L 29 AS 625/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 126 AS 13595/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 625/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2018 geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für den Rechtsstreit nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015 unter Berücksichtigung von Absatzbeträgen für Kosten der Ausbildung als Stimmtherapeutin.

Die 1986 geborene Klägerin war im streitigen Zeitraum bei der D O B abhängig beschäftigt und zudem seit Oktober 2013 selbständig tätig als Schauspielerin. Von dem Beklagten erhielt sie ergänzende Leistungen nach dem SGB II.

Nach einer Anfrage der Klägerin teilte der Beklagte ihr im November 2014 mit, eine Fortbildung als Logopäden oder Stimmtherapeutin scheide aus, da diese Fortbildungen nicht mit Bildungsgutscheinen verknüpft werden könnten.

Mit E-Mail vom 1. Mai 2015 wandte sich die die Klägerin erneut an den Beklagten. Sie beabsichtige nun eine Aus-/und Weiterbildung zur Stimmtherapeutin bei der I B aufzunehmen. Als selbständige Schauspielerin habe Sie bereits berufliche Erfahrungen mit Sprecherziehung und dem Unterricht mit angehenden Schauspielern und könne mit dem Zertifikat der I als Stimmtherapeutin dieses Tätigkeitsfeld enorm ausbauen und sich so ein zweites stabiles Standbein zu Ihrer Tätigkeit als Schauspielerin schaffen. Da diese Ausbildung bedauerlicherweise durch das Jobcenter nicht finanziert würde, wäre sie gern bereit, die Ausbildungskosten selbst zu tragen und mit den Einnahmen aus ihrer selbständigen Tätigkeit als Schauspielerin zu bestreiten. Sie erwarte für die Monate Juli und August erheblich höhere Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Schauspielerin und könne damit die Ausbildung zur Stimmtherapeutin finanzieren. Die Klägerin bat um Bestätigung, dass die Weiterbildungskosten in der Anlage EKS anzusetzen seien. Der E-Mail war ein Informationsschreiben der IEK Berlin beigefügt, nachdem die Ausbildung zur Stimmtherapeutin im Zeitraum vom 25. Mai 2015 bis zum 23. April 2016 innerhalb drei "Intensivwochen" bei einer Teilnahmegebühr von 3500 EUR durchgeführt würde. Der Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit E-Mail vom 12. Mai 2015 mit, dass die Fortbildungskosten nach § 3 Arbeitslosengeld- II- Verordnung (Alg II- V) nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden könnten, weil es sich nicht um notwendige bzw. unvermeidbare Ausgaben handele und zudem im Missverhältnis zu den prognostizierten Einnahmen stünden.

In ihrem Weiterbewilligungsantrag vom 16. Juni 2015 gab die Klägerin in der Anlage EKS für den streitigen Zeitraum voraussichtliche Betriebsausgaben i.H.v. 2300 EUR für die Ausbildung als Stimmtherapeutin an.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den streitigen Zeitraum vorläufig Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines fiktiven monatlichen Einkommens i.H.v. 150 EUR bei der D O und erkannte hierbei die Fortbildungskosten für die Weiterbildung zur Stimmtherapeutin (2300 EUR) nicht an, da ein auffälliges Missverhältnis vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 24. Juni 2015 Widerspruch.

Außerdem beantragte die Klägerin am 3. Juli 2015 bei dem Sozialgericht Berlin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung der Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Fortbildungskosten als Betriebsausgaben. Mit Beschluss vom 24. Juli 2015 lehnte das Sozialgericht Berlin (Aktenzeichen S 126 AS 13595/15 ER) diesen Antrag mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches ab, weil die Notwendigkeit der Weiterbildungskosten im Sinne von § 3 Abs. 2 Alg II-V nicht gegeben sei; diese Notwendigkeit sei stets anhand der konkret ausgeübten selbständigen Tätigkeit zu beurteilen. Bei einer Tätigkeit als Schauspielerin handele sich aber um ein anderes Berufsfeld als bei einer Stimmtherapeutin. Die hiergegen durch die Klägerin eingelegte Beschwerde hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 9. September 2015 (L 5 AS 1940/15 B ER) zurückgewiesen.

Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 11. September 2015 die vorläufige Bewilligung für die Monate August und September 2015 dahingehend ab, dass ein Einkommen aus der Tätigkeit bei der D O nicht angerechnet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2015 wies der Beklagte den Widerspruch im Übrigen zurück.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 23. September 2015 die hiesige Klage bei dem Sozialgericht Berlin eingelegt.

Während des Klageverfahrens hat der Beklagte mit Bescheid vom 8. November 2016 die Bewilligung für den streitigen Zeitraum endgültig festgesetzt und mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2016 einen auch gegen den Bescheid vom 8. November 2016 eingelegten Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen, da dieser Bescheid Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens geworden sei.

Während des Klageverfahrens hat die Klägerin eine korrigierte abschließende EKS für den streitigen Zeitraum mit Kosten für die Stimmtherapie i.H.v. 1240 EUR eingereicht.

Sie behauptet, die Tätigkeit als Schauspielerin sei zwar ihr Schwerpunkt, die Aufträge seien allerdings weniger geworden. Sie sei nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Sprecherin, Stimmen-Coach und Stimmenlehrerin tätig und wolle diesen Teilbereich ihrer selbständigen Tätigkeit ausbauen und sich weitere Einnahmequellen dadurch sichern. Hierzu sei die Teilnahme an dem Lehrgang notwendig. Mit dem zu erwartenden Zertifikat könne sie weitere Aufträge akquirieren und höhere Einnahmen erzielen. Sie könne auch eine eigene Praxis eröffnen oder als Angestellte beispielsweise in eine HNO- Praxis oder im Bereich der Logopädie tätig sein. Die Ausbildungskosten dienten daher der Sicherung der ausgeübten Berufstätigkeit. Sie seien auch weder sinnlos noch unverhältnismäßig.

Das Sozialgericht hat dem Vortrag der Klägerin den Antrag entnommen,

den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 17. Juni 2015 für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2015 dahingehend zu ändern, dass der Klägerin die volle monatliche Regelleistung i.H.v. 399 EUR sowie die vollen monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung von insgesamt 450 EUR unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens von 150 EUR bewilligt und ausgezahlt werden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er sieht die Kosten für die Fortbildung als Stimmtherapeutin nicht als notwendig an. Es handele sich um einen ganz anderen Bereich (im Gesundheitswesen) zu der bisherigen Tätigkeit als Schauspielerin (im sprachlichen/künstlerischen Bereich).

Das Sozialgericht Berlin hat mit Gerichtsbescheid vom 12. März 2018 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2016 verurteilt, der Klägerin in den Monaten Juli bis September 2015 jeweils 849 EUR, im Oktober 2015 719,54 EUR, im November 2015 555,85 EUR und im Dezember 2015 786,72 EUR zu bewilligen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat zu den Weiterbildungskosten als Stimmtherapeutin ausgeführt, diese seien i.H.v. 1240 EUR entsprechend der tatsächlich im streitigen Zeitraum geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Es handele sich um eine notwendige Ausgabe im Sinne von § 3 Abs. 3 S. 1 Alg II-V. Zwar liege eine solche notwendige Ausgabe nicht vor, wenn gänzlich neue Tätigkeiten erschlossen würden; insofern könnten allenfalls Ansprüche nach § 16 SGB II in Verbindung mit § 81 SGB III bestehen. Ein gänzlich neues Tätigkeitsfeld liege aber nicht vor, insbesondere sei nicht ein einheitliches Berufsbild erforderlich. Zwar sei die Ausbildung zwischen dem Therapeutin im gesundheitlichen und nicht dem sprachlich künstlerischen Bereich, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH, Urteil vom 04.12.2002 VI R 120/01) genüge es für Werbungskosten allerdings, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden.

Gegen den dem Beklagten am 15. März 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 4. April 2018 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Zur Begründung hat der Beklagte seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt und vertieft. Die Weiterbildungskosten zur Stimmtherapeutin seien keine notwendigen Ausgaben im Sinne des SGB II.

Der Beklagte beantragt schriftlich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. März 2018 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen

Die Klägerin beantragt schriftlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend. Auch nach der Rechtsprechung im Sozialrecht (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Februar 2014, L 12 AS 4836/12) sei grundsätzlich auf den steuerrechtlichen Begriff der Werbungskosten abzustellen und daher auch neue Tätigkeitsfelder zu berücksichtigen, wenn diese auf die bisherige Ausbildung als Schauspielerin und Sprecherin aufbauen. Vorliegend handele es sich keinesfalls um eine völlig neue Tätigkeit. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin mittlerweile bei der Volkshochschule in L Kurse insbesondere in dem Fach Stimmtherapie anbiete und sich hierdurch ein weiteres berufliches Standbein erschlossen habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats gemäß § 155 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte () das Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung über das Berufungsverfahren konnte durch den Berichterstatter anstelle des Senats gemäß § 155 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erfolgen, weil die Beteiligten ihr Einverständnis zu dieser Verfahrensweise erteilt haben und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, so dass eine volle Senatsbesetzung für die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht als notwendig erscheint (vergleiche hierzu Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl., 2017, § 155 Rn. 13 mit weiteren Nachweisen).

Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht Berlin hat zu Unrecht der Klage unter Annahme der Berücksichtigungsfähigkeit der Fortbildungskosten als Stimmtherapeutin nach dem SGB II teilweise stattgegeben.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II erhält Leistungen nach diesem Buch, wer insbesondere hilfebedürftig ist. Hilfebedürftig ist, wer sein Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Als Einkommen sind zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen (§ 11 Abs. 1 S. 1 SGB II). Nach § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II sind insbesondere die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Gemäß § 3 Abs. 2 Alg II-V sind zur Berechnung des Einkommens von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.

Nach diesen Regelungen ist das Sozialgericht in der angegriffenen Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei den Aufwendungen für die Ausbildung zur Stimmtherapeutin um notwendige Betriebsausgaben im Sinne des § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II handelt.

Dem Sozialgericht ist zwar zuzugeben, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes unter Berücksichtigung des steuerrechtlichen Begriffes der Betriebsausgaben die Aufwendungen zur Ausbildung als Stimmtherapeutin steuerrechtlich wohl berücksichtigungsfähig wären. Auch ist der Klägerin und dem ihrer Argumentation folgenden Sozialgericht wohl zuzugeben, dass die von ihr absolvierte Ausbildung zur Stimmtherapeutin durchaus sinnvoll erscheinen mag, um sich weitere berufliche Tätigkeitsfelder erschließen zu können.

Entscheidend für den hier geltend gemachten Anspruch ist allerdings die Rechtslage im Sozialrecht.

Das Bundessozialgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 19. Juni 2012 (B 4 AS 163/11 R, Rn. 19, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris) ausgeführt, dass im Sozialrecht durch § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II ein engerer Rahmen gesetzt wird als im Steuerrecht nach § 9 Abs. 1 S. 1 Einkommenssteuergesetz (EStG). So sehe § 11 SGB II die Notwendigkeit der Kosten zur "Erzielung des Einkommens" vor, während im Einkommensteuerrecht auf die "Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" abgestellt würde. Zudem seien im Sozialrecht nur "notwendige Ausgaben" privilegiert, während es im Steuerrecht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ausreiche, wenn die Aufwendungen durch den Beruf des Steuerpflichtigen "veranlasst" seien. Sei der Begriff der Werbungskosten danach grundsätzlich im Steuerrecht weiter als die durch § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II eröffneten Absetzungsmöglichkeiten, könne sich andererseits gleichwohl im Einzelfall ein weiteres Verständnis dadurch ergeben, dass dies durch ein zentrales Anliegen des Gesetzes, den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen, gefordert wird. In Anwendung dieser Rechtsprechung haben das Landessozialgericht Baden-Württemberg (mit Urteil vom 27. Februar 2014, L 12 AS 4836/12, Rn. 24) und das Landessozialgericht Hamburg (Urteil vom 4. Februar 2015, L 4 AS 394/13, jeweils mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris) klargestellt, dass bei der Notwendigkeit der Ausbildungskosten auf die tatsäch-lich erfolgte Tätigkeit und dem daraus erzielten Einkommen abzustellen sei. Der erkennende Senat hat ebenfalls mit Urteil vom 4. Dezember 2014 (L 29 AS 1501/11, Rn. 42, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris) für Recht erkannt, dass im Rahmen von § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Alg II-V eine konkrete betriebsbezogene Betrachtung geboten ist und daher beispielsweise Verluste aus der Ausübung eines Gewerbebetriebes nicht auf einen anderen Gewerbebetrieb übertragen werden können.

Unter Berücksichtigung der oben genannten Regelungen und Rechtsprechung erscheint daher eine Berücksichtigung der Ausbildungskosten zur Stimmtherapeuten nicht als notwendige Ausgabe im Sinne von § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II und § 3 Abs. 2 Alg II-V. Wie bereits das Sozialgericht Berlin in dem Verfahren der Klägerin auf einstweiligen Rechtsschutz (S 126 AS 13595/15 ER) mit Beschluss vom 24. Juli 2015 zutreffend ausgeführt hat, ist die Ausbildung zur Stimmtherapeutin für die Ausübung des Berufs als Schauspielerin nicht notwendig. Es handelt sich sogar um Tätigkeiten in verschiedenen Berufsfeldern. Der Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit als Schauspielerin dem künstlerisch/musischen Bereich zuzurechnen ist und die Tätigkeit als Stimmtherapeuten im Gesundheitsbereich liegt. Diese Ansicht und Entscheidung wurde durch den 5. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im anschließenden Beschwerdeverfahren (L 5 AS 1940/15 B ER) mit Beschluss vom 9. September 2015 bestätigt. Insoweit wird auf die den Beteiligten bekannten Ausführungen in dem Beschluss vom 24. Juli 2015 verwiesen und von einer erneuten Darstellung gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.

Es erscheint vorliegend unter Berücksichtigung der Zielsetzung des SGB II auch nicht geboten, die steuerrechtliche Betrachtungsweise anzuwenden. Unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Wertung des Gesetzgebers, im Rahmen der Leistungen nach dem SGB II den Absetzungsbereich für Kosten enger zu fassen, als in den steuerrechtlichen Regelungen, kann ein erweiterter Absetzungsbereich der Kosten allenfalls dann geboten sein, wenn ansonsten die Erzielung der Einkünfte für die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit gefährdet wäre. Dies ist vorliegend allerdings nicht ersichtlich. Zwar hat die Klägerin angegeben, ihre Aufträge als Schauspielerin seien rückläufig gewesen. Dem konnte jedoch durch die Ausbildung zur Stimmtherapeutin nicht entgegengewirkt werden. Wie die Klägerin selbst zutreffend ausgeführt hat, eröffnet ihr die Ausbildung zur Stimmtherapeutin vielmehr ein weiteres berufliches Standbein und dient nicht ihrer Tätigkeit als Schauspielerin.

Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Bereich der Berufsausbildung und Weiterbildung und damit auch die Tragung der Kosten hierfür nach der Systematik des SGB II in den § 16 SGB II als Leistung zur Eingliederung fallen und es sich hierbei um eine Ermessensleistung des Beklagten handelt. Vorliegend hatte die Klägerin im Vorfeld eine solche Leistung bei dem Beklagten erfolglos begehrt und anschließend letztlich vorgeschlagen, die Kosten für die Weiterbildung selbst zu tragen. Würden nun im Rahmen der Leistungsbewilligung die tatsächlich entstandenen Weiterbildungskosten als Absetzungsbeträge nach § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II anerkannt, so würde die Regelung des § 16 SGB II und der mit ihr dem Beklagten eingeräumte Ermessensspielraum ins Leere laufen. Denn auch bei einer Ablehnung einer Förderung nach § 16 SGB II müsste der Beklagte die Kosten indirekt über die Berücksichtigung als Absetzungsbeträge im Rahmen der Leistungsbewilligung tragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved