S 17 SO 191/19 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
17
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 17 SO 191/19 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 91/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Dem Bundesverfassungsgericht wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, S. 3155) mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar, soweit Unionsbürger, bei denen das Nichtbestehen der Freizügigkeit zwar festgestellt ist, diese Feststellung aber noch nicht in Bestandskraft erwachsen ist, vollständig von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind.
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.

2. Dem Bundesverfassungsgericht wird folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt: Ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, S. 3155) mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar, soweit Unionsbürger, bei denen das Nichtbestehen der Freizügigkeit zwar festgestellt ist, diese Feststellung aber noch nicht in Bestandkraft erwachsen ist, vollständig von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind.

Tatbestand:

Die Antragsteller begehren die Gewährung von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt vorrangig nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die 1973 geborene Antragstellerin zu 1) reiste am 1. März 2010 mit ihrem damaligen Ehemann, F.A. (geb. 19074), sowie ihren Kindern G., H. (geb. 1994), J. (geb. 1995), K. (geb. 1998), L. (geb 2001), D. - Antragsteller zu 4) - (geb. 2002) und B. - Antragsteller zu 2) - (geb. 2005) aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihr Sohn C. - Antragsteller zu 3) - wurde 2010 in Deutschland geboren. Die Antragsteller zu 1) bis 4) sind nach der eingeholten Einwohnermeldeamtsauskunft seit dem 1. März 2010 durchgehend in Deutschland gemeldet und besitzen nur die rumänische Staatsbürgerschaft. Einer Erwerbstätigkeit ist die Antragstellerin bislang nicht nachgegangen.

Seit November 2012 bezog die Familie A. Leistungen nach dem SGB II von der Beigeladenen, der ProArbeit-Kreis Offenbach, Kommunales Jobcenter, Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Am 1. Mai 2013 zog der Ehemann der Antragstellerin aus der gemeinsamen Wohnung aus; im Jahr 2014 oder 2015 erfolgte nach Angaben der Antragstellerin die Scheidung in Rumänien.

Bei K. stellte das Hessische Amt für Versorgung und Soziales Frankfurt mit Bescheid vom 24. Februar 2013 einen Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G", "B" und "H" fest aufgrund Einschränkungen der geistigen Leistungsfähigkeit. Seit dem 1. Februar 2018 wird er in der Werkstatt für behinderte Menschen, Werkstätten M., betreut (Träger der Maßnahme: Agentur für Arbeit Offenbach am Main) und erhält dort ein Taschengeld von 50 EUR/Monat. Für ihn ist ein gesetzlicher Betreuer bestellt, der, soweit dem Gericht bekannt, für K. keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) oder SGB XII beantragt hat.

Die Antragsteller zu 2) und 4) besuchen seit dem 12. August 2014 die N-Schule, N-Stadt (Förderschule mit Förderschwerpunkt Lernen), der Antragsteller zu 2) voraussichtlich bis zum 31. Juli 2022 (Schulbescheinigung vom 14. Februar 2019) und der Antragsteller zu 4) voraussichtlich bis zum 31. Juli 2020 (Schulbescheinigung vom 10. April 2019).

Der Antragsteller zu 3) besucht seit dem 1. August 2018 bis voraussichtlich 31. Juli 2022 die O.schule (Grundschule) (Schulbescheinigung vom 27. November 2019).

Zum 1. Januar 2018 mietete die "Familie A." von der Katholischen Pfarrgemeinde P., A-Stadt, eine Wohnung (Haus) von 110 qm an für 650 EUR Kaltmiete, zzgl. 250 EUR Vorauszahlung für Betriebskosten. Dort wohnen aktuell die Antragsteller zu 1) bis 4), K. sowie H. mit seiner Ehefrau und ihren drei Kleinkindern.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2018 bewilligte die Beigeladene für die Zeit vom 1. Februar 2018 bis 31. Januar 2019 Leistungen nach dem SGB II für die Antragstellerin zu 1), die Antragsteller zu 2) und 4) sowie die Söhne J., K. und L. in Höhe von monatlich insgesamt 1.995,68 EUR. Der Berechnung lag ein Gesamtbedarf von 3.403,68 EUR zugrunde, der sich zusammensetzte aus dem Hilfebedarf der Antragstellerin von 747,22 EUR (Regelbedarf: 416,00 EUR; Zuschlag für Alleinerziehende: 199,66 EUR; anteilige Miete: 92,86; anteilige Betriebskosten: 17,86 EUR; anteilige Heizkosten: 17,86 EUR). Für den Antragsteller zu 2) wurde ein Hilfebedarf von 424,58 EUR zugrunde gelegt (Regelbedarf: 256,00 EUR; anteilige Miete: 92,66 EUR; anteilige Betriebskosten: 17,86 EUR; anteilige Heizkosten: 17,86 EUR); für den Antragsteller zu 3) von 424,52 EUR (Regelbedarf: 296,00 EUR; anteilige Miete: 92,84 EUR; anteilige Betriebskosten: 17,84 EUR; anteilige Heizkosten: 17,84 EUR) und für den Antragsteller zu 4) von 444,58 EUR (Regelbedarf: 316,00 EUR; anteilige Miete: 92,86 EUR; anteilige Betriebskosten: 17,85 EUR; anteilige Heizkosten: 17,85 EUR). Dem stand anrechenbares Einkommen in Höhe von insgesamt 1.408 EUR gegenüber (Kindergeld für sechs Kinder (insgesamt 1263 EUR), Unterhaltsvorschuss für den Antragsteller zu 3) in Höhe von 205 EUR, abzüglich zweier Versicherungspauschalen von jeweils 30 EUR). Der Antragsteller zu 3) konnte seinen Bedarf aufgrund des Unterhaltsvorschusses sowie des Kindergeldes decken und erhielt deshalb keine Leistungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 23. Januar 2018 Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 14. März 2018, zugestellt an den damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin, stellte die Ausländerbehörde des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin den Verlust der Freizügigkeit fest und verfügte für die Antragstellerin: "1. Das Nichtbestehen des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU) wird gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU bei Ihrer o.g. Mandantin festgestellt. 2. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ist sie verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. 3. Sollte sie dieser Ausreiseverpflichtung nicht spätestens 3 Monate nach Bestandskraft dieser Verfügung nachgekommen sein, wird ihr hiermit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU die Abschiebung aus dem Bundesgebiet nach Rumänien angedroht. Nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU i.V.m. § 59 Abs. 2 AufenthG (Aufenthaltsgesetz) kann sie auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, wenn sie in diesen einreisen darf oder dieser Staat zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist." Zur Begründung heißt es in dem Bescheid: "Ihre Mandantin ist erstmals am 01.03.2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Eine Erwerbstätigkeit hat sie nach dem Kenntnisstand meiner Behörde seitdem nicht ausgeübt. Insbesondere konnte trotz Aufforderung keine aktuelle Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU verleiht freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Freizügigkeitsberechtigt sind: 1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, 2. Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, 3. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), 4. Dienstleistungserbringer, 5. Empfänger von Dienstleistungen, 6. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU, 7. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 FreizügG/EU, 8. Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben. Die Voraussetzungen nach der Ziffer 1 erfüllt Ihre Mandantin ausweislich hiesiger Ausländerakte nicht, da sie trotz Aufforderung keine Nachweise über die Ausübung einer Beschäftigung vorgelegt hat. Eine aktive Arbeitssuche hat Ihre Mandantin nicht nachgewiesen. Damit erfüllt sie die Voraussetzungen nach Ziffer 2 nicht. Weiterhin erfüllt Ihre Mandantin die Voraussetzungen zu Nr. 3 und 4 nicht, da meiner Behörde nicht bekannt ist, dass sie derzeit einer selbständigen Arbeit nachgeht. Empfängerin von Dienstleistungen nach Ziffer 5 wäre sie gemäß Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU Nr. 2.2.4 nur, wenn sie zum Beispiel nur vorübergehend als Touristin eingereist wäre, was nicht zutreffend ist, da sie im Bundesgebiet ihren Hauptwohnsitz angemeldet hat. Die Voraussetzungen der Ziffer 6 würde Ihre Mandantin nur erfüllen, wenn sie gemäß § 4 FreizügG/EU über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes verfügen würde. Die(s) ist nicht der Fall, da sie und ihre Familienangehörigen sonst kein Arbeitslosengeld II in Höhe von rund 2.300,- EUR monatlich beziehen würden. Familienangehörige, von denen Ihre Mandantin nach der Ziffer 7 ein Aufenthaltsrecht ableiten könnte, sind meiner Behörde nicht bekannt. Ihr Ehemann F.A. sowie ihre Söhne H.A., J.A., K.A., D.A., B.A. und C.A. erfüllen die Voraussetzungen für ein Recht auf Freizügigkeit derzeit ebenfalls nicht. Ein Daueraufenthaltsrecht gem. § 4 a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU nach der Ziffer 8 hat Ihre Mandantin nicht erworben. Voraussetzung hierfür wäre, dass sie sich fünf Jahre ständig rechtmäßig im Sinne der Richtlinie (RL) 2004/38/EG im Bundesgebiet aufgehalten hat. Der Aufenthalt wäre gemäß Art. 7 RL 2004/38/EG rechtmäßig gewesen, wenn sie erwerbstätig gewesen ist, sich in einer Ausbildung befunden hat, über ausreichende Existenzmittel zur Sicherung des Lebensunterhalts und ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügt hätte, oder Familienangehörige eines Unionsbürgers wäre, der die genannten Voraussetzungen 5 Jahre lang erfüllt hätte. Nach dem Kenntnisstand meiner Behörde hat sich Ihre Mandantin zu keinem Zeitpunkt fünf Jahre lang ständig rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift im Bundesgebiet aufgehalten. Insbesondere wurden trotz Aufforderung im Rahmen der Anhörung vom 04.07.2017 keine Nachweise über ein evtl. Daueraufenthaltsrecht vorgelegt. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt werden, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen. Die Fünfjahresfrist bezieht sich darauf, dass nach Ablauf eines rechtmäßigen fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU erworben wird. Die Möglichkeit zur Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU erlischt mit dem Entstehen eines solchen Daueraufenthaltsrechts, wonach Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht) haben. Dieser Formulierung in § 4a Abs. 1, Satz 1 FreizügG/EU "unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2" ist zu entnehmen, dass nicht jeder nach nationalem Recht rechtmäßige Aufenthalt hierfür ausreicht, sondern das Entstehen des Daueraufenthaltsrechts an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizüG/EU anknüpft und nur ein einmal entstandenes Daueraufenthaltsrecht durch einen späteren Wegfall der Voraussetzungen nicht mehr berührt wird (so auch zu Art. 16 und Art. 7 der RL 2004/38/EG, EuGH, Urteil v. 21.12.2011, Rs. C 424/10 u.a. - juris). Das Entstehen dieses Daueraufenthaltsrechts setzt daher (bereits unionsrechtlich) voraus, dass der Betroffene während einer Aufenthaltszeit von mindestens 5 Jahren ununterbrochen die Freizügigkeitsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG – die in §§ 2 ff. FreizügG/EU umgesetzt wurden – erfüllt hat (siehe zu alledem BVerwG, Urteil v. 16.07.2015, Az. 1 C 22/14 – juris Rn 17; BVerwG, Urteil v. 31.05.2012, Az. 10 C 8.12 – juris). Ihre Mandantin hält sich seit dem 01.03.2010 und damit auch länger als 5 Jahre im Bundesgebiet auf. Dazu, dass sie über einen zumindest fünfjährigen ununterbrochenen Zeitraum freizügigkeitsberechtigt war und somit 5 Jahre ununterbrochen die Voraussetzungen einer der Tatbestände des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU erfüllte, ist, wie bereits dargelegt, weder etwas vorgetragen, noch in sonstiger Weise für meine Behörde erkennbar. Der im Tenor gewählte Wortlaut der Feststellung des "Nichtbestehens des Rechts auf Einreise und Aufenthalt" war erforderlich, damit Ihre Mandantin gemäß § 7 Abs. 1 FreizügG/EU zur Ausreise verpflichtet ist. Regelungen zur Einreise sollen von dieser Verfügung ausdrücklich nicht getroffen werden. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU um eine Ermessenentscheidung, allerdings sind im Falle Ihrer Mandantin überragende persönliche Belange – die der getroffenen Entscheidung entgegenstehen könnten – nicht ersichtlich. Sie ist erstmals am 01.03.2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, bislang zu keinem Zeitpunkt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen und zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes auf Arbeitslosengeld II angewiesen. Eine nachhaltige Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland ist nicht erkennbar. Vielmehr lässt die Erwerbsbiographie ihrer Mandantin vermuten, dass sie auch weiterhin in nicht zu vernachlässigender und unangemessener Höhe Sozialleistungen beziehen wird. Die Behinderung ihres Sohnes K.A., dessen Betreuung sie sicherstellt, kann ebenfalls nicht zu einer anderen Entscheidung führen, da sie diese Betreuungsleistung auch in ihrem Heimatland Rumänien erbringen könnte, zumal auch bei ihm mit Verfügung vom heutigen Tage der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt festgestellt wurde. Sofern einer der minderjährigen Söhne Ihrer Mandantin voraussichtlich in diesem Jahr seinen Schulabschluss absolvieren wird, so hat meine Behörde dies im Rahmen der großzügig bemessenen Ausreisefrist berücksichtigt. Da die Voraussetzungen des FreizügG/EU auf Ihre Mandantin nicht zutreffen, richtet sich der weitere Aufenthalt nach dem AufenthG. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Schon diese allgemeine Erteilungsvoraussetzung für einen Aufenthaltstitel erfüllt Ihre Mandantin nicht, da sie sonst kein Arbeitslosengeld II beziehen würde. Unabhängig von der Regelvoraussetzung nach Nr. 1 besteht ein öffentliches Interesse an der Vermeidung einer Belastung der öffentlichen Haushalte (Rn.44 zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, Kommentar Heilbronner; Stand Juni 2011). Der Kreis Offenbach hat u.a. wegen der ständig steigenden Ausgaben für den sozialen Bereich einen defizitären Haushalt. Es kann daher nicht hingenommen werden, dass Ihre Mandantin auch zukünftig ihren Lebensunterhalt nur durch den Bezug von Sozialleistungen bestreiten kann. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen war ebenfalls keine andere Entscheidung möglich. Ihre Mandantin ist erstmals am 01.03.2010 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hat zuvor den weit überwiegenden Teil ihres Lebens vermutlich in ihrem Heimatland Rumänien verbracht, daher ist ihr die Rückkehr dorthin zumutbar. Hierfür wird ihr eine Ausreisefrist von drei Monaten gewährt. Dieser Zeitraum ist ausreichend zur Regelung ihrer persönlichen Belange. Zudem hätte sie jederzeit die Möglichkeit durch den Nachweis der ordnungsgemäßen und tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit ihr Freizügigkeitsrecht in der Bundesrepublik Deutschland wahrzunehmen und wäre dann nicht mehr verpflichtet auszureisen bzw. könnte wieder nach Deutschland zurückkehren."

Dagegen erhob die Antragstellerin am 18. April 2018 Klage vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt (Az.: 6 K 919/18.DA), über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat.

Mit Bescheiden vom 14. März 2018 stellte die Ausländerbehörde des Antragsgegners auch gegenüber den Antragstellern zu 2) bis 4) jeweils fest: "1. Das Nichtbestehen des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU) wird gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU bei Ihrem o.g. Mandanten festgestellt. 2. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU ist er verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. 3. Sollte er dieser Ausreiseverpflichtung nicht spätestens 3 Monate nach Bestandskraft dieser Verfügung nachgekommen sein, wird ihm hiermit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU die Abschiebung aus dem Bundesgebiet nach Rumänien angedroht. Nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU i.V.m. § 59 Abs. 2 AufenthG (Aufenthaltsgesetz) kann er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, wenn er in diesen einreisen darf oder dieser Staat zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist."

Diese erhoben ebenfalls Klagen gegen die Verlustfeststellung vor dem Verwaltungsgericht Darmstadt, die aktuell noch anhängig sind (Az.: 6 K 926/18.DA, 6 K 927/18.DA, 6 K 932/18.DA).

Auch hinsichtlich der übrigen Kinder der Antragstellerin sowie des geschiedenen Ehemannes erfolgte eine entsprechende Verlustfeststellung durch die Ausländerbehörde des Antragsgegners.

Am 18. Mai 2018 stellte die Beigeladene die Zahlung von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit sofortiger Wirkung auf der Grundlage des § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 331 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) vorläufig ein. Seit dem 14. März 2018 bestehe kein Leistungsanspruch mehr. Mit dem Verlust des Freizügigkeitsrechts seien die Antragstellerin und ihre Kinder gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz SGB II nicht mehr leistungsberechtigt.

Daraufhin beantragte die Antragstellerin durch ihre damalige Bevollmächtigte am 11. Juni 2018 für sich und ihre Kinder (mit Ausnahme von J.) Leistungen nach dem SGB XII bei dem Antragsgegner.

Mit Bescheid vom 27. August 2018 lehnte der Antragsgegner Leistungen nach dem SGB XII für die Antragstellerin zu 1), die Antragsteller zu 2) bis 4) und K. ab. Zur Begründung führte er aus, dass seit dem 29. Dezember 2016 in § 23 Abs. 3 SGB XII Leistungsausschlüsse entsprechend § 7 SGB II normiert worden seien, nach denen die dort erfassten Personengruppen keine Leistungen nach Abs. 1 oder dem Vierten Kapitel SGB XII erhielten. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber in § 23 Abs. 3 Satz 3 SGBX II einen eigenen Anspruch für die betroffenen Personen geschaffen. Leistungen seien danach aber grundsätzlich nur als Überbrückungsleistungen bis zur Ausreise zu erbringen und außerdem auf die Dauer von einem Monat begrenzt. Ausgehend von der Gesetzesbegründung wäre daher eine Bewilligung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes hier ausgeschlossen. In Betracht käme daher, ob für die Antragstellerin und deren Kinder vorübergehend bis zur Ausreise Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Frage kommen könnten. Nach dem SGBX II kämen lediglich Überbrückungsleistungen (ein Monat gekürzter Regelbedarf) sowie eine Kostenerstattung für die Fahrkosten nach Rumänien in Betracht.

Dieser Bescheid wurde bestandkräftig.

Mit Bescheid vom 4. Januar 2019 hob die Familienkasse Hessen die Festsetzung des Kindergeldes für die Antragsteller zu 2) bis 4) sowie die Söhne J., K. und L. ab Januar 2019 gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf. Die Voraussetzungen nach § 62 EStG) lägen nicht mehr vor, da sich die Kinder nicht mehr rechtmäßig in Deutschland aufhielten.

Am 11. April 2019 beantragte die Antragstellerin über die Stadt A-Stadt erneut Sozialhilfe nach dem SGB XII für sich und ihre Kinder und erklärte, dass die Antragsteller zu 1) bis 4) abgesehen von dem Unterhaltsvorschuss des Antragstellers zu 3) über kein Einkommen und Vermögen verfügten.

Mit Bescheid vom 12. April 2019 lehnte die Beigeladene den dort bereits zuvor, am 20. Februar 2019, gestellten Antrag der Antragstellerin auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab.

Am 16. Mai 2019 zeigte die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller ihre Vertretung bei dem Antragsgegner an und erkundigte sich nach dem Sachstand. Dazu wurde ihre am 22. Mai 2019 mitgeteilt, dass der Antrag aufgrund des Status "ausreisepflichtig" zuständigkeitshalber an das Sachgebiet Asyl weitergeleitet worden sei. Dieses gab den Antrag in den SGB XII-Bereich zurück, da die Antragsteller nicht vollziehbar ausreisepflichtig seien und somit nicht zum Personenkreis der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gehörten.

Mit Bescheid vom 3. Juli 2019 lehnte der Antragsgegner die Gewährung von laufenden Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) für die Antragstellerin sowie den Antragsteller zu 2) und 3) ab. Mit Bescheid vom 6. Januar 2020 erfolgte die Ablehnung dieser Leistungen für den Antragsteller zu 4). Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus, dass nach der Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit die Antragsteller zu 1) bis 4) nach § 23 Abs. 3 SGB XII von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen sei. Es kämen lediglich Überbrückungsleistungen (ein Monat gekürzter Regelbedarf) sowie Kostenerstattung für die Fahrtkosten nach Rumänien in Betracht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide vom 3. Juli 2019 und 6. Januar 2020 Bezug genommen.

Dagegen legte die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller am 15. August 2019 bzw. 14. Januar 2020 Widerspruch ein. Der Antragsgegner forderte zur Widerspruchsbegründung bis zum 15. September 2019 auf.

Am 21. Oktober 2019 ging u.a. an weiteren Unterlagen bei dem Antragsgegner ein eine Bestätigung des katholischen Pfarramts Q., Q-Stadt, vom 7. März 2019. Danach gebe die Gemeinde "dann und wann Geld (geben) - vor allem aber Lebensmittel. Wir helfen auch beim Kauf von Kleidung - auch für Schulkosten von B., D. und L. kommen wir auf. L. bekommt zusätzlich Nachhilfe und dann und wann etwas zu essen. D. wird 2020 seinen Hauptschulabschluss und L. seinen Realschulabschluss haben - dann werden sie eine Ausbildung beginnen und finanziell selbständig sein und etwas beitragen können." Des Weiteren wurde neben dem unbefristeten Wohnungsmietvertrag die Kündigung vom 27. September 2019 dieser Wohnung durch die Katholische Pfarrgemeinde P. vorgelegt. Zur Begründung heißt es in der Kündigung, dass seit Juli 2018 keine Miete mehr gezahlt worden sei, so dass ein Rückstand von 14.400,00 EUR entstanden sei. Aufgrund dieses Betrages werde das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gekündigt. Vorsorglich werde das Mietverhältnis hilfsweise auch ordentlich nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gekündigt. Gleichzeitig wurden die Antragsteller zu Räumung der Wohnung innerhalb von zwei Wochen aufgefordert.

Am 21. Oktober 2019 haben die Antragsteller zu 1) bis 3) und am 27. November 2019 der Antragsteller zu 4) durch ihre Prozessbevollmächtigte einstweiligen Rechtsschutz bei dem Sozialgericht Darmstadt beantragt. Sie seien auf Almosen der Kirche und von anderen Menschen angewiesen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Antragsteller zu 3) erhalte weiterhin einen Unterhaltsvorschuss, der - ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge - im Jahr 2019 bei 212 EUR monatlich lag.

Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller beantragt,
den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vorrangig nach dem SGB XII einstweilig ab dem 21. Oktober 2019 zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt der Antragsgegner aus, dass die Antragsteller aufgrund der Verfügung der Ausländerbehörde vom 14. März 2018 kein Aufenthaltsrecht in Deutschland mehr haben. Gegen diese Entscheidung sei Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben worden, über die noch nicht entschieden sei. Obwohl der Aufenthalt der Antragsteller rechtswidrig sei und diese zur Ausreise verpflichtet seien, sei eine Abschiebung aufgrund des anhängigen Verwaltungsstreitverfahrens beim Verwaltungsgericht zur Zeit nicht möglich. Damit unterfielen die Antragsteller dem Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 SGBX II. Lediglich kurzfristige Überbrückungsleistungen nach Satz 3 der Vorschrift könnten erbracht werden. Dies sei allerdings nur für maximal einen Monat unmittelbar vor der (freiwilligen) Ausreise möglich. Die Antragsteller hätten aber nicht glaubhaft gemacht, dass demnächst eine freiwillige Ausreise erfolge. Nach Kenntnis des Antragsgegners dauerten verwaltungsgerichtliche Verfahren allein erstinstanzlich zwei bis drei Jahre.

Die Antragsteller haben auf Hinweis des Gerichts vom 25. Oktober 2019 nach dem 7. November 2019 eine Duldung nach § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) bei der Ausländerbehörde des Antragsgegners beantragt. Diese stellte am 12. November 2019 eine Bescheinigung darüber aus, dass für die Dauer des Verwaltungsgerichtsverfahrens keine Abschiebung stattfinde. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit sei gestattet.

Auf der Grundlage dieser Bescheinigung sah sich der Antragsgegner nicht in der Lage, Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG zu erbringen.

Am 28. November 2019 hat das Gericht den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert. Die Antragstellerin teilt u.a. mit, dass sie im angemieteten Haus mit H. mit dessen Familie (Ehefrau und zwei Töchter) sowie mit ihren Kinder L., D., C., K. und B. wohne.

Mit Beschluss vom 11. Dezember 2019 hat das Gericht die ProArbeit - Kreis Offenbach, Kommunales Jobcenter, AöR, zum Verfahren beigeladen.

Da der geschiedene Ehemann der Antragstellerin seit dem 26. September 2019 in R-Stadt gemeldet ist, hat das Gericht versucht, diesen als Zeugen dazu zu hören, ob er inzwischen einer Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Ladungen zur Beweisaufnahme am 17. Dezember 2019 kamen zweimal als unzustellbar zurück, so dass eine Zeugenvernehmung im Termin am 17. Dezember 2019 nicht möglich war.

Am 16. Dezember 2019 trägt die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller ergänzend vor, dass diese nicht beabsichtigten, auszureisen, da sie seit Jahren in Deutschland lebten und die Kinder hier verwurzelt seien. Der Sohn H. gehe einer Arbeit nach und unterstütze seine Mutter mit 200 EUR monatlich. Ferner sei eine Räumungsklage eingereicht worden. Zur Stützung des Vortrags legt die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller den Arbeitsvertrag vom 14. November 2019 vor. Aus diesem ergibt sich, dass H.A. mit der Firma S. Personal-Service ein vom 18. November 2019 bis 21. Dezember 2019 befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart hatte (§ 2) für eine Helfertätigkeit (laut Einsatzmitteilung vom 13. November 2019) in Teilzeit (25 Wochenstunden, § 4) zu einem Stundenlohn von 9,96 EUR brutto (§ 5). Die vorgelegte Räumungsklage der vermietenden Pfarrgemeinde P. datiert vom 22. Oktober 2019 und ist der Antragstellerin vom Amtsgericht Langen mit Datum vom 22. November 2019 übersandt worden.

Im weiteren Erörterungstermin am 17. Dezember 2019 ergänzt die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller weiter vor, dass ihr erst gestern die Räumungsklage vom 22. November 2019 durch die Antragstellerin überreicht worden sei. Sie habe den Eindruck gehabt, dass die Antragstellerin gar nicht wisse, war ihr dort zugestellt worden sei. Bislang habe sie noch keine Kenntnis von einem Versäumnisurteil. Der Sohn J. sei aus dem Haus ausgezogen und zu seiner Freundin gezogen. Die Antragstellerin sei noch nie zur Schule gegangen und könne dementsprechend auch nicht lesen oder schreiben. Im Prinzip sei der Ehemann das "Oberhaupt" der Familie. Dieser habe die Familie aber verlassen, sodass die Antragstellerin, auch wenn sie in Rumänien wäre, nicht in der Lage wäre, die erforderlichen Anträge auf eine etwaige staatliche Unterstützung zu stellen. Dies ginge auch dort nur mit Unterstützung ihrer Kinder. Es sei allerdings zweifelhaft, ob tatsächlich ihre volljährigen Kinder wieder nach Rumänien zurückgehen würden. Selbst bei D. gehe die Prozessbevollmächtigte davon aus, dass dieser auch nicht zurück nach Rumänien gehen würde, sondern die Schule abbrechen und eine Helfertätigkeit aufnehmen würde. Die Antragstellerin wäre dann im Prinzip mit ihren beiden jüngsten Kindern und ggf. ihrem schwerbehinderten Sohn dort auf sich alleine gestellt und es sei zu erwarten, dass sie dort obdachlos wären.

Der Vertreter des Antragsgegners teilt im Termin am 17. Dezember 2019 mit, dass er gestern die ausländerrechtliche Akte des (früheren) Ehemannes der Antragstellerin habe einsehen können zur Vorbereitung des Termins zur Beweisaufnahme. Daraus ergebe sich, dass dieser ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht in Darmstadt im Hinblick auf die Verlustfeststellung durchgeführt habe. Dieses habe er verloren, da die Klage verfristet eingereicht worden sei. Zudem ergebe sich aus der Akte, dass er offenbar an einer Psychose erkrankt sei und an Deliriumszuständen leide. Es stehe im Raum, dass dies alkoholbedingt sein könnte. Zudem habe er drei Herzinfarkte erlitten und nach dem Vortrag seines Prozessbevollmächtigten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei er quasi nicht erwerbsfähig.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2020 erläutert die Antragstellerin, dass ihr damaliger Ehemann in Rumänien mit seiner Tätigkeit (Altmetall sammeln) nicht genug Einkommen habe erzielen können, um die gesamte Familie zu ernähren. Der Antragsteller zu 4) ergänzt dazu, dass es immer wieder Tage gegeben habe, an denen sie gar nichts zu essen gehabt hätten. Man habe gehofft, in Deutschland mit dem Sammeln von Altmetall in der Lage zu sein, die Familie zu ernähren. Dieser Tätigkeit sei der damalige Ehemann der Antragstellerin auch zunächst nachgegangen. Aktuell stelle sich die Einkommenssituation so dar, dass sie etwa 50 EUR im Monat von der Kirchengemeinde geschenkt bekomme sowie Lebensmittel- und Kleiderspenden geschenkt bekomme. Dieses Geld habe sie zusätzlich zu dem Unterhaltsvorschuss, den der Antragsteller zu 3) erhalte sowie den 50 EUR, die K. bekomme, monatlich zur Verfügung. L. wohne nicht bei ihnen, sondern sei bei dem Pfarrer angemeldet. Er komme nur manchmal am Wochenende zu ihnen. Zu seiner Schulsituation trägt der Antragsteller zu 4) vor, dass er noch ein paar Monate die Förderschule besuchen werde und anschließend auf eine andere Schule wechseln wolle, um dort seinen Hauptschulabschluss zu machen. Dies werde noch ein Jahr und vier Monate dauern. Die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller teilt weiter mit, dass bis Anfang Januar noch kein Versäumnisurteil des Amtsgerichts ergangen sei. Sowohl ihr als auch der Antragstellerin sei von der Ordnungsbehörde mitgeteilt worden, dass bei einer Zwangsräumung keine Wiedereinweisung in die zu räumende Wohnung erfolge, sondern eine Einweisung in eine Notunterkunft vorgenommen werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie der Akten des Verwaltungsgerichts Darmstadt (Az.: 6 K 919/18.DA, 6 K 926/18.DA, 6 k 927/18.DA, 6 K 932/18. DA) Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2020.

Entscheidungsgründe:

Der Rechtsstreit ist nach Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII in der Fassung des Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, 3155, 3156) (n.F.) mit Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit Unionsbürger, bei denen das Nichtbestehen der Freizügigkeit zwar festgestellt ist, diese Feststellung aber noch nicht in Bestandskraft erwachsen ist, vollständig von laufenden existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind.

Wenn § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. zur Anwendung kommt, muss der Eilantrag insgesamt abgewiesen werden. Die Antragsteller sind nicht leistungsberechtigt nach dem AsylbLG oder dem SGB II. Der Antragsgegner hat laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII nach geltender Rechtslage zutreffend abgelehnt (A). Damit würden die Antragsteller keine laufenden Leistungen zur Existenzsicherung erhalten. Dieses Ergebnis ist zur Überzeugung des Gerichts mit Artikel Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG nicht vereinbar (B). Auf die Gültigkeit des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits an. Ist § 23 Abs. 3 SGBX II n.F. verfassungswidrig, kann das Gericht über den Antrag auf laufende Leistungen zur Existenzsicherung nicht entscheiden (C). Nach Auffassung des Gerichts ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. insoweit verfassungswidrig.

Die Frage der Verfassungswidrigkeit bedarf zunächst einer Klärung bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Art. 100 Abs. 1 GG steht zwar der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte unter Außerachtlassung des ihrer Auffassung nach verfassungswidrigen Gesetzes nicht grundsätzlich entgegen, auch wenn das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts zur Folge hat, dass ein Gericht Folgerungen aus der (von ihm angenommenen) Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes - jedenfalls im Hauptsachverfahren - erst nach der Feststellung durch das Bundesverfassungsgericht ziehen darf. Die Fachgerichte sind durch Art. 100 Abs. 1 GG nicht gehindert, schon vor Erlass der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren, wenn dies nach den Umständen des Falles im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten erscheint und die Entscheidung in der Hauptsache dadurch nicht vorweggenommen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1992, 1 BvR 1028/91, juris, Rdnr. 29; BVerfG, Beschluss vom 4. März 2014, 2 BvL 2/13, juris, Rdnr. 17 m.w.N.). Führt hingegen die beantragte vorläufige Zustandsregelung dazu, dass die endgültige Entscheidung weitgehend vorweggenommen würde, gebietet Art. 100 Abs. 1 GG auch in gerichtlichen Eilverfahren die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1977, 2 BvL 10/74, juris, Rdnr. 35). Ausgehend davon ist bereits das gerichtliche Eilverfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Verfassungswidrigkeit einzuholen. Denn das Gericht könnte den Antragstellern vorläufigen Rechtsschutz nur unter faktischer Vorwegnahme der Hauptsache gewähren. Vorläufiger Rechtsschutz könnte nur durch Erlass einer einstweiligen Anordnung geschehen, mit der der Antragsgegner oder der Beigeladene zur vorläufigen Leistungserbringung in (jedenfalls nahezu) ungekürzter Höhe verpflichtet würde. Die Antragsteller benötigen die Leistungen, um ihren Lebensunterhalt sicherzustellen, mithin werden die Leistungen monatlich verbraucht. Das Gericht geht aufgrund des Alters der Antragsteller zu 2) bis 4) und der bisherigen Lebensumstände davon aus, dass für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht nach einer Vorlage erst im Hauptsacheverfahren die gesetzliche Regelung als verfassungsgemäß ansähe und die Antragsteller also auch von Verfassungs wegen keinen Anspruch hätten, diese nicht in der Lage wären, die vorläufig erbrachten Leistungen zurückzuzahlen. Faktisch würde der Erlass einer einstweiligen Anordnung damit zu einer endgültigen Leistungserbringung führen, ohne dass dafür gegenwärtig eine gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Mit einer solchen faktischen Vorwegnahme der Hauptsache würde sich das Gericht aus der Rolle des Normanwenders begeben und als normsetzende Instanz verhalten und sich damit der Bindung an Recht und Gesetz im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG entziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2005, 1 BvR 1178/05, juris, Rdnr. 11). Aus diesem Grund sieht das Gericht auch von dem Erlass eines Hängebeschlusses für die Dauer des Vorlageverfahrens ab. Denn auch dies wäre eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache, bis eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegt. Eine gesetzliche Grundlage wie § 41a Abs. 7 Nr. 1 SGB II, nach der vorläufig über die Erbringung von Geldleistungen entschieden werden kann, wenn die Vereinbarkeit einer Vorschrift, von der die Entscheidung über den Antrag abhängig ist, mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht ist, existiert im SGB XII nicht. Zudem ist nach Kenntnis des Gerichts auch keine Vorlage zu der hier maßgeblichen Regelung beim Bundesverfassungsgericht schon anhängig. Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts kommt einstweiliger Rechtsschutz für die Dauer des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht daher nur auf der Grundlage des § 32 Abs. 1 BVerfGG in Betracht.

Der Einwand der Rechtskraft nach § 31 Abs. 1 BVerfGG steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Mai 1972, 1 BvL 18/71, juris, Rdnr. 18). Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 3 SGB XII n.F. noch nicht befasst. Der Nichtannahmebeschluss vom 21. August 2018 steht dem nicht entgegen (1 BvR 2674/17, juris). Dieses Verfahren betraf § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Fassung, nicht hingegen § 23 Abs. 3 SGB XII n.F. Im Übrigen bewirkt die Nichtannahmeentscheidung keine Rechtskraft.

Das Gericht kann in der Besetzung mit der Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern entscheiden. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird jede Kammer des Sozialgerichts in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Richtern als Beisitzern tätig. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kann ein Gericht nur in der Besetzung fassen, in der es die Entscheidung hätte treffen müssen, für die die Vorlagefrage erheblich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 1998, 2 BvL 2/97, juris, Rdnr.26; Beschluss vom 15. April 2005, 1 BvL 6/03, juris, Rdnr. 7). Ist dies ein Klageverfahren, das durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung nach § 124 Abs. 1 SGG entschieden wird, ist der Beschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu fassen, § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG kommt insoweit nicht zur Anwendung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. April 2005, 1 BvL 6/03, juris, Rdnr. 7). Allerdings kann auch bei einem Beschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG "Gericht" in einem Kollegialgericht der Einzelrichter sein, soweit er nach der jeweiligen Prozessordnung dazu berufen ist, die anstehende Entscheidung allein zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1998, 1 BvL 23/97, juris, Rdnr. 16). Bei einer Gesamtschau der Regelungen im SGG ist es nach Auffassung des Gerichts angezeigt, dass auch im Eilverfahren der Beschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG durch die Kammer getroffen wird. Das SGG sieht im Wesentlichen drei Arten der Entscheidung vor: Klageverfahren werden nach § 124 Abs. 1 SGG durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung durch die Kammer entschieden. Gerichtsbescheide nach § 105 Abs. 1 SGG ergehen ohne mündliche Verhandlung, sofern der Sachverhalt geklärt ist und keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Bei dieser Entscheidung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit, der Vorsitzende entscheidet mithin alleine. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird die Entscheidung nach § 86b Abs. 4 SGG durch Beschluss gefasst. Nach § 124 Abs. 3 SGG können Entscheidung des Gerichts, die nicht Urteile sind, ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist. § 124 Abs. 3 SGG stellt es bei Beschlüssen in das Ermessen des Gerichts, ob eine mündliche Verhandlung anberaumt wird oder nicht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 124, Rdnr. 5). Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies hat dies zur Folge, dass der Vorsitzende ohne ehrenamtliche Richter entscheidet, was in gerichtlichen Eilverfahren die Regel ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b, Rdnr. 43). Ausgehend davon bestünde nach der Prozessordnung zwar grundsätzlich die Möglichkeit, den Beschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG nur durch den Vorsitzenden außerhalb einer mündlichen Verhandlung zu treffen. Denn im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wird durch Beschluss entschieden, der nicht aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen muss und die Prozessordnung sieht insoweit eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden vor. Allerdings steht die Prozessordnung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht entgegen, so dass der Beschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter gefasst werden kann. Unter Berücksichtigung der Wertung des § 12 Abs. 1 SGG ist es nach Auffassung des Gerichts geboten, dass das Gericht eine Entscheidung durch die Kammer trifft. § 12 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGG bringen zum Ausdruck, dass die Kammer in der Besetzung nur durch den Vorsitzenden ausschließlich in einfach gelagerten Fällen (Gerichtsbescheid) oder bei nur vorläufigen Entscheidungen (Eilverfahren) entscheidet. Im Fall der Antragsteller kommt dem Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz aber die Bedeutung eines Hauptsacheverfahrens zu, da keine vorläufige Regelung getroffen werden kann aufgrund der damit verbundenen faktisch endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache. Zudem handelt es sich auch nicht um eine einfach gelagerte Rechtsfrage. In dieser Konstellation ist es angemessen, den Beschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG durch die Kammer aufgrund mündlicher Verhandlung zu treffen.

A Entscheidung bei Gültigkeit des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. Ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. von der Kammer anzuwenden, so ist der Eilantrag als Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG zwar zulässig, er könnte jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit kein Fall nach § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG). Nach Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Der Anwendungsbereich des § 86b Abs. 2 SGG ist eröffnet. Es liegt kein Fall nach § 86b Abs. 1 SGG vor. Danach kann das Gericht der Hauptsache in Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Nr. 1 SGG), in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Nr. 2) oder in den Fällen des § 86ba Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen (Nr. 3). Diese Vorschrift erfasst damit ausschließlich die reinen Anfechtungssachen (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 86b, Rdnr. 24). Die Antragsteller würden sich in der Hauptsache aber mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG gegen die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners wenden müssen, da sie auf eine Erweiterung ihrer Rechtsposition zielen.

Der Zulässigkeit des Antrags der Antragsteller zu 1) bis 4) steht auch nicht entgegen, dass noch keine Klage erhoben wurde. Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach Absatz 1 und 2 auch schon vor Klageerhebung zulässig. Voraussetzung ist nur, um ein Rechtsschutzbedürfnis annehmen zu können, dass sich die Antragsteller zuvor an die Verwaltung gewandt und dort einen Antrag gestellt haben. Dies ist am 11. April 2019 (erneut) geschehen. Die ablehnenden Entscheidungen des Antragsgegners vom 12. April 2019 und 6. Januar 2020 sind aufgrund der noch anhängigen Widerspruchsverfahren nicht bestandskräftig.

Der Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG wäre aber, wenn § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III n.F. verfassungsgemäß wäre, nicht begründet. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 07.04.2011, B 9 VG 15/10 B, juris, Rdnr. 6).

Das Gericht ist zwar von dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes überzeugt. Den Antragstellern droht die Obdachlosigkeit: Die Räumungsklage ist bereits erhoben. Bis Anfang Januar 2020 war zwar noch kein Versäumnisurteil des Amtsgerichts ergangen, so dass noch kein Titel vorliegt, mit dem die Zwangsräumung vollzogen werden könnte. Dies ist allerdings nur eine Frage der Zeit, da die Antragsteller das Versäumnisurteil nicht durch Zahlung der rückständigen Miete abwenden können. Die Ordnungsbehörde des Antragsgegners nimmt in Fällen wie diesen - wie die Antragstellerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14. Januar 2020 mitgeteilt hat - keine Wiedereinweisung in die aktuelle Wohnung vor, sondern es erfolgt die Einweisung in eine Obdachlosenunterkunft. Zudem können die Antragsteller aktuell insbesondere nur aufgrund von Spenden Dritter, auf deren weitere Erbringung in keiner Weise vertraut werden kann, ihre Existenz sehr notdürftig sichern. Trotzdem könnte eine einstweilige Anordnung nicht ergehen, da ein Anordnungsanspruch - die Verfassungsmäßigkeit der geltenden gesetzlichen Lage unterstellt - sicher ausgeschlossen ist.

Ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (Drittes Kapitel des SGB XII) ist für Ausländer in §§ 23 Abs. 1, 19 Abs. 1, 27 SGB XII geregelt. Diese lauten:

§ 23 SGB XII in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016: (1) Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschutz sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt. (2) Leistungsberechtigte nach § 1 des AsylbLG erhalten keine Leistungen der Sozialhilfe. (3) Ausländer und ihre Familienangehörige erhalten keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn 1. sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständiger noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, 3. sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nummer 2 aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S.1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S.1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen. Satz 1 Nr. 1 und 4 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Absatz 3a sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen: 1. Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege 2. Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe, einschließlich der Bedarfe nach § 35 Absatz 4 und § 30 Absatz 7, 3. Die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten o0der Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und 4. Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Abweichend von Satz 1 Nr. 2 und 3 erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 7 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des tatsächlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Ausländerrechtliche Bestimmungen blieben unberührt. (3a) Neben den Überbrückungsleistungen werden auf Antrag auch die angemessenen Kosten der Rückreise übernommen. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Personen allein durch die angemessenen Kosten der Rückreise die in Absatz 3 Satz 5 Nummer 1 und 2 genannten Bedarfe nicht aus eigenen Mitteln oder mit Hilfe Dritter decken können. Die Leistung ist als Darlehen zu erbringen. (4) Ausländern, denen Sozialhilfe geleistet wird, sind auf für sie zutreffende Rückführungs- und Weiterwanderungsprogramme hinzuweisen; in geeigneten Fällen ist auf eine Inanspruchnahme solche Programme hinzuwirken. (5) Hält sich ein Ausländer entgegen einer räumlichen Beschränkung im Bundesgebiet auf oder wählt er seinen Wohnsitz entgegen einer Wohnsitzauflage oder einer Wohnsitzregelung nach § 12a des Aufenthaltsgesetzes im Bundesgebiet, darf der für den Aufenthaltsort örtlich zuständige Träger nur die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Leistung erbringen. Unabweisbar geboten ist regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des Bedarfs für die Reise zu dem Wohnort, an dem ein Ausländer seinen Wohnsitz zu nehmen hat. In den Fällen des § 12a Absatz 1 und 4 des Aufenthaltsgesetzes ist regelmäßig eine Reisebeihilfe zu dem Ort im Bundesgebiet zu gewähren, an dem der Ausländer die Wohnsitznahme begehrt und an dem seine Wohnsitznahme zulässig ist. Der örtlich zuständige Träger am Aufenthaltsort informiert den bislang örtlich zuständigen Träger darüber, ob Leistungen nach Satz 1 bewilligt worden sind. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 23a, 24 Absatz 1 oder § 25 Absatz 4 oder 5 des Aufenthaltsgesetzes besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem der Aufenthaltstitel erstmals erteilt worden ist. Satz 5 findet keine Anwendung, wenn der Wechsel in ein anderes Land zur Wahrnehmung der Rechte zum Schutz der Ehe und Familie nach Artikel 6 des Grundgesetzes oder aus vergleichbar wichtigen Gründen gerechtfertigt ist.

§ 19 SGB XII Leistungsberechtigte (1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können. (2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor. (3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigen, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist. (4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt. (5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner. (6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigen erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

§ 27 SGB XII Leistungsberechtigte (1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. (2) Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen. (3) Personen, die ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können, jedoch einzelne im Haushalt erforderliche Tätigkeiten nicht verrichten können, erhalten auf Antrag einen angemessenen Zuschuss, wenn ihnen die Aufbringung der für die geleistete Hilfe und Unterstützung notwendigen Kosten nicht in voller Höhe zumutbar ist. Als angemessen gelten Aufwendungen, die üblicherweise als Anerkennung für unentgeltlich geleistete Hilfen und Unterstützungen oder zur Abgeltung des entsprechenden Aufwandes geleistet werden. Den Zuschuss erhält nicht, wer einen entsprechend Anspruch auf Assistenzleistungen nach § 78 des Neunten Buches hat.

Ein Anspruch der Antragsteller nach diesen Vorschriften ist zwar nicht nach § 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen, weil die Antragsteller nicht dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II sind (Teil 1). Sie sind auch nicht nach § 22 SGB XII von Leistungen ausgeschlossen (Teil 2). Es besteht auch keine Leistungsberechtigung nach dem AsylLG, die nach § 23 Abs. 2 SGB XII einen Anspruch nach dem SGB XII ausschließen würde (Teil 3). Die Antragsteller erfüllen grundsätzlich die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII, es greift aber der Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII (Teil4). Die Voraussetzungen für Überbrückungs- oder Härtefallleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII liegen ebenfalls nicht vor (Teil 5).

Teil 1 Die Anwendung des SGB XII ist nicht bereits durch § 21 Satz 1 SGB XII ausgeschlossen (I.), weil die Antragsteller dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II wären (II.). I. Nach § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II schließt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII aus. Die "Systemabgrenzung" zwischen SGB II und SGB XII knüpft danach grundsätzlich an das Kriterium der Erwerbsfähigkeit an, kann hierauf jedoch nicht reduziert werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rdnr. 33). Im Sinne der Abgrenzungsregelung des § 21 Satz 1 SGB XII sind nach dem SGB II "als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt" grundsätzlich nicht die Personen, die auch bei Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Diese Personen können Leistungen nach dem SGB XII erhalten, wenn sie nicht auch durch das SGB XII von Leistungen ausgeschlossen sind (wie z.B. durch § 22 SGB XII – Sonderreglung für Auszubildende - oder § 23 Abs. 2 SGB XII) (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rdnr. 33). Der Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII stellt nicht ausschließlich auf das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit als Abgrenzungsmerkmal ab, sondern auf eine Leistungsberechtigung von Personen nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach. Nach der Abgrenzungsregelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II schließt der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nur Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII aus. Dieser unterschiedliche Wortlaut der miteinander korrespondierenden Abgrenzungsregelungen verlangt eine aufeinander abgestimmte Auslegung unter Berücksichtigung des Normzwecks (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rdnr. 34). § 21 Satz 1 SGB XII und § 5 Abs. 2 Satz 1 SGB II sollen (ergänzende) Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII für Leistungsberechtigte nach dem SGB II ausschließen. Existenzsichernde Leistungen können nur nach dem einen oder dem anderen der beiden Leistungssysteme beansprucht werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2017, B 14 AS 31/16 R, juris, Rdnr. 35). Ist mithin ein Erwerbsfähiger wegen des Vorliegens der Voraussetzungen eines Leistungsausschlusses nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, folgt hieraus nicht zwangsläufig ein Leistungsausschluss nach dem SGB XII. Die "Systemabgrenzung" erfordert vielmehr eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Leistungsausschlüsse. Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, juris, Rdnr. 41 m.w.N.; LSG Hamburg, Beschluss vom 20. Juni 2018, L 4 AS 97/18 B ER, juris, Rdnr. 7). Der Ausschluss von Personen, die nicht oder nicht mehr über eine Freizügigkeitsberechtigung zur Arbeitssuche verfügen, vom erwerbszentrierten Leistungssystem des SGB II führt dazu, dass die Sperrwirkung des § 21 SGB XII entfällt (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, juris, Rdnr. 43).

Diese Abgrenzung hatte nach der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Rechtslage nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. insbesondere BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, juris) zur Konsequenz, dass bei Vorliegen eines Leistungsausschlusses für materiell nicht freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger nach dem SGB II diese im Einzelfall Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Recht der Sozialhilfe als Ermessensleistung beanspruchen konnten: § 23 Abs. 3 SGB XII in der bis zum 28. Dezember 2016 geltenden Fassung des Art. 3 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016, (BGBl. I 1939, 1940) (a.F.) lautete: Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Sind sie zum Zwecke der Behandlung oder Linderung einer Krankheit eingereist, soll Hilfe bei Krankheit insoweit nur zur Behebung eines akut lebensbedrohlichen Zustandes oder für eine unaufschiebbar gebotene Behandlung einer schweren oder ansteckenden Erkrankung geleistet werden. Zwar unterlagen nichtfreizügigkeits- oder aufenthaltsberechtigte Hilfebedürftigen im SGB XII nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F. ebenfalls einem Leistungsausschluss. Dieser führte indes nicht zum Ausschluss auch von Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt war (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, juris; Rdnr. 51 ff.; Urteil vom 12. September 2018, B 14 AS 18/17 R, juris, Rdnr. 33 m.w.N.). Das Ermessen des Sozialhilfeträgers war auf Null reduziert, wenn sich das Aufenthaltsrecht des ausgeschlossenen Ausländers verfestigt hatte. Dies war regelmäßig ab einem sechsmonatigen Aufenthalt in Deutschland der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R, juris, Rdnr 53).

In Reaktion auf diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3155 ff) beschlossen, durch das aber die vom BSG vorgenommene Systemabgrenzung im Rahmen des § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Frage gestellt sondern vielmehr daran angeknüpft wurde (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 46; Siefert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 29.01.2019, § 23, Rdnr. 74).

In der Begründung des Gesetzesentwurfs heißt es zur Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen (BT-Drs. 18/10211, S. 11): "Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die im SGB II geregelten Leistungsausschlüsse von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern als europarechtskonform bestätigt hat, ergingen seit dem 3. Dezember 2015 mehrere Entscheidungen des BSG zu Ansprüchen von Unionsbürgern auf Sicherung des Existenzminimums. Das BSG hat entschieden, dass Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder die über kein Aufenthaltsrecht verfügen, im SGB II und im SGB XII von einem Anspruch auf Leistungen ausgeschlossen sind. Das BSG hat jedoch auch entschieden, dass nichterwerbstätige ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die elterliche Sorge für Schülerinnen und Schüler während deren fortdauernder Ausbildung ausüben, nicht von den Leistungsausschlüssen des SGB II erfasst sind. Das BSG hat den Betroffenen außerdem unabhängig davon, zu welcher der im SGB II ausgeschlossenen Gruppen sie gehören, Leistungen nach dem SGB XII im Ermessenswege zugesprochen. Bei einem verfestigten Aufenthalt, den das BSG im Regelfall nach sechs Monaten annimmt, soll das Ermessen jedoch auf Null reduziert sein, so dass für die Betroffenen so gut wie immer ein Anspruch besteht. Die Entscheidungen des BSG haben zu Mehrbelastungen bei den für die Leistungen zuständigen Kommunen geführt." Zum wesentlichen Inhalt des Entwurfs wird ausgeführt (BT-Drs. 18/10211, S. 11): "Die Leistungsausschlüsse im SGB II werden ergänzt und es wird klargestellt, dass Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, sowie Personen, deren Aufenthaltsrecht nur aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 angenommen wird, von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind. Für Personen, die als Arbeitnehmer, Selbständige oder aufgrund des § 2 Absatz 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen, erfolgt keine Änderung, sie sind, solange ihr Freizügigkeitsrecht sich nicht allein aus der Arbeitsuche ergibt, weiterhin (ergänzend) leistungsberechtigt. Im SGB XII werden die Leistungsausschlüsse denjenigen im SGB II angepasst. Daneben wird im SGB XII ein Anspruch für einen Zeitraum von einem Monat geschaffen sowie auf Antrag der Anspruch auf darlehensweise Übernahme der Kosten für ein Rückfahrticket. Außerdem wird im SGB II und im SGB XII ein Leistungsanspruch nach eingetretener Verfestigung des Aufenthalts geschaffen, die nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland angenommen wird. Diese neu geschaffenen Leistungstatbestände im SGB XII sind nach der Rechtsprechung des EuGH unionsrechtlich nicht geboten und werden über die europarechtlichen Vorgaben hinaus gewährt."

Im besonderen Teil der Gesetzesbegründung zu Art. 2 Nr. 1 wird weiter ausgeführt (BT-Drs. 18/10211, S.15 - 17): "Die Leistungsausschlüsse in § 23 Absatz 3 werden an die Leistungsausschlüsse in § 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II angepasst, dies bedeutet neben sprachlichen Klarstellungen auch, dass ein Leistungsausschluss für die ersten drei Monate des Aufenthaltes angenommen wird. Dies ist notwendig, da nach Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie 2004/38 und § 2 Absatz 3 FreizügG/EU für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger ein voraussetzungsloses Freizügigkeitsrecht für drei Monate besteht. Diese Personengruppe ist nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 SGB II vom Leistungsbezug im SGB II ausgenommen. Da das BSG jedoch die in § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 2 SGB II ausgenommenen Ausländer dem SGB XII zugeordnet hat, musste § 23 Absatz 3 SGB XII um eine § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 SGB II entsprechende Regelung ergänzt werden. Zusätzlich wird, wie im SGB II, klargestellt, dass Personen ohne materielles Freizügigkeitsrecht oder Aufenthaltsrecht ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitssuche oder nach Artikel 10 der Verordnung (EU) Nummer 492/2011 in Deutschland aufhalten, von den Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen sind. Die Leistungsausschlüsse haben wie bislang nicht zur Folge, dass ein Anspruch auf Wohngeld, das als Zuschuss zur Miete beziehungsweise Belastung für Haushalte mit geringen Einkommen konzipiert ist, entsteht. Durch die neue Formulierung in § 23 Abs. 3 Satz 1 wird außerdem klargestellt, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Absatz 1 zusteht, noch dass ihnen Leistungen im Ermessenwege gewährt werden. Daneben wird in § 23 Absatz 3 SGB XII ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen für alle von Leistungen ausgeschlossenen ausländischen Personen eingeführt, soweit sie hilfebedürftig sind (vergleiche § 2 SGB XII). Orientiert an § 1a Absatz 2 des AsylbLG erhalten ausländische Personen innerhalb von zwei Jahren einmalig bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Monat Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege sowie die angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft. Danach erhalten sie keine Leistungen mehr. Auch bei einer Wiedereinreise sind, um Fehlanreize zu vermeiden, innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren keine Leistungen zu gewähren. So wird sichergestellt, dass nicht durch eine kurze Ausreise und dann Wiedereinreise die Wertung des Gesetzes umgangen wird. Eine zu lange Frist hätte hingegen zur Folge, dass gegebenenfalls geänderte Lebensumstände nicht berücksichtigt werden können. Ausländische Personen erhalten einmalig für einen Zeitraum bis zur Ausreise längstens jedoch für einen Monat Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege sowie die angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft. Durch den festen Maximalzeitraum wird den ausführenden Kommunen Verwaltungsaufwand durch die Neuregelung erspart. Im Zeitraum von einem Monat ist es in jedem Fall möglich, innerhalb der EU eine angemessene Rückreisemöglichkeit zu finden (zum Beispiel mit dem Bus). Daneben wird sichergestellt, dass den Hilfebedürftigen die Leistungen nicht mehrmals gezahlt werden. Um sicherzustellen, dass Überbrückungsleistungen im Zeitraum von zwei Jahren nur einmal gezahlt werden, sieht § 118 SGB XII die Möglichkeit eines Datenaustausches und –abgleichs vor. Die Leistungshöhe wird entsprechend des § 1a Absatz 2 AsylbLG festgelegt. Dabei wird zugrunde gelegt, dass der Bedarf der Leistungsberechtigten in dieser Phase über die genannten Leistungen nicht hinausgeht. Eine Akut- und Schmerzversorgung sowie Hilfen bei Schwangerschaft und Geburt wird ebenfalls entsprechend dem AsylbLG gewährleistet. Ist allerdings abzusehen, dass ausländische Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht dauerhaft oder jedenfalls für einen längeren Zeitraum in Deutschland verbleiben werden und damit eine Verfestigung des Aufenthaltes eintritt, so erhalten sie und ihre Familienangehörigen nach fünf Jahren Zugang zu Leistungen der Sozialhilfe nach § 23 Absatz 1 SGB XII. Dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. ( ) Im Hinblick auf die Dauer der Frist und das Nachweiserfordernis sowie die Rückausnahme für Personen, bei denen der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde, wird ergänzend auf die Begründung zu Artikel 1 Bezug genommen. Ein solcher tatsächlich verfestigter Aufenthalt hat keine Auswirkung auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes; insbesondere folgt daraus kein materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht im Sinne des Europa- oder Ausländerrechts. Durch eine Härtefallregelung wird sichergestellt, dass innerhalb der Leistungsfrist von einem Monat auch über das gewährte Niveau der vorgesehenen Überbrückungsleistungen hinausgehende Bedarfe wie zum Beispiel für Kleidung gedeckt werden können, soweit dies im Einzelfall zur Überwindung einer besonderen Härte erforderlich ist. Ebenso können bei Vorliegen besonderer Umstände Bedarfe, die entstehen, soweit im Einzelfall eine Ausreise binnen eines Monats nicht möglich oder zumutbar ist, gedeckt werden. Hierbei handelt es sich um eine Regelung, die lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände eingreift, um im Einzelfall für einen begrenzten Zeitraum unzumutbare Härten zu vermeiden, nicht um eine Regelung, mit der ein dauerhafter Leistungsbezug ermöglich wird. Von einer Unmöglichkeit der Ausreise ist insbesondere auszugehen, wenn eine amtsärztlich festgestellte Reiseunfähigkeit vorliegt."

In der Gesetzesbegründung zu Artikel 1 Nr. 2 (betreffend § 7 SGB II) heißt es zu dem gleichlautenden Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II (BT-Drs. 18/10211, S. 14 f.): "Abweichend hiervon kommen für die von den Leistungsausschlüssen nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 (neu) erfassten Personen und ihre Familienangehörigen nun erstmals unter bestimmten Voraussetzungen auch Leistungen nach dem SGB II in Betracht (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 4 und 5 – neu - ). Dies ist allerdings erst nach fünf Jahren der Fall, erst ab diesem Zeitpunkt ist von einer Verfestigung des Aufenthaltsrechts auszugehen. Die Verfestigung tritt nicht ein oder entfällt, wenn Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern nach § 7 Absatz 1 Satz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU zur Ausreise verpflichtet sind, weil die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Absatz 7, § 5 Absatz 4 oder § 6 Absatz 1 FreizügG/EU festgestellt hat. Bis zum Ablauf von fünf Jahren oder - wenn der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde - auch nach Ablauf von fünf Jahren, sind auch die in § 7 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 genannten erwerbsfähigen Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen dem Leistungssystem des SGB XII zugewiesen, in dem ihnen aber nur ein Anspruch auf eine zeitlich beschränkte Überbrückungsleistung zusteht. Diese zielt in erster Linie darauf ab, den Lebensunterhalt bis zur Ausreise zu sichern und gegebenenfalls auf Antrag die Ausreise - durch die darlehensweise Gewährung der Reisekosten - zu ermöglichen. Den betroffenen Personen ist die Rückreise in das jeweilige Heimatland gefahrlos möglich und zumutbar. Die Leistungsausschlüsse erfassen auch Drittstaatsangehörige. Die Neuregelung berücksichtigt, dass die Situation von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern einerseits sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerbern andererseits nicht vergleichbar ist. Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern stehen andere Möglichkeiten der Selbsthilfe offen, als dies für Asylbewerberinnen und Asylbewerber der Fall ist. Während Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oftmals nicht ohne möglicherweise drohende Gefahren (etwa durch Verfolgung) in ihr Heimatland zurückkehren können, ist dies Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern gefahrlos möglich und zumutbar. Die betroffenen Personen können in ihrem Heimatstaat ohne Gefahr für Leib und Leben wohnen und existenzsichernde Unterstützungsleistungen erlangen, da in der EU soziale Mindeststandards bestehen, auf die sich die Mitgliedstaaten geeinigt haben. Nach Artikel 13 der Europäischen Sozialcharte vom 18. Oktober 1961 haben sich die Vertragsparteien verpflichtet, sicherzustellen, dass jedem, der nicht über ausreichende Mittel verfügt und sich diese auch nicht selbst oder von anderen verschaffen kann, ausreichende Unterstützung im Heimatland gewährt wird. Daneben besteht ein uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt. Ist allerdings abzusehen, dass ausländische erwerbsfähige Personen ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht dauerhaft oder jedenfalls für einen längeren Zeitraum in Deutschland verbleiben werden und damit eine Verfestigung des Aufenthalts eintritt, soll für sie - sofern sie erwerbsfähig sind - nach fünf Jahren das Leistungsrecht des SGB II und damit auch der Grundsatz des Förderns und Forderns uneingeschränkt gelten. Dann stehen ihnen und ihren Familienmitgliedern bei Hilfebedürftigkeit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu. Dazu gehören im SGB II nicht nur die "passiven" Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch aktivierende Maßnahmen einschließlich der Sanktionsregelungen. Von einem längeren verfestigten Aufenthalt in Deutschland ist nach Ablauf eines gewöhnlichen Aufenthalts von mindestens fünf Jahren ab Meldung bei der Meldebehörde auszugehen (vergleiche § 7 Absatz 1 Satz 4 und 5 – neu -); durch die verpflichtende Meldung bei der Meldebehörde dokumentieren die Betroffenen ihre Verbindung zu Deutschland, die Voraussetzung für eine Aufenthaltsverfestigung ist. Diese Frist ist angelehnt an den Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts, setzt jedoch im Gegensatz zu diesem keine materielle Freizügigkeitsberechtigung voraus. Sollte die Ausländerbehörde allerdings feststellen, dass ein Freizügigkeitsrecht nach § 2 Absatz 1 FreizügG/EU nicht (mehr) besteht, ist der Aufenthalt nicht mehr verfestigt. Die Personen sind nach § 7 Absatz 1 Satz 1 FreizügG/EU zur Ausreise verpflichtet. ( )"

II. Die Antragsteller sind nach § 21 Satz 1 SGB XII dem SGB XII zuzuordnen, weil sie keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II haben. Die in Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller erfüllen zwar die Grundvoraussetzungen nach § 19 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, um Arbeitslosengeld II beziehungsweise Sozialgeld zu erhalten (1.). Es liegt aber ein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II vor (2.).

1. § 19 SGB II lautet: (1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. (2) Leistungsberechtigte haben unter den Voraussetzungen des § 28 Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben. Soweit für Kinder Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Bildung und Teilhabe nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes gewährt werden, haben sie keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 28. (3) Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden in Höhe der Bedarfe nach den Absätzen 1 und 2 erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind. Zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen deckt zunächst die Bedarfe nach den §§ 20, 21 und 23, darüber hinaus die Bedarfe nach § 22. Sind nur noch Leistungen für Bildung und Teilhabe zu leisten, deckt weiteres zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen die Bedarfe in der Reihenfolge der Absätze 2 bis 7 nach § 28.

§ 7 SGB II lautet: (1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersstufe nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Ausgenommen sind 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, a) die kein Aufenthaltsrecht haben, b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L141 vom 27.5.2011, S.1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S.1) geändert worden ist, ableiten, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnete. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt. (2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind. (3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören 1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, 2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, 3. als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. 4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. (3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. (4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch, 1. wer voraussichtlich weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder 2. wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbsfähig ist. Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend. (4a) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten keine Leistungen, wenn sie sich ohne Zustimmung des zuständigen Trägers nach diesem Buch außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten und deshalb nicht für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung stehen. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn für den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs ein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor bei 1. Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme der medizinischen Versorgung oder Rehabilitation, 2. Teilnahme an einer Veranstaltung, die staatspolitischen, kirchlichen oder gewerkschaftlichen Zwecken dient oder sonst im öffentlichen Interesse liegt, oder 3. Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Die Zustimmung kann auch erteilt werden, wenn für den Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs kein wichtiger Grund vorliegt und die Eingliederung in Arbeit nicht beeinträchtigt wird. Die Dauer der Abwesenheit nach Satz 4 soll in der Regel insgesamt drei Wochen im Kalenderjahr nicht überschreiten. (5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst. (6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende, 1. die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, 2. deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz a) erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder b) beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder 3. die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Einem Anspruch der Antragsteller stehen keine formalen Gründe (a) oder alternative Leistungen entgegen (b). Bei der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 4) liegen die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II vor: Sie erfüllen die maßgeblichen Altersgrenzen (c), sind erwerbsfähig (d), haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet (e) und sind hilfebedürftig (f). Für die Antragsteller zu 2) und 3) ergibt sich ein daraus abgeleiteter Anspruch auf Sozialgeld (g).

a) Die Antragsteller sind nicht bereits deshalb von dem Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, weil der Beigeladene mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. April 2019 den Antrag vom 20. Februar 2019 auf Leistungen nach dem SGB II abgelehnt hat und sie keinen erneuten expliziten Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt haben. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen nach dem SGB II auf Antrag erbracht. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird, soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen, vermutet, dass die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach diesem Buch auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen. Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt wurde (§ 16 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I)). Ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II kann auch vorliegen, wenn ein Leistungsbegehren nicht bei einem sachlich zuständigen Grundsicherungsträger, sondern bei einem anderen Sozialleistungsträger, z.B. beim Sozialhilfeträger, anhängig gemacht wird. Entscheidend ist allein, ob der Antragsteller geltend macht, wegen Bedürftigkeit auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Ihm wird es regelmäßig nur darauf ankommen, die als notwendig angesehene Hilfe vom zuständigen Sozialleistungsträger zu erhalten und zwar unabhängig davon, ob es sich um Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII handelt (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 5. September 2016, L 7 AS 484/16 B ER, juris, Rdnr. 41 m.w.N.). Dementsprechend umfasst ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII in der Regel einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II und umgekehrt (vgl. Aubel in: Juris-PK, § 37 SGB II, Rdnr. 27 m.w.N.). Ausgehend davon gilt der Antrag vom 11. April 2019 auf Leistungen nach dem SGB XII auch als Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Dieser Antrag ist noch nicht explizit beschieden worden. Der Bescheid des Beigeladenen vom 12. April 2019 bezieht sich ausdrücklich auf den Antrag vom 20. Februar 2019, so dass der spätere Antrag vom 11. April 2019 davon nicht erfasst ist.

Der örtlich zuständige kommunale Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende war deshalb nach § 75 Abs. 2, 2. Alt. SGG zum Verfahren beizuladen, da nach § 75 Abs. 5 SGG ein Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach Beiladung verurteilt werden kann.

b) Die Antragsteller können keine vorrangigen anderen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Nach § 12a Satz 1 SGB II sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit führt. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nach Satz 2 nicht verpflichtet, 1. bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder 2. Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monate beseitigt wird. Sowohl bei dem Kinderzuschlag als auch dem Wohngeld handelt es sich um Leistungen, die an die Stelle eines ansonsten gegebenen Anspruchs auf Leistungen nach dem SGB II treten und nicht bewilligt werden, wenn trotz Zahlung Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II besteht. Insoweit stehen der Kinderzuschlag und das Wohngeld in einem Alternativverhältnis zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vgl. für den Kinderzuschlag: Kühl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 14.06.2019, § 6a BKGG Rdnr. 25). Die Antragsteller können jedoch nicht auf den Kinderzuschlag oder Wohngeld verwiesen werden. Zum einen könnten sie damit ihre Hilfebedürftigkeit nicht (und nicht einmal zu weiten Teilen) beseitigen. Zum anderen hat die Antragstellerin keinen Anspruch auf einen Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG), weil sie nicht die Voraussetzung nach § 6a As. 1 Nr. 1 BKGG erfüllt. Danach erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder nach BKGG oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 haben. Die Antragstellerin hat aufgrund der bestandskräftigen Aufhebung der Bewilligung von Kindergeld nach dem EStG mit Bescheid der Familienkasse Hessen vom 4. Januar 2019 keinen Anspruch auf Kindergeld. Einem Anspruch auf Wohngeld steht entgegen, dass die Antragstellerin nicht zum wohngeldberechtigten Personenkreis gehört. Nach § 3 Abs. 5 Wohngeldgesetz (WoGG) sind Ausländer im Sinne des § 2 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (ausländische Personen) nach Maßgabe der Absätze 1 bis 4 nur wohngeldberechtigt, wenn sie sich im Bundesgebiet tatsächlich aufhalten und 1. ein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU haben, 2. einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen, 3. ein Recht auf Aufenthalt nach einem völkerrechtlichen Abkommen haben, 4. eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz haben, 5. die Rechtsstellung eines heimatlosen Ausländers im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet haben oder 6. auf Grund einer Rechtsverordnung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit sind. Nicht wohngeldberechtigt sind ausländische Personen, die durch eine völkerrechtliche Vereinbarung von der Anwendung deutscher Vorschriften auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit befreit sind. Auch diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin nicht (vgl. die Ausführungen unter I.).

Die Antragsteller zu 2) bis 4) sind auch nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgeschlossen. Ihre aktuelle Schulausbildung ist nicht dem Grunde nach förderungsfähig im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG). Die Antragsteller zu 2) bis 4) besuchen keine ausbildungsförderungsfähige Ausbildungsstätte im Sinne des § 2 BAföG, da sie keine der allenfalls als förderungsfähig in Betracht kommende weiterführende allgemeinbildende Schule oder Berufsfachschule oder eine Klasse der beruflichen Grundbildung besuchen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG).

c) Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) haben beide das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II (das 67. Lebensjahr) noch nicht erreicht.

d) Sie sind erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II. Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Begriff der Erwerbsfähigkeit lehnt sich an den Begriff der Erwerbsminderung im Rentenversicherungsrecht an (vgl. Blüggel in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 8, Rdnr. 2). Voraussetzung für eine Erwerbsminderung ist, dass die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung reduziert oder herabgesunken ist. Beruht das Unvermögen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, dagegen auf anderen Faktoren, ist dies rechtlich irrelevant. Zu den unbeachtlichen Ursachen gehören z.B. mangelnde Sprachkenntnisse (vgl. Blüggel in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 8, Rdnr. 28 m.w.N.). Die Antragstellerin ist nicht wegen Krankheit oder Behinderung gehindert, drei Stunden arbeitstäglich erwerbstätig zu sein. Vielmehr sieht die Antragstellerin deshalb für sich keine Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erlangen, weil sie noch nie erwerbstätig war, nur über geringe Deutschkenntnisse verfügt, keine Schule besucht hat und Analphabetin ist. Dies alles schießt aber eine Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II nicht aus. Bei dem Antragsteller zu 4) liegen erst Recht keine Anhaltspunkte vor, dass dessen Erwerbsfähigkeit in diesem Sinne eingeschränkt wäre. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB II können im Sinne von Absatz 1 Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Ausländer, deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) geregelt ist, haben genehmigungsfreien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Dem steht eine Verlustfeststellung nicht entgegen. Die durch eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU bewirkte Beseitigung der Freizügigkeitsvermutung schließt das neuerliche Entstehen eines Aufenthaltsrechts und in der Folge den Wegfall der Ausreisepflicht nicht aus. Das Recht zur Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU be- und entsteht bei materiellem Bestand einer Freizügigkeitsberechtigung kraft Unionsrecht unabhängig von einer entsprechenden behördlichen Genehmigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdnr. 13 m.w.N.). Ausgehend davon ist der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 4) trotz der Verlustfeststellung vom 14. März 2018 jederzeit die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt. Dementsprechend bestätigt die Ausländerbehörde des Antragsgegners in der Bescheinigung vom 12. November 2019 auch ausdrücklich das Recht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.

e) Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) haben auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Grundsätzlich ist, wenn eine ordnungsbehördliche Anmeldung eines Wohnsitzes tatsächlich erfolgt ist, dort auch der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 7, Rdnr. 22 m.w.N.). Für die Frage des gewöhnlichen Aufenthalts kommt es auf aufenthaltsrechtliche Aspekte nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R, juris, Rdnr. 18). Ausgehend davon liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Antragsteller nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten. Sie sind ausweislich der eingeholten Einwohnermeldeamtsauskunft durchgehend seit dem 1. März 2010 ordnungsbehördlich angemeldet. Die Verfügung der Ausländerbehörde des Antragsgegners vom 14. März 2018 sieht eine Ausreiseverpflichtung erst drei Monate nach Bestandskraft der jeweiligen Verfügung vor. Der Sofortvollzug wurde nicht angeordnet. Es besteht daher nach Klageerhebung beim Verwaltungsgericht Darmstadt derzeit keine vollziehbare Ausreisepflicht der Antragstellerin und des Antragstellers zu 4) (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 9. Oktober 2019, L 4 SO 160/19 B ER, juris, Rdnr. 39).

f) Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) sind hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. § 9 Abs. 2 SGB II lautet: Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen. Nach § 9 Abs. 5 SGB II wird, sofern Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten leben, vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

§ 9 Abs. 1 SGB II konkretisiert die Subsidiarität der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 3 SGB II) und das Prinzip der Eigenverantwortung (§ 2 SGB II) (vgl. Karl in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 30.08.2019, § 9, Rdnr. 21; BT-Drs. 15/1516, S. 45, 52). Nach § 3 Abs. 3 SGB II dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann; die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und der mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Nach § 2 Abs. 1 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, hat die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person eine ihr angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen. § 2 Abs. 2 SGB II bestimmt, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen haben, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte müssen ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Nach dem Wortlaut der ursprünglichen Fassung von § 9 Abs. 1 SGB II (bis 31. Dezember 2010) war gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB II a.F. auch hilfebedürftig, wer seine Eingliederung in Arbeit nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit sichern konnte. Dies hätte umgekehrt nahegelegt, Hilfebedürftigkeit für denjenigen zu verneinen, der eine zumutbare Arbeit aufnehmen und dadurch eingegliedert werden könnte. Dass dies vom Willen des Gesetzgebers nicht getragen war, hat er mit Neufassung von Absatz 1 zum 1. Januar 2011 klargestellt. Die Ablehnung zumutbarer Arbeiten sollte seit Schaffung des SGB II nur Kürzungen (Sanktionen) des bestehenden Leistungsanspruches bewirken (vgl. Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 30.08.2019, § 9, Rdnr. 32). So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BT-Drs. 15/1516, S. 44): "Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wird durch Eingliederungsleistungen und Anreize gefördert, die Ablehnung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit oder einer Eingliederungsmaßnahme durch die Kürzung der Leistung zum Lebensunterhalt sanktioniert. Damit soll dem Grundsatz Rechnung getragen werden, dass derjenige, der arbeitet, über ein höheres Einkommen verfügen soll als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit nicht arbeitet und Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende bezieht." Dem SGB II sind deshalb keine sog. "Workfare-Elemente" immanent: Die Begründung eines Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (passive Leistungen) ist nicht unmittelbar mit der Verpflichtung zur Arbeitsaufnahme verknüpft. Es fehlt an einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz, die unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass der Gesetzgeber für den Erhalt der staatlichen Leistungen eine Gegenleistung einfordern will (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R, juris, Rdnr. 22). Vielmehr ist das Arbeitslosengeld II bei Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen als gesetzlich gebundene Leistung verpflichtend zu erbringen. Die Ursache der Hilfebedürftigkeit spielt keine Rolle. Ein Leistungsanspruch ist deshalb auch dann gegeben, wenn die Hilfebedürftigkeit durch schuldhaftes Verhalten, z.B. extensive Lebensweise, Unterlassen einer möglichen Arbeitsaufnahme, herbeigeführt wurde (vgl. Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 30.08.2019, § 9, Rdnr. 31; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 120). Wenn der Lebensunterhalt grundsätzlich durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit gesichert werden kann, entfällt die Hilfebedürftigkeit erst, wenn tatsächlich eine bedarfsdeckende Beschäftigung aufgenommen wird (vgl. Mecke in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 9, Rdnr. 19 m.w.N.). Diesem Gedanken folgt das gesetzgeberische Grundprinzip, dass Einkommen nicht "fiktiv" berücksichtigt werden darf, sondern tatsächlich geeignet sein muss, Hilfebedürftigkeit zu beseitigen (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R, juris, Rdnr. 14 m.w.N.). Eingriffe in die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen eines "Fehlverhaltens" des Leistungsberechtigten im Rahmen von Eingliederungsbemühungen dürfen wegen der verfassungsrechtlich abgesicherten Gewährleistung des Existenzminimums ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Nach geltendem Recht geschieht dies durch die Vorschriften der §§ 31f. SGB II, die sich ihrerseits erst nachträglich auf bereits bewilligte Leistungen auswirken (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2014, B 4 AS 26/13 R, juris, Rdnr. 42; Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 30.08.2019, § 9, Rdnr. 32). Ob die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) in der Vergangenheit eine Beschäftigung hätten finden können oder sich darum (schuldhaft) nicht ausreichend bemüht haben, kann daher offen bleiben: Es ist nicht ersichtlich, dass sie derzeit die Aufnahme einer ihnen tatsächlich zur Verfügung stehenden Arbeit willentlich verweigern würden (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, BvL 7/16, juris, Rdnr. 209).

Ob und in welchem Umfange Hilfebedürftigkeit vorliegt, lässt sich für die laufenden (Geld-) Leistungen im Übrigen aus der Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs (Regelleistung, Mehr- und Sonderbedarfe, Leistungen für Heizung und Unterkunft) des Antragstellers bzw. der Bedarfsgemeinschaft (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) und dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen ermitteln. Auch wenn dabei der erwerbsfähige Hilfebedürftige gegenüber dem Leistungsträger als Antragsteller auftritt und nach § 38 SGB II seine Vertretung für die gesamte Bedarfsgemeinschaft für Antragstellung und Empfang von Leistungen vermutet wird, erwirbt dennoch jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen individuellen, einklagbaren Leistungsanspruch (Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 30.08.2019, § 9, Rdnr. 29). Hilfebedürftig kann stets nur eine Einzelperson sein, nicht hingegen eine Bedarfsgemeinschaft (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 7, Rdnr. 20 m.w.N.). Dennoch muss sich jede Person über die bloße Funktion der "Bedarfsgemeinschaft als Zuordnungsbegriff" hinaus gerade im Rahmen der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit letztlich grundsätzlich das Einkommen und Vermögen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft materiell zurechnen lassen. So bestimmt § 9 Abs. 1 SGB II eben nicht, dass hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln sichern kann, sondern hilfebedürftig ist, wer seinen und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht sicherstellen kann. Es ist also der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft zu decken. Ist nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, so gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig. Mithin wird auch die Person, die ihren eigenen Bedarf decken kann, über die Zurechnung zur Bedarfsgemeinschaft hilfebedürftig und damit – anders als im Sozialhilferecht – eigener Anspruchsinhaber nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 7, Rdnr. 20).

Ausgehend davon sind die in Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller (aa) hilfebedürftig, weil ihrem Gesamtbedarf zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt 1902,64 EUR monatlich bis zum 31. Dezember 2019 und von 1981,52 EUR monatlich seit dem 1. Januar 2020 (bb) kein Einkommen oder Vermögen gegenübersteht, das den Bedarf vollständig decken würde (cc). Sie verfügen monatlich - abgesehen von dem Unterhaltsvorschuss in Höhe von 212 EUR und 50 EUR Spende - über kein Einkommen oder Vermögen, das einen gegenwärtigen Bedarf vollständig ausschließen würde.

aa) Die Bedarfsgemeinschaft besteht aus den Antragstellern zu 1) bis 4) sowie K ... Die Antragstellerin ist nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft als erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Der Antragsteller zu 4) gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zur Bedarfsgemeinschaft, da er zwar das 15. Lebensjahr vollendet hat, nicht aber das 25. Lebensjahr und seinen Bedarf nicht selber decken kann. Gleiches gilt für K ... Denn im Rahmen des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II kommt es nicht darauf an, ob das unverheiratete Kind erwerbsfähig oder erwerbsunfähig ist (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 7, Rdnr. 120). Es erübrigen sich deshalb auch weitere Feststellungen zur Erwerbsfähigkeit von K ... Zweifel an der Erwerbsfähigkeit ergeben sich aufgrund der festgestellten Behinderung sowie dem Umstand, dass K. in einer Werkstatt für behinderte Menschen betreut wird. Die Antragsteller zu 2) und 3) gehören als nichterwerbsfähige minderjährige Leistungsberechtigte zur Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Der Sohn K. gehört ebenfalls zur Bedarfsgemeinschaft, da er das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und nicht über ausreichendes Einkommen verfügt, um seinen Bedarf selber zu decken. Dabei ist es unschädlich, dass K. selber nicht am gerichtlichen Verfahren beteiligt ist. Nicht jedes Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist verpflichtet, mit den anderen Klage zu erheben. Der Sohn H. gehört hingegen nicht zur Bedarfsgemeinschaft, da er 2019 das 25. Lebensjahr vollendet hat. Dieser bildet mit seiner Ehefrau (§ 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II) und seinen Kindern (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) eine eigenständige Bedarfsgemeinschaft.

bb) Die Antragsteller haben einen Gesamtbedarf zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt 1902,64 EUR monatlich bis zum 31. Dezember 2019 und von 1981,52 EUR monatlich seit dem 1. Januar 2020. Dieser setzt sich zusammen aus (aaa) dem Regelbedarf (§ 20 SGB II) und dem Mehrbedarf (§ 21 SGB II) sowie (bbb) den Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II). (ccc) Die Leistungen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB II (Leistungen für Bildung und Teilhabe, § 28 SGB II) sind zwar nach § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sie bilden aber einen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 12/13 R, juris, Rdnr. 14).

aaa) Nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Gemäß § 20 Abs. 1a Satz 1 SGB II wird der Regelbedarf in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 SGB XII in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 SGB XII in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird nach § 20 Abs. 2 Satz 2 SGB II als Regelbedarf anerkannt: 1. monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen. Nach § 23 Nr. 1 SGB II gilt beim Sozialgeld ergänzend, dass als Regelbedarf bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 6, vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 5 und im 15. Lebensjahr ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4 anerkannt wird. Die Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2019 vom 19. Oktober 2018 (BGBl. I, 1766) sowie die Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2020 vom 15. Oktober 2019 (BGBl. I, 1452) sehen als Regelbedarfsstufen nach § 28 SGB II vor:

Bedarfsstufe 1 2 3 4 5 6 2019 424 EUR 382 EUR 339 EUR 322 EUR 302 EUR 245 EUR 2020 432 EUR 389 EUR 345 EUR 328 EUR 308 EUR 250 EUR

Nach § 21 Abs. 1 SGB II umfassen Mehrbedarfe Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. Nach § 21 Abs. 3 SGB II ist bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ein Mehrbedarf anzuerkennen 1. in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder 2. in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Regelbedarfs. Nach § 21 Abs. 4 SGB II wird bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Zwölften Buches erbracht werden, ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen währen einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

Ausgehend davon lag der monatliche Regel- und Mehrbedarf der Antragstellerin bis zum 31. Dezember 2019 bei 576,64 EUR und liegt seit dem 1. Januar 2020 bei 587,52 EUR: Der Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe 1 lag bei 424 EUR. Hinzu kam ein Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II, da sowohl der Antragsteller zu 2) als auch der Antragsteller zu 3) noch unter 16 Jahre alt sind. Dieser lag bei 152,64 EUR. Seit dem 1. Januar 2020 liegen die Beträge bei 432 EUR und 155,52 EUR. Der Regelbedarf des 14jährigen Antragstellers zu 2) sowie des 9jährigen Antragstellers zu 3) liegt - ausgehend von der Regelbedarfsstufe 5 - bis zum 31. Dezember 2019 jeweils bei 302 EUR und seit dem 1. Januar 2020 bei jeweils 308 EUR. Der Regelbedarf des 17jährigen Antragstellers zu 4) beträgt nach der Regelbedarfsstufe 4 bis zum 31. Dezember 2019 322 EUR und seit dem 1. Januar 2020 328 EUR.

Der Regelbedarf für K. muss nicht abschließend bestimmt werden. Insoweit ist fraglich, ob zusätzlich zum Regelbedarf nach § 20 SGB II noch ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II besteht. Dafür wäre zu klären, ob K. erwerbsfähig ist. Insoweit bestehen aufgrund seiner schweren Behinderung Anlass zu Zweifeln. Dies bedarf aber keiner weiteren Aufklärung: Da K. nur über ein Taschengeld von 50 EUR verfügt, ist offensichtlich, dass sein Bedarf nicht gedeckt ist und kein übersteigendes Einkommen vorhanden ist, das bei den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden könnte. Ebenso fehlt es - wie untern noch näher dargelegt wird - auch bei den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft an Einkommen, dass beim Bedarf der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werden könnte. Der Bedarf und das Einkommen des K. können deshalb, da sein Anspruch auf Leistungen in diesem Verfahren nicht streitig ist, bei der Berechnung unberücksichtigt bleiben, weil sie sich auf die Leistungshöhe des Bedarfs der Antragsteller zu 1) bis 4) nicht auswirken.

bbb) Der Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung liegt bei monatlich 100 EUR pro Person, insgesamt 400 EUR. Zusätzlich zu dem Regel- und Mehrbedarf werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden. § 22 Abs. 9 SGB II bestimmt: Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragen Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit: 1. den Tag des Eingangs der Klage, 2. die Namen und die Anschriften der Parteien, 3. die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete, 4. die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und 5. den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist. Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten einer Mietwohnung gehören alle tatsächlich anfallenden Aufwendungen für die Wohnung, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris, Rdnr. 15). Dies sind jedenfalls die geschuldetes Nettokaltmiete sowie die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten. Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für die Unterkunft hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R, juris, Rdnr. 18 m.w.N.). Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen. Dies hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wie folgt zu geschehen: (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 41/18 R, juris, Rdnr. 19 m.w.N.). Für die Ermittlung der angemessenen Grundfläche einer Wohnung sind typisierend die im sozialen Mietwohnungsbau anerkannten Wohnraumgrößen zu Grunde zu legen. Dazu ist auf die Werte zurückzugreifen, die die Länder auf Grund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris, Rdnr. 15 ff; Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl., Stand: 23.10.2019, § 22, Rdnr. 85.). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Gemäß Nr. 11 des Erlasses über die Ausstellung von Bescheinigungen über die Wohnungsberechtigung nach § 5 des Hessischen Wohnungsbindungsgesetzes bzw. nach § 17 des Hessischen Wohnraumförderungsgesetzes sowie von Berechtigungsscheinen zum Bezug von Wohnungen der Vereinbarten Förderung - §§ 88d und 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vom 22. Juli 2014 (StAnz. 2014, S. 645 ff.) i.V.m. Anlage 1 des Erlasses ist eine Wohnungsgröße für eine Person bis 50 m², für zwei Personen bis 60 m², für drei Personen bis 75 m² und für jede weitere Person von maximal 12 m² angemessen (vgl. Hessischen Landessozialgericht, Urteil vom 21. November 2018, L 6 AS 185/18, juris, Rdnr. 32). Bei den Aufwendungen für die Heizung werden die tatsächlich aufgewendeten Kosten als Bedarf berücksichtigt (vgl. Luik in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 22, Rdnr. 64).

Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft tatsächlich gemeinsam, so sind die gesamten Kosten der Unterkunft hierfür in der Regel unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013, B 14 AS 85/12 R, juris, Rdnr. 20 m.w.N.). Innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft erfolgt die Aufteilung von Kosten der Unterkunft nach Kopfteilen unabhängig davon, wer den Mietzins schuldet (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013, B 14 AS 85/12 R, juris, Rdnr. 22) und wer welchen Teil der Wohnung tatsächlich nutzt (vgl. Krauß in: Hauck/Noftz, SGB, 10/12, § 22 SGB II, Rdnr. 49). Auch innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft sind hiervon Ausnahmen denkbar, etwa bei einem über das normale Maß hinausgehenden Bedarf einer der in der Wohnung lebenden Person wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit oder wenn der Unterkunftskostenanteil eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft wegen einer bestandskräftigen Sanktion weggefallen ist und die Anwendung des Kopfteilprinzips zu Mietschulden für die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führen würde (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013, B 14 AS 85/12 R, juris, Rdnr. 23 m.w.N.). Nutzen mehrere Personen eine Wohnung, ohne eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden (z.B. bei Wohngemeinschaften), ist demgegenüber für die Aufteilung der Unterkunftskosten derjenige Anteil entscheidend, der nach der internen Vereinbarung auf den jeweiligen Mitbewohner entfällt. Maßgebend ist insoweit, ob eine wirksame vertragliche Vereinbarung besteht. Wenn eine solche Vereinbarung wirksam geschlossen worden ist, geht diese der auf praktischen Erwägungen beruhenden Aufteilung nach Kopfteilen vor (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013, B 14 AS 85/12 R, juris, Rdnr. 24). Ansonsten bleibt es auch bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Familienmitglieder, die keine Bedarfsgemeinschaft bilden, bei einer Aufteilung nach Kopfteilen (vgl. Krauß in: Hauck/Noftz, SGB, 10/12, § 22 SGB II, Rdnr. 49).

Ausgehend davon sind bei den Antragstellern jeweils 100 EUR als angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen. Die angemietete Wohnung liegt mit einer Größe von 110 qm deutlich unter der Maximalgröße von 147 qm für neun Personen (75 qm für drei Personen sowie weitere 6 x 12 qm = 72 qm). Anhaltspunkte dafür, dass die angemietete Wohnung im Übrigen unangemessen wäre, sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Beigeladene die Kosten der Unterkunft als angemessen anerkannt und seiner Bewilligung zugrunde gelegt. Die Kosten sind kopfanteilig aufzuteilen. Eine interne Vereinbarung darüber, welcher Mietanteil auf Familienangehörigen entfällt, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, besteht nicht. Bei Kosten von 650 EUR Miete und 250 EUR Nebenkostenvorauszahlung inklusive Heizkosten ergibt sich ein Pro-Kopfanteil von 100 EUR.

ccc) Weitere Bedarfe nach § 28 SGB II (Leistungen für Bildung und Teilhabe) sind im Rahmen des Eilverfahrens nicht zu berücksichtigen. Die Antragsteller haben insoweit keinen gegenwärtigen Bedarf geltend gemacht. Auf eine Berücksichtigung von Amts wegen kann verzichtet werden, da die Leistungen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB II (Leistungen für Bildung und Teilhabe, § 28 SGB II) zwar nach § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind. Sie bilden aber einen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 12/13 R, juris, Rdnr. 14).

cc) Die Antragsteller verfügen über kein Einkommen oder Vermögen, das den Gesamtbedarf auch nur ansatzweise decken würde.

Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. § 12 Abs. 2 SGB II bestimmt als absetzbare Beträge: Vom Vermögen sind abzusetzen 1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 EUR je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede volljährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jedenfalls den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht überschreiten, 1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind, 2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet, 3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt, 4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten. Bei Personen, die 1. vor dem 1. Januar 1958 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 750 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 48 750 Euro, 2. nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 9 900 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 49 500 Euro, 3. nach dem 31. Dezember 1963 geboren sind, darf der Grundfreibetrag nach Satz 1 Nummer 1 jeweils 10 050 Euro und der Wert der geldwerten Ansprüche nach Satz 1 Nummer 3 jeweils 50 250 Euro nicht übersteigen. § 12 Abs. 3 SGB II lautet: Als Vermögen sind nicht zu berücksichtigen 1. angemessener Hausrat, 2. ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person, 3. von der Inhaberin oder dem Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, 4. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung, 5. Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks von angemessener Größe bestimmt ist, soweit dieses zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, 6. Sachen und Recht, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Für die Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgebend. Gemäß Absatz 4 Satz 1 ist das Vermögen mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen.

§ 11 SGB II lautet: (1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in §11a genannten Einnahmen. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird. (2) Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Zu den laufenden Einnahmen zählen auch Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden. Für laufende Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen zufließen, gilt Absatz 3 entsprechen. (3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen zu berücksichtigen. Zu den einmaligen Einnahmen gehören auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahmen erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat erbracht. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.

Nach § 11a Abs. 1 SGB II sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen 1. Leistungen nach diesem Buch, 2. die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, 3. die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper und Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Nach Absatz 2 sind Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet werden, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Nach Absatz 3 Satz 1 sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Absatz 3 Satz 2 bestimmt eine davon abweichende Einkommensberücksichtigung für bestimmte, im einzelnen aufgezählte Leistungen. Gemäß § 11a Abs. 4 SGB II sind Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Nach § 11 Abs. 5 SGB II sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit 1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder 2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Absatz 6 der Vorschrift enthält Regelungen zur Berücksichtigung des Überbrückungsgeldes nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbarer Leistungen.

§ 11b SGB II regelt Absetzbeträge vom Einkommen.

Auf der Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 1 SGB II ist die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V) vom 17. Dezember 2007 in der Fassung des Art. 1 der Siebten Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 26. Juli 2016 (BGBl. I, 1858) ergangen. Mit dieser werden Einnahmen (über die Privilegierung des § 11a SGB II hinaus) von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen. Die Einzelheiten der Einkommensberechnung wird präzisiert, Pauschbeträge zur Bereinigung des Einkommens festgesetzt, Gegenstände (über die Privilegierung des § 12 Abs. 3 hinaus) von der Berücksichtigung als Vermögen ausgenommen und die Wertermittlung (über § 12 Abs. 4 SGB II hinaus) konkretisiert sowie monatliche Durchschnittsbeträge für die Berücksichtigung einzelner Bedarfe im Sinne des § 28 SGB II im Rahmen der Hilfebedürftigkeitsprüfung und der Eigenanteil des maßgebenden Regelbedarfs bei der Bedarfsplanung im Sinne des § 28 Ab. 6 SGB II bestimmt (vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 04/2017, § 13 SGB II, Rdnr. 15). Nach § 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V sind außer den in § 11a SGB II genannten Einnahmen als Einkommen nicht zu berücksichtigen Verpflegung, die außerhalb der in den §§ 2, 3 und 4 Nummer 4 genannten Einkommensarten bereitgestellt wird. Dies sind Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Alg II-VO), Einkommen aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft (§ 3 Alg II-VO) und Wehr-, Ersatz- und Freiwilligendienstverhältnisse (§ 4 Nr. 4 Alg II-VO).

Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind alle Einnahmen in Geld. Einnahmen nicht in Geld aber in Geldeswert, die nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung noch als Einkommen zu berücksichtigen waren, sind durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26. Juli 2016 (BGBl. I, 1824) zur Entlastung der Verwaltung gestrichen worden. Einnahmen in Geldeswert sind seitdem vom Grundsatz her nicht mehr als Einnahmen zu berücksichtigen. Unter den Voraussetzungen des § 12 SGB II sind sie ab dem Folgemonat des Zuflusses als Vermögen zu berücksichtigen (vgl. Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB, § 11 SGB II, Rdnr. 39, 39.2). Lediglich für Einnahmen in Geldeswert, die in § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II aufgeführt werden, gilt weiterhin, dass diese als Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB, § 11 SGB II, Rdnr. 39.2). Im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II kann nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar. Als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit in Höhe der Zuwendungen dauerhaft entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 66/11 R, juris, Rdnr. 17). Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren und nur für den Fall des Obsiegens zurückgezahlt werden sollen, stellen kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 66/11 R, juris, Rdnr. 18). Gerade wegen der Unaufschiebbarkeit des Bedarfs muss vom Hilfebedürftigen bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht des Trägers der Grundsicherung übergangsweise eine andere Regelung gefunden werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 66/11 R, juris, Rdnr. 18). Einen ursprünglich bestehenden Anspruch lassen solche Einnahmen dann nicht entfallen, wenn feststeht, dass dem Dritten im Falle des Obsiegens die zugewandten Leistungen zurückerstattet werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 66/11 R, juris, Rdnr. 19; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Beschluss vom 19. Juli 2016, L 7 AS 1055/16 B ER, juris, Rdnr. 9; LSG Hamburg, Urteil vom 23. Februar 2017, L 4 AS 15/15, juris, Rdnr. 16). An die Stelle der ursprünglich begehrten Leistungen treten dann die Schulden, die gegenüber den Dritten eingegangen worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. November 2011, B 4 AS 204/10 R, juris, Rdnr. 25). Verbleiben Leistungen Dritter dem Hilfebedürftigen, so entfällt der konkrete Bedarf trotz ggf. rechtswidriger Leistungsablehnung, weil die SGB II-Leistungen ihren Zweck der Bedarfsdeckung nicht mehr erfüllen können (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2011, B 4 SAS 202/10 R, juris, Rdnr. 23). Wie im Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch und des Bundessozialhilfegesetzes kann dem Hilfesuchenden eine zwischenzeitliche Selbstbeschaffung der begehrten Leistung unter dem Gesichtspunkt der "Zweckverfehlung" der ursprünglich beantragten Leistung auch im SGB II nicht entgegengehalten werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011, B 14 AS 66/11 R, juris, Rdnr. 18). Lehnt der Leistungsträger die Hilfegewährung rechtswidrig ab, dann darf sich der Hilfesuchende um der Effektivität des Rechtsschutzes willen selbst helfen und vom Träger die Übernahme der hierdurch entstandenen Kosten verlangen. Die Einklagbarkeit abgelehnter Leistungen zur Existenzsicherung wäre uneffektiv, wenn der Leistungsträger durch unberechtigtes Bestreiten des Anspruchs den Beginn der Leistungen auf Jahre hinausschieben oder gar den mit dem bekanntgewordenen Bedarf entstandenen Anspruch vereiteln könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. September 1993, 5 C 50/91, juris, Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 46/11 R, juris, Rdnr. 16, 17). Dies gebietet bereits Art. 19 Abs. 4 GG. Die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes darf nicht dazu führen, den Leistungsanspruch wegen anderweitiger "Bedarfsdeckung" zu verneinen, wenn mit Hilfe eines Dritten (allein) der rechtmäßige Zustand in der Zwischenzeit vorweggenommen wird. Dem Leistungsberechtigten dürfen für den Zeitraum von der Versagung der Leistung bis zu einer ihm günstigen gerichtlichen Entscheidung keine materiellen Nachteile entstehen, wenn er von seinem verfassungsrechtlich verbürgten Recht Gebrauch macht und das Sozialgericht anruft (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB, § 11 SGB II, Rdnr. 47).

§ 11a Abs. 4 SGB II privilegiert Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Damit wird ebenso wie in § 84 SGB XII geregelt, dass nicht der Zweck der Zuwendung, sondern deren Auswirkung auf den Lebensunterhalt für die Berücksichtigung maßgeblich ist (vgl. BT-Drs. 17/3434, S. 94; Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl., 2015, Stand: 25.9.2019, § 11a, Rdnr. 51; Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 11a, Rdnr. 36). Maßgeblich sind insoweit die Umstände des Einzelfalls (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2013, B 8 SO 12/11 R, juris, Rdnr. 19). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die freie Wohlfahrtspflege Zuwendungen unabhängig von staatlichen Leistungen gerade zu dem Zweck gewährt, die Lage des Hilfebedürftigen zu verbessern und der öffentliche Träger nicht auf Kosten der freien Wohlfahrtspflege entlastet werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2013, B 8 SO 12/11 R, juris, Rdnr. 19 m.w.N.). Die freie Wohlfahrtspflege unterstützt die Träger existenzsichernder Leistungen durch private Organisation bei ihren Aufgaben angemessen, ist in der Gestaltung ihrer Arbeit aber völlig frei (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 2013, B 8 SO 12/11 R, juris, Rdnr. 15). Unter Wohlfahrtspflege ist deshalb eine planmäßige, ohne Gewinnerzielungsabsicht und zum Wohle der Allgemeinheit neben dem Staat und öffentlichen Trägern ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder helfende Betreuung und/oder Hilfeleistung für gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdete, notleidende oder sonst sozial benachteiligte Personen zu verstehen, die auch über die Ziele einer bloßen Selbsthilfeorganisation hinausgehen (BSG, Urteil vom 28. Februar 2013, B 8 SO 12/11 R, juris, Rdnr. 15 m.w.N.). Träger der freien Wohlfahrtspflege sind jedenfalls die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts und Verbände der freien Wohlfahrtspflege (vgl. § 5 Abs. 1 SGB XII; Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl., § 11a, Rdnr. 38).

Ausgehend davon verfügen die Antragsteller nicht über ausreichendes Einkommen und Vermögen, um ihren Bedarf insgesamt decken zu können.

Die Antragsteller verfügen über kein Vermögen. Die Kleiderspenden, die sie erhalten, vermehren zwar ihr Vermögen, da Vermögen die Gesamtheit von Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des jeweils Berechtigten ist (vgl. Radüge/Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl., 2015, Stand 08.04.2019, § 12, Rdnr. 30 m.w.N.). Der Wert ist aber offensichtlich so gering, dass die Freibetragsgrenzen des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht überschritten werden.

Die Lebensmittelspenden bleiben nach § 1 Abs. 1 Nr. 11 Alg II-V unberücksichtigt, da diese nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit oder eines Dienstes nach § 4 Nr. 4 Alg II-V bereitgestellt werden.

Soweit die Antragstellerin "dann und wann" Geld von der Kirchengemeinde erhält, sind dies rund 50 EUR im Monat, die sie geschenkt bekommt. Dabei handelt es sich zwar um Einkommen, da dieses Geld der Antragstellerin endgültig verbleibt und keine Rückzahlungspflicht im Falle des Obsiegens besteht. Der Höhe nach ist es allerdings nicht bedarfsdeckend, so dass es den Anspruch dem Grunde nach nicht entfallen lässt. In welcher Höhe der Anspruch für die Vergangenheit bestand, bedarf im Rahmen des Eilverfahrens keiner Entscheidung. Insoweit wäre ggf. zu prüfen, ob durch die Geldleistungen die Lage der Antragsteller so wesentlich beeinflusst wurde, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären (§ 11a Abs. 4 SGB II). Da die Kirchengemeinde aber die Leistung anstelle des Antragsgegners erbringt, lässt dies jedenfalls den zukünftigen Bedarf nicht entfallen. Die Antragsteller haben keinen Rechtsanspruch auf die Geldzahlung und es bleibt abzuwarten, ob die Kirchengemeinde für den Fall, dass die Antragsteller staatliche existenzsichernde Leistungen erhalten, noch zusätzliche Geldleistungen erbringen wird.

Die Antragstellerin hat kein weiteres Einkommen. Der Vortrag, dass sie von ihrem Sohn H. nunmehr 200 EUR monatlich an Unterhalt erhalte, nachdem dieser am 18. November 2019 einen Arbeitsvertrag mit einer Leiharbeitsfirma abgeschlossen hat, sieht das Gericht nicht als glaubhaft an. Der Arbeitsvertrag ist bis zum 21.12.2019 befristet. Zudem ist ihr Sohn H. seinen beiden Töchtern sowie seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Dass dann noch 200 EUR übrig sind, um die Antragstellerin zu unterstützen, hält das Gericht für unwahrscheinlich. Es sieht diesen Vortrag vielmehr im Zusammenhang mit dem Bemühen, einen Aufenthaltsanspruch zu begründen.

Der Antragsteller zu 3) erhält einen Unterhaltsvorschuss in Höhe von 212 EUR. Dieser ist nicht ausreichend, um seinen Bedarf in Höhe von 402 EUR bzw. 408 EUR seit Januar 2020 zu decken.

Die Vermutungsregelung des § 9 Abs. 5 SGB II greift nicht. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Sohn H. über derartig viel Einkommen und Vermögen verfügt, dass er in der Lage wäre, neben seiner eigenen Familie auch noch seine Mutter und seine Brüder finanziell zu unterstützen.

Unter Berücksichtigung des Einkommens (Spende) ergibt sich damit bis Dezember 2019 ein ungedeckter Bedarf der Antragstellerin in Höhe von 626,64 EUR. Für die Zeit ab Januar 2020 liegt dieser bei 637,52 EUR und ohne die Spende bei 687,52 EUR. Der Antragsteller zu 2) hat einen ungedeckten Bedarf in Höhe von 402 EUR bzw. 408 EUR ab Januar 2020; bei dem Antragsteller zu 3) liegt dieser bei 190 EUR bzw. 196 EUR und bei dem Antragsteller zu 4) bei 422 EUR bzw. 428 EUR.

g) Da die minderjährigen Antragsteller zu 2) und 3) die Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II noch nicht erreicht haben, ergibt sich bei ihnen eine abgeleitete Anspruchsberechtigung auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II in Gestalt des Sozialgeldes (§ 7 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 4, § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

II. Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) sind aber nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen. Insoweit gelten die gleichen Maßstäbe wie im Rahmen des § 23 Abs. 3 SGB XII, so dass auf diese - bereits an dieser Stelle - ausführlich einzugehen ist. Dabei greift nur der Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II ein, der dem durch die hiesige Entscheidung dem BVerfG zur Prüfung vorgelegten § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a SGB XII entspricht. Die sonstigen Ausschlusstatbestände würden einer Leistungsgewährung nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht entgegenstehen. Von der Anwendung der Leistungsausschlüsse kann nicht deshalb abgesehen werden, weil sich die Antragsteller bereits seit mehr als fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalten (1.). Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) werden zwar nicht von den Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 (2.), Nr. 2b) (3.), Nr. 2c (4.) und Nr. 3 (5.) erfasst. Es greift aber der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II, der nach Wortlaut und Zweck dem Ausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a SGB XII entspricht (6.). Dieser Leistungsausschluss betrifft auch die Antragsteller zu 2) und 3) (7.).

§ 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II in der Fassung des Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, 3155) lauten: (2) Ausgenommen sind 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, a) die kein Aufenthaltsrecht haben, b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L141 vom 27.5.2011, S.1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S.1) geändert worden ist, ableiten, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. (3) Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. (4) Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. (5) Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. (6) Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnete. (7) Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

§§ 2 bis 5 FreizügG/EU lauten:

§ 2 Recht auf Einreise und Aufenthalt (1) Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind: 1. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen, 1a. Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, 2. Unionsbürger, wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige), 3. Unionsbürger, die, ohne sich niederzulassen, als selbständige Erwerbstätigkeit Dienstleistungen im Sinne des Artikel 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erbringen wollen (Erbringer von Dienstleistungen), wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt sind, 4. Unionsbürger als Empfänger von Dienstleistungen, 5. nicht erwerbstätige Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4, 6. Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4, 7. Unionsbürger und ihre Familienangehörige, die ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben. (3) Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei 1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat. Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt. (4) Unionsbürger bedürfen für die Einreise keines Visums und für den Aufenthalt keines Aufenthaltstitels. Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind, bedürfen für die Einreise eines Visums nach den Bestimmungen für Ausländer, für die das Aufenthaltsgesetz gilt. Der Besitz einer gültigen Aufenthaltskarte, auch der eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, entbindet nach Artikel 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/3EWG, 68/360/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG und 93/96/EWG (ABl. EU Nr. L 229 S. 35) von der Visumspflicht. (5) Für einen Aufenthalt von Unionsbürgern von bis zu drei Monaten ist der Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses ausreichend. Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind, haben das gleich Recht, wenn sie im Besitz eines anerkannten oder sonst zugelassenen Passes oder Passersatzes sind und sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. (6) Für die Ausstellung des Visums werden keine Gebühren erhoben. (7) Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann festgestellt werden, wenn feststeht, dass die betreffende Person das Vorliegen einer Voraussetzung für dieses Recht durch die Verwendung von gefälschten oder verfälschten Dokumenten oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat. Das Nichtbestehen des Rechts nach Absatz 1 kann bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, außerdem festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, kann in diesen Fällen die Erteilung der Aufenthaltskarte oder des Visums versagt werden oder seine Aufenthaltskarte kann eingezogen werden. Entscheidungen nach den Sätzen 1 bis 3 bedürfen der Schriftform.

§ 3 Familienangehörige (1) Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Unionsbürger haben das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Für Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 genannten Unionsbürger gilt dies nach Maßgabe des § 4. (2) Familienangehörige sind 1. der Ehegatte, der Lebenspartner und die Verwandten in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, die noch nicht 21 Jahre alt sind, 2. die Verwandten in gerader aufsteigender und in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, denen diese Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner Unterhalt gewähren. (3) Familienangehörige, die nicht Unionsbürger sind, behalten beim Tod des Unionsbürgers ein Aufenthaltsrecht, wenn sie die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 erfüllen und sich vor dem Tod des Unionsbürgers mindestens ein Jahr als seine Familienangehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben. § 3 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 6 und 7 sind für Personen nach Satz 1 nicht anzuwenden; insoweit ist das Aufenthaltsgesetz anzuwenden. (4) Die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und der Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich ausübt, behalten auch nach dem Tod oder Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie ihre Aufenthaltsrecht ableiten, bis zum Abschluss einer Ausbildung ihr Aufenthaltsrecht, wenn sich die Kinder im Bundesgebiet aufhalten und eine Ausbildungsreinrichtung besuchen. (5) Ehegatten oder Lebenspartner, die nicht Unionsbürger sind, behalten bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft ein Aufenthaltsrecht, wenn sie die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 erfüllen und wenn ( ).

§ 4 Nicht erwerbstätige Freizügigkeitsberechtigte Nicht erwerbstätige Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen, haben das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Hält sich der Unionsbürger als Student im Bundesgebiet auf, haben dieses Recht nur sein Ehegatte, Lebenspartner und seine Kinder, denen er Unterhalt gewährt.

§ 4a Daueraufenthaltsrecht (1) Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, haben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Ihre Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, haben dieses Recht, wenn sie sich seit fünf Jahren mit dem Unionsbürger ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben. § 3 Absatz 1 und 2 ist für Personen nach Satz 2 nicht anzuwenden; insoweit sind die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes zum Familiennachzug zu Inhabern einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU entsprechend anzuwenden. (2) Abweichend von Absatz 1 haben Unionsbürger nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 vor Ablauf von fünf Jahren das Daueraufenthaltsrecht, wenn sie 1. sich mindestens drei Jahre ständig im Bundesgebiet aufgehalten und mindestens während der letzten zwölf Monate im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben und a) zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das 65. Lebensjahr erreicht haben oder b) ihre Beschäftigung im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden oder 2. ihre Erwerbstätigkeit infolge einer vollen Erwerbsminderung aufgeben, a) die durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist und einen Anspruch auf eine Rente gegenüber einem Leistungsträger im Bundesgebiet begründet oder b) nachdem sie sich zuvor mindestens zwei Jahre ständig im Bundesgebiet aufgehalten haben oder 3. drei Jahre ständig im Bundesgebiet erwerbstätig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren; für den Erwerb des Rechts nach den Nummern 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Soweit der Ehegatte oder der Lebenspartner des Unionsbürgers Deutscher nach Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder diese Rechtsstellung durch Eheschließung mit dem Unionsbürger bis zum 31. März 1953 verloren hat, entfallen in Satz 1 Nr. 1 und 2 die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit. (3) Familienangehörige eines verstorbenen Unionsbürgers nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, die im Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, haben das Daueraufenthaltsrecht, wenn 1. der Unionsbürger sich im Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ständig aufgehalten hat, 2. der Unionsbürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist oder 3. der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner des Unionsbürgers Deutscher nach Artikel 116 des Grundgesetzes ist oder diese Rechtsstellung durch Eheschließung mit dem Unionsbürger vor dem 31. März 1953 verloren hat. (4) Die Familienangehörigen eines Unionsbürgers, der das Daueraufenthaltsrecht nach Absatz 2 erworben hat, haben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn sie bei dem Unionsbürger ihren ständigen Aufenthalt haben. (5) Familienangehörige nach § 3 Abs. 3 bis 5 erwerben das Daueraufenthaltsrecht, wenn sie sich fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. (6) Der ständige Aufenthalt wird nicht berührt durch 1. Abwesenheitszeiten bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr oder 2. Abwesenheit zur Ableistung des Wehrdienstes oder eines Ersatzdienstes sowie 3. eine einmalige Abwesenheit von bis zu zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigem Grund, insbesondere auf Grund einer Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung. (7) Eine Abwesenheit aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grund von mehr als zwei aufeinander folgenden Jahren führt zum Verlust des Daueraufenthaltsrechts.

§ 5 Aufenthaltskarten, Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht (1) Freizügigkeitsberechtigte Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, wird von Amts wegen innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie die erforderlichen Angaben gemacht haben, eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern ausgestellt, die fünf Jahre gültig sein soll. Eine Bescheinigung darüber, dass die erforderlichen Angaben gemacht worden sind, erhält der Familienangehörige unverzüglich. (2) Die zuständige Ausländerbehörde kann verlangen, dass die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 drei Monate nach der Einreise glaubhaft gemacht werden. Für die Glaubhaftmachung erforderliche Angaben und Nachweise könne von der zuständigen Meldebehörde bei der meldebehördlichen Anmeldung entgegengenommen werden. Diese leitet die Angaben und Nachweise an die zuständige Ausländerbehörde weiter. Eine darüber hinausgehende Verarbeitung oder Nutzung durch die Meldebehörde erfolgt nicht. (3) Das Vorliegen oder der Fortbestand der Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Absatz 1 kann aus besonderem Anlass überprüft werden. (4) Sind die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen oder liegen diese nicht vor, kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 festgestellt und bei Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, die Aufenthaltskarte eingezogen werden. § 4a Abs. 6 gilt entsprechend. (5) Auf Antrag wird Unionsbürgern unverzüglich ihr Daueraufenthaltsrecht bescheinigt. Ihren daueraufenthaltsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, wird innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung eine Daueraufenthaltskarte ausgestellt. (6) Für den Verlust des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 7 gilt Absatz 4 Satz 1 entsprechend.

Die Regelungen über den Leistungsanspruch bzw. -ausschluss von Ausländern wurden mehrfach geändert und waren Gegenstand zahlreicher kontroverser Entscheidungen und Diskussionen (vgl. Peters in: Estelmann, SGB II, 66. Erg./Juni 2019, E 7, Rdnr. 15; S. Knickrehm in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl. 2019, § 7 Rdnr. 1). Im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2006 verknüpfte der Gesetzgeber die Frage des Zugangs ausländischer Personen zum Rechtskreis des SGB II noch mit dem Aspekt des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland, mit der Regelung des § 8 Abs. 2 und mit § 1 AsylbLG. Mit Wirkung vom 1. April 2006 bis zum 27. August 2007 rückte er den Zweck der Arbeitsuche in den Mittelpunkt. Mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 mit Wirkung zum 28. August 2007 schaffte er in drei Fällen einen Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II, die bis zum 31. Juli 2016 galten (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 26; S. Knickrehm in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl. 2019, § 7 Rdnr. 1). Im Einzelnen handelte es sich um einen Leistungsausschluss für: - Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 des FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt waren, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 aF) - Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergab, und ihre Familienangehörigen (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 aF), - Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 aF) (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 26). Auf die inzwischen ständige Rechtsprechung des BSG (vgl. grundlegend Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 44/15 R), wonach Ausländerinnen und Ausländer ohne jedes (materielle) Aufenthaltsrecht in erweiternder Auslegung der Leistungsausschlusstatbestände des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. "erst recht" von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien, aber ihnen (stattdessen) unter bestimmten Voraussetzungen Ermessensleistungen nach dem SGB XII zuzusprechen seien, reagierte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22.12.2016 (BGBl. I 3155) (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 28, vgl. Peters in: Estelmann, SGB II, 66. Erg./Juni 2019, § 7, Rdnr. 15). Mit den Neuregelungen sollte einerseits die Rechtsprechung des BSG nachgezeichnet werden, andererseits aber auch revidiert werden (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 27). Durch die neugeregelten Leistungsausschlüsse in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sollen Personen ohne materielles Freizügigkeitsrecht oder Aufenthaltsrecht ebenso wie Personen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, sowie Personen, die ihr Aufenthaltsrecht nur aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 ableiten, von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 27 m.w.N.). Die Neuregelungen werden durch diejenigen des § 23 Abs. 3 Satz 3 ff. SGB XII ergänzt, die ausgeschlossene Ausländerinnen und Ausländer grundsätzlich (nur) auf so genannte Überbrückungsleistungen für einen Monat verweisen und damit ein Ausweichen auf die Ermessensleistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII verhindern wollen (vgl. G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 27). Der mit Wirkung zum 29. Dezember 2016 neu gefasste § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II normiert nunmehr in fünf Fällen einen Leistungsausschluss (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL., § 7 Rdnr. 33): - Leitungsausschluss für Ausländerinnen und Ausländer in den ersten drei Monaten des Aufenthalts, - Leistungsausschluss für Ausländerinnen und Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben, - Leistungsausschluss für Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt - Leistungsausschluss für Ausländerinnen und Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 ableiten, und - Leistungsausschluss für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG.

Zusammengefasst haben Ausländer grundsätzlich ebenso wie deutsche Staatsangehörige einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, wenn sie die notwendigen allgemeinen Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II erfüllen (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, § 7 Rdnr. 33). Die unter § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB II fallenden Ausländer sind aber vom Leistungsbezug nach dem SGB II komplett ausgeschlossen, auch wenn sie die Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfüllen (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL., § 7 Rdnr. 33; G. Becker in: Eicher/Luik, SGB II, § 7 Rdnr. 30).

Die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 bis 7 SGB II haben insbesondere Auswirkungen auf Unionsbürger, die sich zum Zwecke der Arbeitsuche nach Deutschland begeben und von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen wollen (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL., § 7 Rdnr. 34). Mit diesen Regelungen wollte der Gesetzgeber den Spielraum nutzen, den das Unionsrecht den Mitgliedstaaten bei der Einschränkung der Freizügigkeit gelassen hat (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL., § 7 Rdnr. 34). Maßgebend für das Recht der Unionsbürger auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland ist das durch Art. 2 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I, 1950, 1986 ff.) eingefügte Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügkgeitsgesetz/EU- FreizügG/EU) vom 30. Juli 2004. Dieses fasst die Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG vereinfachend zusammen und regelt das Recht von Unionsbürgern auf Einreise und Aufenthalt in Deutschland. Wer nach dem Gemeinschaftsrecht freizügigkeitsberechtigt ist, ist für das deutsche Recht in §§ 2 bis 4 FreizügG/EU umgesetzt. Bürger der EU und Angehörige von Staaten, die dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören (Island, Liechtenstein, Norwegen, vgl. § 12 FreizügG/EU), benötigen gemäß § 2 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU für die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland keinen Aufenthaltstitel mehr. Der Verzicht auf einen Aufenthaltstitel für Unionsbürger bedeutet allerdings nicht, dass jeglicher Aufenthalt ohne Rücksicht auf die Aufenthaltsdauer ohne weiter Voraussetzungen gemeinschaftsrechtlich zulässig ist. Vielmehr ist eine Überprüfung der Voraussetzungen des Freizügigkeitsrechts "aus besonderem Anlass" möglich (§ 5 Abs. 3 FreizügG/EU), wobei insbesondere auch der Bezug von SGB II-Leistungen oder deren Beantragung Anlass für eine solche Überprüfung sein können. Zudem kann der Verlust des Freizügigkeitsrechts aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit (§ 6 Abs. 1 FreizügG/EU) festgestellt werden. Eine Ausreispflicht des Unionsbürgers besteht, wenn das Nichtbestehen des Aufenthaltsrechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt worden ist (§ 7 Abs. 1 FreizügG/EU) (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL., § 7 Rdnr. 40).

1. Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) erfüllen zunächst nicht die Voraussetzungen für die Rückausnahme nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Für die Ausländer, die eigentlich den Leistungsausschlussgründen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 unterliegen, hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 29. Dezember 2016 durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen nunmehr eine Rückausnahme normiert. Diese erhalten nach Abs. 1 Satz 4, obwohl sie eigentlich nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 von Leistungen ausgeschlossen sind, doch Leistungen nach dem SGB II, soweit sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Der Gesetzgeber geht insoweit davon aus, dass nach fünf Jahren von einer ausreichenden Verfestigung des Aufenthaltsrechts gesprochen werden kann (vgl. BT-Drs. 18710211, S. 14). Die Frist beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde (§ 7 Abs. 1 Satz 5 SGB II) und setzt keine materielle Freizügigkeitsberechtigung voraus (vgl. BT-Drs. 18/10211, S. 14; A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 74.6). Soweit die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt hat, greift die Gegenausnahme des Abs. 1 Satz 4 allerdings nicht mehr ein, d.h. der Ausländer unterfällt wieder dem Leistungsausschluss nach Abs. 1 Nr. 2. Eine Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU ist nicht bereits dann ausgeschlossen, wenn ein Unionsbürger sich fünf Jahre ständig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2015, 1 C 22/14, juris, Rdnr. 17). Allein der Erlass der Feststellung und die bislang fehlende Aufhebung der Verlustfeststellung sperren den Leistungsanspruch. Auf die Vollziehbarkeit oder Erledigung auf andere Weise für die Zukunft kommt es nicht an (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Oktober 2019, L 4 SO 160/19 B ER, juris, Rdnr. 41; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Mai 2017, L 15 AS 62/17 B ER, juris, Rdnr. 12 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2018, L 19 AS 134/18 B, juris, Rdnr. 9 m.w.N., LSG Hamburg, Beschluss vom 29. September 2017, L 4 SO 55/17 B ER, juris; A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 74.8). Schon die Verlustfeststellung wirkt der Verfestigung des Aufenthalts entgegen bzw. der Aufenthalt kann nicht mehr als verfestigt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 4, 1. Halbsatz SGB II angesehen werden (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. Mai 2017, L 15 AS 62/17 B ER, juris, Rdnr. 12 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung). Da die Verlustfeststellung trotz der Klageerhebung wirksam ist, entfaltet sie Tatbestandswirkung und bindet Sozialleistungsbehörden und Sozialgerichte. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, beschränkt sich die Verbindlichkeit von Verwaltungsakten gegenüber anderen Behörden und Gerichten auf die Tatbestandswirkung. Diese hat regelmäßig nur zum Inhalt, dass der Verwaltungsakt und die durch ihn für einen bestimmten Rechtsbereich getroffene Regelung als gegeben hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1986, 8 C 122/84, juris, Rdnr. 27). Solange die getroffene Regelung nicht widerrufen, zurückgenommen, anderweitig aufgehoben, durch Zeitablauf oder auf sonstige Weise erledigt ist (§ 43 Abs. 2 VwVfG, § 39 Abs. 2 SGB X), müssen die Betroffenen sowie Gericht und Behörden die Wirksamkeit dieser Maßnahme kraft ihrer Tatbestandwirkung gegen sich gelten lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1986, 8 C 122/84, juris, Rdnr. 27). Aus diesem Grund vermag sich das Gericht auch nicht der gegenteiligen Auslegung anzuschließen, wonach bei Klageerhebung gegen die Verlustfeststellung § 7 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz SGB II nicht zur Anwendung kommen solle (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 20. März 2018, L 3 AS 73/18 B ER, juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28. Mai 2019, L 8 SO 109/19 B ER, juris, Rdnr. 9 m.w.N; Siefert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., Stand: 29.01.2019, § 23, Rdnr.109.). Diese wird im Wesentlichen mit der fehlenden Tatbestandswirkung begründet. Das Gericht geht aber, da die Klage die Wirksamkeit der Verlustfeststellung nicht hemmt, davon aus, dass eine Tatbestandswirkung eintritt und das Gericht bindet. Im Gesetzestext findet sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass nur die vollziehbare Verlustfeststellung die Rückausnahme sperren solle. Überdies beruht § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II auf der Annahme eines verfestigten Inlandsaufenthalts. Gerade diese Verfestigung wird aber bereits durch den Erlass der Verlustfeststellung unabhängig von ihrer Vollziehbarkeit verhindert.

2. Die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss zunächst nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II liegen bei der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 4) nicht vor. Danach sind Ausländer, die weder in Deutschland als Arbeitnehmer oder Selbständige noch auf Grund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts vom Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgeschlossen. Dieser Ausschlusstatbestand hat in erster Linie Unionsbürger (einschließlich der Familienangehörigen) im Blick, die sich gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG/EU drei Monate lang unabhängig von einem bestimmten Aufenthaltszweck in Deutschland aufhalten (vgl. Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 06.01.2020, § 7, Rdnr. 84; A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 46). Der Gesetzgeber hat damit von der Option des Art. 24 Abs. 2 der RL 2004/38/EG Gebrauch gemacht, wonach einem nur Arbeitsuchenden und seinen Familienangehörigen "Sozialhilfe" verweigert werden kann (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 46). Dieser generelle Leistungsausschluss ist europarechtskonform (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Februar 2016, C-299/14 – Garcia-Nieto; Wilde, Die Leistungsberechtigung von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern im SGB II – Insbesondere: Die Leistungsberechtigung erwerbstätiger Personen, ZFSH/SGB, 2018, 207, 208). Die Antragsteller halten sich bereits langjährig im Deutschland auf, sodass die ersten drei Monate des Aufenthalts bereits abgelaufen sind.

3. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2b SGB II erfasst Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alt. FreizügG/EU). Nicht ausgeschlossen sind dagegen Ausländer, bei denen ein anderes Aufenthaltsrecht als zur Arbeitsuche nach dem FreizügG/EU oder dem begrenzt subsidiär anwendbaren Aufenthaltsgesetz vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, B 4 AS 54/12 R, juris, Rdnr. 23 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14. Januar 2008, L 8 SO 88/07 ER, juris, Rdnr. 34). Dieser Leistungsausschluss ist ebenfalls mit europäischem Recht vereinbar (vgl. EuGH, Urteil vom 15. September 2015, C-67/14 - Alimanovic; Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB, 8/19, § 7 SGB II Rdnr. 140; Wilde, a.a.O.). Zur Arbeitsuche halten sich aktuell weder die Antragstellerin noch der Antragsteller zu 4) im Bundesgebiet auf. Eine analoge Anwendung auf der Grundlage eines Erst-Recht-Schlusses auf Ausländer, die sich ohne jegliches Aufenthaltsrecht in Deutschland aufhalten, ist nicht mehr geboten, seitdem diese Fallgestaltung von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II erfasst wird.

4. Auch die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses bei Ableitung eines Aufenthaltsrechts aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II) liegen bei der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 4) nicht vor, auch wenn die Antragsteller zu 2) bis 4) seit längerem und auch aktuell die Schule besuchen. Nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 können die Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Die Mitgliedstaaten fördern die Bemühungen, durch die diesen Kindern ermöglicht werden soll, unter den besten Voraussetzungen am Unterricht teilzunehmen. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 17. September 2002, C-413/99, Rdnr. 75) leitet sich hieraus ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Kindes und auch des Elternteils ab, der die tatsächliche Sorge für das Kind ausübt (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 74.1). Hieraus hat das BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 43/15 R, wiederum geschlussfolgert, dass dem die Personensorge tatsächlich ausübenden Elternteil nicht nur ein Recht auf Aufenthalt in Deutschland zustehe, sondern dieses Aufenthaltsrecht dazu führe, dass sich der oder die Elternteile nicht "nur zur Arbeitssuche" in Deutschland aufhielten. Soweit das Kind des EU-Bürgers bereits zum Zeitpunkt einer tatsächlich ausgeübten Beschäftigung des EU-Bürgers als Arbeitnehmer eine Schulausbildung wahrgenommen hat, der Schulbesuch regelmäßig erfolgt ist und der EU-Bürger die elterliche Sorge tatsächlich ausgeübt hat, besteht - soweit die übrigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind – ein Anspruch auf SGB II-Leistungen, auch wenn der EU-Bürger im Zeitpunkt der Antragstellung auf Leistungen keiner Beschäftigung mehr nachgeht (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 74.1). Mit der Aufnahme der Nr. 2c in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Personen, die ihr Aufenthaltsrecht "nur" aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 herleiten können, von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 74.3). Ob diese Regelung mit EU-Recht vereinbar ist, ist streitig (vgl. A. Loose in: Hohm, GK-SGB II, 59. EGL, Nov. 2018, § 7, Rdnr. 74.3 m.w.N.). Mit Beschluss vom 14. Februar 2019 hat das LSG Nordrhein-Westfalen dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens um Klärung dieser Frage ersucht (L 19 AS 1104/18, juris).

Diese Rechtsfrage bedarf im Fall der Antragsteller aber keiner Entscheidung. Denn die Antragsteller verfügen über kein Recht nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011. Mit der Verlustfeststellung durch die Ausländerbehörde des Antragsgegners ist ein Recht nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 – sollte es jemals entstanden gewesen sein - entfallen. Die Verlustfeststellung erfasst alle Rechte im Sinne des § 2 Abs. 1 FreizügG/EU. Ein Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU im Sinne des § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU (Verlustfeststellung) kann sich auch aus Art 10 Abs. 1 VO (EU) Nr. 492/2011 ergeben. Denn dieses vermittelt nicht nur ein Aufenthaltsrecht, sondern auch ein Freizügigkeitsrecht. Auch ein solches, nicht aus der Richtlinie 2004/38/EG folgendes Freizügigkeitsrecht wird von § 2 Abs. 1 FreizügG/EU erfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdnr. 25). Der Aufzählung in § 2 Abs. 2 FreizügG/EU kommt nur eine deklaratorische Bedeutung zu. Wer freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger oder dessen Familienangehöriger ist, bestimmt mit konstitutiver Wirkung allein das Unionsrecht (BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdnr. 30 m.w.N.). Freizügigkeitsberechtigt im Sinne des § 2 Abs. 1 FreizügG/EU sind somit auch solche unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigten Personen, die nicht oder nur unzureichend von § 2 Abs. 2 FreizügG/EU erfasst werden (BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdnr. 30). Dementsprechend erstreckt sich aber im Gegenzug eine Verlustfeststellung auf alle unionsrechtlich verbürgten Freizügigkeitsrechte.

5. Der Leistungsausschluss für Leistungsberechtigte nach dem AsylLG (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) bezieht sich nicht nur auf erwerbsfähige Leistungsberechtigte, sondern auch auf (nicht erwerbsfähige) Angehörige erwerbsfähiger Leistungsberechtigter (vgl. BSG, Urteil vom 21. Dezember 2009, B 14 AS 66/08 R, juris, Rdnr. 14 m.w.N.). Die Antragsteller sind auch hiernach nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen, weil sie - wie unter II. noch dargelegt wird - nicht leistungsberechtigt nach dem AsylbLG sind.

6. Bei der Antragstellerin und dem Antragsteller zu 4) greift aber der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II ein, der mit dem vom Gericht für verfassungswidrig erachteten § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII übereinstimmt. Seit dem 29. Dezember 2016 ist in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II ausdrücklich geregelt, dass Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht haben, auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II haben. Dies betrifft Unionsbürger ohne materielles Freizügigkeits- oder Aufenthaltsrecht, die "erst recht" von Leitungen nach dem SGB II ausgeschlossen werden (vgl. Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB, 8/19, § 7 SGB II, Rdnr. 139). Dieser Ausschluss ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 11. November 2014, C-333/13 – Dano) europarechtskonform (vgl. BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 55/15 R, juris; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20. Juni 2017, L 4 SO 70/17 B ER, juris, Rdnr. 12; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 06.01.2020, § 7 Rdnr. 99.7, 99.16).

Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) verfügen aufgrund der Verlustfeststellung über kein Aufenthaltsrecht. Sie sind vielmehr ausreisepflichtig. Alle Aufenthaltsrechte, die ggf. bis zur Verlustfeststellung am 14. März 2018 entstanden waren, sind mit der Verlustfeststellung entfallen.

Es ist bislang zwar nicht abschließend geklärt, ob im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II allein auf die Verlustfeststellung abzustellen ist oder ob auch die Entstehung eines neuen materiellen Aufenthaltsrechts zu prüfen ist (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 9. Oktober 2019, L 4 SO 160/19 B ER, juris, Rdnr. 46 ff. zum wortgleichen Ausschluss in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII). Dies hängt maßgeblich davon ab, ob die Verlustfeststellung "auf der Zeitachse teilbar" ist. Ob ein Verwaltungsakt in inhaltlicher Hinsicht oder auf der Zeitachse teilbar ist, ist eine Frage des jeweiligen materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdrn. 11). Eine Teilbarkeit in zeitlicher Hinsicht hat das Bundesverwaltungsgericht für die Ausweisung verneint (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 2012, 1 C 13/11, juris, Rdnr. 20 ff.). Für die Fälle einer Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU neigt das Bundesverwaltungsgericht hingegen zu einer zeitabschnittsweisen Teilbarkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdnr. 13). Hintergrund ist, dass sich der Regelungsgehalt der Verlustfeststellung nicht - wie bei der Ausweisung - auf die konstitutive Beendigung des (rechtmäßigen) Aufenthalts konzentriert, sondern nach § 7 Abs. 1 FreizügG/EU die Ausreisepflicht nur eine Rechtsfolge ist. Sie steht zudem wegen der lediglich feststellenden Natur der Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU unter dem Vorbehalt, dass in der Folgezeit nicht erneut eine Freizügigkeitsberechtigung entsteht. Die durch die Verlustfeststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU bewirkte Beseitigung der Freizügigkeitsvermutung schließt das neuerliche Entstehen eines Aufenthaltsrechts und in der Folge den Wegfall der Ausreisepflicht nicht aus. Damit verliert ein wichtiger Gesichtspunkt für die Unteilbarkeit der Ausweisung an Bedeutung, da ihre titelvernichtende Wirkung bei einer Aufhebung lediglich mit Wirkung für die Zukunft entfiele. Das Recht zur Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU be- und entsteht bei materiellem Bestand einer Freizügigkeitsberechtigung kraft Unionsrecht unabhängig von einer entsprechenden behördlichen Genehmigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2019, 1 C 48.18, juris, Rdrn. 13).

Ausgehend davon spricht sehr viel dafür, im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II eine Prüfung des materiellen Aufenthaltsrechts vorzunehmen. Letztlich bedarf dies aber keiner abschließenden Entscheidung des Gerichts: Selbst wenn diese Rechtsauffassung zugrunde gelegt würde, ließe sich doch nicht feststellen, dass bei der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu 4) nach der Verlustfeststellung am 14. März 2018 ein neues materielles Freizügigkeitsrecht entstanden wäre, durch das sich die Wirkung der Verlustfeststellung mit Wirkung für die Zukunft auf andere Weise erledigt hätte.

Die Antragstellerin übt selber keine (abhängige oder selbständige) Tätigkeit aus (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FreizügG/EU). Sie hielt und hält sich nicht zu dem Zweck in Deutschland auf, Dienstleistungen zu erbringen oder in Anspruch zu nehmen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4 FreizügG/EU). Sie verfügt nicht über ausreichend Existenzmittel, um ihren Lebensunterhalt und Krankenversicherungsschutz selbst zu decken (§ 2 Abs. 2 Nr. 5, § 4 FreizügG/EU). Die Voraussetzungen für ein Daueraufenthaltsrecht sind aufgrund der Verlustfeststellen aktuell nicht gegeben (§ 2 Abs. 2 Nr. 7, § 4a FreizügG/EU). Gleiches gilt für den Antragsteller zu 4).

Auch die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU sind bei der Antragstellerin nicht gegeben. Ein solches Recht könnte sich aus der neuen Erwerbstätigkeit ihres Sohnes H. ergeben, wenn man unterstellt, dass dieser damit freizügigkeitsberechtigt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU sei. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Familienangehörige sind nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU die Verwandten in gerader aufsteigender und gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 FreizügG/EU genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, denen diese Personen oder ihre Ehegatten oder Lebenspartner Unterhalt gewähren. Die Antragstellerin ist zwar in gerader Linie mit ihrem Sohn verwandt und dieser dürfte von seinem (fortwirkenden) Recht, sich zur Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten, Gebrauch machen, indem er eine befristete Tätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden aufgenommen hatte. Das Gericht kann sich aber nicht von einer tatsächlichen Unterhaltsgewährung überzeugen. Der Sohn H. hat eine lediglich auf einen Monat befristete Tätigkeit als Leiharbeitnehmer aufgenommen und ist selber drei Personen unterhaltspflichtig. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass er von seinem Einkommen maximal den Lebensunterhalt seiner Familie sicherstellen kann, aber nicht noch laufend und regelmäßig seiner Mutter 200 EUR als Unterhalt zahlen kann. Bei einer einmonatigen Beschäftigung fehlt auch die Aussicht, dass es zu einer laufenden Unterhaltsleistung kommt.

Dass bei dem Antragsteller zu 4) ein Recht nach § 3 Abs. 1 FreizüG/EU oder nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 nach dem 14. März 2018 neu entstanden ist, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Solche Rechte könnten sich möglicherweise ergeben, wenn der Vater des Antragstellers zu 4) nach dem 14. März 2018 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hätte. Das Gericht hat deshalb von Amts wegen Ermittlungen in diese Richtung durchgeführt und versucht, den Vater des Antragstellers zu 4) als Zeugen zu hören. Auch wenn dieser noch in R-Stadt gemeldet ist, war es nicht möglich, ihn unter dieser Adresse zu laden. Ob er sich tatsächlich noch in Deutschland aufhält, entzieht sich der Kenntnis des Gerichts. Auf Grund der Angaben, die der Antragsgegner zur Erwerbsfähigkeit des Vaters machen konnte, erscheint es im Übrigen als ausgeschlossen, dass dieser überhaupt erwerbsfähig ist.

Die Voraussetzungen eines Aufenthaltsrechts der Antragstellerin oder des Antragstellers zu 4) nach dem AufenthG, welches nach der Verlustfeststellung anwendbar ist (vgl. § 11 Abs. 2 FreizügG/EU), sind ebenfalls nicht neu gegeben. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Bereits diese allgemeine Erteilungsvoraussetzung ist bei den Antragstellern nicht erfüllt.

7. Die Antragsteller zu 2) und 3) sind aufgrund der Leistungsausschlüsse der Antragstellerin und des Antragstellers zu 4) ebenfalls von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind Ausnahmen von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie beziehen sich daher nur auf erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Für nichterwerbsfähige Ausländerinnen und Ausländer enthält das SGB II keine gesonderten Ausschlusstatbestände. Sie sind grundsätzlich akzessorisch zu der erwerbsfähigen Ausländerin bzw. dem erwerbsfähigen Ausländer zu behandeln (vgl. Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, Stand: 06.10.2020, § 7, Rdnr. 81 m.w.N.).

Teil 2 Die Antragsteller zu 2) bis 4) sind nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig sind, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. Wie bereits dargelegt, ist die Schulausbildung der Antragsteller zu 2) bis 4) nicht dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG. Es handelt sich dabei auch um keine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (§ 51 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)) oder förderungsfähige Berufsausbildung (§§ 57, 58 SGB III).

Teil 3 Die Antragsteller sind nicht nach § 23 Abs. 2 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Sie haben keinen Anspruch nach dem AsylbLG, weil sie nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis gehören. Umgekehrt können die Antragsteller daher ihre Existenz auch nicht durch entsprechende Leistungen sichern.

Nach § 1 Abs. 1 AsylbLG in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 13. August 2019 (BGBl. I, S. 1290), gültig ab dem 1. September 2019, sind leistungsberechtigt nach diesem Gesetz Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die 1. eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, 1a. ein Asylgesuch geäußert haben und nicht die in den Nummern 1, 2 bis 5 und 7 genannten Voraussetzungen erfüllen, 2. über einen Flughafen einreisen wollen und denen die Einreise nicht oder noch nicht gestattet ist, 3. eine Aufenthaltserlaubnis besitzen a) wegen des Krieges in ihrem Heimatland nach § 23 Abs. 1 oder § 24 des Aufenthaltsgesetzes, b) nach § 25 Abs. 4 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder c) nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes, sofern die Entscheidung über die Aussetzung ihrer Abschiebung noch nicht 18 Monate zurückliegt, 4. eine Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, 5. vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist, 6. Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen sind, ohne dass sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen, oder 7. einen Folgeantrag nach § 71 des Asylgesetzes oder einen Zweitantrag nach § 71a des Asylgesetzes stellen.

Das AsylbLG ist eines von drei Leistungssystemen zur sozialen Grund- bzw. Existenzsicherung (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 6; Dollinger in Siefert, AslybLG, § 1, Rdnr. 9; 26). Es besteht neben dem Leistungssystem der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und dem Leistungssystem der Sozialhilfe nach dem SGB XII. Es handelt sich bei dem AsylbLG materiell um Sozialrecht (vgl. BSG, Urteil vom 25. Oktober 2018, B 7 AY 2/18 R, juris, Rdnr. 19 m.w.N.; Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1 Rdnr. 12; Dollinger in: Siefert, AsylbLG, § 1 Rdnr. 26; a.A. Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 1 AsylbLG, Rdnr. 13: "restriktives Sondergesetz zur Eindämmung illegaler Migration von Drittstaatsangehörigen"). Grundlegender Zweck des § 1 AsylbLG ist es, den Kreis der Leistungsberechtigten nach dem AslybLG zu bestimmen und ihn im Zusammenspiel mit § 23 Abs. 2 SGB XII und § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II vom Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem SGB II bzw. nach dem SGB XII abzugrenzen (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 1). Dementsprechend erhalten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG keine Leistungen nach dem SGB II; gleiches bestimmt § 23 Abs. 2 SGB XII, wonach Leistungsberechtigte nach § 1 des AsylbLG keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten. Für die Abgrenzung typologisiert § 1 Abs. 1 AslybLG bestimmte Gruppen von Ausländern unter Anknüpfung an ihren ausländer- bzw. asylrechtlichen Status (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 1 m.w.N.). Den Kreis der durch § 1 AsylbLG erfassten Leistungsberechtigen sollten ursprünglich Ausländer bilden, bei denen typischerweise davon ausgegangen wird, dass sie sich nur vorübergehend, d.h. ohne Verfestigung ihres ausländerrechtlichen Status, im Bundesgebiet aufhalten. Die Prognose eines sehr wahrscheinlich nur vorübergehenden Aufenthalts trifft allerdings nicht (mehr) generell auf die in § 1 AsylbLG genannten Gruppen von Leistungsberechtigten zu. Vielmehr handelt es sich um Ausländer, die zwar alle kein Daueraufenthaltsrecht, ansonsten aber einen sehr unterschiedlichen Aufenthaltsstatus haben und deren Aufenthalt in Deutschland auf unterschiedlichen Lebenssituationen beruht (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 2). Dies ist zum einen Folge der sukzessiven Erweiterung des Kreises der Leistungsberechtigten durch den Gesetzgeber. Zum anderen hängt die Dauer des Leistungsbezugs von der Verwaltungspraxis im Einzelfall ab, z.B. der Durchsetzung einer bestehenden Ausreisepflicht (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 2). Dennoch lässt sich allgemein sagen, dass die von § 1 AsylbLG erfassten Ausländer (noch) keine gesicherte Bleibeperspektive bzw. kein verfestigtes Aufenthaltsrecht haben und unter Umständen sogar ausreispflichtig sind (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 2). Der leistungsberechtigte Personenkreis wird in § 1 Abs. 1 AslybLG abschließend aufgeführt und bestimmt sich nach dem formalen Aufenthaltsstatus (vgl. Wahrendorf, AsylbLG, § 1 Rdnr. 2). Soweit die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 AsylbLG geregelten besonderen Leistungsvoraussetzungen an eine bestimmte aufenthaltsrechtliche Lage des Ausländers anknüpfen, sind die Entscheidungen der Ausländerbehörden für die Leistungserbringer nach dem AsylbLG bindend (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 37). Insoweit handelt es sich um eine Querschnittsmaterie zwischen dem Ausländer- und dem Sozialrecht, bei der die aufenthaltsrechtliche Statusentscheidung die Zuordnung zur Art des sozialhilferechtlichen Anspruchs vorgibt (Dollinger in: Siefert, AsylbLG, § 1 Rdnr. 26). Der Gesetzgeber bedient sich bei der Verwendung des auf den jeweiligen aufenthaltsrechtlichen Titel bezogenen Wortes "besitzen" der im Sozialrecht verbreiteten Regelungsmethode, dem Besitz der jeweiligen Erlaubnis oder Entscheidung Tatbestandswirkung für den betreffenden Sozialleistungsanspruch derart beizumessen, dass er für Behörden und auch Gerichte ohne Rücksicht auf ihre materielle Richtigkeit bindende Wirkung entfaltet (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 8/13 R, juris, Rdnr. 12 m.w.N.; Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 37). Es ist daher folgerichtig ausschließlich auf die den Ausländern erteilten formalen Aufenthaltstitel abzustellen (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 8/13 R, juris, Rdnr. 13 m.w.N.). Systemgerecht ist es vor dem geschilderten Zweck des AsylbLG, wenn insoweit die Ausländerbehörden im Ergebnis die Verantwortung dafür tragen, in welchem rechtlichen Rahmen existenzsichernde Leistungen zu erbringen sind. Schon dies verbietet ungeachtet weiterer Fragen allgemeiner Art die Annahme, dass die Sozialleistungsträger und Sozialgerichte zur Überprüfung und ggf. Nichtbeachtung dieser aufenthaltsrechtlichen Statusentscheidung der Ausländerbehörden befugt sein könnten (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 8/13 R, juris, Rdnr. 13 m.w.N.; Wahrendorf, AsylbLG, § 1, Rdnr. 7; Dollinger in: Siefert, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 26). Den Sozialleistungsträgern ist eine eigenständige Prüfung der materiellen aufenthaltsrechtlichen Lage verwehrt (BSG, Urteil vom 2. Dezember 2014, B 14 AS 8/13 R, juris, Rdnr. 12). Ohne Bedeutung ist es für die Beurteilung der besonderen Voraussetzungen der Leistungsberechtigung, ob der Ausländer einen Anspruch auf einen bestimmten Titel hätte (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. November 2014, L 19 AS 18/09, juris, Rdnr. 50 m.w.N., Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 37).

Ausgehend davon sind die Antragsteller nicht leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 AsylbLG. Sie halten sich zwar tatsächlich im Bundesgebiet auf (I.) und sind als rumänische Staatsangehörige Ausländer im Sinne des Gesetzes (II.). Sie besitzen aber keinen der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AsylbLG aufgeführten Titel. Die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 AsylbLG liegen ebenfalls nicht vor (III.).

I. Die Antragsteller halten sich tatsächlich im Bundesgebiet auf. Der tatsächliche Aufenthalt im Bundesgebiet setzt allein die körperliche Anwesenheit des Ausländers auf deutschem Staatsgebiet voraus. Nicht erforderlich ist, dass der Aufenthalt rechtmäßig ist oder der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnsitz in Deutschland hat (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 35).

II. Die Antragsteller sind auch Ausländer im Sinne des Gesetzes. Wer Ausländer ist, ergibt sich aus der Negativdefinition des § 2 Abs. 1 AufenthG (vgl. Dollinger in: Siefert, AsylbLG, § 1, Rdnr. 29, Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 33): Danach ist Ausländer jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist. Deutscher im Sinne des GG ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat. Unter das AsylbLG fallen dem Grunde nach auch Staatsangehörige von EU-Staaten (vgl. Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25. Juli 2016, L 8 SO 19/16 B ER, juris, Rdnr. 27, 28; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 5. Februar 2015, L 6 AS 883/14 B ER, juris, Rdnr. 12; Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 34). Soweit vertreten wird, Unionsbürger seien vom Anwendungsbereich des AsylbLG generell ausgeschlossen (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Mai 2019, L 20 AY 15/19 B ER, juris, Rdrn. 30 ff. unter Verweis auf eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 1 AsylbLG) vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 AsylbLG knüpft an den Begriff "Ausländer" an und bietet für eine Einschränkung keinen Ansatz, da Unionsbürger Ausländer im Sinne des § 2 Abs. 1 AufenthG sind. Die Gesetzgebungsgeschichte lässt einen Willen des Gesetzgebers, ein speziell auf Nicht-EU-Bürger zugeschnittenes Leistungsrecht schaffen zu wollen, nicht erkennen (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 34). In der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber (BGBl. I 1993, S. 1074), mit dem das AsylbLG eingeführt wurde, spielte die Frage der Unionsbürgerschaft keine Rolle. Vielmehr sollten spezifische Gruppen von Ausländern, deren Aufenthalt typischerweise asylrechtlich geprägt ist, aus dem Leistungsbezug nach dem - damals geltenden - Bundessozialhilfegesetz (BSHG) herausgelöst werden. Die nachfolgenden Gesetzesänderungen führten zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des AsylbLG auf Ausländer mit speziellem Flüchtlingsstatus bzw. allgemein auf Ausländer, die sich typischerweise - prognostisch - nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten. Eine sozusagen vorausgeschaltete teleologische Reduktion des § 1 AsylbLG ist daher nicht zu begründen. Dafür besteht auch kein Bedarf, da die Leistungsberechtigung nach § 1 AsylbLG ohnehin in den einzelnen Fallgruppen an das Vorliegen weiterer Voraussetzungen z.B. nach dem AufenthG anknüpft, die das Einbeziehen von Unionsbürgern in den Anwendungsbereich zumeist ausschließt (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 34). Unionsbürger werden tatsächlich deshalb in der Regel nicht vom Anwendungsbereich des AsylbLG erfasst (vgl. Dollinger in: Siefert, AsylbLG, § 1, Rdnr. 32). Dies ist aber keine Begründung dafür, den Anwendungsbereich rechtlich einzuschränken (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 34), zumal, wie im Folgenden noch dargelegt wird, es durchaus einen Anwendungsbereich des AsylLG auch für Unionsbürger geben kann. Im Übrigen würde sich für die Antragsteller, wenn man der Gegenauffassung folgen wollte, erst recht kein Anspruch nach dem AsylbLG ergeben.

III. Die Antragsteller besitzen keinen der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AsylbLG aufgeführten Titel und erfüllen auch nicht die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 oder 7 AsylbLG. Die Antragsteller besitzen keine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG). Die Aufenthaltsgestattung entsteht unter den Voraussetzungen des § 55 Asylgesetz (AsylG) kraft Gesetzes. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet ab Ausstellung des Ankunftsnachweises gemäß § 63a Abs. 1 AsylG gestattet (Aufenthaltsgestattung). Die Antragsteller haben nicht um Asyl nachgesucht: Sie haben weder Schutz vor politischer Verfolgung nach Art. 16a Abs. 1 GG beantragt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz) noch internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Asylgesetz) beantragen können: Sie sind als rumänische Staatsangehörige Unionsbürger und keine Drittstaatsangehörige oder Staatenlose. Sie haben kein Asylgesuch geäußert (§ 1 Abs. 1 Nr. 1a AsylbLG). Auch wurde kein Folgeantrag nach § 71 Asylgesetz und kein Zweitantrag nach § 71a Asylgesetz gesellt (§ 1 Abs. 1 Nr. 7 AsylbLG). § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylbLG (Einreise über einen Flughaften) ist nicht einschlägig, da die Antragsteller sich bereits im Bundesgebiet aufhalten und nicht erst über einen Flughafen einreisen wollen.

Auch aus dem AufenthG ergibt sich keine Leistungsberechtigung der Antragsteller nach dem AsylbLG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 AsylbLG). Die Anwendung des AsylbLG ist allerdings nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil das AufenthG bei den Antragstellern nicht anwendbar wäre: Das AufenthG ist auf Unionsbürger nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG zwar grundsätzlich nicht anwendbar. Denn danach findet das Aufenthaltsgesetz keine Anwendung auf Ausländer, deren Rechtsstellung von dem Gesetz über die allgemein Freizügigkeit von Unionsbürgern geregelt ist, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) setzt die Richtlinie 2004/38/EGdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (ABl. 2004 Nr. L 158 S. 77) über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, um, aus der sich konstitutiv das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers ergibt (vgl. Dollinger in: Siefert, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 32). Gerade dieses bestimmt aber § 11 Abs. 2 FreizügG/EU: Sofern die Ausländerbehörde das Nichtbestehen oder den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU festgestellt hat, findet das Aufenthaltsgesetz Anwendung. Eine solche Verlustfeststellung hat die Ausländerbehörde des Antragsgegners am 14. März 2018 getroffen.

Die Antragsteller besitzen keine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1, § 24, § 25 Abs. 4 Satz 1 oder § 25 Abs. 5 AufenthG (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG). Davon erfasst sind Bürgerkriegsflüchtlinge (§ 23 Abs. 1 AufenthG und § 24 Abs. 1 AufenthG); nicht vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen ihre vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern (§ 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) und vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, deren Ausreise aus von ihnen nicht zu vertretenden Umständen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, soweit mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist (§ 25 Abs. 5 AufenthG).

Die Antragsteller besitzen auch keine Duldung nach § 60a AufenthG (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG). Dieser lautet:

§ 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) (1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1 AufenthG (= Aufenthaltsgewährung durch die oberste Landesbehörde). (2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von Satz 3 ist zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. ( ) (2a) ( ) (2b) ( ) (2c) ( ) (3) ( ) (4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung zu erteilen. (5) ( ) (6) ( )

Die Duldung nach § 60a AufenthG wird nach § 58 Satz1 Nr. 2 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) mit dem Muster der Anlage D2a, D2 zur AufenthV erteilt. Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut den Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG voraus. Dem Ausländer muss eine Duldung erteilt worden sein; allein das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen genügt nicht (vgl. Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 55). Für die Leistungsberechtigung ist es ohne Belang, ob die Duldung zu Recht erteilt wurde (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. November 2007, 4 LB 577/07, juris, Rdnr. 29; Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 57). Umgekehrt ist es ohne Bedeutung, aus welchem Grund (bislang) eine Duldung nicht erteilt wurde.

Es ist zwar gerichtsbekannt, dass es Ausländerbehörden im Gerichtsbezirk gibt, die für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Verlustfeststellung eine Duldung mit dem Muster der Anlage D2a, D2 zur AufenthV (§ 58 Satz 1 Nr. 2 AufenthV) erteilen (sog. Verfahrensduldung) und damit den Anwendungsbereich des AsylbLG eröffnen (in diesem Sinne wohl zu verstehen: Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 FreizügG/EU, Rdnr. 23). Die Antragsteller haben deshalb auf Anregung des Gerichts eine Duldung bei der Ausländerbehörde des Antragsgegners beantragt. Daraufhin hat die Ausländerbehörde die Bescheinigung vom 12. November 2019 ausgestellt. Dabei handelt es sich aber gerade nicht um eine Duldung nach § 60a AufenthG, weil es an einer entsprechenden Regelung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung fehlt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2010, 1 B 1/09, juris, Rdnr. 7). Die Bescheinigung gibt lediglich die Rechtslage wieder, ohne rechtsgestaltend im Sinne einer Regelung zu sein.

Das Gericht kann die Antragsteller auch nicht darauf verweisen, sich vorrangig um eine Duldung nach § 60a AufenthG zu bemühen. Dies wäre denkbar, wenn die Antragsteller sich so durch eigene Mitwirkung die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch schaffen könnten. Die Antragsteller haben aber keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 oder Satz 4 AufenthG. Auf eine im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung (§ 60a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 AufenthG) könnten sie als vorrangiges Mittel der Selbsthilfe von vornherein nicht verwiesen werden. Durch § 60a AufenthG wird zwar eine stillschweigende Aussetzung der Abschiebung bzw. eine bloße Nichtdurchsetzung der Ausreisepflicht ausgeschlossen (vgl. Masuch/Gordzielik in: Huber, AufenthG, § 60a, Rdnr. 7). Die Systematik des AufenthG lässt grundsätzlich keinen Raum für einen ungeregelten Aufenthalt (Masuch/Gordzielik in: Huber, AufenthG, § 60a, Rdnr. 7). Das Gesetz geht davon aus, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer entweder abgeschoben wird oder zumindest eine Duldung erhält. Die tatsächliche Hinnahme des Aufenthalts außerhalb einer förmlichen Duldung, ohne dass die Vollstreckung der Ausreisepflicht betrieben wird, sieht das Gesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 2000, 1 C 23/99, juris, Rdnr. 13; Hess. VGH, Beschluss vom 30. März 2006, 3 TG 556/06, juris, Rdnr. 3). Bei den Antragstellern besteht in diesem Sinne aber kein ungeregelter Zustand und sie bedürfen auch keiner zusätzlichen Aussetzung der Abschiebung nach § 60a AufentG: Die Duldung ist eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung. Sie setzt die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht voraus (vgl. Bauer/Dollinger in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl., § 60a AufenthG, Rdnr. 3). Nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU (Recht auf Einreise und Aufenthalt für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger) festgestellt werden. Diese Verlustfeststellung begründet zwar die Ausreisepflicht. Denn nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU sind Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen ausreisepflichtig, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Um die Ausreisepflicht auszulösen, muss die Feststellung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU wirksam, jedoch nicht vollziehbar sein (vgl. Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 FreizügG/EU, Rdnr. 20, 21). Die Klage gegen die Verlustfeststellung hat nach § 80 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufschiebende Wirkung. Mit der Verlustfeststellung findet nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU das AufenthG Anwendung; auf die Unanfechtbarkeit der Verlustfeststellung kommt es dafür nicht an (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 18. August 2011, 6 B 821/11, juris, Rdnr. 20). § 84 Abs. 2 AufenthG bestimmt die Rechtsfolgen der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Ausweisungen und sonstige aufenthaltsbeendende Verwaltungsakte (vgl. Samel in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 84 AufenthG, Rdnr. 18): Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung dieser Rechtsbehelfe hat zur Folge, dass der angefochtene Verwaltungsakt nicht vollziehbar ist. D.h., die mit dem Verwaltungsakt verknüpften Pflichten können zunächst nicht zwangsweise durchgesetzt werden. Die Vollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Verwaltungsakte ist bis zu einer vollziehbaren Entscheidung über sie gehemmt; während dieser Zeit kann der Ausländer nicht abgeschoben werden (vgl. Samel in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 84 AufenthG, Rdnr. 19). Die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen, die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendenden Verwaltungsaktes wird von der Hemmung der Vollziehbarkeit nicht berührt. Der Suspensiveffekt lässt die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes unberührt. Dem Suspensiveffekt kommt nur Vollzugshemmung, aber keine Wirksamkeitshemmung zu (vgl. Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 FreizügG/EU, Rdnr.18). Das bedeutet, dass der aufenthaltsbeendende Verwaltungsakt unbeschadet des durch die aufschiebende Wirkung vermittelten vorläufigen Rechtsschutzes Rechtswirkungen zu Lasten des Ausländers entfaltet. Mangels Aufenthaltsrecht bleiben der Aufenthalt unrechtmäßig (§ 50 Abs. 1 AufenthG) und die Ausreisepflicht besteht (vgl. Samel in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 84 AufenthG, Rdnr. 20). Dass die Rechtmäßigkeitsvermutung (im Sinn der Freizügigkeitsvermutung, vgl. Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 FreizügG/EU, Rdnr. 9) unmittelbar mit Wirksamkeit des Feststellungsbescheides entfällt, entspricht auch der ratio legis der Vermutungsregelung. Es besteht kein Raum mehr für eine Vermutung, wenn die Ausländerbehörde durch eine Prüfung festgestellt hat, dass keine Freizügigkeit mehr vorliegt (Dienelt in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 7 FreizügG/EU, Rdnr. 19). Ist die Ausreisepflicht allerdings aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Verlustfeststellung nicht vollziehbar, so ist kein Raum und kein Bedarf für eine zusätzliche vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung).

Die Antragsteller erfüllen aktuell auch nicht die Leistungsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG (vollziehbar ausreispflichtige Ausländer). Unter diese Regelung fallen insbesondere Ausländer, die keinen Asylantrag gestellt, ihren Asylantrag zurückgenommen haben oder die nach Ablehnung ihres Asylantrags noch nicht ausgereist oder abgeschoben worden sind. Des Weiteren sind erfasst: Personen in Abschiebungsvorbereitungs- und in Abschiebungssicherungshaft, Personen in Ausreisegewahrsam und alle sonst illegal im Bundesgebiet lebenden Ausländer (vgl. Dollinger in: Siefert, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 67). Wie bereits dargelegt sind die Antragsteller aufgrund des noch anhängigen verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Erst mit rechtskräftigem Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, das nach den Erfahrungswerten des Antragsgegners zwei bis drei Jahre dauert, bestünde eine unmittelbare Anspruchsberechtigung nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG (einen ansonsten unveränderten Sachverhalt unterstellt).

Die Antragsteller sind auch nicht Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder einer der in Nummern 1 bis 5 genannten Personen (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG).

Teil 4 Die Antragsteller erfüllen dem Grunde nach die Voraussetzungen nach §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (Drittes Kapitel des SGB XII) (I.). Es greift aber ein Leistungsausschluss (II.).

Ein Anspruch ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsgegner den ersten Leistungsantrag nach dem SGB XII mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. August 2018 abgelehnt hat. Die Antragsteller haben mit ihrem Antrag vom 11. April 2019 ein neues Verwaltungsverfahren eingeleitet (§ 18 Satz 2 Nr. 1 SGB X, § 18 Abs. 1 SGB XII; vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 29).

Der Antragsgegner ist auch der nach §§ 3 Abs. 2, 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (HAG/SGB XII) sachlich und örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe.

I. Die Antragsteller erfüllen jeweils die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (1.) und nach §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII, weil sie ihren notwendigen Lebensunterhalt (2.) nicht bzw. nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln (3.) decken können.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 19 Leistungsberechtigte (1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. (2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor. (3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigen, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist. (4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt. (5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner. (6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigen erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

Gemäß § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Nach § 27 Abs. 2 SGB XII sind eigene Mittel insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner gemeinsam zu berücksichtigen. Gehören minderjährige unverheiratete Kinder dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils an und können sie den notwendigen Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht bestreiten, sind vorbehaltlich des § 39 Satz 3 Nummer 1 auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils gemeinsam zu berücksichtigen.

§ 23 Abs. 1 SGB XII lautet: Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschutz sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.

1. Der Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist für die Antragsteller eröffnet, da sie sich als Ausländer tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten. § 23 SGB XII enthält eine Sonderregelung für Ausländer (im Sinne des § 2 Abs. 1 AufenthG), die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Der Begriff des "tatsächlichen Aufenthalts" ist grundsätzlich wie bei § 98 SGB XII im Sinne einer körperlichen (physischen) Anwesenheit zu verstehen (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2018, B 8 SO 20/16 R, juris, Rdnr. 17 m.w.N.; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 7 m.w.N.; Siefert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2.Aufl., Stand: 29.01.2019, § 23, Rdnr. 31). Unerheblich ist deshalb, warum sich der Ausländer in Deutschland aufhält, ob er sich hier erlaubt oder unerlaubt, dauernd oder vorübergehend, gezielt oder zufällig, freiwillig oder gegen seinen Willen aufhält, ob er eine Unterkunft hat oder obdachlos ist, ob er einwohnerrechtlich erfasst ist oder nicht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. August 2007, L 26 B 436/07 AS PKH, juris, Rdnr. 5; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 7 m.w.N.). Die Rückausnahme des § 23 Abs. 1 Satz 4 SGB XII, die den Antragstellern den Zugang zu Leistungen, die über die in Satz 1 genannten hinausgehen, eröffnen würde, greift bei den Antragstellern nicht ein, weil sie nicht im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind. Auch die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 5 SGB XII liegen nicht vor (dazu unter Teil 3, II, 1.).

2. Der notwendige Lebensunterhalt der Antragstellerin liegt seit Januar 2020 bei 687,52 EUR. Für den Antragsteller zu 2) und zu 3) beläuft er sich seit Januar 2020 auf 408 EUR, für den Antragsteller zu 4) liegt er bei 428 EUR.

Der notwendige Lebensunterhalt im Sinne der §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 SGB XII ist ausgehend von § 27a SGB XII zu ermitteln. Dieser lautet:

§ 27a Notwendiger Lebensunterhalt, Regelbedarfe und Regelsätze (1) Der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche. Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch. (2) Der gesamte notwendige Lebensunterhalt nach Absatz 1 mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt ergibt den monatlichen Regelbedarf. Dieser ist in Regelbedarfsstufen unterteilt, die bei Kindern und Jugendlichen altersbedingte Unterschiede und bei erwachsenen Personen deren Anzahl im Haushalt sowie die Führung eines Haushalts berücksichtigen. (3) Für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen; dies gilt nicht für Leistungsberechtigte, deren notwendiger Lebensunterhalt sich nach § 27b bestimmt. Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßiger Bedarfe zu berücksichtigen. Besteht die Leistungsberechtigung für weniger als einen Monat, ist der Regelsatz anteilig als Bedarf anzuerkennen. Zur Deckung der Regelbedarfe von Personen, die in einer sonstigen Unterkunft oder vorübergehend nicht in einer Unterkunft untergebracht sind, sind als Bedarfe monatliche Regelsätze anzuerkennen, die sich in entsprechender Anwendung der Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu § 28 ergeben. (4) ( ) (5) ( )

Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende ist in § 30 Abs. 3 SGB XII geregelt: Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen 1. in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder 2. in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werden – vorbehaltlich der Regelung für unangemessene Bedarfe in Abs. 2 - Bedarfe für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt. Bedarfe für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt, soweit sie angemessen sind (§ 35 Abs. 4 SGB XII).

§ 27a SGB XII ist die Parallelvorschrift zu § 20 SGB II (vgl. Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 15.05.2017, § 27a SGB XII, 1. Überarbeitung, Rdnr. 12) und § 30 Abs. 3 SGB XII zu § 21 Abs. 3 SGB II (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 30, Rdnr. 36). Referenzsystem für den Regelbedarf im SGB II ist das SGB XII (vgl. Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 27a, Rdnr. 5), so dass die Berechnung des Regelbedarfs und des Mehrbedarfs in Bezug auf die hier maßgeblichen Vorschriften im SGB XII derjenigen im SGB II entspricht. Die Kosten der Unterkunft werden im Rahmen des § 35 SGB XII wie nach dem SGB II nach der Kopfteil-Methode und unter Beachtung entsprechender Grenzen für die Angemessenheit berechnet (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 35, Rdnr. 15), so dass sich im Fall der Antragsteller keine Abweichung zur Berechnung nach dem SGB II ergibt. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann deshalb auf die Berechnung unter Teil 1, II, 1., f), bb), aaa) und bbb) Bezug genommen werden.

Abweichend zum SGB II umfasst der notwendige Lebensunterhalt gemäß § 27a Abs. 1 Satz 3 SGB XII auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch. Nach § 34 Abs. 1 SGB XII werden Bedarfe für Bildung nach den Absätzen 2 bis 6 von Schülerinnen und Schülern, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen, sowie Bedarfe von Kindern und Jugendlichen für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach Absatz 7 neben den maßgebenden Regelbedarfsstufen gesondert berücksichtigt. Nach § 34 Abs. 3 Satz 1 SGB XII werden Bedarfe für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf bei Schülerinnen und Schülern für den Monat, in dem der erste Schultag eines Schuljahres liegt, in Höhe von 100 Euro und für den Monat, in dem das zweite Schulhalbjahr eines Schuljahres beginnt, in Höhe von 50 Euro anerkannt. Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 34 Abs. 2 und 4 bis 7 werden auf Antrag erbracht; gesonderte Anträge sind nur für Leistungen nach § 34 Abs. 5 erforderlich (§ 34a Abs. 1 Satz 1 SGB XII).

Ausgehend davon liegt der notwendige Lebensunterhalt nach § 27a Abs. 1 SGB XII der Antragstellerin bei 676,64 EUR bis zum 31. Dezember 2019 und bei 687,52 EUR seit dem 1. Januar 2020. Der notwendige Lebensunterhalt der Antragsteller zu 2) und 3) lag im bis Dezember 2019 bei 402 EUR und liegt seit Januar 2020 bei 408 EUR, wobei der Bedarf einmalig im Februar 2020 aufgrund des neuen Schulhalbjahrs jeweils bei 458 EUR liegt. Der Bedarf des Antragstellers zu 4) lag bis Dezember 2019 bei 422 EUR und liegt seit Januar 2020 bei 428 EUR sowie einmalig im Februar 2020 bei 478 EUR.

3. Die Antragsteller haben keine Möglichkeit, durch eigene Kräfte und Mittel ihren Bedarf auch nur annährend vollständig zu sichern. Einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hat nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nur derjenige, der seinen notwendigen Unterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann. Zur Ermittlung des Umfangs der Hilfe wird eine Gegenüberstellung von Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt mit den verfügbaren Selbsthilfemöglichkeiten, vor allem dem einsatzpflichten Einkommen und Vermögen, vorgenommen und ein Saldo ermittelt. Daraus ergibt sich die Höhe des Anspruchs (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 19, Rdnr. 12). Die Regelung korrespondiert insoweit mit der Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von Leistungen des Sozialhilfeträgers zu leben (§ 1 Abs. 1 SGB XII), sowie mit dem so genannten Nachranggrundsatz (§ 2 SGB XII) (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 22). Diese Vorschriften lauten:

§ 1 Aufgabe der Sozialhilfe Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten. Zur Erreichung dieser Ziele haben die Leistungsberechtigten und die Träger der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Rechte und Pflichten zusammenzuwirken.

§ 2 Nachrang der Sozialhilfe (1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. (2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltsberechtigter oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

Sozialhilfe ist nach Wesen, Sinn und Zweck Hilfe in gegenwärtiger Not (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. August 1995, 5 C 9/94, juris, Rdnr. 18), so dass die Leistungen final auf das Ziel ausgerichtet sind, eine gegenwärtige konkrete Notlage eines Menschen abzuwenden (sog. Finalprinzip, vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 51). Das Sozialhilferecht ist ferner vom Bedarfsdeckungsprinzip, dem Individualisierungsprinzip, dem Gegenwärtigkeitsprinzip, dem Tatsächlichkeitsprinzip, dem Gesamtfallgrundsatz, dem Kenntnisgrundsatz und dem Nachranggrundsatz geprägt (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 52). Diese Prinzipien stellen (teils ungeschriebene) Teilaspekte des Sozialhilferechts dar, die sich inhaltlich überschneiden und ergänzen und als Summe die Struktur des Sozialhilferechts darstellen. Sie folgen alle letztlich aus dem Wesen der Sozialhilfe als Hilfe in einer konkreten gegenwärtigen Notlage für einen bestimmten individuell benennbaren Menschen. Dahinter steht die eigentliche Aufgabe der Sozialhilfe, die Menschenwürde zu sichern (§ 1 Satz 1 SGB XII). Dabei geht das Gesetz in Übereinstimmung mit dem Menschenbild des Grundgesetzes von einem selbstbestimmten Menschen aus, dem geholfen werden soll, dieses Ziel zu erreichen, der aber auch aufgerufen ist, daran nach Kräften mitzuwirken (§ 1 Satz 2 SGB XII) (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 52). Das Menschenwürdeprinzip kann als Leitbild und als das zentrale Strukturprinzip der Sozialhilfe bezeichnet werden, aus dem sich alle Grundsätze und Prinzipien normativ ableiten lassen (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 56). § 1 SGB XII hat die Funktion, abstrakt die Grundwertungen des Gesetzgebers darzulegen, indem deklaratorisch der Grundsatz der Menschenwürde wiederholt wird, normiert aber keine Rechtsansprüche oder unmittelbare Rechtspflichten des Bürgers (vgl. Müller-Grube in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 01.05.2014, § 1, Rdnr. 9, 10). § 1 Satz 1 SGB XII stellt die Grundlage für die Strukturprinzipien des Sozialhilferechts dar (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009, B 8 SO 16/18 R, juris, Rdnr. 13; Armborst in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., § 1, Rdnr. 4). Zudem bekräftigt § 1 Satz 1 SGB XII den Verfassungsauftrag, die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch eine gesetzliche Grundlage zu sichern (vgl. Armborst in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., § 1, Rdnr. 5). Wenn es darum geht, den Lebensbedarf eines Menschen zu sichern, damit er menschenwürdig leben kann, folgt daraus das Gegenwärtigkeitsprinzip, denn der insoweit benötigte "elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht" (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, juris, Rdnr. 19; vgl. außerdem Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 56). Der Bedarfsdeckungsgrundsatz besagt, dass das, was zum menschenwürdigen Leben benötigt wird, auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden muss (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 57). Die Bezugnahme auf den einzelnen Menschen führt zu dem Individualisierungsprinzip: Die Leistungen müssen sich grundsätzlich nach dem individuellen Bedarf ausrichten, wie dies in § 9 Abs. 1 SGB XII einfachgesetzlich geregelt ist. Da es grundsätzlich auf eine gegenwärtige Notlage des betreffenden Menschen ankommt, wird seine tatsächliche Lage und nicht eine abstrakte oder normative Lage zugrunde gelegt. Das führt zu dem Faktizitätspinzip (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 57 m.w.N.). Dieses wird etwa wirksam, wenn es um die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen geht. Die Rechtsprechung hat insoweit darauf abgestellt, dass Einkommen und Vermögen "präsente", "bereite" Mittel sein müssen und damit das Gegenwärtigkeits- und das Faktizitätsprinzip aktiviert (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2015, B 14 AS 43/14 R, juris, Rdnr. 15; Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 58). Die Selbsthilfemöglichkeit durch eigenes Einkommen und Vermögen schließt einen Anspruch deshalb nur aus, wenn sie präsent sind, also tatsächlich vorliegen und daher mit ihrer Hilfe die gegenwärtige Notlage tatsächlich abgewendet werden kann (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 19, Rdnr. 11; Armborst in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., § 2, Rdnr. 8). Der Kenntnisgrundsatz ist einfachgesetzlich in § 18 Abs. 1 SGB XII geregelt. Soweit das Antragsprinzip gilt, sind die Wirkungen eines Antrags von der Rechtsprechung weit ausgedehnt worden, weil auch insoweit der Leistungsberechtigte seine Ansprüche möglichst vollständig erfüllt bekommen soll. In diesem Zusammenhang ist auch das Meistbegrünstigungsprinzip bzw. der Gesamtfallgrundsatz zu nennen, wonach Anträge im Sinne einer vollständigen Ausschöpfung der materiell-rechtlichen und der verfahrensrechtlichen Positionen auszulegen sind (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 57 m.w.N.). § 2 SGB XII umschreibt den Subsidiaritätsgrundsatz, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich selbst helfen kann (vgl. Müller-Grube in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 01.05.2014, § 1, Rdnr. 16). Der Nachrang ist als Ausdruck des Grundsatzes der Subsidiarität staatlicher Fürsorge anzusehen, der eine Eintrittspflicht des Gemeinwesens erst dann als notwendig erscheinen lässt, wenn die hilfebedürftige Person nicht über die Möglichkeit verfügt, selbst den Bedarf zu decken oder sich die dafür erforderlichen Mittel anderweitig zu verschaffen (vgl. Armborst in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., § 2 Rdnr. 1). Die Selbsthilfeverpflichtung des Leistungsberechtigten ist zugleich Ausdruck seiner Menschenwürde (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 55), denn zur Subjektstellung eines Menschen gehört auch - sofern ihm dies möglich ist - Verantwortung für seine eigene Lebensgestaltung zu übernehmen (vgl. Münder in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., Einl., Rdnr. 22). In den Nachrang der Sozialhilfe eingebettet ist das Selbsthilfeprinzip, wonach Sozialhilfe primär Hilfe zur Selbsthilfe ist, also dazu beitragen soll, dass die Leistungsberechtigten ihre eigenen Kräfte entfalten, um unabhängig von Sozialhilfe zu werden. Daran haben die Leistungsberechtigten entsprechend mitzuwirken. Realisiert wird der Nachrang der Sozialhilfe durch die Verpflichtung, durch Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit Einkommen zu erzielen (§ 11 Abs. 3 SGB XII), durch die Vorschriften über den Einsatz von Einkommen und Vermögen (§§ 82 bis 91 SGB XII) sowie durch den Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten gegen Dritte (§§ 93, 94 SGB XII) (vgl. Münder in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., Einl., Rdnr. 23). § 2 SGB XII ist keine eigenständige Ausschlussnorm, sondern ihr kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu. Ein Leistungsausschluss ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII ist allenfalls in extremen Ausnahmefällen denkbar, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 8 SO 30/10 R, juris, Rdnr. 25 m.w.N.). Der Nachranggrundsatz entfaltet seine Wirkung im Übrigen erst, wenn tatsächlich entsprechende Selbsthilfemöglichkeiten vorhanden sind (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., Einl. SGB XII, Rdnr. 58).

Ausgehend davon steht dem jeweiligen Bedarf der Antragsteller kein Einkommen oder Vermögen gegenüber, das den Bedarf vollständig entfallen ließe (a). Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) können aktuell nicht auf eine Bedarfsdeckung durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verwiesen werden. Bei den Antragstellern zu 2) und 3) scheidet diese Möglichkeit schon aufgrund ihre Alters (unter 15 Jahre) aus (b). Die Ausreise in ihr Heimatland ist für die Antragsteller kein Mittel der Selbsthilfe im Sinne des § 2 SGB XII (c).

a) Gegenwärtig verfügt lediglich der Antragsteller zu 3) aufgrund des Unterhaltsvorschusses über zu berücksichtigendes Einkommen. Zu berücksichtigendes Vermögen ist bei keinem der Antragsteller vorhanden.

§ 82 SGB XII Begriff des Einkommens (1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird. (2) Von dem Einkommen sind abzusetzen 1. auf das Einkommen entrichtete Steuern, 2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, 3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und 4. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind oder die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 3 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 200 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft. (3) – (7) ( )

Nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII vom 28. November 1962 (BGBl. I, 692), zuletzt geändert durch Art. 8 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Vorschriften vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I, 2557), sind bei der Berechnung von Einkünften in Geld oder Geldeswert, die nach § 82 Abs. 1 SGB XII zum Einkommen gehören, alle Einnahmen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsnatur sowie ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den Einkunftsarten im Sinne des Einkommensteuergesetzes gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen, zugrunde zu legen.

Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII sind für die Bewertung von Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (Kost, Wohnung und sonstige Sachbezüge), die auf Grund des § 17 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch für die Sozialversicherung zuletzt festgesetzten Werte der Sachbezüge maßgebend; soweit der Wert der Sachbezüge nicht festgesetzt ist, sind der Bewertung die üblichen Mittelpreise des Verbrauchsortes zu Grunde zu legen. Die Verpflichtung, den notwendigen Lebensunterhalt im Einzelfall nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sicherzustellen, bleibt unberührt.

Zuwendungen Dritter sind in § 84 SGB XII geregelt; danach gilt: (1) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege bleiben als Einkommen außer Betracht. Dies gilt nicht, soweit die Zuwendung die Lage des Leistungsberechtigten so günstig beeinflusst, dass daneben Sozialhilfe ungerechtfertigt wäre. (2) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sollen als Einkommen außer Betracht bleiben, soweit ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten eine besondere Härte bedeuten würde.

Welches Vermögen einzusetzen ist, bestimmt § 90 SGB XII: (1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen. (2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung 1. eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird, 2. eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden, 3. eines sonstigen Vermögens, solange es nachweisliche zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit erheblichen Teilhabeeinschränkungen (§ 99 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftiger Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde, 4. eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen, 5. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, 6. von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, 7. von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist, 8. eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes, 9. kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen. (3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

Nach § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII vom 11. Februar 1988 (BGBl. I, 150), zuletzt geändert durch Art. 1 der Zweiten Änderungsverordnung vom 22. März 2017 (BGBl. I, 519), sind kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII: 1. für jede in § 19 Abs. 3, § 27 Abs. 1 und 2, § 41 und § 43 Absatz 1 Satz 2 SGB XII genannte volljähre Person sowie für jede alleinstehende minderjährige Person, 5000 Euro, 2. für jede Person, die von einer Person nach Nummer 1 überwiegend unterhalten wird, 500 Euro. Eine minderjährige Person ist alleinstehend im Sinne des Satzes 1 Nr. 1, wenn sie unverheiratet und ihr Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII nicht vom Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils abhängig ist.

§ 27 Abs. 2 Satz 2 SGB XII setzt unausgesprochen eine Einsatzgemeinschaft voraus (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 13). Zur Einsatzgemeinschaft gehören auch die minderjährigen unverheirateten Kinder, soweit sie ihren Bedarf aus eigenem Einkommen und Vermögen nicht decken können. Volljährige Kinder werden hingegen von § 27 Abs. 2 Satz 3 SGB XII nicht erfasst. Deren Bedarfsdeckung kann nur über die Vermutung nach § 39 SGB XII angenommen werden aufgrund elterlichen Einkommens oder Vermögens (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 18). Einkommen und Vermögen ist bei Sozialhilfeleistungen zunächst allein bei demjenigen zu berücksichtigen, der es erzielt oder besitzt (vertikale Einkommensberücksichtigung) (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 30; Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 27, Rdnr. 20). Für die Verteilung überschießenden Einkommens und Vermögens auf mehrere Mitglieder der Einsatzgemeinschaft gilt im Sozialhilferecht die vertikale Verteilung des Überschusses. D.h., zuerst ist der Bedarf dessen zu decken, der über Einkommen und Vermögen verfügt. Der Überschuss kann sodann auf die übrigen Mitglieder der Einsatzgemeinschaft prozentual nach ihrem jeweiligen Bedarf angerechnet werden (vgl. Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 27, Rdnr. 20). Dies steht im Gegensatz zu der im SGB II durchzuführenden horizontalen Einkommensberücksichtigung, die zur Folge hat, dass in einer Bedarfsgemeinschaft selbst derjenige, dessen individueller Bedarf durch Einkommen gedeckt ist, wie ein Hilfebedürftiger behandelt wird (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 31; Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 27, Rdnr. 6).

Ausgehend davon bilden die Antragsteller zwar eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 27 Abs. 2 SGB XII. Kein Mitglied der Einsatzgemeinschaft ist jedoch in der Lage, aus dem bei ihm vorhandenen Einkommen oder Vermögen überhaupt nur seinen eigenen Bedarf zu decken, so dass sich Fragen zur Verteilung eines Überhangs nicht weiter stellen.

Die Kleiderspenden, die die Antragsteller erhalten, sind vom Wert her so gering, dass die Freibetragsgrenze des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII offensichtlich nicht überschritten wird. Anderweitiges Vermögen ist bei den einzelnen Antragstellern nicht vorhanden.

Soweit die Antragsteller Lebensmittelspenden erhalten haben, ist fraglich, ob diese als Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege im Sinne des § 84 SGB XII zu werten sind oder als Sachbezüge nach § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII zu berücksichtigen sind. Jedenfalls für die Frage, in welchem Umfang gegenwärtig ein Hilfebedarf besteht, kann dies offen bleiben: Die Lebensmittelspenden werden nur erbracht, weil die Antragsteller keine anderweitigen Leistungen zur Existenzsicherung erhalten. Sie entfallen, sofern und sobald sie staatliche Hilfe zum Lebensunterhalt bekommen.

Die Antragstellerin muss sich deshalb allenfalls die in der Vergangenheit monatlich geschenkten 50 EUR der Kirchengemeinde als Einkommen anrechnen lassen. Auch für dieses Geld gilt allerdings, dass es nicht mehr gezahlt würde, sofern und sobald die Antragstellerin existenzsichernde Leistungen von dem Antragsgegner erhielte. Für die Vergangenheit lag der Saldo aus Bedarf und Einkommen bei der Antragstellerin deshalb bei 626,64 EUR bis zum 31. Dezember 2019 und ab dem 1. Januar 2020 bei 637,52 EUR bzw. ohne die kirchliche Unterstützung bei 687,52 EUR.

Der Antragsteller zu 3) erhält einen Unterhaltsvorschuss in Höhe von 212,00 EUR, der dazu führt, dass sich sein Bedarf auf 190 EUR bis zum 31. Dezember 2019 belief und seit dem 1. Januar 2020 bei 196 EUR liegt, bzw. einmalig im Februar 2020 bei 246 EUR.

Der Antragsteller zu 2) und der Antragsteller zu 4) haben keinerlei Einkommen.

b) Die Antragstellerin und der Antragsteller zu 4) können aktuell nicht darauf verwiesen werden, durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ihren Bedarf decken zu können, obwohl es sich dabei um eine Möglichkeit handelt, aus eigenen Kräften den Lebensunterhalt zu sichern (vgl. vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 23). Der Sozialhilfeempfänger kann nur dann auf die Selbsthilfemöglichkeit verwiesen werden, wenn ihm dadurch bereite Mittel zur Verfügung stehen (vgl. Giere in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 82, Rdnr. 34). Ob ein Mittel zur Selbsthilfe "bereit" steht, hängt davon ab, ob es geeignet ist, die Notlage ebenso zu beseitigen wie die sonst erforderliche Sozialhilfe. Die Sozialhilfemaßnahme und die sie entbehrlich machende Selbsthilfemöglichkeit müssen einander darum in dem Sinne gleichstehen, dass der sozialhilferechtliche Bedarf gleichermaßen gedeckt wird (vgl. Rothkegel, Sozialhilferecht, S. 113). Fehlt es an "bereiten" Mitteln, kommt es für die Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt auf die tatsächliche Lage des Hilfesuchenden an (Faktizitätsprinzip) (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007, B 8/9b SO 23/06 R, juris, Rdnr. 15 m.w.N.). Das bedeutet: Nicht das "Soll", sondern das "Ist" regiert das Eintreten der Sozialhilfe (vgl. Rothkegel, Sozialhilferecht, S. 58). Das Bestehen - die bloße Faktizität - der Bedarfslage rechtfertigt die Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der Hilfeempfänger oder ein Dritter pflichtvergessen war oder der Empfänger selbst infolge eigener Versäumnisse in eine Notlage geraten ist. Für das Entstehen des Anspruchs auf Sozialhilfe ist ein mögliches Fehlverhalten des Hilfeempfängers unerheblich (Eichenhofer in: Rothkegel, Sozialhilferecht, S. 15). Daraus folgt, dass nicht bereits dann, wenn der Lebensunterhalt durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gesichert werden könnte, ein Leistungsanspruch entfällt. Ob etwas Anderes zu gelten hätte, wenn den Betroffenen ein die Hilfebedürftigkeit beseitigendes Arbeitsangebot offenstände, das sie nur annehmen müssten (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, Rdnr. 209), kann offenbleiben, weil dies tatsächlich nicht der Fall ist. Jedenfalls die bloß (theoretische) Möglichkeit der Arbeitsaufnahme führt noch nicht zu bereiten Mitteln, um das Existenzminimum zu sichern. § 39 a SGB XII konkretisiert deshalb, unter welchen Voraussetzungen der Leistungsanspruch eingeschränkt werden kann (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 04.05.2018, § 27, Rdnr. 23). Allein unter Berufung auf den Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII können hingegen keine Sozialhilfeleistungen eingestellt werden (vgl. Roscher in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., § 39a, Rdnr. 7). Gemäß § 39a Abs. 1 SGB XII vermindert sich, sofern Leistungsberechtigte entgegen ihrer Verpflichtung die Aufnahme einer Tätigkeit oder die Teilnahme an einer erforderlichen Vorbereitung ablehnen, die maßgebende Regelbedarfsstufe in einer ersten Stufe um bis zu 25 vom Hundert, bei wiederholter Ablehnung in weiteren Stufen um jeweils bis zu 25 vom Hundert. Die Leistungsberechtigten sind vorher entsprechend zu belehren. § 39a Abs. 1 SGB XII bezieht sich insoweit auf § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB XII, wonach Leistungsberechtigte, die durch Aufnahme einer zumutbaren Tätigkeit Einkommen erzielen können, hierzu sowie zur Teilnahme an einer erforderlichen Vorbereitung verpflichtet sind. Auch eine derart belastende Sanktion kann mit dem Grundgesetz vereinbar sein, denn Sozialhilfe ist subsidiäre (nachrangige) Hilfe, der es nicht bedarf, wenn der Hilfesuchende selber in der Lage ist, die ihn treffende Notlage abzuwenden (Eichenhofer in: Rothkegel, Sozialhilferecht, S. 17). Durch die Bindung der Sozialhilfe an den Nachranggrundsatz verfehlt der Gesetzgeber nicht den Auftrag, jedem Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 123, 125). Das Grundgesetzt deckt auch die Entscheidung des Gesetzgebers, von denjenigen, die staatliche Leistungen der sozialen Sicherung in Anspruch nehmen, zu verlangen, an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit selbst aktiv mitzuwirken oder die Bedürftigkeit gar nicht erst eintreten zu lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 126). Zudem kann für den Fall, dass eine klar bekannte und zumutbare Mitwirkungspflicht ohne wichtigen Grund nicht erfüllt wird, auch eine belastende Sanktion vorgesehen sein, um so die Mitwirkung an der Überwindung der eigenen Hilfebedürftigkeit durchzusetzen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 130). Eine solche belastende Sanktion kann mit der Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz vereinbar sein, wenn sie nicht darauf ausgerichtet ist, repressives Fehlverhalten zu ahnden, sondern darauf, dass Mitwirkungspflichten erfüllt werden, die gerade dazu dienen, die existenzielle Bedürftigkeit zu vermeiden oder zu überwinden (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 131). Voraussetzung ist, dass es den Betroffenen tatsächlich möglich ist, die Minderung staatlicher Leistungen durch eigenes zumutbares Verhalten abzuwenden und die existenzsichernde Leistung wiederzuerlangen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 133).

Ausgehend davon fehlt es – abgesehen davon, dass das Verfahren des § 39a Abs. 1 SGB XII nicht eingehalten wurde - schon an einer der Antragstellerin oder dem Antragsteller zu 4) tatsächlich angebotenen zumutbaren Arbeit. Denn nur durch eine solche tatsächlich existenzsichernde und zumutbare Erwerbstätigkeit wird eine Situation herbeigeführt, die im Ausgangspunkt derjenigen vergleichbar ist, in der keine Bedürftigkeit vorliegt, weil Einkommen oder Vermögen aktuell verfügbar und zumutbar einsetzbar ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 209), mithin "bereite Mittel" zur Existenzsicherung zur Verfügung stehen.

Die Antragsteller zu 2) und 3) können aufgrund ihres Alters (unter 15 Jahre) von vornherein nicht auf diese Möglichkeit verwiesen werden. Für sie gilt gemäß §§ 5 Abs. 1, 2 Abs. 1 Jugendarbeitsschutzgesetz ein Beschäftigungsverbot.

c) Die bloße Möglichkeit, in das Heimatland, einen EU-Staat, zurückzukehren und dort existenzsichernde Leistungen in Anspruch zu nehmen, schließt den Leistungsanspruch nicht aus. Diese Möglichkeit ist kein Mittel der Selbsthilfe, dass die staatlichen Leistungen der Existenzsicherung als subsidiär zurücktreten lassen könnte. Es fehlt auch an einer gesetzlichen Grundlage, um eine unterlassene Ausreise sozialhilferechtlich zu sanktionieren.

aa) Die Frage, ob der Verweis auf die Rückkehr in das Heimatland eine den Nachrang der Sozialhilfe begründende Selbsthilfe wäre, war bereits unter der Geltung des § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG, der dem heutigen § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII entspricht (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 6/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 3), Gegenstand der gerichtlichen Klärung. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu klargestellt: "Zum anderen ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 120 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BSHG ohne weiteres, daß die den Nachrang der Sozialhilfe u.a. begründende Selbsthilfe nicht darin bestehen kann, den Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes zu verlassen, etwa durch Rückkehr in das Heimatland. Wäre diese Auffassung richtig, dann würde § 120 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BSHG im wesentlichen "leerlaufen" und einen Sinn nur noch für den Fall haben, daß der Nichtdeutsche aus besonderen, namentlich verfolgungsbedingten Gründen in sein Heimatland nicht zurückkehren kann. In dieser Vorschrift ist aber der Anspruch auf die Hilfe zum Lebensunterhalt allein an den tatsächlichen Aufenthalt des Ausländers im Geltungsbereich dieses Gesetzes angeknüpft." (BVerwG, Beschluss vom 20. Oktober 1988, 5 B 48/88, juris, Rdnr. 2; so auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. Februar 1992, 8 B 436/92, juris, Rdnr. 39-41; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 24. August 1994, Bs IV 162/94, juris, Rdnr. 8; Hessischer VGH, Beschluss vom 4. August 1983, 9TG 51/83, juris). Dieser Argumentation folgen für § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII z.B. auch die Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 29. Januar 2007, L 7 SO 5672/06 ER-B, juris, Rdnr. 4) und des Sächsische LSG (Beschluss vom 27. Juni 2017, L 3 AS 715/16 B ER, juris). Soweit die Entscheidung des BVerwG vom 8. Juli 1988, 5 B 136/87, juris, dahingehend zitiert wird, dass die Notwendigkeit der Rückkehr keinen Eingriff in das Grundrecht auf Sicherung des Existenzminimums darstelle (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7.November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 40; SG Berlin, Urteil vom 9. Juli 2018, S 135 AS 23938/15, juris, Rdnr. 98), entspricht dies nicht dem Inhalt der zitierten Entscheidung des BVerwG. Die Entscheidung des BVerwG vom 8. Juli 1988, 5 B 136/87 betrifft § 120 Abs. 1 Satz 2 BSHG ("Im übrigen kann Sozialhilfe gewährt werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist.") und die Frage, ob von der Ermessensausübung zweckentsprechend Gebrauch gemacht wurde in einem Fall, in dem ein Leistungsausschluss nach § 120 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz BSHG festgestellt war (Einreise um Sozialhilfe zu erlangen). In diesem Kontext führt das BVerwG aus: "Auch von daher erweist sich die auf der Grundlage der konkreten, den Fall in seiner Gesamtschau kennzeichnenden, auch dem Kläger bekannten Umstände – insbesondere seines Alters, seines Familienstandes (ledig), seiner Berufsausübung im Heimatland (Polen) bis zu dessen Verlassen, seiner Beziehungen zur dort lebenden Familie – getroffenen Entscheidung, daß nämlich den aus dem genannten Grund vom Rechtsanspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossenen Kläger die Nichtgewährung von Sozialhilfe nicht unverhältnismäßig hart trifft, weil ihm ohne weiteres zuzumuten ist, in sein Heimatland zurückzukehren, als einzelfallbezogen." (BVerwG, aaO, Rdnr. 3) Aus diesem Grund hat es das BVerwG nicht als eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesehen, ob die Ermessenserwägung des Beklagten, dass der Kläger in sein Heimatland zurückkehren könne, für eine ordnungsgemäße Ermessensausübung im Sinne des § 120 Abs. 1 Satz 2 BSHG ausreiche (BVerwG, aaO, Rdnr. 4).

bb) Macht der Hilfesuchende von der Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr in sein Heimatland keinen Gebrauch, stehen ihm aktuell keine Mittel bereit, die seinen gegenwärtigen Bedarf decken (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 11.04.2017, § 2, Rdnr. 13.1). Der Verweis darauf, dass er in Zukunft, nämlich nach Rückkehr in sein Heimatland, Leistungen zum Lebensunterhalt beziehen kann, deckt nicht den gegenwärtigen Bedarf (vgl. Coseriu in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 01.08.2018, § 23, Rdnr. 75.1). Eine die Hilfegewährung ausschließende Selbsthilfemöglichkeit liegt nur dann vor, wenn ein Mittel zur Selbsthilfe "bereit" steht und es mit dem Hilfebedarf zeitlich zusammentrifft (vgl. Oberhäuser/Steffen, ZAR 2017, 149, 151). Mögliche Ansprüche aus dem Sozialleistungssystem des Herkunftsstaates können auch nicht als "Zuwendungen Dritter" definiert werden, weswegen ein Leistungsausschluss gerechtfertigt wäre (so aber SG Berlin, Urteil vom 9. Juli 2018, S 135 A 23938/15, juris, Rdnr. 94). Auch insoweit fehlt es schon an den "bereiten" Mitteln, da die Sozialleistungen des Herkunftsstaates entweder nicht an eigene Staatsangehörige im Ausland erbracht werden, oder aber, sofern tatsächlich Leistungen erbracht würden, diese bereits als Einkommen nach § 82 SGB XII anzurechnen wären.

cc) Um einen Leistungsausschluss wegen unterlassener Selbsthilfemöglichkeit begründen zu können, bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012, B 8 SO 30/10 R, juris, Rdnr. 25). Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen Verweis auf die Rückkehr in das Heimatland als Form der Selbsthilfe existiert im SGB XII nicht (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2016, B 14 AS 35/15 R, juris, Rdnr. 42; SG Mainz, Beschluss vom 18. April 2016, S 3 AS 149/16, juris, Rdnr. 519). § 2 Abs. 1 SGB XII selber stellt keine eigenständige Ausschlussnorm dar (vgl. BSG, Urteil vom 2. Februar 2010, B 8 SO 21/08 R, juris, Rdnr. 13; Conradis in: Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl., S. 151). Dieser Regelung kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2016, B 14 As 35/15 R, juris, Rdnr. 42; Conradis in: Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl., S. 151).

Teilweise wird vertreten, § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII (der dem § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2a SGB II entspricht, wonach Ausländer ohne Aufenthaltsrecht von Leistungen ausgenommen sind), wäre eine solche Regelung. Mit ihr verlange der Gesetzgeber von dem Betroffenen, durch Heimkehr in sein Heimatland und ggf. die dortige Inanspruchnahme von Sozialleistungen staatliche Fürsorge in der Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 42). Mit der Erwartung, zur Vermeidung inländischen Sozialhilfebezugs auszureisen, sei die Nachrangigkeit des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert worden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 20219, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 39; Beschluss vom 27. November 2019, L 7 SO 3873/19 ER-B, juris, Rdnr. 10). Dieser Ansicht vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Im Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII findet sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Ausreise ein Mittel der Selbsthilfe sei, dass von dem Ausländer ohne Aufenthaltsrecht verlangt werde (vgl. auch SG Mainz, Vorlagebeschluss vom 18. April 2016, S 3 AS 149/16, juris, Rdnr. 519). Es wird vielmehr lediglich ein Leistungsausschluss normiert bei fehlendem Aufenthaltsrecht. Der Gedanke (Ausreise als Mittel der Selbsthilfe) ist hingegen lediglich eine Begründung, mit der der Gesetzgeber den kompletten Leistungsausschluss legitimieren will. Wäre die Ausreisemöglichkeit ein zulässiges Mittel der Selbsthilfe, müssten die Vertreter dieser Ansicht systematisch korrekt bereits einen Anspruch nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verneinen, weil nach ihrer Auffassung das bloße Bestehen einer Selbsthilfemöglichkeit den Anspruch ausschließen müsste, und nicht erst im Rahmen der Prüfung des Leistungsausschlusse auf die Selbsthilfemöglichkeit durch Ausreise verweisen (so z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 28, 30). Auch der Verweis darauf, dass es zahlreiche formelle und materielle Voraussetzungen gebe, von denen der Gesetzgeber den Anspruch auf existenzsichernde Leistungen abhängig mache (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 38; Beschluss vom 27. November 2019, L 7 SO 3873/19 ER-B, juris, Rdnr. 15), entbindet nicht von dem Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage, um wegen vermeintlich unzureichend genutzter Selbsthilfemöglichkeiten Leistungen der Existenzsicherung zu versagen. Im Gegenteil: Die aufgeführten Beispiele über den Antrag des Betroffenen (§ 37 SGB II, § 44 Abs. 1 SGB XII), die Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts (§§ 60 ff., § 66 SGB I), die vorrangige Verwendung eigenen Einkommens und Vermögens (§§ 9, 11 ff. SGB II; §§ 19, 82ff., 90 SGB XII), die Beantragung anderer Sozialleistungen (§ 12a SGB II) und deren Anrechnung (z.B. Kindergeld und "Schüler-BAföG" als Einkommen i.S.d. § 11 SGB II), die Anrechnung von Leistungen privater Dritter als Einkommen i.S.d. § 11 SGB II, zumutbare Bemühungen zur Senkung eigener Unterkunftskosten (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II; § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII) oder vom Aufenthalt an vorgegebenen Orten (§ 23 Abs. 5 SGB XII) belegen gerade die Notwendigkeit einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, an der es aber für die Ausreise als behauptetes Mittel der Selbsthilfe fehlt. Im Übrigen kann die unzureichende Nutzung von Mitteln der Selbsthilfe nur zu einer (moderaten) Einschränkung des Anspruchs führen, nicht aber zu dessen vollständigem Wegfall. Andernfalls kann es zu einem unverhältnismäßigen und daher verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Eingriff in das Recht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums kommen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 132 ff.). Soweit namentlich vom LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 38) auf die zumutbaren Bemühungen, den Lebensunterhalt aus eigener Kraft, insbesondere aus eigener Erwerbstätigkeit zu finanzieren (§ 31 SGB II; § 39a SGB XII) verwiesen wird, bleibt dazu unerwähnt, dass das Unterlassen einer Erwerbstätigkeit als Mittel der Selbsthilfe nur sanktioniert wird, sofern eine Arbeit, die zumutbar ist, tatsächlich zur Verfügung steht (vgl. insb. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 209). Auch hierfür existiert eine gesetzliche Grundlage.

dd) Als Begründung dafür, warum es sich bei der Ausreise um ein Mittel der Selbsthilfe handeln würde, wird auch darauf verwiesen, dass damit der Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber demjenigen des Herkunftslandes hergestellt werde und dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Der Ausländer, der trotz zumutbarer Rückkehrmöglichkeit in der Bundesrepublik Deutschland verbleibe, und keinen Leistungsanspruch habe, werde nicht anders behandelt, als beispielsweise derjenige, der eine sofort mögliche und zumutbare Vermögensverwertung nicht vornehme, oder als derjenigen, der nicht auf eine von ihm gewünschte Ausbildung verzichte. Auch diese Personen seien – aufgrund eigener freier Entscheidung – gleichzeitig de facto ohne existenzsichernde Mittel und (gleichwohl) ohne Leistungsanspruch gegen den Grundsicherungsträger (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 40). In diese Richtung argumentiert z.B. das SG Berlin: "Das BVerfG hat die Notwendigkeit der Mitwirkung bei der Sicherung des Existenzminimums selbst anerkannt. Entsprechend hat es entschieden, dass der in § 7 Abs. 5 SGB II für Studenten geregelte Ausschluss von existenzsichernden Leistungen keine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums darstellt, weil der Betroffene durch Abbruch des Studiums den Weg zu diesem Existenzsicherungssystem eröffnen kann ( )." (SG Berlin, Urteil vom 9. Juli 2018, S 135 AS 23938/15, juris, Rdnr. 99). Oder das LSG Rheinland-Pfalz: "Auch der aus dem gesetzlichen Leistungsausschluss resultierende faktische Zwang ins Herkunftsland zurückkehren oder in einen anderen Mitgliedstaat reisen zu müssen, weil es ihm nicht möglich ist, seinen Lebensunterhalt in der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen, stellt keine Verletzung seines Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dar. Er ist vergleichbar mit der Situation von Auszubildenden und Studenten, die ihre Arbeitskraft für ihren Lebensunterhalt einsetzen müssen ( )." (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. November 2015, L 3 AS 479/15 B ER, juris, Rdnr. 26)

Zur Begründung werden zwei Entscheidungen des BVerfG herangezogen. In der Entscheidung des BVerfG vom 8. Oktober 2014, 1 BvR 886/11, juris, wandte sich ein 48jähriger Student gegen die Ablehnung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Diese war aufgrund des Ausschlusses in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfolgt, wonach Leistungen nach dem SGB II nicht erhält, wer eine dem Grunde nach dem BAföG förderungsfähig Ausbildung absolviert. Leistungen nach dem BAföG hatte der Beschwerdeführer nicht beantragt und war somit auch nicht gegen eine ggf. ablehnende Entscheidung vorgegangen. In der Entscheidung vom 3. September 2014, 1 BvR 1768/11, juris, wandte sich eine damals 51jährige Beschwerdeführerin gegen den Ausschluss aufgrund des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Das BVerfG hat in beiden Entscheidungen klargestellt, dass es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, unterschiedliche Sozialleistungssysteme für unterschiedliche Bedarfslagen vorzusehen und diese Systeme über die Subsidiarität des SGB II herstellende Leistungsausschlüsse voneinander abzugrenzen (vgl. Schreiber, SR 2018, 181, 186). "§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. konkretisiert den Nachrang gegenüber vorrangigen besonderen Sozialleistungssystemen zur Sicherung des Lebensunterhalts ( ). Der Gesetzgeber geht im Rahmen seines Gestaltungspielraums in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass das menschenwürdige Existenzminimum, soweit eine durch die Ausbildung bedingte Bedarfslage entstanden ist ( ), vorrangig durch Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz beziehungsweise dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch zu decken ist." (BVerfG, Beschluss vom 3. September 2014, 1 BvR 1768/11, juris, Rdnr. 22) Zudem hat es ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Leistungsausschluss Folge der Altersgrenzen im BAföG ist, über die in dem vorgelegten Verfahren nicht entschieden wurde. Diese Altersgrenzen berührten "zwar die teilhaberechtliche Dimension des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgebot ( )." (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2014, 1 BvR 886/11, juris, Rdrn. 14) Der Gesetzgeber habe mit dem BAföG ein besonderes Sozialleistungssystem geschaffen und im Rahmen seines Gestaltungspielraums entschieden, dass eine möglichst frühzeitige Aufnahme der Ausbildung angestrebt werde. "Ob sich der Ausschluss der Beschwerdeführerin von der Förderung einer Ausbildung vor der Verfassung rechtfertigen lässt, ist damit nicht gesagt, aber hier auch nicht zu entscheiden." (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2014, 1 BvR 886/11, juris, Rdnr. 14).

Bei dem Nachrang innerhalb der verschiedenen inländischen existenzsichernden Systeme handelt es sich um deren Abgrenzung voneinander, nicht hingegen um einen Nachrang im Sinne des Subsidiaritätsprinzips (vgl. Conradis in: Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl., S. 151). Im Verhältnis der Leistungssysteme zueinander gilt der Spezialitätsgrundsatz, nicht ein Nachrangprinzip (vgl. Berlit in: Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl., S. 165; vgl. auch SG Mainz, Beschluss vom 18. April 2016, S 3 AS 149/16, juris, Rdnr. 510). Abgrenzungsprinzipien für die Systemzuordnung sind rechtliche oder personale Eigenschaften der leistungsberechtigten Personen einschließlich ihrer spezifischen Beziehungen zu anderen Personen (vgl. Berlit in: Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Aufl., S. 165). Die Spezialität einzelner Leistungssysteme bezieht sich aufgrund der territorialen Reichweite der Gesetze (lediglich auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland) nur auf Leistungssysteme, die in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden sind. Die Ausreise ist keine Handlung, die bei den Antragstellern eine rechtliche oder personelle Eigenschaft herbeiführen kann, die den Zugang zu einem inländischen Leistungssystem eröffnen würde. Vielmehr lässt sie gerade die Anspruchsvoraussetzung des Inlandsaufenthalts entfallen. Dies unterscheidet die Antragsteller auch von Anspruchstellern, die aufgrund des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen sind. Diese können durch Vornahme einer Handlung (Ausbildungsabbruch) in ihrer Person die Voraussetzungen für den Zugang zu einem inländischen Leistungssystem schaffen. Soweit während des Inlandsaufenthalts Sozialleistungen aus dem Ausland bezogen werden (z.B. ausländische Renten), wird dies als Einkommen bedarfsmindernd angerechnet und damit dem Grundsatz der Subsidiarität auf gesetzlicher Grundlage Rechnung getragen.

ee) Die Möglichkeit der Selbsthilfe muss sich im Übrigen auf die aktuelle Sicherstellung des Existenzminimums gerade während des Aufenthalts im Geltungsbereich des SGB XII beziehen (vgl. LSG Nordhrein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013, L 20 AY 153/12 B ER, juris, Rdnr. 58). Regelungen über den tatsächlichen Aufenthalt werden dadurch grundsätzlich nicht getroffen. Die bloße Heimkehrmöglichkeit ist wegen des für einen sozialhilferechtlichen Anspruch hinreichenden tatsächlichen Aufenthalts irrelevant (Schreiber, SR 2018, 181, 191). Das gesetzgeberische Ziel, dass sich der Ausländer physisch aus dem Bundesgebiet entfernen soll, ist, wenn Aufenthaltsregelungen ggf. missachtet oder unterlaufen werden, mit dem ausländerrechtlichen Instrumentarium zu verfolgen, nicht aber mit Handlungsanreizen durch Entzug des für die hiesige Existenz notwendigen wirtschaftlichen Minimums (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013, L 20 AY 153/12 B ER, juris, Rdnr. 58; Hessischer VGH, Beschluss vom 4. August 1983, 9 TG 51/83, HessVGRspr. 1984, S. 26, 27 zu § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG). Es ist nicht die Aufgabe des Sozialrechts, die Ausreise von Ausländern durch "Aushungern" herbeizuführen (vgl. Oberhäuser/Steffen, ZAR 2017, 149, 152). Die Möglichkeit einer freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland ist so lange unbeachtlich, wie der tatsächliche Aufenthalt in Deutschland von den zuständigen Behörden (faktisch) geduldet wird (vgl. BSG, Urteil vom 20. Januar 2016, B 14 AS 35/15 R, juris, Rdnr. 41). Dies ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Aufgaben des Aufenthalts- und des Sozialrechts. Nach § 1 Abs. 1 AufenthG dient das Gesetz der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern. Die Aufgaben des Sozialrechts werden in § 1 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hingegen definiert als: Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hilfen gestalten. Es soll dazu beitragen, ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen die Familie zu schützen und zu fördern, den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden und auszugleichen.

II. Die Anwendung der Leistungsausschlüsse nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Antragsteller einen Anspruch auf Inländergleichbehandlung hätten (1.). Sie sind vielmehr von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt ausgeschlossen, weil die Rückausnahme des § 23 Abs. 3 Satz 7, 2. Halbsatz SGB XII nicht eingreift (2.) und ein Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XIII vorliegt (3.). Dem Anspruch steht hingegen kein Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB XII entgegen (4.).

Ausländer und ihre Familienangehörige erhalten nach § 23 Abs. 3 SGB XII, wie bereits ausgeführt, keine Leistungen nach Absatz 1 oder nach dem Vierten Kapitel, wenn 1. sie weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmer oder Selbständiger noch auf Grund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, 3. sie ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Nummer 2 aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S.1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S.1) geändert worden ist, ableiten oder 4. sie eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen. Satz 1 Nr. 1 und 4 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Hilfebedürftigen Ausländern, die Satz 1 unterfallen, werden bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig innerhalb von zwei Jahren nur eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen); die Zweijahresfrist beginnt mit dem Erhalt der Überbrückungsleistungen nach Satz 3. Hierüber und über die Möglichkeit der Leistungen nach Absatz 3a sind die Leistungsberechtigten zu unterrichten. Die Überbrückungsleistungen umfassen: 1. Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege, 2. Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe, einschließlich der Bedarfe nach § 35 Absatz 4 und § 30 Absatz 7, 3. die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen und 4. Leistungen nach § 50 Nummer 1 bis 3. Soweit dies im Einzelfall besondere Umstände erfordern, werden Leistungsberechtigten nach Satz 3 zur Überwindung einer besonderen Härte andere Leistungen im Sinne von Absatz 1 gewährt; ebenso sind Leistungen über einen Zeitraum von einem Monat hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist. Abweichend von Satz 1 Nr. 2 und 3 erhalten Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 und 2, wenn sie sich seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 7 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des tatsächlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Ausländerrechtliche Bestimmungen blieben unberührt.

1. Von den Leistungsausschlüssen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII kann nicht abgesehen werden, weil die Antragsteller einen Anspruch auf Inländergleichbehandlung hinsichtlich der Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII hätten (§ 23 Abs. 1 Satz 5 SGB XII).

a) Für Unionsbürger finden sich gemeinschaftsrechtliche Regelungen über die soziale Sicherheit in der VO (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der sozialen Sicherheit vom 29. April 2004 (ABl. L 166,1), die die VO (EWG) Nr. 1408/71 ersetzt hat. Die VO (EG) Nr. 883/2004 gilt nach ihrem Art. 3 Abs. 5 aber nicht für den Bereich der Sozialhilfe (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 06/19, § 23, Rdnr. 18; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 23, Rdnr. 5). Denn danach ist die Verordnung weder auf die soziale und medizinische Fürsorge noch auf Leistungssysteme für Opfer des Krieges und seiner Folgen anwendbar.

b) Für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen kann aber Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 (bis zum 14. Juni 2011: Art. 7 Abs. 2 VO/EWG 1612/68) einen Zugang zu Sozialhilfeleistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII vermitteln (vgl. Steinmeyer in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 7 VO (EU) Nr. 492/2011, Rdnr. 9; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 06/19, § 23, Rdnr. 19). Art. 7 Abs. 1 VO (EU) Nr. 492/2011 bestimmt, dass ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden darf als die inländischen Arbeitnehmer. Nach Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 genießt er dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 wird extensiv ausgelegt (vgl. Steinmeyer in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 7 VO (EU) Nr. 492/2011, Rdnr. 10). Erfasst werden entgegen der Systematik auch Leistungen an Familienangehörige. Die Gewährung von sozialen Vergünstigungen im Sinne des Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 an Familienangehörige entgegen dem Wortlaut rechtfertigt der EuGH mit der Feststellung, dass diese Leistungen im Grunde soziale Vergünstigungen für den Arbeitnehmer selbst sind, so dass auch diese von dem Anwendungsbereich des Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 erfasst werden müssen (vgl. Steinmeyer in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 7 VO (EU) Nr. 492/2011, Rdnr. 10 m.w.N.). Für Arbeitssuchende (und damit auch ihre Familienangehörigen) gilt das Gleichbehandlungsgebot des Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 allerdings nicht (vgl. Steinmeyer in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 7 VO (EU) Nr. 492/2011, Rdnr. 16). Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geht die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 grundsätzlich verloren (vgl. EuGH, Rs. C-85/96 - Arinez Sala). Damit endet dann auch die Anspruchsberechtigung aus Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011. Einer darüber hinausgehenden (Weiter-) Wirkung steht der EuGH skeptisch gegenüber (vgl. Steinmeyer in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 7 VO (EU) Nr. 492/2011, Rdnr. 20). Es können sich auch nur solche Personen auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 berufen, bei denen die Arbeitnehmereigenschaft von Bedeutung ist. Aus diesem Grund findet Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 keine Anwendung auf Selbständige, Dienstleistungserbringer bzw. –empfänger und deren Familienangehörige (vgl. Steinmeyer in: Fuchs, Europäisches Sozialrecht, Art. 7 VO (EU) Nr. 492/2011, Rdnr. 18).

Ausgehend davon findet Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 bei den Antragstellern keine Anwendung, da es keinen Arbeitnehmer gibt, von dem sie ein Recht aus Art. 7 Abs. 2 VO (EU) Nr. 492/2011 ableiten könnten. Dass der Vater der Antragsteller zu 2) bis 4) aktuell Arbeitnehmer wäre, ließ sich durch das Gericht nicht feststellen. Nach den Informationen, die der Antragsgegner zu dessen Gesundheitszustand mitgeteilt hat, erscheint dies ausgeschlossen.

c) Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Inländergleichbehandlung aus Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA). Nach Art. 1 EFA ist jeder der Vertragsschließenden verpflichtet, den Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, erlaubt aufhalten und nicht über ausreichende Mittel verfügen, in gleicher Weise wie seinen eigenen Staatsangehörigen und unter den gleichen Bedingungen die Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu erbringen, die in der in diesem Teil seines Gebietes geltenden Gesetzgebung vorgesehen ist. Das EFA ist in der Bundesrepublik Deutschland durch das Zustimmungsgesetz vom 15. Mai 1956 (BGBl. II S. S. 563) in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten begründendes Recht transformiert worden (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000, 5 C 29/98, juris, Rdnr. 9; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015, B 4 AS 43/15 R, juris, Rdnr. 17 m.w.N.). Zu den Leistungen des Art. 1 EFA gehört die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000, 5 C 29/98, juris, Rdnr. 12; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 24). Diese Vorschrift garantiert die gleichen Fürsorgeleistungen wie für Inländer nach Art und Höhe und unter den gleichen Bedingungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Mai 2000, 5 C 29/98, juris, Rdnr. 16).

Die Antragsteller können sich aber nicht auf Art. 1 EFA berufen, weil Rumänien, deren Staatsangehörige die Antragsteller sind, nicht Vertragspartei des EFA ist. Durchgreifende Gründe, das EFA auf sonstige EU-Mitgliedstaaten auszudehnen, bestehen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015, B 14 AS 15/14 R, juris, Rdnr. 34).

d) Aus der Europäischen Sozialcharta vom 18. Oktober 1961 (BGBl. II 1964, S. 1261) lassen sich keine unmittelbaren Rechte einzelner Bürger begründen. Diese beinhaltet lediglich rechtspolitische Zielsetzungen, deren Umsetzung in einklagbares nationales Recht sich die Vertragsparteien ausdrücklich vorbehalten haben (vgl. BVerwG, Urteil 18. Dezember 1992, 7 C 12/92, juris, Rdnr. 10; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. Juli 2014, L 15 AS 202/14 B ER, juris, Rdnr. 27 ff.; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 06/19, § 23, Rdnr. 52 m.w.N.).

2. Obwohl sich die Antragsteller seit mindestens fünf Jahren ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten, haben sie keinen Anspruch nach § 23 Abs. 3 Satz 7, 1. Halbsatz SGB XII. Dieser Anspruch ist nach § 23 Abs. 3 Satz 7, 2. Halbsatz SGB XII - der dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz SGB II entspricht - aufgrund der Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit ausgeschlossen (siehe insoweit Teil 1 II. 2. a).

3. Die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII liegen vor. Wie bereits in Teil 1 II. 2. f) dargelegt, verfügen die Antragsteller über kein Aufenthaltsrecht. Durch das Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I, 3155 ff.) sind die Leistungsausschlüsse in § 23 Abs. 3 SGB XII an die Leistungsausschlüsse in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II angepasst worden (BT-Drs. 18/10211, S. 15). Dies hat zur Folge, dass bei fehlender Leistungsberechtigung nach dem SGB II auch keine Leistungsberechtigung nach dem SGB XII gegeben ist. § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII formuliert dementsprechend, dass Leistungen nach Absatz 1 in diesen Fällen ausgeschlossen sind. Durch diese neue Formulierung wird klargestellt, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zusteht, noch ihnen Leistungen im Ermessenswege nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gewährt werden können (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. März 2017, L 19 AS 190/17 B ER, juris, Rdnr. 37; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 23, Rdnr. 47; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 06/19, § 23, Rdnr. 84 m.w.N.).

4. Die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB XII sind zur Überzeugung des Gerichts hingegen nicht gegeben. Die Vorschrift verlangt einen finalen Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe. Das folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des Tatbestandsmerkmals "um Sozialhilfe zu erlangen" (vgl. bereits zur Vorgängerregelung in § 120 BSHG: BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1992, 5 C 22/87, juris, Rdnr. 11). Die Konjunktion "um-zu" bezeichnet ein ziel- und zweckgerichtetes Handeln und damit eine Zweck-Mittel-Relation, in der die Einreise das Mittel und die Inanspruchnahme von Sozialhilfe den mit ihr verfolgten Zweck bildet (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1992, 5 C 22/87, juris, Rdnr. 11; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 23, Rdnr. 77 m.w.N.). Dieser erforderliche Zusammenhang besteht nicht nur, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, der einzige Einreisegrund ist. Beruht die Einreise des Ausländers auf verschiedenen Motiven, ist das Erfordernis des finalen Zusammenhangs auch erfüllt, wenn der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung ist. Die Möglichkeit, auf Sozialhilfe angewiesen zu sein, muss für den Einreiseentschluss des Ausländers, sei es allein, sei es neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam gewesen sein. Es genügt nicht, dass der Sozialhilfebezug beiläufig verfolgt oder anderen Einreisezwecken untergeordnet und in diesem Sinne (nur) billigend in Kauf genommen wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1992, 5 C 22/87, juris, Rdnr. 12). Zwischen dem Einreisentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe muss ein finaler Zusammenhang (prägende Bedeutung) bestehen (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 77 m.w.N.; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 23, Rdnr.60 m.w.N.). Das Motiv, Sozialhilfe zu erlangen, muss für den Ausländer neben anderen Einreisegründen so wichtig gewesen sein, dass er ansonsten nicht eingereist wäre (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 77 m.w.N.). Bei der Einreise von minderjährigen Ausländern, insbesondere solchen, die wegen ihres Alters noch keinen eigenen Willen bilden können, ist auf die Willensrichtung des Sorgeberechtigten bzw. desjenigen volljährigen Familienmitglieds abzustellen, das die Einreise veranlasst hat (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 79 m.w.N). Minderjährige müssen sich insoweit die Beweggründe ihrer Eltern bzw. Sorgeberechtigten zurechnen lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1979, 5 C 31/8, juris, Rdnr. 14; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 23, Rdnr.57 m.w.N.; a.A. Siefert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 29.01.2019, § 23, Rdnr. 94). Sind Kinder in der Bundesrepublik Deutschland geboren worden, stellt sich allerdings die Frage des Ausschlusses nicht (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. November 1997, 8 A 7050/95, juris, Rdnr. 11; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Aufl., § 23, Rdnr. 58). Die Einreise setzt einen Grenzübertritt aus dem Ausland in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland voraus. Daran fehlt es, wenn der hilfesuchende Ausländer, um dessen Individualanspruch es geht, erst nach der Einreise seiner Eltern im Bundegebiet geboren worden ist und sich seitdem ununterbrochen hier aufgehalten hat. Die materielle Beweislast für das Vorliegen des Leistungsausschlusses trägt grundsätzlich der Träger der Sozialhilfe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2009, L 23 SO 117/06, juris, Rdnr. 25).

Ausgehend davon konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass es für die Antragstellerin von prägender Bedeutung war, in Deutschland Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu können. Vielmehr hat sich die Erwartung der Antragstellerin und ihres geschiedenen Ehemannes zunächst erfüllt, dass es dem Ehemann durch die Ausübung einer Tätigkeit als Schrotthändler möglich sein werde, den Lebensunterhalt der gesamten Familie besser sichern zu können, als dies in Rumänien der Fall war. Dafür spricht auch, dass Leistungen nach dem SGB II bei der Beigeladenen erstmals im November 2012 beantragt wurden und somit kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einreise im März 2010 und der Inanspruchnahme von Sozialleistungen besteht. Für die Antragsteller zu 2) und 4), die zum Zeitpunkt der Einreise 4 und 7 Jahre alt waren und sich deshalb den Willen ihrer Eltern zurechnen lassen müssen, lässt sich deshalb eine "um-zu"-Einreise auch nicht feststellen. Für den Antragsteller zu 3) ist dies schon deshalb ausgeschlossen, weil er im Bundesgebiet geboren worden ist und sich seitdem hier ununterbrochen aufhält.

Teil 5 Gegenstand des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz ist das Begehren der Antragsteller auf laufende Leistungen zum Lebensunterhalt. Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII (Überbrückungs- und Härtefallleistungen) machen sie hingegen nicht geltend. Da teilweise in der Rechtsprechung aber auf der Grundlage der Härtefallregelung Überbrückungsleistungen entgegen der dargelegten gesetzgeberischen Regelungsabsicht für einen zeitlich unbegrenzten Zeitraum zugesprochen wurden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juli 2019, L 15 SO 181/18, juris; anhängig: BSG, B 8 SO 7/19 R), sieht sich das Gericht veranlasst zu prüfen, ob im Rahmen des § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII eine Verpflichtung zur laufenden Leistungserbringung möglich wäre. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsteller diese Leistung nicht ausdrücklich beantragt haben. Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII werden von Amts wegen erbracht; ein Antrag ist nicht erforderlich (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 86a). Die Voraussetzungen für die Gewährung von Überbrückungs- oder Härtefallleistungen an die Antragsteller nach § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII liegen aber zur Überzeugung des Gerichts nicht vor.

Die Überbrückungsleistungen sind, vor allem vom zeitlichen Umfang her, außerordentlich eingeschränkt; aber auch der Höhe nach ergeben sich erheblich Einschränkungen. So werden im Bereich der Leistungen zum Lebensunterhalt (vgl. § 27a Abs. 1 SGB XII) nur Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Ernährung sowie Körper- und Gesundheitspflege erbracht. Leistungen für Bedarfe an Kleidung, Hausrat und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens und auch zusätzliche Bedarfe sind hingegen ausgeschlossen (vgl. § 23 Ab. 5 Nr. 1 SGB XII). Die Überbrückungsleistungen stellen aufgrund dessen gegenüber laufenden Leistungen kein minus, sondern ein aliud dar (vgl. Bayerisches LSG; Beschluss vom 24. April 2017, L 8 SO 77/17 B ER, juris, Rdnr.42; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 86). Sie bilden somit prozessual gegenüber den Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII einen eigenen Streitgegenstand (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 25 m.w.N.). Die Härtefallregelung knüpft nach Wortlaut und Systematik an die Überbrückungsleistungen an und erlaubt im Einzelfall deren Modifizierung im Hinblick auf Art, Umfang (1. Variante) und/oder Dauer der Leistungsgewährung (2. Variante) (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 25; Schlette in: Hauck/Noftz, SGB, 06/19, § 23 SGB XII, Rdnr. 88 m.w.N.). Die beiden Varianten stehen in keinem Alternativverhältnis, sondern sind kombinierbar: Bei Vorliegen eines Härtefalls können sowohl Leistungsart und -umfang als auch Leistungsdauer aufgestockt werden. Der Bezug der Überbrückungsleistungen ist aber auf eine kurze überbrückbare Absicherung des Aufenthalts bis zur Ausreise gerichtet und dient der Vorbereitung dieser Ausreise aus dem Bundesgebiet und besitzt Ausnahmecharakter (Hess. LSG, Beschluss vom 27. März 2019, L 7 AS 7/19, juris, Rdnr. 10 m.w.N.). In der Gesetzesbegründung heißt es zur Härtefallregelung (BT-Drs. 18/10211, S. 16f): "Durch eine Härtefallregelung wird sichergestellt, dass innerhalb der Leistungsfrist von einem Monat auch über das gewährte Niveau der vorgesehenen Überbrückungsleistungen hinausgehende Bedarfe wie zum Beispiel für Kleidung gedeckt werden können, soweit dies im Einzelfall zur Überwindung besonderer Härten erforderlich ist. Ebenso können bei Vorliegen besonderer Umstände Bedarfe, die entstehen, soweit im Einzelfall eine Ausreise binnen eines Monats nicht möglich oder zumutbar ist, gedeckt werden. hierbei handelt es sich um eine Regelung, die lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände eingreift, um im Einzelfall für einen begrenzten Zeitraum unzumutbare Härten zu vermeiden, nicht um eine Regelung, mit der ein dauerhafter Leistungsbezug ermöglicht wird. Von einer Unmöglichkeit der Ausreise ist insbesondere auszugehen, wenn eine amtsärztlich festgestellte Reiseunfähigkeit vorliegt." Dementsprechend ist bei einer vorübergehenden Reiseunfähigkeit (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 46 m.w.N.) oder einem individuellen Rückkehrhindernis, welches eine Ausreise in den Herkunftsstaat derzeit auch unter Berücksichtigung der Belange der Allgemeinheit als unzumutbar erscheinen ließ (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. März 2018, L 7 AS 115/18 B ER, juris, Rdnr. 15), eine besondere Härte im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII angenommen worden. Die allgemeine soziale Situation im Herkunftsland soll hingegen kein Grund für die Annahme eines Härtefalls sein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 46 m.w.N.). Jedenfalls muss dies für Mitgliedstaaten der EU gelten. Eine zeitlich befristete Bedarfslage hat das LSG Nordrhein-Westfalen schon recht weitgehend definiert als: "Das Erfordernis "zeitlich befristete Bedarfslage" ist nicht als "kurzzeitig" auszulegen. Vielmehr ist eine zeitlich befristete Bedarfslage bereits dann anzunehmen, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der bedarfsbegründende Zustand kein Dauerzustand, sondern voraussichtlich vorübergehend ist." (vgl. Beschluss vom 28. März 2018, L 7 AS 115/18 B ER, juris, Rdnr. 15). Begründet wird dies damit, dass sich nicht feststellen lasse, dass der Gesetzgeber Unionsbürger gerade dann habe leistungslos lassen wollen, wenn die Verweisung (nur) auf Überbrückungsleistungen sich auch für einen längeren Zeitraum als unzumutbare Härte darstellt, mithin die den Leistungsausschluss begründende Rückkehroption sich gerade nicht ohne weiteres verwirklichen lasse (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. März 2018, L 7 AS 115/18 B ER, juris, Rdnr. 15). Jedenfalls eine noch darüber hinausgehende Ausdehnung lässt sich mit dem Wortlaut und dem Zweck der Regelung nicht vereinbaren.

Der Gesetzgeber bringt durch die Verwendung des Begriffs "im Einzelfall besondere Umstände" zum Ausdruck, dass von der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII nicht bestimmte Fallgruppen generell erfasst werden sollen, mithin nicht aus allgemeinen rechtssystematischen Erwägungen für einen generalisierten Personenkreis ein Anspruch begründet werden soll (vgl. auch Keller, NZS 2019, 874), sondern eng umgrenzte individuelle Ausnahmefälle. Die Verwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe "besondere Umstände" und "besondere Härte" entspricht dabei einer üblichen Regelungstechnik des Gesetzgebers. Das rechtsstaatliche Gebot der Gesetzesbestimmtheit zwingt den Gesetzgeber nicht, Regelungstatbestände stets mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Generalklauseln und unbestimmte, der Ausfüllung bedürftige Begriffe sind schon deshalb grundsätzlich zulässig, weil sich die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben nicht immer in klar umrissene Begriffe einfangen lässt. Der Gesetzgeber ist aber gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. September 1978, 1 BvR 525/77, juris, Rdnr. 34). Bei der Frage, welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, ist auch die Intensität der Einwirkungen auf die Regelungsadressaten zu berücksichtigen. Die Rechtsunterworfenen müssen in zumutbarer Weise erkennen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. April 1974, 1 BvR 6/74, juris, Rdnr. 26). Dabei reicht es aus, wenn sich dies im Wege der Auslegung der einschlägigen Bestimmung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln feststellen lässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 2000, 1 BvR 2307/94, juris, Rdnr. 325 m.w.N.). Die Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Härte hilft, den Schutzzweck des § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII zu verwirklichen. Die gesetzliche Fixierung nur bestimmter Ausnahmegründe würde der Vielfalt der Lebensverhältnisse nicht gerecht werden können. Zwar sollen die Bestimmtheitsanforderungen auch zur Gewährleistung von Rechtssicherheit beitragen. Dies lässt sich jedoch nicht bei jedem Regelungsgegenstand in gleichem Maße verwirklichen. Eine gewisse Rechtsunsicherheit, die sich durch Rechtsverordnungen der Exekutive, durch die Verwaltungspraxis sowie durch die Rechtsprechung im Laufe der Zeit noch in bestimmten Umfang verringert, muss jedenfalls dort in Kauf genommen werden, wo der Gesetzgeber ansonsten gezwungen wäre, entweder unpraktikable Regelungen zu treffen oder von einer Regelung gänzlich Abstand zu nehmen, was letztlich beides zu Lasten des Grundrechtsschutzes ginge (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, 2 BvL 8/77, juris, Rdnr. 111). Die gesetzliche Struktur der Norm begegnet daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Ausgehend davon lässt sich trotz der generalklauselhaften Weite der in der Vorschrift verwendeten Begriffe ihre Ausdehnung auf die Antragsteller nicht rechtfertigen. Das lässt sich der Vorschrift auch mit verfassungsrechtlichen Anforderungen genügender Eindeutigkeit entnehmen. Bei ihnen liegen keine Gründe vor, die im Einzelfall gegen eine Ausreise sprechen würden. Es lässt sich kein individuelles Rückkehrhindernis feststellen. Die Antragsteller sind weder reiseunfähig, noch bestehen Anhaltspunkte für sonstige Hindernisse, um nach Rumänien auszureisen. Die mögliche soziale Situation der Antragsteller in Rumänien (nach ihrem Vortrag gehen sie von drohender Obdachlosigkeit aus) kann nicht als besondere Härte berücksichtigt werden. Denn die dortige Situation ist kein zeitlich begrenzter Zustand, an dem sich etwas durch die Erbringung von zeitlich länger als einen Monat andauernden Überbrückungsleistungen ändern würde. Allein der Umstand, dass die Antragsteller ausreisepflichtig, die Ausreisepflicht aber noch nicht vollziehbar ist (aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Klage), begründet aus Sicht des Gerichts keine besondere Härte. Dies gilt insbesondere da ein rechtskräftiger Abschluss noch nicht ansatzweise absehbar ist. Dabei handelt es sich um keinen Umstand, der einer Ausreise tatsächlich entgegensteht (zumal die Antragsteller trotz der Klage ausreisepflichtig sind) oder die Ausreise im Einzelfall zu einer tatsächlichen Härte werden lassen würde. Die Antragsteller können den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch von Rumänien aus abwarten.

Anders hat allerdings das LSG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 11. Juli 2019 (L 15 SO 181/18, juris) entschieden: Nach dessen Leitsatz 1 sollen Unionsbürger ohne objektiv bestehendes materielles Aufenthaltsrecht solange Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 23 Abs. 3 Satz 6, 2. Halbsatz SGB XII n.F. haben, wie die Ausländerbehörde gegen sie keine bestandskräftige weiterhin wirksame Ausreiseverfügung erlassen hat, die mit einem Einreise- und Aufenthaltsverbot verknüpft ist. Weiter heißt es im Urteil: "(Es) stellt ( ) sich für Unionsbürger - typisierend - als Bedarfslage im "Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte" im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 6 Halbs. 2 SGB XII n.F. dar, dass sie einen privilegierten aufenthaltsrechtlichen Status genießen, während die Behörde, die diesen Status beenden könnte, die hierzu erforderlichen Maßnahmen nicht ergreift. Bei dieser Auslegung bleibt auch der Charakter der Leistung als zeitlich befristet erhalten. Denn die Leistungen begründende Bedarfslage nach § 23 Abs. 3 Satz 6 Halbs. 2 SGB XII n.F. endet, sobald die Ausländerbehörde tätig geworden ist und eine Unionsbürgerin oder ein Unionsbürger vollziehbar zur Ausreise verpflichtet ist." (Rdnr. 66). Dies begründet der dortige Senat damit, dass er nicht davon ausgehe, dass der Gesetzgeber sehenden Auges einen vollständig leistungslosen Zustand über mehrere Jahre Dauer habe hinnehmen wollen. Dem Gesetzgeber könne nicht ohne hinreichend deutliche Anhaltspunkte unterstellt werden, dass er auf diese Weise den Schutz der Menschenwürde als höchstrangiges Verfassungsgut (Art. 1 Abs. 1 GG) gefährden oder sogar billigend in Kauf nehmen und die dargestellte ausländerrechtliche Privilegierung von Unionsbürgern zum mindesten relativeren wollte. Ebenso wenig könne unterstellt werden, dass er den Zugang zu regulären Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII letztlich davon habe abhängig machen wollen, dass Unionsbürger ein von Gesetzgeber nicht gewünschtes Verhalten zeigten (indem sie sich nicht der vom Gesetzgeber leistungsausschließend unterstellten Selbsthilfemöglichkeit der Rückkehr in das Heimatland bedienten) und dass die Verletzung eines Verfassungsgutes nicht eingetreten sei (indem Unionsbürger wenigstens ihre physische Existenz ohne staatliche Hilfen sichern konnten) (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juli 2019, L 15 SO 181/18, juris, Rdnr. 65).

Dieser Auslegung des Begriffs der "besonderen Härte" vermag sich das vorlegende Gericht nicht anzuschließen, weil mit einer solchen Auslegung die Grenze einer verfassungskonformen Auslegung überschritten würde. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch träte. Andernfalls könnten die Gerichte der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vorgreifen oder diese unterlaufen. Das Ergebnis einer verfassungskonformen Auslegung muss demnach nicht nur vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt sein, sondern auch die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahren. Das gesetzgeberische Ziel darf nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht werden (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 2014, 1 BvR 2142/11, juris, Rdnr. 86). Die Anwendung und Auslegung der Gesetze durch die Gerichte steht mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) nur in Einklang, soweit sie sich in den Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, juris, Rdnr. 72 m.w.N.). Zu den Aufgaben der Rechtsprechung gehört zwar die Rechtsfortbildung. Der Gesetzgeber hat dies seit langem anerkannt und den obersten Gerichtshöfen des Bundes die Aufgabe der Rechtsfortbildung ausdrücklich überantwortet (vgl. für das Bundesarbeitsgericht § 45 Abs. 4 ArbGG). Dies belässt dem Gesetzgeber die Möglichkeit, in unerwünschte Rechtsentwicklungen korrigierend einzugreifen und so im Wechselspiel von Rechtsprechung und Rechtsetzung demokratische Verantwortung wahrzunehmen. Richterliche Rechtsfortbildung darf hingegen nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Die Gerichte dürfen sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen, sondern müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, juris, Rdnr. 73 m.w.N.). Die Beachtung des klar erkennbaren Willens des Gesetzgebers ist Ausdruck demokratischer Verfassungsstaatlichkeit. Dies trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) Rechnung. Das Gesetz bezieht seine Geltungskraft aus der demokratischen Legitimation des Gesetzgebers, dessen artikulierter Wille den Inhalt des Gesetzes daher mitbestimmt. Jedenfalls darf der klar erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht übergangen oder verfälscht werden. So verwirklicht sich auch die in Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG vorgegebene Bindung der Gerichte an das "Gesetz", denn dies ist eine Bindung an die im Normtext zum Ausdruck gebrachte demokratische Entscheidung des Gesetzgebers, dessen Erwägungen zumindest teilweise in den Materialien dokumentiert sind (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2018, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14, juris, Rdnr. 75 m.w.N.).

Ausgehend davon ist der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII nach Überzeugung des vorlegenden Gerichts eindeutig: Eine Leistung über einen Monat hinaus soll ausschließlich "zur Überwindung einer besonderen Härte" erfolgen. Eine besondere Härte kann sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur aus Tatsachen im Einzelfall ergeben, nicht hingegen aus allgemeinen rechtssystematischen Erwägungen, mit denen einem generalisierten Personenkreis ein Anspruch zugesprochen wird (vgl. Keller, NZS 2019, 874). Das Nichthandeln einer Ausländerbehörde in einer Gruppe von Fällen ist keine Tatsache, die bei dem Ausländer eine besondere Härte begründen kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 50). Auch die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann nicht als besondere Härte im Einzelfall gewertet werden, da Gerichtsverfahren generell eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und dies für alle Unionsbürger gilt, die gegen eine Verlustfeststellung klagen. Im Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII kommt auch der in der Gesetzesbegründung eindeutig formulierte Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, (auch) EU-Ausländer unter den in § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII genannten Voraussetzungen vom Leistungsanspruch auszunehmen sowie Leistungen nur im (eng verstandenen) Härtefall und auch dann nur in engen zeitlichen Grenzen zu gewähren (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 53). Dieser Wille würde unterlaufen, wenn im Rahmen der Härtefallregelungen des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII gleichwohl ein letztlich zeitlich unbeschränkter Leistungsanspruch etabliert würde, der vom Handeln der Ausländerbehörde oder der Dauer verwaltungsgerichtlicher Hauptsacheverfahren abhängig wäre (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 53). Der Gesetzgeber hat sogar den Wegfall des Anspruchsausschlusses nach fünf Jahren in § 23 Abs. 3 Satz 7 SGB XII n.F. eingeschränkt für den Fall der Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts. Dementgegen über die Härtefallregelung des § 23 Abs. 3 Satz 6 SGB XII einen Leistungsanspruch für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren zu begründen, liefe auch dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung entgegen. Dass dies insoweit widersprüchlich erscheinen kann, als bei Eintritt der Vollziehbarkeit der Verlustfeststellung (bei rechtskräftiger Klageabweisung) ein Anspruch auf Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG bestünde und mit dem Entzug der existenzsichernden Leistungen faktisch ein Vollzug der Ausreisepflicht herbeigeführt werden könnte (obwohl dieser rechtlich während des anhängigen verwaltungsgerichtlichen Klageverfahrens noch nicht möglich wäre (vgl. Sächsisches LSG, L 3 AS 73/18 B ER, juris, Rdnr. 47)), ändert nichts am eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII und dem für das Gericht klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen.

Ergebnis: Unbegründetheit des Antrags Die von den Antragstellern begehrte Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Leistungserbringung ist, wenn § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII als verfassungsgemäß anzusehen wäre und daher angewendet werden müsste, nicht möglich. Weder im SGB XII noch im SGB II oder dem AsylbLG gibt es dafür eine Anspruchsgrundlage. Ohne jede gesetzliche Anspruchsgrundlage ist auch im Eilverfahren eine vorläufige Verpflichtung zur Leistungserbringung ausgeschlossen.

B Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. verletzt das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.Vm. Art. 20 Abs. 1 GG), indem Unionsbürgern, deren Ausreisepflicht noch nicht vollziehbar ist, dem Grunde nach jegliche existenzsichernden Leistungen verwehrt werden. Eine solche Verletzung des Grundrechts lässt sich verfassungsrechtlich weder mit fiskalischen noch mit migrationspolitischen Erwägungen rechtfertigen. Sie wird auch nicht dadurch kompensiert, dass der Gesetzgeber Überbrückungs- und Härtefallleistungen von einem Monat für die Ausreise zur Verfügung stellt.

Das Bundesverfassungsgericht hat zuletzt in seinem Urteil vom 5. November 2019 den Umfang des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums dargelegt. Danach garantiert das Grundgesetz mit Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. "Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch; das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern. Das Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat. Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum zu. Bei dessen Ausfüllung hat er auch völkerrechtliche Verpflichtungen zu berücksichtigen (BVerfGE 142, 353 (369 f. Rn. 36) m.w.N.)." (BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 118). "Der Grundsatz der Menschenwürde bildet wegen seines Vorrangs und seiner Maßstäblichkeit für die im Text nachfolgenden Freiheits- und Gleichheitsrechte den Granitstein des konstitutionellen Bürgerschutzes. Er sperrt sich gegen Relativierung und Abwägung; er richtet den Staat strikt auf seine grundsätzliche Aufgabe aus, dem Menschen zu dienen." (Kirchhof, NZS 2015, S. 1, 4). Der Menschenwürdesatz verknüpft eine fundamentale "richtungsweisende Wertentscheidung" mit unmittelbarer Bindungswirkung für alle Träger staatlicher Gewalt. Konkrete Verpflichtungen erwachsen aus dem Achtungs- und Schutzgebot (vgl. Dreier, Grundgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Art. 1, Rdnr. 44 m.w.N.). Ihrer hohen sachlichen Bedeutung korrespondiert der besondere normative Rang der Menschenwürde. Dieser kommt in doppelter Hinsicht zum Ausdruck. Zum einen fällt Art. 1 Abs. 1 GG in den Einzugsbereich der sog. Ewigkeitsgarantie (Art. 79 Abs. 3 GG). Handlungen oder Maßnahmen, die als menschenwürdewidrig einzustufen sind, kann und darf deshalb selbst der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht zulassen; sie sind für alle (rechtsnormative) Ewigkeit tabu (vgl. vgl. Dreier, Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., Art. 1, Rdnr. 45 m.w.N.). Zum zweiten handelt es sich bei der "Unantastbarkeit", von der Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG spricht, um eine absolute Garantie. "Absolut heißt: nicht einschränkbar, nicht abwägbar, vorrangig – und zwar ausnahmslos." (Dreier, Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., Art. 1, Rdnr. 46 unter Verweis auf M. Baldus, AöR 2011, S. 529, 530). Das Bundesverfassungsgericht hat einen grundsätzlichen Anspruch jedes Menschen, der aus eigenen Kräften oder aus eigenem Vermögen seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten kann, auf Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums bejaht. Die Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG ist die Grundlage dieses Anspruchs. Das Gericht leitet ihn bewusst unmittelbar aus Art. 1 GG ab und verbindet ihn nicht mit Art. 2 Abs. 1 GG. So werden Abwägungen zwischen der Menschenwürde und anderen Verfassungspositionen ausgeschlossen, die sie nur relativieren würden (Kirchhof, NZS 2015, S. 1, 4). Konkret bedeutet dies, dass der von den Freiheitsrechten her bekannte Mechanismus nicht greift, wonach ein Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechts nicht per se eine Verletzung desselben darstellt, sondern verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann. In jedem Eingriff liegt deshalb bereits eine Antastung der Menschenwürde und daher unweigerlich ein Verfassungsverstoß (vgl. Dreier, Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., Art. 1, Rdnr. 46 m.w.N.). Schutzbereichsextension und Verletzungsgrenze fallen zusammen. Das bei der Fixierung der effektiven Reichweite von Grundrechtsgewährleistungen vertraute "Spiel von Grund und Gegengrund" findet nicht statt. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt bekräftigt, dass die Menschenwürde mit keinem Einzelgrundrecht oder sonstigem Verfassungswert abwägungsfähig, also insofern nicht relativierbar ist (vgl. Dreier, Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., Art. 1, Rdnr. 46 m.w.N.). Dem Grunde nach beruht der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums deshalb auf einer starken und festen Verfassungsbasis. Der Sozialstaat darf nach seiner Aufgabe, den Menschen zu dienen und deren Leben zu ermöglichen, keinen seiner Einwohner ohne Obdach und ohne lebensnotwendige Leistungen lassen (vgl. Kirchhof, NZS 2015, 1, 4).

Die Unantastbarkeit seiner Würde wird dem Menschen - ohne Differenzierungsspielraum - als Gattungswesen (im biologischen Sinne) zugeschrieben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1992, 1 BvR 698/89, juris, Rdnr. 100). Es kommt also für die Rechtsstellung des einzelnen Menschen weder auf seine körperliche, geistige Verfassung und Leistungsfähigkeit noch auf seine Abstammung oder soziale Herkunft an (vgl. Enders in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, 2. Aufl., Art. 1, Rdnr. 22). Als Menschenrecht steht das Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu (vgl. Dollinger in: Siefert, Asylbewerberleistungsgesetz, § 1, Rdnr. 9). Daraus folgt zwangsläufig, dass dieser Schutz auch Ausländern, die sich im Bundesgebiet aufhalten, dem Grunde nach wie Deutschen einen Anspruch auf materielle staatliche Leistungen ausnahmslos sowohl zur Erhaltung ihrer physischen Existenz als auch zur Deckung eines auf die "soziale Seite" des Existenzminimums entfallenden Bedarf gibt (vgl. Rothkegel, ZAR 2010, S. 373, 374). Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 5. November 2019 nochmals betont: "Wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus eigener Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann, ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für dieses menschenwürdige Dasein zur Verfügung stehen (vgl. BVerfGE 40, 121 (133f.); 125, 175 (222)). Die den entsprechenden Anspruch fundierende Menschwürde steht allen zu, ist dem Grunde nach unverfügbar (vgl. BVerfGE 45, 187 (229)) und geht selbst durch vermeintlich "unwürdiges" Verhalten nicht verloren (vgl. BVerfGE 87, 209 (228)). Sie kann selbst denjenigen nicht abgesprochen werden, denen schwerste Verfehlungen vorzuwerfen sind (vgl. BVerfGE 64, 261 (284); 72, 105 (115)). Das Sozialstaatsprinzip verlangt staatliche Vor- und Fürsorge auch für jene, die aufgrund persönlicher Schwäche oder Schuld, Unfähigkeit oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihrer persönlichen und sozialen Entfaltung behindert sind (vgl. BVerfGE 35, 202 (236)). Diese Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums ist auch zur Erreichung anderweitiger Ziele nicht zu relativieren (vgl. BVerfGE 132, 134 (173 Rn. 95))." (BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 120). Namentlich hat das BVerfG hervorgehoben, dass die Menschenwürde und damit die Gewährleistung des Existenzminimums "migrationspolitisch nicht zu relativieren ist" (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, 1BvL 2/11, juris, Rdnr. 95).

"Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein. Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art. 1 Abs. 1 GG. Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist. Die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums muss durch ein Parlamentsgesetz erfolgen, dass einen konkreten Leistungsanspruch des Bürgers gegenüber dem zuständigen Leistungsträger enthält." (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09, juris, Rdnr. 136). Dabei ist der Leistungsanspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG dem Grunde nach von der Verfassung vorgegeben. Sein Umfang kann im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel jedoch nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010, 1 BvL 1/09, juris, Rdnr. 138). Dementsprechend enthält das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums einen "harten" Teil in Art. 1 Abs. 1 GG, der grundsätzlich einen fest bezifferten Anspruch fordert, und einen "weichen" Part im Sozialstaatsprinzip, das die nähere Bestimmung von Art und Umfang der Leistung der Legislative überlässt (vgl. Kirchhof, NZS 2015, S. 1, 4; Baer, NZS 2014, S. 1, 3). Der Gesetzgeber verfügt bei den Regeln zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums über einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Art und Höhe der Leistungen. Er hat einen Entscheidungsspielraum bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie bei der wertenden Einschätzung des notwendigen Bedarfs, muss seine Entscheidung jedoch an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen ausrichten (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 121 m.w.N.). Die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, dürfen im Ergebnis nicht verfehlt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016, 1 BvR 371/11, juris, Rdnr. 38 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen verstößt § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. zur Überzeugung der Kammer gegen die Vorgaben des Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG. Obwohl sich die Antragsteller tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und hilfebedürftig sind, werden sie dem Grunde nach von existenzsichernden Leistungen vollständig ausgeschlossen, weil § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. die Leistungsgewährung an einen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland knüpft (vgl. Eichenhofer, SGb 2018, S. 101, 109). Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums lässt bei der Entscheidung, ob Leistungen dem Grunde nach erbracht werden, aber keine Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit oder einem Aufenthaltsrecht zu. "Als Menschenrecht steht dieses Grundrecht deutschen und ausländischen Staatsangehörigen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, gleichermaßen zu." (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, juris, Rdnr. 63) Diese Aussage ist aus Sicht der Kammer eindeutig und kann nicht unter Hinweis darauf, dass sich die Entscheidung des BVerfG vom 18. Juli 2012 auf das Asylbewerberleistungsgesetz bezogen hat, relativiert werden, wie dies z.B. in der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz geschieht: "Etwas anderes ergibt sich ( ) auch nicht aus den Grundsätzen, die der Erste Senat in seiner Entscheidung vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - für die nach dem AsylbLG zu gewährenden Leistungen aufgestellt hat. Insbesondere ist hieraus nicht der Schluss zu ziehen, das BVerfG habe hier grundlegend entschieden, dass jeder Mensch, der - aus welchen Gründen auch immer - in die Bundesrepublik Deutschland einreist und sich hier aufhält, generell und voraussetzungslos über die bereits bestehenden Existenzsicherungssysteme Anspruch auf (dauerhafte) staatliche Leistungen zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums unmittelbar aus der Verfassung hat." (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. November 2015, L 3 AS 479/15 B ER, juris, Rdnr. 28; ähnlich auch SG Dortmund, Beschluss vom 31. Januar 2017, S 62 SO 628/16 ER, juris, Rdnr. 52) Ansatzpunkte für derartige Differenzierungen vermag die Kammer nicht zu erkennen. Vielmehr wurde in "der Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz (wurde) nochmals klargestellt, dass die Menschenwürde nicht etwa nur Deutschen zukommt, sondern jeder Person, die sich im Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhält. Das Menschenrecht auf Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums gilt also nicht nur für "Hartz-IV-Bezieher"; es bleibt nicht bloßes Deutschen- oder Bürgerrecht. Ob Deutscher, Angehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder Staatsangehöriger eines Drittstaates - Mensch ist man immer." (Kirchhof, NZS 2015, S. 1, 4). Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums knüpft deshalb nur daran an, dass sich ein (hilfebedürftiger) Mensch tatsächlich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - und damit im Geltungsbereich des Grundgesetzes und dem Verantwortungsbereich deutscher Staatsgewalt - aufhält (vgl. auch SG Mainz, Beschluss vom 18. April 2016, S 3 AS 149/16, juris, Rdnr. 286). Dem Gesetzgeber ist es daher sowohl verwehrt, Personen, die sich in Deutschland tatsächlich aufhalten, trotz Hilfebedürftigkeit von sämtlichen existenzsichernden Sozialleistungssystemen auszuschließen, als auch die Gewährung jeglicher existenzsichernder Leistungen von Handlungen der betroffenen Personen abhängig zu machen, die weder zur Feststellung der Leistungsvoraussetzungen erforderlich noch unmittelbar dazu geeignet sind, die Hilfebedürftigkeit des Betroffenen zu beseitigen (Baer, NZS 2014, S. 1, 3). Zu derartigen Handlungen gehört z.B. die für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung angeführte Ausreisemöglichkeit in das Heimatland. Diese ist weder für die Feststellung der Leistungsvoraussetzungen notwendig noch beseitigt die bloße Möglichkeit der Ausreise eine gegenwärtige Notlage der Betroffenen.

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist dem Grunde nach abwägungsfest. Lediglich hinsichtlich des Umfangs der Leistungen kommt dem Gesetzgeber ein Gestaltungspielraum zu. Ein grundsätzlicher Leistungsausschluss ausländischer Staatsangehöriger von Leistungen unter Hinweis auf die finanziellen Mehrbelastungen der Kommunen (vgl. BT-Drs. 18/10211, S. 11) oder zur Verhinderung sozialleistungsmotivierter Wanderungsbewegungen ist deshalb im Bereich existenzsichernder Leistungen nicht zulässig (vgl. Frerichs, ZESAR 2014, S. 279, 280). Die Menschenwürde und damit das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist migrationspolitisch nicht zu relativieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, 1BvL 2/11, juris, Rdnr. 95). "Es mag sein, dass soziale Leistungen dieser Art auf Personen aus ärmeren Ländern anziehende Wirkung entfalten. Solange der deutsche Staat sie indessen auf seinem Territorium aufnimmt, beherbergt oder auch nur duldet, sind sie in diesem bescheidenen Umfang auch leistungsberechtigt. Vorwürfe, mit dieser Rechtsprechung würde der Zuzug nach Deutschland angeregt, übersehen, dass das Grundrecht auf eine Gewährleistung menschenwürdiger Existenz eine Folge zwingenden Verfassungsrechts ist, die einen Aufenthalt in Deutschland voraussetzt. Wer hier Anreizeffekte vermeiden will, müsste das eigentlich ursächliche Aufenthaltsrecht ändern. Dessen Konsequenz einer finanziellen Versorgung von Menschen, die nicht selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten können, hängt völlig vom Aufenthalt in Deutschland ab; erst dann entfaltet das Menschenrecht seine Wirkung." (Kirchhof, NZS 2015, S. 1, 4) Deshalb kann auch der Umstand, dass innerhalb der Europäischen Union eine Bewegungsfreiheit herrscht, die die Bedeutung des staatlichen Territoriums verringern mag und Unionsbürger ohne materielles Freizügigkeitsrecht (möglicherweise) eine geringe Bindung an die deutsche Hoheitsgewalt haben (vgl. Thym, NZS 2016, S. 441, 445f), einen Leistungsausschluss nicht zu rechtfertigen. Der Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums steht auch allen Unionsbürgern zu, die sich im Bundesgebiet tatsächlich aufhalten. "Die "Armutseinwanderer" aus Bulgarien und Rumänien haben einen Anspruch auf Sozialleistungen für ein menschenwürdiges Dasein auch hierzulande." (Frenz, NJW 2013, 1210, 1211) Andernfalls würde gelten (und gilt aktuell): "Bleibt der Ausländer in Deutschland und schlägt sich so durch (Betteln, Pfandflaschensammeln, Dealen usw.), kommen freiwillige Hilfen der Wohlfahrtsverbände und Hilfen nach dem Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (z.B. Notschlafplätze, Kältehilfe, Suppenküche, ärztliche Notversorgung) in Frage." (Armborst in: LPK-SGB XII, 11. Aufl., § 23, Rdnr. 47) Das jedoch genügt den dargelegten verfassungsrechtlichen Maßstäben gerade nicht.

Die Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums wird auch nicht dadurch kompensiert, dass der Gesetzgeber mit § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII n.F. Überbrückungs- und Härtefallleistungen im Einzelfall zur Verfügung stellt. Der Gesetzgeber bewegt sich mit dieser Regelung nicht mehr innerhalb des Spielraums, der ihm bei der Ausgestaltung des Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eingeräumt wird (a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Januar 2019, L 23 SO 279/18 B ER, juris, Rdnr. 36; Hessisches LSG, Beschluss vom 21. August 2019, L 7 AS 285/19 B ER, juris, Rdnr. 49; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2019, L 7 SO 934/19, juris, Rdnr. 39; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24. April 2017, L 8 SO 77/17 B ER, juris, Rdnr. 38; LSG Hamburg, Beschluss vom 28. September 2017, L 4 SO 55717 B ER, juris, Rdnr. 9; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. Juli 2019, L 4 AS 246/19 B ER, juris, Rdnr. 42). Die Vorschriften sind als Ausnahmebestimmung für im Einzelfall auftretende besondere Umstände und besondere Härten und für einen (nur) sehr kurzen Zeitraum konzipiert. Sie sind daher von vornherein nicht geeignet, den grundsätzlichen Leistungsausschluss im Bereich des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. zu kompensieren. Wie bereits dargelegt, zeigt schon der Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII, dass es nicht um die "eigentliche" Grundsicherung geht, sondern um die Überbrückung der Zeit bis zur Ausreise. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist jedoch nicht darauf begrenzt, Ausländer nur in die Lage zu versetzen, ausreisen zu können und die Existenzsicherung, wenn der Ausländer dies nicht tut, nach Kurzem abzubrechen. Vielmehr relativiert der Gesetzgeber damit die Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminiums zur Erreichung anderweitiger - vor allem migrationspolitischer - Ziele. Selbst vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer erhalten dagegen nach § 1a Abs. 1 AsylbLG bis zum Ausreisetermin existenzsichernde Leistungen. Eine einmonatige Leistungsgewährung stellt sich in diesem Kontext als bloß repressive Leistungsabsenkung dar, mit der eine Ausreisepflicht, die von der Ausländerbehörde - aus welchen Gründen auch immer - gegenwärtig nicht vollzogen wird, erreicht werden soll. Die Möglichkeit der Ausreise in einen anderen EU-Mitgliedstaat ist - wie bereits dargelegt - im Kontext der existenzsichernden Leistungen kein Mittel der Selbsthilfe, dass einen Anspruchsausschluss rechtfertigen kann. Das für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung vorgetragene Argument, dass sich die Situation für Unionsbürger hinsichtlich Ausreisemöglichkeit und Inanspruchnahme von Sozialleistungen im Heimatstaat anders darstelle als für den Personenkreis, für den das AsylbLG einen Anspruch auf laufende existenzsichernde Leistungen vermittele, ihnen die Ausreise deshalb als Mittel der Selbsthilfe zugemutet werden könne und der Gesetzgeber seiner Gewährleistungspflicht mit § 23 Abs. 3 Satz 3 und 6 SGB XII n.F. nachkomme (z.B. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. Juli 2019, L 4 AS 246/19 B ER, juris, 43 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. September. L 20 AS 2161/15 B ER, Rdnr. 22; Beschluss vom 7. Januar 2019, L 23 SO 279/18 B ER, juris, Rdnr. 36 m.w.N.), kann deshalb die Leistungsverkürzung auf einen Monat nicht rechtfertigen.

Auch die Leistungshöhe in diesem einen Monat genügt zur Überzeugung der Kammer nicht den Anforderungen, die Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG an die Ausgestaltung des Anspruchs stellt. Es bleibt hinsichtlich der Leistungshöhe bzw. der Leistungsabsenkung offen, auf welcher Grundlage der Gesetzgeber schlussfolgern konnte, dass sich die Bedarfe in diesem einen Monat nur auf Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege sowie Unterkunft und Heizung beschränken. Gesichert werden muss im Rahmen der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums die physische und soziokulturelle Existenz als einheitliche Gewährleistung (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 117). Dazu gehört die Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. November 2019, 1 BvL 7/16, juris, Rdnr. 119). Der Gesetzgeber kann zwar bei der Ausgestaltung des dem Grunde nach vorgegebenen Anspruchs die Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen. Eine Differenzierung ist aber nur möglich, sofern der Bedarf an existenzsichernden Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, juris, Rdnr. 73). Entscheidend ist von Verfassungs wegen allein, dass für jede individuelle hilfebedürftige Person das Existenzminimum ausreichend erfasst wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2018, 1 BvR 2926/14, juris, Rdnr. 19 m.w.N.; Kirchhof, NZS 2015, 1, 5). Bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen kann deshalb nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenziert werden. Eine Differenzierung ist nur möglich, sofern der Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, juris, Rdnr. 73 m.w.N.). Auch eine kurze Aufenthaltsdauer oder Aufenthaltsperspektive in Deutschland rechtfertigt es im Übrigen nicht, den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken. Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verlangt, dass das Existenzminimum in jedem Fall und zu jeder Zeit sichergestellt sein muss (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, juris, Rdnr. 94). Ausländische Staatsangehörige verlieren den Geltungsanspruch als soziale Individuen nicht dadurch, dass sie ihre Heimat verlassen und sich in der Bundesrepublik Deutschland nicht auf Dauer aufhalten (vgl. Rothkegel, ZAR 2010, S. 373,374). Die einheitlich zu verstehende menschenwürdige Existenz muss daher ab Beginn des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland realisiert werden. (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, juris, Rdnr. 94) "Migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, können von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie und Senioren (13. Ausschuss) vom 24. Mai 1993, BT-Drs 12/5008, S. 13 f.). Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren." (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012, 1 BvL 10/10, juris, Rdnr. 95).

In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es geklärt, dass andere Grundrecht als das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, wie zum Beispiel Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 6 Abs. 1 GG, für die Bemessung des Existenzminimums im Sozialrecht keine weiteren Maßstäbe zu setzen vermögen. Entscheidend ist von Verfassungs wegen allein, dass für jede individuelle hilfebedürftige Person das Existenzminimum nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ausreichend erfasst wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. März 2018, 1 BvR 2926/14, juris, Rdnr. 19 m.w.N.). Vergleiche mit anderen höheren Ansprüchen Dritter verlieren den individuellen Bedarf des jeweiligen Leistungsempfängers aus den Augen, denn eine höhere Leistung an Dritte kann nur auf deren höherem, individuellem Bedarf beruhen. (Kirchhof, NZS 2015, 1, 5) Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht keine Notwendigkeit, sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012, 1 BvL 14/07, juris, Rdnr. 40-42 zum Bayerischen Landeserziehungsgeld) näher auseinander zu setzen. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können sich daraus keine Kriterien für die Bemessung der Höhe des Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergeben. Selbst wenn man dies aber anders sehen wollte, so gäbe es jedenfalls auch keinen sachlichen Differenzierungsgrund dafür, die Leistungen nach § 1a Abs. 1 AslybLG bis zum Ausreisetermin zu erbringen, die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII hingegen nur für einen Monat. Vielmehr werden Ausländer wie die Antragsteller dadurch ohne verfassungsrechtlich zulässigen Sachgrund und dadurch willkürlich schlechter behandelt als vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer.

C Entscheidungserheblichkeit Ob § 23 Abs. 3 SGB XII n.F. verfassungsgemäß ist, ist entscheidungserheblich. Das Bundesverfassungsgericht kann über die aufgeworfene Verfassungsrechtsfrage entscheiden. Eine Entscheidung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Bundesverfassungsgericht sich mit Rücksicht auf der Europäischen Union übertragene Hoheitsrechte einer Prüfung des deutschen Umsetzungsrechts am Maßstab des Grundgesetzes enthält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2011, 1 BvL 3/08, juris, Rdnr. 48). Wie bereits in Teil 1, II., 2. dargelegt, ergibt sich bei den Antragstellern kein Bezug zu europarechtlichen Regelungen, aus denen sich ein Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ableiten ließe.

Ist § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII n.F. verfassungsgemäß und damit vom Gericht seiner Entscheidung zu Grunde zu legen, so ist - wie unter A. ausgeführt - der Eilantrag insgesamt abzuweisen. Erweist sich § 23 Abs. 3 SGB XII n.F. als verfassungswidrig, soweit Unionsbürger, bei denen das Nichtbestehen der Freizügigkeit zwar festgestellt, aber noch nicht in Bestandskraft erwachsen ist, (abgesehen von Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII) vollständig von existenzsichernden laufenden Leistungen ausgeschlossen werden, ist der Kammer eine abschließende Entscheidung über den Hauptantrag nicht möglich. Denn mit diesem Antrag soll gerade die Erbringung laufende Leistungen der Existenzsicherung erreicht werden, deren Gewährung einfachgesetzlich ausgeschlossen ist. Diese können daher - auch im Eilverfahren - nur zugesprochen werden, wenn das Bundesverfassungsgericht von der Nichtigkeit oder Unvereinbarkeit des Ausschlussgrundes feststellt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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