S 4 AS 145/05 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Bayreuth (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AS 145/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.05.2005 wird angeordnet.

II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches vom 23.5.2005 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19.5.2005, mit dem der ihm zustehende Anteil am Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1.6.2005 bis 31.8.2005 um monatlich 103,50 Euro abgesenkt wird.

Am 14.9.2004 beantragte M. Sch., mit der sowie mit M.-A. Sch. und M. Sch. der Antragsteller eine Bedarfsgemeinschaft bildet, beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bescheid des Antragsgegners vom 13.12.2004 wurden der Bedarfsgemeinschaft von Frau M. Sch. für den Zeitraum 1.1.2005 bis 30.4.2005 Leistungen i.H.v. 705,46 Euro und für den Zeitraum 1.5.2005 bis 30.6.2005 Leistungen i.H.v. 1.218,08 Euro bewilligt. Mit Änderungsbescheid des Antragsgegners vom 8.3.2005 wurden die Leistungen auf 774,45 Euro bzw. 1.287,07 Euro angehoben.

Im April ging dem Antragsteller ein Schreiben des Antragsgegners unter dem Datum 7.4.2005 zu, mit dem dem Antragsteller eine Arbeitsstelle als Landschaftsarbeiter bei der Stadt K. vorgeschlagen wurde. Er wurde aufgefordert, umgehend einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Das Schreiben enthielt als Seite 2 eine Rechtsfolgenbelehrung, in der u.a. darauf hingewiesen wurde, daß im Falle fehlender Bereitschaft, die umseitig angebotene Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) auszuführen, das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II) abgesenkt würde, wenn der Betroffene keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Des weiteren wurde in der Rechtsfolgenbelehrung ausgeführt, daß die gleichen Rechtsfolgen einträten, wenn der Betreffende ohne wichtigen Grund eine unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annehme oder antrete oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindere (wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Blatt 26 (Rückseite) und 53 der Gerichtsakten verwiesen).

Der Antragsteller wurde daraufhin bei der Stadt K. persönlich vorstellig und legte einen von ihm selbst gefertigten Arbeitsvertrag vor (wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 96 der Gerichtsakten verwiesen), dessen Unterzeichnung er verlangte.

Die Stadt K. bat den Antragsteller nunmehr mit Schreiben vom 21.4.2005 unter Bezugnahme auf den Vermittlungsvorschlag des Antragsgegners vom 7.4.2005, sich am 25.4.2005 um 7.00 im K. Bauhof zum Arbeitsbeginn einzufinden. Die Maßnahme dauere bis zum 24.10.2005, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrüge max. 30 Stunden. Als Lohn würde der Antragsteller 1,50 Euro/Stunde erhalten. Weitere Details bzgl. des Zusatzjobs würden am 25.4.2005 mitgeteilt. Das Schreiben war mit der Überschrift "Stellenangebot als Landschaftsarbeiter bei der Stadt K." versehen und enthielt keine Rechtsfolgenbelehrung (wegen weiterer Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 97 der Gerichtsakten verwiesen).

Am 23.4.2005 sandte der Antragsteller einen Brief an die Stadt K. - und in Abdruck an den Antragsgegner -, in dem er zu verstehen gab, daß er die ihm angebotene Arbeit erst aufnehmen werde, wenn der von ihm vorgelegte Arbeitsvertrag unterschrieben ist. Das Schreiben vom 21.4.2005 stünde im übrigen nicht mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einklang. Zum Arbeitsbeginn am 25.4.2005 im K. Bauhof ist der Antragsteller nicht erschienen.

Am 28.4.2005 kam es zu einer persönlichen Vorsprache des Antragstellers beim Antragsgegner. Als Beratungsvermerk ist dazu in den Leistungsakten des Antragsgegners festgehalten worden:

"PV auf Einladung, hat AGH nicht angetreten - besteht auf Unterzeichnung seines dem AGH-Träger vorgelegten "Arbeitsvertrages" F. ausführlich die Rechtsgrundlage für das Angebot einer AGH und die Rechtsfolge bei Nichtantritt erläutert, ist nicht bereit, AGH-Angebot anzunehmen, ü. Sanktion mündlich belehrt, schwierige Gesprächssituation, versucht immer wieder durch Androhung rechtl. Schritte und Hinweis auf gesetzl. Bestimmungen die "Unzumutbarkeit" dieser AGH zu erreichen!, zweifelt sogar die Rechtmäßigkeit einer Einladung unter monetären Gesichtspunkten an(!), am Ende des Gesprächs F. nochmals auf den Eintritt einer Sanktion hingewiesen ..." (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 49 u. 50 der Gerichtsakten verwiesen).

Daraufhin erging am 19.5.2005 ein Bescheid des Antragsgegners, mit dem der dem Antragsteller zustehende Anteil des Arbeitslosengelds II für die Zeit vom 1.6.2005 bis 31.8.2005 um 103,50 Euro abgesenkt wird. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wurde insoweit gem. § 48 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß sich der Antragsteller trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert habe, eine nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II zumutbare Arbeit auszuführen, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die Entscheidung beruhe auf § 31 Absatz 1 und Absatz 6 SGB II.

Am 23.5.2005 hat der Antragsteller gegen den Bescheid Widerspruch beim Antragsgegner eingelegt.

Mit Schreiben vom 30.5.2005, eingegangen bei Gericht am 31.5.2005, hat der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung trägt er vor, der Bescheid vom 19.5.2005 sei nicht hinreichend bestimmt und nicht begründet. Zudem sei § 39 SGB II, der besagt, daß Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet oder den Übergang eines Anspruchs bewirkt, keine aufschiebende Wirkung haben, verfassungswidrig. Schließlich würde der Zwang, nach § 2 Abs. 1 und 16 Abs. 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) und d) SGB II eine Arbeitsgelegenheit aufnehmen zu müssen, ebenfalls gegen die Verfassung sowie gegen internationales Recht verstoßen.

Er beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 23.5.2005 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er führt aus, ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag sei nicht erkennbar, da alle Bescheide ausreichend begründet worden wären und den Bestimmungen der §§ 35 ff SGB X entsprächen.

Im Verfahren erfolgten gerichtliche Anfragen bei der Stadt K. sowie bei den Beteiligten.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlaß einer Anordnung ist zulässig und im Ergebnis begründet.

Nach § 86b (1) S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung hat eine Abwägung zwischen den privaten Interessen des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse stattzufinden. Wesentliches Kriterium sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren, die summarisch zu prüfen sind. Da der Gesetzgeber in den Fällen der §§ 86a (2), 86b (1) S. 1 Nr. 2 SGG durch den ausdrücklichen Ausschluß der aufschiebenden Wirkung zum Ausdruck gebracht hat, daß das öffentliche Interesse am Sofortvollzug prinzipiell höher einzuschätzen ist als etwaige, entgegenstehende private Interessen, kommt eine Anordnung der aufschiebende Wirkung nur in Betracht, wenn an der Rechtmäßigkeit des zu vollziehenden Verwaltungsaktes ernsthafte Zweifel bestehen, d.h. ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als sein Unterliegen (vgl. u.a. Bay. LSG, Beschl. v. 17.2.2004 - L 17 U 7/04 ER). Ist dies nicht der Fall, kann eine Anordnung ausnahmsweise dann ergehen, wenn ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache nicht offensichtlich ausgeschlossen werden kann und anderweitige, das öffentliche Interesse wesentlich überwiegende Interessensgesichtspunkte beim Antragsteller zu beachten sind (siehe zum Ganzen Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rn. 12 ff).

Der Widerspruch des Antragstellers vom 23.5.2005 hat gem. § 86a (2) Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, da durch den Bescheid des Antragsgegners vom 19.5.2005, mit dem das Arbeitslosengeld II des Antragstellers für den Zeitraum 1.6. - 31.8.2005 abgesenkt wurde, über eine Leistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende entschieden wurde.

Allein der Umstand, daß durch den Verwaltungsakt des Antragsgegners eine Leistung zur Grundsicherung für Arbeitsuchende abgesenkt wird, die den Lebensunterhalt des Antragstellers sicherstellen soll, begründet kein wesentlich überwiegendes Interesse des Antragstellers am Erlaß der beantragten Anordnung. Denn da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehbarkeit bei Entscheidungen der Verwaltung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in § 39 SGB II festgeschrieben hat, ist davon auszugehen, daß er diesen Gesichtspunkt bei seiner Entscheidung bereits berücksichtigt hat. Zudem soll die Sanktion der Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 SGB II zeitnah erfolgen, damit dem Betroffenen der Zusammenhang mit dem Pflichtverstoß erkennbar bleibt und die Sanktion Motivationswirkung entfalten kann (siehe dazu Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 31 Rn. 58). Diese Zielsetzung wäre nicht erreichbar, wenn aus dem oben genannten Grund regelmäßig die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen wäre und die Sanktion somit nicht zeitnah eintreten könnte.

Allerdings bestehen an der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 19.5.2005 nach summarischer Prüfung ernsthafte Zweifel.

Das dem Absenkungsbescheid zunächst vorausgegangene Stellenangebot, das letztlich das Angebot einer Arbeitsgelegenheit darstellt, entsprach nicht den Voraussetzungen des § 31 (1) S. 1 Nr. 1 lit. d SGB II.

Dem schriftlichen Vorschlag des Antragsgegners vom 7.4.2005 kann nicht eindeutig entnommen werden, daß es sich um das Angebot einer Arbeitsgelegenheit handelt. Text und Gestaltung des Schreibens lassen es nach Auffassung des Gerichts offen, ob der Vorschlag einer "Arbeitsstelle" die Aufforderung zur Bewerbung für einen regulären Arbeitsplatz (darauf deuten die Formulierungen "Lohn/Gehalt", "Vorstellungstermin", "Ergebnis Ihrer Verhandlungen" hin) oder zur Übernahme einer Arbeitsgelegenheit darstellt. Da sich aber die Zumutbarkeit einer Arbeitsgelegenheit nach anderen Kriterien (Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich (vgl. § 2 (1) S. 3 SGB II); im öffentlichen Interesse liegende, zusätzliche Arbeiten; angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen anstelle von Lohn/Gehalt, kein Arbeitsverhältnis i.S.d. Arbeitsrechts (vgl. § 16 (3) S. 2 SGB II); Beschränkung der Arbeitszeit und Dauer der Arbeit (siehe zu den Voraussetzungen im einzelnen Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, Rn. 213 ff)) richtet als die einer angebotenen Arbeitsstelle, muß für den Betroffenen klar sein, anhand welcher Kriterien (der einer Arbeitsgelegenheit oder der einer regulären Arbeitsstelle) er die Zumutbarkeit überprüfen kann. Kann er das nicht, weil die Art des Angebots unklar bleibt, können die Rechtsfolgen des § 31 SGB II nicht eintreten.

Auch auf das Schreiben der Stadt K. vom 21.4.2005, das auf den Vermittlungsvorschlag des Antragsgegners vom 7.4.2005 Bezug nimmt, treffen diese Bedenken zu. Aber selbst wenn man dieses Schreiben nunmehr als eindeutiges Angebot einer Arbeitsgelegenheit qualifizierte, würde die erforderliche Rechtsfolgenbelehrung fehlen.

U.U. könnte jedoch dem Antragsteller im Rahmen der Vorsprache beim Antragsgegner am 28.4.2005 die Arbeitsgelegenheit bei der Stadt K. als solche hinreichend klar bestimmt und mit der erforderlichen Rechtsbehelfsbelehrung versehen angeboten worden sein. Zu diesem Zeitpunkt wäre laut Auskunftsschreiben der Stadt K. an das Gericht vom 11.7.2005 die vorgeschlagene Stelle noch verfügbar gewesen. Anhaltspunkte für ein solches Angebot bietet der Beratervermerk des Mitarbeiters des Antragsgegners. Allerdings drängen sich aufgrund der dargestellten Vorgeschichte ernste Zweifel auf, daß im Rahmen der mündlichen Vorsprache am 28.4.2005 dem Antragsteller nunmehr alle für eine Prüfung der Zumutbarkeit erforderlichen Angaben bzgl. der Arbeitsgelegenheit mitgeteilt wurden. Sollten sich diese Zweifel im Hauptsacheverfahren bestätigen, lag kein unter Belehrung über die Rechtsfolgen erteiltes Angebot einer zumutbaren Arbeit i.S.d. § 31 S. 1 Nr. 1 lit. d vor, so daß die Absenkung des Arbeitslosengeldes II durch den Bescheid vom 19.5.2005 zu Unrecht erfolgt wäre.

Darüber hinaus bestehen auch Zweifel, ob es sich bei der angebotenen Arbeitsgelegenheit um eine zumutbare Arbeit i.S.d. § 31 S. 1 Nr. 1 lit. c) SGB II gehandelt hat.

Die wöchentliche Arbeitszeit der angebotenen Arbeitsgelegenheit beträgt 30 Stunden. Damit bleibt die wöchentliche Arbeitszeit jedenfalls nicht erheblich unter der einer vollschichtigen Tätigkeit und liegt am oberen Rand dessen, was noch in den Bereich "Teilzeitarbeit" fällt. Daraus ergeben sich nicht nur Bedenken, ob es sich bei der angebotenen Tätigkeit überhaupt noch um eine Arbeit nach § 16 Abs. 3 S. 2 SGB II handelt, da ihr Umfang dem eines üblichen (Teilzeit-)Arbeitsverhältnisses auf dem 1. und 2. Arbeitsmarkt entspricht und sie damit in unzulässige Konkurrenz zu regulären Arbeitsverhältnissen träte (siehe dazu Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 16 Rn. 227; Kramer in LPK-BSHG, 5. Aufl., § 19 Rn. 17 m.N. von Rechtsprechung).

Es ergeben sich vielmehr auch Bedenken, ob die Verpflichtung zu einer wöchentlichen Beschäftigung von 30 Stunden zu 1,50 Euro/Stunde nicht gerade dem Sinn und Zweck des SGB II widerspricht, Arbeitsuchende in Erwerbstätigkeit zu bringen und sie damit in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu bestreiten (vgl. § 1 (1) S. 1 u. 2 SGB II). Denn neben einer Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche (zusätzlich Nachbereitung und Pendelzeiten) dürfte kaum mehr Raum bestehen, die für eine intensive Beschäftigungssuche erforderlichen und zu fordernden (vgl. §§ 2 (1) S. 1, § 15 (1) S. 2 Nr. 2, 31 (1) S. 1 Nr. 1 lit. b SGB II) Eigenbemühungen, in Erwerbstätigkeit zu kommen, durchzuführen (ähnlich Kramer a.a.O. Rn. 17).

Die genannten Bedenken werden zusätzlich dadurch verstärkt, daß die Dauer der angebotenen Arbeitsgelegenheit 6 Monate beträgt und damit das Maximum dessen, was noch als Arbeit von vorübergehender Dauer und damit als Arbeit i.S.d. § 16 (3) S. 2 SGB II bezeichnet werden kann (siehe dazu Eicher a.a.O. Rn. 229).

Allerdings hat das Gericht entgegen der Auffassung des Antragstellers keine Zweifel, daß die Pflicht zur Übernahme von Arbeitsgelegenheiten nicht gegen nationales oder internationales Recht, insbesondere gegen das Verbot von Zwangsarbeit bzw. des Zwangs zur Arbeit verstößt (siehe dazu Eicher a.a.O. Rn. 246).

Im Ergebnis bestehen nach Würdigung der gesamten Umstände ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 19.5.2005, so daß die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegen.

Gem. § 86b (1) S. 2 SGG kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden ist.

Von einer Anordnung der Aufhebung der Vollziehung des Bescheids vom 19.5.2005 - soweit eine Kürzung des Arbeitslosengelds II i.H.v. 103,50 Euro monatlich durch den Antragsgegner nach dem 1.6.2005 bereits erfolgt ist - sieht das Gericht ab. Dabei ist neben den im Rahmen der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bereits einbezogenen Gesichtspunkten zu berücksichtigen, daß die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Vergangenheit im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes nur ausnahmsweise in Betracht kommen kann, da diese Leistungen der Sicherstellung des laufenden Lebensunterhalts dienen (vgl. dazu Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Einl Rn. 121 u. ff). Der Antragsteller hat im Verfahren aber nichts vorgetragen, woraus man schließen könnte, daß eine sofortige Nachzahlung der (möglicherweise) zu Unrecht einbehaltenen Leistung notwendig ist, um für ihn Nachteile zu vermeiden, die durch eine spätere Auszahlung - nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens - nicht mehr ausgeglichen werden könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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