L 20 B 243/07 AS

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 141/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 B 243/07 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 29.11.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers vom 17.12.2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 19.12.2007), ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat dem Kläger zu Recht Prozeskostenhilfe für das beim Sozialgericht am 28.06.2007 anhängig gemachte Klageverfahren versagt. Die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung in Form von Gutscheinen anstatt von Barmitteln gerichtete Klage hat keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO).

Der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 55 SGG gilt, obwohl es im SGG an einer der Vorschrift des § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entsprechenden Norm fehlt, auch im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. etwa Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 55 Rn. 19). Der Kläger beantragte, was unstreitig ist, zunächst am 11.05.2007 ein Darlehen, nachdem ihm seinen Angaben (der Kläger selbst hat den Vermerk der Beklagten unterzeichnet) vom 11.05.2007 folgend bei einer Schlägerei ein Betrag von 170 EUR gestohlen worden war. Die Leistungen wurden - wie ebenfalls beantragt - in Form einer Barauszahlung von 45 EUR und eines Lebensmittelgutscheins von 50 EUR gewährt. Ein weiterer Lebensmittelgutschein sollte am 19.05.2007 ausgehändigt werden. Den gegen die darlehensweise Gewährung durch seinen jetzigen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 18.05.2007 eingelegten Widerspruch nahm der Kläger anlässlich der persönlichen Vorsprache, bei der auch die Aushändigung des Widerspruchsschreibens erfolgte, am 19.05.2007 zurück. Dabei wurde der Kläger, wie durch eigenhändige Unterschrift bestätigt, darauf hingewiesen, dass er erneut Widerspruch einlegen, er mittels einstweiliger Anordnung gegen die Praxis der Bewilligung von Gutscheinen vorgehen und vor der Rücknahme des Widerspruchs seinen Bevollmächtigten hinzuziehen könne. Der Kläger erklärte neben der ausdrücklichen Rücknahme des Widerspruchs, er werde seinen Bevollmächtigten unverzüglich über die Rücknahme in Kenntnis setzen.

Mit Schreiben vom 04.06.2007 mahnte der Bevollmächtigte die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides an und führte aus, der Kläger sei in "äußerst fragwürdiger und rechtswidriger Weise veranlasst" worden, den Widerspruch zurückzunehmen.

Es werde ein Abhilfebescheid erwartet sowie die Zusage, dass eine rechtswidrige Umgehung eines ordnungsgemäß bestellten Verfahrensbevollmächtigten in Zukunft unterlassen werde. Er werde die Gesetzwidrigkeit des behördlichen Handelns andernfalls gerichtlich feststellen lassen.

Den daraufhin erteilten Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007, mit dem der Widerspruch vom 19.05.2007 als unzulässig verworfen wurde, hat der Kläger nicht angegriffen.

Wegen des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage hätte der Kläger den ursprünglich geltend gemachten Anspruch aber im Wege einer Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen können und müssen. Dies insbesondere auch dann, wenn er die Auffassung vertritt, der Widerspruch sei "mehr oder weniger durch Nötigung" erzwungen worden. Dieser Vorwurf im Übrigen vermag schon angesichts des schon bestehenden Mandatsverhältnisses und des ausdrücklichen Hinweises der Beklagten, es könne (natürlich) der Bevollmächtigte kontaktiert werden, nicht zu überzeugen.

Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass es einem Beteiligten trotz Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts unbenommen bleibt, sich selbst an die Behörde zu wenden. § 13 Abs 3 SGB X betrifft die Pflichten der Behörde, enthält dagegen keine Mussvorschrift für den Beteiligten selbst. Der Kläger hat aber am 19.05.2007 selbst bei der Behörde vorgesprochen. Der Kläger hätte darüber hinaus das aus seiner Sicht rechtswidrige Verhalten im Rahmen eines Vorgehens gegen den Widerspruchsbescheid vom 20.06.2007 prüfen lassen können. Ggf. wäre auch eine - nach Sachlage allerdings wenige Erfolge - versprechende - Anfechtung in Betracht zu ziehen gewesen.

Schließlich ist die Rechtmäßigkeit des verfahrensrechtlichen Vorgehens der Beklagten nicht Gegenstand des formulierten Feststellungsantrags, der ersichtlich den materiell-rechtlichen Anspruch betrifft.

Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat - ohne dass er dies angesichts der vorstehenden Ausführungen für entscheidungserheblich hält - darauf hin, dass § 23 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs (vgl. etwa Münder in LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 Rn. 21) der Ungeeignetheit des Hilfeberechtigten seinen Bedarf zu decken, Drogen- und Alkoholabhängigkeit lediglich beispielhaft aufführt. Dass ein Verlust oder Diebstahl von Bargeld im Einzelfall nicht genügen dürfte, den Nachweis der Unfähigkeit der Bedarfsdeckung oder eines unwirtschaftlichen Verhaltens zu erbringen (vgl. Münder, a.a.O.), wird vom Senat nicht bezweifelt. Im Falle des Klägers wird von Einzelfällen hingegen kaum mehr zu sprechen sein Erstmals anlässlich des Auszuges seiner Ehefrau im Oktober 2005 gab er an, über kein Bargeld mehr zu verfügen, weil ihm seine Ehefrau die ihr überwiesenen Leistungen vorenthalten habe. Am 10.11.2005 wurde wiederum Geldverlust geltend gemacht. Am 02.12.2005 gab der Kläger an, die ihm am 01.12.2005 in bar ausgehändigte Regelleistung für Dezember 2005 sei ihm gestohlen worden. Auch im Nachgang zu den hier behandelten Vorgängen kam es angabegemäß am 05.08.2007 zu einem Wohungseinbruch, bei dem Bargeld in Höhe von 310 EUR entwendet worden sein sollen.

Kosten sind nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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