L 19 AS 1116/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 AS 1853/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 AS 1116/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen seiner Wohnung als verlorenen Zuschuss.

Der am 1966 geborene Kläger wohnt seit Dezember 2003 in der ab 16. November 2003 angemieteten Wohnung in der F in B (42,2 m2, 2 Zimmer, Küche, Bad, Flur, Keller) und bezog bis 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe (wöchentlich 158,76 EUR) sowie Wohngeld. Seit 1. Januar 2005 bezieht er vom Beklagten Arbeitslosengeld (Alg) II.

Mit seinem "Antrag auf Erstausstattung gemäß § 23 Abs. 3 SGB II" vom 26. November 2005 beantragte er am 30. November 2005 für seine Wohnung folgende Einrichtungsgegenstände: - Küchenschränke - Wohnzimmerschränke - ein Bett mit Lattenrost und neuer Matratze - Fußbodenbelag - 1 Schuhschrank/Garderobe für den Flur Zur Begründung seines Antrags führte er aus, dass er seit dem Ende seines letzten (befristeten) Arbeitsverhältnisses Ende 2003 keine Arbeitsstelle mehr gehabt habe. Er habe noch Schulden abzuzahlen gehabt. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die Grundausstattung der Wohnung aus eigenen Mitteln zu komplettieren.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 den Antrag auf Übernahme von Kosten der Erstausstattung der Wohnung ab mit der Begründung, dass der Kläger in der Lage sei, die Kosten hierfür in vollem Umfang aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken. Die Entscheidung beruhe auf § 23 Abs. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Eine Erstausstattung für die Wohnung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II käme nach der Gesetzesbegründung z.B. nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft in Betracht. Gleiches habe zu gelten bei der Erstanmietung einer Wohnung im Fall einer Trennung oder Scheidung oder aufgrund eines Auszuges eines Kindes aus dem Haushalt der Eltern, im Fall eines neu gegründeten Haushaltes wegen Heirat, nach Zuzug aus dem Ausland oder wenn ein Wohnungsloser eine Wohnung finde. Eine Erstausstattung könne ferner durch einen neuen Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände begründet sein. Solche besonderen Umstände seien nicht gegeben. Der Kläger bewohne seine Wohnung schon seit einigen Jahren.

Hiergegen hat der Kläger am 28. Februar 2006 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben und die "Wohnungsbeschreibung und Übergabeverhandlung" vom 17. November 2003 vorgelegt. Der Beklagte hat auf Anregung des SG die Wohnungssituation des Klägers überprüft - auf den Prüfbericht vom 10. Mai 2006 wird Bezug genommen - und mit Bescheid vom 10. Mai 2006 dem Kläger gemäß § 23 Abs. 1 SGB II die unter dem 26. November 2005 beantragten Leistungen als Darlehen in Höhe des Anschaffungswertes von einmalig 344 EUR bewilligt, zur Anschaffung der Matratze einen Betrag von 50 EUR überwiesen, für die restlichen Möbel - mit Ausnahme eines Schuhschranks und eines Bodenbelages - Gutscheine ausgestellt und die Aufrechnung des Darlehns gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II ab dem 1. Juni 2006 in monatlichen Raten in Höhe von 34,50 EUR erklärt. Der Bescheid werde gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens. Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, dass er die Wohnung wegen seiner begrenzten finanziellen Mittel nur notdürftig möbliert habe. Er habe keinen Küchenschrank, keinen Wohnzimmerschrank und nur eine 15 Jahre alte Matratze, auf der er am Boden nächtige. Die Notwendigkeit eines Teppichs ergebe sich daraus, dass seine Wohnung im Erdgeschoss liege und äußerst fußkalt sei. Er sei nicht in der Lage gewesen, bis zum jetzigen Zeitpunkt neue Möbel anzuschaffen, da er seine begrenzten finanziellen Mittel zur Schuldentilgung einsetze. Da er seine Sachen weitgehend in Kartons auf dem Fußboden aufbewahre, seien durch das häufige Bücken zudem regelmäßig Rückenschmerzen aufgetreten, wegen derer er sich in Behandlung begeben habe. Der Terminus Erstausstattung sei nicht zeitlich im Sinne einer Fixierung auf den erstmaligen Wohnungsbedarf auszulegen, sondern bedarfsbezogen zu interpretieren. Der Bedarf bestehe nach wie vor und sei nie befriedigt worden. Zwar begrüße er die Bereitschaft des Beklagten, die Leistungen außerhalb der monatlichen Regelleistung zu erbringen, jedoch widerspreche er dem Umfang der gewährten Leistung und der Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II. Es seien Leistungen nach § 23 Abs. 3 und nicht Abs. 1 SGB II beantragt worden. Das SG Berlin hat mit Urteil vom 26. September 2006 die auf Leistungen für die Wohnungserstausstattung (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bettgestell und Matratze, Fußbodenbelag für das Wohnzimmer) als verlorenen Zuschuss in Höhe von mindestens 540 EUR gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Bescheid vom 10. Mai 2006 sei gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden, da er den angefochtenen Verwaltungsakt insoweit abändere, als ein Darlehen zur Bedarfsdeckung erbracht worden sei, was regelmäßig ein wesensgleiches Minus zur Gewährung eines verlorenen Zuschusses darstelle. Es sei nicht von einem Fall eines Erstausstattungsbedarfes auszugehen. Wenn die Anmietung der insoweit ausstattungslosen Wohnung bereits geraume Zeit zurückliege und der Hilfebedürftige die Ausstattungsgegenstände nicht selbst besitze, müssten zur Überzeugung der Kammer besondere Umstände hinzutreten, die die aktuelle Bedarfslage rechtfertigten. Soweit der Kläger vorträgt, er habe seinerzeit Schulden abgetragen und sein Einkommen überwiegend zur Schuldentilgung eingesetzt, sei dies Ausdruck des eigenverantwortlichen Dispositionsrechts. Dies führe aber nicht dazu, dass der latente Bestand eines Erstausstattungsbedarfes über einen so langen Zeitraum fortgesetzt werde. Zwar sei der Begriff der Wohnungserstausstattung nicht eng auszulegen und auch nicht zeit- sondern bedarfsbezogen. Dies sei jedoch dahingehend einzuschränken, dass in den Fällen des bewussten Verzichtes auf die Beschaffung von Erstausstattungsgegenständen ohne das Hinzutreten besonderer Umstände der Leistungsanspruch verloren gehe. Der Beklagte habe einen unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs. 1 SGB II angenommen und die Leistungen als Darlehen zu Recht erbracht. Für das Vorliegen eines unabweisbaren Bedarfes komme es nämlich nicht vordergründig auf subjektive Elemente, wie z.B. einen Verzicht, sondern vielmehr auf das objektive Vorliegen einer unabweisbaren Bedarfslage an. Diese liege gerade, wie sich aus dem Prüfprotokoll des Prüfdienstes ergebe, im Hinblick auf die Matratze des Klägers vor. Soweit der Kläger einwendet, die gewährten Pauschalbeträge seien zu niedrig, dringe er ebenfalls nicht zum Erfolg. § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II ermächtige den Beklagten zur pauschalierten Erbringung der Leistung. Nach dem Rundschreiben I Nr. 38/2004 vom 17. Dezember 2004 in der überarbeiteten Fassung vom 23. Mai 2006 der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, das die Kammer als Verwaltungsvorschrift ansehe, hat der Beklagte folgende Pauschalen gewährt: Bett mit Lattenrost 55 EUR, Matratze 50 EUR, Wohnzimmerschrank 100 EUR, Küchenoberschrank 25 EUR, Küchenunterschrank 49 EUR, Küchenhochschrank 65 EUR, zusammen 344 EUR. Da der Kläger im Grundsatz gehalten sei, gut erhaltene gebrauchte Gegenstände anzuschaffen, brauche der Beklagte eine konkrete Bezugsquelle für die Gegenstände nicht zu benennen. Ein Teppichboden sei nicht zu gewähren. Nach Abschnitt 8 des Rundschreibens seien Bodenbeläge grundsätzlich nicht zu bewilligen, es sei denn, es lägen Ausnahmesituationen vor (behinderte Menschen, alte Menschen mit erhöhtem Wärmebedürfnis, aus krankheitsbedingten Gründen, Kleinkind bei Vorhandensein einer fußkalten Wohnung).

Gegen das dem Kläger am 3. November 2006 zugestellte Urteil richtet sich seine am 27. November 2006 eingegangene Berufung. Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus: Zwar seien ihm Barleistungen von 50 EUR gewährt worden. Diese seien jedoch unmittelbar voll bei den nächsten zwei Alg II-Überweisungen wieder abgezogen worden, so dass er bisher effektiv keine Leistungen erhalten habe. Entgegen den Ausführungen im Tatbestand des Urteils habe er nicht bewusst auf die Gegenstände verzichtet, um seine Schulden, welche auf die gerichtliche Geltendmachung von Prozesskosten für ein verlorenes Unterhaltsfestsetzungsverfahren zurückzuführen seinen, verzichtet, sondern sei vielmehr davon ausgegangen, dass es ihm in kurzer Frist gelingen werde, wieder neue Arbeit zu bekommen und damit seine Wohnung aus eigenen Mitteln einrichten zu können. Er sei niemals über die antragsgegenständlichen Ansprüche beraten worden. Dass er eigenverantwortlich ein Dispositionsrecht zwischen Schuldentilgung und Erstausstattungsbedarf wahrnehme, sei somit nicht gegeben. Eine Verpflichtung, sämtliche bescheidenen finanziellen Mittel zuerst zur Beschaffung von Einrichtungsgegenständen zu verwenden, könne aus § 23 Abs. 3 SGB II nicht gefolgert werden. Es werde bestritten, dass die Pauschalbeträge im Rundschreiben I Nr. 38/2004 ausreichten, um das existenzwürdige Minimum zu sichern. Wo die Bedarfsgegenstände zu den Gutscheinwerten beschafft werden könnten, sei bisher von der Beklagtenseite nicht mitgeteilt worden. Mit Gutscheinen könne er auch keine gebrauchten Möbel von Privatpersonen erwerben. Vor dem Einzug habe er in einem Zimmer im Einfamilienhaus seiner Eltern gewohnt, davor in einer möblierten Wohnung. Das Zimmer im Haus seiner Eltern werde auch als Gästezimmer genutzt. Die wenigen darin vorhandenen Sachen, vor allem das Bett, würden dort noch heute gebraucht.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebungdes Bescheides vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 zu verurteilen, ihm Leistungen für die Wohnungserstausstattung (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett und Matratze, Fußbodenbelag für das Wohnzimmer) als verlorenen Zuschuss gemäß § 23 Abs. 3 SGB II in Höhe von mindestens 540 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf den Inhalt der beigefügten Leistungsakte sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Kläger hat Kopien der Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheide über Arbeitslosenhilfe vom 30. Dezember 2003 (159,39 EUR wöchentlicher Zahlbetrag ab 20. Dezember 2003), aus Januar 2004 (162,82 EUR ab 1. Januar 2004) und vom 17. Juni (158,76 EUR ab 24. Juni 2004) sowie einen Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung vom 01. April 2008 zur Akte gereicht. Der Senat hat den Katalog 2008 des weltweit tätigen schwedischen Möbelhauses I und einen Auszug aus dem Internetauftritt (Preise für ein Bett mit Lattenrost sowie eine Rollmatratze) einer bundesweit tätigen Handelskette D B in das Verfahren eingeführt. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.

Die Gerichts- und Verwaltungsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Er hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett und Matratze, Fußbodenbelag für das Wohnzimmer) gemäß § 23 Abs. 3 SGB II. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2006 sowie das Urteil des SG vom 26. September 2006 sind insoweit rechtmäßig.

Über den Anspruch auf Gewährung der Bedarfsgegenstände als Darlehn nach § 23 Abs. 1 SGB II sowie die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 10. Mai 2006 war nicht (mehr) zu entscheiden. Denn der Kläger hat, nachdem der Vertreter der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung das Procedere zur Einlösung der mit diesem Bescheid ausgestellten Gutscheine erläutert und der Senat auf die in den Gutscheinen ausgewiesene Dauer der Gültigkeit (ein Monat) hingewiesen haben, sein Begehren ausdrücklich auf die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II beschränkt und seinen Berufungsantrag entsprechend formuliert. Bereits zuvor hatte der Kläger mehrfach klargestellt (schriftlicher Antrag vom 26. November 2005, Klageschriftsatz, Schriftsatz vom 30. Mai 2006), dass sein Begehren allein auf die Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung als verlorener Zuschuss gerichtet ist. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob der Bescheid vom 10. Mai 2006 durch Zeitablauf erledigt (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) oder analog § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist. In direkter Anwendung des § 96 SGG ist der Bescheid vom 10. Mai 2006 nicht Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Denn im Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides vom 21. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2006 hat der Beklagte lediglich eine Entscheidung über Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nach § 23 Abs. 3 SGB II verlautbart. Auch wenn mit der Auffassung des SG ein Darlehen ein wesensgleiches Minus zur Gewährung eines verlorenen Zuschusses darstellen dürfte, handelt es sich gleichwohl hinsichtlich der Ansprüche auf Erbringung eines den Umständen nach unabweisbaren Bedarfs (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II) und Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II) um unterschiedliche materielle Ansprüche und prozessual um unterschiedliche Streitgegenstände. Für Bedarfe nach § 23 Abs. 3 SGB II findet die Darlehensregelung des § 23 Abs. 1 SGB II gerade keine Anwendung (vgl. Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 23 Rn. 93).

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung als verlorenen Zuschuss nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGG. In § 23 Abs. 3 SGB II ist geregelt: Leistungen für 1. Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, 2. Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und 3. Geburt sowie mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen sind nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden auch erbracht, wenn Hilfebedürftige keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Falle kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Hilfebedürftige innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden worden ist. Die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

Der Begriff der Erstausstattung im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist nicht legal definiert, sondern bedarfsbezogen zu verstehen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Oktober 2007, L 20 AS 12/07, veröffentlicht in juris, mwN). Die bedarfsbezogene Betrachtungsweise entspricht auch der ansonsten in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur vorherrschenden Meinung. Abzugrenzen ist der Begriff der Erstausstattung nach allgemeiner Meinung vom so genannten Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf. Der Begriff der "Erstausstattung" umfasst die Bedarfe an allen Wohnungsgegenständen, die für eine geordnete Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich sind (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Februar 2007, L 2 B 261/06 AS ER, veröffentlicht in juris, mwN). Maßstab ist dabei (und war bereits schon unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes) die Orientierung am Verbraucherverhalten und dem Lebenszuschnitt auch unterer Einkommensgruppen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 1998, 5 C 19/97, veröffentlicht in juris). Eine Verweisung auf die Anschaffung von gebrauchten Möbeln ist nicht zu beanstanden, denn der Verweis auf die Möglichkeit der Anschaffung von gebrauchten Möbeln ist keine (unzulässige) Ausgrenzung des Leistungsempfängers, sondern der Verweis auf ein übliches, sparsames Verhalten (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Februar 2007, aaO).

Hiervon ausgehend sind Küchenschränke, ein Wohnzimmerschrank sowie ein Bett mit Matratze (siehe Antrag vom 26. November 2005 sowie Berufungsantrag) für eine geordnete Haushaltsführung und ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich und somit Einrichtungsgegenstände im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II. Diese Gegenstände sind nicht Bestandteil der Mietsache (siehe "Wohnungsbeschreibung und Übergabeverhandlung" vom 17. November 2003) und nicht im Besitz des Klägers (siehe auch Prüfbericht des Beklagten vom 10. Mai 2006). Der Kläger wohnte nach seinen insoweit glaubhaften Angaben vor Bezug der Wohnung in der Flanaganstraße zunächst in einer möblierten Wohnung und dann in einem Zimmer im Haus seiner Eltern. Die wenigen in diesem Zimmer vorhandenen Sachen, vor allem das Bett, werden dort noch heute gebraucht (Gästezimmer) und konnten von ihm deshalb nicht mitgenommen werden. Insbesondere ein Bettgestell mit Lattenrost und einer neuen Matratze dürfte den Schlafkomfort des Klägers - er schläft auf einer sehr alten Matratze direkt auf dem Fußboden - deutlich verbessern. Der vom Kläger begehrte Fußbodenbelag ist dagegen nicht Teil der Erstausstattung im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II, denn die Mietwohnung des Klägers ist mit einem Holzfußboden ausgestattet. In den beiden Zimmern seiner Wohnung ist Echtholzstabparkett verlegt, das zum Einzug des Klägers nach der im Prüfbericht vom 10. Mai 2006 geäußerten Einschätzung komplett neu überarbeitet und versiegelt worden ist. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass ein Teppichboden für eine geordnete Haushaltsführung oder ein menschenwürdiges Wohnen erforderlich war bzw. ist. Auch sind keine gesundheitlichen Gründe ersichtlich, die eine Erstbeschaffung von Bodenbelägen für die Wohnung notwendig erscheinen ließen. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass er Rückenschmerzen habe, weil er sich häufiger bücken müsse, da er seine Sachen weitgehend in Kartons auf dem Fußboden aufbewahre. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob in den in Ziffer 2 des Rundschreibens I Nr. 38/2004 vom 14. Dezember 2004 in der überarbeiteten Fassung vom 25. Februar 2008 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (veröffentlicht im Intranetauftritt unter www.berlin.de) aufgezählten Fallgruppen (fußkalte Wohnung bei behinderten Menschen, alten Menschen mit erhöhtem Wärmebedürfnis, besonderen Erkrankungsformen - z.B. Rheuma) eine Erstbeschaffung mit Bodenbelägen für die Wohnung notwendig wäre. Allerdings hat das Rundschreiben für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit keine Bindungswirkung (zur fehlenden Bindungswirkung der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II - AV-Wohnen - der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 30. Mai 2006 - ABl. S. 2062 - iVm dem Rundschreiben vom 22. Dezember 2006 vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Februar 2008, L 10 B 2193/07 AS ER, veröffentlicht in juris). Denn § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II eröffnet dem Beklagten kein Ermessen. Es handelt sich demnach nur um norminterpretierende Handlungsanweisungen zur Umsetzung gesetzlicher Bestimmungen, die zu einer internen Bindung der durch sie angewiesenen nachgeordneten Behörden führen, jedoch keine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis der Verwaltung zum Bürger entfalten (vgl. BVerwGE 34, 278, 281).

Bei Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls ist jedoch für die insoweit in Betracht kommenden Einrichtungsgegenstände (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett mit Matratze) der nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II erforderliche atypische Bedarf im Bereich der Existenzsicherung im Sinne einer Härtefallregelung nicht (mehr) gegeben. Zwar ist der zeitliche Abstand zwischen Einzug in die Wohnung (1. Dezember 2003) und Geltendmachung der Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung (30. November 2005) per se kein Grund für die Ablehnung des Anspruchs, denn der Begriff der Erstausstattung ist nicht zeitbezogen zu verstehen (s.o.). Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck sowie Zielsetzung der Norm, für atypische Bedarfe im Bereich der Existenzsicherung eine Härtefallregelung zu finden (vgl. Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, aaO, § 23 Rn. 92), müssen im Sinne einer teleologischen Reduktion jedoch solche Fallkonstellationen vom Anspruch ausgeschlossen werden, in denen Leistungsempfänger bei Bestehen eines akuten Bedarfs im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II aus eigener freier Entscheidung die Anschaffung an sich erforderlicher haushaltstypischer Wohnungsgegenstände auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, obgleich ihnen mit den im Bedarfszeitpunkt zur Verfügung stehenden Mitteln die Beschaffung der Gegenstände möglich gewesen wäre. Der Kläger hat zu seiner Motivationslage vorgetragen, dass er damals davon ausgegangen sei, bald wieder Arbeit zu finden und zudem habe Schulden tilgen wollen. Diese eigenverantwortliche Entscheidung muss auch bei der Beurteilung eines Bedarfs im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II berücksichtigt werden. Dabei spielt die Unkenntnis des Klägers über einen derartigen Anspruch keine Rolle, zumal das SGB II erst über ein Jahr nach dem Bezug der Wohnung im Dezember 2003 in Kraft getreten ist. Die Situation des Klägers im Zeitpunkt der Antragstellung ist nicht mit der einer Person vergleichbar, die beispielsweise infolge einer Trennung oder nach einer Haft bzw. Obdachlosigkeit (weitere Beispiele siehe die Ausführungen im angefochtenen Bescheid) erstmals wieder eine Wohnung ausstatten muss. Denn die Nichtausstattung der Wohnung beruht hier nicht auf der Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Klägers im Zeitpunkt des Bezuges der Wohnung, sondern auf seinem freien Willensentschluss, zunächst nicht die für eine geordnete Haushaltsführung erforderlichen Gegenstände zu beschaffen, dabei auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu hoffen und Schulden der Gerichtskasse zu tilgen. Zur sofortigen Schuldentilgung war der Kläger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht verpflichtet. Die Forderungen hätten nicht im Wege der Pfändung (§ 54 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) durchgesetzt werden können, denn das Einkommen des Kläger (Arbeitslosenhilfe in Höhe von 159,39 EUR wöchentlich ab 20. Dezember 2003, 162,82 EUR ab 1. Januar 2004 bzw. 158,76 EUR ab 24. Juni 2004 zzgl. Wohngeld; ab 1. Januar 2005 Alg II) lag unter der Pfändungsfreigrenze des § 850c Zivilprozessordnung. Im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB II ab 1. Januar 2005 und erst Recht am 30. November 2005 (Antragstellung) lag somit eine atypische Bedarfslage im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II hinsichtlich der in Betracht kommenden Wohnungsgegenstände (Küchenschränke, Wohnzimmerschrank, Bett mit Matratze) nicht mehr vor. Dieses Ergebnis ist auch nicht im Hinblick auf das zu sichernde Existenzminimum des Klägers unbillig, denn grundsätzlich sind die geltend gemachten Gegenstände als regelmäßig wiederkehrende Bedarfslagen mit der Regelleistung (§ 20 Abs. 1 SGB II) abgegolten. Für die Fälle einer konkret individuellen Bedarfsunterdeckung sieht das Gesetz das Darlehn für unabweisbare Bedarfe nach § 23 Abs. 1 SGB II vor. Es stand und steht dem Kläger frei, ein solches Darlehn zu beantragen oder kleinere Beträge aus dem Regelsatz anzusparen, um wenigstens einen Teil der erforderlichen Einrichtungsgegenstände (gebraucht) - nach und nach - beschaffen zu können. Denn die regelmäßig wiederkehrenden Bedarfslagen (Erneuerung der Einrichtungsgegenstände) gelten nach dem gesetzgeberischen Willen im Rahmen des SGB II und des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch als mit der Regelleistung bzw. dem Regelsatz abgegolten (vgl. BT-Drucks. 15/4228 S. 51, BT-Drucks. 15/1514 S. 52, 60). Ferner entspricht die vorgenommene Beurteilung auch allgemeinen fürsorgerechtlichen Selbsthilfeobliegenheiten, denen zufolge "bereite Mittel", welche eine rechtzeitige Bedarfsdeckung ermöglichen, auch vorrangig zu diesem Zweck einzusetzen sind (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Auflage, § 2 Rn. 17).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist vom Senat zugelassen worden, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Begriff der Erstausstattung und zur Auslegung des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegt bisher nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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