L 13 AL 2057/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 1138/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2057/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage einer Sperrzeit wegen Aufgabe eines
unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses und
Aufnahme eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. April 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit wird geführt über den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Die 1981 geborene Klägerin war seit 2. Oktober 2000 unbefristet als Wäschereiarbeiterin bei einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von etwas über DM 2500 beschäftigt. Sie kündigte dieses Arbeitsverhältnis am 29. Januar 2001 zum 10. Februar 2001, weil sie ab 12. Februar 2001 in eine besser bezahlte (Monatsdurchschnitt etwas über DM 3200) unbefristete Beschäftigung als Hilfskraft bei T. + H. GmbH Elektrowärme eintreten konnte. Der Arbeitsvertrag vom 29. Januar 2001 enthielt die Vereinbarung einer Probezeit von sechs Monaten sowie den Vorbehalt, Wechselschicht anzuordnen. Von diesem Recht wollte der Arbeitgeber dahingehend Gebrauch machen, dass die Klägerin vom 21. Mai bis 13. Juli 2001 Spätschicht von 13.30 Uhr bis 22.00 Uhr leisten sollte. Darauf kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Mai 2001 zum 16. Mai 2001. Am selben Tag nahm sie eine Beschäftigung als Mitarbeiterin im Bereich Montage bei der M. GmbH in R.-W. auf. Im Arbeitsvertrag vom 10. Mai 2001 war eine "Aushilfsbeschäftigung" genannt, die am 30. Juni 2001 enden werde, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Bekannt war, dass bei entsprechender Auftragslage eine Verlängerung jeweils zum Ende des folgenden Kalendervierteljahres in Aussicht stand. Auf dieser Grundlage kam es zu einer Verlängerung für zwei Kalendervierteljahre. Im November 2001 wurde die Klägerin jedoch unterrichtet, dass der Vertrag über den 31. Dezember 2001 hinaus nicht verlängert werde. Das durchschnittliche Monatsbrutto hatte etwas über DM 3100 betragen.

Am 2. Januar 2002 meldete sich die Klägerin beim damaligen Arbeitsamt R. arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Auf die Frage nach den Gründen zur Aufgabe der Beschäftigung bei T. + H. gab sie an, diese sei auf sechs Monate Probezeit befristet gewesen. Dies wurde (Telefongespräch vom 6. März 2002) seitens des Unternehmens dahingehend korrigiert, die Beschäftigung wäre unbefristet gewesen, lediglich sei eine übliche Probezeit vereinbart worden. Durch Bescheid vom 15. März 2002 lehnte das Arbeitsamt die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Dauer einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. Januar bis 25. März 2002 ab, da wegen der Aufgabe eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zugunsten eines befristeten die Arbeitslosigkeit grobfahrlässig herbeigeführt worden sei, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund oder eine besondere Härte erkennbar sei; der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich um 84 Tage. Die Klägerin, die seit 11. März 2002 eine neue Beschäftigung gefunden hatte, erklärte zur Begründung ihres hiergegen erhobenen Widerspruchs, sie hätte bei T. + H. den ganzen Sommer über in Spätschicht arbeiten sollen, was ihr nicht zugesagt habe; deshalb habe sie das eine solche Erschwernis nicht enthaltende Angebot der M. GmbH angenommen. Es erging der zurückweisende Widerspruchsbescheid vom 26. März 2002. Die Fortführung der Arbeit bei T. + H. sei nicht derart unzumutbar gewesen, dass der Wechsel in das offenkundig zu jedem Vierteljahresende von Beendigung bedrohte Arbeitsverhältnis bei M. in Kenntnis der somit drohenden Arbeitslosigkeit gerechtfertigt gewesen wäre.

Die am 8. April 2002 beim Arbeitsamt sinngemäß erhobene Klage ist an das Sozialgericht Reutlingen abgegeben worden. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, sie habe keine Sicherheit gehabt, bei T. + H. nach der Probezeit weiterbeschäftigt zu werden. Auch hätten ihr dort die Arbeitszeiten und das Arbeitsklima nicht gefallen. Immerhin sei die Beschäftigung bei M. dann um zwei Vierteljahre verlängert worden. Auch habe sie bei M. viel gelernt, so dass sie alsbald wieder eine neue Beschäftigung gefunden habe. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide und das Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen bezogen. Das Sozialgericht hat die schriftlichen Auskünfte der M. GmbH vom 27. August 2002 sowie der T. + H. GmbH vom 22. Oktober 2002 eingeholt, denen die Arbeitsverträge beigefügt gewesen sind. Durch Urteil vom 9. April 2003 hat das Sozialgericht unter Aufhebung der Bescheide die Beklagte verurteilt, Arbeitslosengeld vom 1. Januar bis 10. März 2002 zu zahlen. Zur Begründung hat es im wesentlichen dargelegt, die Klägerin habe davon ausgehen können, dass der befristete Vertrag jeweils verlängert werde, was tatsächlich auch geschehen sei. Zum Zeitpunkt der Kündigung bei T. + H. sei eine Verschlechterung der Auftragslage bei M. nicht absehbar gewesen. Inzwischen würden zunehmend Arbeitsverhältnisse befristet angeboten und abgeschlossen. Immerhin halte der Gesetzgeber im Fall der Arbeitslosigkeit auch die Annahme befristeter Beschäftigungen für zumutbar, so dass hier ein Wertungswiderspruch bestünde.

Gegen dieses am 28. April 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Mai 2003 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, das sperrzeitrelevante Verhalten der Klägerin liege in der Eigenkündigung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Der Ursachenzusammenhang zwischen der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses und der später eingetretenen Arbeitslosigkeit sei nicht entfallen. Die Wahrscheinlichkeit der späteren Arbeitslosigkeit sei wesentlich höher gewesen als diejenige einer unbefristeten Übernahme. Dies habe der Klägerin auch bewusst sein müssen. Das Eingehen eines befristeten Arbeitsverhältnisses begründe nur dann keine Sperrzeit, wenn ein Dauerarbeitsverhältnis in Aussicht stehe. Dass bei Arbeitslosigkeit die Annahme befristeter Beschäftigungen als zumutbar erachtet werde, bedinge keinen Wertungswiderspruch.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Reutlingen vom 9. April 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat sich nicht weiter geäußert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Leistungsakten des Arbeitsamts (Kundennr:) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Der Gesamtbetrag des Arbeitslosengeldes hätte sich vom 1. Januar bis 10. März 2002 auf EUR 1.184,04 (69 Kalendertage mal täglicher Leistungssatz vom EUR 17,16) belaufen. Damit ist der Beschwerdewert von EUR 500 (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) überschritten. Die Berufung hat in der Sache auch Erfolg. Die Beklagte hat in den streitgegenständlichen Bescheiden des Arbeitsamts die Leistung von Arbeitslosengeld wegen Eintritts einer Sperrzeit zu Recht abgelehnt und zu Recht die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld um 84 Tage verfügt.

Für den Anspruch auf Alg ab 1. Januar 2003 liegen zwar alle in § 117 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) aufgeführten Voraussetzungen vor. Denn die Klägerin war im streitbefangenen Zeitraum arbeitslos (§§ 118, 119 SGB III), hatte sich, weil - was nach § 122 Abs. 3 SGB III genügt - das Arbeitsamt am 1. Januar 2003 nicht dienstbereit war, beim Arbeitsamt am 2. Januar 2003 arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) und die Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 123, 124 SGB III). Dem Anspruch auf Alg steht jedoch entgegen, dass dieser im streitbefangenen Zeitraum wegen einer Sperrzeit ruht. Weitere Ruhenstatbestände sind nicht erfüllt.

Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in dessen ursprünglichen Fassung tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (Abs. 2 Satz 1). Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Abs. 2 Satz 2). Würde eine Sperrzeit von zwölf Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten, so umfasst die Sperrzeit sechs Wochen (Abs. 3 Satz 1). Die Tatbestände einer weiteren Verkürzung (vgl. Abs. 3 Satz 2) sind hier nicht einschlägig.

Die Kündigung der Klägerin zum 16. Mai 2001 war kausal für den Eintritt der Arbeitslosigkeit zum 1. Januar 2002. Die Klägerin hat das unbefristete, aktuell nicht von Beendigung bedrohte Arbeitsverhältnis als Hilfskraft bei der T. + H. GmbH zum 16. Mai 2001 gekündigt, um am selben Tag die Beschäftigung als Montiererin/Aushilfe bei der M. GmbH aufzunehmen. Die ursprüngliche Behauptung, auch die Beschäftigung bei T. + H. sei befristet gewesen, ist seitens des Unternehmens dahingehend korrigiert worden, es sei lediglich eine sechsmonatige Probezeit vereinbart worden. Dieser Korrektur ist die Klägerin später nicht mehr ernstlich entgegengetreten. Die neue Beschäftigung als Montiererin/Aushilfe bei der M. GmbH war gemäß den Üblichkeiten des Unternehmens zunächst zum Vierteljahresende 30. Juni 2001 befristet; sie wurde zweimal um jeweils das Kalendervierteljahr neu geschlossen und nach dem 31. Dezember 2001 nicht verlängert. Aufgrund dessen ist die Klägerin arbeitslos geworden. Der Auffassung, die Beendigung eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses sei nicht ursächlich für die spätere Arbeitslosigkeit, die nach längerer Zeit eintritt (vgl. etwa Niesel, SGB III, 3. Auflage, § 144 Rdnr. 19 m.w.N.), weil das befristete Beschäftigungsverhältnis nicht aufgrund eines Handelns des Arbeitnehmers aufgegeben werde, schließt sich der Senat nicht an (ebenso jetzt Gagel/Winkler, SGB III, Stand Juni 2006, § 144 Rdnr. 78). Für die ab 1. Januar 2003 eintretende Arbeitslosigkeit war die Aufgabe des nicht aktuell von Beendigung bedrohten unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses eine im Vergleich zur Nichtweiterbeschäftigung zumindest gleichwertige Ursache, was genügt.

Die Klägerin hat ihre Arbeitslosigkeit ab diesem Zeitpunkt auch grob fahrlässig herbeigeführt. Die von ihr aufgenommene Aushilfsbeschäftigung war (vgl. erster Arbeitsvertrag vom 10. Mai 2001) jeweils zum Ende des Kalendervierteljahres zeitbefristet, ohne dass es einer Kündigung bedurfte. Nach Ablauf der Befristung konnte die Klägerin entgegen der Feststellung im angegriffenen Urteil weder mit einer Verlängerung der Befristung bzw. einer Neubefristung noch mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis rechnen. Eine mögliche Vertragsverlängerung war lediglich mündlich in Aussicht gestellt, sofern die Auftragslage es erforderte. Dies alles ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Auskunft der M. GmbH vom 27. August 2002. Diese völlige Ungewissheit der Fortdauer der Beschäftigung hat sich nach einer Dauer der Beschäftigung von nur siebeneinhalb Monaten zur Gewissheit der Arbeitslosigkeit verdichtet. Anschließend ist die Klägerin - wenn auch nur vorübergehend - arbeitslos geblieben. Das große Risiko der Arbeitslosigkeit ist sie bei der Lösung der unbefristeten Beschäftigung bei T. + H. GmbH sehenden Auges eingegangen. Damit ist die grob fahrlässige Herbeiführung der Arbeitslosigkeit zu bejahen.

Es kommt damit darauf an, ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Satz 1 SGG gegeben war. Ob ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses angenommen werden kann, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unter Berücksichtigung des Grundgedankens der Sperrzeitregelung zu beurteilen, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Im Ergebnis soll eine Sperrzeit nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 14 und 15; SozR 4-4100 § 119 Nr. 1; SozR 4-4300 § 144 Nr. 7; zuletzt Urteil vom 12. Juli 2006 B 11a AL 73/05 R veröffentlicht in juris). Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, denn ein wichtiger Grund muss objektiv gegeben sein (vgl. BSGE 92, 74, 82; SozR 4-4300 § 144 Nr. 9).

Zu den Voraussetzungen für einen wichtigen Grund im Falle eines Wechsels von einem unbefristeten in ein befristetes Beschäftigungsverhältnis hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 98/03 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 9 näher dargelegt, dass - auch im Sinne der grundgesetzlichen Berufsfreiheit - die Möglichkeit offen stehen müsse, befristete attraktiv erscheinende - Arbeitsverhältnisse zu Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen. Der Wechsel in ein Berufsfeld mit einer offenkundigen Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten oder der Wechsel in eine deutlich besser bezahlte befristete Beschäftigung ist auch nach neueren, z.T. bisher nicht im Langtext veröffentlichten Entscheidungen des 11a. Senats des Bundessozialgerichts als wichtiger Grund anzusehen. In der bereits mit Gründen vorliegenden Entscheidung des 11a. Senats vom 12. Juli 2006 B 11a AL 73/05 R - a.a.O. wird hierzu ausgeführt, die in der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt bestehende auch politisch gewollte Tendenz zum Abschluss von befristeten bzw. kurzfristigen Arbeitsverhältnissen schließe es aus, für einen Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis generell keinen wichtigen Grund anzunehmen. Aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes sei abzuleiten, dass Arbeitnehmer sich auf einen wichtigen Grund i.S. des § 144 Abs. 1 SGB III jedenfalls dann berufen könnten, wenn die (nahtlose) Aufnahme der befristeten Beschäftigung mit einem Wechsel in ein anderes Berufsfeld und der damit verbundenen Erlangung zusätzlicher Fertigkeiten verbunden sei. Hiervon ausgehend hat der 11a. Senat einen wichtigen Grund angenommen für den Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, in dessen Rahmen die Arbeitnehmerin die Tätigkeit als Bürohilfe ausübte, zu einem zwar befristeten, aber regulären und der bisherigen Qualifikation der Arbeitnehmerin als Buchhalterin entsprechenden Beschäftigungsverhältnis, wobei die Aufnahme der höherwertigen Tätigkeit zudem mit der Erzielung eines nahezu doppelt so hohen Entgelts verbunden war und die vorhergehende Beschäftigung im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses ausgeübt wurde.

Der 7. Senat hatte in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 2004, ohne dass dies entscheidungserheblich war, ausgeführt, es könne, wenn von vornherein feststehe, dass das Anschlussarbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt enden werde und keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses bestehe, fraglich sein, ob auch in diesem Falle ein wichtiger Grund i.S. des § 144 SGB III vorliege, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv erweise. Denn der Versicherte wechsele dann nicht nur in ein besser bezahltes oder aus sonstigen Gründen attraktiveres Beschäftigungsverhältnis. Vielmehr gehe er "sehenden Auges" - gleichsam aufschiebend bedingt - das Risiko der Arbeitslosigkeit ein und führe damit den Versicherungsfall bewusst herbei. Für diese Einschränkung spricht auch die Pressemitteilung zum Urteil des 11a. Senats vom 12. Juli 2006 B 11a AL 55/05 R -, nach der eine missbräuchliche Gestaltung im dortigen Fall abgelehnt worden sein soll, weil sich das befristete Arbeitsverhältnis nicht nur auf einen unwesentlichen Zeitraum erstreckt habe und im Folgejahr als befristetes habe fortgesetzt werden sollen. Auch dem Senat erscheint zur Missbrauchsabwehr das Erfordernis eines nicht unwesentlichen Zeitraums des befristeten Arbeitsverhältnisses und die konkrete Aussicht auf eine Fortsetzung unverzichtbar. Die Aufnahme eines attraktiven, aber lediglich auf eine ganz kurze Zeitdauer angelegten Arbeitsverhältnisses ohne konkrete Aussicht auf Verlängerung kann die Aufgabe einer, wenn auch nicht so angenehmen, aber unbefristeten Beschäftigung nicht rechtfertigen. Zwar ist der Wechsel in ein befristetes Beschäftigungsverhältnis von nur kurzer Dauer ohne solche Verlängerungsaussicht ebenso wie die Aufgabe einer Beschäftigung überhaupt (negative Berufsausübungsfreiheit) grundrechtlich geschützt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine in der Verantwortung des Grundrechtsträgers liegende Entscheidung, die den Eintritt der Arbeitslosigkeit billigend in Kauf nimmt oder bewusst herbeiführt, keine Auswirkung auf die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben darf. Vielmehr erscheint die Vermeidung von Arbeitslosigkeit als sachlich gerechtfertigtes Lenkungsziel arbeitsförderungsrechtlicher Bestimmungen.

Von diesen Grundsätzen ausgehend fehlt es im Fall der Klägerin an einem wichtigen Grund für den Wechsel in ein befristetes Arbeitsverhältnis. Die Entlohnung bei der M. GmbH war bei einer wöchentlich 20 Minuten längeren Arbeitszeit eher geringer (ausweislich der Arbeitsbescheinigungen Monatsbrutto etwas über 3.100 DM gegenüber vorher gut 3.200 DM) und der Arbeitsweg länger, nachdem die M. GmbH ihren Sitz in R.-W. außerhalb des Wohnorts Tuttlingen hat. Bessere berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind weder substantiiert vorgetragen, noch ersichtlich. Die Klägerin hat allgemein, ohne dies näher zu konkretisieren, im Klageverfahren vorgebracht, die Arbeitszeiten und das Arbeitsklima bei T. + H. hätten ihr nicht gefallen. Soweit dies die im Arbeitsvertrag vom 29. Januar 2001 vorbehaltene für die Zeit vom 21. Mai bis 13. Juli 2001 angeordnete Spätschicht betrifft, vermag hierfür kein wichtiger Grund in Anspruch genommen zu werden. Die Klägerin hatte in diese Arbeitsbedingungen eingewilligt und war zunächst - vom 12. Februar bis 20. Mai 2001 - in Tagesschicht beschäftigt, bevor für die Zeit vom 21. Mai bis 13. Juli 2001 eine von 13.30 Uhr bis 22.00 Uhr dauernde Spätschicht angeordnet wurde. Die nicht auf veränderten - persönlichen oder betrieblichen - Verhältnissen beruhende fehlende Bereitschaft, einer arbeitsvertraglich wirksam übernommenen Verpflichtung nachzukommen, ist kein wichtiger Grund für die Aufgabe eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 144 Satz 1 SGB III. Die zum Zeitpunkt der Kündigung 21-jährige Klägerin hatte weder ein Kind zu betreuen noch hat sie gesundheitliche Einschränkungen geltend gemacht. Allein die Unannehmlichkeit, vorübergehend - für gut sechs Wochen - von abendlichen Freizeitmöglichkeiten abgeschnitten zu sein, kann für die Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses nicht als rechtfertigend angesehen werden. Schließlich ist auch im Arbeitsvertrag mit der M. GmbH eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit – in Wechselschicht – vereinbart worden. Nachdem angesichts der jeweils ungelernten Beschäftigungen weder ein Wechsel in ein anderes Berufsfeld, noch eine bessere Bezahlung und auch keine Erweiterung ihrer beruflichen Einsatzmöglichkeiten festgestellt werden kann, fehlt es an einem wichtigen Grund im Sinne des § 144 Satz 1 SGB III.

Selbst wenn das von der Klägerin aufgenommene befristete Beschäftigungsverhältnis als attraktiv im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung zu werten wäre, würde die Annahme eines wichtigen Grundes daran scheitern, dass das erste befristete Beschäftigungsverhältnis hier lediglich für die ganz kurze Zeit von sechs Wochen begründet wurde und es völlig offen war, ob sich hieran weitere, lediglich auf ein Quartal befristete Beschäftigungsverhältnisse anschließen würden. Auf eine Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses als unbefristetes bestand keinerlei Aussicht. Insoweit erscheint es im Hinblick auf die Belange der Versichertengemeinschaft missbräuchlich, für eine - noch so attraktive – befristete Beschäftigung, die nur für die kurze Dauer von sechs Wochen konkret in Aussicht steht, ein unbefristetes aktuell nicht von Arbeitslosigkeit bedrohtes Arbeitsverhältnis aufzugeben und damit den Eintritt der Arbeitslosigkeit sehenden Auges herbeizuführen.

Nach dem oben Dargelegten ist auch die Annahme einer besonderen Härte im Sinne von § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III ausgeschlossen.

Die Klage ist auch soweit sie sich gegen die im angegriffenen Bescheid verfügte Kürzung der an sich sechs Monate (vgl. § 127 Abs. 2 SGB III) und damit 180 Kalendertage (vgl. § 339 Sätze 1 und 2 SGB III) umfassenden Anspruchsdauer um 84 Tage richtet, unabhängig von der Frage, ob diese Kürzung die Klägerin, die seit dem 11. März 2002 wieder in einem Beschäftigungsverhältnis steht, noch beschwert, abzuweisen. Denn die auf § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III beruhende Kürzung ist rechtmäßig. Insbesondere lag die Aufgabe der Beschäftigung zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitslosigkeit erst neun Monate und damit nicht länger als ein Jahr zurück (vgl. § 128 Abs. 2 S. 3 SGB III).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil der Rechtsfrage, ob bei Kündigung eines unbefristeten und konkret sowie aktuell nicht von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigungsverhältnisses mit anschließendem Wechsel in eine befristete, aber zweimal verlängerte Beschäftigung die anschließende Arbeitslosigkeit noch auf der Kündigung beruht, grundsätzliche Bedeutung zu kommt; darüber hinaus wird auch als klärungsbedürftig erachtet, ob unter den gegebenen Verhältnissen der Wechsel in eine befristete Beschäftigung von nur sechs Wochen Dauer mit zweimaliger Verlängerung für insgesamt weitere sechs Monate ein missbräuchliches Verhalten darstellt, wenn keinerlei konkrete Aussicht für eine Weiterbeschäftigung bestand. Da dem Senat der Langtext des Urteils vom 12. Juli 2006 - B 11a AL 55/05 R - nicht zur Verfügung stand, konnte eine Abweichung nicht ausgeschlossen werden.
Rechtskraft
Aus
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