L 2 B 141/08 AS-ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 32 AS 4205/07 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 141/08 AS-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Arbeitsangebot muss, um die Sanktion gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) SGB II nach sich ziehen zu können, hinreichend bestimmt sein. Nur ein solches Angebot ermöglicht es dem Hilfebedürftigen zu prüfen, ob die angebotene Tätigkeit zumutbar ist oder zulässige Ablehnungsgründe vorliegen (LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 6; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 18 ff.; BVerwG, Urteil vom 04.06.1992 – 5 C 35/88 –, info also 1992, S. 199, 200; BVerwG, Beschluss vom 12.12.1996 – 5 B 192/95 –, zitiert nach Juris). Auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist anerkannt, dass das Beschäftigungsangebot hinreichend bestimmt sein muss (BSG, Urteil vom 13.03.1997 – 11 RAr 25/96 –, SozR 3-410 § 119 Nr. 11).

2. Das Bestimmtheitsgebot erfordert insbesondere, dass die Art der Tätigkeit, ihr zeitlicher Umfang, die zeitliche Verteilung und die vorgesehene Entlohnung im Arbeitsangebot bezeichnet werden (LSG Hamburg, a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 04.06.1992, a.a.O.; Berlit, ZFSH/SGB 2008, S. 3, 12). Denn diese Angaben sind erforderlich, um den Hilfebedürftigen in die Lage zu versetzen, das Angebot überprüfen zu können. Es genügt daher nicht, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einer Einrichtung oder einem Arbeitgeber zuzuweisen und die Arbeitszeit, dessen Verteilung und die Entlohnung offen zu lassen. Die Verantwortung für die Korrektheit des Arbeitsangebots liegt insbesondere im Hinblick auf die Sanktionsfolgen allein beim Leistungsträger.
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 09.01.2008 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 12.10.2007 und der Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 12.10.2007 und der Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007.

Die 1985 geborene Antragstellerin (Ast.) ist gelernte Hauswirtschafterin. Sie bezieht seit 11.04.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Auf ihren Fortzahlungsantrag bewilligte ihr die Antragsgegnerin (Ag.) mit Bescheid vom 26.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 633,72 EUR/Monat für den Zeitraum vom 01.08.2007 bis 31.01.2008.

Am 10.09.2007 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung. Darin verpflichtete sich die Ast. unter anderem, in den nächsten sechs Monaten mindestens acht Bewerbungen pro Monat zu versenden. In der Rechtsfolgenbelehrung hieß es: "Eine Verletzung ihrer Grundpflichten liegt vor, wenn sie sich weigern eine zumutbare Arbeit aufzunehmen Haben sie das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, wird das Arbeitslosengeld II im Falle einer Verletzung der Grundpflichten auf Leis-tungen nach § 22 SGB II (Leistungen für Unterkunft und Heizung) beschränkt Absenkung und Wegfall dauern drei Monate und beginnen mit dem Kalendermonat nach Zustellung des entsprechenden Bescheides über die Sanktion Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, können Absenkung und Wegfall der Regelleistung im Einzelfall auf sechs Wochen verkürzt werden."

Im selben Termin händigte eine Mitarbeiterin der Ag. der Ast. vier Stellenangebote mit der Aufforderung, sich zu bewerben, aus. Ausweislich eines Stellenangebots wurde im Rhein-Main-Gebiet eine Hauswirtschafterin für eine Tätigkeit in Privathaushalten gesucht. Unter der Rubrik "Arbeitgeberkontakt" wurde eine private Arbeitsvermittlung in. S. , W , angegeben.

Die Ast. versandte daraufhin als Bewerbung lediglich einen handschriftlichen Lebenslauf ohne Bewerbungsanschreiben. Der Lebenslauf war mit blauem Kugelschreiber auf kariertem Schreibpapier geschrieben und enthielt Korrekturen. Diesen Lebenslauf gab die Agen-tur für Arbeit mit der Maßgabe zurück, aufgrund der äußeren Form des Lebenslaufs scheide eine Vorlage bei einem potentiellen Arbeitgeber aus.

Die Ag. lud daraufhin die Ast. am 09.10.2007 zu einer Vorsprache ein. Ausweislich des von einer Mitarbeiterin der Ag. gefertigten Aktenvermerks erklärte die Ast., sie habe die Bewerbung in einer derart schlechten Form abgegeben, weil sie die Stelle nicht gewollt habe. Sie wolle lieber in Zwickau arbeiten. Sie habe gewusst, bei einer Nichtbewerbung würden Sanktionen geprüft. Schriftlich gab die Ast. an, sie versuche eine Stelle in der Nähe ihres Wohnortes zu finden.

Die Ag. hob mit Bescheid vom 12.10.2007 den Bescheid vom 26.07.2007 insoweit auf, als darin für den Zeitraum vom 01.11.2007 bis 31.01.2008 neben den Kosten für Unterkunft und Heizung eine Regelleistung bewilligt worden war. Die Ast. habe trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ihre in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten nicht umfassend erfüllt, weil sie trotz eines durchgeführten Bewerbertrainings eine schlechte Bewerbung an die Agentur für Arbeit Chemnitz gesandt habe. Damit habe sie ihre Chance zur Arbeitsaufnahme vereitelt. Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Ast.

Am 01.11.2007 hat die Ast. beim Sozialgericht Chemnitz (SG) einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 12.10.2007 gestellt.

Die Ag. hat den Widerspruch der Ast. mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2007 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Ast. Klage zum SG erhoben.

Das SG hat mit Beschluss vom 09.01.2008 den Antrag der Ast. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage abgelehnt. Vorliegend überwiege das Vollzugsinteresse der Ag. dem Aussetzungsinteresse der Ast., weil bei der gebotenen summarischen Prüfung von einer Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007 auszugehen sei. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c) SGB II werde das Arbeitslosengeld II abgesenkt, wenn sich der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigere, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Die Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Die Ast. habe einen Lebenslauf, der optische Schwächen aufgewiesen habe, ohne Anschreiben als Bewerbung versandt. Dies sei einer Nichtbewerbung gleichzusetzen.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Ast. am 11.01.2008 zugestellten Beschluss hat er am 31.01.2008 beim SG Beschwerde eingelegt, der dieses nicht abgeholfen hat. Die Ast. sei vor Erlass des Sanktionsbescheides nicht ausreichend über die Rechtsfolgen belehrt worden.

Die Ast. beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 09.01.2008 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 12.10.2007 und der Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007 anzuordnen.

Die Ag. beantragt, die Beschwerde der Ast. zurückzuweisen.

Sie erachtet den erstinstanzlichen Beschluss für zutreffend. Zudem sei ein Rechtsschutzbedürfnis der Ast. für das Beschwerdeverfahren nicht vorhanden, da der von der Sanktion betroffene Zeitraum bereits abgelaufen sei.

Der Einzelrichterin des Senats liegen die Verfahrensakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte der Ag. vor. Sie waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin gemäß § 155 Abs. 4 i. V. m. Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Beschwerde der Ast. ist begründet. Daher waren der Beschluss des SG vom 09.01.2008 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 12.10.2007 und der Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007 anzuordnen.

1. Der Antrag der Ast. ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Ag. ist das Rechtsschutzinteresse der Ast. nicht dadurch entfallen, dass der von der Sanktion betroffene Zeitraum bereits abgelaufen ist. Da die Ast. gegen die streitgegenständlichen Bescheide der Ag. Anfechtungsklage zum SG erhoben hat, führt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage dazu, dass die Ag. die im Bescheid vom 26.07.2007 bewilligten Leistungen zunächst – bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache – an die Ast. auszuzahlen hat.

2. Der Antrag ist auch begründet. Der Ast. steht ein Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der eingelegten Rechtsbehelfe zu. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) können die Gerichte auf Antrag, der gemäß § 86b Abs. 3 SGG bereits vor Klageerhebung zulässig ist, in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann mit einer Auflage versehen oder be-fristet werden.

a) Der Widerspruch des Ast. gegen den Bescheid vom 12.10.2007 und die Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007 haben gem. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung (Sächsisches LSG, Beschluss vom 16.07.2007 – L 3 B 414/06 AS-ER –; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.10.2006 – L 19 B 599/06 AS –, zitiert nach Juris, Rn. 30; Berlit, ZFSH/SGB 2008, S. 3, 19).

b) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage waren anzuordnen. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist begründet, wenn das private Interesse des Anfechtenden, den Vollzug des ange-fochtenen Bescheides bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen (privates Aussetzungsinteresse), gegenüber dem öffentlichen Interesse an dessen Sofortvollzug (öffentliches Vollzugsinteresse) überwiegt. Dies ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren summarisch zu prüfen und dabei der Sachverhalt gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten zu ermitteln, soweit dies unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist. Die danach nötige Abwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse und dem öffentlichen Vollzugsinteresse hat sich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, weil am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides in der Regel kein öffentliches Interesse besteht, während bei einem rechtmäßigen Bescheid das öffentliche Interesse angesichts der gesetzlich angeordneten, sofortigen Vollziehbarkeit in der Regel vorrangig ist. Daneben sind aber auch alle sonstigen Umstände des Einzelfalls, die für und gegen die sofortige Vollziehbarkeit sprechen, gegeneinander abzuwägen, insbesondere das besondere Vollzugsinteresse im Einzelfall, der Umfang der drohenden Rechtsbeeinträchtigung und die Folgen, die der Sofortvollzug eines rechtswidrigen Bescheides einerseits und das Aussetzen des Sofortvollzugs eines rechtmäßigen Bescheides andererseits mit sich bringen würde. Je geringer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, um so gewichtiger müssen die sonstigen, gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände sein. Bei einem gänzlich offenen Ausgang in der Hauptsache müssen die sonstigen, gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände in jedem Fall höher zu bewerten sein, als die für ihn sprechenden Umstände, da es andernfalls bei dem bereits ge-setzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit bleibt (Sächsisches LSG, Beschluss vom 16.07.2007 – L 3 B 414/06 AS-ER –; Keller, in: Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86b Rn. 12a bis 12e; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, S. 174).

Hieran gemessen überwiegt vorliegend das private Aussetzungsinteresse der Ast. gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Ag., weil der Bescheid der Ag. vom 12.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2007 nach summarischer Prüfung rechtswidrig ist.

aa) Es kann dahinstehen, ob die Ast. vor Erlass des Bescheides vom 12.10.2007 zu allen für die Entscheidung erheblichen Tatsachen gemäß § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) angehört worden ist. Ausweislich des Aktenvermerks einer Mitarbeiterin der Ag. vom 09.10.2007 ist die Ast. im Rahmen einer persönlichen Vorsprache mündlich (vgl. zur Zulässigkeit einer mündlichen Anhörung: von Wulffen, in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 24 Rn. 8) zur nicht ordnungsgemäßen Bewerbung um die Tätigkeit einer Hauswirtschaf-terin im Rhein-Main-Gebiet angehört worden. Ob im Rahmen dessen auch eine Anhörung zu den Rechtsfolgen stattgefunden hat, kann dahinstehen, weil eine Nachholung gemäß § 41 Abs. 2 SGB X jedenfalls mit Bescheid vom 12.10.2007 erfolgt ist.

bb) Eine Verletzung einer Pflicht im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 lit b) SGB II liegt – wie vom SG zutreffend erkannt – nicht vor, weil sich aus der Eingliederungsvereinbarung im Hinblick auf die konkrete Bewerbung keine qualifizierten Pflichten ergeben (Berlit, in: Münder, SGB II, 2. Auflage, § 31 Rn. 29). An einer klar und eindeutig in Bezug auf Art, Um-fang, Zeit und Ort vereinbarten Pflicht im Hinblick auf eine Bewerbung um eine Stelle als Hauswirtschafterin im Rhein-Main-Gebiet fehlt es in der Eingliederungsvereinbarung (Berlit, a.a.O., Rn. 30).

cc) Die Ast. hat nach summarischer Prüfung auch keine Pflicht gem. § 31 Abs. 1 lit. c) SGB II verletzt. Nach der genannten Norm wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II um 30 v.H. der für die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung herabgesetzt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen.

Es kann dahinstehen, ob die Ast. durch die Eingliederungsvereinbarung vom 10.09.2007 in ausreichender Form über die Rechtsfolgen eines Pflichtverstoßes belehrt worden ist. In der Eingliederungsvereinbarung heißt es: "Das Gesetz sieht bei pflichtwidrigen Verhalten un-terschiedliche Leistungskürzungen vor ... Eine Verletzung ihrer Grundpflicht liegt vor, wenn sie sich weigern, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen Haben sie das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet, wird das Arbeitslosengeld II im Falle einer Verletzung der Grundpflichten auf die Leistung nach § 22 SGB II (Leistung für Unterkunft und Heizung) beschränkt." Diese Rechtsfolgenbelehrung ist zwar mit der Übergabe der vier Arbeitsangebote, darunter um die Stelle der Hauswirtschafterin im Rhein-Main-Gebiet, und damit in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe des betreffenden Arbeitsangebotes erfolgt (Berlit, in: Münder, a.a.O., § 31 Rn. 66).

Es kann jedoch dahinstehen, ob bei konkreten Arbeitsangeboten – wie hier den der Ast. erteilten vier Angeboten – für jedes einzelne Arbeitsplatzangebot eine gesonderte, wirksame Belehrung zu erfolgen hat (so Berlit, in: Münder, a.a.O., § 31 Rn. 66 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 22.06.1977 – 7 RAr 131/75 –, SozR 4100 § 119 AFG-Nr. 3; BSG, Urteil vom 19.06.1979 – 7 RAr 43/78 –, SozR § 119 AFG-Nr. 9 ; BSG, Urteil vom 10.12.1980 – 7 RAr 93/79 –, SozR 4100 § 119 AFG-Nr. 13; Berlit, ZFSH/SGB 2008, S. 3, 9; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 01.09.2006 – L 8 AS 319/06 ER –, zitiert nach Juris, Rn. 7).

Das Arbeitsangebot war jedenfalls nicht hinreichend bestimmt. Der Sanktionsmechanismus des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c) SGB II setzt voraus, dass dem Hilfebedürftigen eine hinreichend bestimmt bezeichnete Arbeit angeboten wird (LSG Hamburg, Beschluss vom 11.07.2005 – L 5 B 161/05 ER-AS –, zitiert nach Juris, Rn. 5 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2006 – L 14 B 518/06 AS-ER –, zitiert nach Juris, Rn. 18 ff.; Berlit, ZFSH/SGB, S. 3, 12). Nur ein solches Angebot ermöglicht es dem Hilfebedürftigen zu prüfen, ob die angebotene Tätigkeit zumutbar ist oder zulässige Ablehnungsgründe vorliegen (LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 6; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 18 ff.; BVerwG, Urteil vom 04.06.1992 – 5 C 35/88 ¬–, info also 1992, S. 199, 200; BVerwG, Beschluss vom 12.12.1996 – 5 B 192/95 –, zitiert nach Juris). Auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist anerkannt, dass das Beschäftigungsangebot hinreichend bestimmt sein muss (BSG, Urteil vom 13.03.1997 – 11 RAr 25/96 –, SozR 3-410 § 119 Nr. 11).

Das Bestimmtheitsgebot erfordert insbesondere, dass die Art der Tätigkeit, ihr zeitlicher Umfang, die zeitliche Verteilung und die vorgesehene Entlohnung im Arbeitsangebot bezeichnet werden (LSG Hamburg, a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 04.06.1992, a.a.O.; Berlit, ZFSH/SGB 2008, S. 3, 12). Denn diese Angaben sind erforderlich, um den Hilfebedürftigen in die Lage zu versetzen, das Angebot überprüfen zu können. Es genügt daher nicht, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einer Einrichtung oder einem Arbeitgeber zuzuweisen und die Arbeitszeit, dessen Verteilung und die Entlohnung offen zu lassen. Die Verantwortung für die Korrektheit des Arbeitsangebots liegt insbesondere im Hinblick auf die Sanktionsfolgen allein beim Leistungsträger.

Nach diesen Maßgaben erweist sich das der Ast. erteilte Arbeitsangebot über eine Tätigkeit als Hauswirtschafterin im Rhein-Main-Gebiet als inhaltlich ungenügend bestimmt. Es beinhaltet weder einen konkreten Arbeitgeber noch die Arbeitszeit oder die zeitliche Verteilung der Arbeitszeit. Auch ist keine Entlohnung (Stundensatz) angegeben.

Da nach summarischer Prüfung Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage der Ast. gegeben sind, überwiegt vorliegend das private Aussetzungsinteresse der Ast. gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Ag.

3. Eines zusätzlichen Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage bedarf es vorliegend nicht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nur dann erforderlich, wenn die begehrte Leistung durch die Ag. im Ausgangsbescheid entweder überhaupt nicht oder nicht in der beantragten Höhe bewilligt worden ist. Beides war vorliegend jedoch nicht der Fall.

4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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