L 6 AS 565/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 2 AS 498/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 565/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 AS 81/20 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 8. August 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), konkret über die Berücksichtigung von Fahrtkosten im Zusammenhang mit ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlungen im Zeitraum von April bis Juli 2015 als Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II.

Der im Jahre 1998 geborene Kläger bezieht seit längerem Arbeitslosengeld II von dem Beklagten. Konkret bewilligte ihm dieser, soweit für den hiesigen Rechtsstreit von Bedeutung, auf einen im Januar 2015 gestellten Fortzahlungsantrag mit Bescheid vom 28. Januar 2015 zunächst vorläufig und sodann mit Bescheid vom 9. Februar 2015 endgültig entsprechende Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 in Höhe von 776,88 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte er den Regelbedarf in Höhe von 399,00 Euro sowie Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 377,88 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 9. Februar 2015 (Leistungsakte des Beklagten – im Folgenden: LA – Bl. 541 ff.) verwiesen.

Während dieses Bewilligungszeitraums stellte der Kläger, der schon damals in A-Stadt wohnte, mit Eingang beim Beklagten am 11. Juni 2015 einen Antrag auf Übernahme von Fahrtkosten zu ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlungen. Dazu legte er eine Aufstellung über Fahrten zu Hr. Dr. C., C-Stadt, Fr. Dipl.-Psych. D., C-Stadt, Hr. Dr. E., E Stadt, und zum Universitätsklinikum Marburg im Zeitraum vom 1. April 2015 bis zum 12. Juni 2015 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf LA Bl. 571 ff. verwiesen.

In der Folgezeit bewilligte der Beklagte zunächst auf Weiterbewilligungsantrag vom 1. Juli 2015 durch Bescheid vom 24. Juli 2015 Leistungen für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Juli 2016 in unveränderter Höhe. Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch nicht eingelegt.

Sodann lehnte der Beklagte den wegen der Fahrtkosten gestellten Antrag mit Bescheid vom 29. Juli 2015 ab. Die beantragte Sonderleistung sei durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt und stelle keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts dar. Für zusätzlich entstehende Fahrtkosten solle sich der Kläger an seine Krankenkasse wenden.

Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit am gleichen Tag abgesandten Widerspruchsbescheid vom 20. August 2015 zurück.

Der Kläger hat daraufhin am 21. September 2015 Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er sei seit Februar 2015 arbeitsunfähig erkrankt und es seien deswegen regelmäßig Fahrten nach Marburg und C-Stadt erforderlich gewesen. Seine Krankenkasse habe mit Bescheid vom 8. August 2015 die Kostenübernahme für Fahrten zur ambulanten Behandlung abgelehnt. Dagegen sei kein Widerspruch eingelegt worden. Er müsse seinen behandelnden Arzt Dr. C. einmal monatlich in C-Stadt aufsuchen. Frau D. müsse er auch regelmäßig aufsuchen, was im Zusammenhang mit der Klinik in Marburg stattfinde, wo ebenfalls mehrfach monatlich Termine anfielen. Hierzu hat er eine zeitlich ergänzte Übersicht der seit April 2015 durchgeführten Fahrten zu Ärzten sowie zum Universitätsklinikum Marburg vorgelegt; insoweit wird auf Bl. 30 ff. der Gerichtsakte – im Folgenden: GA – verwiesen.

Die hiermit verbundenen Aufwendungen führten zu einer übermäßigen Belastung, die nicht vom Regelbedarf gedeckt sei. Die Krankenkasse habe diese Kosten nach den Regelungen des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) nicht zu übernehmen. Hierfür seien vielmehr die Grundsicherungsträger zuständig (Hinweis auf: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 6/13 R –, BSGE 115, 77). Aus dem Regelbedarf könnten die Aufwendungen nicht gedeckt werden: Hier seien nur 22,78 Euro monatlich für Verkehr vorgesehen; er, der Kläger, müsse allein aufgrund der Arztbesuche schon mehr Geld ausgeben; zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass er weitere Bedarfe aus dem Bereich Verkehr habe (etwa für Fahrten zum Einkaufen).

Das Sozialgericht hat unter anderem bei Hr. Dr. C., Fr. Dipl.-Psych. D. und dem Universitätsklinikum Marburg Befundberichte angefordert; auf die Berichte (Bl. 36-64, 69-69c, 73, 80-81, 87 GA) wird Bezug genommen.

Das Sozialgericht hat sodann – unter Zulassung der Berufung – die Klage durch Urteil vom 8. August 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bei den Regel- und Mehrbedarfen handele es sich um miteinander verbundene Ansprüche, so dass die Mehrbedarfe auch prozessual keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen könnten (Hinweis auf: BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 153/11 R –, juris). Streitgegenstand sei daher nicht allein eine Leistung für einen Mehrbedarf, sondern vielmehr die "Regelleistung" für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis 31. Juli 2015 insgesamt. Dagegen stellten die Leistungen nach § 22 SGB II einen abtrennbaren Streitgegenstand dar, den die Kammer nicht überprüfen müsse, da diese hier unzweifelhaft nicht im Streit stünden (Hinweis auf: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R –, juris).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Leistungsantrag jeweils so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen komme. Als beantragt seien alle Leistungen anzusehen, die ernsthaft in Betracht kämen. Mit dem Antrag werde ein Hilfebedarf geltend gemacht, der alle Leistungen umfasse, die der Sicherung des Lebensunterhaltes dienten. Auch bei Mehrbedarfen handele es sich um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Daher stelle sich der vorliegende Antrag des Klägers bei dem Beklagten als Antrag nach § 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) in Verbindung mit § 40 Abs. 1 SGB II auf Überprüfung der Höhe der Bedarfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar (Hinweis auf: BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – B 14 AS 3/09 R –, juris Rn. 14, 16; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. März 2015 – L 6 AS 1926/14 –, juris Rn. 16). Die späteren Zeiträume ab dem 1. August 2015 seien nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens, da insoweit die jeweiligen Bewilligungsbescheide gesondert angegriffen werden müssten.

Die Kammer habe von einer Beiladung der zuständigen Krankenversicherung des Klägers abgesehen, da diese mit bestandskräftigem Bescheid vom 8. August 2015 die Kostenübernahme abgelehnt habe, so dass der Kläger aufgrund der eingetretenen Bestandskraft (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) auch bei einer Beiladung gemäß § 75 Abs. 1, Abs. 2 SGG im Gerichtsverfahren keinen Anspruch gegenüber der Krankenkasse durchsetzen könnte (Hinweis auf: B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG - Kommentar, 12. Auflage 2017, § 75 Rn. 18b).

Der Bescheid des Beklagten vom 9. Februar 2015 in der Gestalt des Bescheides vom 29. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 21 Abs. 6 SGB II (in der Fassung vom 13. Mai 2011) werde bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf bestehe. Bei dem Kläger liege ein laufender Bedarf vor, da er mehrfach im Monat und dementsprechend auch im Bewilligungsabschnitt seine Ärzte aufsuche. Als Grundlage für den Bedarf komme daher wenn überhaupt – § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht und nicht § 24 SGB II, da dieser in der Regel auf einmalige Bedarfslagen ausgerichtet sei.

Der Bedarf des Klägers sei jedoch nicht unabweisbar im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II. Bei der Unabweisbarkeit handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Es handele sich um einen unaufschiebbaren Bedarf, dessen Deckung erforderlich sei, um im konkreten Einzelfall das menschenwürdige, sozio-kulturelle Existenzminimum sicherzustellen. § 21 Abs. 6 SGB II werde auch als "Härtefallregelung" bezeichnet. Das sozialrechtlich zu gewährende menschenwürdige Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG umfasse dabei auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung (Hinweis auf: BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. –, BVerfGE 125, 175, 223; BSG, Urteil vom 22. April 2008 – B 1 KR 10/07 R –, juris; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 108/10 R –, juris; BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 R –, juris Rn. 23).

Nach § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II sei der Mehrbedarf unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt sei und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche. Die Kammer berücksichtige die vom Kläger übersandte Auflistung der erfolgten Fahrten im streitgegenständlichen Zeitraum. Es ergäben sich daraus insgesamt 641 gefahrene Kilometer für den Zeitraum von April 2015 bis einschließlich Juli 2015. Ein besonderer unabweisbarer Bedarf könne gemäß § 21 Abs. 6 SGB II jedenfalls nur entstehen, soweit der im Regelsatz pauschal veranschlagte Anteil übertroffen werde (Hinweis auf: von Boetticher, in: LPK-SGB II, 6. Auflage 2017, § 21 Rn. 39 m.w.Nw.). Dabei sei die Kammer der Ansicht, dass neben dem Regelbedarfsanteil für Gesundheitspflege auch der Regelbedarfsanteil für Verkehr grundsätzlich einzusetzen sei, da in dieser Höhe eben kein unabweisbarer Bedarf gegeben sei. Der Regelsatz sei gemäß § 20 Abs. 1 Satz 4 SGB II eigenverantwortlich individuell einzusetzen und die Leistungsbezieher seien insoweit frei, aber auch gehalten, je nach individuellem Bedarf innerhalb des Regelsatzes Ausgabenpositionen zu verschieben (Hinweis auf: SG Dresden, Urteil vom 12. Dezember 2016 – S 3 AS 5728/14 –, juris Rn. 57). Dies sei bis zu einem gewissen Grad möglich.

Vorliegend würden die entstehenden Kosten bereits durch die Anteile für Gesundheitspflege und Verkehr erfasst. § 5 Abs. 1 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG) enthalte für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben für Gesundheitspflege einen Betrag von 15,55 Euro und für Verkehr einen Betrag von 22,78 Euro. Unter Berücksichtigung der Fortschreibung der Regelbedarfe bestünden ab dem 1. Januar 2015 folgende Regelbedarfsanteile für einen Ein-Personen-Haushalt: für Gesundheitspflege 17,15 Euro und für Verkehr 25,12 Euro. Lege man bei dem Kläger die selbst ermittelte Fahrtstrecke von insgesamt 641 Kilometern zugrunde, ergebe sich nach Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz (BRKG) kein unabweisbarer Bedarf: Wenn man eine Pauschale von 0,20 Euro pro gefahrenem Kilometer berücksichtige (für die Anwendung des § 5 BRKG im Zusammenhang mit geltend gemachten Fahrtkosten im SGB II Hinweis auf: BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 30/13 R –, juris Rn. 28 f.), errechne sich für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Betrag von insgesamt 128,20 Euro. Wenn dieser Betrag auf den Bewilligungsabschnitt von sechs Monaten aufgeteilt werde, fielen monatlich durchschnittlich 21,37 Euro Fahrtkosten an. Für Gesundheitspflege und Verkehr seien als Anteil im Regelbedarf insgesamt 42,27 Euro monatlich berücksichtigt. Da dieser Betrag nicht überschritten werde, sehe das Gericht keinen unabweisbaren Bedarf, der eine Fahrtkostenerstattung nach § 21 Abs. 6 SGB II oder auf einer anderen Grundlage des Sozialgesetzbuches Zweites Buch begründe.

Der Kläger hat – nach Zustellung des Urteils am 24. Oktober 2017 – mit Eingang am 24. November 2017 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.

Darüber hinaus hat er insbesondere vorgetragen, es sei nicht verständlich und vom Sozialgericht auch nicht näher dargelegt, weshalb für den Entfernungskilometer – also einfache Strecke – von 0,20 Euro auszugehen sei. Insbesondere reiche insoweit ein Verweis auf eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3b Arbeitslosengeld ll-Verordnung nicht aus. Der zu fordernde "besondere Bedarf" ergebe sich vorliegend aus dem Umstand, dass der statistisch ermittelte Bedarf an Fahrtkosten (Verkehr), der Anteile für Fahrten zum Einkaufen, zu Behörden, zu kulturellen Veranstaltungen und auch zu Ärzten und so weiter enthalte, in seinem Fall nicht einmal für die Fahrtkosten zu Ärzten ausgereicht habe. Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, dass und inwieweit diese Kosten durch anderweitige Einsparungen kompensiert werden könnten. Insbesondere dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die anzusetzenden Kilometerkosten für das eingesetzte Kraftfahrzeug nicht die Anschaffungs- beziehungsweise Wiederbeschaffungskosten enthielten. Dabei sei der Kläger angesichts seines Wohnorts schon im Hinblick auf Arztbesuche auf ein Kraftfahrzeug angewiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 8. August 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung von dessen Bescheid vom 29. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 zu verpflichten, den Bescheid vom 9. Februar 2015 abzuändern, sowie den Beklagten zu verurteilen, ihm höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Bewilligungszeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Juli 2015, insbesondere unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Zweites Buch wegen seiner Aufwendungen für Fahrten zu Ärzten, zu seiner Psychotherapeutin und zum Universitätsklinikum in Marburg in der Zeit ab 1. April 2015, zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und seine Bescheide.

Der Berichterstatter hat am 29. Mai 2019 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. In diesem Rahmen haben sich beide mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der Einzelheiten wird auf GA Bl. 187 ff. Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte auf der Grundlage von § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem beide Beteiligte im Rahmen des Erörterungstermins vom 29. Mai 2019 ihre Zustimmung zu einem entsprechenden Vorgehen erklärt haben. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, namentlich unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen seiner Aufwendungen für Fahrten zu Ärzten, zu seiner Psychotherapeutin und zum Universitätsklinikum Marburg, jedenfalls für den streitigen Leistungszeitraum nicht zu; der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 29. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden; eine Änderung der Leistungsbewilligung aus dem Bescheid vom 9. Februar 2015 war nicht veranlasst.

I. Das Sozialgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass Gegenstand des Verfahrens Ansprüche auf höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts insgesamt – unter Ausschluss (nur) der Leistungen für Unterkunft und Heizung – sind. Leistungen wegen des Regelbedarfs und des im Zentrum der Auseinandersetzung stehenden Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II sowie wegen sonstiger Mehrbedarfe lassen sich nicht in eigenständige prozessuale Ansprüche aufspalten, so dass diese bei einer an den Interessen des Klägers orientierten Auslegung seines Begehrens insgesamt zur gerichtliche Prüfung stehen; insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Sozialgericht ist vor diesem Hintergrund weiter zu Recht davon ausgegangen, dass ein Antrag eines Leistungsberechtigten auf Berücksichtigung weiterer Bedarfe, der während eines laufenden Bewilligungszeitraums gestellt wird, für den eine bindende Leistungsbewilligung bereits vorliegt, sich als Antrag auf Abänderung dieser Bewilligung oder je nach zeitlicher Erstreckung des geltend gemachten Bedarfs zudem als Antrag auf Überprüfung früherer Bescheide – darstellt (vgl. BSG, Urt. v. 6. Mai 2010 – B 14 AS 3/09 R –, SozR 4-4200 § 28 Nr. 3; BSG, Urt. 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R –, SozR 4-4200 § 21 Nr. 10; BSG, Urt. v. 14.02.2013 – B 14 AS 48/12 R –, SozR 4-4200 § 21 Nr. 15; Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 19 Rn. 75 [Stand: 01/12]). Zutreffende Klageart im gerichtlichen Verfahren ist dementsprechend die Kombination einer Anfechtungsklage, gerichtet auf die Aufhebung des die Änderung ablehnenden Bescheides – konkret vom 29. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 –, einer Verpflichtungsklage, gerichtet auf die Abänderung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides – hier vom 9. Februar 2015 –, und schließlich einer Leistungsklage, gerichtet auf die Erbringung zusätzlicher Leistungen unter Berücksichtigung namentlich des im Kern streitigen Bedarfs, gegebenenfalls aber auch sonstiger zu Gunsten des Klägers wirkender Berechnungselemente. Verfahrensrechtliche Grundlage sind § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 SGG. Soweit der erstinstanzlich in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll genommene Antrag sich seinem Wortlaut nach auch hinsichtlich der Leistungserbringung als Verpflichtungsantrag liest, hält der Senat eine an den erkennbaren Interessen des Klägers orientierte Umdeutung ohne Weiteres für möglich, umso mehr als auch das Sozialgericht ausweislich der Entscheidungsgründe von einer objektiven Klagehäufung von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ausgegangen ist.

Ergänzend kann daher auch zu diesem Zusammenhang weitgehend auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen werden; allerdings dürfte die verwaltungsverfahrensrechtlich maßgebliche Vorschrift für die verlangte Korrektur des ursprünglichen Bewilligungsbescheides § 48 SGB X und nicht, wie vom Sozialgericht angenommen, § 44 SGB X gewesen sein: Die Fahrten, wegen derer der Kläger einen Mehrbedarf geltend macht, haben am 1. April 2015 begonnen; vor diesem Hintergrund kommt angesichts der monatsweisen Berechnung des Arbeitslosengeldes II (vgl. § 41 Abs. 1 SGB II) die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs ebenfalls erst ab April 2015 in Betracht. Bezogen auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2015 macht der Kläger also eine nachträgliche wesentliche Änderung der für die Bewilligung maßgeblichen Umstände im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X (i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 SGB II und § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung – [SGB III]), nicht aber eine Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides von Anfang an im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB X (i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SGB X) geltend.

Dies ändert allerdings weder etwas an der Statthaftigkeit der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungsklage und Leistungsklage noch daran, dass der Beklagte den auf den 18. Mai 2015 datierten und am 11. Juni 2015 bei ihm eigegangenen Antrag des Klägers als Abänderungsantrag zu dem Bewilligungsbescheid vom 9. Februar 2015 auszulegen hatte, da dieser den Zeitraum, für den der Kläger ausweislich der von ihm mit dem Antrag vorgelegten Liste von Fahrten zu Ärzten und Krankenhäusern zusätzliche Leistungen begehrte, bereits bindend regelte; der streitige Ablehnungsbescheid ist vor diesem Hintergrund als Ablehnung dieses Änderungsbegehrens und damit bezogen auf den bis 31. Juli 2015 dauernden Leistungszeitraum zu verstehen. Nachfolgende Bewilligungszeiträume konnten, wovon das Sozialgericht wiederum zutreffend ausgegangen ist, nicht in zulässiger Weise zum Gegenstand des Verfahrens werden (vgl. bereits BSG, Urt. v. 7. November 2006 – B 7b AS 14/06 R –, BSGE 97, 242; Düring, in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: 03/19, § 19 Rn. 26). Gleiches gilt für die Leistungen auf Bedarfe für Unterkunft und Heizung: Auch insoweit ist das Sozialgericht zu Recht davon ausgegangen, dass diese nicht Gegenstand seiner Entscheidung seien, so dass entsprechende Ansprüche im Berufungsverfahren nicht angefallen sind (zu der auch nach den Rechtsänderungen aus dem Jahr 2011 fortbestehenden Möglichkeit, den Streitstoff entsprechend zu begrenzen, vgl. nur BSG, Urt. v. 6. August 2014 – B 4 AS 55/13 R –, BSGE 116, 254 [Rn. 12]).

II. Die Berufung ist angesichts der ausdrücklichen Berufungszulassung durch das Sozialgericht ohne Weiteres statthaft (vgl. § 143 Abs. 3 SGG) und auch im Übrigen zulässig, namentlich frist- und formgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG).

Die Beiladung weiterer Sozialleistungsträger war nicht erforderlich: Wegen der – auf Grund des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides vom 8. August 2015 nicht gebotenen – Beiladung der DAK Gesundheit, also der gesetzlichen Krankenversicherung des Klägers, kann wiederum auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen werden.

Weiter war auch der zuständige Sozialhilfeträger nicht beizuladen: Zwar erscheint es angesichts seiner Erkrankungen nicht als selbstverständlich, dass der Kläger im streitigen Zeitraum erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 SGB II war, so dass im Ausgangspunkt durchaus ein alternativer, gegen den Sozialhilfeträger gerichteter Anspruch in Betracht zu kommen scheint. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II nicht nur eingreift, wenn tatsächlich bereits ein Dissens zwischen den zuständigen Leistungsträgern über die Frage der Erwerbsfähigkeit entstanden ist, sondern weitergehend dahin zu verstehen ist, dass der Leistungsberechtigte bereits im Vorfeld so zu stellen ist, als wäre er erwerbsfähig; nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, die der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ähnelt, darf das Jobcenter fehlende Erwerbsfähigkeit nicht annehmen, ohne den zuständigen Sozialhilfeträger eingeschaltet zu haben (vgl. BSG, Urt. v. 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R –, BSGE 97, 231 [Rn. 20]; BSG, Urt. v. 2. April 2014 – B 4 AS 26/13 R –, BSGE 115, 210 [Rn. 49]). Daher steht die Leistungsberechtigung des Klägers nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch wegen einer möglichen Erwerbsminderung nicht in Frage, so dass im Gegenzug ein Anspruch auf Sozialhilfe und daher eine Beiladung des hierfür zuständigen Leistungsträgers nicht in Betracht kommen.

III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das klagabweisende Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden.

1. Das Sozialgericht ist zunächst zutreffend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen, namentlich war diese fristgerecht erhoben.

Ein Zugangsbeleg für den Widerspruchsbescheid findet sich nicht bei den Akten. Das Aktenexemplar trägt einen Absendevermerk vom 20. August 2015. Unter diesen Umständen ist auf Grundlage von § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X – zu Gunsten des Klägers unwiderleglich (vgl. nur BSG, Urt. v. 6. Mai 2010 – B 14 AS 12/09 R –, SozR 4-1300 § 37 Nr. 1 Rn. 10) – von einem Zugang drei Tage nach Absendung auszugehen, so dass die am 21. September 2015 eingegangene Klage die einmonatige Klagefrist (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) unproblematisch wahrte.

Sonstige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit bestehen nicht.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen, die über die vom Beklagten mit Bescheid vom 9. Februar 2015 bewilligten hinausgehen, so dass dieser den diesbezüglichen Abänderungsantrag mit dem streitigen Bescheid vom 29. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2015 zu Recht abgelehnt hat.

Dabei könnte letztlich sogar offenbleiben, ob dem Kläger ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II im streitigen Zeitraum dem Grunde nach zustand. Abgesehen von den Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 SGB II, die einem Anspruch aber, wie bereits ausgeführt, auf Grund der Regelung aus § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II nicht entgegenstehen, sieht der Senat diesbezüglich allerdings auch keinen Anlass für Bedenken.

Der Höhe nach kann der Kläger jedoch weitere Ansprüche nicht geltend machen. Dabei kann wegen des Prüfungsumfangs zunächst einmal mehr auf die zutreffenden Gründe des Sozialgerichts Bezug genommen werden.

Der Beklagte hat den dem Kläger zustehenden Regelbedarf für Alleinstehende (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II) in der im streitigen Zeitraum maßgeblichen Höhe von 399,- Euro monatlich berücksichtigt (vgl. die Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2015 vom 15. Oktober 2014, BGBl. I S. 1620). Abgesehen von dem zwischen den Beteiligten zentral streitigen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II wegen der Fahrtkosten macht der Kläger für den streitigen Zeitraum keine weiteren unberücksichtigten Bedarfe geltend; solche sind auch sonst nicht zu erkennen.

Auch die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II liegen nicht vor. Nach dessen Satz 1 ist, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ein Mehrbedarf anzuerkennen, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II).

Die Härtefallregelung, die der Gesetzgeber damit in Umsetzung des Regelungsauftrags des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urt. v. 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. –, BVerfGE 125, 175) geschaffen hat, greift ein, wenn ein Bedarf entweder nicht vom Regelbedarf abgedeckt oder er zwar seiner Art nach berücksichtigt wird, in Sondersituationen aber ein höherer, überdurchschnittlicher Bedarf auftritt (Düring, in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand: März 2019, § 21 SGB II Rn. 43). Nach den Gesetzesmaterialien ist es den Hilfebedürftigen dabei zumutbar, einen höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen auszugleichen (vgl. BT-Drs. 17/1465 S. 6); diese Überlegungen haben im Wortlaut durch den Verweis auf Einsparmöglichkeiten auch ihren Niederschlag gefunden. Auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geht dementsprechend von einem jedenfalls in Grenzen zumutbaren internen Ausgleich zwischen verschiedenen regelbedarfsrelevanten Verbrauchsgruppen aus (vgl. BSG, Urt. v. 28. November 2018 – B 14 AS 48/17 –, juris Rn. 14 f. unter Verweis auf BVerfG, Beschl. v. 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12 u.a. –, BVerfGE 137, 34 [Rn. 117 ff.]). Umso mehr kann von einem leistungserhöhend wirkenden Mehrbedarf nicht ausgegangen werden, wenn die feststellbaren Aufwendungen aus einem Lebensbereich den Betrag aus der einschlägigen regelbedarfsrelevanten Verbrauchsgruppe nach § 5 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG) nicht übersteigen – wobei für den vorliegenden Rechtsstreit die (fortgeschriebenen) Beträge aus Art. 1 § 5 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) maßgeblich sind –; in diesem Fall kann schon ein überdurchschnittlicher Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II nicht angenommen werden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann vorliegend ein Mehrbedarf nicht berücksichtigt werden. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Unabweisbarkeit der geltend gemachten Fahrtkosten zum Universitätsklinikum Marburg im streitigen Zeitraum nicht als nachgewiesen ist – für spätere Zeiträume mag anderes gelten, das steht im hiesigen Verfahren aber nicht zur Prüfung des Senats. Das Universitätsklinikum Marburg hat in seinem Bericht vom 11. Mai 2016 nur einen Besuch des Klägers dort bestätigt, wobei dieser zeitlich nicht zugeordnet ist und der Vorstellung gedient habe. Der Kläger hat im Rahmen des Erörterungstermins vor dem Berichterstatter die Besuche in Marburg jedenfalls primär in Zusammenhang mit dem Klinikaufenthalt gebracht, der notwendig wurde, nachdem die Aufnahme in die Adula-Klinik in Oberstaufen nicht zustande kam; im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 1. Februar 2019 wird auf eine notwendige Anschlussheilbehandlung nach dem Aufenthalt in einer Akutklinik in Bad Wildungen im Frühjahr 2016 verwiesen. Entsprechende Besuche müssen auf Grund des zeitlichen Kontextes aber außerhalb des streitigen Zeitraums stattgefunden haben, da die Aufnahme in die Adula-Klinik in Oberstaufen erst im Jahre 2016 endgültig gescheitert war (vgl. die vom Kläger eingereichten Unterlagen Bl. 170 f. GA). Auch wenn der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins einen durchaus glaubwürdigen Eindruck gemacht hat, so dass der Senat im Ausgangspunkt keinen Anlass hat, die von ihm vorgelegten Listen in Zweifel zu ziehen, lassen sich angesichts dieser Umstände die Besuch im Universitätsklinikum Marburg und insbesondere deren Unabweisbarkeit nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen. Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen sind nicht ersichtlich, so dass – vor dem Hintergrund der beim Kläger liegenden materiellen Beweislast für die Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Anspruchs – Aufwendungen für die Fahrt zum Universitätsklinikum im streitigen Zeitraum keine Berücksichtigung finden können.

Es verbleiben damit die Fahrten zu Hr. Dr. C., Fr. Dipl.-Psych. D. und Hr. Dr. E. Ausgehend von den vom Berichterstatter unter Nutzung von google-maps ermittelten und den Beteiligten im Rahmen des Erörterungstermins mit der Möglichkeit zur Prüfung und Stellungnahme mitgeteilten Entfernungskilometer (zu Hr. Dr. C.: 14,4 km pro Weg = 28,8 km pro Besuch; zu Fr. Dipl.-Psych. D.: 12,9 km pro Weg = 25,8 km pro Besuch; zu Hr. Dr. E. 13,0 km pro Weg = 26 km pro Besuch) ergeben sich damit bei einem kilometerbezogenen Wegstreckenaufwand von 0,20 Euro pro Entfernungskilometer nachfolgende berücksichtigungsfähige Aufwendungen (in Euro):

April (2x Hr. Dr. C.: 57,6 km; 2x Fr. Dipl.-Psych. D.: 51,6 km;
zus. 108,8 km) 21,76
Mai (2x Fr. v. Tenspolde: 51,6 km) 10,32
Juni (1x Dr. C. und Fr. Dipl.-Psych. D. kombiniert: 30 km;
1x Fr. Dipl.-Psych. D.: 25,8 km; 1x Dr. E. 26 km; zus: 81,8 km) 16,36
Juli (1x Dr. C.: 28,8 km; 3x Fr. Dipl.- Psych. D.: 77,4 km,
zus: 106,2 km) 21,24

Legt man die Entfernungsangaben des Klägers aus den von ihm vorgelegten tabellarischen Aufstellungen (30 km zu Dr. C., 30 km zu Frau D., 38 km zu Dr. E.) zugrunde, ergeben sich im Übrigen nur geringfügig höhere Beträge, nämlich: 24,- Euro für April; 12,- Euro für Mai; 25,60 Euro für Juni – wobei der Kläger hier für den 10. Juni einen Besuch bei Dr. C. und, eine halbe Stunde später, bei Fr. D. angegeben und beide mit 30 km angesetzt hat, was in dieser Form nicht nachvollziehbar ist; vielmehr muss hier von einer gemeinsamen Fahrt und damit einem Betrag von deutlich unter 25,- Euro ausgegangen werden –; 24,- Euro für Juli).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist für die Höhe des berücksichtigungsfähigen Aufwands eine Orientierung an § 5 BRKG und damit ein Betrag von 0,20 Euro pro Kilometer auch nach Auffassung des Senats sachgerecht. Mit dem Bundessozialgericht ist davon auszugehen, dass dieser Betrag jedenfalls als Anknüpfungspunkt für die Prüfung, ob eine erheblicher Mehrbedarf vorliegt, heranzuziehen ist, auch wenn er nicht unter allen Umständen als fixe Grenze anzusehen ist (vgl. BSG, Urt. v. 4. Juni 2014 – B 14 AS 30/13 R , BSGE 116, 86 [Rn. 28 f.]). Dabei kann sogar offenbleiben, dass sehr viel dafür spricht, dass der Kläger vorliegend gar kein eigenes Kraftfahrzeug, sondern wohl das eines Dritten – etwa seiner Mutter – genutzt hat; jedenfalls hat er sowohl im Rahmen der Beantragung von Grundsicherungsleistungen als auch von Prozesskostenhilfe kein Kraftfahrzeug angegeben beziehungsweise die entsprechende Frage verneint.

Ausgehend von diesen tatsächlichen Umständen ist ein unabweisbarer Mehrbedarf nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellbar. Der berücksichtigungsfähige Aufwand bleibt vielmehr in jedem Monat des streitigen Zeitraums hinter dem für Verkehrsaufwendungen in die Ermittlung des Regelbedarfs eingegangenen Betrag zurück: Für die Abteilung 7 (Verkehr) nach § 5 Abs. 1 RBEG war im Jahr 2011 ein Betrag von 22,78 Euro monatlich in den damals maßgeblichen Regelbedarf für einen Alleinstehenden von 364,- Euro (§ 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab 1. Januar 2011 geltenden und auf das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, BGBl. I S. 453, Fassung) eingegangen. Im streitigen Zeitraum war der Regelbedarf auf 399,- Euro monatlich angestiegen (vgl. die Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2015 vom 15. Oktober 2014, BGBl. I S. 1620, beziehungsweise – für das Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2015 vom 14. Oktober 2014, BGBl. I S. 1618). Für die der Abteilung 7 (Verkehr) zuzuordnenden Bedarfe ist daher im streitigen Zeitraum, wenn man die Beträge schlicht ins Verhältnis setzt, von einem Betrag von 24,97 Euro (22,78 Euro x 399,- Euro./. 364,- Euro) auszugehen; folgt man den Fortschreibungsberechnungen von Schwabe (in: ZfF 2015, 1; 2; vgl. – dem folgend – auch Behrend, in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 20 Rn. 85) ergibt sich der vom Sozialgericht zugrunde gelegte Betrag von 25,12 Euro. In beiden Fällen bleiben die nachvollziehbaren Aufwendungen des Klägers für die Besuche bei Ärzten und Psychotherapeuten hinter den genannten Beträgen zurück.

Weitere Aufwendungen für den Verkehrsbereich sind vom Kläger nur allgemein vorgetragen worden; der Beklagte hat überdies in diesem Zusammenhang nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass etwa Einkäufe sich mit Fahrten zum Arzt vielfach werden verbinden lassen. Erhebliche zusätzliche Verkehrsaufwendungen, noch dazu in bezifferbarer oder auch nur schätzbarer Höhe, sind damit nicht dargetan. Es verbleibt daher für den streitigen Zeitraum – und nur diesen hat der Senat vorliegend zu beurteilen dabei, dass Aufwendungen, die über die in die Ermittlung des Regelbedarfs eingegangen Verkehrsbedarfe hinausgingen, sich nicht, jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lassen.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob auch die Werte aus anderen Abteilungen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben im Sinne von § 5 Abs. 1 RBEG, namentlich für die Abteilung 6 (Gesundheitspflege), in Fallkonstellationen wie der vorliegenden herangezogen werden können und müssen, bevor ein besonderer Bedarf festzustellen ist. Ebenso kann offenbleiben, inwieweit ein möglicher Ausgleich der Bedarfe über mehrere Monate hinweg jedenfalls im Bewilligungszeitraum, möglicherweise aber auch über diesen hinaus in die Beurteilung der Unabweisbarkeit einzubeziehen ist.

Jedenfalls wenn die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für Verkehr – wie hier – durchgängig hinter den insoweit bei der Bemessung des Regelbedarfs zugrunde gelegten Beträgen zurückbleiben und weitere Aufwendungen sich jedenfalls nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen lassen, kann der Betroffene einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II nicht verlangen. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich damit als zutreffend, nachdem auch weitere zu Gunsten des Klägers wirkende, aber bislang nicht berücksichtigte Berechnungspositionen nicht ersichtlich sind.

Auch sonstige Anspruchsgrundlagen für die begehrten (höheren) Leistungen sind nicht ersichtlich: Namentlich kann der Kläger ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II nicht verlangen; insoweit kann nochmals auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen werden.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

V. Revisonszulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor; namentlich ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von dessen Nr. 1 nicht erkennbar. Auch wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II noch nicht in allen Einzelheiten höchstrichterlich geklärt sind, ist der gesetzlichen Regelung nach Auffassung des Senats mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass jedenfalls dann, wenn die als Grundlage für das Verlangen nach einem Mehrbedarf angeführten (und sicher feststellbaren) Aufwendungen durchgängig hinter dem Betrag zurückbleiben, der für entsprechende Aufwendungen in die Bemessung des Regelbedarfs eingegangen ist, ein Anspruch auf höhere Leistungen nicht gegeben ist. Eine klärungsbedürftige Frage, welche die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG rechtfertigen würde, stellt sich somit nicht.
Rechtskraft
Aus
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