S 10 AS 5271/08 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AS 5271/08 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Der Antragsgegnerin war während des Verfahrens nach § 44 SGB X eine Zwangsvollstreckung aus einem bestandskräftigen Bescheid zu untersagen, wenn dieser Bescheid offenbar rechtswidrig ist und daher voraussichtlich in Kürze aufgehoben wird.
I. Der Antragsgegnerin wird untersagt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aus dem Bescheid vom 16.08.2008 – – gegen den Antragsteller zu vollstrecken. II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung einer Erstattungsforderung der Antragsgegnerin aus Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Lebensgefährtin des am 1969 geborenen Antragstellers, Frau J. , beantragte am 01.10.2004 erstmals Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 11.08.2006 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller und seiner Lebensgefährtin für den Zeitraum 01.08.2006 bis 30.11.2006 monatlich 414,86 EUR. Mit Bescheid vom 20.11.2006 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung auf und forderte von Frau J. 1111,10 EUR zurück. Hiergegen erhob Frau J. am 18.12.2006 Widerspruch. Mit Bescheid vom 20.07.2007 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 11.08.2006 und einen nicht in den Akten der Antragsgegnerin befindlichen Bescheid vom 21.11.2006 teilweise bzw. ganz auf und forderte für den Zeitraum 01.11.2006 bis 30.04.2007 von Frau J. insgesamt 1.285,77 EUR zurück. Frau J. erhob am 20.08.2007 Widerspruch. Mit Bescheid vom 16.06.2008 forderte die Antragsgegnerin vom Antragsteller für den Zeitraum 01.11.2006 bis 30.04.2007 insgesamt 799,17 EUR zurück. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass er gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.07.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.06.2008 zurück. Dieser Widerspruchsbescheid wurde offenbar nur Frau J. bekannt gegeben. Der Antragsteller erhob am 04.08.2008 Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.06.2008, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2008 als unzulässig verwarf. Der Bescheid sei Gegenstand eines anderweitigen Widerspruchsverfahrens. Am 09.10.2008 kündigte das Hauptzollamt Dresden dem Antragsteller die Vollstreckung aus der streitgegenständlichen Forderung an. Mit Schreiben vom 14.10.2008 legte der Antragsteller erneut Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.06.2008 ein und beantragte Hilfsweise die Überprüfung gemäß § 44 SGB X. Am 21.10.2008 hat der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Der Antragsteller beantragt, festzustellen, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 14.10.2008 gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Antragsgegnerin vom 16.06.2008 aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen. Mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid sei ein erneuter Widerspruch nicht mehr möglich. Der Bescheid vom 16.06.2008 habe eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Durch Zurückweisung des Widerspruches sei er aber bestandskräftig geworden. Im Rahmen des nunmehr eröffneten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X sei die Aussetzung der sofortigen Vollziehung unzulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsakte Bezug genommen. II.

Das Gericht hatte gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Wege einer Zwischenentscheidung (sogenannter "Hängebeschluss") zu entscheiden, da die Antragsgegnerin sich trotz einer entsprechenden Bitte des Gerichts geweigert hat, bis zur Entscheidung über den Antrag des Antragstellers von weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzusehen. Der Erlass einer Zwischenentscheidung ist erforderlich, da die Gefahr besteht, dass durch die Zwangsvollstreckung vollendete Tatsachen geschaffen werden. Zwar mag es zutreffen, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 14.10.2008 unzulässig ist, da er den bereits bestandskräftig abgelehnten Widerspruch vom 04.08.2008 lediglich wiederholt. Allerdings wird der Überprüfungsantrag vom 14.10.2008 voraussichtlich Erfolg haben, weil der Widerspruchsbescheid vom 26.08.2008 mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist und daher im Verfahren nach § 44 SGB X aufzuheben sein wird. Denn die Antragsgegnerin vertritt selbst inzwischen die Auffassung, dass der Bescheid vom 16.06.2008 gegen den Antragsteller nicht zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens seiner Lebensgefährtin geworden ist. Zunächst muss im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aber der Antragsteller dazu angehört werden, dass sein Antrag derzeit nicht sachdienlich gefasst ist. Allerdings ist ihm die Möglichkeit zu eröffnen, einen sachdienlichen Antrag zu stellen. Dies ist auch möglich, da auch während eines laufenden Verfahrens nach § 44 SGB X im Wege des § 86b Abs. 2 SGG ein Verbot einer Zwangsvollstreckung aus einem rechtswidrigen, derzeit noch bestandskräftigen aber aufzuhebenden Bescheid denkmöglich erscheint. Damit in der Zwischenzeit durch die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, war der Erlass einer Zwischenentscheidung geboten.

Dieser Beschluss ist nach § 172 Abs. 2 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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