L 8 BA 36/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 2/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 BA 36/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Versicherungspflicht in allen vorgenannten Zweigen der Sozialversicherung kann sich beim Vorliegen der Voraussetzungen der Heimarbeit allein aus der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 2, 2. Hs. SGB IV ergeben. Heimarbeiter sind danach als Beschäftigte pflichtversichert in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Tätigkeiten die eine höherwertige Qualifikation erfordern - wie die eines Programmierers -, sind hiervon nicht ausgenommen.

Der gesonderte Ausspruch des Vorliegens von Beschäftigung ist zwar materiell eine unzulässige Elementenfeststellung, jedoch dann ausnahmsweise isoliert anfechtbar, wenn eine Verwaltungsmaßnahme nach dem Empfängerhorizont in der äußeren Form eines Verwaltungsaktes erlassen worden ist.
Auf die Berufung des Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. Juli 2019 abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen, als seitens der Beklagten in dem Bescheid vom 8. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2014 die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt worden ist.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Klägerin und die Beklagten werden die Kosten des Rechtsstreits in der 1. Instanz jeweils zur Hälfte auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) in beiden Instanzen sind von der Klägerin und der Beklagten als Gesamtschuldner jeweils zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund seiner Tätigkeit bei der Klägerin zwischen dem 1. September 1992 und dem 31. Dezember 2013.

Die Klägerin betreibt ein "Baustatik-Softwarehaus mit Sitz in A-Stadt" (http://www.a.xxx). Der Beigeladene zu 1) war bei der Klägerin von 1989 bis 1992 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags als Bauingenieur und Programmierer beschäftigt. Mit Schreiben vom 4. Mai 1992 kündigte der Beigeladene zu 1) das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 1. Juli 1992. Dabei wurde von ihm der Klägerin mitgeteilt, an einer weiteren Beschäftigung als freier Mitarbeiter interessiert zu sein. Im Anschluss setzte die Klägerin die Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 1) bis 2013 fort, wobei von diesem weiterhin Programmiertätigkeiten für die Klägerin gegen eine Stundenvergütung erbracht wurden. Diesbezüglich wurde zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) keine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen. Seit Dezember 2013 erhielt der Beigeladene zu 1) keine weiteren Aufträge mehr durch die Klägerin.

Der Beigeladene zu 1) beantragte bei der Beklagten mit Schreiben vom 12. November 2013 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bezüglich seiner Tätigkeit für die Klägerin. Jeweils mit Bescheid vom 8. April 2014 teilte die Beklagte der Klägerin sowie dem Beigeladenen zu 1) mit, die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status habe ergeben, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Programmierer bei der Klägerin im Zeitraum zwischen dem 1. September 1992 und dem 31. Dezember 2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe beginnend mit dem 1. September 1992 Versicherungspflicht in der Kranken, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, der von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beigeladene zu 1) habe bei der Ausführung seiner Leistungen nicht näher spezifizierten Einschränkungen der Klägerin und damit deren Direktionsrecht unterlegen und sei dabei überwiegend fremdbestimmt tätig gewesen. Trotz der Ausübung der Tätigkeit im eigenen Büro liege keine Selbständigkeit vor, da eine hinreichende Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin erfolgt sei. Im Außenverhältnis sei der Beigeladene zu 1) nicht als selbständiger Unternehmer erschienen. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, weil als Vergütung ein fester, nicht an einen erkennbaren Arbeitserfolg geknüpfter Pauschalbetrag i. H.v. 45,00 DM bzw. 37,50 EUR gezahlt worden sei. Ein maßgeblicher Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden sei, liege nicht vor. Im Übrigen komme es auch nicht darauf an, dass keine Regelungen über Urlaubsansprüche und eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall getroffen worden seien.

Dagegen richtet sich die am 5. Januar 2015 vor dem Sozialgericht Kassel erhobene Klage.

Die Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) nach dem 1. Juli 1992 war zudem Gegenstand verschiedener arbeitsrechtlicher Streitigkeiten. In letzter Instanz wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 14. Juni 2016 (Az. 9 AZR 305/15 –, BAGE 155, 264-279, juris) festgestellt, dass zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin ein Heimarbeitsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 HAG bestand. Der Hauptantrag des Beigeladenen zu 1) auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses wurde vom BAG abgewiesen.

Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Juli 2019 den Beigeladenen zu 1) und den Geschäftsführer der Klägerin, Herrn E. E., persönlich angehört. Nachfolgend hat das Sozialgericht mit Urteil vom 3. Juli 2019 den Bescheid vom 8. April 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) vom 1. September 1992 bis 31. Dezember 2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist und insofern keine Versicherungspflicht in der Kranken, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Vorliegend spreche mehr für als gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1). Diesbezüglich hat das Sozialgericht umfassend auf die wörtlich zitierten Ausführungen des BAG in seinem Urteil vom 14. Juni 2016 Bezug genommen und die Einschätzung des BAG geteilt. Der Umstand, dass die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1. September 1992 bis zum 31. Dezember 2013 möglicherweise als Heimarbeitereigenschaft gewertet werden könne, führe vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Die Beklagte habe mit Bescheid vom 9. Dezember 2014 festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) im Zeitraum vom 1. September 1992 bis zum 31. Dezember 2013 eine abhängige Beschäftigung ausgeübt habe. Eine angebliche Heimarbeitereigenschaft des Beigeladenen zu 1) stelle jedoch keine persönlich abhängige Beschäftigung dar. Insofern wäre der Beigeladene zu 1) nur wirtschaftlich abhängig (Bezug auf Knickrehm/Kreikebohm/WaltermannBerchthold, 5. Aufl. 2017, § 12 SGB IV Rn. 9). Es sei unerheblich, dass Heimarbeiter nach § 12 Abs. 1 SGB IV als Beschäftigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV gelten. Auf die Feststellung einer Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV habe sich der streitgegenständliche Bescheid gerade nicht beschränkt. Eine abhängige Beschäftigung werde von § 12 Abs. 1 SGB IV hingegen nicht fingiert.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 25. Juli 2019 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Beigeladenen zu 1) vom 23. August 2019.

Der Beigeladenen zu 1) ist der Ansicht, er sei im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Klägerin als Heimarbeiter tätig gewesen. Aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 2 SGB IV gelte er somit als Beschäftigter und unterliege der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Folglich habe die Beklagte mit Bescheid vom 8. April 2014 seine Sozialversicherungspflicht im Ergebnis zu Recht festgestellt. Selbst wenn die Begründung des Bescheides falsch sein sollte, ändere dies nichts an der zutreffenden Entscheidung im Hinblick auf seinen sozialversicherungsrechtlichen Status, da es sich bei der Statusfeststellung nicht um eine Ermessensentscheidung handele. Bei gebundenen Entscheidungen wirke sich ein bloßer Begründungsmangel oder Begründungsfehler auf die Rechtmäßigkeit der Regelung nicht aus und begründe allein nicht die Aufhebung des betreffenden Verwaltungsaktes.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. Juli 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das Sozialgericht habe die angegriffene Verwaltungsentscheidung zu Recht aufgehoben, da der Beigeladene zu 1) bei ihr nicht abhängig beschäftigt gewesen sei und vorliegend auch die Beschäftigungsfiktion des § 12 Abs. 1 SGB IV nicht eingreife. Diese Bestimmung könne nicht als Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid herangezogen werden, weil sich hieraus keine Fiktion einer persönlichen abhängigen Beschäftigung ergebe, sondern lediglich die Fiktion einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit.

Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 2) - 4) haben im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 152, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung des Beigeladenen zu 1) ist zulässig und teilweise begründet.

Der Beigeladene zu 1) war im Rahmen seiner notwendigen Beiladung berechtigt, Berufung gegen das ihn beschwerende Urteil des Sozialgerichts Kassel zu erheben. Der Beigeladene zu 1) ist durch die auf seinen Antrag hin ergangene Entscheidung der Beklagten zur Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status sowie der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung in eigenen Rechten betroffen und folglich durch die Aufhebung der Entscheidung der Beklagten seitens des Sozialgerichts unmittelbar beschwert.

Die Berufung des Beigeladenen zu 1) hat in der Sache zum Teil von Erfolg, da der Bescheid der Beklagten vom 8. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2014 bezüglich der Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung rechtmäßig und insoweit die hiergegen erhobene Klage nicht begründet ist. Insoweit kann das Urteil des Sozialgerichts Kassel keinen Bestand haben. Soweit in dem Bescheid der Beklagten vom 8. April 2014 Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2014 darüber hinaus gesondert festgestellt worden ist, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum vom 1. September 1992 bis zum 31. Dezember 2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist, ist diese Feststellung rechtswidrig und vom Sozialgericht Kassel im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden.

Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in allen vorgenannten Zweigen der Sozialversicherung ergibt sich vorliegend aus der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 2, 2. Hs. Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV), da dieser als Heimarbeiter für die Klägerin tätig war. Die Zuordnung einer Person zur Gruppe der Heimarbeiter bzw. Hausgewerbetreibenden hat Bedeutung für die Versicherungspflicht. Heimarbeiter sind als Beschäftigte pflichtversichert in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und §§ 13, 24 und 25 SGB III; vgl. Grimmke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 12 SGB IV, Rn. 8) Heimarbeiter sind nach der Legaldefinition des §12 Abs. 2, 1. Hs. SGB IV Personen, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften erwerbsmäßig arbeiten, auch wenn sie Roh- oder Hilfsstoffe selbst beschaffen. Im Hinblick auf die Bewertung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin als Heimarbeit folgt der Senat den zutreffenden Ausführungen des BAG im Urteil vom 14. Juni 2016 (Az. 9 AZR 305/15 –, BAGE 155, 264-279, juris). Danach erfüllte das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) im vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum die rechtlichen Voraussetzungen eines Heimarbeitsverhältnisses im Sinne von § 2 Abs. 1 Heimarbeitergesetz (HAG). Nach dieser Bestimmung ist Heimarbeiter, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Beschafft der Heimarbeiter die Roh- und Hilfsstoffe selbst, so wird hierdurch seine Eigenschaft als Heimarbeiter nicht beeinträchtigt. Nach den überzeugenden Ausführungen des BAG war der Beigeladene zu 1) im vorgenannten Sinne im Auftrag der Klägerin, die ein Gewerbe betreibt, in selbstgewählter Arbeitsstätte, der eigenen Wohnung, erwerbsmäßig tätig. Die "Erwerbsmäßigkeit" seiner Tätigkeit für die Klägerin ergibt sich aus dem Umstand, dass das Vertragsverhältnis nach der Kündigung des vorangegangenen Arbeitsverhältnisses mit einem zeitlichen Umfang von ca. 21 Jahren auf Dauer angelegt war und zum Lebensunterhalt des Beigeladenen zu 1) beitragen sollte. Der Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) als Heimarbeitsverhältnis steht nicht entgegen, dass es sich bei den vom Beigeladenen zu 1) verrichteten Arbeiten um Tätigkeiten handelt, die eine höherwertige Qualifikation erfordern. Der Beigeladene zu 1) hat der Klägerin auch die Verwertung seiner Arbeitsergebnisse überlassen, indem er ihr mit Nutzungsvertrag vom 17. Juni 1992 das alleinige Nutzungs- und Vertriebsrecht für die von ihm für die Klägerin "entwickelten Programme" eingeräumt hat. Der Beigeladenen zu 1) war nicht für den allgemeinen Absatzmarkt tätig und das wirtschaftliche Risiko der Verwertung seiner Arbeitsergebnisse lag bei der Klägerin. Dem steht nach den Ausführungen des BAG nicht entgegen, dass er hierbei seinen eigenen PC genutzt und die erforderliche Programmierumgebung selbst erworben hat. Für das BAG war es angesichts der Dauer des Vertragsverhältnisses und der vom Beigeladenen zu 1) regelmäßig erzielten Vergütung jedenfalls nicht ersichtlich, dass dieser eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlusts eingesetzt hat, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss war. Erforderliche Nachbesserungen hat er der Klägerin in Rechnung gestellt. Von dieser wurden sogar für bestimmte Fortbildungen die Kosten übernommen und die dafür vom Beigeladenen zu 1) aufgewandte Zeit vergütet. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den vorgenannten Feststellungen sowie den hieraus gezogenen Schlussfolgerungen des BAG im Hinblick auf die Wertung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) als Heimarbeitsverhältnis an und verweist hinsichtlich der Einzelheiten auf die Ausführungen des BAG im Urteil vom 14. Juni 2016 (a.a.O., juris Rn. 42 ff.).

Der sozialversicherungsrechtliche Heimarbeiterbegriff ist im Wortlaut des § 12 Abs. 2 SGB IV zwar anders gefasst als der arbeitsrechtliche in § 2 Abs. 1 HAG. Die Abweichung beschränkt sich im Wesentlichen allerdings darauf, dass dieser nach seinem Wortlaut im Gegensatz zum arbeitsrechtlichen Begriff nicht die Mitarbeit von dritten Personen (Familienangehörigen) umfasst, während die Mitarbeit von Familienangehörigen im Sozialversicherungsrecht für unschädlich bei der Feststellung des Heimarbeiterstatus gehalten wird (Grimmke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 12 SGB IV, Rn. 42). Auf diese Differenzierung kommt es vorliegend jedoch nicht an, so dass im Hinblick auf die Qualifizierung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin als Heimarbeit vollumfänglich auf die Ausführungen des BAG in der vorgenannten Entscheidung Bezug genommen werden kann.

Im Rahmen der Regelung des § 12 Abs. 2 SGB IV kommt es hingegen nicht darauf an, ob die in Heimarbeit ausgeübte Tätigkeit zugleich im Rahmen "persönlicher Abhängigkeit" ausgeübt wird. Die Feststellung der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid, wonach "die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Programmierer bei der Klägerin im Zeitraum vom 1. September 1992 bis 31. Dezember 2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird", ist insoweit irrelevant. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine unzulässige Elementenfeststellung, die als solche isoliert anfechtbar ist. Insoweit wurde der Bescheid der Beklagten vom 8. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2014 vom Sozialgericht zurecht aufgehoben.

Kann der Verfügungssatz eines im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV erlassenen Bescheides anhand seiner Begründung dahin ausgelegt werden, dass Beschäftigung lediglich als ein Tatbestandsmerkmal von Versicherungspflicht (mit)genannt wird, kann dieser Ausspruch (z.B. "es liegt Versicherungspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung vor") im Grundsatz nicht isoliert angefochten werden. Dies wird im Allgemeinen der Fall sein, wenn die Behörde in der Sache das Bestehen von Versicherungspflicht gerade wegen (entgeltlicher) Beschäftigung feststellt. Die "Feststellung" abhängiger Beschäftigung ist nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt dann nicht darauf gerichtet, eine Rechtsfolge zu setzen; Rechtsfolgenausspruch ist allein die Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens von Versicherungspflicht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn seitens der Beklagten das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ausdrücklich neben dem Nichtbestehen von Versicherungspflicht festgestellt wird (BSG, Urteil vom 26. Februar 2019 – B 12 R 8/18 R –, juris Rn. 16). Der gesonderte Ausspruch des Vorliegens von Beschäftigung ist zwar materiell eine unzulässige Elementenfeststellung, jedoch dann ausnahmsweise isoliert anfechtbar, wenn eine Verwaltungsmaßnahme nach dem Empfängerhorizont in der äußeren Form eines Verwaltungsaktes erlassen worden ist. In einem solchen Fall wird die Verwaltungsmaßnahme schon wegen des von der Behörde gesetzten Rechtsscheins jedenfalls hinsichtlich ihrer Anfechtbarkeit als Verwaltungsakt behandelt. Maßgeblich ist insoweit, ob aus dem angefochtenen Verwaltungsakt und den Umständen seines Erlasses für dessen Empfänger objektiv erkennbar ist, dass eine einseitige und konkrete, verbindliche, der Rechtsbeständigkeit fähige Feststellung von der Beklagten gewollt war. Hierfür kann die Darstellung in dem Bescheid sprechen, insbesondere soweit eine sprachlich und optisch geteilte Darstellung der beiden Verfügungssätze vor der "Begründung" geeignet ist, beim Empfänger den Eindruck zu erwecken, die Beklagte habe zwei eigenständige Regelungen treffen wollen, nämlich einerseits die Feststellung von Beschäftigung, andererseits die des Nichtbestehens von Versicherungspflicht (BSG, a.a.O., Rn. 17 - 18). Vorliegend wurde von der Beklagten aufgrund der Gestaltung der Verfügungsätze in dem angefochtenen Bescheid eine solche isolierte Entscheidung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung getroffen.

Die Bestimmung des § 7a SGB IV ermächtigt nicht zur bloßen Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung, sondern verpflichtet nach ständiger Rechtsprechung zur Feststellung der Versicherungspflicht. Die Entscheidungskompetenz der Deutschen Rentenversicherung Bund als "Clearingstelle" über das (Nicht-)Vorliegen einer Beschäftigung ist im Zusammenhang der Beurteilung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und hierauf begrenzt eröffnet. Das Gesetz kennt eine reduzierte Feststellung der "Versicherungspflicht dem Grunde nach" ebenso wenig wie die isolierte Feststellung, dass eine unselbstständige Tätigkeit vorliegt. Das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist, neben der Entgeltlichkeit, lediglich eine von mehreren Voraussetzungen für Versicherungspflicht i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III. Eine isolierte Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von Beschäftigung ist der DRV Bund im Rahmen von § 7a Abs. 1 SGB IV nach bislang geltender Rechtslage nach allem aber verwehrt (BSG, a.a.O., Rn. 21, 23 m.w.N).

Die Kostenentscheidung beruht bezüglich des Verfahrens in der 1. Instanz auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1, 163 Abs. 3 VwGO. Die Kostenentscheidung bezüglich des Verfahrens in der Berufungsinstanz beruht hingegen auf § 193 SGG, da der Beigeladene zu 1) hier als Berufungskläger auftritt und zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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