L 1 KR 43/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 1097/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 43/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. März 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege, welche die Klägerin, ein Pflegebetrieb, ab 4. April 2001 erbracht hat und zukünftig zugunsten von Versicherten der Beklagten erbringen will.

Zwischen den Beteiligten galt ab 1. August 1994 die "Rahmenvereinbarung über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen - § 132a Abs. 1 Sozialgesetzbuch V". Nach § 7 Ziffer 1 dieser Rahmenvereinbarung erfolgte die Vergütung der Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach den Regelungen der Anlage 2 dieses Vertrages. Der Vertrag konnte von jedem Vertragspartner mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Kalenderhalbjahres schriftlich mit eingeschriebenem Brief gekündigt werden (§ 10 Ziffer 3). Für die Vergütungsregelungen galten die dort festgelegten Kündigungsfristen (vgl. Ziffer 10 der Anlage 2). Ohne dass es einer Kündigung bedurfte, endete die Gültigkeit der Anlage 2 zum 31. Dezember 1997. Eine Folgevereinbarung kam zunächst nicht zustande.

Der die Beklagte damals vertretende BKK-Landesverband NORD kündigte die Rahmenvereinbarung über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen - nachdem die Vergütungsvereinbarung (Anlage 2 der Vereinbarung) bereits zum 31. Dezember 1997 ausgelaufen war - mit Schreiben vom 25. Juni 1998 samt Anlagen ordnungsgemäß zum 31. Dezember 1998, bzw. 31. Dezember 1999.

Der BKK-Landesverband NORD teilte der HPG mit Schreiben vom 18. Dezember 1998 mit, dass die Betriebskrankenkassen bis zum Abschluss eines neuen Vertrages nach § 132 a SGB V bereit seien, weiter nach dem bisherigen Vertrag abzurechnen. Mit Schreiben vom 12. April 2000 erklärte der BKK-Landesverband NORD, dass er diesen Vertrag mit bestimmten Modifikationen "bis zum Abschluss der Verhandlungen eines neuen Vertrages" gegen sich gelten lasse.

Nachdem die Beklagte dem BKK-Landesverband NORD am 26. Oktober 2000 das Verhandlungsmandat entzogen hatte, übermittelte sie mit Schreiben vom 12. März 2001 der Klägerin (und anderen Pflegebetrieben) ein schriftliches Vertragsangebot mit Vergütungsregelung. Da sie in der Lage sei, die Versorgung aller ihrer Patienten mit Vertragspartnern sicherzustellen, die dem Vertrag beigetreten seien, bitte sie um Verständnis, dass ihr Vertragsangebot nicht verhandlungsfähig sei. Der Annahme des Angebots für eine weitere Zusammenarbeit ab 1. April 2001 werde bis zum 26. März 2001 entgegengesehen. Anfang April 2001 hatte die Beklagte auf dem Gebiet der häuslichen Krankenpflege 39 Vertragspartner.

Nach der Intervention des BKK-Landesverbandes NORD bot die Beklagte der HPG mit Schreiben vom 22. März 2001 weitere Vertragsverhandlungen an. Daraufhin fand am 3. April 2001 eine Besprechung zwischen der Beklagten und der HPG sowie einigen Pflegebetrieben statt. Das mit Unterbrechungen von 10.10 Uhr bis 15.22 Uhr dauernde Gespräch endete damit, dass die Beklagte die Verhandlungen vorerst für gescheitert erklärte. Mit Schreiben vom 5. April 2001 unterrichtete die Beklagte die Klägerin und andere von der HPG vertretene Pflegedienste davon, dass die Verhandlungen ohne Ergebnis abgeschlossen worden seien. Damit ende die zwischen der HPG und dem BKK-Landesverband NORD abgeschlossene Übergangsregelung mit der Folge, dass die betroffenen Pflegedienste Versicherte vom 4. April 2001 an nicht mehr zu Lasten der Beklagten betreuen könnten. Im Spätsommer 2001 blieb ein Vermittlungsversuch des damaligen Staatsrates Dr. L. zwischen der Beklagten und der HPG ebenfalls erfolglos.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2001 trat die Beklagte an einzelne Pflegedienste - auch an die Klägerin - heran, erinnerte daran, dass ihr mit Schreiben vom 12. März 2001 übermitteltes Vertragsangebot noch immer nicht angenommen worden sei und befristete dieses Vertragsangebot bis zum 31. Dezember 2001. Danach werde sie die Annahme des Vertragsangebotes nur noch mit Wirkung ab dem Tag des Vertragsabschlusses akzeptieren.

Im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (S 23 KR 368/01 ER) kam es am 25. Januar 2002 zum Abschluss eines Vergleichs, der die Beklagte verpflichtete, u.a. Leistungen der Klägerin an Versicherte der Beklagten auf der Basis des Vertragsangebotes der Beklagten vom 12. März 2001 abzurechnen.

Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 18. August 2002 am 20. August 2002 die Kündigung und mit Schreiben vom 17. September 2002 am 18. September 2002 zusätzlich die Anfechtung dieses Vergleichs.

Die Klägerin hat am 10. April 2001 Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ärztlich verordnete Leistungen der häuslichen Krankenpflege gemäß § 37 SGB V nach dem zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vertrag über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen gemäß § 132a Abs. 1 SGB V (a.F.) vom 1. August 1994 nebst seinen Anlagen, modifiziert durch die Vereinbarung vom 12. April 2000, zu bewilligen und abzurechnen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei an die Erklärung des BKK-Landesverbandes NORD vom 12. April 2000 gebunden. Da die Beklagte keine (ernsthaften) Verhandlungen mit der HPG, weder am 3. April 2001 noch später, auch nicht im Rahmen der Gespräche mit Staatsrat L., geführt habe, seien die Vertragverhandlungen weder abgeschlossen noch als gescheitert zu betrachten. Die Übergangsregelung der Erklärung vom 12. April 2000 gelte somit fort.

Das Sozialgericht hat die Beklagte, die nach ihren Angaben inzwischen 125 Pflegebetriebe unter Vertrag hatte, durch Urteil vom 24. März 2004 antragsgemäß verurteilt. Der geltend gemachte Anspruch beruhe "auf der Vereinbarung der HPG und dem BKK-Landesverband NORD" vom 12. April 2000, nach welcher die Regelungen und Anlagen des Vertrages vom 1. August 1994 mit einigen Modifikationen bis zum Abschluss der Verhandlungen eines neuen Vertrages weiter gelten sollten. Ein Abschluss der Verhandlungen liege nicht vor, da weder ein Vertragsabschluss noch ein Scheitern der Verhandlungen festzustellen sei. Die Beklagte habe sich nicht redlich um einen Vertragsabschluss bemüht. Es hätten keine Vertragverhandlungen im Sinne der Erklärung vom 12. April 2000 stattgefunden. Da sich die Beklagte bislang der Verhandlung verweigert habe, müsse sie entsprechend der Vereinbarung vom 12. April 2000 solange die alten Vergütungen weiterzahlen, bis noch aufzunehmende Verhandlungen abgeschlossen seien.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Annahme des Sozialgerichts, es könne von Vertragsverhandlungen im eigentlichen Sinne nicht gesprochen werden, sei rechtsirrig. Es müsse ihr als Krankenkasse freigestellt sein, wie sie in den Verhandlungen vorgehe. Wenn sie sich dabei an wirtschaftlichen Zwängen orientieren müsse, sei es ihr gutes Recht, den Spielraum für Verhandlungen enger zu ziehen. Die wirtschaftlichen Notwendigkeiten hätten ihr keine andere Möglichkeit gelassen. Sie sehe sich durch die jüngere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in ihrer Rechtsauffassung bestätigt (Hinweis auf BSG, 27.5.04 – B 3 KR 29/03 B). Auch die Unterbreitung eines "nicht verhandlungsfähigen" Vertragsangebotes sei eine Vertragsverhandlung.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zu Recht gehe das Sozialgericht davon aus, dass überhaupt keine Vertragsverhandlungen stattgefunden hätten, da es von Seiten der Beklagten nur ein Preisdiktat gegeben habe. Die Unterbreitung eines ultimativen, nicht verhandlungsfähigen Vertragsangebots stelle keine Vertragsverhandlung dar, weil insoweit keine Auseinandersetzung mit den Gedanken des mutmaßlichen Vertragspartners erfolge. Eine solche Auseinandersetzung gebiete das in § 132 a SGB V normierte Partnerschaftsmodell.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das Rechtsmittel ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung häuslicher Pflegeleistungen durch die Beklagte ab 4. April 2001 zu den Bedingungen des Vertrages vom 1. August 1994 mit den Modifikationen vom 12. April 2000. Eine Pflicht der Beklagten, ihre Versicherten durch die Klägerin versorgen zu lassen, folgt weder aus einer Weitergeltung des ab 1. August 1994 geschlossenen Versorgungsvertrages noch aus einem allgemeinen Grundsatz der Weitergeltung gekündigter Verträge bis zum Abschluss eines neuen Vertrags oder aus der Zusage des BKK-Landesverbandes NORD vom 12. April 2000. Ob die Beklagte verpflichtet ist, die Leistungen, welche die Klägerin aufgrund ärztlicher Verordnungen bis zum Abschluss dieses Rechtsstreits erbracht hat, aufgrund eines zwischen den Beteiligten im einstweiligen Anordnungsverfahren geschlossenen Vergleichs zu vergüten, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hierzu hat sich der Senat bereits in einer Vielzahl von Beschwerdeverfahren gegen einstweilige Anordnungen sowie Androhung bzw. Festsetzung von Zwangsmitteln durch das Sozialgericht bejahend geäußert. Zur Frage einer Vergütungspflicht in Anwendung des Grundsatzes der ungerechtfertigten Bereicherung braucht sich der Senat im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu äußern, weil die Beteiligten für die Zeit bis zur Entscheidung der Hauptsache sich vergleichsweise geeinigt haben. Der Vergleich stellt eine (gegenüber einem gesetzlichen Ausgleichsanspruch vorrangige) vertragliche Regelung dar.

Ein Anspruch aus dem Vertrag von 1994 besteht nicht. Der u.a. zwischen den Beteiligten abgeschlossene Versorgungsvertrag, der eine für den Fall der Kündigung eingreifende Übergangsvergütungsregelung nicht enthält, ist im Juni 1998 wirksam unter Einhaltung der vertraglich vorgesehenen Formvorschriften zum 31. Dezember 1998 bzw. 1999 – Kündigungsfrist 6 Monate - gekündigt worden, nachdem die Vergütungsvereinbarung in Anlage 2 bereits zum 31. Dezember 1997 ausgelaufen war. Diese Kündigung bedurfte keiner Begründung iSd Sollbestimmung des § 59 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), denn sie betraf keinen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Verträge der in Rede stehenden Art unterlagen bis Ende 1999 dem Privatrecht (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10. April 1986, GmS-OGB 1/85, SozR 1500 § 51 Nr. 39), das keine Begründung für das einseitige Rechtsgeschäft der (ordentlichen) Kündigung verlangt. Schon deshalb brauchten der BKK-Landesverband NORD oder die Beklagte mit der Kündigung gegenüber der Klägerin nicht darzulegen, aus welchen Gründen – insbesondere wegen welcher wirtschaftlichen Kalkulationen und Erwägungen – sie an den Verträgen nicht mehr fest halten wollten. Davon, dass Verträge nach § 132 a SGB V ab 1. Januar 2000 auf Grund der Änderung von § 69 SGB V dem öffentlichen Recht zugehören, wird die Rechtmäßigkeit der 1998 ausgesprochenen Kündigung nicht berührt. Soweit den Krankenkassen das Recht abgesprochen wird, Verträge mit pflegeberechtigungsbeendender Wirkung "ordentlich" zu kündigen, vermag der Senat für diese Auffassung dem geltenden Recht keinen Anhalt zu entnehmen. Jedenfalls bedurften die Kündigungen der hier in Rede stehenden – ein ordentliches Kündigungsrecht ausdrücklich vorsehenden - Verträge nicht des Vorliegens der Voraussetzungen der wesentlichen Änderung der Verhältnisse oder schweren Nachteile für das Gemeinwohl, wie sie § 59 Abs. 1 SGB X in besonderen Fällen für die Anpassung und Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge fordert.

Der geltend gemachte Anspruch kann auch nicht auf einen "Fortgeltungsgrundsatz" gestützt werden. Der 1994 abgeschlossene Vertrag wirkt nach erfolgter Kündigung und Ablauf des Jahres 1998 bzw. 1999, jedenfalls ab dem 4. April 2001, nicht mehr unmittelbar fort. Denn für die daran anschließende Zeit hatte die Beklagte unmissverständlich klargestellt, dass sie nicht mehr zur Abrechnung nach den alten Vertragssätzen bereit war (Schreiben vom 12. März und 5. April 2001). Sie hat sich entsprechend auch verhalten. Ein "Fortgeltungsgrundsatz" lässt sich auch nicht aus der Pflicht der Beklagten zur Versorgung der Versicherten gemäß § 70 Satz 1 SGB V herleiten. Danach haben die Krankenkassen und die Leistungserbringer zwar eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Daraus erwächst der Klägerin vorliegend aber kein Anspruch auf Fortgeltung der bisherigen Verträge. Zwar bezweifelt die Klägerin, dass der Beklagten ohne die fortgesetzte Betreuung deren Versicherter durch der HPG angehörige Pflegebetriebe ausreichende Pflegekapazität zur Verfügung gestanden hätte, jedoch hatte die Beklagte (in zunehmender Zahl) Pflegeeinrichtungen unter Vertrag – im Übrigen auch vergleichsweise Regelungen mit einer Vielzahl von Pflegebetrieben über ein Tätigwerden in der Zeit bis zur Entscheidung dieses Rechtsstreits geschlossen - und es sind zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte für Versorgungsmängel zutage getreten. Abgesehen davon trifft § 70 SGB V auch keine Aussage über die (für Verträge nach § 132 a SGB V) angemessene Vergütung (vgl. BSG 25.9.2001 – B 3 KR 15/00 R, SozR 3-2500 § 132 a Nr. 1) und kann deswegen nicht zum Abschluss des von der Klägerin angestrebten Vertrages verpflichten. Eine generelle Fortgeltung wirksam gekündigter Verträge bis zum Abschluss neuer Verträge griffe in die Vertragsautonomie der Krankenkassen oder Leistungserbringer ein, weil sie stets demjenigen Vertragspartner zum Vorteil gereichte, der damit rechnen müsste, die ihm bisher günstige Vertragsposition nach neuen Verhandlungen nicht halten zu können. Das Interesse an Neuverhandlungen würde in Fällen wie diesem erlahmen und den Krankenkassen würde erschwert, marktgerechte, möglichst günstige Bedingungen auszuhandeln. Ein so verstandener "Fortgeltungsgrundsatz" liefe faktisch auf den Ausschluss der Wirksamkeit jeder Kündigung in den fraglichen Angelegenheiten und damit auf den Ausschluss der Beendigungsmöglichkeit einmal abgeschlossener Verträge hinaus (BSG 13.5.2004 – B 3 KR 2/03 R, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 vorgesehen).

Die weitere Anwendung der 1994 vereinbarten vertraglichen Regelungen ab dem 4. April 2001 lässt sich auch nicht auf die die Beklagte bindende Erklärung des BKK-Landesverbandes NORD vom 12. April 2000 stützen. Die Erklärung des damals die Beklagte vertretenden BKK-Landesverbandes NORD stellt eine einseitige Erklärung – keinen Vertrag – dar. Das folgt bereits aus ihrem Wortlaut, wonach sich der BKK-Landesverband NORD bereit erklärt, den gekündigten Vertrag mit bestimmten Modifikationen gegen sich gelten zu lassen. Dass die Erklärung zwischen dem BKK-Landesverbandes NORD und der HPG zuvor diskutiert wurde und die HPG insbesondere zu den Modifikationen im Einzelnen Vorschläge unterbreitet hatte, ändert daran nichts. Von einer einseitigen Erklärung kann der Erklärende jederzeit zurücktreten, zumindest deren Wirkung für die Zukunft aufheben. Dementsprechend war die Beklagte an die Erklärung allenfalls bis zu ihrem Widerruf gebunden. Die Erklärung verlor ihre Geltung, nachdem die Klägerin das Vertragsangebot vom 12. März 2000 nicht angenommen hatte und ihr mit Schreiben vom 12. März und 5. April 2001 mitgeteilt worden war, dass diese ohne Vertragsabschluss ab dem 4. April 2001 Leistungen weder bewilligt noch vergütet würden.

Selbst wenn man der Auffassung wäre, bei der Zusage des BKK-Landesverbandes NORD (welche keine Zusage iSd § 34 SGB X ist, da sie sich nicht auf einen zu erlassenden Verwaltungsakt bezog) handele es sich nicht um eine einseitige Erklärung, sondern um einen Vertrag, und weiter annehmen würde, die Beklagte hätte sich von diesem Vertrag nicht durch die Erklärung, weitere Leistungen ab 4. April 2001 nicht mehr zu vergüten, lösen können, bestünde kein Anspruch auf weitere Vergütung. Eine Abrechnung nach dem gekündigten Versorgungsvertrag mit bestimmten Modifikationen sollte nur bis zum "Abschluss der Verhandlungen" erfolgen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind im Frühjahr 2001 die (durchgeführten) Verhandlungen gescheitert und deswegen abgeschlossen worden. Abgesehen davon, dass die Verhandlungen des BKK-Landesverbandes NORD hier mit zu berücksichtigen sind, sind Vertragsverhandlungen gesetzlich nicht vorgeschrieben. § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V bestimmt lediglich, dass die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege sowie über die Preise und deren Abrechnung schließen, regelt darüber hinaus aber nicht, auf welchem Wege (etwa durch wechselseitige Schriftsätze oder persönliche Zusammenkünfte) und durch welche Verhandlungsgestaltung diese Verträge geschlossen werden. Das bleibt den Beteiligten überlassen. Selbst wenn aber eine Krankenkasse nach Auffassung des Leistungserbringers die Verhandlungen hinauszögert oder zu erkennen gibt, dass sie an einem (baldigen) Abschluss eines Folgevertrages mit ihm nicht ernsthaft interessiert ist, liegen dennoch Verhandlungen vor. Abgesehen davon rechtfertigt der vorliegende Sachverhalt nicht die Feststellung, dass von Seiten der Beklagten keine Maßnahmen unternommen wurden, um einen neuen Vertragsabschluss herbeizuführen. Zwar hat ein Leistungserbringer, der die qualitativ-fachlichen, personellen und räumlichen Voraussetzungen erfüllt, vom Grundsatz her einen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages. Die Preisgestaltung und das konkrete Abrechnungsverfahren sind dabei jedoch "Einzelheiten" i.S.d. § 132 a Abs. 2 Satz 1 SGB V, die der besonderen vertraglichen Vereinbarung unterliegen. Daraus folgt, dass ein Leistungserbringer keinen Anspruch auf Annahme seines Vertragsangebots durch eine oder mehrere Krankenkassen besitzt, jedenfalls solange er durch die Ablehnung gegenüber anderen Leistungserbringern nicht diskriminiert wird. Davon kann hier keine Rede sein.

Auch mit der Begründung, eine Krankenversicherung sei verpflichtet, den Pflegebedarf ihrer Versicherten sicherzustellen, indem sie Versorgungsverträge mit einer ausreichenden Anzahl von Pflegebetrieben schließt und dabei den Versicherten hinreichende Wahlmöglichkeiten (z.B. entsprechend der Glaubenszugehörigkeit) einräumt, kann die Beklagte nicht zur Weitergeltung des gekündigten Vertrages oder zum Neuabschluss einer Vereinbarung verpflichtet werden. Das ergibt sich schon daraus, dass der Sicherstellungsauftrag sowie eine ggf. bestehende Pflicht zur Einräumung von Wahlmöglichkeiten allenfalls Verpflichtungen gegenüber den Versicherten sind. Die Klägerin kann hieraus keine Rechte ableiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 Satz 2 SGG in der bis einschließlich 1. Januar 2002 geltenden Fassung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved