese Erlebnisse zunächst dem Bewusstsein im Sinne der Verleugnung entzogen sind und sich erst im Verlauf willentlich unbeeinflussbar in das Bewusstsein drängen. Verwiesen wird darauf, dass die Symptome normalerweise innerhalb der ersten drei Monate nach dem Trauma auftreten. Dies könnte den Eindruck erwecken, dass eine hinreichend zeitnahe psychische Reaktionsbildung für die Diagnose einer PTBS in Zukunft völlig entbehrlich ist. Liest man hierzu den Kommentar (DSM-5), wird man jedoch eines Besseren belehrt: So sei die Forderung nach einer emotionalen Reaktion auf das Trauma (lediglich) deswegen nicht mehr Teil von Kriterium A, weil das klinische Bild der PTBS ... vielfältig ist. Dies entspricht auch prospektiven Studien, die zeitnah zu Unfallereignissen psychische Symptome berichten. Darüber hinaus findet sich im DSM-5 zum verzögerten Beginn einer PTBS die Aussage, wonach in diesem Fall das Auftreten "einzelner Symptome zwar initial" bereits erkennbar ist, aber erst im Verlauf "alle" diagnostischen Kriterien erfüllt sind. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Betroffenen bis zum Auftreten des Vollbildes einer PTBS keinesfalls symptomfrei sind, sondern während dieser Zeit bereits in Teilbereichen ihres Lebens durch psychische Symptome eingeschränkt sind, was sich dann im Sinne von Brückensymptomen nachweisen lassen muss. Dies entspricht auch der wissenschaftlichen Literatur, wonach ein verzögerter Beginn der PTBS außerhalb kriegerischer Auseinandersetzungen "extrem selten" ist und dass auch in diesem Fall auch bereits zuvor Teilsymptome erkennbar sind.

Die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung trat bei Herrn erst mit deutlicher zeitlicher Verzögerung auf. Als Brückensymptom können Drehschwindelattacken beschrieben werden, wobei hier darauf hinzuweisen ist, dass schon zwei Jahre vor dem Trauma länger anhaltende Schwindelanfälle bestanden.

Bezüglich des Verlaufs der posttraumatischen Belastungsstörung ist festzustellen, dass in der Hälfte der Fälle innerhalb von drei Monaten eine vollständige Remission (Symptomfreiheit) der Symptomatik eintritt. Allerdings komme es bei vielen Betroffenen zu einem Anhalten der Symptome über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr hinweg. Dies bedeutet, dass bei zunehmender Dauer geklagter Beschwerden auch zunehmende Anforderungen an den Nachweis objektivierbarer Symptome zu stellen sind. Insbesondere progrediente Entwicklungen widersprechen dem zu erwartenden degressiven Charakter posttraumatischer Störungen. Setzt man sich hier kritisch mit den Vorgutachten, den Befund- und Behandlungsberichten, den teilweise wechselnden Ausprägungen der geschilderten Symptome auseinander, so ist festzustellen, dass zum jetzigen Zeitpunkt unter besonderer Berücksichtigung der o.g. Gesundheitsstörungen: schwere depressive Störung, DD [differentialdiagnostisch] Verbitterungsstörung, die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung im Vollbild nicht mehr gestellt werden kann."

Der Sachverständige F weist in zutreffender Weise darauf hin, dass sich aus den medizinischen Befunden aus der Zeit, die unmittelbar nach dem Unfallereignis erhoben wurden, und den Einlassungen des Klägers aus dieser Zeit keine Hinweise auf eine extreme seelische Erregung des Klägers ergäben. Vielmehr stellt es sich so dar, dass Ängste des Klägers auftraten, als man ihm mitgeteilt habe, dass evtl. eine Wirbelsäulenverletzung vorliegen könne, und dass eine weitere Belastung dann auftrat, als er auf dem Weg nach Hause unter vermehrten Schwindelattacken und Übelkeit litt, was – worauf der Sachverständige F zutreffend hinweist – eine für eine Gehirnerschütterung typische Symptomatik ist. Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit den nach dem Unfall erhobenen Befunden, nach denen der Kläger durch den Sturz bzw. den Fall des Steins auf seinen behelmten Kopf ein Schädelhirntrauma erlitt.

Nach der schlüssigen Darstellung des Verlaufs der streitigen PTBS durch den Sachverständigen F ist es nachvollziehbar, dass bei dem Kläger am Tag seiner Begutachtung am 28. August 2003 (im Gutachten vom 29. Juni 2018 irrtümlich: "2008") die Symptomatik einer PTBS vorlag. Ende 2003 kam es zu einer Zunahme der depressiven Episode, die zu jedem Zeitpunkt als schwer eingeschätzt wurde. Im Rahmen einer stationären Behandlung vom 12. Februar 2004 bis 29. April 2004 kam es dann zu einer Remission der depressiven Symptomatik und einer Abnahme der Alpträume. Bereits 2004 berichtete der Gutachter Dr. H von einer Inkonsistenz der Symptomatik (im Vergleich in der Begutachtungssituation und nach dem Verlassen der Praxis) und thematisierte die Bedeutung unfallfremder Faktoren hinsichtlich Entstehung, Fortschreiten der Symptome. Im Rahmen einer weiteren Begutachtung am 16. August 2004 ergaben sich Hinweise auf Aggravationen und narzisstische Persönlichkeitszüge. Im Rahmen einer Begutachtung durch Dr. Ha im Jahr 2007 kam es wiederholt zu Ausbrüchen, bei denen der Kläger hasserfüllt sein Schicksal beklagte.

Hinsichtlich der von Dr. Ha gestellten Diagnose (anhaltende mittelschwere posttraumatische Belastungsstörung, anhaltende Anpassungsstörung mit verlängerter depressiver Reaktion) weist der Sachverständige F zu Recht darauf hin, dass eine Anpassungsstörung üblicherweise nur für einen Zeitraum von zwei Jahren diagnostiziert werden könne und dass bei länger dauernden depressiven Symptomatiken bzw. Symptomen einer Anpassungsstörung differentialdiagnostisch darauf einzugehen sei, ob sich nicht evtl. eine eigenständige depressive Störung entwickelt habe bzw. andere Gesundheitsstörungen aufrechterhaltende Faktoren seien. In diesem Zusammenhang sind die Ausführungen der Dipl.-Psych. R über die Untersuchung des Klägers am 23. April 2008 zu lesen, die auf Verdeutlichungstendenzen des Klägers hinwies. Laut R war für die schwere und damals bereits chronifizierte Ausbildung der Symptomatik die späte Diagnose einer psychischen Störung, besonders im Hinblick auf die Persönlichkeitsstruktur, der durch starkes Streben nach außergewöhnlicher Leistung und sozialer Anerkennung im beruflichen Bereich sowie leichte Kränkbarkeit des Klägers verantwortlich. Diese Einschätzung überzeugt, da sie im Einklang mit den zahlreichen weiteren Beurteilungen der Psyche des Klägers steht, auch mit der medizinischen Einschätzung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P in ihrem Befund vom 16. Juli 2009. Danach habe bei Herrn nach objektiv eingetretener Verbesserung ein reges Bedürfnis nach einer Betonung der Krankenrolle und eine symbiontische Beziehung zur Ehefrau bestanden, hingegen keinerlei Veränderungsmotivation. Es sei, so Dr. P , eine Verschiebung der Wesensgrundlage bei einer narzisstischen Grundpersönlichkeit und bei einem ebenfalls deutlich gewordenen sekundären Krankheitsgewinn zu diskutieren.

Insgesamt führt der Sachverständige F zum Verlauf der PTBS des Klägers überzeugend aus: "Aus gutachterlicher Sicht ist festzustellen, dass der Verlauf der posttraumatischen Belastungsstörung vom üblichen Verlauf einer solchen Störung deutlich abweicht. Auffällig, dass insbesondere bei Therapieintensivierung und immer wieder zwischenzeitlich beschriebenen Verbesserungen es kurzfristig zur Verschlechterung kommt. Des Weiteren zeigt sich insbesondere zu diesem Zeitpunkt, dass ein erheblicher Ärger von Herrn auf die Berufsgenossenschaft wegen aus seiner Sicht fehlender bzw. nicht geeigneter Unterstützung besteht. In einem Gespräch vom 21.06.2010 werden heftige somatische Reaktionen, vorwiegend auch nachts, mit Einnässen beschrieben. Dieses Symptom ist extrem untypisch für eine posttraumatische Belastungsstörung und kann auch nur sehr schwierig mit einem acht Jahre zurückliegenden Unfall ohne relevante strukturelle Verletzungen von Hirn, Rückenmark oder Blase in Übereinstimmung gebracht werden. Insofern besteht hier eine Symptomausweitung."

Zu Recht weist der Sachverständige F darauf hin, dass auch Dr. W anlässlich seiner neuropsychologischen Zusatzbegutachtung des Klägers am 12. März 2012 bei diesem Aggravationstendenzen angegeben habe, die sich durch zum Teil überdeutlich positive Ergebnisse aller Tests zur Beschwerdevalidierung gezeigt hätten und aufgrund derer eine objektive Darstellung der kognitiven Leistungsfähigkeit nicht möglich gewesen sei (Gutachten vom 16. Juli 2012). Dieser Befund steht im Einklang mit den bereits festgestellten Befunden der Dipl.-Psych. R vom 17. Mai 2008 und der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P vom 16. Juli 2009.

Dr. W hat in seinem Gutachten vom 16. Juli 2012 darüber hinaus festgehalten, dass die Schilderungen des Klägers zum Hergang und zum Beschwerdeverlauf in Teilen ausgestaltet gewirkt hätten, wobei auch klagsam-vorwurfsvolle Aspekte, z. B. im Kontext der als unzulänglich wahrgenommenen Versorgung von Seiten der Berufsgenossenschaft, deutlich geworden seien. Das Bestehen einer PTBS schloss Dr. W im Zeitpunkt seiner Begutachtung (12. März 2012) bereits aus.

Die Schlussfolgerung des Sachverständigen F , dass nicht das Unfallgeschehen, sondern unfallunabhängige Ursachen rechtlich wesentlich kausal für die psychischen Gesundheitsstörungen des Klägers seien, überzeugen den Senat auch in Ansehung der Entlassungsberichte des UKE Hamburg, z. B. vom 29. Januar 2013 über die dortige stationäre Behandlung des Klägers in der Zeit vom 17. September 2012 bis 31. Oktober 2012. Danach habe der Kläger zu Beginn des Aufenthalts große Schwierigkeiten gehabt, sich von der Verschlechterung seines Befindens zu lösen, die mutmaßlich eine Folge der berufsgenossenschaftlichen Begutachtung sei; er sei stark verhaftet gewesen in den damit verbundenen Ohnmachtsgefühlen, dem Verlust seiner bis dahin wiedergewonnenen Selbständigkeit und den wieder ausgelösten Erinnerungen an den Unfall, den er eher schuldhaft verarbeitete. Der Sachverständige F zieht daraus den Schluss, den sich der Senat zu eigen macht, dass die Verschlechterung der Symptomatik des Klägers nicht als Folge des Unfalls 2002 anzusehen sei, sondern vielmehr als Folge der vom Kläger als eingeschränkt empfundenen Versorgung durch die Beklagte. Letztlich hat der Kläger dies in seiner Klagebegründung auch selbst eingeräumt, als er erklärt hat, insbesondere auch die seit dem Unfall andauernde Auseinandersetzung mit der Beklagten stelle eine erhebliche Belastung für ihn dar, durch die es zu einer Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation gekommen sei.

Zur Überzeugung des Senats ist die Rezeption der Gutachten ein die psychische Gesundheitsstörung des Klägers und die Verschlechterung ihrer Symptomatik wesentlich bestimmender Faktor. Der Sachverständige F hat dazu ausgeführt, dass es aufgrund der Vorgeschichte und der Persönlichkeitszüge des Klägers nachvollziehbar sei, dass es nach dem erneuten negativen Gutachten zu einer massiven Verschlechterung der depressiven Störung gekommen sei. Dies überzeugt angesichts des dokumentierten Verlaufs der depressiven Symptomatik des Klägers. So ergibt sich z. B. aus dem Entlassungsbericht des UKE Hamburg vom 19. November 2014, dass sich der Aktivitätsaufbau des Klägers nur mühsam gestaltete und seine Konzentrationsfähigkeit massiv eingeschränkt war. Die dortige stationäre Behandlung erfolgte nur wenige Zeit, nachdem dem Kläger durch den vom Sozialgericht zum Sachverständigen bestellten Dr. Sa attestiert worden war, dass bei ihm – dem Kläger – auf psychiatrisch-neurologischen Fachgebiet eine unfallbedingte messbare MdE nicht mehr vorliege.

Im Hinblick auf den vom Kläger angeführten Entlassungsbericht des B Krankenhauses vom 10. September 2015 bezüglich einer stationären Behandlung vom 2. Juli 2015 bis 23. Juli 2015 und seinem Vorbringen, dass ein sekundärer Krankheitsgewinn nicht festgestellt worden sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Im vorgenannten Entlassungsbericht heißt es vielmehr in Bezug auf die Darstellung des Klägers, dass es immer, sobald es langsam gut werde, zu einem enormen Einbruch komme, und dass die Ärzte des B Krankenhauses dies als einen fraglich unbewussten Profit des Klägers aus seiner Krankheit interpretierten, was der Kläger aber vehement abgelehnt habe. Der Sachverständige F hat hierzu ergänzt: "Hier ist festzustellen, dass es nach einem eigenmächtigen Absetzen bzw. Reduktion von Medikamenten, die man bei Psychosen und schweren Depressionen einsetzt, zu einer deutlichen Verschlechterung des Stimmungsbildes gekommen ist. Dies kann als indirekter Hinweis auf eine schwere depressive Störung gewertet werden. Die Symptomatik bzw. Verschlechterung geht erneut deutlich über das Maß einer posttraumatischen Belastungsstörung hinaus, insbesondere wenn man den primären Unfallmechanismus berücksichtigt, und ist durch diesen so nicht erklärbar, insbesondere nicht 13 Jahre nach dem eigentlichen Trauma."

Insgesamt überzeugt die Schlussfolgerung des Sachverständigen F , die sich der Senat voll umfänglich zu eigen macht, dass es – auch wenn die Diagnose einer PTBS zumindest in den ersten Jahren nach dem Unfall anhand der vorliegenden Befunde nachvollzogen werden könne – aber im weiteren Verlauf zu einer Verschiebung der Wesensgrundlage gekommen sei. Der Sachverständige F führt hierzu zutreffend aus: "Psychische Störungen infolge eines Unfallereignisses stellen einen Versicherungsfall dar, wenn sie als Gesundheitsschaden zu bewerten sind und ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang besteht. Es handelt sich nicht um die psychischen Folgen eines unfallbedingten physischen Traumas, sondern um die unmittelbare Verursachung einer psychischen Reaktion durch ein und äußeres Ereignis. Der Unfallbegriff fordert bei einer psychischen Einwirkung ein Erlebnis, welches sich objektiv von den alltäglichen Geschehnissen abhebt und subjektiv eine besondere psychische Anspannung mit einer dadurch bedingten Stresssituation auslöst. Von der plötzlichen, ereignisbedingten psychischen Einwirkung sind Erregungs¬zustände anderer Art und Ursache zu trennen: psychische Konflikt¬situationen, Persönlichkeitsstörungen und mannigfache andere, etwa angstbesetzte psychische Störungen oder seelische Erkrankungen aus beruflich bedingter Verärgerung, Gefühl des dienstlichen Zurückgesetztseins. Solche Zustände entbehren der Voraussetzung des Arbeitsunfalls, da ihnen schon das entscheidende Kriterium des "Plötzlichen" und "Unvorhergesehenen" fehlt. Mit den Begriffsmerkmalen des Arbeitsunfalls wäre es unvereinbar, wenn z. B. eine mit dem Verlust der Arbeitsstelle verbundene psychische Belastung - mit körperlicher Schädigung im Gefolge - als entschädigungspflichtiger Tatbestand angesehen würde. Die Auslösung einer psychischen Reaktion muss unmittelbar, d. h. innerhalb eines auf längstens eine Arbeitsschicht begrenzten Zeitraums erfolgen."

Zu Recht weist der Sachverständige F darauf hin, dass im Rahmen der Prüfung der rechtlichen Wesentlichkeit einer behaupteten Ursache aus dem rein zeitlichen Aufeinanderfolgen eines gesundheitlichen Erstschadens und einer später auftretenden psychischen Gesundheitsstörung nicht gefolgert werden dürfe, dass diese wesentlich durch den Unfall verursacht worden sei. Zu prüfen ist vielmehr, ob der jeweilige Erstschaden oder dessen Behandlung nach dem aktuellen wissenschaft¬lichen Erkenntnisstand ursächlich und auch rechtlich wesentlich für den Folgeschaden war; dies gilt auch bei einer PTBS.

Aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den Akten enthaltenen medizinischen Stellungnahmen und zahlreichen Gutachten macht sich der Senat die Schlussfolgerung des Sachverständigen F zu eigen, dass die Symptomatik, die bei dem Kläger aktuell und in der Vergangenheit bestand, insbesondere ab März 2012, nicht mehr als wesentlich durch den Unfall 2002 verursacht worden sein könne. Insoweit überzeugt die Darstellung des Sachverständigen F einer zunehmenden Symptomatik und deutlichen Ausgestaltung des Beschwerdebilds und der Hinweis auf das Erfordernis, die Vorerkrankung des Klägers (Schwindelsymptomatik) zu berücksichtigen, die schon zwei Jahre vor dem Unfall bestand, wie auch die Beeinträchtigung durch die koronare Herzerkrankung und den sich im Verlauf entwickelnden sekundären Krank-heitsgewinn, der zu einer unbewussten Chronifizierung des Symptomkomplexes führte.

Überzeugt ist der Senat auch davon, dass der weitere Verlauf der Gesundheitsstörung des Klägers, jedenfalls ab März 2012, nicht mehr rechtlich wesentlich auf die ursprüngliche Reaktion auf das Unfallereignis zurückzuführen ist, sondern dass beim Kläger unfallunabhängige Faktoren soweit in den Vordergrund traten, dass sie für den weiteren Verlauf die rechtlich allein wesentliche Ursache bildeten und immer noch bilden. Der Sachverständige F führt hierzu aus: "Hier ist festzustellen, dass externe, schädigungsunabhängige psychische Belastungsfaktoren nach dem Unfallereignis hinzugekommen sind, welche den Kausalzusammenhang dann entfallen lassen haben. Die organischen Unfallfolgen zeigten sich schon relativ frühzeitig ausgeheilt. Trotz einer intensiven Therapie mit mehrfachen stationären und ambulanten Be¬handlungsmaßnahmen zeigt sich eine unveränderte bzw. zunehmende psychische Beschwerdesymptomatik, welche sogar zu der Zuerkennung eines Pflegegrades geführt hat. Bei der Beurteilung eines psychischen Folgeschadens ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu diskutieren, ob Kompensationswünsche oder andere unfallunabhängige Zielkonflikte vorliegen. Herr hat schon relativ frühzeitig darauf hingewiesen, dass er aufgrund seiner Schwindelsymptomatik (welche als unfallunabhängig zu werten ist) nicht mehr seine berufliche Tätigkeit ausüben könne. Des Weiteren wurden schon in den Vorbefunden sowohl während der stationären Aufenthalte als auch zusätzlich im Rahmen der Begutachtungen Hinweise gefunden auf den Wunsch nach Unterstützung insbesondere in finanzieller Hinsicht bzw. Unterstützung seiner Familie, damit ihn diese unterstützen kann, durch die Berufsgenossenschaft und andere Kostenträger. Insbesondere die Aberkennung der Rente durch die Berufsgenossenschaft bzw. die negativen Einschätzungen der Vorgutachter führten dann zu einer deutlichen Symptomzunahme. Dies ist nicht primär auf das Unfallereignis zurückzuführen, sondern ist als konkurrierende Ursache zu würdigen und kann daher nicht in die Bewertung des Unfallereignisses als rechtlich wesentlich eingeschlossen werden." Der erkennende Senat teilt diese Einschätzung.

Zusammenfassend hat der Sachverständige F festgestellt, dass die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen (als Hauptgesundheitsstörung eine rezidivierende depressive Störung schweren Grades, differentialdiagnostisch in Betracht kommend eine posttraumatische Verbitterungsstörung, eine koronare Herzkrankheit mit Stentversorgung und nach Bypass-Operation, ein Bluthochdruck, ein Diabetes mellitus Typ 2 und eine Adipositas) nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unmittelbare oder mittelbare Folgen des Unfalls vom 28. März 2002 seien. Davon ist unter Berücksichtigung aller medizinischen Befunde und Gutachten auch der Senat überzeugt.

Soweit der Sachverständige F den Zeitpunkt der Verschiebung der Wesensgrundlage auf März 2012 datiert, deckt sich dies mit den Feststellungen Dr. Sa in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 17. August 2014. Dieser führte darin aus, dass sich Bedingungsfaktoren und erhaltene Dynamik der Krankheitsentwicklung von einer Traumafolgestörung auf eine Krankheitsfehlverarbeitung verlagert hätten, dass diese Entwicklung schleichend eingetreten und somit terminlich nicht exakt zu bestimmen sei, jedenfalls aber zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Prof. Dr. T im März 2012 vorgelegen habe.

Dagegen vermögen nicht nur – wie dargestellt – die vom Kläger in Bezug genommenen Berichte seiner behandelnden Ärzte, sondern auch die Gutachten des MDK Nord die Ausführungen der Sachverständigen F nicht zu erschüttern und seine Schlussfolgerungen nicht zu widerlegen. Soweit beispielsweise Dr. K in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 5. September 2013 erklärt, für ihn sei "unstreitig", dass weiterhin eine chronifizierte PTBS als Folge des Unfalls vom 28. März 2002 vorliege, überzeugt dies schon aus dem Grund nicht, dass Dr. K keine eigenen psychiatrischen Befunde erhoben, sondern sich auf die Angaben des Klägers und die Einsichtnahme fremder Befunde bezogen hat, und dass die Erklärung ohne weitere Substantiierung und Erläuterung abgegeben wird. Sie ist damit weder nachvollziehbar noch überzeugend, zumal das Gutachten nicht den Anforderungen an ein Zusammenhangsgutachten im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht. Entsprechendes gilt für die Äußerung der Gutachterin A. D , die den Kläger am 1. Februar 2018 im Auftrag des MDK Nord zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI begutachtet hat; auch dieses Gutachten folgt nicht den Regeln für ein Zusammenhangsgutachten im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung. Soweit Frau D erklärt, es liege ein anerkannter Arbeitsunfall vor, der "ausschließlich ursächlich" für die zum Pflegegrad 3 führenden Einschränkungen der Selbständigkeit und Teilhabe des Klägers sei, beruht diese nicht näher begründete Einschätzung wiederum nicht auf eigenen psychiatrischen Befunden, sondern auf den Angaben des Klägers und der Einsichtnahme fremder Befundberichte.

Die Kritik des Klägers vom 10. und 17. Juli 2018 am Gutachten des Sachverständigen F ist unberechtigt. Der Senat teilt nicht die Einschätzung Dr. S , der Unfall des Klägers vom 28. März 2002 sei "ohne Zweifel als außergewöhnliche Bedrohung" zu betrachten, angesichts des dokumentierten Geschehensablaufs und der körperlichen Gesundheitsstörungen des Klägers (Schädelhirntrauma, begleitende Distorsion der HWS ohne hirnorganische Schädigung). Eine Vergleichbarkeit des Unfallereignisses mit den für eine PTBS typischen Erlebnissen (z. B. Krieg, Todesgefahr) besteht nicht. Die Einschätzung des Klägers, dass sich im Gutachten des Sachverständigen F Widersprüchlichkeiten, Ungenauigkeiten und fehlerhafte Darstellungen fänden, lässt sich angesichts der oben dargestellten sorgfältigen Auswertung der zahlreichen aktenkundigen ärztlichen Befunde und Gutachten nicht verifizieren. Soweit der Kläger bemängelt, der Sachverständige F habe bei der Einordnung der PTBS auf die DSM-4 abgestellt anstelle der DSM-5, verweist der Senat auf die überzeugende Erklärung des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dort hat der Sachverständige erläutert, dass die DSM-4 weiterhin der Standard für gutachterliche Bewertungen sei, gerade in sozialmedizinischen Begutachtungen, da sie besser geeignet sei als die DSM-5; darüber bestehe ein fachliches Übereinkommen der Sachverständigen in der Sozialmedizin. Im Übrigen ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen F ausdrücklich, dass dieser über die Kriterien der DSM-4 hinaus auch die Kriterien der DSM-5 und der ICD-10 berücksichtigt hat (vgl. z. B. Seite 59 f. des Gutachtens vom 29. Juni 2018). Soweit der Kläger ferner erklärt, seine Drehschwindelanfälle hätten vor dem Unfall nicht bestanden, so steht dies im Widerspruch zu den Einlassungen des Klägers, die im Befundbericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. G vom 9. April 2002 dokumentiert sind; danach hat der Kläger bereits zwei Jahre vor dem Unfall an länger anhaltenden Schwindelanfällen gelitten. Soweit der Kläger die vom Sachverständigen erwähnten Äußerungen leugnet, die für eine Verbitterung sprächen, nimmt der Senat beispielhaft Bezug auf das nervenärztliche Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P vom 21. April 2008 (Blatt 977 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten). Dort ist dokumentiert, dass der Kläger Dr. P gegenüber geäußert hat, dass ihn die Gutachten der Ärzte sehr belasten würden, in denen nirgendwo die Wahrheit stünde. Soweit der Kläger den Hinweis auf Kokain in seinem Blut im Entlassungsbericht des UKE Hamburg vom 15. August 2017 leugnet, ist dem zwar zuzustimmen; hier liegt offenbar ein Lesefehler im Gutachten vor, denn der Entlassungsbericht benennt als Diagnose nicht die Ziffer R78.2, sondern E78.2 (Gemischte Hyperlipidämie). Dieser Umstand vermag jedoch die Verwertbarkeit des Gutachtens nicht zu erschüttern, denn der Sachverständige F hat im Rahmen seiner mündlichen Anhörung zu Recht darauf hingewiesen, dass er eine Kokainabhängigkeit des Klägers nicht angenommen und aus der (irrtümlich wiedergegebenen) Diagnose keine gutachterlichen Schlüsse gezogen hat (vgl. Blatt 540 der Gerichtsakten). Schließlich ist der Auffassung des Klägers, dass eine Verschlechterung seiner gesundheitlichen Situation durch für ihn nachteilige Begutachtungen weder durch die Entlassungsberichte noch durch sonstige Unterlagen belegt werde, zu widersprechen. Die vom Kläger in Abrede gestellte Verschlechterung ergibt sich aus zahlreichen ärztlichen Befunden, z. B. aus dem bereits genannten nervenärztlichen Gutachten Dr. P vom 21. April 2008 (Blatt 977 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten), aus dem Entlassungsbericht des UKE Hamburg vom 29. Januar 2013 bezüglich der dortigen stationären Behandlung des Klägers in der Zeit vom 17. September 2012 bis 31. Oktober 2012 (Blatt 1911 ff. der Verwaltungsvorgänge der Beklagten) und aus dem nervenärztlichen Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sa vom 17. August 2014 (Blatt 157 ff. der Gerichtsakten), die der Sachverständige F gründlich ausgewertet hat.

2. Soweit sich der Kläger gegen die Ablehnung der Gewährung eines Persönlichen Budgets wendet, hat das Sozialgericht seine Klage auch insoweit zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen im Rahmen der Heilbehandlung gemäß § 26 SGB VII in Form eines Persönlichen Budgets gemäß § 17 SGB IX a. F.

Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz SGB VII in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung vom 27. Dezember 2003 können Versicherte einen Anspruch auf Ausführung der Leistungen durch ein Persönliches Budget nach § 17 Abs. 2 bis 4 des Neunten Buches in Verbindung mit der Budgetverordnung und § 159 des Neunten Buches haben. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX können Leistungen zur Teilhabe auf Antrag auch durch ein Persönliches Budget ausgeführt werden, um den Leistungsberechtigten in eigener Verantwortung ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz SGB IX werden Persönliche Budgets in der Regel als Geldleistung ausgeführt. Mit einem Persönlichen Budget sollen Leistungsberechtigte selbst entscheiden können, welche Hilfen sie von welchem Leistungserbringer in Anspruch nehmen, ggf. können sie auch selbst Personen beschäftigen, welche ihnen die notwendigen Leistungen erbringen ("Arbeitgebermodell"; O Sullivan in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 29 SGB IX Rn. 20).

Der Kläger kann das von ihm begehrte sogenannte Arbeitgebermodell nicht beanspruchen. Dies hat bereits das Sozialgericht zutreffend begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die diesbezüglichen, rechtlich zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen sowie in Anwendung des § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 4. Oktober 2011. Der Senat folgt der Begründung des Widerspruchsbescheids und sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren führt nicht zu einer davon abweichenden rechtlichen Einordnung, insbesondere nicht der Hinweis auf die ergotherapeutische Ausbildung seines Sohnes D. Vielmehr bekräftigen nun auch die Feststellungen des Sachverständigen F , die sich der Senat zu eigen macht, dass das erstinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden ist. Unter Berücksichtigung der bisher durchgeführten Behandlungen, der Besserung bei leitliniengerechter Therapie und der dann wieder erfolgten Verschlechterung bei (nach Ansicht des Klägers) "fehlender Unterstützung" durch die Beklagte in Kombination mit den sehr unterschiedlich ausgeprägten neurologischen und psychiatrischen Beeinträchtigungen des Klägers ist die begehrte Einbindung der Ehefrau des Klägers in die Behandlung als nicht zielführend anzusehen.

3. Dem Hilfsantrag des Klägers, ihm einen 3-wöchigen Schriftsatznachlass auf das heutige Ergebnis der Beweisaufnahme zu gewähren, war nicht stattzugeben. Einem anwaltlich vertretenen Kläger ist es regelmäßig möglich und zumutbar, auf eine im Rahmen der mündlichen Verhandlung durchgeführte Anhörung eines Sachverständigen zu dessen vorab schriftlich vorliegenden Gutachten unmittelbar Stellung zu nehmen. Von dieser Möglichkeit hat der Kläger auch Gebrauch gemacht. Zuvor hatte er bereits durch die Schriftsätze seiner Prozessbevollmächtigten vom 10. Juli 2018 und 17. Juli 2018 zum genannten Gutachten des Sachverständigen F Stellung genommen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

5. Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 1 SGG gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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