L 7 AL 60/19

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 AL 164/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 60/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Beim Vorliegen einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens und einer zum Zeitpunkt der ersten BAB-Antragstellung negativen Prognose zur Erwartung eines dauerhaften und rechtmäßigen Aufenthalts in Deutschland kommen Leistungen der BAB an Ausländer nicht in Betracht.

2. Maßgeblich für die Prognose ist zunächst, ob sich eine positive Bleibeperspektive schon aus der für das Herkunftsland des Antragstellers zu ermittelnden Gesamtschutzquote ergibt. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob eine Einzelfallbetrachtung ein anderes Ergebnis rechtfertigt.

3. Allein die ungewisse Erwartung, dass nach Abschluss des Asylverfahrens eine Duldung bis zur Beendigung der Berufsausbildung nach § 60a AufenthG und daran anschließend für eine Beschäftigung für weitere zwei Jahre eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18a AufenthG erteilt werden könnte, führt nicht zu einer positiven Prognose.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. Juni 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für eine betriebliche Ausbildung des Klägers.

Der 1997 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, der nach eigenen Angaben am 16. November 2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland einreiste und hier einen Asylantrag stellte. Am 3. November 2016 fand die Anhörung des Klägers vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge statt. Mit Bescheid vom 3. Februar 2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers ab. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorlägen, da eine Verfolgung gemäß § 3 AsylG nicht ersichtlich sei. Die dagegen am 20. Februar 2017 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Kassel mit Urteil vom 20. September 2018 (Aktenzeichen: 7 K 1377/17.KS.A) abgewiesen. Über den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden, so dass das Asylverfahren noch nicht (rechtskräftig) abgeschlossen ist.

Bereits am 26. Juni 2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Berufsausbildungsbeihilfe für eine am 1. August 2018 beginnende und in der Folgezeit vom Kläger auch aufgenommene zweijährige Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik bei der Firma Metallbau C. in A-Stadt. Einen Berufsausbildungsvertrag unterzeichnete er am 6. Juli 2018. Danach erhalte er eine monatliche Ausbildungsvergütung in Höhe von 645,00 EUR für den Zeitraum vom 1. August 2018 bis 31. Juli 2019 sowie von 687,00 EUR ab 1. August 2019.

Mit Bescheid vom 1. August 2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe ab, da der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 56, 59 SGB III nicht erfülle. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 21. September 2018 beantragte der Kläger die Überprüfung der ablehnenden Entscheidung. Zur Begründung trug er vor, ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt sei von ihm zu erwarten, da er eine gute Bleibeperspektive besitze. Diese ergäbe sich aus dem Asylantrag oder der aufgenommenen Ausbildung. Selbst bei Ablehnung des Asylantrags sei ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten. Da die Ausbildung bis dahin voraussichtlich nicht abgeschlossen sei, habe er zunächst einen Anspruch auf Duldung. Er habe bereits eine entsprechende Ausbildung aufgenommen und ein Ausschlussgrund nach § 60 a Abs. 6 AufenthG liege nicht vor. Konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung würden zu diesem Zeitpunkt nicht bevorstehen. Im Anschluss an die Berufsausbildung werde er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG erhalten. Er beabsichtige eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung auszuüben.

Mit Bescheid vom 14. November 2018 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Den hiergegen am 29. November 2018 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 30. November 2018 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger gehöre nicht zum förderungsfähigen Personenkreis des § 59 SGB III, so dass eine der tatbestandlichen Voraussetzungen der Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe nach § 56 SGB III nicht gegeben sei.

Nach § 59 Abs. 2 SGB III würden geduldete Ausländerinnen und Ausländer, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, während einer betrieblich durchgeführten Berufsausbildung gefördert, wenn sie sich seit mindestens 15 Monaten ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhielten. Der Kläger habe keine Duldung im Sinne des § 59 Abs. 2 SGB III, sondern lediglich eine Aufenthaltsgestattung und erfülle damit nicht die Voraussetzungen für eine Förderung. Die erweiterten Voraussetzungen des § 132 SGB III würden ebenfalls nicht erfüllt. Maßgeblich seien die geregelten Zugänge zu Förderinstrumenten für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive. Der Kläger sei afghanischer Staatsangehöriger und stamme damit aus einem Herkunftsland, das nicht zu den Ländern gehöre, deren Staatsangehörige in Deutschland eine gute Bleibeperspektive besäßen. Eine gute Bleibeperspektive habe es lediglich bis 31. Dezember 2017 gegeben.

Gegen den zurückweisenden Widerspruch hat der Kläger am 28. Dezember 2018 durch seinen Prozessbevollmächtigten zum Sozialgericht Kassel Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass er 2015 nach Deutschland gekommen sei und Asyl beantragt habe. Nachdem der Antrag mit Beschluss des Bundesamtes für Migration abgelehnt worden sei, habe er gegen diesen Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht Kassel erhoben. Ein Urteil sei bis heute nicht ergangen oder absehbar. Somit habe er bis heute eine Aufenthaltsgestattung. Am 1. August 2018 habe er eine Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik bei der Firma C. in A-Stadt aufgenommen. Die Ausbildung sei staatlich anerkannt und dauere zwei Jahre. Seine Ausbildungsvergütung betrage im ersten Lehrjahr 645,00 EUR und im zweiten Lehrjahr 687,00 EUR. Er bewohne eine eigene Wohnung. Seiner Ansicht nach gehöre er zum förderungsfähigen Personenkreis. Auch bei Ablehnung des Asylantrags sei ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten. Die Ausbildung werde bis zu einer endgültigen Entscheidung voraussichtlich nicht abgeschlossen sein, so dass er zunächst einen Anspruch auf Duldung erhalte. Darüber hinaus sei der Aufenthalt seit mehr als drei Monaten gestattet. Er wohne nicht in einer Aufnahmeeinrichtung, so dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten sei. Die Bleibeperspektive ergebe sich entweder aus dem Asylantrag oder aus der aufgenommenen Ausbildung. Die Beklagte verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie Menschen mit einer Aufenthaltsgestattung schlechter stelle als Geduldete. Geduldete Personen würden gefördert, wenn sie sich seit mindestens 15 Monaten ununterbrochen rechtmäßig gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhielten. Die Duldung stelle keinen Aufenthaltstitel dar und berechtige auch nicht zum Aufenthalt. Anders verhalte es sich bei der Aufenthaltsgestattung, die er habe. Die Aufenthaltsgestattung berechtige zum Aufenthalt während des Asylverfahrens. Damit ermögliche sie die durch Verfassung, Völkerrecht und Europarecht geschützte Asylantragstellung. Eine Ungleichbehandlung sei willkürlich. Es gebe hierfür keinen sachlichen Grund. Die Schlechterstellung von Asylbewerbern lasse sich durch eine verfassungskonforme Auslegung vermeiden. Bei Asylbewerbern, die sich seit 15 Monaten ununterbrochen rechtmäßig gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhielten, sei davon auszugehen, dass ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten sei.

Dem ist die Beklagte unter Verweis auf die ihr vorgegebene einheitliche Weisungslage entgegengetreten.

Mit Urteil vom 3. Juni 2019 hat das Sozialgericht Kassel den Bescheid der Beklagten vom 14. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2018 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 1. August 2018 aufzuheben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. August 2018 Berufsausbildungsbeihilfe in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Die Klage sei als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig.

Der Bescheid vom 14. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2018 sei rechtswidrig. Der Kläger werde hierdurch in seinen Rechten verletzt. Die Beklagte sei verpflichtet, den Bescheid vom 1. August 2018 aufzuheben und zu verurteilen, dem Kläger ab 1. August 2018 Berufsausbildungsbeihilfe in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) sei, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Der bestandskräftig gewordene Bescheid vom 1. August 2018, mit dem die Beklagte es abgelehnt habe, dem Kläger Berufsausbildungsbeihilfe in gesetzlichem Umfang zu gewähren, sei rechtswidrig.

Der Kläger habe einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe gemäß § 132 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III). Dieser Anspruch bestehe aus einer systematischen und teleologischen Auslegung von § 132 Abs. 1 SGB III, § 132 Abs. 3 SGB III und § 59 Abs. 3 SGB III, § 60 a AufenthG sowie der Gesetzgebungsmaterialien zu § 44 AufenthG. Das Gericht folge insoweit vollinhaltlich den ausführlichen Entscheidungsgründen des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2018 (Az: L 3 AL 193/18 B ER), deren Entscheidungsgründe Rn. 24 – 62, juris, wörtlich zitiert werden. Danach komme das LSG Schleswig-Holstein aufgrund systematischer und teleologischer Auslegung des § 132 Abs. 1 und 2 SGB III in Verbindung mit § 59 Abs. 2 SGB III zu dem Ergebnis, dass auch für Gestattete mit 15-monatiger Aufenthaltsdauer, dem Absolvieren einer anerkannten Berufsausbildung und beim Fehlen von eine Duldung ausschließenden Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Anspruch auf Förderung durch Berufsausbildungsbeihilfe zustehe. Nach Auffassung des LSG komme es dabei auf eine Schutzquote für das Herkunftsland nicht an, da ein dauerhafter und rechtmäßiger Aufenthalt auch beim Absolvieren einer qualifizierten Berufsausbildung bei Gestatteten erwartbar sein könne. Der hierzu erhobene Widerspruch, dass wenn die Aussicht auf eine Ausbildungsduldung und ggf. anschließende Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a Aufenthaltsgesetz eine gute Bleibeperspektive im Sinne des § 132 Abs. 1 Nr. 2 SGB III vermitteln würde, die dort geregelte Voraussetzung überflüssig wäre, weil jeder Ausländer sie mit der Aufnahme einer Ausbildung erfüllen würde, beruhe letztlich auf einer nicht ganz konsistenten Abstimmung der gesetzlichen Bestimmungen.

Die Kammer des Sozialgerichts Kassel folge den Ausführungen und dem Ergebnis der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts in Gänze und sehe sich insoweit bestärkt in dieser Auffassung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. September 2017 (Az: 1 BvR 1510/17), wenn es zu einer Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Juni 2017 (L 18 AL 78/17 B ER) ausführe, dass das Gericht bei einer erneuten Entscheidung zu prüfen haben werde, ob die dortige Begründung auf die Gewährung existenzmitsichernder Berufsausbildungsbeihilfe übertragbar sei (vgl. Rn. 22). Da die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen von § 44 SGB X vorgelegen hätten, sei die Beklagte zu verpflichten gewesen, den Bescheid vom 1. August 2018 aufzuheben und zu verurteilen gewesen, dem Kläger antragsgemäß ab 1. August 2018 Berufsausbildungsbeihilfe in gesetzlichem Umfang zu gewähren, da die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe unstreitig vorgelegen hätten.

Gegen das der Beklagten am 24. Juni 2019 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Kassel hat diese am 16. Juli 2019 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 5. September 2019 näher begründet. Danach lägen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Berufsausbildungsbeihilfe ab 1. August 2018 nicht vor. Insbesondere könne ein Anspruch nicht auf den nach der Übergangsvorschrift des § 448 SGB III auch über den 31. Juli 2019 im vorliegenden Fall weiter anzuwendenden § 132 SGB III gestützt werden, da ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt des Klägers nicht zu erwarten sei. Ein solcher sei dann zu erwarten, wenn von einer guten Bleibeperspektive ausgegangen werden könne. Eine solche Bleibeperspektive setze bei Asylsuchenden voraus, dass aus ex-ante-Sicht eine überwiegend wahrscheinliche Aussicht darauf bestehe, dass der Asylbewerber den Status als Flüchtling (§§ 3ff. AsylG) oder einen subsidiären Schutz (§ 4 AsylVfG) erlangen werde. Für die Prognose sei maßgeblich auf die Gesamtschutzquote aus dem jeweiligen Herkunftsland abzustellen. Zu dem insoweit wortgleichen § 44 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 AufenthG werde in der Gesetzesbegründung hinsichtlich der guten Bleibeperspektive auf eine hohe Anerkennungsquote für das Herkunftsland abgestellt (BT-Drs 18/6185, S. 48). Als Maßstab für die Prognose sei auf die vom BAMF errechnete Gesamtschutzquote abzustellen, wobei eine gute Bleibeperspektive zu bejahen sei, wenn die Gesamtschutzquote für das Herkunftsland mehr als 50 % betrage (Verweis auf Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. April 2019 - L 10 AL 23/19 B ER -; LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 16. November 2018 - L 11 AL 140/18 B ER -; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. August 2018 - L 2 AL 29/18 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. April 2018 – L 9 AL 227/17 -).

Die Gesamtschutzquote für Afghanistan habe nach dem Asylgeschäftsbericht des BAMF für Juli 2018 (Zeitraum Jan. bis Juli) bei 35,6 % gelegen und sei auch für das gesamte Jahr 2018 durchgehend unter 40 % geblieben. Nach dieser Gesamtschutzquote könne somit nicht von einer positiven Bleibeperspektive ausgegangen werden. Auch die Ablehnung des Asylantrags im Falle des Klägers spräche neben der niedrigen Gesamtschutzquote auch insoweit nicht für eine positive Bleibeperspektive. In der Person des Klägers liegende Umstände seien nicht vorgetragen worden und hätten offensichtlich von dem erstinstanzlichen Gericht auch nicht den Akten des Verwaltungsgerichts Kassel und des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs entnommen werden können; jedenfalls enthalte das erstinstanzliche Urteil diesbezüglich keine Hinweise. Soweit sich das Sozialgericht auf eine Entscheidung des LSG Schleswig-Holstein stütze, könne die Beklagte der dort vertretenen Auffassung – unter Verweis auf eine Entscheidung des Bayerischen LSG (Beschluss vom 8. April 2019 – L 10 AL 23/19 B ER) – nicht folgen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei § 132 Abs. 1 SGB III nur um eine vorübergehende Ausnahmeregelung handele bzw. gehandelt habe. Der Gesetzgeber sei dabei von dem Grundsatz, dass Asylbewerbern keine Ausbildungsförderungsleistungen nach dem SGB lll gewährt werden, abgewichen und habe für Gestattete mit guter Bleibeperspektive eine nur befristete Ausnahmeregelung getroffen. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf werde deutlich, dass nicht jeder Asylbewerber mit Beginn einer Berufsausbildung Berufsausbildungsbeihilfe erhalten solle, sondern nur diejenigen, die eine gute Bleibeperspektive aufwiesen (BT-Drs 18/8615). Mit der Neuregelung zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ab 1. August 2019 habe der Gesetzgeber diese Regelung nicht mehr aufgegriffen bzw. übernommen. Der förderungsberechtigte Personenkreis bei Berufsausbildung sei nunmehr in § 60 SGB III geregelt. Abs. 3 S. 1 der Vorschrift bestimme, dass Ausländerinnen und Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besäßen, während einer Berufsausbildung nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt seien.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 3. Juni 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die vom LSG Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2018 (L 3 AL 193/18 B ER) vertretene und vom Sozialgericht Kassel vollumfänglich in Bezug genommene Rechtsauffassung für zutreffend, weshalb ihm Berufsausbildungsbeihilfe zu gewähren sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten (Verwaltungsakte der Beklagten; Akten des Hessischen Verwaltungsgerichtshof Bd. I + II), die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Streitgegenstand ist die Überprüfung des bestandskräftig gewordenen Bescheides der Beklagten vom 1. August 2018 und die damit begehrte Zahlung von BAB ab 1. August 2018. Dieses Begehren kann der Kläger grundsätzlich mit der kombinierten Anfechtungs- Verpflichtungs- und Leistungsklage geltend machen.

Das Sozialgericht Kassel (SG) hat die Beklagte zu Unrecht unter Aufhebung des Bescheides vom 14. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2018 verpflichtet, ihren Bescheid vom 1. August 2018 aufzuheben und verurteilt, dem Kläger ab 1. August 2018 Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Der die Gewährung von BAB ablehnende Bescheid der Beklagten vom 1. August 2018 ist rechtmäßig. Ein Anspruch auf BAB für die zum 1. August 2018 aufgenommene Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik steht dem Kläger nicht zu, da er nicht zum förderungsfähigen Personenkreis gehört. Folglich hat die Beklagte den diesbezüglichen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu Recht mit Bescheid vom 14. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2018 abgelehnt. Der Kläger wird dadurch nicht in seinen Rechten verletzt.

Wer zum förderungsfähigen Personenkreis im Sinne des die Gewährung von BAB regelnden § 56 SGB III gehört, war in §§ 59 und 132 SGB III in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung des Gesetzes (künftig a.F.) geregelt. Zwar wurden diese Vorschriften durch das zum 1. August 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz vom 8. Juli 2019 (BGBl 2019 Teil I, 1029 ff.) – aufgehoben (vgl. Artikel 1 Ziffer 11 und 20), sie sind jedoch in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung weiter anwendbar, da bereits vor dem 31. Dezember 2019 die laufende Ausbildung begonnen und der erste Antrag auf BAB gestellt wurde (§ 448 SGB III, eingefügt durch Artikel 1 Ziffer 24 des o.a. Gesetzes), wobei für die Voraussetzung, dass bei der Ausländerin oder dem Ausländer ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, auf den Zeitpunkt der ersten Antragstellung, vorliegend mithin auf den 26. Juni 2018 abzustellen ist (§ 448 SGB III letzter Satz).

Der Kläger als afghanischer Staatsbürger unterfällt nicht dem förderungsfähigen Personenkreis im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F., da er weder Deutscher im Sinne des Grundgesetzes (Nr. 1) noch Unionsbürger (Nr. 2 und Nr. 4) bzw. Ehegatte, Lebenspartner oder Kind eines solchen ist (Nr. 3), nicht Staatsangehöriger eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist (Nr. 5) und nicht als Flüchtling anerkannt (Nr. 6) oder heimatloser Ausländer ist (Nr. 7). Auch verfügt der Kläger lediglich über eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz (AsylG) und hat weder eine Aufenthaltserlaubnis, wie sie in § 8 Abs. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) vorausgesetzt wird, noch hat bzw. hatte er eine Ehegattin, einen Lebenspartner oder ein Elternteil, der bzw. die als Ausländer bzw. Ausländerin eine in § 8 Abs. 2 und 4 BAföG genannte Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis hat, so dass auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 Satz 2 SGB III i. V. m. § 8 Abs. 2 und 4 BAföG nicht gegeben sind. Dass Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, nach denen anderen Ausländern Ausbildungsförderung zu leisten ist, auf ihn Anwendung finden könnten, ist nicht ersichtlich (§ 59 Abs. 1 Satz 2 SGB III i. V. m. § 8 Abs. 5 BAföG).

Der Kläger verfügt auch nicht über eine Duldung nach § 60a AufenthG, so dass der persönliche Anwendungsbereich nach § 59 Abs. 2 SGB III a.F. nicht eröffnet ist. Danach werden u.a. geduldete Ausländerinnen und Ausländer (§ 60a AufenthG), die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, während einer betrieblich durchgeführten Berufsausbildung gefördert, wenn sie sich seit mindestens 15 Monaten ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Nach § 60a AufenthG kommt die Erteilung einer Duldung u.a. aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen (§ 60a Abs. 1 AufenthG) in Betracht, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) oder wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen eine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern (§ 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG ist dabei zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnimmt oder aufgenommen hat, die Voraussetzungen nach § 60a Abs. 6 AufenthG nicht vorliegen und konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen (§ 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Eine solche Duldung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG wird zudem für sechs Monate zum Zweck der Suche nach einer der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung verlängert, wenn nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung, für die die Duldung erteilt wurde, eine Weiterbeschäftigung im Ausbildungsbetrieb nicht erfolgt (§ 60a Abs. 2 Satz 11 AufenthG). Zwar handelt es sich bei der Ausbildung zur Fachkraft für Metalltechnik gemäß dem nach § 90 Abs. 3 Nr. 3 Bundesbildungsgesetz (BiBG) vom Bundesinstitut für Berufsbildung zu führenden und zu veröffentlichenden Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe (für 2018: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/verzeichnis anerkannter ausbildungsberufe 2018.pdf, Seite 10) um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf und hinsichtlich der Ausbildungsdauer von zwei Jahren um eine qualifizierte Berufsausbildung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Beschäftigungsverordnung - BeschV), aber bislang ist dem Kläger eine solche Duldung nicht erteilt worden. Eine entsprechende Anwendung der Norm kommt nicht in Betracht, weil es sich um eine nicht analogiefähige Ausnahmevorschrift handelt.

Auch der persönliche Anwendungsbereich des § 59 Abs. 3 SGB III a.F. ist nicht eröffnet, da der Kläger weder fünf Jahre lang vor Beginn der Berufsausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig gewesen ist (Nr. 1) noch ein Elternteil von ihm sich im Inland aufgehalten hat und rechtmäßig erwerbstätig gewesen ist (Nr. 2).

Schließlich erfüllt der Kläger auch nicht die Voraussetzungen von § 132 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F. Nach dieser Norm gehören Ausländerinnen und Ausländer, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, zum förderungsfähigen Personenkreis für Leistungen nach dem § 56 SGB III, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens 15 Monaten gestattet ist. Dies lässt sich im vorliegenden Fall – entgegen der Auffassung des Klägers sowie des Sozialgerichts – zur Überzeugung des Senats nicht feststellen.

Ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt ist zu erwarten, wenn eine positive Bleibeperspektive für den Kläger festgestellt werden könnte. Eine dem entgegenstehende Vermutung im Sinne von § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III liegt bei dem Kläger nicht vor, da es sich bei Afghanistan nicht um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne von § 29a AsylG handelt. Allerdings muss für eine positive Bleibeperspektive nach einer aus einer ex-ante-Sicht und vorliegend gem. § 448 SGB III letzter Satz auf den Zeitpunkt der ersten Antragstellung abzustellenden Prognose eine überwiegend wahrscheinliche Aussicht darauf bestehen, dass dem Kläger ein Status als Flüchtling i.S.v. § 3 AsylG oder ein subsidiärer Schutz i.S.v. § 4 AsylG zuerkannt wird (vgl. dazu auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. April 2019 – L 10 AL 23/19 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. November 2018 - L 11 AL 140/18 B ER; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. August 2018 - L 2 AL 29/18 B ER - in juris - Böttiger in Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, 3. Auflage 2019, § 132 Rn. 5). Die Maßgeblichkeit der Aussicht darauf, dass die Voraussetzungen der §§ 3 und 4 AsylG erfüllt sind, ergibt sich insbesondere auch aus der in § 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III an die Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat anknüpfende Vermutung, dass in diesen Fällen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt nicht erwartet werden kann. Nach § 29a AsylG kann bei Herkunft aus einem solchen Staat ein Asylantrag nur dann erfolgversprechend sein, wenn die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel die Annahme begründen, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht.

Maßgeblich für die Prognose für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Zuerkennung eines subsidiären Schutzes ist nach Auffassung des Senats zunächst, ob sich eine positive Bleibeperspektive aus der für das Herkunftsland des Klägers zu ermittelnden Gesamtschutzquote ergibt. Nach der Gesetzesbegründung zum insoweit wortgleichen § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG soll dies jedenfalls dann der Fall sein, wenn bei Asylbewerbern aus dem entsprechenden Herkunftsland eine Gesamtschutzquote von mehr als 50 % besteht (vgl. dazu LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 16. November 2018 - L 11 AL 140/18 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2017 - L 14 AL 52/17 B ER; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. August 2018 - L 2 AL 29/18 B ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. April 2018 - L 9 AL 227/17 - alle in juris; Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Mai 2018, § 132 Rn. 30 mwN; kritisch: Schmidt-De Caluwe in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Auflage 2017, § 132 Rn. 10; die Übertragbarkeit der Grundlagen des § 44 Abs. 4 AufenthG auf die BAB offen gelassen: BVerfG, Beschluss vom 28. September 2017 1 BvR 1510/17 - juris). Die Gesamtschutzquote ist dabei zunächst ein objektives Kriterium, das es im Rahmen der Massenverwaltung ermöglicht, hinreichend schnell und zuverlässig eine Prognose für die Bleibeperspektive von Ausländern, deren Aufenthalt zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist, und bei denen dieses noch nicht abgeschlossen ist, vorzunehmen. Auch die bezüglich der sicheren Herkunftsstaaten aufgestellte Vermutung einer fehlenden Bleibeperspektive (§ 132 Abs. 1 Satz 2 SGB III) bestätigt diesen Ansatz. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass in 2018 für Afghanistan die Gesamtschutzquote durchgehend unter 40 % gelegen hat. Dies hat sich auch im Berichtsjahr 2019 nicht geändert (38,2 % im Zeitraum Januar – November 2019; vgl. Aktuelle Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Ausgabe: November 2019, Seite 3, unter www.bamf.de). Folglich kann eine positive Bleibeperspektive über eine rein generelle Betrachtung der Zahlen zu der Gesamtschutzquote nicht begründet werden.

Auch bei einer konkreten Würdigung des Einzelfalles ergibt sich nichts anderes. Bereits zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen BAB-Antragstellung hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag des Klägers nach sachlicher Prüfung abgelehnt (vgl. Bescheid vom 3. Februar 2017). Die hiergegen gerichtete Klage ist zwischenzeitlich durch Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 20. September 2018 abgewiesen worden, so dass sich auch hieraus keine günstige Bleibeperspektive ableiten lässt. Mit dem ablehnenden Bescheid ist vielmehr bereits eine konkrete, individuelle und belastbare Beurteilung des Asylbegehrens des Klägers vorgenommen worden. Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 24. November 2017 - 19 C 17.1903 - juris) bietet dies im Rahmen der Feststellung eines Anspruchs auf Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG, bei dem es ebenfalls wortlautgleich darauf ankommt, ob ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, eine substantielle Grundlage für die Prognose der Bleibeperspektive auch dann, wenn die Entscheidung des BAMF angefochten wird, da - jedenfalls im Rahmen des § 44 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AufenthG - eine inhaltliche Prüfung der Erfolgsaussichten des Asylverfahrens nicht zu erfolgen hat. Ob diese Auffassung zu § 44 AufenthG auch auf den Bereich der BAB nach den §§ 56 ff. SGB III übertragen werden kann (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 28. September 2017 - 1 BvR 1510/17 - juris, das die Übertragbarkeit von Begründungen der Rechtsprechung zu § 44 AufenthG auf die Vorschriften zur BAB offen gelassen hat), braucht im Hinblick auf die geringe Gesamtschutzquote nicht entschieden zu werden (die negative Entscheidung des BAMF als unerheblich für die Bleibeperspektive im Rahmen des § 132 SGB III ansehend: SG Karlsruhe, Urteil vom 24. Januar 2018 - S 2 AL 3795/17 - juris). Mit der negativen Entscheidung des BAMF, bestätigt zwischenzeitlich durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel, hat sich jedenfalls bei einer Einzelfallbetrachtung die objektive Bleibeperspektive des Klägers nicht verbessert.

Eine gute Bleibeperspektive ergibt sich zur Überzeugung des Senats letztlich auch nicht daraus, dass der Kläger bei rechtskräftiger Ablehnung oder sogar Rücknahme seines Asylantrages eine Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG beantragen könnte. Denn zum einen vermittelt eine Duldung keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne von § 132 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F. Es handelt sich lediglich um die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung, wobei der Aufenthalt an sich unrechtmäßig bleibt und die Pflicht zur unverzüglichen Ausreise fortbesteht (vgl. hierzu auch Bienert, info also 2018, 104, 108). Zum anderen ist die Anspruchsberechtigung auf Ausbildungsbeihilfe bei Duldung gesondert in § 59 Abs. 2 SGB III geregelt. Würde die bloße Aussicht auf eine Ausbildungsduldung und ggf. eine anschließende Aufenthaltserlaubnis nach § 18a Abs. 1a AufenthG tatsächlich eine gute Bleibeperspektive im Sinne von § 132 Abs. 1 Nr. 2 SGB III a.F. vermitteln, wäre diese dort geregelte Voraussetzung schlicht überflüssig, da jeder Ausländer diese mit der Aufnahme einer Ausbildung automatisch erfüllen würde. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in diesem Zusammenhang auf eine bestehende Förderlücke und diesbezüglich bereits bestehende Diskussionen auf höchster legislativer Stelle hinweist (vgl. seine Schriftsätze in erster Instanz vom 14. Februar 2019 und 29. März 2019, Bl. 31 und 39 der Gerichtsakte), bleibt festzustellen, dass der Gesetzgeber in Kenntnis dieser Problematik mit dem zum 1. August 2019 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern – Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz – vom 8. Juli 2019 (BGBl. Teil I Nr. 26, 1029) die bisherigen Anspruchsvoraussetzungen dahingehend geändert hat, dass die Ausnahmevorschrift des § 132 SGB III a.F. aufgehoben wurde und der in § 60 SGB III angefügte Absatz 3 Satz 1 SGB III nunmehr ausdrücklich festlegt, dass Ausländerinnen und Ausländer, die – wie der Kläger – eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzen, während einer Berufsausbildung nicht zum Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe berechtigt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Ziffern 1 und 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere kommt der Streitsache keine grundsätzliche Bedeutung zu, da es sich bei den hier maßgeblichen Vorschriften der §§ 59 und 132 SGB III um außer Kraft getretenes bzw. auslaufendes Recht handelt.
Rechtskraft
Aus
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