S 35 AS 70/05

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AS 70/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Zwecke des Existenzgründungszuschusses nach § 421 l SGB III und Leistungen nach dem SGB II sind weitgehend identisch, so dass der Existenzgründungszuschuss bei Leistungen zur Grundsicherung nach § 11 Abs.1 SGB II grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen ist (entgegen Sächs. LSG, Beschluss vom 10.01.2006, L 3 B 233/05 AS-ER);
2. Bei der Einkommensanrechnung sind die tatsächlich anfallenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 11 Abs. 2 Ziff. 3a) SGB II in Abzug zu bringen;
I. Der Beklagte wird unter Änderung des Änderungsbescheides vom 09.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2006 ver-urteilt, den Klägern Leistungen zur Grundsicherung in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung des Existenzgründungszuschusses und Abzug der tatsächlich anfallenden Krankenversicherungsbeiträge zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Der Beklagte hat 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der dem Kläger zu 2. gezahlte Existenzgründungs-zuschuss (nach § 421 l SGB III) sich bedarfsmindernd auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II auswirkt.

Die Kläger bezogen beide bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe und ergänzend Wohngeld in Höhe von 47 EUR monatlich. Mit Bewilligungsbescheid des Arbeitsamts Bautzen vom 11.11.2004 erhielt der Kläger zu 2. zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tä-tigkeit einen Existenzgründungzuschuss gem. § 421 l SGB III für die Zeit vom 01.12.2004 bis 30.11.2005 in Höhe von monatlich 600,00 EUR für die von dem Kläger zu 2. beabsichtigte selbständige Tätigkeit der Erbringung von Fahrdienstleistungen. Mit Antrag vom 16.10.2004/06.12.2004 beantragten die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-halts nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II). Die Kläger sind Eigentümer eines Eigen-heims mit zwei Wohneinheiten. Eine Wohnung ist an die Tochter P. vermietet. Hierfür erhalten die Kläger eine monatliche Miete in Höhe von 150,00 EUR. Eine Wohnung des Hau-ses (mit 94 m²) wird von den Klägern und deren 1986 geborenen Sohn P. bewohnt. Die Kläger legen bei der Antragstellung u.a. ein Verkehrswertgutachten für ihr Eigenheim vor. In dem Zusatzblatt "Einkommenserklärung/Selbsteinschätzung" gibt der Kläger zu 2. an, voraussichtlich am 01.01.2005 die selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Er rechne mit Be-triebseinnahmen von 1.300,00 EUR und Betriebsausgaben von 1.000,00 EUR monatlich. Von dem Unternehmensberater und Buchhaltungsservice Andreas S. wird mit Schreiben vom 22.12.2004 eine Bescheinigung vorgelegt, wonach der Kläger zu 2. im Geschäftsjahr 2004 keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt hat. Weiterhin sei davon auszugehen, dass die Umsätze im Geschäftsjahr 2005 weniger als 17.500,00 EUR betragen und von einem Gewinn im Geschäftsjahr 2005 von weniger als 4.000,00 EUR auszugehen sei.

Mit Bescheid vom 03.01.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen ab, da die Kläger nicht hilfebedürftig seien (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II). Ausgangspunkt der Be-darfsermittlung waren Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 90,22 EUR. Als Ein-kommen wurde beim Kläger zu 2. ein Einkommen aus Vermietung in Höhe von 150,00 EUR, sonstiges Einkommen in Höhe von 600,00 EUR sowie laufendes Einkommen aus Selbständig-keit in Höhe von 245,48 EUR, abzüglich einer Einkommensbereinigung von 46,20 EUR, insge-samt 949,28 EUR berücksichtigt. Da dieser Betrag den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft (von 686,22 EUR) überstieg, kam keine Leistung in Betracht.

Hiergegen haben die Kläger mit Schreiben vom 06.01.2005 Widerspruch eingelegt und beanstandet, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (in Höhe von 183,56 EUR) sowie die Beiträge zur Rentenversicherung ungeklärt seien. Der Kläger zu 2. gab ferner an, dass er derzeit aufgrund seiner erst kürzlich aufgenommenen Tätigkeit noch kei-ne Einkünfte erziele.

Mit Änderungsbescheid vom 06.01.2005 bewilligte die Beklagte den Klägern ALG II für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 165,96 EUR. Als Kosten der Unterkunft wurden weiterhin 90,22 EUR dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft (von 686,22 EUR) zugrunde gelegt. Für den Kläger zu 2. wurde ein monatliches Gesamteinkommen von 520,26 EUR (bestehend aus Einkommen aus Vermietung in Höhe von 150,00 EUR; sonstiges Einkommen in Höhe von 600,00 EUR; Einkommensbereinigung – 229,74 EUR) berücksichtigt. Während des Bezugs von ALG II sei die Klägerin zu 1. bei der A. kranken- und pflege-versichert. Der Kläger zu 2. sei nicht versichert. Für beide Kläger werden Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung an die Rentenversicherung der Arbeiter gezahlt.

Hiergegen haben die Kläger mit Schreiben vom 31.01.2005 Widerspruch eingelegt und den Widerspruch beschränkt auf die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung, die nicht entsprechend der eingereichten Unterlagen berechnet worden seien; die Zinsen, die nicht berücksichtigt worden seien; den Existenzgründerzuschuss, der als Einkommen ange-rechnet wurde; die Krankenversicherung, die nicht als Ausgabe gegengerechnet und die Rentenversicherung, die vergessen worden seien. Mit Schreiben vom 07.02.2005 wurde dieser Widerspruch zurückgenommen.

Mit Änderungsbescheid vom 09.02.2005 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von 606,49 EUR im Monat. Unter Beachtung der Regelleistung für beide Kläger (in Höhe von je-weils 298,00 EUR), der Kosten der Unterkunft (in Höhe von 391,47 EUR), abzüglich der auf den Sohn P. entfallenden Mietanteile (von 130,49 EUR), laufenden Heizkosten in Höhe von 100,00 EUR (abzüglich eines Warmwasseranteils von 15,34 EUR und abzüglich des Heizkosten-anteils für den Sohn Pa. von 28,22 EUR) ergab sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 913,42 EUR. Als Einkommen wurden die Einkünfte des Klägers zu 2. (laufende Einkünfte aus Erwerbs-tätigkeit in Höhe von 600,00 EUR; Einkünfte aus Vermietung in Höhe von 150,00 EUR) insge-samt 750,00 EUR gegengerechnet. Unter Würdigung der nach § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzen-den Beträge verblieb ein zu berücksichtigendes Einkommen von 568,47 EUR, was einen Be-darf für laufende Leistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von 344,95 EUR ergab. Weiter wurden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (in Höhe von 183,54 EUR) für die Kran-ken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Rentenversicherungsbeiträge in Höhe von 156,00 EUR übernommen.

Gegen den Änderungsbescheid haben die Kläger am 07.03.2005 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, es sei unverständlich, dass ein Existenzgründerzuschuss als Ein-kommen angerechnet werde. Der Kläger zu 2. versuche, sich eine Existenz aufzubauen. Es sei kein nennenswertes Eigenkapital vorhanden. Der Aufbau gelinge nur mit Unterstüt-zung. Er müsse auch noch sein Baudarlehen abbezahlen. Ihm verbleibe von der Grün-dungshilfe von 600,00 EUR nach Abzug der Kranken- und Rentenversicherung nur 336,00 EUR. Die Klägerin zu 1. sei von einer Sachbearbeiterin des Beklagten gedrängt worden, den Wi-derspruch zurückzunehmen, weil es sonst keine Geld gebe. Der Unternehmensberater A. S. bestätigte für den Kläger mit Schreiben vom 27.03.2006, dass dieser im Zeitraum 01.01.2005 bis 30.06.2005 ein negatives Betriebsergebnis erzielt habe. Von dem Exis-tenzgründerzuschuss von 600,00 EUR müsse der Kläger zu 2. monatlich 183,45 EUR für Kran-ken- und Pflegeversicherung sowie 78,00 EUR für die Rentenversicherung abführen.

Mit Schreiben vom 02.03.2006 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass in der Klageerhe-bung (am 07.03.2005) der fristgemäße Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 09.02.2005 liegt, über den nicht entschieden sei. Der Beklagte hat daraufhin mit Wider-spruchsbescheid vom 28.03.2006 den Widerspruch der Kläger zurückgewiesen. Den Klä-gern stehe tatsächlich im Bewilligungszeitraum Januar bis Juni 2005 ein monatlicher Leis-tungsanspruch von 252,05 EUR zu. Dabei berechne sich der Gesamtbedarf aus den Regelleis-tungen nach § 20 SGB II (2 x 298,00 EUR). Die Kosten der Unterkunft ergeben sich danach aus den Hauslasten (in Höhe von 309,15 EUR) abzüglich der Mietanteile des volljährigen Sohnes P., der im Haushalt der Kläger wohne und sich deshalb als in der Haushaltsgemein-schaft lebende Person an Unterkunfts- und Heizkosten zu beteiligen habe (Anteil von 103,05 EUR), woraus sich Kosten der Unterkunft von 206,10 EUR ergeben. Zuzüglich der Hei-zungskosten (in Höhe von 101,00 EUR), abzgl. der Heizkostenanteile für den Sohn P. (von 33,67 EUR), verbleiben 67,33 EUR. Daraus ermittle sich ein Gesamtbedarf für Leistungen zum Lebensunterhalt von 869,34 EUR. An Einkünften sei bei der Klägerin zu 1. das Kindergeld für P. (in Höhe von 154,00 EUR monatlich) zu berücksichtigen. Eine Abzweigung des Kindergel-des (nach § 74 EStG) liege nicht vor. Für den Kläger zu 2. wurden Einkünfte aus Vermie-tung (in Höhe von 150,00 EUR) sowie der Existenzgründungszuschuss (in Höhe von 600,00 EUR) als Einkommen berücksichtigt. Für die Kläger hat der Beklagte jeweils die Versicherungs-pauschale nach § 11 Abs. 2 SGB II in Höhe von 30,00 EUR (insgesamt 60,00 EUR) zum Abzug gebracht. Ferner wurden vom Einkommen des Klägers zu 2. dessen Beiträge zur Renten-versicherung (78,00 EUR) sowie die Kfz-Haftpflichtversicherung (in Höhe von 18,36 EUR) zum Abzug gebracht. Als Beitrag für die Kranken- und Pflegeversicherung sei nur der gesetzli-che Mindestbeitrag in Höhe von 130,26 EUR in Abzug zu bringen. Danach verblieb ein einzu-setzendes Einkommen in Höhe von 617,38 EUR, wonach sich die Summe der laufenden Leis-tungen zum Lebensunterhalt auf 252,05 EUR errechnete. Die Werbungskostenpauschale und ein Freibetrag für Erwerbstätigkeit könne nach Auffassung der Beklagten nicht (mehr) in Abzug gebracht werden, da die Bedarfsgemeinschaft nicht über Einkommen aus unselb-ständiger Arbeit bzw. über Einkommen aus Erwerbstätigkeit verfüge. Da bislang für die Monate Januar bis Juni 2005 monatlich 606,49 EUR gewährt wurden, sei eine Überzahlung in Höhe von 2.126,64 EUR entstanden, die jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zurückgefordert werden.

Der Kläger zu 2. hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 31.03.2006 erklärt, dass er in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist und hierfür einen monatli-chen Beitrag in Höhe von 183,54 EUR zahle. Die Klägerin zu 2. sei im Rahmen der Familien-versicherung mitversichert. Das Kindergeld für den Sohn P. werde an die Kläger überwie-sen.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Änderung des Änderungsbescheides vom 09.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2006 zu verurteilen, den Klägern Leistungen zur Grundsicherung in gesetzlicher Höhe ohne Berücksichtigung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides unzulässig gewesen. Im Übrigen sei sie unbegründet. Der Existenzgründerzuschuss sei als Einkommen zu berücksichtigen. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II, wonach bestimmte Leistungen wegen ihrer Zweckbestim-mung von der Anrechnung ausgenommen werden, finde keine Anwendung, da es an der Zweckbestimmung fehlt. Der Existenzgründerzuschuss diene zur Sicherung des Lebensun-terhalts in der Zeit nach der Existenzgründung. Die Kosten der privaten Krankenversiche-rung seien nur in Höhe des gesetzlichen Mindestbeitrags zu übernehmen. Die Klägerin zu 1. sei über die Familienversicherung mitversichert. Wer den Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III beantragt hat, für den werde widerlegbar vermutet, dass er auch selb-ständig ist. Es komme erkennbar daher allein auf die Frage an, ob eine bewilligte Hilfeleis-tung nach dem SGB II mit dem bewilligten Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III verrechnet werden darf. Der Beklagte schloss sich zuletzt der Auffassung an, dass zwischen der Gewährung des Existenzgründungszuschusses und Leistungen nach dem SGB II Zweckidentität bestehe. Auf den richterlichen Hinweis vom 30.11.2005 führte der Beklagte aus, dass insoweit voneinander abweichende Rechtsprechungen (u.a. des Hessi-schen Landessozialgerichts, 7. Senat) vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwal-tungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage war, nachdem der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 über den Widerspruch entschieden hatte, zulässig, da insbesondere das Widerspruchsverfahren (§ 78 Sozialgerichtsgesetz - SGG) abgeschlossen war. Der Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 wurde auch, entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung, nach § 96 SGG Gegenstand des bereits anhängigen Klageverfahrens.

Es handelt sich um eine Streitigkeit der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Kammer hatte somit in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus der Vorschlagsliste der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu entscheiden (§ 12 Abs. 5 SGG).

Die Klage ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Ände-rungsbescheid vom 09.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2006 verletzt die Kläger rechtswidrig in ihren Rechten i.S.v. § 54 Abs. 2 SGG, so-weit bei der Anrechnung des Einkommens des Klägers zu 2. dessen Krankenversiche-rungsbeiträge nicht in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt wurden. Im Übrigen, was die Berücksichtigung des Existenzgründungszuschusses als Einkommen betrifft, war die Klage abzuweisen.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben (§ 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Dabei gehören zur Bedarfsgemeinschaft die erwerbsfähigen Hilfebedürfti-gen und als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dessen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte (§ 7 Abs. 3 SGB II). Ein im Haushalt lebendes volljähriges Kind (hier der Sohn P.) gehört nicht zur Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II und wurde des-halb zu Recht von der Beklagten der Bedarfsgemeinschaft nicht zugeordnet.

Die Kläger haben als grundsätzlich erwerbsfähige Personen nur Anspruch auf Leistungen, soweit sie hilfebedürftig sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer sei-nen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozial-leistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).

Bei grundsätzlich bestehender Hilfebedürftigkeit mindert das zu berücksichtigende Ein-kommen die Geldleistungen (§ 19 Satz 2 SGB II). Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz erbracht werden (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Hier durfte der Beklagte bei der Klägerin zu 1. das Kindergeld für den volljährigen Sohn P. als deren Einkommen berücksichtigen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II ist das Kindergeld für minderjährige Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensun-terhalts benötigt wird, als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Ausdrücklich nicht geregelt ist, bei wem das Kindergeld für volljährige Kinder zu berücksichtigen ist. Es gilt allerdings der Grundsatz, dass das Kindergeld für volljährige Kinder jedenfalls dann dem Kindergeldberechtigten (also den Eltern) zuzuordnen ist, wenn das volljährige Kind noch im Haushalt der Eltern lebt und das Kindergeld nicht an das volljährige Kind weiter-geleitet wird (vgl. Beschluss des SG Dresden vom 28.06.2005, Az.: S 23 AS 366/05 ER). Dies ist mittlerweile (mit Geltung für den Zeitraum ab 01.10.2005) in der 1. Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung vom 22.08.2005 (Art. 1 Ziff. 8, BGBl. I S. 2499) auch gesetzlich geregelt. Abzüge (insbesonde-re nach § 11 Abs. 2 SGB II) waren hiervon nicht mehr vorzunehmen. Danach hat der Be-klagte zuletzt im Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 zu Recht ein Einkommen in Höhe von 154,00 EUR bei der Klägerin zu 1. berücksichtigt.

Ferner durfte der Beklagte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 150,00 EUR für die an die Tochter vermietete Wohnung als Einkommen bei dem Kläger zu 2. berücksichtigen. Absetzbeträge (im Sinne von § 11 Abs. 2 SGB II), wie z.B. auf das Ein-kommen entrichtete Steuern, sind nicht ersichtlich und wurden nicht geltend gemacht.

Der Beklagte durfte auch dem Grunde nach den Existenzgründungszuschuss als Einkom-men berücksichtigen. Nach Auffassung der Kammer liegt (entgegen dem Beschluss des Sächs. LSG vom 10.01.2006, L 3 B 233/05 AS-ER) eine Privilegierung des Existenzgrün-dungszuschusses nach § 11 Abs. 3 SGB II nicht vor.

Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II sind Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Ein-nahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zweckbestimmte Einnahmen sind solche, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen, also einem anderen Zweck als der Bestreitung des Lebensunterhaltes oder der Ar-beitseingliederung (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rdnr. 213 m.w.N.; Brühl in LPK-SGB II, § 11 Rdnr. 41). Zwischen der zweckbestimmten Leistung und den Leistun-gen nach dem SGB II darf keine Zweckidentität bestehen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rdnr. 217 mw.N.).

§ 11 Abs. 3 SGB II enthält selbst keine gesetzliche Definition des Begriffs der "zweckbe-stimmten Einnahme". Hintergrund der Freistellung ist es, zu sichern, dass der Zweck, zu dem die Leistung, deren Anrechnung infrage steht, nicht vereitelt wird, weil sie im An-rechnungsfall anstelle der danach ausfallenden Leistung für deren Zwecke eingesetzt wer-den müsste. Auch soll verhindert werden, dass für einen identischen Zweck Doppelleistun-gen aus öffentlichen Mitteln erbracht werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2005, L 25 B 1265/05 AS PKH; L 25 B 1267/05 AS ER; Beschluss vom 06.12.2005, L 10 B 1144/05 AS ER; BSG SozR 3-5910 § 76 Nr. 4, S. 12 ff). Zu prüfen war somit, ob der Existenzgründungszuschuss (EGZ) eine zweckbestimmte Einnahme dar-stellt, die einem anderen Zweck dient als die Leistungen nach dem SGB II.

Nach § 421 l Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung des 4. Gesetzes zur Änderung des Drit-ten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. November 2004 (BGBl. I S. 2902) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tä-tigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, Anspruch auf einen monatlichen EGZ. Der Zuschuss wird geleistet, wenn der Existenzgründer (1) in einem engen Zusammenhang mit der Auf-nahme der selbständigen Tätigkeit Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III bezogen oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden ist, (2) nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit Arbeitseinkommen nach § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch erzielen wird, das voraussichtlich 25.000 Euro im Jahr nicht überschreiten wird, und (3) eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle über die Tragfähigkeit der Existenzgründung vorgelegt hat. Der Zuschuss wird nach § 421 l Abs. 2 SGB III bis zu drei Jahre erbracht und beträgt im ersten Jahr nach der Be-endigung der Arbeitslosigkeit monatlich 600 Euro, im zweiten Jahr monatlich 360 Euro und im dritten Jahr monatlich 240 Euro. Die gesetzliche Regelung des EGZ beschränkt sich also darauf, Leistungsvoraussetzungen und -umfang festzulegen. Eine ausdrückliche Zweckbestimmung enthält sie nicht.

Zur Klärung, welchem Zweck und welchem gesetzgeberischen Ziel der Existenzgrün-dungszuschuss dienen soll, lässt sich auf die Gesetzesmaterialien zurückgreifen. Danach werden in Deutschland bestimmte Segmente im Dienstleistungssektor nur unzureichend für die Erschließung zusätzlicher regulärer Beschäftigungsmöglichkeiten genutzt (vgl. BT-Drucks. 15/26 S. 19). Durch entsprechende Förderanreize sollen in diesem Bereich Be-schäftigungsmöglichkeiten gewonnen werden. Mit dem unkonventionellen neuen Ansatz der Ich-AG soll die Gründung selbständiger Existenzen angeregt werden. Der Übergang in die Selbständigkeit soll zeitlich befristet sozial flankiert werden, indem Gründerinnen und Gründer in den Schutz der Sozialversicherung einbezogen bleiben (BT-Drucks. a.a.O.). Den Zuschuss können die Inhaber der Ich-AG für ihre Beitragszahlungen zur Sozialversi-cherung verwenden (BT-Drucks. 15/26 S. 22). Zur Festlegung der Höhe des Zuschusses ging der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Höhe im ersten Jahr an der Hälfte der Sum-me aus dem durchschnittlichen monatlichen Arbeitslosengeld und den darauf entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen zur Jahresmitte 2002 ergibt (BT-Drucks. 15/26 S. 23). Schließlich soll die gleichzeitige Bewilligung von Überbrückungsgeld (nach § 57 SGB III) ausgeschlossen sein. Dies begründet der Gesetzgeber damit, dass mit dem Überbrückungs-geld nach § 57 eine weitere, dem Zweck nach gleich gerichtete Leistung an die Arbeit-nehmer vorliege und eine Doppelförderung ausgeschlossen werden soll (BT-Drucks. 15/26 S. 23). Gefördert werden soll somit der Übergang von der Arbeitslosigkeit unter gleichzei-tiger Entlastung des Arbeitsmarkts zur kleinunternehmerischen Tätigkeit.

Damit sind nach Auffassung der Kammer die Zwecke des Existenzgründungszuschusses und der Leistungen nach dem SGB II (ALG II) im weitesten Sinne zweckidentisch, da bei-de Leistungen (auch) der Unterhaltssicherung dienen (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 29.06.2005, L 7 AS 22/05 ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2005, L 25 B 1265/05 AS PKH; L 25 B 1267/05 AS ER; Beschluss vom 06.12.2005, L 10 B 1144/05 AS ER). Zwar erwähnt der Gesetzeswortlaut in § 421 l SGB III (anders als § 57 SGB III) nicht den Zweck der "Sicherung des Lebensunterhalts", weshalb das Sächs. LSG in seinem Beschluss vom 10.01.2006 (L 3 B 233/05 AS-ER, amtl. Umdruck S. 10) zu dem Schluss kommt, der Existenzgründungszuschuss (EGZ) diene nicht der Unterhaltssiche-rung. Nach dieser Entscheidung soll auch die Höhe des EGZ dafür sprechen, dass eine Le-bensunterhaltssicherung nicht bezweckt sei. Dem folgt die Kammer nicht. Vielmehr spricht gerade die Höhe der Bemessung des EGZ für die Unterhaltssicherungsfunktion. Die Höhe der Zuschüsse knüpft pauschalierend an der Bemessung von Lohnersatzleistungen an und orientiert sich insbes. nicht an einem individuellen, für die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit erforderlichen Kapitalaufwand (BT-Drucks. 15/26, S. 23; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2005, L 10 B 1144/05 AS ER). Danach dient auch der EGZ der Unterhaltssicherung.

Weiter ergibt sich aus der Gesetzeskommentierung, dass für den Existenzgründungszu-schuss nach § 421 l SGB III und dem Überbrückungsgeld eine gemeinsame Zielrichtung besteht. Damit hat der Gesetzgeber festgelegt, dass Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermei-den, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Leistungen haben sollen. Da die Gesetzesmaterialien von einer "gleich gerichteten" Leistung (beim Vergleich von § 421 l SGB III und § 57 SGB III) ausgehen, muss bei beiden Leistungen, also auch beim Existenzgründungszuschuss, von der Unterhaltssicherung als Zweck ausgegangen werden (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).

Die kumulative Gewährung von Existenzgründungszuschuss und ALG II würde sich als Doppelleistung darstellen. Dies ergibt sich auch aus dem festgelegten Zweck des Existenz-gründungszuschusses, wonach die Inhaber der Ich-AG die Leistung für die Beitragszah-lung zur Sozialversicherung verwenden können.

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs kann der von der Bundesagentur für Arbeit erbracht Zuschuss für die Beitragszahlungen zur Sozialversicherung verwendet werden (vgl. BT-Drucks. 15/26, S. 22 f.). Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Empfän-ger des Existenzgründungszuschusses üblicherweise diese Zahlungen zu leisten haben. Eine Festlegung auf diesen Zweck besteht aber nicht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Bezieher von Leistungen nach dem SGB II den Existenzgründungszu-schuss nicht für Beitragszahlungen zur Sozialversicherung benötigen. Die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung werden nämlich als Leistung der Grundsicherung für Arbeitsu-chende nach dem SGB II von der Bundesagentur für Arbeit übernommen (Brünner in LPK-SGB II, § 26 Rdnr. 5). Der Leistungsbezieher von ALG II ist bereits in der Sozialver-sicherung (der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung) nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a SGB XI und § 3 Satz 1 Nr. 3 a SGB VI gesetz-lich versichert. Die Beiträge zur Sozialversicherung sind nach der gesetzgeberischen Kon-zeption zwingende Bestandteile der Grundsicherung für Arbeitssuchende (vgl. Brünner in LPK – SGB II a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2005, L 25 B 1265/05 AS PKH; L 25 B 1267/05 AS ER; Beschluss vom 06.12.2005, L 10 B 1144/05 AS ER). Soweit das Sächs. LSG (im Beschluss vom 10.01.2006, L 3 B 233/05 AS-ER) darauf verweist, dass der Bezug von Alg II nicht der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen dienen soll, wird übersehen, dass die Versicherung und Beitragszahlung zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung bereits in der Leistung immanent sind. Da mit dem Bezug von Alg II bereits eine Versicherung in den wichtigsten Sozialversicherungszweigen er-folgt, dient der Leistungsbezug auch der sozialen Absicherung in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Da somit beide Leistungen (der Existenzgründungszuschuss und das ALG II) auch zur Sicherung der Sozialversicherungsbeiträge bestimmt ist, liegt auch insofern Zweckidentität vor.

Schließlich dienen beide Leistungen auch der Eingliederung in Arbeit. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst nach § 1 Abs. 2 SGB II Leistungen zur Beendigung oder Ver-ringerung der Hilfebedürftigkeit, insbesondere durch Eingliederung in Arbeit und zur Si-cherung des Lebensunterhaltes. Damit ist Ziel des ALG II auch die Beseitigung von Ar-beitslosigkeit. Der Eingliederung in Arbeit dient auch die Gewährung des Existenzgrün-dungszuschusses. Zweck der Regelung des § 421 l SGB III ist u. a. die Beendigung und Beseitigung von Arbeitslosigkeit von Arbeitnehmern durch Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (BT-Drucks. 15/26 S. 22; Becker in SGB III-PK, Hrsg. Wis-sing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, § 421 l Rdnr. 6). Der Existenzgründungszu-schuss dient damit wie die Grundsicherung für Arbeitsuchende der Eingliederung des Betreffenden in den Arbeitsmarkt. Zwischen beiden Leistungen ist daher Zweckidentität gegeben.

Dieses Auslegungsergebnis (die Anrechnungspflichtigkeit des EGZ wegen Zweckidentität) findet eine Bestätigung in dem, was die Gesetzesmaterialien zu den §§ 16 , 29 SGB II aussagen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.12.2005, L 10 B 1144/05 AS ER). Die Vorschriften regeln die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (§ 16 SGB II) bzw. das sog. Einstiegsgeld (§ 29 SGB II). Bei den in den §§ 16, 29 SGB II aufgezählten Leistungen handelt es sich um "Leistungen nach dem SGB II", die nicht als Einkommen zur berücksichtigen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der EGZ nach § 421 l SGB III wird dabei (anders als beispielsweise Eingliederungszuschüsse nach den §§ 217 ff SGB III) in § 16 SGB II nicht genannt. Die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (BT-Drucks. 15/1728, S. 177/178) sah im Entwurf des SGB II vor, auch § 421 l SGB III mit in den in § 16 Abs. 1 SGB II geregelten Katalog der Eingliederungsleistungen aufzunehmen. Dieser Empfehlung ist der Vermittlungsausschuss nicht gefolgt (BT-Drucks. 15/2259), so dass das SGB II ohne eine Aufnahme des § 421 l SGB III in § 16 Abs. 1 SGB II verab-schiedet wurde. Das Verhältnis des EGZ zu den Leistungen nach dem SGB II war sodann Gegenstand der Beratungen des Entwurfs des Kommunalen Optionsgesetz im Jahr 2004 (BT-Drucks. 15/2816). Da EGZ und Überbrückungsgeld trotz ihrer lebensunterhaltssi-chernden Funktion kumulativ zum Arbeitslosengeld II nach dem SGB II zu zahlen wären, sah die Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (vgl. BT-Drucks. 15/2997) zum Kommu-nalen Optionsgesetz (BT-Drucks. 15/2816) eine Formulierung des § 16 SGB II vor, die den EGZ bewusst nicht erwähnte. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst den EGZ nach § 421 l SGB III von einer Privilegierung ausnehmen wollte.

Danach darf der Existenzgründungszuschuss dem Grunde nach als Einkommen berück-sichtigt werden. Von dem Einkommen sind die in § 11 Abs. 2 SGB II genannten Ausgaben und Abgaben abzusetzen. Durch Abzug der auf die Einnahmen zu entrichtenden Steuern sowie der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und Arbeitsförderung wird die Einkom-mensberücksichtigung auf das Nettoeinkommen beschränkt. Die Einnahmen sind weiter um die mit ihrer Erzielung verbundenen notwendigen Ausgaben zu bereinigen. Schließlich dienen die weiteren abzusetzenden Beträge der Vorsorge für Risiken sowie der Motivation zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. § 11 Abs. 2 SGB II wird durch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Ver-mögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V vom 20. Oktober 2004, BGBl. I S. 2622) ergänzt, die aufgrund der Verordnungsermächtigung des § 13 Satz 1 Nr. 3 SGB II festlegt, welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind.

Nach § 3 Nr. 1 der Alg II-V ist ein Betrag in Höhe von 30,00 EUR monatlich für die Beträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, zu berücksichti-gen. Damit sind sämtliche Beiträge zur privaten Vorsorge mit abgegolten. Der Beklagte hat hier für beide Kläger den Pauschbetrag in Höhe von 30,00 EUR zutreffenderweise berücksich-tigt. Bei dem Kläger zu 2. war ferner nach § 11 Abs. 2 Ziff. 3 SGB II der Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung als gesetzlich vorgeschriebene private Versicherung abzuziehen. Auch wurde zu recht der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung (i.H.v. 78 EUR) nach § 11 Abs. 2 Ziff. 3 b) SGB II in Abzug gebracht.

Schließlich sind nach § 11 Abs. 2 Ziff. 3 a) SGB II die tatsächlich anfallenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung des Klägers zu 2. in Abzug zu bringen. Der Kläger zu 2. muss einen monatlichen Beitrag von 183,54 EUR aufbringen um seine Kranken- und Pflege-versicherung und (über die Familienversicherung, § 10 Abs. 1 SGB V) die Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin zu 1. abzudecken. Da, wie festgestellt, Leistungszweck des EGZ auch die soziale Absicherung ist, müssen die tatsächlichen Leistungen in Abzug gebracht werden. Auch insoweit gilt das "Zuflussprinzip", das darauf abstellt, dass als Ein-kommen nur berücksichtigt werden darf, was ungemindert zufließt. Entscheidend ist die wertmäßige Vermehrung der geld- oder geldwerten Mittel, die dem Inhaber - wenn auch nur für einen Augenblick - endgültig zur Verfügung stehen und deshalb zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet werden können (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 14.04.05, L 3 B 30/05 AS/ER; BVerwG Urteil vom 18.2.1999, Az.: 5 C 35.97, abgedruckt in BVerwGE 108, S. 296 ff.; BSG, Urteil vom 13.06.1985 , Az: 7 RAr 27/84, abgedruckt in BSGE 58, S. 160 ff.). Es handelt sich bei der Summe von 183,54 EUR um angemessene Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, die nicht durch den Pauschbe-trag nach der ALG II/Sozialgeldverordnung abgedeckt sind. Diese Summe verbleibt nicht im Vermögen des Klägers zu 2. und steht nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung und muss somit in Abzug gebracht werden.

Weitere Abzüge waren nicht vorzunehmen. Insbesondere mussten die Freibeträge nach § 30 SGB II (in der bis zum 30.09.2005 geltenden Fassung) nicht berücksichtigt werden. Danach ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem um die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 SGB II bereinigten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein Betrag in Höhe von 15 vom Hundert bei einem Bruttolohn bis 400,00 EUR (Ziff. 1), zusätzlich in Höhe von 30 vom Hundert bei dem Teil des Bruttolohns, der 400,00 EUR übersteigt und nicht mehr als 900,00 EUR beträgt (Ziff. 2) und zusätzlich in Höhe von 15 vom Hundert bei dem Teil des Bruttolohns, der 900,00 EUR übersteigt und nicht mehr als 1.500,00 EUR beträgt (Ziff. 3) abzusetzen. Es handelt sich jedoch bei dem Existenzgrün-dungszuschuss nicht um Erwerbseinkommen im Sinne von § 30 SGB II im Sinne einer Einnahme aus selbständige Tätigkeit. Der Zuschuss steht zwar in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der selbständigen Tätigkeit, er wird aber nicht durch die selbständige Tätigkeit erwirtschaftet (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2005, L 25 B 1265/05 AS PKH; L 25 B 1267/05 AS ER; Beschluss vom 06.12.2005, L 10 B 1144/05 AS ER ). Vor diesem Hintergrund scheidet die Bewilligung der Freibeträge nach § 30 SGB II aus.

Die mit der selbständigen Tätigkeit zusammenhängenden sonstigen Aufwendungen (ins-bes. ein Verlustausgleich) musste ebenfalls nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden. Der EGZ selbst ist nicht Teil der Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit, son-dern steht nur im Zusammenhang mit dieser (vgl. LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.). Es handelt sich insbes. nicht um einen Ertrag aus der selbständigen Tätigkeit, so dass durch die Tätigkeit erzielte Verluste nicht gegen zurechnen sind (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 10.01.2006, L 3 B 233/05 AS-ER).

Danach steht dem Gesamtbedarf (von monatlich 869,43 EUR) ein Einkommen von 564,10 EUR gegenüber, so dass den Klägern für den streitigen Zeitraum (vom 01.01.2005 bis 30.06.2005) ein monatliches Alg II i.H.v. 305,33 EUR zugestanden hat. Der Beklagte hatte monatliche Leistungen i.H.v. 606,49 EUR erbracht. Da der Beklagte aus Vertrauensschutz-gründen die überzahlten Leistungen nicht zurückfordert, kam lediglich eine Abänderung der angefochtenen Bescheide unter Abweisung der Klage im übrigen in Betracht

Danach war wie festgestellt zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass der Klage hinsichtlich der vollen Abzugsfähigkeit der Beiträge zur Sozialversicherung, statt-zugeben war.

Die Berufung ist kraft Gesetzes zulässig, da der Beschwerdewert die Summe von 500,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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