B 3 KR 33/99 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Oldenburg (NSB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 33/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 18. November 1998 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen restlichen Vergütungsanspruch für die der Beigeladenen in der Zeit vom 8. März 1994 bis zum 26. April 1994 gewährte vollstationäre Krankenhausbehandlung geltend.

Die 1936 geborene Beigeladene ist als Familienversicherte bei der beklagten Ersatzkasse gegen Krankheit versichert. Aufgrund der bei ihr diagnostizierten Gesundheitsstörungen, insbesondere eines extremen Übergewichts, wurden in dem vom Kläger betriebenen Krankenhaus in den Jahren 1990 und 1991 eine Dünndarmverkürzungsoperation und eine Magenteilresektion durchgeführt. Am 8. März 1994 stellte sich die Beigeladene erneut im Krankenhaus des Klägers vor. Laut Verordnung des behandelnden Arztes vom 1. März 1994 war eine Krankenhausbehandlung wegen "Bauchbeschwerden bei Zustand nach jejunoilealem Bypass" als erforderlich angesehen worden. Nach einer Reihe von Untersuchungen wurde am 21. März 1994 mit Einwilligung der Beigeladenen zur Gewichtsreduktion eine erneute Magen- und Darmoperation durchgeführt. Bei diesem Eingriff kam es zu einer Verletzung der Milz, die eine sofortige Entfernung des Organs erforderlich machte. Postoperativ traten eine Wundinfektion sowie ein Bauchdeckenabszess auf, der chirurgisch behandelt werden mußte. Die Beigeladene wurde am 26. April 1994 entlassen.

Mit Schreiben vom 9. März 1994 hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger zunächst eine unbefristete Kostenübernahmeerklärung abgegeben, die sie dann mit Schreiben vom 29. März 1994, beim Kläger erst eingegangen am 5. April, auf den 31. März 1994 begrenzte. Der Kläger beantragte daraufhin mit Schreiben vom 7. April 1994, bei der Beklagten eingegangen am 14. April 1994, wegen weiterer Behandlungsbedürftigkeit eine Verlängerung der Kostenzusage um 15 Tage. Nach Einholung von zwei gutachtlichen Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) lehnte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine über den 31. März hinausgehende Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung der Beigeladenen wegen fehlender Behandlungsnotwendigkeit ab.

Auch gegenüber der Beigeladenen lehnte es die Beklagte unter Hinweis auf das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahmen des MDK ab, die für die über den 31. März 1994 hinausgehende stationäre Behandlung entstandenen Kosten zu übernehmen (Bescheid vom 20. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 1995). Die Beigeladene hat hiergegen keinen Rechtsbehelf eingelegt.

Mit seiner vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhobenen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Bezahlung der tagesgleichen Pflegesätze vom 1. April bis 26. April 1994 in Höhe von insgesamt 10.241,40 DM beansprucht; das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 4. Dezember 1996). Die hiergegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg (Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen vom 18. November 1998). Das LSG hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Vergütungsanspruch eines Krankenhausträgers gegenüber einer gesetzlichen Krankenkasse (KK) setze grundsätzlich einen Leistungsanspruch des Versicherten voraus. Ein derartiger Anspruch sei jedoch im vorliegenden Fall mit dem gegenüber der Beigeladenen erlassenen Bescheid vom 20. Oktober 1994 bestandskräftig abgelehnt worden. Ob der Kläger dies wegen des Fehlens der Bekanntgabe ihm gegenüber gelten lassen müsse, könne letztlich dahingestellt bleiben; eine über den 31. März 1994 hinausgehende Krankenhausbehandlung der Beigeladenen sei jedenfalls nicht erforderlich gewesen. Weder aus dem Krankenhausentlassungsbericht vom 5. Mai 1994 noch aus der gutachtlichen Stellungnahme des MDK vom 13. Oktober 1994 ergäbe sich eine zwingende Indikation für die am 21. März 1994 durchgeführte Operation. Sie könne auch der Verordnung der Krankenhausbehandlung durch den behandelnden Arzt nicht entnommen werden. Die Mißerfolge der bereits in den Jahren 1990 und 1991 zur Gewichtsreduktion vorgenommenen Operationen, die durch die mangelnde Mitarbeit der Beigeladenen bedingt gewesen seien, sprächen gegen den Sinn einer erneuten Operation. Darüber hinaus sei bei diesem Eingriff durch eine vermeidbare Verletzung der Milz der Beigeladenen der Krankenhausaufenthalt unnötig verlängert worden. Der geltend gemachte Vergütungsanspruch könne auch nicht auf die von der Beklagten abgegebenen Kostenübernahmeerklärungen gestützt werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem nach § 112 Abs 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zwischen der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der KKn sowie den Verbänden der Ersatzkassen geschlossenen Sicherstellungsvertrag (SVtr). Letztlich könne der Vergütungsanspruch auch nicht auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) gestützt werden, da die besonderen Erfordernisse des vertragsärztlichen Versorgungssystems eine Anwendung dieser Vorschriften im öffentlichen Recht ausschlössen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Durch die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes und die sich daran anschließende Leistungserbringung werde der Sachleistungsanspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung konkretisiert. Mithin enthalte diese Entscheidung auch eine Entscheidung über den Leistungsanspruch des Versicherten, die die KK wiederum aufgrund des Sachleistungsprinzips verpflichte, den Versicherten von den Aufwendungen des Leistungserbringers freizustellen. Der sich hieraus ergebenden Pflicht zur Kostenübernahme, die in den Sicherstellungsverträgen nach § 112 Abs 2 SGB V konkretisiert worden sei, könne sich die Beklagte auch nicht durch an die Versicherten gerichtete ablehnende Verwaltungsakte entledigen, zumal wenn diese gegenüber den Leistungserbringern, wie hier, nicht bekannt gegeben worden seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 18. November 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 4. Dezember 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.241,40 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

II

Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung an das LSG begründet. Ob der hier geltend gemachte restliche Vergütungsanspruch des Klägers für die der Beigeladenen gewährte vollstationäre Behandlung in Höhe von 10.241,40 DM zu Recht besteht, kann auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entschieden werden.

1. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig, denn es geht um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem ein Verwaltungsakt der Beklagten gegen den Kläger nicht ergehen mußte und auch nicht ergangen ist. Wie der Senat bereits im Urteil vom 21. August 1996 (3 RK 2/96 = SozR 3-2500 § 39 Nr 4) entschieden hat, entsteht das Gleichordnungsverhältnis bereits durch den öffentlich-rechtlichen SVtr nach § 112 Abs 2 SGB V (nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des SGB V: § 372 Abs 1 bis 3 Reichsversicherungsordnung (RVO)) sowie dem koordinationsrechtlichen, bei sog Plankrankenhäusern fingierten Versorgungsvertrag nach § 109 SGB V. Auch die Erklärung einer Kostenübernahme oder deren Ablehnung können von daher nicht als Ausdruck eines Über-/Unterordnungsverhältnisses angesehen werden (aA Krauskopf, Soziale Krankenversicherung und Pflegeversicherung, Stand Oktober 1995, § 39 RdNr 9; zur Rechtslage vor dem SGB V entsprechend auch Heberlein, SGb 1985, 12). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl hierzu Urteil vom 21. August 1996, aaO).

2. Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruches, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem am 1. November 1992 in Kraft getretenen SVtr nach § 112 Abs 2 SGB V zwischen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der KKn. Nach § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V ist das zugelassene Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung der Versicherten verpflichtet; Satz 3 der Vorschrift verpflichtet die KKn, mit den zugelassenen Krankenhäusern Pflegesatzverhandlungen zu führen und setzt damit die Vergütungspflicht als selbstverständlich voraus. Der SVtr regelt ua Voraussetzungen und Modalitäten der Zahlungspflichten der Krankenkassen. Der Anspruch des Versicherten gegenüber seiner Krankenkasse auf Krankenhausbehandlung ergibt sich dagegen aus § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V. Der Senat hat bereits im Urteil vom 21. August 1996 (aaO) deutlich gemacht, daß das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus zu trennen ist vom Behandlungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Versichertem sowie vom Versicherungsverhältnis, kraft dessen der Versicherte die Krankenhausbehandlung als Naturalleistung verlangen kann. Für das Abrechnungsverhältnis gilt: die Zahlungsverpflichtung der KK entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten.

Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Das bedeutet vor allem, daß beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen müssen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Das LSG ist indessen zu Unrecht davon ausgegangen, daß die nach Abschluß einer Krankenhausbehandlung im Versicherungsverhältnis getroffene Feststellung, die Voraussetzungen von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit hätten ganz oder zumindest zeitweise nicht vorgelegen, auf das Abrechnungsverhältnis unmittelbar durchschlägt und nach dem Eintritt der Bestandskraft eines entsprechenden Verwaltungsaktes ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses ebenfalls nicht mehr besteht. Dieser Auffassung steht bereits entgegen, daß das Krankenhaus am Subordinationsverhältnis zwischen KK und Versichertem, in dem das Fehlen von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, nicht beteiligt ist, sondern mit der KK im Gleichordnungsverhältnis steht und seine Zahlungsansprüche aus vertraglichen Grundlagen ableitet. Hieraus folgt, daß es durch die hoheitlich getroffene Entscheidung der KK, auch wenn sie ihm bekannt gegeben wird, nicht gebunden sein kann. Das LSG hat deshalb zu Recht Feststellungen über die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung getroffen, die allerdings nicht ausreichen.

Die fehlende Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung konnte aber nicht schon, wie es das LSG im Anschluß an das erstinstanzliche Urteil angenommen hat, aus der fehlenden Übereinstimmung der durchgeführten Operation mit der vom behandelnden Arzt gestellten Einweisungsdiagnose "Bauchbeschwerden bei Zustand nach jejunoilealem Bypass" abgeleitet werden. Zwar ist die Verordnung durch einen Vertragsarzt - von Notfällen abgesehen - Voraussetzung der von der KK geschuldeten Krankenhausbehandlung (§ 3 Abs 2 des hier anzuwendenden SVtr). Sie schränkt die Therapiefreiheit des Krankenhausarztes grundsätzlich jedoch nicht ein. Insbesondere wenn die Verordnung - wie hier - lediglich ein Beschwerdebild beschreibt, bleibt es dem Krankenhausarzt überlassen, über Erforderlichkeit und Art der Krankenhausbehandlung zu entscheiden. Wie der Senat bereits im Urteil vom 21. August 1996 (3 RK 2/96 = SozR 3-2500 § 39 Nr 4) ausgeführt hat, wird der im Gesetz geregelte Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung durch die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Aufnahme erstmalig und durch die jeweils geplanten und durchgeführten Behandlungsschritte fortlaufend - wenn auch nicht hoheitlich - konkretisiert und erfüllt, und die KK ist aufgrund des Sachleistungsprinzips verpflichtet, die entstehenden Kosten zu tragen (so auch BSG SozR 3-2500 § 39 Nr 3). Die vom Vertragsarzt verordnete Krankenhausbehandlung ist deshalb vom Krankenhausarzt zunächst auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen. Das zugelassene Krankenhaus und dessen Ärzte entscheiden nach den vertraglichen Vereinbarungen mit den Kassen mit Wirkung für die KK über die Krankenhausaufnahme des Versicherten sowie die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen. Eine andere Verfahrensweise - etwa durch Einholung einer Zustimmung der KK - wäre im Regelfall wegen der Dringlichkeit einer Krankenhausbehandlung auch kaum möglich. Stellt sich die Entscheidung nachträglich - vollständig oder in einzelnen Teilen - als unrichtig heraus, ist die KK nur dann nicht an die Entscheidung des Krankenhausarztes gebunden, wenn dieser vorausschauend ("ex ante") hätte erkennen können, daß die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, de lege artis also eine Fehlentscheidung getroffen wurde.

Nach der Krankenhausaufnahme ist die KK allerdings berechtigt, die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu überprüfen und davon eine Kostenübernahmeerklärung abhängig zu machen. Nach § 4 Abs 1 SVtr hat das Krankenhaus unverzüglich nach der Aufnahme des Versicherten eine Aufnahmeanzeige (§ 20 SVtr) an die KK zu senden. Die KK hat danach, falls sie in Kenntnis der Verordnung des behandelnden Vertragsarztes und der Aufnahmeanzeige Zweifel an der Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung hegt, die Möglichkeit, zur Klärung den MDK einzuschalten (§ 276 Abs 4 SGB V) oder eine Kostenübernahmeerklärung zunächst zu befristen (zur Zulässigkeit der Befristung vgl § 4 Abs 2 SVtr). Das Recht der KK zur Prüfung der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit durch den MDK ist auch in § 7 SVtr vereinbart.

Mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung erkennt die KK ihre Zahlungspflicht dem Grunde nach an. Die Erklärung ist allerdings, wie dargelegt, für die Entstehung der Zahlungspflicht nicht konstitutiv; diese entsteht bereits mit der Inanspruchnahme der Leistungen des Krankenhauses durch den Versicherten. Aus der Tatsache, daß die Partner des SVtr eine besondere Kostenübernahmeerklärung für erforderlich hielten, wird aber deutlich, daß sie ihr eine eigenständige Bedeutung beigemessen haben. Das Krankenhaus soll im Interesse einer zügigen Durchführung der Krankenhausbehandlung davon ausgehen können, daß die bei Abgabe der Kostenzusage feststellbaren Voraussetzungen der Eintrittspflicht der KK vorliegen, zu denen insbesondere die Versicherteneigenschaft des Patienten zählt. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründender Tatbestandsvoraussetzungen vorab festgestellt. Die Kostenübernahmeerklärung hat damit die Wirkungen eines sog deklaratorischen Schuldanerkenntnisses im Zivilrecht. Angesichts der Tatsache, daß die KK nur eine gesetzlich begründete und vertraglich näher ausgeformte Pflicht erfüllen will, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie mit der Kostenübernahmeerklärung zusätzlich einen eigenständigen Verpflichtungsgrund begründet (anders Eicher/Estelmann, DOK 1992, 134, 141, die von einem abstrakten Schuldanerkenntnis ausgehen). Folge des Schuldanerkenntnisses ist im Verhältnis Krankenhaus - Krankenkasse vor allem, daß die Krankenkasse als Schuldnerin des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses mit solchen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie bei Abgabe kannte oder mit denen sie zumindest rechnen mußte (Palandt-Sprau, BGB, 59. Aufl 2000, § 781 RdNr 4). Die Kostenübernahmeerklärung schließt damit, wie auch den hierzu im SVtr getroffenen Vereinbarungen zu entnehmen ist, nicht auch solche Einwendungen aus, die im Zeitpunkt der Abgabe noch nicht bekannt sein konnten.

Im Hinblick auf nachträglich bekanntwerdende Umstände, die sich auf die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung auswirken, tritt durch die Kostenübernahmeerklärung als Schuldanerkenntnis jedoch eine Umkehr der Beweislast ein (vgl Palandt-Sprau, aaO, § 781 RdNr 6; Eicher/Estelmann, DOK 1992, 134, 142): Dies ergibt sich aus der Vertrauensschutzfunktion der Kostenübernahmeerklärung zugunsten des Krankenhauses. Macht die KK auf Grund nachträglich bei ihr eingegangener Informationen trotz Vorliegens einer Kostenübernahmeerklärung geltend, daß Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht bestanden habe, so trägt sie hierfür - vorbehaltlich einer sachgemäßen Dokumentation der Behandlung durch das Krankenhaus - die Beweislast. Sie muß dann den Nachweis führen, daß die Behandlung medizinisch nicht mehr vertretbar oder unwirtschaftlich war; die Behauptung, die gewählte Form der Behandlung sei nicht zwingend geboten gewesen, es habe Alternativen gegeben, reicht allein nicht aus. Anlaß für eine Beweiserhebung besteht erst, wenn die gewählte Art der Behandlung nicht der bei Krankheiten dieser Art üblichen entspricht und eindeutig zweckmäßigere oder wirtschaftlichere Therapien zur Verfügung stehen. Läßt sich der Beweis auch durch die Anhörung von Sachverständigen als dem hier zumeist allein geeigneten Beweismittel nicht führen, so trifft die Kasse die Folgen der Beweislosigkeit. Die Krankenkasse wird hierdurch nicht einseitig belastet. Sie kann, wie bereits dargelegt, die Erklärung bei Behandlungsfällen mit nicht eindeutiger Diagnose zeitlich begrenzen und gegebenenfalls den MDK einschalten. Dann bleibt es Sache des Krankenhauses, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung - was einen therapeutischen Spielraum nicht ausschließen muß - als Voraussetzung seines Vergütungsanspruchs darzutun und notfalls zu beweisen.

Der durch die Kostenübernahmeerklärung eintretende Wechsel der Beweislast setzt allerdings, worauf im einzelnen noch einzugehen ist, voraus, daß das Krankenhaus die für die Beurteilung der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung erforderlichen Tatsachen sachgerecht dokumentiert hat. Denn andernfalls könnte das Krankenhaus die Beweislosigkeit durch bloße Untätigkeit herbeiführen. Bei unterbliebener oder unzulänglicher Dokumentation geht die Beweislast daher, dem Arzthaftungsrecht vergleichbar (vgl BGHZ 85, 212; BGHR BGB § 823 Abs 1 Beweislast 16 = BGH NJW 1989, 2330; BGH NJW 1988, 2949), trotz des Vorliegens einer Kostenübernahmeerklärung wieder auf das Krankenhaus über.

Das LSG hat die Rechtsfolgen der hier abgegebenen Kostenübernahmeerklärung verkannt. Es erweckt den Eindruck, die Kostenübernahmeerklärung habe konstitutiven Charakter und könne allein die Zahlungspflicht der KK begründen. Dann ist die Auffassung allerdings nicht konsequent, die Krankenkasse habe ihre Erklärung für die Vergangenheit frei widerrufen können, ohne Rücksicht darauf, daß die für die Verweildauer der Beigeladenen maßgebende Operation im Zeitpunkt des Widerrufs bereits durchgeführt war. Wenn es möglich wäre, die Kostenübernahmeerklärung nachträglich mit der Begründung zu widerrufen, die durchgeführte Behandlung sei zwar medizinisch vertretbar, aber nicht zwingend geboten gewesen, verlöre sie in weiten Bereichen ihre rechtliche Bedeutung. Denn diese Ausgangssituation findet sich in vielen Krankheitsfällen, bei denen eine Behandlungsbedürftigkeit zu bejahen ist, ohne daß eine vitale Indikation besteht. So mag auch im Falle der Beigeladenen darüber gestritten werden können, ob das gewählte operative Vorgehen die einzig noch in Frage kommende Therapie zur Erzielung einer Gewichtsabnahme war, oder ob nicht noch andere, weniger eingreifende Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung der Beklagten war das gewählte therapeutische Vorgehen, das zur Gewichtsreduktion eher unüblich sein mag (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 258. Aufl 1998, S 786, Stichwort: Jejunoileostomie), aber gedeckt, so daß nur noch in Frage stehen kann, ob und gegebenenfalls inwieweit auch für die Zeit nach der Operation eine Bindung der Beklagten an die Kostenübernahmeerklärung bestand.

Nach § 4 Abs 2 Satz 3 SVtr hat die KK bei verspäteter Mitteilung der Ablehnung eines Verlängerungsantrages die Pflegesätze bis einen Werktag nach Zugang der Mitteilung zu übernehmen. Hier geht es zwar nicht um die Entscheidung der KK über einen Verlängerungsantrag. Die im SVtr nicht geregelte Befristung einer zeitlich ursprünglich nicht befristeten Kostenübernahmeerklärung - ihre Zulässigkeit unterstellt - wäre jedoch entsprechend zu behandeln, so daß die Beklagte allein aufgrund der Kostenübernahmeerklärung verpflichtet gewesen wäre, die Behandlung zumindest bis zum 6. April zu bezahlen. Für einen früheren Zugang des Widerrufsschreibens bei dem Kläger fehlt es an einem Nachweis.

Ob die unbefristet erteilte Kostenübernahmeerklärung ohne Angabe von Gründen nachträglich befristet werden konnte, kann offenbleiben. Denn für die Zeit nach dem frühest möglichen Wirksamwerden der Befristung bis zur Entlassung der Beigeladenen liegen nach den Feststellungen des LSG keine Tatsachen vor, aus denen auf die fehlende Erforderlichkeit der Fortdauer der Krankenhausbehandlung geschlossen werden könnte. Für die lange Verweildauer war in erster Linie die bereits vor dem Ablauf der Kostenübernahmefrist durchgeführte Operation maßgebend. Nach Auffassung des MDK lag die postoperative Verweildauer angesichts der Konstitution der Beigeladenen und nicht vermeidbarer Komplikationen des Heilungsprozesses im angemessenen Rahmen; die während der Operation eingetretene, möglicherweise auf einem ärztlichen Kunstfehler beruhende Verletzung mit der Folge der Entfernung der Milz war für die lange Verweildauer nicht kausal geworden, so daß sie sich auf die Behandlungskosten nicht ausgewirkt hat.

Der Zahlungsanspruch des Klägers könnte jedoch deshalb (zumindest teilweise) unbegründet sein, weil die Behandlungsdauer der Beigeladenen bei zügigem Vorgehen, das nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit geboten ist, von vornherein hätte abgekürzt werden können. Das LSG hat seine Prüfung zu Unrecht allein auf die Zeit nach dem 1. April 1994 bis zur Entlassung der Beigeladenen am 26. April 1994 beschränkt, für die die Beklagte die Zahlung des tagesgleichen Pflegesatzes abgelehnt hat. Aus dem Vorgehen der Beklagten kann nicht der Schluß gezogen werden, daß sie ihre Leistungspflicht wohl für die Zeit vom Aufnahmetag (8. März 1994) an bis zum 31. März 1994 als gegeben ansah, nicht aber für die nachfolgende Zeit. Sie hat vielmehr die Erforderlichkeit der im Krankenhaus des Klägers erbrachten Leistungen insgesamt verneint. Für die Zeit bis zum 31. März 1994 hat sie die Behandlung offensichtlich nur deshalb gezahlt, weil sie sich an die abgegebene Kostenübernahmeerklärung gebunden fühlte. Einen derartigen, die Zahlungspflicht der KK begründenden Charakter hat die Kostenübernahmeerklärung jedoch, wie dargelegt, nicht.

Die Beklagte ist durch die Bezahlung einer Teilsumme nicht gehindert, den Einwand geltend zu machen, die Behandlung hätte insgesamt abgekürzt werden können. Sie ist auch nicht darauf beschränkt, die geleistete Zahlung im Wege der ungerechtfertigten Bereicherung (analog § 812 BGB) zurückzufordern und gegen einen restlichen Vergütungsanspruch für die Zeit vom 1. April bis 26. April 1994 aufzurechnen. Die Zahlung war nicht für die Behandlung der Beigeladenen an bestimmten Tagen, sondern als Entgelt für die Behandlung insgesamt bestimmt. Dem steht nicht entgegen, daß die Vergütung sich aus dem tagesgleichen Pflegesatz errechnet. Der Pflegesatz für einen Tag ist nur Berechnungsfaktor für die Vergütung der Behandlung, nicht aber die anteilige Vergütung eines Behandlungstages. Der Pflegesatz ist der auf den einzelnen Patienten umgerechnete Preis pro Tag, der sich aus der Gesamtheit aller Leistungen eines Krankenhauses ergibt (zu Besonderheiten des Pflegesatzsystems nach der Bundespflegesatzverordnung idF vom 26.9.1994, (BGBl I S 2750), insbesondere die Gliederung in Abteilungs- und Basispflegesätze sowie Sonderentgelte, die hier nicht erheblich ist, vgl Rudi Schmidt, in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Band 2, Stand 1. Mai 1998, § 39 RdNr 276 ff). Das Krankenhaus erhält den Pflegesatz multipliziert mit der Zahl der Behandlungstage (in Zukunft: die Fallpauschale vgl § 17b KHG) für die erbrachte Gesamtleistung (vgl Rudi Schmidt, aaO, RdNr 101). Hält die KK die Behandlung im Krankenhaus insgesamt für zu lang und zahlt deshalb, wie hier, den Pflegesatz nur für eine geringere Anzahl an Behandlungstagen als vom Krankenhaus gefordert, so ist die Erforderlichkeit des Krankenhausaufenthaltes für die gesamte tatsächliche Verweildauer zu prüfen, da ein Vergütungsanspruch nur insoweit entsteht, als die Leistungserbringung wirtschaftlich ist.

Das LSG hätte deshalb auch prüfen müssen, ob der Aufenthalt der Beigeladenen im Krankenhaus des Klägers in der Zeit zwischen dem 8. und 31. März durchgehend aus medizinischen Gründen geboten war bzw ob die Operation nicht eher hätte erfolgen können. Ermittlungen liegen bislang nur zu der Frage vor, ob die durchgeführte Operation als solche medizinisch indiziert war und ob die anschließende Verweildauer, die entweder im unmittelbaren Zusammenhang mit der Operation stand oder durch deren Folgen verursacht wurde, notwendig war. In keiner Weise geklärt ist dagegen bislang, ob und in welchem Umfang der Aufenthalt der Beigeladenen im Krankenhaus des Klägers in der Zeit zwischen dem Aufnahmetag und der Vorbereitung zur Operation aus medizinischen Gründen gerechtfertigt war. Der MDK hat hierzu ausgeführt, am Aufnahmetag (8. März 1994) sei zunächst die Operation einer Narbenhernie vorgesehen gewesen. Am 10. März wurden dann diverse röntgenologische Untersuchungen durchgeführt. In der Folgezeit hat das Krankenhaus erst am 17. März wieder eine medizinisch relevante Maßnahme dokumentiert. Es fand ein Operationsgespräch statt; vorbereitende Maßnahmen für die letztlich am 22. März durchgeführte Operation wurden danach jedoch erst am 20. März vorgenommen. Danach ist zumindest für die Zeit vom 11. März bis 19. März die Notwendigkeit des Krankenhausaufenthalts anhand der Dokumentation nicht belegt.

Die Verpflichtung des Krankenhauses zur Dokumentation aller für den Nachweis von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit relevanten Tatsachen ergibt sich aus dem SVtr. In § 7 Abs 1 SVtr wird das bereits in § 276 Abs 4 SGB V begründete Recht der KKn nochmals betont, in Einzelfällen die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung durch einen Arzt des MDK überprüfen zu lassen und zu diesem Zweck den Ärzten des MDK die erforderliche Unterstützung, zB durch Einsicht in die Krankenakten, zu gewähren. § 10 Abs 5 SVtr verdeutlicht zudem, daß Berichte, die die KKn und die Ärzte des MDK zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigen, zu den allgemeinen Krankenhausleistungen zählen. Bei verständiger Würdigung der beiderseitigen Interessenlagen ergibt sich hieraus nicht nur das Recht der KKn, tatsächlich erstellte Dokumentationen in Augenschein zu nehmen, sondern zugleich die Pflicht des Krankenhauses, aussagefähige Dokumentationen über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung zu führen.

Da das LSG aufgrund seiner abweichenden Rechtsauffassung zu diesem Punkt keine weiteren Feststellungen getroffen hat, mußte der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das LSG zurückverwiesen werden. Das LSG wird insbesondere dem Kläger Gelegenheit geben müssen, zur Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung in der Zeit vom 11. März bis 19. März 1994 und zu der Frage, weshalb die Operation erst nach etwa zwei Wochen durchgeführt worden ist, Stellung zu nehmen.

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.
Rechtskraft
Aus
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