S 23 AS 3797/18 ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 AS 3797/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 2. bis 30. November 2018 in Höhe von 689,20 Euro monatlich sowie für den Zeitraum 1. Dezember 2018 bis 31. Januar 2019 in Höhe von 574,20 Euro monatlich zu gewähren. 2. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Gründe:

Der Antrag der Antragstellerin auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten für die von ihr bewohnte Wohnung in der H. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 SGG ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund (das heißt die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (das heißt ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die Leistungen) glaubhaft gemacht wird (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Ein Anspruch ist glaubhaft gemacht, sofern eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der vorgetragene Sachverhalt zutrifft (BGH, Beschl. v. 11.9.2003, IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139-147, juris Rn. 8).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch im tenorierten Umfang glaubhaft gemacht.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft werden vom Antragsgegner nach der Fachanweisung zu § 22 SGB II in der Neufassung zum 1.1.2018 (Gz. SI 224 / 113.20-3-1-3 – im Folgenden Fachanweisung) sowie in der Arbeitshilfe zu § 22 SGB II, § 35 SGB XII und § 42a SGB XII Kosten der Unterkunft und Heizung (Gz. SI 211/113.20-3-1-3; 112.22-1-1-10 – im Folgenden Arbeitshilfe) bewertet. Lediglich im Wege einer Presseerklärung hat die Behörde als zuständiger kommunaler Träger mitgeteilt, dass die Werte zum 1. März 2018 aufgrund der Veröffentlichung des Mietenspiegels 2017 weiter erhöht wurden (https://www.hamburg.de/leistungen-hilfen/1016372/kosten-der-unterkunft/ Stand 4.12.2018). Für einen Ein-Personen-Haushalt wie den der Antragstellerin ist eine maximale Wohnfläche von 50m² und nunmehr eine monatliche Bruttokaltmiete in Höhe von 481 Euro vorgesehen. Zusätzlich werden die Heizkosten und die Wasserkosten in tatsächlicher Höhe übernommen. Eine Anpassung der Fachanweisung bzw. der Arbeitshilfe auf Grundlage der Daten des Mietenspiegels 2017 ist bislang noch nicht erfolgt.

Die tatsächlichen Kosten der 82,6 m² großen Wohnung der Antragstellerin setzen sich zusammen aus einer Nettokaltmiete von 609,59 Euro, einer Betriebskostenvorauszahlung von 165 Euro und einer Heizkostenvorauszahlung von 115 Euro bis einschließlich November 2018. Nach der Erdgasabrechnung vom 12. Februar 2018 ist für Dezember 2018 kein Abschlag fällig. Für Januar 2019 soll eine neue Rechnung erfolgen. Die Abschlagszahlung für Wasser (Versorgung und Abwasser) beträgt ausweislich des im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Abschlagsplans vom 6. März 2018 monatlich 31 Euro. Insgesamt fallen daher Kosten in Höhe von 920,59 Euro monatlich an, die über dem vom Antragsgegner grundsätzlich als angemessen festgelegten Wert von insgesamt 627 Euro (Bruttokaltmiete 481 Euro zuzüglich Wasserkosten in tatsächlicher Höhe von 31 Euro und Heizkosten in tatsächlicher Höhe von 115 Euro) liegen. Auch die als angemessen bewertete Wohnungsgröße von 50 m² wird überschritten.

Der Antragsgegner berücksichtigte zuletzt mit Bescheid vom 29. Oktober 2018 für den Monat März 2018 Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 645 Euro (Grundmiete 316 Euro, Heizkosten 115 Euro, Nebenkosten 214 Euro), für die Monate April bis November 2018 596 Euro (Grundmiete 316 Euro, Heizkosten 115 Euro und Nebenkosten 165 Euro), für die Monate Dezember 2018 und Januar 2019 hingegen lediglich 481 Euro (Grundmiete 316 Euro, Nebenkosten 165 Euro).

Der Antragsgegner hat die Antragstellerin am 25. Februar 2014 nach Auszug ihres jüngsten Kindes im Rahmen eines Gespräches darauf hingewiesen, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung zu hoch sind und die Antragstellerin aufgefordert, die Kosten zu senken. Ein entsprechendes Hinweisschreiben wurde der Antragstellerin ausgehändigt.

Ein Anspruch der Antragstellerin auf Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten ergibt sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass es ihr in der Zeit seit Februar 2014 nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist, die Unterkunftskosten zu senken.

Die Antragstellerin hat bereits gegenüber dem Antragsgegner aber auch im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens auf ihre psychische Erkrankung hingewiesen, die ihr einen Umzug bislang unmöglich gemacht hätte. Einen Nachweis über die Erkrankung z.B. in Form eines ärztlichen Attests hat die Antragstellerin jedoch bislang nicht vorgelegt. Es fehlt daher an einer hinreichenden Glaubhaftmachung der Tatsache. Erst im Rahmen des laufenden Verfahrens hat die Antragstellerin nachgewiesen, dass der Vermieter keine Erlaubnis zur Untervermietung erteilt hat (vgl. Schreiben v. 6.11.2018, Bl. 46 d. A.). Die Ablehnung sei zuvor bereits telefonisch erfolgt. Aufgrund des Schufaeintrags sei eine Neuanmietung nicht möglich. Weitere Nachweise, aus denen sich schließen lässt, dass es der Antragstellerin seit Februar 2014 bis heute nicht möglich gewesen sei, die Unterkunftskosten zu senken, liegen hingegen nicht vor.

Die Antragstellerin hat daher nur einen Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung.

Der Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der sozialgerichtlichen Kontrolle. Die zunächst abstrakt zu bestimmende Angemessenheit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Rahmen eines schlüssigen Konzepts zu ermitteln. Nach der sog. Produkttheorie ist abzustellen auf das Produkt aus angemessener Wohnungsgröße und angemessenem Wohnstandard. Für die Ermittlung der angemessenen Wohnungsgröße sind die landesrechtlichen Bestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus heranzuziehen. Hinsichtlich des Wohnstandards ist dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher, im unteren Segment liegender Ausstattungsstandard zuzubilligen. Zur Bestimmung der Angemessenheit des Mietzinses sind als Vergleichsmaßstab regelmäßig die konkreten örtlichen Gegebenheiten am Wohnort zu ermitteln und zu beachten, wofür in erster Linie auf entsprechende Mietenspiegel bzw. Mietdatenbanken zurückzugreifen ist (vgl. BSG, Urt. v. 10.9.2013, B 4 AS 77/12 R; BSG, Urt. v. 23.8.2011, B 14 AS 91/10 R; BSG, Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 70/08 R; BSG, Urt. v. 19.2.2009, B 4 AS 30/08 R; BSG, Urt. v. 15.4.2008, B 14/7b AS 34/06; BSG, Urt. v. 27.2.2008, B 14/7b AS 70/06 R; BSG, Urt. v. 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R und B 7b AS 18/06 R).

Der Antragsgegner bzw. (leer) hat vor diesem Hintergrund die Fachanweisung und Arbeitshilfe entwickelt. Zwar entfaltet die Fachanweisung nur verwaltungsinterne Bindungswirkung, sie wird jedoch im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Grundgesetz sowie dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung grundsätzlich vom Gericht bei der Ermittlung der angemessenen Werte berücksichtigt.

Das Gericht hat jedoch Zweifel daran, dass die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung auf einer hinreichenden Grundlage ermittelt wurde und somit den insbesondere in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konkretisierten Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genügt. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutz notwendigen vorläufigen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Ermittlung der angemessenen Wohnungsgröße den vom BSG aufgestellten Anforderungen genügt. Gleiches gilt für die Berechnungsweise der Netto-Miethöchstwerte in der Fachanweisung (vgl. LSG Hamburg, Beschl. v. 25.1.2017, L 4 AS 13/17 B ER, LSG Hamburg, Beschl. v. 5.4.2012, L 4 AS 90/12 B ER, L 4 AS 91/12 B PKH). Die in der Arbeitshilfe bzw. im Internet veröffentlichten Höchstwerte ergeben sich aus dem Produkt der durchschnittlichen Nettokaltmiete laut Mietenspiegel 2017 in normalen Wohnlagen und den Wohnflächenhöchstwerten für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Dabei wird in der Fachanweisung seit dem 1. April 2012 eine Differenzierung nach Baualtersklassen, wie sie im Hamburger Mietenspiegel vorgesehen ist, nicht mehr vorgenommen. Stattdessen wird in der Fachanweisung nunmehr ein Mittelwert der Nettomietkosten für alle Baualtersklassen gebildet. Dieser Mittelwert wird errechnet, indem die Mittelwerte für die einzelnen Baualtersklassen zugrunde gelegt werden und zwar danach gewichtet, in welcher Anzahl Wohnungen der jeweiligen Baualtersklasse auf dem Wohnungsmarkt in Hamburg tatsächlich vorhanden sind.

Das Bundessozialgericht erachtet allerdings die Bestimmung einer angemessenen Nettokaltmiete nicht für ausreichend, sondern hält für die Definition der Angemessenheitsgrenze eine genau zu benennende Bruttokaltmiete, die sich aus der Nettokaltmiete und den kalten Betriebskosten zusammensetzt, für erforderlich (vgl. insbesondere den Beschluss vom 2.4.2014, B 4 AS 17/14 B). Ein Abstellen auf die Nettokaltmiete ist auch dann nicht zulässig, wenn in der Regel durch einen Leistungsträger die Betriebskosten in voller Höhe übernommen werden. Nur dieses Vorgehen gewährleiste für den Leistungsberechtigten die Möglichkeit, innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei zu wählen und die Möglichkeiten der Produkttheorie voll ausschöpfen zu können.

Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die im Rahmen der angemessenen Kosten berücksichtigten kalten Betriebskosten in einer Art und Weise festgelegt hat, die den durch die Rechtsprechung konkretisierten Anforderungen genügt. Dies betrifft insbesondere den Inhalt der erhobenen Daten, die Repräsentativität des Umfangs der berücksichtigten Daten und die Aktualität der erhobenen Daten.

Die vom Antragsgegner als kalte Betriebskosten in die Berechnung einbezogenen Kostenarten dürften vor dem Hintergrund der BSG-Rechtsprechung unvollständig sein. Die im Rahmen der kalten Betriebskosten zu erfassenden Kosten ergeben sich aus § 2 der Betriebskostenverordnung (vgl. BSG Urt. v. 19.2.2009, B 4 AS 48/08 R) mit Ausnahme der Heizkosten, die schon nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 SGB II gesondert zu übernehmen sind. Zu den nach § 2 BetrKV zu berücksichtigenden Kosten gehören nach dessen Nr. 2 und 3 insbesondere auch die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung. Nach Ziff. 5.2. der Fachanweisung werden die Wasserkosten in tatsächlicher Höhe übernommen. Sie sind demnach nicht Bestandteil des vom Antragsgegner ermittelten Werts der im Rahmen der Produkttheorie berücksichtigten kalten Betriebskosten.

Weitere Zweifel bestehen vor dem Hintergrund der Repräsentativität des Umfangs der vom Antragsgegner berücksichtigten Daten. Nach Auskunft der B. wurden die kalten Betriebskosten auf Grundlage des Betriebskostenspiegels des Mietervereins zu Hamburg von September 2016 berechnet. Der Betriebskostenspiegel basiert nach einem dem Gericht bekannten Schreiben vom 23. Juli 2018 auf 500 Datensätzen zu 6.000 Wohnungen in Hamburg. Vor dem Hintergrund, dass der Hamburger Mietenspiegel auf 11.733 Datensätzen beruht, bestehen zumindest Zweifel daran, dass es sich hierbei um eine hinreichende repräsentative Datengrundlage handelt.

Schließlich bestehen auch vor dem Hintergrund der Aktualität der Daten zum Betriebskostenspiegel Zweifel an der Zulässigkeit der Verwendung. Wie bereits ausgeführt, beruhen die Daten auf dem Betriebskostenspiegel des Mietervereins zu Hamburg von September 2016, der auf Daten aus dem Abrechnungsjahr 2014 beruht, die in den Jahren 2015 und 2016 erhoben wurden (https://www.mieterverein-hamburg.de/export/sites/default/.content/dokumente/betriebskostenspiegel/betriebskostenspiegel-hamburg-2014.pdf Stand 4.12.2018). Schlüssige Konzepte sind regelmäßig nach Ablauf einer Zweijahresfrist nach Datenerhebung, Datenauswertung und deren Inkraftsetzen zu überprüfen und gegebenenfalls fortzuschreiben (vgl. BSG, Urt. v. 12.12.2017, B 4 AS 33/16, juris Rn. 20ff.). Eine Anpassung an den seit Januar 2018 veröffentlichten neuen Betriebskostenspiegel des Mietervereins zu Hamburg (https://www.mieterverein-hamburg.de/export/sites/default/.content/dokumente/betriebskostenspiegel/BKS AJ2015 Hamburg.pdf Stand 4.12.2018) hat jedoch – soweit bekannt – nicht stattgefunden.

Bis zum Vorliegen eines den obigen Anforderungen entsprechenden schlüssigen Konzepts ist die angemessene Bruttokaltmiete daher anhand der – maßvoll zu erhöhenden – Tabellenwerte nach § 12 des Wohngeldgesetzes (WoGG) zu bestimmen.

Ein Rückgriff auf die Werte des WoGG kommt immer dann in Betracht, wenn Erkenntnismöglichkeiten und mittel zur Festlegung der von dem SGB II-Träger zu tragenden angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach einem schlüssigen Konzept nicht mehr vorhanden sind (vgl. BSG, Urt. v. 10.9.2013, B 4 AS 4/13 R; LSG Hamburg, Beschl. v. 25.1.2017, L 4 AS 13/17 R). Es kann dahin stehen, ob ausreichend Erkenntnismöglichkeiten vorhanden sind, um die kalten Betriebskosten ohne die Kosten der Wasserversorgung und -entsorgung zu berechnen (so LSG Hamburg aaO.). Denn zumindest für Kosten der Wasserversorgung und -entsorgung liegen keine hinreichenden Erkenntnisquellen vor. Hiervon geht auch B. B. in dem bereits genannten Schreiben vom 23. Juli 2018 aus. Dort heißt es:

"Eine Einbeziehung von Wasserkosten in die Bruttokaltmietenangemessenheitsgrenze erfordert die statistische Auswertung von validen Daten für die Wasserkosten pro qm. In Hamburg sind Wasserkosten aber bislang noch nicht in die Gesamtangemessenheitsgrenze eingeflossen, da für deren Festsetzung im Rahmen der Angemessenheitsprüfung noch keine ausreichenden Datenerhebungen vorliegen, auf die zurückgegriffen werden kann. Der Betriebskostenspiegel des Mietervereins weist nur einen Schätzwert für Wasser aus."

Auch im Methodenbericht zum Mietenspiegel 2017 werden die Kosten für Kaltwasser nicht berücksichtigt, da ein Großteil der Haushalte diese direkt mit dem Versorger abrechnet. So wurden im Rahmen der Datenerhebung zum Hamburger Mietenspiegel neben den Nettokaltmieten zwar auch die monatlichen Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten und die Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser erfasst. Eine Erhebung der Wasserkosten sowie der tatsächlich gezahlten Betriebskosten gemäß der Betriebskostenabrechnungen erfolgte hingegen nicht, sondern lediglich eine Erhebung der am Stichtag der Datenerhebung gezahlten Vorauszahlung (S. 27, Hamburger Mietenspiegel 2017, Grundlagendaten für den empirischen Hamburger Mietenspiegel 2017, Februar 2018, abrufbar unter https://www.hamburg.de/contentblob/10853468/70a4eb8789b6834ab 6d22efcff9035d1/data/d-mietenspiegel-methodenbericht-2017.pdf Stand 4.12.2018). Dort wo statistische Daten zur Bestimmung gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwar grundsätzlich zulässig, auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten (und dabei vorrangig auf örtliche Übersichten) zurückzugreifen und auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl. BSG, Urt. v. 22.8.2012, B 14 AS 13/12 R, juris Rn. 27). Eine regionale Übersicht existiert nicht. Im aktuellen Betriebskostenspiegel des Mietervereins zu Hamburg wurden die Wasserkosten nur geschätzt. Im Hinblick auf die Wasserkosten auf den bundesweiten Betriebskostenspiegel zurückzugreifen, dürfte hingegen schon deswegen nicht zulässig sein, weil sich die Kosten für Wasser zwischen den Bundesländern extrem unterscheiden (vgl. beispielsweise Kosten in den Jahren 2014-2016 für einen Ein-Personen-Haushalt: Berlin 149 Euro/Kalenderjahr, Nordrhein-Westfalen 288 Euro/Kalenderjahr, Hamburg 226 Euro/Kalenderjahr https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Umwe lt/Wasserwirtschaft/Tabellen/Entgelt Trinkwasserversor Tarifgeb nachTariftypen2014 2016 Land Bund.html Stand 4.12.2018).

Bis zu einer Erarbeitung eines Konzepts, das den Anforderungen des Bundessozialgerichts genügt, hält es das Gericht daher angesichts der Bedeutung des innegehabten Wohnraums und zur Vermeidung von Umzügen, die sich später als unnötig erweisen, für erforderlich, die Unterkunftskosten bis zur Höhe der durch einen Zuschlag von 10% erhöhten Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zu übernehmen (vgl. BSG, Urt. v. 19.10.2010, B 14 AS 15/09 R; BSG, Urt. v. 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R; BSG, Urt. v. 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R,). Zwar wurden die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes zum 1. Januar 2016 angepasst. Da der Antragsgegner selbst auf Grundlage der Mietenspiegel seit 2016 den angemessenen Wert der berücksichtigten Nettokaltmiete um rund 12% erhöht hat (von 348,50 Euro im Jahr 2016 auf 391 Euro im Jahr 2018), dürfte auch im Hinblick auf die aktuellen Werte der Wohngeldtabelle ein Zuschlag von 10% angemessen sein. Die Tabelle des § 12 Abs. 1 WoGG sieht für einen Ein-Personen-Haushalt der für Hamburg geltenden Mietstufe VI einen Höchstbetrag von 522,00 Euro für die Bruttokaltmiete vor. Unter Berücksichtigung des Zuschlags von 10% errechnet sich damit die Obergrenze von 574,20 Euro. Hinzu kommt im Monat November 2018 der Bedarf für Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 115 Euro monatlich, insgesamt also der tenorierte Betrag von 689,20 Euro. Für die Monate Dezember 2018 und Januar 2019 ist die Höhe der Heizkostenvorauszahlung noch nicht bekannt, so dass derzeit keine Erhöhung um eine Heizkostenvorauszahlung in Betracht kommt. Die Beteiligten werden jedoch bereits jetzt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei Vorlage der Heizkostenabrechnung und des neuen Abschlagsplans, die tatsächlichen Zahlen zu berücksichtigten sind.

Der Anordnungsgrund ergibt sich aus dem existenzsichernden Charakter der begehrten Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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