L 8 B 11/06 AY ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 10 AY 8/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 B 11/06 AY ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt die Gewährung ungekürzter Hilfeleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die am 1x. Januar 19xx geborene Antragstellerin ist malische Staatsangehörige. Ihr nach Einreise in das Bundesgebiet im November 1997 gestellter Asylantrag blieb erfolglos. Mit Beschluss vom 26. Juni 1998 lehnte das Verwaltungsgericht Magdeburg ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen die Ablehnung ihres Asylantrags durch das damalige Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (als offensichtlich unbegründet) ab; seither ist die Antragstellerin vollziehbar ausreisepflichtig. Mit rechtskräftigem Urteil vom 18. Mai 1999 (Az.: A 1 K 45/98) wies das Verwaltungsgerichts Magdeburg ihre Klage gegen die Ablehnung des Asylantrags ab.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1999 bewilligte der damalige Landkreis Bernburg ab Februar 1999 Leistungen gemäß § 3 AsylbLG in Höhe von 380,00 DM (194,29 EUR) monatlich, die sich zusammensetzten aus: - Verpflegung 240,00 DM ab 2002: 122,71 EUR, - Körperpflege 20,00 DM 10,23 EUR, - Bekleidung 40,00 DM 20,45 EUR und - Barbetrag 80,00 DM 40,90 EUR.

Am 29. August 2000, 31. Juli 2001, 19. März 2002 und 11. Februar 2003 erfolgten von der Ausländerbehörde des Antragsgegners veranlasste Vorstellungen der Antragstellerin bei der Botschaft des Landes Mali in Berlin zur Ausstellung von Passersatzpapieren. Zur Ausstellung eines Passersatzpapiers kam es bei den letzten drei Vorstellungen nicht, da sich die Antragstellerin jeweils weigerte, eine ihr vom Botschaftspersonal vorgelegte vorformulierte Erklärung, die sog. Ehrenerklärung, zu unterschreiben. Ein vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegtes Exemplar der Erklärung weist folgenden Wortlaut (in französischer und deutscher Sprache) auf:

"Ehrenerklärung Ich bin malischer Staatsangehöriger und ich möchte freiwillig in mein Heimatland zurückkehren. Ich versichere hiermit nicht nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn unter den Bedingungen der deutschen Einwanderungsgesetze. Erklärt gegenüber der Botschaft Mali und dem Bundesgrenzschutz. Name, Vorname, Geburtsdatum Unterschrift"

Einen Antrag der Antragstellerin auf Leistungen nach § 2 AsylbLG lehnte der Antragsgegner nach Anhörung, bei der die Antragstellerin erklärte, keine Zeit für die Abgabe der Ehrenerklärung zu haben, und Aufforderung zur Abgabe der Erklärung unter Androhung von Leistungen nach § 1a AsylbLG mit Bescheid vom 21. Februar 2003 ab. Mit Bescheid vom selben Tag gewährte er der Antragstellerin nur noch gekürzte Leistungen nach § 1a AsylbLG. Zur Begründung führte er aus, da sich die Antragstellerin weigere, die Ehrenerklärung über ihre malische Staatsangehörigkeit abzugeben, verhindere sie ihre Abschiebung. Da sie konkrete Gründe dafür nicht angebe, sei davon auszugehen, dass sie nicht gewillt sei, an der Beschaffung eines Passersatzpapiers mitzuwirken. In der Folge wurden monatlich 153,39 EUR (194,29 EUR abzüglich Barbetrag von 40,90 EUR) an die Antragstellerin ausgezahlt. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Dessau mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2003 zurück.

Am 20. April 2004 erfolgte eine erneute Vorführung der Antragstellerin bei der Botschaft in Berlin, bei der sie sich wieder weigerte, die Erklärung abzugeben.

Mit Bescheid vom 28. Juni 2004 lehnte der Antragsgegner einen erneuten Antrag auf Leistungen nach § 2 AsylbLG nach Anhörung der Antragstellerin, die erklärte, sie wolle die Erklärung nicht unterschreiben, ab. Im Bescheid machte der Antragsgegner erneut Ausführungen zu den Mitwirkungspflichten und der geforderten Mitwirkungshandlung und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG weiterhin vorlägen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2005 zurück. Am 8. September 2005 erhob die Antragstellerin beim Antragsgegner Widerspruch "gegen die Erbringung lediglich nach § 1a AsylbLG gekürzter Leistungen in der Zeit seit dem 1. Oktober 2004". Im Oktober 2005 zahlte der Antragsgegner der Antragstellerin wegen eines stationären Krankenhausaufenthalts im Zeitraum vom 7. bis zum 28. September 2005 wegen ersparter Aufwendungen lediglich 46,02 EUR anstelle des ansonsten gezahlten Monatsbetrags von 153,39 EUR aus.

Am 10. Oktober 2005 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Dessau einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie habe Anspruch auf ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG. Sie habe die ihr von der Ausländerbehörde auferlegten Mitwirkungshandlungen zur Passbeschaffung stets erbracht und die Botschaft ihres Heimatlandes aufgesucht. Die Ehrenerklärung habe sie nicht abgegeben, das sei ihr nicht zuzumuten. Das schlichte Unterlassen der freiwilligen Ausreise werde von § 1a AsylbLG nicht erfasst. Es bestehe ein Wertungswiderspruch, wenn aber die Verweigerung der Erklärung, freiwillig ausreisen zu wollen, zur Anwendbarkeit von § 1a AsylbLG führe. Zudem ergebe sich aus § 49 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) keine Verpflichtung, Angaben zu machen, die nicht der Ermittlung der Identität oder der Staatsangehörigkeit dienten. Wenn sie schon ausländerrechtlich nicht verpflichtet sei, eine derartige Erklärung abzugeben, habe sie die Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung auch nicht zu vertreten. Zudem sei die Forderung der Behörden ihres Heimatlandes, die Rücknahme eigener Staatsangehöriger von einer Freiwilligkeitserklärung abhängig zu machen, völkerrechtswidrig. Durch die Abgabe einer wahrheitswidrigen Ehrenerklärung mache sie sich zudem der mittelbaren Falschbeurkundung nach § 271 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2006 hat das Sozialgericht Dessau den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Anordnungsanspruch abgelehnt. Die Nichtabgabe der Ehrenerklärung sei ein von der Antragstellerin zu vertretender Grund dafür, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten. Die Gewährung von gekürzten Leistungen nach § 1a Nr. 2 AsylbLG sei rechtmäßig.

Gegen den ihr am 17. Februar 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 17. März 2006 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Weigerung des malischen Staats, seine Staatsangehörigen ohne Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung zurückzunehmen, sei völkerrechtswidrig. Diese Haltung sei der maßgebliche Grund für die fehlende Durchführbarkeit der Abschiebung. Es sei Ausländern, die nicht bereit seien, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren, nicht zu zumuten, eine entgegenstehende, inhaltlich falsche Erklärung abzugeben. Dies sei grundrechtswidrig. Das sehe auch das Oberlandesgericht Nürnberg im Urteil vom 16. Januar 2007 (Az.: 2 St OLG Ss 242/06) so.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau vom 14. Februar 2006 aufzu-heben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen nach § 3 AsylbLG - ungekürzt - zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er bezieht sich auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss.

Das Sozialgericht Dessau hat mit Beschluss vom 21. März 2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen.

II.

Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach Maßgabe des § 173 SGG frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Richtiger Antrags- und Beschwerdegegner ist nunmehr der Landkreis Salzland, denn er ist gemäß § 14 des Gesetzes zur Kreisgebietsneuregelung (LKGebNRG, vom 11. November 2005, GVBl. LSA 2005 S. 692, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.12.2006, GVBl. LSA 2006 S. 544) der Rechtsnachfolger des zum 1. Juli 2007 aufgelösten Landkreises Bernburg (§ 2 Abs. 1 LKGebNRG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Dessau hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zur vorläufigen Gewährung von ungekürzten Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zu verpflichten.

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86 b Abs. 2 Satz SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auszugehen. Eine einstweilige Anordnung, mit der Leistungen nach dem AsylbLG gewährt werden, ist regelmäßig nur dann notwendig, wenn eine gegenwärtige, akute Notlage zu beseitigen ist.

Hier mangelt es – im für die Beschwerdeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats – am Anordnungsanspruch.

Dem Rechtschutzziel der Antragstellerin, ungekürzte Leistungen § 3 AsylbLG zu erhalten, kann hier nur durch eine Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG Rechnung getragen werden. Unabhängig davon, ob man in dem Bescheid des Antragsgegners vom 21. Februar 2003, ab Februar 2003 nur noch Leistungen gemäß § 1a AsylbLG zu erbringen, einen Dauerverwaltungsakt sieht (so Beschluss des Senats vom 18. Dezember 2006, Az.: L 8 B 24/06 AY ER, S. 12 des Umdrucks), oder ob, aufgrund des Umstandes, dass Leistungen nach dem AsylbLG grundsätzlich nur für einen Monat gewährt werden, eine nachfolgende Auszahlung eine konkludente Weiterbewilligung für den jeweiligen Monat darstellt (sog. "Bewilligung bis auf weiteres", vgl. zum BSHG, BVerwG, Urteil v. 24.8.1972, BVerwGE 40,308), mit der der Leistungsträger lediglich die weitere Leistung bei Fortbestand der Bewilligungsvoraussetzungen in Aussicht stellt, so dass die Bewilligung auch nur für den behördlichen Bescheiden nächstliegenden Zeitraum gilt, stellt das Begehren nach ungekürzten Leistungen i.S.v. § 3 AsylbLG eine Erweiterung der Rechte dar, so dass einstweiliger Rechtschutz nur über die vorläufige Verpflichtung des Leistungsträgers zur Erbringung höherer Leistungen erreicht werden kann. Die vorstehenden Ausführungen gelten auch in Ansehung des Bescheids vom 28. Juni 2006, mit dem der Antragsgegner den Antrag auf höhere Leistungen (gemäß § 2 AsylbLG) abgelehnt und festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG weiterhin vorliegen.

Denn bereits seinem Wortlaut nach ist § 1a AsylbLG nicht als Kürzungstatbestand ausgestaltet. Vielmehr gibt § 1a AsylbLG die Leistungshöhe für einen bestimmten Personenkreis vor. Dementsprechend hat der Verwaltungsakt der zuständigen Behörde nur die Zuordnung des jeweiligen Hilfesuchenden zum Personenkreis des § 1 a AsylbLG und die nähere Kronkretisierung der danach zu gewährenden, nach den Umständen des Einzelfalls unabweisbaren Leistungen im Bewilligungszeitraum zum Gegenstand. Daher ist Streitgegenstand nicht die Anfechtung einer vorgenommenen Kürzung sondern die Verpflichtung des Leistungsträgers zur Gewährung höherer Leistungen.

Ein Anordnungsgrund ist gegeben. Insoweit bedarf es keiner weitergehenden individualisierten Darlegung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin. Denn im Rahmen der Leistungsgewährung nach § 1a AsylbLG wird vorliegend der zusätzliche Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 AsylbLG zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens nicht mehr erbracht. Sein Leistungszweck ist grundsätzlich die Gewährleistung der nach Artikel 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit auf niedrigsten Niveau (vgl. Hohm in GK-AsylbLG § 3 RN 52 ff.). Mit der Streichung dieses Betrags entfällt die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des Leistungsberechtigten fast vollständig, die durch den Barbetrag ohnehin nur im Hinblick auf die notwendigen Ausgaben für Verkehrsmittel, Telefon/Porto, Schreibmittel, Lesestoffe/Werkmaterial oder kleine Mengen an Genussmitteln eingeräumt werden sollte. Hierin liegt ein schwerer Nachteil, der es regelmäßig im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes insbesondere im Hinblick auf die drohende Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland nicht als geboten erscheinen lässt, die Hilfesuchenden auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu verweisen.

Abweichend von § 3 AsylbLG dürfen nur dann Leistungen im eingeschränkten Umfang des § 1a AsylbLG erbracht werden, wenn der Leistungsberechtigte zu dem in § 1a Nr. 1 oder 2 AsylbLG genannten Personenkreis gehört. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 18. Dezember 2006 (Az.: L 8 B 24/06 AY ER) ausgeführt hat, ist aufgrund der weitgehenden, auch grundrechtsrelevanten Einschränkungen auf der Rechtsfolgenseite § 1a AsylbLG restriktiv auszulegen (vgl. Birk in LPK-SGB XII, § 1a AsylbLG RN 1; Hohm in GK-AsylbLG, § 1a RN 18 f, jeweils m.w.N.).

Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach § 1a Nr. 2 AsylbLG ist, dass gegen einen geduldeten oder vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer oder dessen Angehörige aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Möglichkeit solche Maßnahmen zu vollziehen, muss daher zumindest vorübergehend vollständig ausgeschlossen sein. Die fehlende Möglichkeit zum Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen muss auf Gründen beruhen, die der Leistungsberechtigte zu vertreten hat. Demzufolge darf es keine anderen Gründe geben, die die Ausreise auch dann unmöglich machten, wenn der vom Leistungsberechtigten zu vertretende Grund hinweggedacht würde. Auch müssen die Gründe durch ein dem Leistungsberechtigten zurechenbares Tun oder Unterlassen begründet sein. Ein Unterlassen hat der Leistungsberechtigte zu vertreten, wenn ihn eine gesetzliche Verpflichtung zu einer bestimmten Handlung traf, dies für ihn hinreichend konkret erkennbar war, die Erfüllung dieser Verpflichtung geeignet und notwendig war, die Aufenthaltsdauer zu verkürzen und die Erfüllung dieser Verpflichtung dem Leistungsberechtigten zumutbar war. Da mit der Bewilligung nach § 1a AsylbLG die Rechte des Leistungsberechtigten gegenüber der Regelbewilligung nach § 3 AsylbLG verkürzt werden, ist er vor der Entscheidung anzuhören (§ 28 VwVfG). Darüber hinaus ist spätestens im Rahmen der Anhörung vom Leistungsberechtigten eine konkrete Handlung oder Unterlassung zu verlangen und ihm hierfür eine angemessene Frist zu setzen (vgl. VG Göttingen, Beschl. v. 21. Dezember 1998 - 2b 2440/98; Hohm in GK - AsylbLG § 1a RN 107). Da durch die Gewährung verminderter Leistungen auf das Verhalten dieses Personenkreises mit dem Ziel eingewirkt werden soll, an der Beseitigung der von ihm zu vertretenden Gründe für die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen mitzuwirken, ist es erforderlich, dass die Bewilligung von Leistungen auf Grundlage des § 1a Nr. 2 AsylbLG jedenfalls im Falle unterlassener Mitwirkungshandlungen stets mit der Aufforderung der Vornahme konkreter Handlungen zu verbinden ist und in der Folge regelmäßig eine Überprüfung des Sachverhalts zu erfolgen hat (B. v. 18. Dezember 2006, a.a.O.).

Diesen verfahrensrechtlichen Anforderungen ist vorliegend genügt. Im Bescheid vom 28. Juni 2004 wurde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1a AsylbLG erneut geprüft. Vor Erlass des Bescheides erläuterte der Antragsgegner bei der Vorsprache der Antragstellerin am 24. Juni 2004 die Pflicht zur Abgabe der Ehrenerklärung, die Regelung des § 1a AsylbLG und die Folgen der Weigerung der Abgabe der Erklärung. Dies reicht im vorliegenden Fall aus, denn es bestehen geringere verfahrensrechtliche Anforderungen, weil die Antragstellerin in der Vergangenheit bereits mehrfach belehrt wurde und ihr die Folge ihres Verhaltens bekannt war. Bereits vor Erlass des Bescheides vom 21. Februar 2003 war ein Anhörungsverfahren unter Fristsetzung zur Abgabe der geforderten Erklärung durchgeführt worden, und die Antragstellerin weiß zumindest seit der Botschaftsvorführung im Jahr 2001, welche konkrete Mitwirkungshandlung von ihr verlangt wird.

Die Antragstellerin gehört zum Personenkreis des § 1a Nr. 2 AsylbLG, denn sie ist i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG vollziehbar ausreisepflichtige Ausländerin und gegen sie können aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden.

Die Antragstellerin ist nach rechtskräftiger Ablehnung ihres Asylbegehrens unanfechtbar und vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Die Abschiebung in ihr Heimatland Mali ist nicht möglich, weil die Antragstellerin nicht über gültige Personalpapiere verfügt. Die Gründe hierfür hat allein die Antragstellerin zu vertreten. Die Antragstellerin hat zwar in der Vergangenheit – mindestens viermal – bei der für sie zuständigen Botschaft von Mali in Berlin vorgesprochen, mit dem Ziel, Passersatzpapiere zu erhalten, wie dies von der zuständigen Ausländerbehörde gewünscht wurde. Sie hat sich indes bei jeder Vorsprache geweigert, die von den zuständigen Behörden ihres Heimatlandes (Botschaft) verlangte Erklärung einer freiwilligen Rückkehr abzugeben. Dabei war der Antragstellerin bekannt, dass die Ausstellung von Ausreisedokumenten bei Unterlassen der Abgabe der Erklärung von den malischen Behörden verweigert werden würde mit der Folge, dass eine Abschiebung nach Mali weiterhin nicht möglich sein würde.

Damit hat die Antragstellerin die Ursache dafür gesetzt, dass sie nicht abgeschoben und so ihr Aufenthalt in der Bundesrepublik nicht beendet werden kann. Wie oben dargelegt ist für das Vertreten müssen im Sinne des § 1a Nr. 2 AsylbLG erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine Rechtspflicht zu einer verlangten Handlung besteht und deren Unterlassen nicht entschuldigt ist. Mit der Weigerung, die verlangte Erklärung über eine freiwillige Ausreise gegenüber den malischen Behörden abzugeben, hat die Antragstellerin durch die in ihrem freiem Willen stehende Entscheidung ihre Abschiebung verhindert. Ihr Verhalten – Verweigerung der Abgabe der Ehrenerklärung – ist allein ursächlich dafür, dass eine Abschiebung nach Mali mangels der erforderlichen Ausreisedokumente nicht vollzogen werden kann. Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass noch andere Umstände oder Gründe existieren könnten, die einer Abschiebung entgegenstehen. Solche hat insbesondere die Antragstellerin nicht geltend gemacht und sind aus dem Verwaltungsvorgang nicht ersichtlich.

Die Antragstellerin hat dieses Verhalten auch zu vertreten. Insoweit verkennt sie, dass sie als abgelehnte Asylbewerberin nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 Asylverfahrensgesetz (AslylVfG) die gesetzliche Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Beschaffung der für eine Ausreise notwendigen Dokumente trifft. Weiterhin ergibt sich ihre Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung von Pass- oder Passersatzpapieren aus den hier anzuwendenden §§ 48 Abs. 3, 49 Abs. 1 des zum ersten Januar 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Nach § 48 Abs. 3 AufenthG ist ein Ausländer, der keinen gültigen Pass oder Passersatz besitzt, verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken. Darüber hinaus ist nach § 49 Abs. 1 AufenthG jeder Ausländer verpflichtet, die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.

Der letztere Fall liegt vor. Die Antragstellerin hat zwar Angaben zu ihrer Identität und Staatsangehörigkeit gemacht, indes die Abgabe der von der Botschaft Malis geforderten schriftlichen Erklärung über die Freiwilligkeit der Ausreise verweigert. Damit hat die Antragstellerin durch die Vorsprachen bei der Botschaft Malis lediglich einen Teil ihrer Mitwirkungspflichten erfüllt. Denn die Pflicht nach § 49 Abs. 1 AufenthG umfasst nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift auch die Abgabe von Erklärungen, soweit sie – wie hier – von der Botschaft ihres Heimatlandes gefordert werden und im Einklang mit dem deutschen Recht stehen.

Dazu gehört grundsätzlich auch die hier verlangte Freiwilligkeitserklärung, von deren Abgabe die zuständigen Behörden des Staates Mali die Ausstellung von Passersatzpapieren abhängig machen. Diese umfassende Mitwirkungsverpflichtung findet ihre Grenze in der Einhaltung bundesdeutschen Rechts und ihr Korrektiv in der Zumutbarkeit für den Einzelnen, das Verlangte beizubringen.

Die sog. Ehrenerklärung entspricht deutschem Recht, denn sie spiegelt die Wertungen des geltenden Aufenthaltsrechts wieder: Die in Satz 1 der Ehrenerklärung enthaltene schriftliche Erklärung zur Staatsangehörigkeit ist Voraussetzung für die Ausstellung von Personalpapieren. Die ebenfalls in Satz 1 enthaltene Erklärung der freiwilligen Rückkehr entspricht der rechtlichen Regelung des § 50 AufenthG, nach der ein Ausländer, der keinen ausländerrechtlichen Aufenthaltstitel besitzt, verpflichtet ist, die Bundesrepublik Deutschland – grundsätzlich freiwillig – zu verlassen. Dies ist der Maßstab zur Bewertung der Erklärung der Freiwilligkeit der Rückkehr.

Die Auslandsvertretung des Staates Mali in der Bundesrepublik macht sich die Regelungskonzeption des deutschen Aufenthaltsrechts zu eigen, denn der ohne Pass und Visum (Aufenthaltstitel) eingereisten Antragstellerin war der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland lediglich für die Dauer der Durchführung des Asylverfahrens gestattet (§ 55 AsylVfG). Nach erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens ist die Aufenthaltsgestattung erloschen (§ 67 Abs. 1 Nr. 4 und 6 AsylVfG) und die Antragstellerin daher wieder verpflichtet, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen (§ 50 AufenthG). Diese Pflicht hat sie grundsätzlich freiwillig zu erfüllen. Erst wenn die freiwillige Erfüllung dieser Ausreisepflicht nicht gesichert ist, darf eine Abschiebung erfolgen (§ 58 AufenthG). Danach widerspricht der weitere Inlandsaufenthalt eines ausreisepflichtigen Ausländers der Rechtsordnung. Solange die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht (Abschiebung) nicht erfolgt, wird der weitere Aufenthalt hingenommen (Duldung), indes dadurch nicht legalisiert. Die Forderung, selbstständig (freiwillig) auszureisen und den rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden, bleibt ausländerrechtlich bestehen (vgl. z. Vorst. auch: BSG, Urteil vom 8. Februar 2007; Az.: B 9b AY 2/06 R zit. n. juris).

Anders gewendet: Die Antragstellerin ist gesetzlich verpflichtet, freiwillig ausreisen zu wollen. Durch die Erklärung über die Freiwilligkeit der Ausreise wird von der Antragstellerin lediglich die Bestätigung verlangt, dass sie bereit ist, den Regelungen des deutschen Ausländerrechts Folge zu leisten.

Die im zweiten Satz der sog. Ehrenerklärung enthaltene Versicherung, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn, es wäre nach deutschem Ausländerrecht erlaubt, entspricht ebenfalls den Regelungen des AufenthG. Denn für die Einreise und den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland bedarf ein Ausländer eines gültigen Passes (§ 3 Abs. 1 AufenthG) sowie eines Aufenthalttitels (§ 4 AufenthG). Zudem darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist grundsätzlich – normalerweise befristet – nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten (§ 11 Abs. 1 AufenthG). Letztlich beinhaltet die Versicherung lediglich die Zusage, sich künftig – im Fall einer erneuten Einreise nach Deutschland – an das deutsche Aufenthaltsrecht zu halten, was ebenfalls nicht zu beanstanden ist.

Wertet man den Gesamttext der sog. Ehrenerklärung im Zusammenhang, wird deutlich, dass die Botschaft des Staates Mali von der Antragstellerin nicht mehr verlangt, als die Bestätigung der Bereitschaft, den nach deutschem Aufenthaltsrecht bestehenden Pflichten nachkommen zu wollen. Gründe für einen Verstoß dieser Forderung gegen Völkerrecht, auf den sich die Antragstellerin berufen könnte, bestehen nicht. Sie ist daher gemäß § 49 Abs. 1 AufenthG zur Abgabe der sog. Ehrenerklärung verpflichtet. Die Verweigerung der Abgabe der Erklärung ist ihr vorwerfbar.

Der Senat folgt aus den dargelegten Gründen nicht der im Zusammenhang mit der Verhängung von Abschiebehaft in Teilen der Rechtsprechung vertretenen, nicht näher begründeten Ansicht, dem Gesetz sei schon grundsätzlich keine Pflicht zur Abgabe einer Freiwilligkeitserklärung zu entnehmen (so: OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Juli 1999, Az.: 20 W 306-99, NVwZ-Beil. 1999 S. 8; OLG Köln, Beschluss v. 10. Februar 2006, Az.: 16 Wx 238/05, NVwZ-RR 2007 S. 133). Aus denselben Gründen ist auch der vom Prozessbevollmächtigen der Antragstellerin zitierten Auffassung des Oberlandesgerichts Nürnberg im Urteil vom 16. Januar 2007 (Az.: 2 St OLG Ss 242/06), nach der die Abgabe einer Ehrenerklärung nicht zumutbar sei, nicht zu zustimmen. Zunächst ist die zugrunde liegende Fallkonstellation nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar: Dort handelte es sich um ein revisionsrechtliches Strafverfahren wegen unerlaubten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland ohne Besitz eines Passes. Es ging um die Strafbarkeit des illegalen Aufenthalts und in diesem Zusammenhang um die Zumutbarkeit der Abgabe der von iranischen Behörden geforderten Ehrenerklärung, allein zu dem Zweck durch den Erhalt von Papieren den weiteren Aufenthalt in Deutschland zu legalisieren. Bezogen auf die von der Botschaft des Iran gemachten Vorgaben hatte das OLG festgestellt, dass von den iranischen Behörden ein Pass nur bei Vorliegen eines gültigen bundesdeutschen Aufenthaltstitels erteilt wird. Ansonsten wird allenfalls ein sog. Laissez Passer erteilt. Dabei handelt es sich um Rückreisepapiere, die ausgestellt werden, wenn zum einen eine schriftliche Erklärung darüber abgegeben wird, dass die Rückreise in den Iran freiwillig erfolgt und zum anderen sich der Wahrheitsgehalt der Erklärung aufgrund einer Befragung des Betreffenden durch das Botschaftspersonal zu seiner Motivation bestätigt. Das Oberlandesgericht hat es für unzumutbar angesehen, die gewünschte schriftliche Erklärung abzugeben und die Befragung durchzustehen, wenn es nur um den Besitz von Ausweispapieren geht. Im Rahmen der Strafbarkeit eines passlosen Aufenthalts in Deutschland war zu klären, ob es zumutbar ist, zu erklären, freiwillig ausreisen zu wollen, um lediglich den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren. Es ging damit um die Zumutbarkeit der Abgabe der geforderten Erklärung zur Erfüllung einer lediglich ordnungsrechtlichen bundesdeutschen Regelung, nach der Ausländer über gültige Ausweispapiere zu verfügen haben. Ausdrücklich offengelassen hat das Oberlandesgericht, wie der Fall und damit die Frage der Zumutbarkeit zu beurteilen wäre, wenn es um die Beschaffung von Rückreisepapieren (zum Zwecke der Abschiebung) gegangen wäre.

Die im Urteil weiter geäußerte Auffassung, generell sei das Ansinnen, dass sich jemand zur Erreichung eines bestimmten Zwecks der Lüge bedienen solle, nicht zumutbar, teilt der Senat. Jedoch verlangt das Gesetz keine Lüge. Das Gesetz verlangt die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise. Nur diese soll erklärt werden. Wenn hierzu die Bereitschaft nicht besteht, muss die Erklärung nicht unterschrieben werden. Dann ist aber die fehlende Erklärung kausal i.S.v. § 1a AsylbLG für die Nichtdurchführbarkeit der Abschiebung. Erst danach stellt sich die Frage, ob das Verhalten auch vorwerfbar ist, oder ob im Einzelfall gewichtige Gründe (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007, a.a.O.) bestehen, den fehlenden Willen zur freiwilligen Ausreise im Rahmen des § 1a Nr. 2 AsylbLG zu entschuldigen. Der Senat folgt damit der überwiegenden Rechtsprechung zu dieser Problematik (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 2. Februar 2007, Az.: L 20 B 65/06 AY ER, SAR 2007, S. 34; OVG Niedersachsen, Urteil v. 11. Dezember 2002, Az. 4 LB 471/02, SAR 2003 S. 55; VG Hamburg, Urteil v. 20. Oktober 2006, Az.: 10 K 6115/04 zit. n. juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 5. April 2007, Az.: 7 A 10108/07, 7 E 11594/06, NVwZ-RR 2007, S. 494; VG Ansbach, Beschluss v. 29. Mai 2006, Az.: An 19 E 06.01710 zit. n. juris).

Solche gewichtige Gründe, die die Weigerung der Antragstellerin, den Regelungen des deutschen Aufenthaltsrechts Folge zu leisten, entschuldigen könnten, sind hier weder vorgetragen noch aus anderen Gründen zu erkennen. Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob dem Handlungsverpflichteten – hier der Antragstellerin – im individuell zu beurteilenden Einzelfall zugemutet werden kann, die begehrte Handlung zu erbringen. So ist beispielsweise anerkannt, dass einem Asylsuchenden – während seines Asylverfahrens – der Kontakt mit der ausländischen Vertretung seines Heimatstaates wegen der behaupteten Verfolgung unzumutbar sein kann. Hierauf kann sich indes der derjenige ehemalige Asylbewerber, dessen Asylantrag rechtskräftig abgelehnt wurde und der nun vollziehbar ausreisepflichtig ist, nicht berufen, denn für ihn steht rechtsverbindlich fest, dass ihm seitens der Behörden seines Heimatlandes keine Verfolgung droht. Ihn trifft die dargelegte umfangreiche Mitwirkungspflicht, insbesondere im Hinblick auf die von ihm persönlich zu erbringenden Tat- und Rechtshandlungen im Bezug auf seine Ausreisepflicht.

Es wird auch vertreten, dass ein Staat, der an die Ausstellung eines Passes oder Passersatzpapiers völkerrechtswidrige Anforderungen stellt, von den Mitwirkungspflichtigen ggf. unzumutbares Verhalten fordert. Dies kann aufgrund der vorstehenden Ausführungen hier nicht festgestellt werden.

Die dahingehende Argumentation der Antragstellerin greift nicht: Es trifft zu, dass ein Staat völkerrechtlich verpflichtet ist, seine eigenen Staatsbürger wieder bei sich aufzunehmen; es ist ihm jedoch unbenommen, die Gewährung dieser staatsbürgerlichen Rechte vom Erfüllen bestimmter Voraussetzungen abhängig zu machen. Wenn ein Staat sein Staatsangehörigkeitsrecht so auslegt, dass seine Staatsbürger gegen ihren Willen nicht zur (Wieder-)Einreise gezwungen werden können, ist dies nicht von vornherein als völkerrechtswidrig zu bezeichnen (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil v. 11. Dezember 2002, a.a.O.). Ein Völkerrechtsverstoß dürfte allenfalls im Verhältnis zum Aufenthaltsland des Staatsbürgers bestehen, wenn der Ursprungsstaat die Rücknahme eines Staatsbürgers verweigert. Völkerrechtswidrig im Verhältnis zum eigenen Staatsangehörigen wäre erst dessen Aussperrung, d.h. die Verweigerung einer gewollten Wiedereinreise. Das Völkerrecht gewährte der Antragstellerin dann Schutz vor der Ablehnung der Wiedereinreise in den eigenen Staat (gegen die Aussperrung); es gibt der Antragstellerin aber kein Recht, an der Vorbereitung der Abschiebung durch einen anderen Staat nicht mitzuwirken. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Staat Mali die Antragstellerin aussperren wollte. Das Gegenteil ist der Fall: Die Behörden des Heimatstaates der Antragstellerin sind im Fall der freiwilligen Rückkehr bereit, die erforderlichen Passersatzpapiere auszustellen.

Die Abgabe der Erklärung ist – würde sie von der Antragstellerin entgegen ihrem tatsächlichen Willen abgegeben – auch nicht gemäß § 271 StGB als mittelbare Falschbeurkundung strafbar, denn sie wäre allenfalls eine sanktionslose schriftlich Lüge. Es geht um die Erfüllung einer Formalvoraussetzung für die Ausstellung von Passersatzpapieren. Die Erklärung hat keine über die bereits dargelegte Funktion hinausgehende Zwecke. Es steht der Antragstellerin frei, die Erklärung abzugeben. Es besteht daher keine Grundrechtsrelevanz. Mit der Ausstellung der Passersatzpapiere oder spätestens mit dem Erfolg der Abschiebung bzw. der faktischen Rückkehr hat sich die Erklärung inhaltlich erledigt.

Schließlich besteht auch der vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vorgetragene Wertungswiderspruch nicht. Anknüpfungspunkt ist nicht der Umstand, dass die Klägerin nicht freiwillig ausreist. Dieser Umstand ist im Rahmen des § 1a AsylbLG nicht beachtlich. Anknüpfungspunkt ist ein - vorwerfbares - Handeln oder Unterlassen, das in den Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigen fällt und ursächlich dafür ist, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollziehbar sind. Dieser Tatbestand ist mit der Weigerung der Antragstellerin, die sog. Ehrenerklärung, die Voraussetzung für die Ausstellung von Passersatzpapieren ist, zu unterschreiben, erfüllt, weil sie damit die geforderte, rechtlich zulässige und zumutbare Mitwirkungshandlung unterlässt, die neben und unabhängig von der (über § 2 Abs. 1 AsylbLG erfassten) Nichtbefolgung der Pflicht zur freiwilligen Ausreise besteht.

Die Regelung des § 1 a Nr. 2 AsylbLG knüpft an das vorwerfbare Unterlassen der zumutbaren Mitwirkungshandlung an und soll den betroffenen Leistungsempfänger nachhaltig anhalten, seinen Pflichten zur Mithilfe bei der eigenen Ausreise nachzukommen. Durch die Abgabe der verlangten Erklärung wäre die Mitwirkungspflicht der Antragstellerin erfüllt. Von ihr wird im Rahmen der Anwendbarkeit des § 1a AsylbLG weder verlangt, dass sie freiwillig ausreist, noch wird sie von den Rechtsfolgen her so gestellt als sei sie freiwillig ausgereist, was den vollständigen Wegfall der Leistungen nach dem AsylbLG bedeuten würde. Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund, dass die Antragstellerin vollziehbar zur Ausreise verpflichtet ist, wird von ihr insoweit Rechtstreue verlangt, als sie im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zumutbar zur Beendigung des Aufenthalts beizutragen hat (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil v. 11. Dezember 2002, a.a.O.).

Durchgreifende Entschuldigungsgründe, die die Unzumutbarkeit der Abgabe der geforderten Erklärung begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Antragstellerin selbst hat im Rahmen ihrer Anhörungen lediglich bekundet, sie habe keine Zeit, die Erklärung abzugeben (11. Februar 2003), bzw. sie wolle einfach nicht (24. Juni 2004). Auch aus dem Verwaltungsvorgang ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen sonstiger gewichtige Gründe. Nach alledem kann von der Antragstellerin die Abgabe einer Erklärung über die freiwellige Rückkehr in ihr Heimatland verlangt werden, da es für die die Abschiebung betreibende Behörde keine andere Möglichkeit gibt, die Ausreiseverpflichtung durchzusetzen. Die Möglichkeit der Abschiebung hängt vom Vorhandensein von Pass bzw. Passersatzpapieren ab. Deren Ausstellung wird allein durch das Verhalten der Antragstellerin verhindert.

Da aus von der Antragstellerin zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, durfte der Antragsgegner die Leistungen auf das im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar gebotene Maß einschränken (§ 1a Nr. 2 AsylbLG). Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen Rechtskontrolle unterliegt. Regelmäßig unterschreitet die Kürzung der Leistungen um den Geldbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Gebrauchs (Taschengeld oder Barbetrag) im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG nicht das nach § 1a Nr. 2 AsylbLG vorgesehene Mindestmaß der Leistungen, denn dieser Betrag gehört in der Regel nicht zu der unabweisbar gebotenen Hilfe, die in der Sicherung des physischen Existenzminimums liegt. Diese Geldmittel in Höhe von monatlich 40,90 EUR sind Zusatzleistungen, die ihren Hauptzweck – anders als die Grundleistungen (für Verpflegung, Körperpflege, Bekleidung, Unterkunft und Heizung), die die Antragstellerin weiterhin ungeschmälert erhält – nicht in der bloßen Existenzsicherung haben. Das materielle Existenzminimum der Antragstellerin ist gewahrt, denn sie erhält weiterhin die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in Form von Geldleistungen nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG in Höhe von 153,39 EUR zuzüglich der notwendigen Kosten für Unterkunft, Heizung und Hausrat. Auch Leistungen bei Krankheit (§ 4 AsylbLG) und sonstige Leistungen (§ 6 AsylbLG) werden gewährt. Besondere Umstände des Einzelfalls, die eine nur teilweise Kürzung des Barbetrags rechtmäßig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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