L 12 SO 174/20 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 42 SO 125/20 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 174/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.05.2020 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Leistungen zur Sicherung seiner Unterkunft für die Dauer seiner Inhaftierung.

Der Antragsteller bewohnte zuletzt, zumindest zeitweise - die näheren Einzelheiten sind zwischen den Beteiligten umstritten -, einen Seefrachtcontainer. Dieser steht im Eigentum des Antragstellers und ist im Garten eines Privatgrundstücks im Stadtgebiet der Antragsgegnerin abgestellt. Für den Stellplatz verlangt der Grundstückseigentümer eine Miete von monatlich 280 Euro. Der Container ist an seinem Standort nicht an die Wasser-/Abwasserversorgung angeschlossen. Auch erfolgt keine Abfallentsorgung. Nach Einschätzung der Bauaufsicht ist eine Wohnnutzung des Containers an seinem Standort nicht genehmigungsfähig.

Der Antragsteller bezog zuletzt Arbeitslosengeld II. Zum 01.03.2020 hob das zuständige Jobcenter seine Bewilligung auf, weil die Erwerbsfähigkeit des Antragstellers weggefallen sei (Bescheid vom 16.01.2020).

Am 06.02.2020 wurde der Antragsteller in der JVA C in Untersuchungshaft genommen. Zwischenzeitlich verurteilte ihn das AG C zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten (Urteil vom 27.05.2020, 00 Ls 00 Js 00/20); die Verurteilung ist bislang nicht rechtskräftig.

Nach seiner Inhaftierung beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin Sozialhilfe zur Übernahme der Kosten seiner Wohnung wegen seiner Inhaftierung. Neben der monatlichen Miete von 280 Euro begehrte er auch die Übernahme der Kosten für eine Verlagerung seines Containers "auf ein möglichst preiswertes Grundstück" mit einer baufälligen bzw. sanierungsbedürftigen Immobilie, wo er den Container als "Unterkunft für Bauarbeiter" genehmigungsfrei bewohnen könne. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 10.03.2020). Der geltend gemachte Anspruch setze voraus, dass der Antragsteller seinen tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet der Antragsgegnerin begründe. Nach eigenen Angaben halte der Antragsteller sich aber jeweils an dem Ort auf, an dem er Arbeit finde. Auch sei der Antragsteller nicht im Gebiet der Antragsgegnerin gemeldet. Zudem sei der Container als Wohnmöglichkeit nicht erhaltenswert, weil er nur über eine "notdürftige" Stromversorgung und keinen Anschluss an das Wasser-/Abwassernetz verfüge, die Abfallentsorgung nicht den ortsüblichen Rahmenbedingungen entspreche und das Grundstück auch nicht zu Wohnzwecken zugelassen bzw. geeignet sei. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 29.05.2020).

Am 16.04.2020 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf beantragt. Er beabsichtige, seinen Ersatzwohnsitz bis zur Finanzierung eines passenden Ersatzgrundstücks wieder im Gebiet der Antragsgegnerin zu nehmen. Er habe lediglich für die Dauer von Arbeitseinsätzen Hotel- oder Pensionszimmer am Arbeitsort bewohnt, im Übrigen und auch während der Wochenenden und freien Tage in seinem Container gelebt. Der Verlust seines Hausrates und seiner persönlichen Gegenstände mit einem Wiederbeschaffungswert von min. 10.000 Euro sowie des "maßgeschneiderten" Containers mit einem Wiederbeschaffungswert von min. 90.000 Euro könne ihm nicht zugemutet werden.

Er hat sinngemäß beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten,

1. die Nutzungsentschädigung für das aktuell genutzte Grundstück von monatlich 280 Euro seit März 2020,
2. ggf. die Umzugskosten für den Transport des Containers von ca. 2000 Euro sowie
3. die Kosten für ein neues eigenes Grundstück in möglichst wirtschaftlicher Lage von maximal 10.000 Euro

als Beihilfe, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die im Hinblick auf die zu erwartende Situation bei Haftentlassung zwingend erforderliche Prognose könne bereits nicht angestellt werden, weil unklar sei, wie lange der Antragsteller noch in Haft verbleiben werde. Auch sei davon auszugehen, dass der Antragsteller sich nicht dauerhaft im Gebiet der Antragsgegnerin aufhalte; dazwischen nutze der Antragsteller den Container lediglich als Lager. Zudem könne eine Kostenübernahme nur erfolgen, wenn der Container tatsächlich und rechtlich als Wohnmöglichkeit dienen könne; Kosten für eine illegale Wohnung könnten nicht übernommen werden. Der Antragsteller habe nicht darstellen können, warum es ihm nach Beendigung seiner Haft nicht zuzumuten sei, sich eine Wohnung zu suchen. Sowohl der Container als auch die darin befindlichen Gegenstände stellten nach den Ausführungen des Antragstellers einen erheblichen Wert dar. Z.B. der Verkauf des Containers und die kostengünstigere Einlagerung der übrigen Gegenstände kämen vor diesem Hintergrund als Selbsthilfemöglichkeit in Betracht.

Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt (Beschluss vom 12.05.2020). Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund ausreichend glaubhaft machen können. Die beanspruchten Kosten seien bereits nicht angemessen, weil unklar sei, ob der Antragsteller zeitnah aus der Haft entlassen werde. Selbst wenn dies der Fall wäre, schiede ein Anspruch aber aus, weil der Container nicht zu Wohnzwecke zugelassen und daher als Wohnmöglichkeit nicht erhaltenswert sei; ein rechtswidriger Zustand könne nicht über staatlichen Leistungsbezug finanziert werden. Zudem drohe dem Antragsteller keine Obdachlosigkeit. Er selbst sei derzeit ohne konkreten Entlassungstermin in der JVA C untergebracht. Sein Container stehe nach wie vor auf seinem bisherigen Stellplatz; eine Kündigung oder auch nur Mahnungen seitens des Vermieters seien nicht bekannt. Über die geltend gemachten Umzugskosten könne erst entschieden werde, wenn ein Umzug bevorstehe. Vorliegend habe der Antragsteller aber noch gar keine Wohnung in Aussicht, in die er umziehen könnte. Die Übernahme der Kosten für den Kauf eines Grundstücks sei ausgeschlossen; der Sozialleistungsbezug könne niemals die Anschaffung eines Grundstücks im Sinne einer Vermögensmehrung zum Inhalt haben.

Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des SG am 20.05.2020 Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. Eine Zulassung des Containers zu Wohnzwecken dürfte "mit entsprechendem Aufwand" sowohl am aktuellen, "jedenfalls" aber am zukünftigen Standort möglich sein. Eine Reduzierung seiner Haftstrafe um bis zu 50 % sei durchaus im Bereich des Möglichen; jedenfalls aber habe er bis zur Rechtskraft des Strafurteils als unschuldig zu gelten. Zudem bestehe neben der Wohnraum- auch die Verpflichtung zur Vermögenssicherung.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des SG Düsseldorf vom 12.05.2020 zu ändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten,

1. die Nutzungsentschädigung für das aktuelle fremde Grundstück von monatlich 280 Euro seit März 2020,
2. ggf. die Umzugskosten für den Transport des Containers von ca. 2000 Euro sowie
3. die Kosten (Kaufpreis/Anzahlung für Kauf oder lebenslange Rechte) für ein neues eigenes Grundstück in möglichst wirtschaftlicher Lage (bundes-, ggf. EU-weit) von maximal 10.000 Euro

als Beihilfe, hilfsweise als Darlehen, zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss. Die Sache sei weiterhin nicht eilbedürftig. Dem Antragsteller drohe keine Obdachlosigkeit. Eine Haftentlassung sei nicht absehbar. Auch stehe der Container nach wie vor auf dem Grundstück und eine Kündigung oder auch nur Mahnung des Vermieters sei nicht nachgewiesen. Soweit der Antragsteller einen Umzug anstrebe, bestehe bereits deshalb keine Eilbedürftigkeit, weil überhaupt kein konkretes Grundstück zur Verfügung stehe. Auch sei der Container als Wohnraum nicht erhaltenswert; ein Anspruch auf Erhalt einer rechtswidrigen Wohnmöglichkeit bestehe nicht.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen, § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO). Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung: BSG Urteil vom 17.04.2013, B 9 V 1/12 R, und Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, jeweils juris).

Die mit einer einstweiligen Anordnung auf die Durchführung einer Maßnahme in der Regel zugleich verbundene Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache erfordert darüber hinaus erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes, da der einstweilige Rechtsschutz trotz des berechtigten Interesses des Rechtsuchenden an unaufschiebbaren gerichtlichen Entscheidungen nicht zu einer Vorverlagerung der Entscheidung in das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes führen soll. Erforderlich ist mithin das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht. Eine solche besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist nur zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung seiner Rechte droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG Beschluss vom 16.05.1995, 1 BvR 1087/91, juris Rn. 28).

Vorliegend ist bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere besteht kein Anspruch auf entsprechende Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gem. §§ 67 S. 1, 68 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII).

Danach sind Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, Leistungen zur Überwindung dieser Schwierigkeiten zu erbringen, wenn sie aus eigener Kraft hierzu nicht fähig sind. Besondere Lebensverhältnisse bestehen nach § 1 Abs. 2 S. 1 der aufgrund § 69 SGB XII erlassenen Verordnung zur Durchführung der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten u.a. bei Entlassung aus einer geschlossenen Einrichtung oder bei vergleichbaren nachteiligen Umständen. Soziale Schwierigkeiten liegen nach § 1 Abs. 3 der Verordnung vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich eingeschränkt ist, insbesondere im Zusammenhang u.a. mit Straffälligkeit. Nach allem gehört der drohende Wohnungsverlust nach der Haftentlassung im Grundsatz zu den besonderen Lebensumständen mit sozialen Schwierigkeiten im Gesetzessinne (BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 24/12 R, juris Rn. 17). Zwar besteht vorliegend die von § 67 SGB XII erfasste Bedarfslage - die sozialen Schwierigkeiten bei Haftentlassung - nicht schon im Zeitpunkt der beantragten Leistung, sondern erst zukünftig; vorbeugende Sozialhilfeleistungen zum Erhalt der Wohnung für die Zeit nach der Haftentlassung können aber nach § 15 SGB XII beansprucht werden (BSG a.a.O. Rn. 18). Erforderlich ist hierzu eine Prognose im Hinblick auf die bei Haftentlassung zu erwartende Situation. Dabei ist eine Abgrenzung der Fallgruppen voneinander in zeitlicher Hinsicht vorgegeben: Je näher die Haftentlassung bevorsteht, desto konkreter kann sich die Notwendigkeit von Geldleistungen anstelle sonstiger Hilfen ergeben. Umgekehrt kann eine ausreichend sichere Prognose dann nicht erstellt werden, wenn die Umstände nach Haftentlastung schon wegen der noch bevorstehenden Haftdauer noch nicht eingeschätzt werden können. (BSG a.a.O. Rn. 19; zum Ganzen auch LSG NRW Beschluss vom 14.01.2015, L 20 SO 503/14 B ER, juris Rn. 24 ff.; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 67 Rn. 24).

Eine solche Prognose ist vorliegend nicht zu Gunsten des Antragstellers möglich, weil nicht absehbar ist, wann der Antragsteller voraussichtlich aus der Haft entlassen wird. Das AG C hat den Antragsteller zwischenzeitlich zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Diese Verurteilung ist zwar noch nicht rechtskräftig, ob die Strafe im Berufungsverfahren aber tatsächlich reduziert wird, ist nicht absehbar. Ebenso wenig ist absehbar, ob dem Antragsteller die von ihm als möglich behaupteten Vollzugslockerungen ggf. tatsächlich gewährt werden. Die vom Antragsteller darüber hinaus als möglich behauptete Strafaussetzung zur Bewährung erscheint jedenfalls ausgehend von der amtsgerichtlichen Verurteilung und angesichts der Regelung des § 56 Abs. 1 S. 1 Strafgesetzbuch eher fernliegend zu sein. Zusätzlich erschwert wird die notwendige Prognose durch den Umstand, dass die Nutzung des Containers zu Wohnzwecken jedenfalls an seinem derzeitigen Standort rechtswidrig ist. Dabei kann dahinstehen, inwieweit Leistungen zur Erhaltung des Containers bereits allein aus diesem Grund ausscheiden (zur ordnungswidrigen Nutzung eines Wohnmobils vgl. aber BSG Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 79/09 R, juris Rn. 10). Jedenfalls aber kann nicht ausgeschlossen werden, dass die zuständigen Ordnungsbehörden in der Zwischenzeit Maßnahmen zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands ergreifen.

Soweit der Antragsteller über die Übernahme der monatlichen Miete von 280 Euro hinaus die Übernahme auch von Kosten für den Transport des Containers sowie den Erwerb eines anderen Grundstücks begehrt, geht es ohnehin nicht um den Erhalt der derzeitigen Unterkunft.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, soweit der Antragsteller geltend macht, es bestehe eine Verpflichtung nicht nur zur Sicherung einer Unterkunft, sondern auch zur Sicherung seines Eigentums. Die Übernahme der Kosten für die Einlagerung von Hausrat während einer Inhaftierung mag zwar grundsätzlich ebenfalls als Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in Betracht kommen (vgl. LSG NRW Urteil vom 12.05.2011, L 9 SO 105/10, juris Rn. 38; Wehrhahn a.a.O. § 68 Rn. 34; s. auch Niedersächsisches OVG Beschluss vom 04.12.2000, 4 M 3681/00, juris Rn. 11, wonach allerdings die Hilfe zum Lebensunterhalt einschlägig sei). Insoweit gelten aber dieselben Anspruchsvoraussetzungen wie für die Sicherung der Unterkunft als solcher, d.h. auch insoweit ist eine Prognose anzustellen. Diese Prognose ist aus den oben ausgeführten Gründen in Bezug auf die Einlagerung des Eigentums des Antragstellers aber auch hier nicht möglich. Denn wie der Antragsteller selbst anführt, hängt die Angemessenheit etwaiger Einlagerungskosten nicht zuletzt davon ab, inwieweit ein Verbleib des Containers samt Hausrat an seinem derzeitigen Standort möglich und ggf. kostengünstiger ist, als die Unterbringung in einem Lagerhaus. Beide Prognoseentscheidungen sind insoweit miteinander verknüpft.

Ein Anspruch auf Übernahme von Mietschulden aus § 36 Abs. 1 SGB XII (ggf. i.V.m. § 42a Abs. 1 SGB XII) scheidet schon deshalb aus, weil es sich bei den vom Antragsteller geltend gemachten Kosten nicht um Schulden i.S.d. Vorschrift handelt.

Dies gilt zunächst mit Blick auf die Miete von monatlich 280 Euro. Die Abgrenzung von Schulden zu laufenden Leistungen nach § 35 SGB XII ist danach vorzunehmen, ob es sich um einen tatsächlich eingetretenen, im Zeitpunkt der Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe (vgl. § 18 Abs. 1 SGB XII) von der Notwendigkeit der weitergehenden Sicherung der Unterkunft in der Vergangenheit liegenden und bisher noch nicht vom Sozialhilfeträger gedeckten Bedarf handelt (BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 24/12 R, juris Rn. 21; zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende vgl. auch BSG Urteil vom 12.12.2019, B 14 AS 26/18 R, juris Rn. 19 m.w.N.). Nach dieser Abgrenzung handelt es sich bei den vom Antragsteller geltend gemachten Kosten - wenn überhaupt - um laufende Bedarfe für Unterkunft und Heizung (dazu sogleich). Nach seinem eigenen Vorbringen ist der Antragsteller nämlich erst seit März 2020 gegenüber seinem Vermieter zahlungsfällig geblieben. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat er aber - noch vor seinem ausdrücklich auf die Übernahme der Wohnungskosten wegen seiner Inhaftierung gestellten Antrag - bereits am 24.01.2010 bei der Antragsgegnerin vorgesprochen und Sozialhilfe beantragt. Die Mietzahlungen ab März 2020 sind mithin von diesem Antrag bzw. der hierdurch vermittelten Kenntnis (§ 18 Abs. 1 SGB XII) erfasst.

Soweit die vom Antragsteller geltend gemachten Kosten den Transport des Containers zu einem möglichen neuen Stellplatz sowie den Erwerb eines solchen betreffen, bietet § 36 Abs. 1 SGB XII ebenfalls keine Rechtsgrundlage. Insoweit schuldet der Antragsteller niemandem etwas, weil er noch keinerlei entsprechende Verbindlichkeiten eingegangen ist.

Ebenso scheidet ein Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten nach § 35 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 5 SGB XII (ggf. i.V.m. § 42a Abs. 1 SGB XII) aus.

Dies gilt zunächst für die monatlichen Zahlungen von 280 Euro. Die Übernahme von laufenden Bedarfen für Unterkunft und Heizung kommt nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII nur für eine Wohnung in Betracht, die den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf deckt (BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 24/12 R, juris Rn. 20; dazu auch Löcken in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 36 Rn. 28). Vorliegend ist der Antragsteller noch auf unbestimmte Zeit inhaftiert und nutzt seinen Container daher aktuell nicht als Unterkunft. Dass die Wohnnutzung des Containers nach Einschätzung der Bauaufsicht der Antragsgegnerin obendrein illegal wäre, mag in diesem Zusammenhang letztlich dahinstehen. Soweit der Antragsteller die Übernahme von Kosten für den künftigen Erwerb eines eigenen Grundstücks beansprucht, scheitert ein Anspruch überdies daran, dass die Leistungen der Sozialhilfe jedenfalls grundsätzlich nicht der Vermögensbildung dienen (Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Auflage 2018, § 35 Rn. 47; zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vgl. BSG Urteil vom 03.12.2015, B 4 AS 49/14 R, juris Rn. 19 m.w.N.). Zudem ist auch hier zu berücksichtigen, dass ein bestimmtes Grundstück noch gar nicht im Raum steht und damit auch noch gar kein entsprechender Bedarf anfällt.

Die geltend gemachten Kosten für einen Transport des Containers können auch nicht nach § 35 Abs. 2 S. 5 Hs. 1 SGB XII als Umzugskosten übernommen werden. Denn derartige Kosten fallen derzeit tatsächlich gar nicht an, weil schon gar kein Grundstück konkret im Raum steht, zu dem der Antragsteller "umziehen" könnte. Aus demselben Grund scheidet auch ein Anspruch auf bloße Zustimmung zum Umzug aus. Ein Anspruch auf eine Zustimmung nach § 35 Abs. 2 S. 6 SGB XII besteht erst dann, wenn der Gegenstand der Zustimmung und der zugrunde liegende Sachverhalt bereits im Zeitpunkt der behördlichen Erklärung hinreichend konkretisiert sind (BSG Urteil vom 17.12.2014, B 8 SO 15/13 R, juris Rn. 10, 12); für einen Anspruch auf Übernahme der Kosten selbst kann nichts anderes gelten.

Aus den vorstehend ausgeführten Gründen bedarf es zumindest für die Zwecke des Eilverfahrens keiner weiteren Abklärung, ob es sich bei Leistungen, wie sie vorliegend im Streit stehen, um solche i.S.d. § 98 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 SGB XII handelt (so wohl BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 24/12 R, juris Rn. 14; a.A. etwa Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Aug. 2019, § 98 Rn. 46) und eine örtliche Zuständigkeit der Antragsgegnerin damit überhaupt infrage kommt. Zugleich erübrigt sich die Frage, ob der Antragsteller vor seiner Inhaftierung seinen gewöhnlichen Aufenthalt tatsächlich im Gebiet der Antragsgegnerin hatte. Ebenso können Beiladungen unterbleiben (dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 16).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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