L 4 SO 7/19

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 7 SO 660/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 7/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. November 2018 abgeändert und die Klage abgewiesen. 2. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen. 3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten, die ihm für die Beerdigung seines Vaters, , entstanden sind.

Der Vater des 1989 geborenen Klägers bezog Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) von der Beklagten. Im November 2013 verstarb er. Der Kläger schlug die Erbschaft aus, ebenso die möglichen weiteren Erben (Bruder und Halbbruder des Vaters nebst Abkömmlingen). Der Kläger veranlasste die Bestattung seines Vaters, die am 16. Dezember 2013 stattfand. In diesem Zusammenhang wurden ihm folgende Beträge in Rechnung gestellt, insgesamt 2.338,93 Euro: • 893,- Euro von der Firma für einen Sarg sowie den Transport des Leichnams vom Institut für Rechtsmedizin zum Friedhof und vom Friedhof zur Feierhalle, • 1.389,- Euro mit Gebührenbescheid der Hamburger Friedhöfe AöR für 25 Jahre "Sargwahlgrab in Standardqualität, 2 Stellen", die Beisetzung einer Urne einschließlich Herrichtung der Grabstätte sowie die Benutzung einer Feierhalle des Hamburger Bestattungsforums, • 42,- Euro vom Standesamt für sechs Sterbeurkunden und • 14,93 Euro für Fotos des Verstorbenen.

Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger Auszubildender, er erhielt im November 2013 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 830,- Euro brutto und 660,47 Euro netto. Die Miete für die von ihm und seiner Lebensgefährtin bewohnte Wohnung betrug zu diesem Zeitpunkt 600,- Euro monatlich. Der Kläger beglich die Rechnungen, seinem Vortrag nach mit von seinem Freund, Herrn W., geliehenem Geld. Er unterzeichnete am 20. Dezember 2013 ein "Schuldanerkenntnis" über einen Schuldbetrag von 2.900,- Euro, in dem er sich verpflichtete, den Betrag bis zum 31. Juli 2016 vollständig zurückzuzahlen.

Am 11. Februar 2016 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der verauslagten Bestattungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe und reichte eine Aufstellung seiner laufenden Kosten und seiner Einnahmen im November 2013 nebst Belegen, Unterlagen über sein Kfz, das Schuldanerkenntnis sowie die oben genannten Rechnungen ein. Er teilte mit, er habe das Darlehen von Herrn W. bisher nicht zurückgezahlt.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2016 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab und führte zur Begründung aus: Wenn ein Kostentragungspflichtiger die Kosten für eine Bestattung bereits übernommen habe, aber den Bedarf erst später als sechs Monate nach Begleichung der Rechnungen anmelde, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die Kostentragung dem Betroffenen zumutbar sei. Hier sei der Bedarf erst 27 Monate nach der Bestattung geltend gemacht worden, weshalb eine Kostenübernahme nicht mehr erfolgen könne.

Mit Email an die Beklagte vom 24. Mai 2016 trug der Kläger vor, zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters sei er Auszubildender gewesen, sein Vater habe Schulden gehabt. Um die Kosten für die Bestattung so gering wie möglich zu halten, habe er alles, was möglich gewesen sei, selbst erledigt. Zur Deckung der anfallenden Kosten habe er ein Privatdarlehen aufgenommen. Dieses könne er nicht aus eigener Kraft zurückzahlen. Er habe nicht gewusst, dass er eine Sozialbestattung beantragen könne, sonst hätte er dies natürlich getan. Erst als eine Freundin ihm davon erzählt habe, habe er sich über diese Möglichkeit informiert und dann den entsprechenden Antrag gestellt.

Der Kläger legte am 2. Juni 2016 Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Mai 2016 ein. Er trug vor, die Beklagte habe den Einzelfall nicht geprüft, sondern lediglich pauschal behauptet, dass aufgrund der späten Antragstellung eine Kostentragung zumutbar sei. Diese Vermutung sei vom Kläger jedoch durch die vorgelegten Unterlagen entkräftet worden. Die aus den Bestattungskosten resultierende Geldschuld bestehe noch immer, bis heute habe der Kläger das Darlehen in Höhe von 2.900,- Euro nicht zurückzahlen können. Nach § 45 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verjährten Ansprüche auf Sozialleistungen ausdrücklich erst nach vier Jahren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Bestattung seines Vaters. Zwar sei er als Bestattungs- und Kostentragungspflichtiger dem Grunde nach Anspruchsberechtigter nach § 74 SGB XII. Trotz Ausschlagung der Erbschaft sei er als Kind des Verstorbenen nach dem Bestattungsrecht zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet gewesen. Es könne dahinstehen, ob die geltend gemachten Kosten für eine würdevolle Bestattung erforderlich gewesen seien, denn jedenfalls sei dem Kläger die endgültige Kostentragung zumutbar. Die Prüfung der Zumutbarkeit beschränke sich nicht allein auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, sondern erfasse auch soziale Erwägungen. Mangels anderer Anhaltspunkte sei vorliegend allerdings allein auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit abzustellen. Werde die Kostenübernahme im Nachhinein begehrt, sei der maßgebliche Zeitpunkt der Zumutbarkeitsprüfung im Hinblick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisses der Monat, in welchem die Forderung fällig werde, von welcher Entlastung begehrt werde. Dabei sei hier auf die primären Forderungen des Bestattungsunternehmens, des Friedhofs etc. abzustellen, nicht auf die Darlehensforderung, da diese nur eine unerhebliche Umschuldung darstelle. Mithin komme es auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers im Dezember 2013 an. Es könne jedoch wiederum dahinstehen, ob der Kläger im Dezember 2013 bedürftig gewesen sei. Der Antrag des Klägers sei derart verspätet eingegangen, dass ihm die Kostentragung wirtschaftlich endgültig zuzumuten sei. Zwar müsse der Anspruch nicht innerhalb einer bestimmten Frist geltend gemacht werden. Der Anspruchsberechtigte sei aber zu einer zeitnahen Antragstellung verpflichtet. Die fachlichen Vorgaben sähen hierfür eine regelhafte Zeitspanne von sechs Monaten vor, nach deren Ablauf von einer endgültigen Zumutbarkeit ausgegangen werden könne. In der Rechtsprechung würden deutlich kürzere Zeitspannen vertreten. Selbst die von der Beklagten gewählte lange Zeitspanne von sechs Monaten sei vorliegend mit 26 Monaten aber deutlich überschritten. Je später der Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten geltend gemacht werde, desto eher sei eine endgültige Kostenlast des Verpflichteten zu bejahen und desto gewichtiger müssten die Umstände sein, um im Einzelfall die verspätete Antragstellung zu rechtfertigen. Es liege auch kein Sonderfall vor, wie z.B. eine schwere Krankheit des Anspruchsberechtigten. Die verspätete Antragstellung beruhe ausschließlich auf dem Verschulden des Klägers. Ein Grund, warum der Kläger seinen Anspruch nicht zeitnah gegenüber dem Sozialleistungsträger habe mitteilen können, liege nicht vor. Der Kläger hätte sich zeitnah über seine Rechte informieren können. Bei Personen, die durch die Kostentragungspflicht für eine Bestattung in finanzielle Nöte gerieten, dürfte zu erwarten sein, dass sie sich zeitnah über etwaige Ansprüche informierten. Informationen über die Möglichkeit der Kostenübernahme durch den Sozialleistungsträger seien im Internet problemlos auffindbar. Da mit der Unzumutbarkeit der endgültigen Kostentragung bereits ein Tatbestandsmerkmal für das Bestehen eines Anspruches fehle, gehe der Hinweis auf die Verjährungsfrist fehl.

Am 24. Dezember 2016 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat er ausgeführt, seine Eltern hätten sich 2009 getrennt. Sein Vater sei spielsüchtig (Pferdewetten) gewesen und habe niemals Unterhalt für ihn gezahlt; auch deshalb sei ihm die Tragung der Bestattungskosten nicht zumutbar. Er hat betont, dass der Gesetzgeber gerade keine Frist für die Antragstellung vorgesehen habe. Hierauf müsse sich der Laie verlassen können.

Die Beklagte hat erstinstanzlich ebenfalls ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und ferner ausgeführt, eine persönliche Unzumutbarkeit der Kostentragung könne nur bei einem schweren vorwerfbaren Fehlverhalten des Verstorbenen gegenüber dem Kostentragungspflichtigen angenommen werden. Ein solches sei hier nicht gegeben.

Am 14. November 2018 hat das Sozialgericht in der Sache mündlich verhandelt. Anlässlich des Verhandlungstermins hat die Beklagte eine nachträgliche Berechnung der Bestattungskosten, die – einen Anspruch vorausgesetzt – übernommen werden könnten, vorgelegt. Danach seien für Sarg und Sargtransport nur 243,93 Euro anzusetzen, für die Überführung des Sargs 225,48 Euro (berechnet anhand der zurückgelegten Kilometer und des Honorars für zwei Träger). Ferner seien die Gebühren der Hamburger Friedhöfe AöR in Höhe von 1.389,- Euro zu berücksichtigen. Kosten für Fotos würden generell nicht übernommen, da sie nicht zwingender Bestandteil einer Bestattung seien. Kosten für Sterbeurkunden seien nicht zu übernehmen, da es 2013 einen kostenlosen Beerdigungsschein für den Friedhof gegeben habe. Sterbeurkunden seien daher nur für den Privatgebrauch erforderlich gewesen und deshalb nicht erstattungsfähig. Insgesamt ergebe sich daraus ein höchstens zu erstattender Betrag von 1.858,41 Euro.

Mit Urteil vom 14. November 2018 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 18. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2016 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Bestattungskosten in Höhe von 1.858,41 Euro zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, entgegen der Auffassung der Beklagten sei von einer Unzumutbarkeit der Kostentragung durch den Kläger auszugehen. Der Kläger habe nachgewiesen, dass die Kostentragung ihm zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen im Dezember 2013 wirtschaftlich unzumutbar gewesen sei. Auf weitere Unzumutbarkeitserwägungen komme es daher nicht an. Nach Auffassung der Kammer werde die Feststellung der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit durch eine späte Antragstellung nicht verändert. Leistungen nach § 74 SGB XII setzten zwar einen ausdrücklichen Antrag voraus, für diesen gelte jedoch keinerlei Frist und eine Frist könne auch nicht über den Weg einer "grundsätzlichen Zumutbarkeit" eingeführt werden. Alleinige zeitliche Grenze für die Durchsetzung des Anspruchs könne und müsse die vierjährige Verjährungsfrist des § 45 Abs. 1 SGB I sein, die hier nicht erreicht werde. Der Anspruch des Klägers beschränke sich jedoch auf die erforderlichen Kosten. Dies seien nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung dienten bzw. notwendigerweise mit ihrer Durchführung verbunden seien. Der von der Beklagten vorgelegten Berechnung sei zu folgen. Zu Recht seien die Kosten für Fotos und Sterbeurkunden dabei unberücksichtigt geblieben.

Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 31. Januar 2019 und der Beklagten am 1. Februar 2019 zugestellt. Am 12. Februar 2019 hat die Beklagte Berufung eingelegt, der Kläger hat mit Schreiben vom 26. März 2016 Anschlussberufung erhoben.

Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen. Sie trägt vor, Normzweck des § 74 SGB XII sei die Gewährleistung einer würdigen Bestattung. Eine solche habe stattgefunden, der Kläger sei imstande gewesen, diese aus eigener Kraft zu organisieren und habe sich durch Aufnahme eines Darlehens selbst helfen können. Insofern habe kein offener Bedarf mehr bestanden, der von der Beklagten zu decken gewesen wäre. Jedenfalls aber sei dem Kläger die endgültige Kostentragung wirtschaftlich zumutbar gewesen, da er die Kosten bereits mehrere Jahre getragen habe, als er den Antrag stellte. Hilfsweise hätte jedenfalls die Bedürftigkeit zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Darlehensschuld zum 31. Juli 2016 geprüft werden müssen. Denn der Bedarf könne allenfalls in der Befreiung von der Darlehensschuld bestehen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. November 2018 abzuändern und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie – im Wege der unselbständigen Anschlussberufung – das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 14. November 2018 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2016 zu verurteilen, dem Kläger Leistungen gemäß § 74 SGB XII für Bestattungskosten in Höhe von 2.338,93 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten seit dem 23. August 2016 zu gewähren, und die Revision zuzulassen.

Er führt aus, das Gericht habe die erforderlichen Kosten nicht anhand einer fiktiven Rechnung begrenzen dürfen. Tatsächlich habe er bereits verschiedene Kosten eingespart. Da sein Vater früher selber in der Bestattungsbranche tätig gewesen sei, sei z.B. die eigentliche Bestattung vom Bestattungsunternehmer kostenlos durchgeführt worden. Die Bestattungsunternehmen würden bei Bestattungen, die von den Behörden selbst als "Sozialbestattungen" in Auftrag gegeben würden, günstiger abrechnen als bei Aufträgen von Privatpersonen. Eine Bestattung zu dem vom Sozialgericht ausgeurteilten Preis sei daher nur dann möglich, wenn zuvor dem Bestattungsunternehmen mitgeteilt werde, dass es sich um eine Sozialbestattung handele. Die Aufnahme des Darlehens könne keinesfalls als Grund dafür angesehen werden, einen Bedarf zu verneinen. Eine Bestattung müsse zeitnah erfolgen, der Kläger habe diese nicht ohne eine finanzielle Absicherung in Auftrag geben wollen. Für die Frage der Zumutbarkeit komme es auf den Zeitpunkt der Beauftragung des Bestattungsunternehmens an. Im Übrigen habe die Beklagte selbst nur die Darlegung der finanziellen Verhältnisse bei Erteilung des Bestattungsauftrags angefordert. Zudem sei bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auch zu berücksichtigen, dass sein Vater nie Unterhalt gezahlt habe. Er habe zudem seine Mutter des ins Unglück gestürzt, indem er deren Geld mit Pferdewetten und einem unangemessenen Lebensstil verlebt habe. Die Mutter habe schließlich Insolvenz anmelden müssen. Es bestehe zudem der Verdacht, dass er sich mit Fälschung der Unterschrift der Mutter an deren Lebensversicherung bereichert habe.

Der Kläger hat weiter vorgetragen, er habe das Darlehen von Herrn W. seit August 2018 in Raten zurückgezahlt, die letzte Rate habe er im Mai 2019 geleistet. Herr W. sei sein bester Freund und habe nie Schritte zur Durchsetzung der Darlehensrückforderung unternommen, da es nie in Frage gestanden habe, dass eine Rückzahlung erfolgen werde. Bis Juni 2014 sei er Auszubildender gewesen. Ab dem 1. Oktober 2014 habe er als Angestellter gearbeitet. Er hat Gehaltsnachweise für den Zeitraum von Dezember 2013 bis November 2016 eingereicht (mit Ausnahme des Monats März 2015). Daraus ergeben sich folgende Einkünfte des Klägers:

Einkommen brutto Einkommen netto Okt 14 1.850,00 EUR 1.288,30 EUR Nov 14 1.850,00 EUR 1.288,30 EUR Dez 14 1.950,00 EUR 1.388,30 EUR Jan 15 1.850,00 EUR 1.289,75 EUR Feb 15 2.518,47 EUR 1.832,08 EUR Mrz 15 Keine Angaben Apr 15 2.350,00 EUR 1.681,73 EUR Mai 15 2.100,00 EUR 1.473,62 EUR Jun 15 2.550,00 EUR 1.923,62 EUR Jul 15 2.250,00 EUR 1.623,62 EUR Aug 15 2.350,00 EUR 1.681,73 EUR Sep 15 2.700,00 EUR 1.989,56 EUR Okt 15 2.300,00 EUR 1.654,10 EUR Nov 15 2.525,84 EUR 1.778,11 EUR Dez 15 2.482,93 EUR 1.791,85 EUR Jan 16 2.869,80 EUR 1.969,68 EUR Feb 16 3.161,64 EUR 2.256,01 EUR Mrz 16 2.882,01 EUR 1.992,32 EUR Apr 16 3.086,17 EUR 2.171,14 EUR Mai 16 3.039,07 EUR 2.075,60 EUR Jun 16 2.946,15 EUR 2.073,21 EUR Jul 16 2.905,04 EUR 2.004,63 EUR Aug 16 2.883,61 EUR 1.993,16 EUR Sep 16 2.876,32 EUR 1.989,31 EUR Okt 16 2.880,59 EUR 1.991,55 EUR Nov 16 3.102,41 EUR 2.177,62 EUR

Er hat außerdem vorgetragen, dass er bis zu deren Tod im Sommer 2018 seine Mutter finanziell mit ca. 300,- Euro monatlich unterstützt habe. Seit 2011 lebe er mit seiner Lebensgefährtin, , zusammen. Diese habe zwar 2012 ihre Ausbildung abgeschlossen, sei dann aber über den gesamten Zeitraum bis November 2016 lediglich in Teilzeit beschäftigt gewesen mit einem Gehalt von monatlich 760,- Euro brutto und 606,- Euro netto. Der Kläger hat eine Kfz-Haftpflichtversicherung, für die er im Jahr 2014 einen Beitrag in Höhe von 271,95 Euro pro Quartal zu zahlen hatte, ferner eine Haftpflichtversicherung mit einem monatlichen Beitrag von 10,92 Euro (Nachweise aus November 2013).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 18. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2016.

II. Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Die unselbstständige Anschlussberufung des Klägers im Sinne des § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung (ZPO) – eine eigenständige Berufung wäre wegen Versäumung der Rechtsmittelfrist des § 151 Abs. 1 SGG und wegen Nichterreichen des Beschwerdewertes des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG unzulässig – ist zulässig. Gegenstand der Anschlussberufung ist mit dem Urteil des Sozialgerichts vom 14. November 2018 dieselbe Entscheidung, gegen die sich bereits die Berufung wendet. Sie bezieht sich auch auf den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung der Beklagten, ein neuer Streitgegenstand wird mit ihr nicht in das Verfahren eingeführt. Sowohl die Berufung als auch die Anschlussberufung betreffen die Frage des Anspruchs auf Übernahme von Bestattungskosten.

Die örtliche Zuständigkeit war – trotz bestehender Zweifel, da der Kläger bei Klageerhebung weder Wohnsitz noch Arbeitsstätte in Hamburg hatte – im Berufungsverfahren nicht zu prüfen (§ 98 Abs. 1 SGG iVm § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz).

III. Die Berufung der Beklagten ist begründet, die Anschlussberufung des Klägers ist hingegen unbegründet. Der Bescheid vom 18. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Bestattung seines Vaters durch die Beklagte. Die Klage war daher unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils in vollem Umfang abzuweisen.

1. Die Beklagte ist örtlich zuständig für den geltend gemachten Anspruch. Dies ergibt sich aus § 98 Abs. 3 SGB XII, wonach in den Fällen des § 74 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist, der bis zum Tod der leistungsberechtigten Person Sozialhilfe leistete. Der Vater des Klägers erhielt im Sterbemonat November 2013 Leistungen von der Beklagten.

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten ist § 74 SGB XII. Diese Vorschrift lautet "Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen".

Unstreitig ist der Kläger Verpflichteter im Sinne dieser Vorschrift, d.h. verpflichtet, die Kosten der Bestattung seines Vaters zu tragen. Diese Verpflichtung ergibt sich zwar nicht aus der Erbenstellung, da der Kläger die Erbschaft ausgeschlagen hat. Sie folgt aber aus den landesrechtlichen Vorschriften, nämlich aus dem Hamburgischen Bestattungsgesetz (HmbBestattG). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 HmbBestattG muss jede Leiche bestattet werden. Für die Bestattung haben gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 HmbBestattG die Angehörigen zu sorgen, zu denen die ehelichen und nichtehelichen Kinder gehören, § 22 Abs. 4 Satz 1 lit b HmbBestattG in der hier maßgeblichen, bis zum 29. Februar 2020 geltenden Fassung vom 11. Juli 2007 (aF). Die genannten bestattungsrechtlichen Vorschriften regeln zwar unmittelbar nur die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und genügen damit dem ordnungsrechtlichen Zweck, im öffentlichen Interesse die zeitnahe Durchführung der Bestattung zu gewährleisten; eine explizite Regelung über die Tragung der Bestattungskosten treffen sie nicht. Dennoch ist derjenige, dem in Erfüllung seiner ordnungsrechtlichen Bestattungspflicht Kosten entstehen, auch im Sinne des § 74 SGB XII zur Kostentragung verpflichtet. Denn mit der Bestattungspflicht werden dem in die Pflicht Genommenen auch die damit verbundenen Kosten zugewiesen (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 20. November 2014 – L 4 SO 22/12 –, juris Rn. 23 m.w.N.).

3. Ein Anspruch des Klägers ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil er die im Zusammenhang mit der Bestattung seines Vaters angefallenen Rechnungen bereits beglichen hat. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, Normzweck des § 74 SGB XII sei die Gewährleistung einer würdigen Bestattung, eine solche habe stattgefunden und sei vom Kläger auch finanziert worden, weshalb kein offener Bedarf bestehe, kann dem nicht gefolgt werden. Normzweck des § 74 SGB XII ist nicht die Gewährleistung einer würdigen Bestattung – das garantiert bereits das Bestattungsrecht mit der dort statuierten Bestattungspflicht. Zweck der Vorschrift ist es vielmehr, den Kostentragungspflichtigen von den erforderlichen Bestattungskosten freizuhalten, wenn ihm deren Tragung nicht zumutbar ist. Der sozialhilferechtliche Bedarf der Leistung nach § 74 SGB XII ist daher nicht die Bestattung, sondern die Entlastung des Verpflichteten von den Kosten. Damit wird die Verbindlichkeit als solche als sozialhilferechtlicher Bedarf anerkannt (BSG, Urteil vom 29.9.2009 – B 8 SO 23/08 R). § 74 SGB XII knüpft den Anspruch auf Kostenübernahme nicht zwingend an die Bedürftigkeit des Verpflichteten, sondern verwendet die eigenständige Leistungsvoraussetzung der Unzumutbarkeit und nimmt damit im Recht der Sozialhilfe eine Sonderstellung ein (BSG, Urteil vom 4.4.2019 – B 8 SO 10/18 R). Die Regelung unterscheidet sich von anderen Leistungen des Fünften bis Neunten Kapitels u.a. dadurch, dass der Bedarf bereits vorzeitig (vor Antragstellung) gedeckt sein kann, eine Notlage, die andere Sozialhilfeansprüche regelmäßig voraussetzen, also nicht mehr gegeben sein muss. Die Verpflichtung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe setzt nach § 74 SGB XII nur voraus, dass die (ggf bereits beglichenen) Kosten "erforderlich" sind und es dem Verpflichteten nicht "zugemutet" werden kann, diese Kosten (endgültig) zu tragen (BSG, Urteil vom 4.4.2019 – B 8 SO 10/18 R).

4. Für einen Anspruch nach § 74 SGB XII fehlt es jedoch an der Unzumutbarkeit der Kostentragung.

Der Begriff der Zumutbarkeit in § 74 SGB XII ist ein der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Sozialhilfeträger kein Ermessen eröffnet (vgl. bereits das Urteil des erkennenden Senats vom 20.11.2014 – L 4 SO 22/12 m.w.N.). Die Frage der (Un)zumutbarkeit entscheidet darüber, ob die Bestattungskosten den Pflichtigen aufzubürden sind oder aber die Allgemeinheit hierfür aufkommen muss.

Ob die Kostentragung zumutbar ist, ist stets anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen (BSG, Urteil vom 29.9.2009 – B 8 SO 23/08 und Urteil vom 4.4.2019 – B 8 SO 10/18). Dabei sind in erster Linie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten in den Blick zu nehmen. Daneben können aber auch andere Umstände eine Rolle spielen, die im Allgemeinen sozialhilferechtlich unbeachtlich sind, denen aber vor dem Hintergrund des Zwecks des § 74 SGB XII Rechnung getragen werden muss. Ferner gilt: Je enger das Verwandtschaftsverhältnis oder die rechtliche Beziehung war, desto geringer sind in der Regel die Anforderungen an die Zumutbarkeit des Einkommens- und Vermögenseinsatzes. Umgekehrt können etwa zerrüttete Verwandtschaftsverhältnisse höhere Anforderungen an die Zumutbarkeit begründen (vgl. BSG a.a.O.)

a. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt die Zumutbarkeit der Kostentragung hier nicht schon allein aus der späten Antragstellung. Die Beklagte beruft sich für ihre Auffassung auf Ziffer 5.1.3. der Fachanweisung Sozialbestattung der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration vom 1. Mai 2016 (Gz. SI 232/112.74-2). Diese lautet: "Sofern der Kostenpflichtige die Kosten der Bestattung übernommen hat, aber den Bedarf über einen längeren Zeitraum nicht meldet, ist zu prüfen, ob ihm die Kostentragung allein deswegen auch endgültig zumutbar ist. Macht der Kostentragungspflichtige den Bedarf später als sechs Monate nach Begleichen der Rechnung für die Bestattung geltend, ist ihm in der Regel die Kostentragung auch endgültig wirtschaftlich zumutbar".

Eine Auslegung dieser Fachanweisung dahingehend, dass bei einer späteren Antragstellung als sechs Monaten nach Begleichen der Rechnung in der Regel die Zumutbarkeit nicht im Einzelfall geprüft werden muss, stünde im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben. Ein Anspruch auf Kostenübernahme setzt zwar einen Antrag voraus, sieht hierfür aber keine Frist vor. Bereits deshalb kann (soweit keine Verjährung im Raume steht) ein längeres Zuwarten nicht allein und quasi automatisch zur Annahme von Zumutbarkeit und damit zum Wegfall des Anspruchs führen. Vielmehr ist stets, also auch bei später Antragstellung, die Zumutbarkeit im Einzelfall zu prüfen (so auch Siefert, juris PK SGB XII, § 74 Rn. 15). Dabei ist es allerdings zulässig, die späte Antragstellung in diesem Rahmen zu würdigen. Im Einzelfall mag es daher durchaus sein, dass der späte Zeitpunkt der Antragstellung – in der Gesamtschau mit allen anderen Umständen des Einzelfalls – die Zumutbarkeit mitbegründen kann. Eine Regelvermutung diesbezüglich lässt sich aber nicht aufstellen.

b. Dem Kläger war es nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere aufgrund seines Erwerbseinkommens, durchaus zumutbar, die vollen von ihm geltend gemachten Bestattungskosten zu tragen (weshalb es auf die Frage, in welcher Höhe die Beklagte ggf. Kosten anzuerkennen hätte, nicht ankommt).

Bei der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist für den Einsatz von Einkommen in Hinblick darauf, dass § 74 SGB XII als Hilfe in anderen Lebenslagen dem 9. Kapitel des SGB XII zugeordnet wurde, vorrangig auf die Einkommensgrenze des § 85 SGB XII zu rekurrieren (BSG, Urteil vom 29.9.2009 – B 8 SO 23/08), auch die Frage der Bedürftigkeit eines erwerbsfähigen Verpflichteten nach dem SGB II ist zu prüfen (BSG, Urteil vom 4.4.2019 – B 8 SO 10/18 R).

Dabei kommt es zunächst an auf die Bedürftigkeit im Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnungen, die im Zusammenhang mit der Bestattung angefallen sind. Die Rechnung der Firma (Sarg, Transport) datiert vom 30. November 2013 und stellt den Betrag direkt ("nach Erhalt") fällig. Die Rechnung der Hamburger Friedhöfe AöR datiert vom 18. Dezember 2013 und nennt als Fälligkeit ("bitte zahlen Sie bis") den 17. Januar 2014. In den Monaten November 2013 bis Januar 2014 erhielt der Kläger ausweislich der vorgelegten Gehaltsnachweise eine Ausbildungsvergütung in Höhe von monatlich brutto 830,- Euro bzw. netto 660,47 Euro. Weitere Einnahmen oder relevantes Vermögen hatte er nicht. Die monatliche Miete für die von ihm und seiner Lebensgefährtin bewohnten Wohnung betrug damals 600,- Euro. Die Lebensgefährtin erzielte ein Einkommen von 760,- Euro brutto und 606,- Euro netto. Damit war die Kostentragung in diesen Monaten eindeutig wirtschaftlich unzumutbar, wie schon das SG hervorgehoben hat.

Nach dem Bundessozialgericht kommt es daneben aber auch auf die Bedürftigkeit zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung an (BSG, Urteil vom 29.9.2009 – B 8 SO 23/08): "Resultiert die Unzumutbarkeit (allein) aus der Bedürftigkeit, muss diese auch noch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorliegen, es sei denn, es wäre dem Hilfesuchenden nicht zuzumuten, diese Entscheidung abzuwarten (vgl BVerwGE 90, 160, 162). Entfällt die Bedürftigkeit erst nach der (ablehnenden) Entscheidung des Sozialhilfeträgers (zB im Klageverfahren), ist hingegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes Vorrang zu geben. Das Entfallen der Bedürftigkeit schadet dann nicht". Dem schließt sich der erkennende Senat an (ebenso Siefert, juris PK SGB XII, § 74 Rn. 50). Auch wenn es bei dem Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten anders als bei anderen Leistungen nach dem SGB XII nicht um einen akuten Bedarf im Sinne einer aktuellen Notlage geht, handelt es sich doch weiterhin um einen Anspruch auf Leistungen der steuerfinanzierten Sozialhilfe. Wenn sich die Unzumutbarkeit nicht aus anderen als wirtschaftlichen Gründen ergibt (was hier nicht der Fall ist, dazu unten unter c.), ist daher eine fortbestehende Bedürftigkeit jedenfalls im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs und – sofern keine willkürliche Verzögerung seitens der Behörde vorliegt – der Behördenentscheidung erforderlich.

Wie aus den vorgelegten Gehaltsnachweisen ersichtlich, hatten sich die Einkommensverhältnisse des Klägers im Zeitpunkt der Antragstellung – Februar 2016 – und der Behördenentscheidungen – Mai bzw. November 2016 – deutlich verbessert. Seine Lebensgefährtin hat den Angaben des Klägers nach durchgängig monatlich brutto 760,- und netto 606,- Euro verdient. Veränderungen der Miethöhe, die im Dezember 2013 bei 600,- Euro lag, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Unter Berücksichtigung dieser Beträge bestand ab Arbeitsaufnahme durch den Kläger (Oktober 2014) keine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II. Auch die Einkommensgrenze des § 85 SGB XII – bei der das Partnereinkommen mit zu berücksichtigen ist (dazu, dass dies über den Wortlaut hinaus auch für eheähnliche Lebensgemeinschaften gilt Gutzler, jurisPK SGB XII, § 85 Rn. 30) – wurde durchgängig überschritten. Die Einkommensgrenze berechnet sich aus dem doppelten Regelsatz der Stufe 1 zuzüglich der Kosten der Unterkunft und einem Familienzuschlag in Höhe von 70 % der Regelbedarfsstufe 1. In 2015 betrug die Einkommensgrenze bei Zugrundelegung einer Miete von unverändert 600,- Euro 1.656,- Euro betragen (391,- Euro x 2 + 600,- Euro + 274,- Euro). Dieser Einkommensgrenze ist das um die Absetzbeträge nach § 82 Abs. 2 SGB XII zu mindernde Einkommen gegenüberzustellen (BSG, Urteil vom 4.4.2019 – B 8 SO 10/18 R). Abzusetzen sind danach Steuern, angemessene Versicherungsbeiträge und notwendige Ausgaben. Das sind hier neben den Sozialversicherungsbeiträgen und der Einkommenssteuer die vom Kläger nachgewiesene Kfz-Versicherung in Höhe von monatlich 90,65 Euro sowie die Haftpflichtversicherung mit monatlich 10,92 Euro. Hingegen kommt eine Berücksichtigung von Freibeträgen auf das Erwerbseinkommen nach § 82 Abs. 3 SGB XII in Betracht, da diese auf die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beschränkt sind.

Das Einkommen des Klägers und seiner Partnerin überschreitet diese Einkommensgrenze durchgängig. Das gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass für 2016 ein höherer Regelbedarf galt und hypothetisch eine Mietsteigerung annimmt. Unter Berücksichtigung des höheren Regelbedarfs in 2016 und einer Miete von 700,- Euro würde die Einkommensgrenze bei 1.791,- Euro (404,- Euro x 2 + 700,- Euro + 283,- Euro) liegen. Stellt man das bereinigte Gesamteinkommen (d.h. das Nettoeinkommen des Klägers entsprechend der obigen Tabelle abzüglich 101,57 für Versicherungen und zuzüglich des Nettoeinkommens der Lebensgefährtin) der Einkommensgrenze gegenüber, so ergibt sich folgendes übersteigendes Einkommen:

Bereinigtes Gesamteinkommen Einkommens- grenze Übersteigendes Einkommen Okt 14 1.792,73 EUR 1.656,00 EUR 136,73 EUR Nov 14 1.792,73 EUR 1.656,00 EUR 136,73 EUR Dez 14 1.892,73 EUR 1.656,00 EUR 236,73 EUR Jan 15 1.794,18 EUR 1.656,00 EUR 138,18 EUR Feb 15 2.336,51 EUR 1.656,00 EUR 680,51 EUR Apr 15 2.186,16 EUR 1.656,00 EUR 530,16 EUR Mai 15 1.978,05 EUR 1.656,00 EUR 322,05 EUR Jun 15 2.428,05 EUR 1.656,00 EUR 772,05 EUR Jul 15 2.128,05 EUR 1.656,00 EUR 472,05 EUR Aug 15 2.186,16 EUR 1.656,00 EUR 530,16 EUR Sep 15 2.493,99 EUR 1.656,00 EUR 837,99 EUR Okt 15 2.158,53 EUR 1.656,00 EUR 502,53 EUR Nov 15 2.282,54 EUR 1.656,00 EUR 626,54 EUR Dez 15 2.296,28 EUR 1.656,00 EUR 640,28 EUR Jan 16 2.474,11 EUR 1.791,00 EUR 683,11 EUR Feb 16 2.760,44 EUR 1.791,00 EUR 969,44 EUR Mrz 16 2.496,75 EUR 1.791,00 EUR 705,75 EUR Apr 16 2.675,57 EUR 1.791,00 EUR 884,57 EUR Mai 16 2.580,03 EUR 1.791,00 EUR 789,03 EUR Jun 16 2.577,64 EUR 1.791,00 EUR 786,64 EUR Jul 16 2.509,06 EUR 1.791,00 EUR 718,06 EUR Aug 16 2.497,59 EUR 1.791,00 EUR 706,59 EUR Sep 16 2.493,74 EUR 1.791,00 EUR 702,74 EUR Okt 16 2.495,98 EUR 1.791,00 EUR 704,98 EUR Nov 16 2.682,05 EUR 1.791,00 EUR 891,05 EUR

Es zeigt sich, dass der Kläger und seine Lebensgefährtin insbesondere seit Februar 2015 – also bereits seit einem Jahr vor der Antragstellung bei der Beklagten – Einkommen deutlich über der Einkommensgrenze zur Verfügung hatten. Nicht erforderlich für die Annahme von Zumutbarkeit der Kostentragung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 4.4.2019 – B 8 SO 10/18 R), der sich der erkennende Senat anschließt, dass das übersteigende Einkommen eines einzelnen Monats ausreicht, um die Bestattungskosten zu decken. Die Kosten für eine Bestattung können von einem Großteil der Bevölkerung nicht in einem einzigen Monat gedeckt werden, sondern müssen oftmals etwa durch Aufnahme eines Darlehens oder durch Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Bestattungsunternehmen gestreckt werden. Geht man mit dem Bundessozialgericht (a.a.O., Rn. 31) davon aus, dass als Anhaltspunkt die Frage dient, ob die Begleichung der Kosten innerhalb eines Jahres möglich ist, so ist dies hier in Bezug auf die geltend gemachten Gesamtkosten von 2.338,93 Euro eindeutig der Fall. An dem Ergebnis ändert sich schließlich auch dann nichts, wenn man die zusätzliche Belastung des Klägers durch die finanzielle Unterstützung seiner Mutter mit monatlich 300,- Euro berücksichtigt.

c. Auch sonstige Umstände des Einzelfalls sprechen nicht gegen die Zumutbarkeit der Kostentragung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verstorbene der Vater des Klägers war, also ein besonders enges Verwandtschaftsverhältnis vorlag. Um trotz dieses engen rechtlichen Verhältnisses bei den oben dargestellten finanziellen Möglichkeiten des Klägers eine Unzumutbarkeit anzunehmen, müsste eine schwere Störung des persönlichen Verhältnisses zum Vater vorliegen. Eine solche ist nicht erkennbar. Das Verhältnis des Klägers zu seinem Vater mag aufgrund der geschilderten Probleme (Spielsucht, verschwenderischer Lebenswandel, keine Unterhaltszahlung – wobei der Kläger bei Trennung der Eltern schon 20 Jahre alt war) schlecht gewesen sein, es ist jedoch nicht vergleichbar mit den in der Rechtsprechung anerkannten Fällen von Unzumutbarkeit der Kostentragung trotz enger Verwandtschaft, wie körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch oder schwere Vernachlässigung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005, Az: 12 A 11605/04 zu § 15 BSHG; SG Hamburg, Urteil vom 25.6.2007, Az.: S 56 SO 596/05; VG Karlsruhe, Urteil vom 16.1.2007, Az.: 11 K 1326/06; SG Gotha, Gerichtsbescheid vom 12.11.2012, Az.: S 14 SO 1019/11).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Dem Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision war nicht stattzugeben, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved